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ORIGINALBEITRAG
J.-P. Ouhayoun1
Den Plaque-Biofilm effizient bekämpfen
Zur Wirksamkeit von Mundspülungen
mit ätherischen Ölen
Die Wechselwirkung zwischen der mit
Speichel benetzten Zahnoberfläche und
pathogenen Bakterien ist zum Teil von
elektrostatischen und hydrophoben Vorgängen geprägt. Die Verwendung chemischer Mittel als Teil der regelmäßigen
Plaque-Vorsorge ist daher sinnvoll.
Chlorhexidin beispielsweise wirkt auf
unterschiedliche Weise. Unter anderem
bindet es an Speichel-Mucine auf der
bakteriellen Zellmembran und durchdringt den Plaque-Biofilm. Dagegen töten Mundspülungen mit ätherischen Ölen
Mikroorganismen ab, indem sie ihre Zellwände zerstören und ihre Enzymaktivität
hemmen. Sie verhindern die bakterielle
Aggregation, verlangsamen die Vermehrung und extrahieren Endotoxine. Neuere
Studien belegen, dass sich die bakteriellen Phänotypen verändern, wenn die
Mikroorganismen von einem planktonischen in ein anhaftendes Stadium übergehen. Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass eine effektive Mundspülung
in der Lage sein muss, den Plaque-Biofilm zu durchdringen. Um nachzuweisen,
dass Mundspülungen mit ätherischen
Ölen den Plaque-Biofilm durchdringen
können, wurden zwei Studien durchgeführt.
Schlüsselwörter: Kolonisation, Biofilm,
Mucine, Mundspülungen mit ätherischen
Ölen
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Autor: J-P Ouhayoun, Abteilung für Peridontologie, Universität Paris 7, Paris, Frankreich (Übersetzung nach dem englischsprachigen Originaltext: Ouhayoun J-P: Penetrating the plaque biofilm: impact of essential oil mouthwash, in J Clin
Peridont 30 (Suppl 5): 10–12 (2003) © Blackwell
Munksgaard, 2003.)
Einleitung
Die Wirksamkeit oraler Antiseptika wird im
Allgemeinen ihren bakterienabtötenden
Eigenschaften zugeschrieben. Einige keimtötende Mundspülungen können zusätzlich
die Ansiedlung von Bakterien auf der Zahnund Plaque-Oberfläche hemmen [4]. Auf
molekularer Ebene sind die Wechselwirkungen zwischen den speichelbedeckten Zahnoberflächen und pathogenen Bakterien vom
Vorhandensein spezifischer Affinitäten im
Bezug auf die Haftfähigkeit abhängig. Die
Anheftmechanismen der Bakterien werden
darüber hinaus von elektrostatischen und
hydrophoben Wechselwirkungen beeinflusst. Diese Erkenntnisgrundlage spricht
für den Einsatz chemischer Wirkstoffe zusätzlich zur täglichen mechanischen
Plaque-Entfernung [2].
Bakterizide Wirkung des Chorhexidins
Chlorhexidin (CHX) greift die bakterielle Zellmembran an und verursacht dadurch das
Austreten und /oder das Ausfällen der zellulären Bestandteile [2]. Der Wirkstoff bindet
spezifisch an die Mucine des Speichels, wodurch die Ausbildung des Zahnoberhäutchens vermindert und die Ansiedlung weiterer Plaque-Kolonisierung verhindert wird [4,
9]. Darüber hinaus bindet sich CHX an die
Bakterien an und verhindert damit ihre Anlagerung auf den Zähnen [9].
Von den Wirkstoffen, die zur Plaque-Vorsorge eingesetzt werden, gehört CHX zur
Klasse der Bisbiguanide. Diese lagern sich reversibel an Mundschleimhäute an. Dadurch
werden sie nach dem Spülvorgang langsam
wieder in den Mund abgegeben. So hält der
bakterizide Effekt für mehrere Stunden an [9,
8]. Regelmäßiges Spülen mit CHX löst keine
Verschiebung in der oralen Flora aus, welche
das Wachstum opportunistischer Spezies begünstigen würde [1].
Ätherische Öle zerstören Zellwände und
hemmen Enzymaktivität
Mundspülungen mit ätherischen Ölen töten
die Mikroorganismen ab, indem sie ihre Zellwände zerstören und ihre Enzymaktivität
hemmen [2, 5]. Sie verhindern, dass die
Bakterien sich mit erstbesiedelnden grampositiven Keimen zusammenschließen,
verlangsamen die bakterielle Vermehrung
und extrahieren Endotoxine aus gramnegativen Pathogenen. Dadurch kommt es zu einer
verminderten bakteriellen Belastung sowie
zu einer geringeren Plaquemenge und
-pathogenität [2].
Eine neuere Untersuchung führt zu der
Annahme, dass sich die bakteriellen Phänotypen ändern können, wenn sich planktonisch gelöste Mikroorganismen in einem
festen Verbund, z. B. in einem Biofilm, zusammenschließen. Diese Veränderung in Verbindung mit dem potenziellen Abkapselungseffekt der Biofilm-Matrix kann zu einer
veränderten Empfindlichkeit der Mikroorganismen gegenüber antimikrobiell wirkenden
Substanzen führen [6]. Daher hängt die
Wirksamkeit aller antiseptischen Mundspülungen nicht nur von ihren antimikrobiellen
Eigenschaften ab, die häufig in In-vitroUntersuchungsergebnissen dargestellt werden, sondern auch von ihrer Fähigkeit, den
Plaque-Biofilm in vivo zu durchdringen.
Studien zur Wirksamkeit
ätherischer Öle
In einer randomisierten, nicht-kontrollierten
Crossover-Studie von Pan et al. [6] wurden
bei 17 Probanden 24 Stunden alte Plaque-
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 2
© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
J.-P. Ouhayoun: Den Plaque-Biofilm effizient bekämpfen
a
b
c
d
Abbildung 1 Listerine antiseptische Mundspülung durchdringt den
Plaque-Biofilm und zerstört > 75 % der Bakterien. (a) Mikroskopisches Foto der zum Ausgangszeitpunkt angefärbten Plaqueprobe. Die
überwiegende Grünfärbung weist auf lebende Bakterien hin (Orig. mag.
x 25). (b) Mikroskopische Aufnahme der Kontroll-Plaque-Probe nach
30 Minuten (Orig. mag. x 25). (c, d) Dokumentation der Plaqueproben, die nach 30 Minuten von der Gruppe entnommen wurden, die eine Mundspülung mit ätherischen Ölen benutzte. Die Bilder zeigen eine
überwiegend rote Färbung (d) und eine vollständig rote Anfärbung (c)
(Orig. mag. x 25) [6].
Figure 1 Listerine antiseptic mouthrinse penetrates the plaque biofilm, killing > 75 % of bacteria. (a) Photomicrograph of baseline vital
stained plaque sample. predominantly green staining indicates live
bacteria (original magnification x25). (b) Photomicrograph of control
plaque sample at 30-min (original magnification x25). (c,d) Photomicrographs of 30-min plaque samples from the essential oil mouthrinse
group showing predominantly red staining and (d) complete red staining (c) (original magnification x25) (Pan et al. 2000).
Abbildung 2 Abgetötete Bakterien sind an der Rotfärbung erkennbar;
die bakterizide Wirkung der Mundspülung mit ätherischen Ölen beginnt
bereits 30 Sekunden nach dem Spülen.
Figure 2 Red indicates dead bacteria: bactericidal activity begins
within 30 s of rinsing.
Abbildung 3 Reduktion lebender Bakterien in Prozent nach 15 Sekunden Kontaktzeit (in vitro).
Figure 3 Reduction of living bacteria in per cent 15 s after time of
contact (in vitro).
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 2
proben entnommen. Anschließend spülten die Probanden mit einer Mundspülung mit ätherischen Ölen
(Listerine) oder mit einer sterilen Kochsalzlösung. 30 Minuten später wurden von allen Testpersonen erneut
Plaque-Proben entnommen
und mit einer Kombination
aus fluoreszierenden Farbstoffen versetzt. Nach einer Woche wurde die Prozedur mit einer anderen Mundspülung
wiederholt.
Abbildung 1 dokumentiert die Ergebnisse der Studie
in vier mikroskopischen Aufnahmen: Aufnahme a) zeigt
eine Plaqueprobe vor Anwendung der Spülung; die vorherrschende Grünfärbung belegt die Anwesenheit lebender Bakterien. Aufnahme b)
zeigt eine Probe nach dem
Spülen mit einer Kochsalzlösung, wobei kaum eine Veränderung im Verhältnis lebender
zu toter Bakterien zu erkennen ist [6]. Die Aufnahmen c)
und d) wurden von Proben
nach dem Gebrauch einer
Mundspülung mit ätherischen
Ölen gemacht. Sie sind überwiegend rot angefärbt, was
belegt, dass die Bakterien abgetötet wurden. Eine Computer-gestützte Bildanalyse ergab, dass die Mundspülung
mit ätherischen Ölen 78,7 %
der Bakterien abtötete, im
Vergleich zu 27,9 % in der
Kochsalz-Kontrollgruppe (P <
0,001) [6].
Die schematischen Darstellungen in Abbildung 2
verdeutlichen die Wirkung einer Mundspülung mit ätherischen Ölen auf Bakterien im
Plaque-Biofilm. Abgebildet ist
der vertikale Querschnitt eines Zahnes mit Plaque am
Übergang zwischen Zahn- und
Zahnfleischrand jeweils 0, 30
und 60 Sekunden nach Gebrauch der Mundspülung. Der
Verlauf zeigt, dass sich die
Außenfläche der Plaque
innerhalb von 30 Sekunden
langsam rot verfärbt, was belegt, dass die
ätherischen Öle ihre bakterizide Wirkung zunächst an der Außenfläche der Plaque entfalten und dann bis ins Innere vordringen. Nach
60 Sekunden ist die Plaque fast vollständig
rot gefärbt, was bedeutet, dass die Bakterien bis hin zur Zahnoberfläche abgetötet
wurden [6].
Diese Ergebnisse bestätigen die Erkenntnis, dass die Plaque-reduzierenden Effekte
von Mundspülungen mit ätherischen Ölen
teilweise darauf zurückzuführen sind, dass
sie Bakterien schnell abtöten und Plaque
durchdringen können.
Eine weitere Studie [3] untersuchte die
Reaktion zweier klinischer Isolate des Actinobacillus actinomycetemcomitans und ihrer
jeweiligen isogenen Stämme auf die antimikrobielle Aktivität mehrerer Mundspülungen.
Die beiden klinischen „Biofilm-Form“-Stämme bildeten in vitro hartnäckige Biofilme,
während ihre natürlichen Varianten in einem
planktonischen Umfeld wuchsen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die verschiedenen antiseptischen Lösungen (Mundspülungen mit ätherischen Ölen, Aminfluorid/Zinnfluorid sowie Triclosan und
PVA/MA-Kopolymeren) beide planktonischen
Stämme nach 15 Sekunden um statistisch
signifikante 99,99 % gegenüber einer Kontrolllösung reduzierten (Abb. 3). Die Wirksamkeit gegen die beiden Biofilm-Formen der
Organismen war weniger eindeutig: Die
Mundspülung mit ätherischen Ölen reduzierte die Keime um 98,2 % bzw. 96,5 %, die
Aminfluorid/Zinnfluorid-Mundspülung um
20 % und 5 % und eine Mundspülung mit
Triclosan und PVA/MA-Kopolymeren um 8 %
bzw. 3,3 % [3].
Diese Studie unterstützt die Beobachtung, dass die Resistenz gegenüber antimikrobiellen Mitteln durch die Bildung eines
Biofilms hervorgerufen wird. Die Untersuchungsergebnisse verdeutlichen darüber hinaus, dass die drei getesteten Mundspülungen
zwar fast alle planktonisch vorkommenden
Mikroorganismen abtöteten, während sie bei
den Biofilm-bildenden Organismen sehr
unterschiedliche Wirkung zeigten. Dies ist
eine sehr nützliche Information im Hinblick
auf die Beurteilung der Wirksamkeit einer
antiseptischen Mundspülung.
Zusammenfassend stützen die vorgestellten Studien das Konzept, wonach Mundspülungen mit ätherischen Ölen den Plaque-Biofilm durchdringen können. Darüber hinaus
zeigen sie, dass dieser Vorgang entscheidend
dazu beiträgt, Plaque und Gingivitis zu reduzieren.
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J.-P. Ouhayoun: Den Plaque-Biofilm effizient bekämpfen
SUMMARY
Penetrating the plaque biofilm:
impact of essential oil mouthwash.
The interaction between saliva-coated
tooth surfaces and pathogenic bacteria is
partly governed by electrostatic and
hydrophobic interactions, providing a solid rationale for using chemical agents as
part of a plaque-control routine.
Chlorhexidine works in several ways. For
example, it binds to salivary mucins on
the bacterial cell membrane, and penetrates the plaque biofilm. Essential oil
(EO) mouthwashes kill micro-organisms
by disrupting their cell walls and inhibiting their enzymic activity. They
prevent bacterial aggregation, slow multiplication and extract endotoxins. Recent studies have shown that bacterial
phenotypes are altered when organism
change from a planktonic to a
sessile state. This suggests that an
effective mouthwash must also penetrate
the plaque biofilm. Two studies have demonstrated the ability of an EO mouthwash to penetrate the plaque biofilm.
Literatur
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Danksagung
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Der Autor möchte sich bei folgenden Experten für ihre redaktionellen Beiträge bedanken: Jean-Pierre Bernimoulin, Sebastian Ciancio, Noel Claffey, Marc Quirynen,
Antonio Santos und Robin Seymour.
佥
Korrespondenzadresse
Jean-Pierra Ouhayoun
Faculté de Chirurgie Dentaire
5, rue Garancière
75006 Paris
France
E-Mail: [email protected]
Keywords: colonization, biofilm, mucins,
essential oil mouthwash
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