3 1. Grundlagen 1.1. Topologische Räume. (a) (b) (c) (d) Es sei X ̸= ∅ eine Menge und O eine Familie von Teilmengen von X mit folgenden Eigenschaften: (i) X ∈ O, ∅ ∈ O; ! (ii) Ui ∈ O, i ∈ I ⇒ i∈I Ui ∈ O; " (iii) Ui ∈ O, i = 1, . . . , m ⇒ m i=1 Ui ∈ O. Dann heißt (X, O) topologischer Raum; die Elemente von O nennt man die offenen (Teil-)mengen von X und O die Topologie von X. Eine Menge heißt abgeschlossen, falls ihr Komplement offen ist. Ein topologischer Raum heißt unzusammenhängend, falls offene Mengen U, V ̸= ∅ existieren mit X = U ∪ V und U ∩ V = ∅. Anderenfalls heißt X zusammenhängend. X, Y seien topologische Räume. Eine Abbildung f : X → Y heißt stetig, falls das Urbild jeder offenen Menge offen ist. X heißt wegzusammenhängend, falls es zu x, y ∈ X eine stetige Abbildung γ : [0, 1] → X gibt mit γ(0) = x, γ(1) = y. 1.2. Bemerkung. Die Axiome sind gerade so gemacht, dass sie die Eigenschaften der offenen Mengen in einem metrischen/normierten Raum haben. 1.3. Lemma. Es sei (X, O) ein topologischer Raum und ∅ = ̸ M ⊆ X. Setzt man OM = {M ∩ U : U ∈ O}, so ist (M, OM ) ebenfalls ein topologischer Raum. Beweis. Klar. ▹ 1.4. Lemma. Es ist äquivalent (1) (2) (3) X ist zusammenhängend; Ist ∅ = ̸ A ⊆ X offen und abgeschlossen, so ist A = X. Ist f : X → C lokal konstant, so ist f konstant. Beweis. (1) ⇒ (2): Schreibe X = A ∪˙ (X \ A). (Zerlegung in offene Mengen!) (2) ⇒ (3): f ist stetig, da lokal konstant. Für jedes x ∈ X ist f −1 (f (x)) abgeschlossen (da f (x) als einzelner Punkt in C abgeschlossen ist) und ̸= ∅. Ferner ist f −1 (f (x)) auch offen, da f lokal konstant ist. Nach Annahme ist daher f −1 (f (x)) = X, somit ist f konstant. ˙ . Betrachte die charakteristische Funktion χU (3) ⇒ (1): Es seien U, V ⊆ X offen und X = U ∪V von U . Sie ist lokal konstant, also nach Annahme konstant. Somit ist V = ∅. ▹ 1.5. Lemma. Es seien X, Y topologische Räume und f : X → Y stetig. Ist X zusammenhängend, so auch f (X). ˙ . Dann ist Beweis. Angenommen, es gibt offene Mengen U, V mit f (X) = U ∪V X = f −1 (f (X)) = f −1 (U ∪˙ V ) = f −1 (U ) ∪˙ f −1 (V ). Da X zusammenhängt, ist eine der beiden Mengen leer. 1.6. Lemma. Die zusammenhängenden Mengen in R sind die Intervalle. ▹ 4 Beweis. (1) Ann. X ist kein Intervall. Dann existiert ein a ∈ R \ X mit X ∩ ] − ∞, a[ ̸= ∅ and X ∩ ]a, ∞[ ̸= ∅, denn X = X ∩ (R \ {a}) und X hat mindestens zwei Punkte. Da X = (X ∩ ] − ∞, a[) ∪ (X ∩ ]a, ∞[) (disjunkt) ist, ist dann X nicht zusammenhängend. (2) Umgekehrt sei X unzusammenhängend; es sei X = (U ∩ X) ∪ (V ∩ X) disjunkte Vereinigung offener Mengen. Wähle x ∈ U ∩ X und y ∈ V ∩ X. O.B.d.A. sei x < y. Wähle s = sup{U ∩ X ∩ [x, y]}. Falls s ∈ / X ist, so kann X kein Intervall sein, da x ≤ s ≤ y. Ist andererseits s ∈ X, so ist s in einer der offenen Mengen enthalten. Fall 1: s ∈ X ∩ U . Dann ist s < y, und es existiert ein ε > 0 mit s + ε < y und s + ε ∈ U . Ist s+ε∈ / X, so ist X kein Intervall; ist s + ε ∈ X, so ist s kein supremum (Widerspruch). Fall 2: s ∈ V ∩ X. Dann ist s > x, und es existiert ein ε > 0 mit s − ε > x. Dann analog. ▹ 1.7. Lemma. Ist X wegzusammenhängend, so ist X zusammenhängend. Achtung Die Umkehrung ist im allgemeinen falsch; s. aber 1.8. Beweis. Annahme, X ist nicht zusammenhängend; X = U ∪˙ V . Wähle x ∈ U , y ∈ V . Dann existiert ein stetiger Weg γ : [0, 1] → X mit γ(0) = x, γ(1) = y. Als Bild der zusammenhängenden Menge [0, 1] ist γ([0, 1]) zusammenhängend im Widerspruch dazu, dass wir schreiben können γ([0, 1]) = (γ([0, 1]) ∩ U ) ∪˙ (γ([0, 1]) ∩ V ). ▹ 1.8. Satz. In Rn oder Cn ist jede zusammenhängende offene Menge auch wegzusammenhängend. Beweis. Es sei X ̸= ∅ offen und zusammenhängend. Wähle a ∈ X beliebig. Setze Xa = {x ∈ X : ∃γ ∈ C([0, 1], X) mit γ(0) = a, γ(1) = x}. Dann ist Xa offen, da X offen ist. Xa ist auch abgeschlossen: Ist x ∈ X so, dass jede offene Umgebung von x die Menge Xa schneidet, so gibt es einen stetigen Weg nach X: Man wählt dazu etwa einen kleinen Kreis um x der in X enthalten ist (X offen). ▹ 1.9. Definition. Eine Teilmenge Z von X heißt Zusammenhangskomponente, falls gilt • Z ist zusammenhängend. • Z ist maximal bezüglich dieser Eigenschaft, d. h. ist Z ⊆ Z ′ , Z ′ zusammenhängend, so ist Z = Z ′ . 1.10. Lemma. X sei topologischer Raum. (a) (b) (c) Zu jedem x ∈ X gibt es genau eine Zusammenhangskomponente Z mit x ∈ Z. Zu jedem zusammenhängenden M ⊆ X gibt es genau eine Zusammenhangskomponente Z mit M ⊆ Z. Jede Zusammenhangskomponente ist abgeschlossen. Beweis. Selbst probieren. ▹