Übungen zur Topologie, G. Favi 17. April 2009 Blatt 8 Abgabe: 24. April 2008, 12:00 Uhr (a) Sind die topologischen Räume X und Y beide zusammenziehbar, so ist auch das Produkt X × Y zusammenziehbar. Aufgabe 1. (b) Es sei X ein zusammenziehbarer topologischer Raum und Y ein beliebiger Raum. Dann sind je zwei stetige Abbbildungen f, g : Y → X homotop. Gilt davon auch die Umkehrung? (c) Ist X ein zusammenziehbarer und Y ein beliebiger topologischer Raum, so ist die Projektion prY : X × Y → Y eine Homotopieäquivalenz. Sei wiederum H : 1X ' x0 eine zusammenziehende Homotopie. Wir denieren g := Y → X × Y, y 7→ (x0 , y). Dann ist prY ◦ g = 1Y und g ◦ prY : X × Y → X × Y, (x, y) 7→ (x0 , y). Wir denieren dann H 0 : X × Y × I → X × Y, (x, y, t) 7→ (H(x, t), y). Dies ist klar eine stetige Abbildung (da die einzelnen Komponenten stetig sind) und eine Homotopie H 0 : 1X×Y ' g ◦ prY , womit prY eine Homotopieäquivalenz ist. Ad (a): Aus (c) folgt X × Y ' Y , da X zusammenziehbar und also X × Y ' Y ' 1, da Y zusammenziehbar. Ad (b): Seien f, g : Y → X zwei stetige Abbildungen und H : 1X ' x0 ∈ X eine zusammenziehende Homotopie. Es sind nun oensichtlich F : Y × I → X, (y, t) 7→ H(f y, t), G : Y × I → X, (y, t) 7→ H(gy, t) zwei Homotopien F : f ' x0 , G : g ' x0 , womit folgt, dass f ' g , da Homotopie eine Äquivalenzrelation auf den stetigen Abbildungen Y → X ist. Die Umkehrung der AUssage gilt auch. Wir wählen dazu Y := X, f := 1X und g konstant. Beweis. Ad (c): Sind f, g : S n → S n zwei stetige Abbildungen mit der Eigenschaft, dass f (x) 6= −g(x) für alle x ∈ S n , so sind f und g homotop. Aufgabe 2. Beweis. Wir denieren eine Homotopie H : f ' g durch H : S n × I → S n , (x, t) 7→ (1 − t)f x + tgx . k(1 − t)f x + tgxk Diese ist wohldeniert, denn angenommen k(1 − t)f x + tgxk = 0 ⇔ (1−t)f x = −tgx. Dann müsste |1 − t| kf xk = |t| kgxk und da kf xk = kgxk = 1 also |1 − t| = |t|, womit klar t = 21 . Also erhalten wir 21 f x = − 12 gx und somit f x = −gx, was ein Widerspruch ist. Es sei X ein topologischer Raum, x, y ∈ X zwei Punkte und γ, δ zwei Verbindungswege von x mit y . Damit erhält man zwei Isomorphismen γ∗ , δ∗ : π1 (X, x) ' π1 (X, y) der Fundamentalgruppen in x und y . Suche notwendige und hinreichende Bedingungen dafür, dass γ∗ = δ∗ gilt. Aufgabe 3. γ∗ = δ∗ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ γ∗ σ = δ∗ σ γ −1 σγ = δ −1 σδ σγδ −1 = γδ −1 σ γδ −1 ∈ Z(π1 (X, x)), ∀σ ∈ π1 (X, x) ∀σ ∈ π1 (X, x) ∀σ ∈ π1 (X, x) wobei Z(π1 (X, x)) das Zentrum von π1 (X, x) bezeiche. (a) Seien X, Y topologischer Räume. Man beweise, dass π1 (X × Y ) ∼ = π1 (X) × π1 (Y ) (Äquivalenz von Gruppoiden) Aufgabe 4. (b) Ist X ein topologischer Raum, so haben X und X × R äquivalente Fundamentalgruppoide. Wir denieren einen Funktor F : π1 (X × Y ) → π1 (X) × π1 (Y ) durch die Objektabbildung F (x, y) := (x, y) und die Pfeilabbildung F [(γ1 , γ2 )] := ([γ1 ], [γ2 ]). Dieser ist wohldeniert, (γ ,γ ) da X × Y die initiale Topologie bezüglich der Standardprojektionen trägt und also I −−1−−2→ X × Y γ1 γ2 genau dann stetig ist, wenn die einzelnen Komponenten I −→ X und I −→ Y stetig sind. Analog folgern wir, dass H = (H1 , H2 ) eine Homotopie (γ1 , γ2 ) ∼ (γ10 , γ20 ) ist, genau dann, wenn H1 : γ1 ∼ γ10 und H2 : γ2 ∼ γ20 Homotopien sind. Damit ist F unanbhängig von der Wahl des Repräsentanten (γ1 , γ2 ) und also wohldeniert. Genauso folgt, dass G : π1 (X) × π1 (Y ) → π1 (X × Y ), deniert durch G(x, y) = (x, y) und G([γ1 ], [γ2 ]) = [(γ1 , γ2 )], wohldeniert ist und zudem ist G invers zu F . D.h. F ist sogar ein Isomorphismus von Kategorien. Ad (b): Da R zusammenziehbar ist folgt die Behauptung mit Aufgabe 1(c) und einem Satz aus der Vorlesung welcher besagt, dass wenn X ' Y (d.h. homotopieäquivalent), dann Π1 X ∼ = Π1 Y (d.h. äquivalent). Beweis. Ad (a): Wir erinnern uns, dass ein Gruppoid G zusammenhängend heisst, falls HomG (x, y) 6= ∅ für alle Objekte x, y aus G . Aufgabe 5. (a) Man beweise: Ein topologischer Raum X ist wegzusammenhängend ⇔ π1 (X) ist zusammenhängend. (b) Man zeige, dass ein Gruppoid genau dann zusammenhängend ist, wenn es zu einer Gruppe äquivalent ist. Trivial. X ist wegzusammenhängend, genau dann, wenn für zwei beliebige Punkte x, y ∈ X ein Verbindungsweg γ von x nach y existiert und dies ist genau dann der Fall, wenn eine Homotopieklasse [γ] von Wegen von x nach y (d.h. ein Element in HomG (x, y)) existiert. Ad (b): Sei G ein Gruppoid und A ∈ Ob G ein Objekt, sowie Aut A = HomG (A, A) dessen Automorphismengruppe, welche wir als volle Unterkategorie von G betrachten (d.h. Aut A hat ein Objekt g A und als Pfeile alle A → − A aus G ). Wir denieren den Inklusionsfunktor J : Aut A → G durch JA := A und Jg := g , welcher klar volltreu (d.h. voll und treu) ist. Ist G zusammenhängend sind alle Objekte aus G zueinander isomorph und also ist J essentiell surjektiv, d.h. eine Äquivalenz von Kategorien. Ist umgekehrt G äquivalent zu einer Gruppe G (mit Objekt ∗) und F : G → G eine Äquivalenz von Kategorien, so gilt für A, B ∈ Ob G , dass A ∼ = F ∗, B ∼ = F ∗, da F essentiell ∼ ∼ surjektiv und also auch A = B . Insbesondere existiert damit ein Isomorphismus g : A −→ B , womit G zusammenhängend ist. Beweis. Ad (a): Ein topologischer Raum X heisst einfach zusammenhängend1 falls das Fundamentalgruppoid π1 (X) zur trivialen Gruppe äquivalent ist. Man beweise: Aufgabe 6. (a) X einfach zusammenhängend ⇔ X wegzusammenhängend und π1 (X, x) ∼ = 1 für alle x ∈ X ; (b)* Die Sphäre S n ist für n > 2 einfach zusammenhängend. 1 simply connected auf Englisch. Ist X einfach zusammenhängend, so folgt mit den Aufgaben 5(a) und 5(b), dass X wegzusammenhängend ist. Ist nun F : Π1 (X) ∼ = 1 eine Äquivalenz (1 die triviale Gruppe), so liefert für jedes x ∈ X der Inklusionsfunktor J : Aut x → Π1 (X), welcher wie oben eine Äquivalenz von Kategorien ist, eine Äquivalenz π1 (X, x) = Aut x ∼ = Π1 (X) ∼ = 1. Die Umkehrung folgt ebenfalls mit diesem Inklusionsfunktor, da dieser ja für X wegzusammenhängend gemäss 5(a) ein Äquivalenz von Kategorien ist und also 1 ∼ = π1 (X, x) ∼ = Π1 (X). Beweis. Ad (a): Man kann statt π1 (X, x) ∼ = 1 für alle x ∈ X auch π1 (X, x) ∼ = 1 für ein x ∈ X fordern, was für X wegzusammenhängend klar äquivalent ist (da dann ja Π1 (X) zusammenhängend und also alle Automorphismengruppen von Π1 (X) isomorph). Bemerkung. Für Teilaufgabe (b) müssen wir etwas weiter ausholen. Sei X ein kompakter metrischer Raum (mit Metrik d) und (Uj )j∈J eine oene Überdeckung. Dann existiert δ ∈ R>0 , sodass für A ⊂ X mit Durchmesser diam A := sup {d(a, b) | a, b ∈ A} < δ folgt, dass A ⊂ Uj für ein j ∈ J . Ein solches δ nennen wir auch eine Lebesguezahl für die Überdeckung (Uj )j∈J . Lemma. (Lebesguezahl Lemma) Da die Uj oen sind existiert für alle x ∈ X ein x ∈ R>0 mit U2x (x) ⊂ Uj für ein j ∈ J . Damit ist die oene Überdeckung (Ux (x))S x∈X eine Verfeinerung von (Uj )j∈J . Da X kompakt ist existieren also x1 , . . . , xn ∈ X , sodass X = ni=1 Uxi (xi ). Setze nun δ := min{x1 , . . . , xn } und wir prüfen, dass dies eine Lebesguezahl ist. Sei dazu A ⊂ X mit diam A < δ und a0 ∈ A beliebig. Es existiert somit ein i ∈ {1, . . . , n} mit d(a0 , xi ) < xi . Da für alle a ∈ A gilt, dass d(a, a0 ) 6 δ , folgt mit der Dreiecksungleichung d(a, xi ) 6 d(a, a0 )+d(a0 , xi ) < δ+xi 6 2xi , womit a ∈ U2xi (xi ) ⊂ Uj für ein j ∈ J . Da dies für alle a ∈ A gilt, folgt also A ⊂ Uj und wir sind fertig. Beweis. Es folgt ein Spezialfall des Satzes von Seifert-van Kampen und wer diesen kennt wird sofort sehen, dass das folgende Lemma wahr ist (man überlege sich dies). Sei X ein topologischer Raum, U, V ⊂ X oen, einfach zusammenhängend und nicht disjunkt mit X = U ∪ V und U ∩ V wegzusammenhängend. Dann ist auch X einfach zusammenhängend. Lemma. X ist klar wegzusammenhängend, da X eine Vereinigung von zwei wegzusammenhängenden Unterräumen mit nicht-leerem Durchschnitt ist. Es bleibt zu zeigen, dass jede Schleife in X γ nullhomotop ist, womit dann aus Aufgabe 6(a) die Behauptung folgt. Sei also I − → X eine Schleife in x0 ∈ U ∩ V . Wir setzen U 0 := γ −1 U, V 0 := γ −1 V und da γ stetig ist, sind diese Mengen oen. Da zudem X = U ∪ V muss auch I = U 0 ∪ V 0 , d.h. (U 0 , V 0 ) ist eine oene Überdeckung von I . Sei nun δ ∈ R>0 eine Lebesguezahl dafür, welche existiert, da I kompakt und metrisch ist. Wir nden nun ein n ∈ N>0 , sodass n1 < δ und wir denieren für i ∈ {0, . . . , n} ti := ni ∈ I . Es folgt, dass i 1 0 0 diam[ti , ti+1 ] = i+1 n − n = n < δ und also [ti , ti+1 ] ⊂ U oder [ti , ti+1 ] ⊂ V für alle i ∈ {0, . . . , n−1}. Anders gesagt ist γ[ti , ti+1 ] entweder ganz in U oder ganz in V enthalten. O.B.d.A. nehmen wir an, dass für γ[ti , ti+1 ] ⊂ U bzw. V folgt, dass γ[ti+1 , ti+2 ] ⊂ V bzw. U , da wir sonst einfach [ti , ti+1 ] durch [ti , ti+2 ] ersetzen können. D.h. wir können annehmen, dass γti ∈ U ∩ V für alle i ∈ {0, . . . , n}. αi Folglich existiert für jedes i ein Verbindungsweg I −→ U ∩ V von γti nach x0 (da U ∩ V wegγ ∼ zusammenhängend). Sei weiter γi : I −→ [ti , ti+1 ] − → X . Nehmen wir weiter (o.B.d.A.) an, dass Beweis. γ[t0 , t1 ] ⊂ U , so folgt [γ] = [γ0 ][γ1 ] . . . [γn−1 ] = [γ ][α ] [α−1 ][γ ][α ] . . . [γn−1 ] = [1x0 ]. | 0{z 1} | 1 {z1 2} [1x0 ]∈π1 (U,x0 ) [1x ]∈π1 (V,x0 ) 0 Damit können wir nun Teilaufgabe (b) beweisen: Es ist S n = U ∪V , wobei U := S n \{N } und V := S n \{S} (N := (0, . . . , 0, 1), S := (0, . . . , 0, −1) Nord- und Südpol). U und V sind klar oen und mittels stereographischer Projektion (siehe z.B. Blatt 5, Aufgabe 2(6)) homöomorph zu Rn und also für n > 1 einfach zusammenhängend. Zudem sind sie nicht disjunkt und U ∩ V für n > 2 klar wegzusammenhängend (da ja unter der stereographischen Projektion U ∩ V = U \ {S} ∼ = Rn \ {0}, was trivialerweise wegzusammenhängend ist für n > 2), womit dank unseres Lemmas folgt, dass S n für n > 2 einfach zusammenhängend ist. Beweis. Ad (b):