Botulismus - ein Gift bedroht Mensch und Tier Das Botulinum-Toxin ist wahrscheinlich der giftigste Stoff, den die Natur hervorbringt. Kaum zu glauben, aber ein Gramm dieses Toxins würde ausreichen, um eine Million Menschen töten. Der Giftproduzent ist das Bakterium Clostridium botulinum, das in verdorbenen Lebensmitteln die giftigen Eiweißstoffe bilden kann. Das Bakterium ist nach dem lateinischen Wort “botulus” für Wurst benannt, in der die Clostridien öfters gefunden wurden. Die Keime sind aber weit verbreitet; sie finden sich fast überall im Boden, im Hausstaub und auch in küstennahen Gewässern. Jahrelang können sie dort in Form von widerstandsfähigen Sporen überdauern. Botulismus ist eine Lebensmittelvergiftung und keine Infektionskrankheit. Nicht die Bakterien, die in den Körper gelangen, machen krank, sondern das in der Nahrung gebildete Gift. Botulinum-Toxin ist eine Sammelbezeichnung für mindestens acht verschiedene Toxinverbindungen. Die Toxine sind extrem starke Nervengifte, die die Reizübertragung von den Nervenenden auf die Muskeln blockieren. Lähmungen sind die Folge. Unbehandelt starben vor wenigen Jahren noch bis zu 90 Prozent der Vergifteten. Heutzutage sind die Überlebensaussichten deutlich besser. Die Toxine müssen aber so schnell wie möglich aus dem Körper eliminiert werden. Zudem kann ein Gegengift oder Antitoxin verabreicht werden; die Antikörper, die aus Pferdeblut gewonnen werden, reagieren spezifisch mit den Toxinen und neutralisieren sie. In Deutschland sind Vergiftungen mit dem Botulinum-Toxin inzwischen selten geworden. Pro Jahr treten etwa 10 bis 20 Fälle auf. Die Vergiftungen werden fast immer durch selbst hergestellte Lebensmittel verursacht. Die Clostridiensporen sind extrem hitzestabil und können selbst bei 100 °C überleben. Unter günstigen Umständen wie bei Abwesenheit von Sauerstoff werden die Toxine produziert. Da die Bakterien dabei auch Gas bilden, können alle Konserven betroffen sein, die aufgetrieben oder nicht mehr fest verschlossen sind. Säuglinge sind wesentlich empfindlicher als Erwachsene, hier führen die Bakterien zu einer Infektion, dem Säuglingsbotulismus. Gelangen Sporen von Clostridium botulinum in den Darm der Kleinkinder, keimen sie dort aus und die sich vermehrenden Bakterien bilden die Toxine. Offensichtlich ist die Darmflora der Kinder noch nicht in der Lage, die Ansiedlung der Clostridien im Darm abzuwehren. Eine Studie der letzten Jahre zeigte, dass das Botulinum-Toxin in fast jedem dritten Körper von Säuglingen, die am „plötzlichen Kindstod“ gestorben waren, nachgewiesen werden konnte. Schon länger ist bekannt, dass Säuglinge die Sporen über Honig aufnehmen können; offensichtlich gibt es aber weitere Infektionswege, eventuell die Atemluft. Biomüll, Kompost und Blumenerde beinhalten häufig Clostridiensporen und stehen unter Verdacht, solche Botulismusfälle auszulösen. Auch Tiere sind genauso wie der Mensch durch die Gifte der Botulismus-Bakterien bedroht. Beispielsweise kommt es in der Rinderhaltung Brasiliens zu wirtschaftlich bedeutenden Verlusten von Millionen Tieren durch Botulismus. Die jährlichen Gesamtverluste werden dort auf etwa 1% des Rinderbestandes geschätzt. Auch für das stärkste natürliche Gift gilt, dass die Dosis erst das Gift macht. Wegen ihrer nervenlähmenden Wirkung wird das Bakteriengift als "Botox" zur medizinischen und kosmetischen Behandlung beim Menschen eingesetzt, z. B. zur „Entfernung“ störender Gesichtsfalten. In den USA sind allerdings nach Überdosierungen schon ernste Erkrankungen und bei Kindern sogar Todesfälle aufgetreten. © 2009 by Fachbuchverlag Pfanneberg, Haan