SABCS 2016: Was ist wichtig für die Praxis?

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SAN ANTONIO BREAST CANCER SYMPOSIUM
SABCS 2016: Was ist
wichtig für die Praxis?
Steffen Wagner
Auf dem 39. San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS)
mit 7.500 Teilnehmern wurden einige für die Frauenarztpraxis
relevante Studienergebnisse vorgestellt, die im Folgenden zusammengefasst werden.
Im Fokus standen neben zahlreichen
immunologischen und genetischen
präklinischen Arbeiten aktuelle Daten
zur CDK4/6-Inhibition und die viel
diskutierten Studien zur erweiterten
adjuvanten antihormonellen Therapie
(EAT). Letztere ist von großer Relevanz für die frauenärztliche Praxis
und wird ausführlich dargestellt. Die
aktualisierten Empfehlungen der AGO
Mamma sind seit März 2017 unter
www.ago-online.de abrufbar.
und vor allem dem Ausmaß des Nodalbefalls korreliert (s. Abb. 1).
Erweiterte adjuvante Therapie mit Aromatasehemmer
Die ATLAS/aTTom–Studien untersuchten eine auf 10 Jahre verlängerte
Tamoxifen-Therapie mit positiven
„„
Antihormonelle Therapie –
­aktuelle Empfehlungen
Die empfohlene Standardtherapie des
hormonrezeptor(HR)positiven Mammakarzinoms in der Postmenopause
besteht aus einer sequenziellen
5-jährigen Therapie aus 2–3 Jahren
Aromatasehemmer (AI) im Wechsel
mit Tamoxifen (TAM) oder umgekehrt.
Die Kombination aus TAM und AI ist
einer alleinigen Tamoxifentherapie
überlegen (1).
Trotz optimaler antihormoneller Therapie tritt beim hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom etwa die Hälfte der Rezidive nach dem 5. postoperativen Jahr auf. Die auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2016 vorgestellte Oxford-Metaanalyse (2) mit
einer 20-jährigen Nachbeobachtungszeit zeigte eindrucksvoll, dass auch
noch viele Jahre nach Primärdia­
gnose ein relevantes Rezidivrisiko
besteht, welches mit der Tumorgröße
204
FRAUENARZT
58 (2017)
Nr. 3
Einige Studien konnten bereits Vorteile für eine bis auf 10 Jahre verlängerte antihormonelle Therapie nachweisen: Eine AI-Therapie nach 5
Jahren TAM wird bereits seit vielen
Jahren postmenopausalen Patientinnen mit erhöhter Rezidivgefahr angeboten und kann das Rezidivrisiko
um etwa 40 % reduzieren (3, 4, 5).
Ergebnissen (30 % mehr Langzeitüberlebende (6)). Diese hat sich im
klinischen Alltag unter Nutzen-Risiko-Abwägung vor allem in der Hochrisikosituation in der Prämenopause
oder bei Vorliegen intolerabler Nebenwirkungen gegenüber AI etabliert
(7).
Für die in der Praxis häufig durchgeführte erweiterte Gabe eines AI nach
5 Jahren sequenzieller Therapie gab
es bislang wenig belastbare Daten.
Auf dem SABCS wurden drei Studien
mit dieser Fragestellung vorgestellt.
Eine schematische Übersicht über
alle jetzt vorliegenden Studien zur
EAT zeigt Abbildung 2 auf S. 205.
„„
DATA-Studie
Die niederländische DATA-Studie (9)
untersuchte 1.912 postmenopausale
HR-positive Patientinnen, die nach
einer 2- bis 3-jährigen adjuvanten
Tamoxifen-Gabe entweder 3 oder 6
Jahre mit dem AI Anastrozol behandelt wurden. Insgesamt handelte es
sich um ein Hochrisikokollektiv: Etwa
65 % der Patientinnen waren nodalpositiv, etwa 28 % hatten G3-Tumo-
Rezidivrisiko beim hormonrezeptorpositiven Mamma-Ca
in Abhängigkeit von Tumorgröße und Nodalbefall
mod. nach Hongchao P et al. J. Clin Oncol. 2016; 34 (suppl; abstr 505)
Abb. 1: Noch viele Jahre nach der Primärdiagnose der Brustkrebserkrankung besteht ein relevantes Rezidivrisiko, welches mit der Tumorgröße und vor allem mit dem Ausmaß des Nodalbefalls korreliert.
Behandlungsablauf (Jahre)
Studie
0
2,5
5
10
15
Hazard
Ratio
MA17
0,57
NSABP B-33
0,68
ABCSG 6a
0,62
ATLAS
0,75–0,90
ATTOM
0,94
MA17R
0,80
NSABP B-42
0,85 NS
IDEAL
0,96 NS TAM
DATA
0,79 NS
AI
mod. nach (8)
Abb. 2: Übersicht über Studien zur EAT mit Darstellung des relativen Rezidivrisikos.
Rot = Tamoxifen, Grün = Aromatasehemmer, Karos: sequenzielle Gabe, Schraffur: Randomisierung vs. Plazebo, NS = nicht statistisch signifikant.
ren, 47 % Tumoren > 2 cm, etwa 20 %
waren HER2-positiv.
6 Jahre nach Primäroperation zeigte
sich kein signifikanter Effekt auf den
primären Studienendpunkt des rezidivfreien Überlebens (3 Jahre AI:
90,7 %, 6 Jahre AI 88,9 %, p = 0,07).
In der im klinischen Alltag relevanten Gruppe der ER- und PR-positiven
Patientinnen, die gleichzeitig HER2negativ und nodalpositiv waren und
zytostatisch behandelt wurden (insgesamt 579 Patientinnen), ergab sich
eine deutliche relative Risikoreduk­
tion der 6-jährigen AI-Therapie von
rund 32 % (86,0 vs. 75,9 %, p = 0,01,
s. Abb. 3).
Bemerkenswert und klinisch beachtenswert war ein Therapieabbruch in
der 3-jährigen Therapiegruppe von
rund 20 % und in der 6-jährigen Therapiegruppe von rund 40 %. Dies war
am ehesten ein Effekt der gesteigerten Arthralgien und Myalgien (51,9
vs. 57,6 %), die von vielen Patientinnen über die längere Therapie­
dauer schlechter toleriert wurden.
Unterschiede ergaben sich auch im
Knochenmasseverlust (20,9 vs.
16,5 %) und der Frakturrate (9,8 vs.
7,4 %).
Von besonderem Interesse wird eine
angekündigte erneute Auswertung
der Studiendaten nach 9 Jahren mittlerer Nachbeobachtungszeit sein.
„„
NSABP-B42
Die Studie untersuchte die Effekte einer
5-jährigen erweiterten antihormonellen
Das krankheitsfreie Überleben lag
nach 7 Jahren mittlerer Nachbeobachtungszeit in der Verumgruppe bei
84,7 vs. 81,3 %. Dies entsprach einer
Reduktion des relativen Risikos um
15 %. Die zuvor festgelegte Signifikanzgrenze von 0,0418 wurde in dieser Studie knapp verfehlt (p = 0,048),
siehe Abbildung 4 auf S. 206. Weitere Studienendziele wie die kumula­
tive Inzidenz des rezidivfreien Intervalls (Reduktion um 29 %, p = 0,003)
und der Fernmetastasen (Reduktion
um 28 %, p = 0,03) zeigten jedoch
signifikante Unterschiede.
„„
Optimale Therapiedauer –
die IDEAL-Studie
Die niederländische IDEAL-Studie
(N = 1.824, (11)) untersuchte, ob sich
nach einer 5-jährigen Tamoxifen- oder
AI-Therapie (allein oder in Sequenz)
eine 2,5- bzw. 5-jährige AI-Therapie
positiv auf das rezidivfreie Überleben
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Therapie mit Letrozol. Eingeschlossen
wurden 3.923 Patientinnen, die zuvor
5 Jahre AI oder AI sequenziell gefolgt
von TAM erhalten hatten. Die Patientinnen erhielten nach Randomisierung
5 Jahre lang Letrozol vs. Plazebo (10).
Studien zur
erweiterten adjuvanten antihormonellen Therapie
DATA-Studie: Adaptiertes krankheitsfreies Überleben (aDFS)
n = 597
5-Jahres-aDFS (%)
HR (95 % CI)
p-Wert
6 Jahre Anastrozol 3 Jahre Anastrozol
n = 293
n = 286
86,0
75,9
0,58 (0,39–0,89)
0,01
Abb. 3: Adaptiertes krankheitsfreies Überleben bei AI-Therapie bei Patientinnen mit großen
Tumoren (> 2 cm), positivem Nodalstatus, Positivität beider Hormonrezeptoren (ER und PR),
negativem HER-Status und Z. n. Chemotherapie (9).
FRAUENARZT
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205
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NSABP B-42: Krankheitsfreies Überleben
Letrozol
1.9591.8131.6441.225
216
Plazebo
1.9641.8141.6391.208
210
nach Mamounas et al, SABCS 2016
Abb. 4: Rezidivfreies Überleben unter 5-jähriger erweiterter adjuvanter Therapie mit Letrozol
vs. Plazebo. Die zuvor festgelegte Signifikanzgrenze von 0,0418 wurde knapp verfehlt.
auswirkte. Es zeigte sich kein Unterschied zwischen beiden Therapie­
armen. Auffällig war eine signifikante
Reduktion von neu aufgetretenen
kontralateralen Mammakarzinomen um
67 %, die jedoch numerisch sehr klein
und somit wenig praxisrelevant war
(0,9 vs. 1,9 %).
„„
Kardiovaskuläres Risiko
durch AI?
Ähnlich wie bei der Hormonersatztherapie in der Menopause, wo ein früher
Einsatz wahrscheinlich kardiovaskulären Ereignissen vorbeugen kann (12),
wirkt sich ein völliger Entzug der Östrogene durch AI möglicherweise strukturell auf die Gefäße aus. Dies legt
eine kleinere Untersuchung (N = 50)
nahe, die die Endothelfunk­tion von
Patientinnen unter AI mit der gesunder Frauen verglich (13). Es ergaben
sich signifikante Unterschiede in der
Elastizität großer und kleiner Arterien,
was als frühes Signal einer Arteriosklerose gewertet werden kann. Deshalb
sollten bei der Entscheidung für eine
EAT auch kardiovaskuläre Risikofaktoren beachtet werden.
Prof. Michael Gnant (Wien) fasste die
aktuelle Studienlage zur EAT zusam-
206
FRAUENARZT
58 (2017)
Nr. 3
men und bewertete die klinische Relevanz in einer exzellenten Stellungnahme (siehe unter „Zusammenfassung“ auf S. 207 und Tabelle 1).
„„
Fazit für die Praxis
Etwa 100.000 Patientinnen nahmen
im Jahr 2015 in Deutschland einen
AI ein (Zentrum für Krebsregister­
daten Robert Koch-Institut, www.
rki.de).
In der täglichen Praxis zeigt sich,
dass sich viele Patientinnen intensiv
mit der Dauer ihrer antihormonellen
Therapie auseinandersetzen. Die Ge-
spräche mit dem nachsorgenden
Frauenarzt sind zum einen von Rezidivängsten, zum anderen von den
häufig sehr belastenden Nebenwirkungen geprägt. Da die Studienlage
keine einfachen Antworten zulässt,
muss eine individuelle risikoadaptierte Therapieempfehlung erarbeitet
werden. Eine Hilfestellung dazu bietet Tabelle 1.
Letztendlich sollte eine erweiterte
adjuvante antihormonelle Therapie
gemeinsam mit der Patientin im Sinne
einer partizipierenden Entscheidungsfindung erfolgen. Supportive und
komplementäre Optionen zur Behandlung von Nebenwirkungen des aromatasehemmerbedingten Östrogenentzugs (vor allem Arthralgien, atrophische Schleimhaut, Störungen der Sexualfunktion, Knochenmasseverlust)
werden zunehmend wissenschaftlich
evaluiert und spielen erfahrungsgemäß eine wichtige Rolle (s. Tab. 2).
Streng genommen handelt es sich bei
der DATA-, NSABP-B42- und IDEALStudie um negative Studien bezüglich einer EAT mit AI. Die Subgruppenanalysen ergaben jedoch Signale,
die wir im klinischen Alltag erkrankten Frauen nicht vorenthalten dürfen. Während bei niedrigem Rezidivrisiko von einer verlängerten Aromatasehemmergabe nach jetzigem Wissenstand abgeraten werden kann,
profitiert die Hochrisikopatientin mit
gewisser Wahrscheinlichkeit von
einer EAT. Auf keinen Fall ist eine
Entscheidungskriterien für die EAT
mit Aromatasehemmer
Wem sollte eine erweiterte antihormonelle Therapie mit AI angeboten
werden?
„„
Patientinnen mit großen Tumoren und/oder befallenen Lymphknoten
„„
Patientinnen, die eine adjuvante Chemotherapie (indiziert aufgrund des
Rezidivrisikos) erhalten haben
„„
Patientinnen mit Hochrisiko-Genexpressionsanalyse (Oncotype DX,
Endopredict, PAM-50 u.a.)
„„
Patientinnen, die bislang ausschließlich TAM erhalten haben
„„
Patientinnen mit eher luminalem Tumortyp (Positivität von ER und PR)
„„
Patientinnen, die AI bisher gut vertragen haben
„„
Patientinnen ohne manifeste Osteoporose
Tab. 1
Arthralgien
„„
Motivation zu regelmäßiger körperlicher Aktivität (13)
„„
Korrektur eines erniedrigten Vitamin-D-Spiegels (15)
„„
komplementäre Therapien (z. B. proteolytische Enzyme (16, 17),
Akupunktur (18))
„„
kurzzeitig oder sporadisch NSAR
„„
Kurzzeittherapie mit Prednisolon 5 mg/7 Tage (19)
„„
Umsetzen auf anderen AI (20)
„„
Umsetzen auf Tamoxifen
„„
Duloxetin (25)
Vaginale Atrophie/Dyspareunie
„„
lubrifizierende Vaginalcremes/-gele/-suppositorien
„„
ultraniedrig dosierte Estriol-Vaginalzäpfchen (z. B. Gynoflor, Oekolp 0,03 mg
(21)
„„
ggf. Dehnungsbehandlung
Knochenmasseverlust
„„
Vitamin-D-Korrektur
„„
ggf. Kalzium-Substitution
„„
Zoledronat 4 mg i.v. (22)
„„
Denusomab 60 mg s.c. alle 6 Monate (23)
Tab. 2
reflexartige Empfehlung für alle Patientinnen gerechtfertigt („auf Nummer sicher gehen“), welche nicht
selten von unseren Patientinnen
selbst eingefordert wird.
Die Ergebnisse der IDEAL-Studie lassen vermuten, dass bereits eine um
2,5 Jahre verlängerte EAT mit AI ausreicht (also insgesamt 7,5 Jahre).
Dies ist eine positive, im Praxisalltag
gut umsetzbare Erkenntnis, wenn
man die in allen Studien hohen nebenwirkungsbedingten Therapieabbruchraten bedenkt. Sicherlich wird
diese kürzere Therapie-Etappe für
viele Patientinnen leichter zu bewältigen sein als volle 10 Therapiejahre.
Zusammenfassung
Nach 5-jähriger ausschließlicher
Tamoxifentherapie (im klinischen
Alltag selten) ist eine Therapieverlängerung mit einem AI (alternativ mit TAM) insbesondere bei
hohem Risiko empfehlenswert.
Die Empfehlung einer erweiterten
Therapie mit AI nach erfolgter
5-jähriger antihormoneller Thera-
pie mit AI → TAM (oder um­gekehrt)
oder 5 Jahren AI sollte zum jet­
zigen Zeitpunkt lediglich Hochri­
sikopatientinnen (v. a. große Tumoren, und/oder Nodalbefall,
ggf. Risiko-Genexpressionsprofil)
an­geboten werden (s. Tab. 1 auf
S. 206). Bezüglich der Therapie­
dauer sind wahrscheinlich 2,5 Jahre zusätzlicher AI-Therapie ausreichend (also insgesamt 7,5 Jahre
wie in der DATA-Studie).
wert. Über mögliche Maßnahmen
bei AI-Nebenwirkungen informiert
Tabelle 2.
CDK4/6-Inhibition
Die Substanz Palbociclib ist seit Kurzem auch bei uns beim metastasierten
HR-positiven Mammakarzinom zugelassen, die Zulassung von Ribococlib
soll ebenfalls in Kürze erfolgen. Eine
präklinische Studie (24) ging der Frage nach, ob durch die CDK4/6-Inhibition der Östrogen-Signalweg deletär
verändert wird, was möglicherweise zu
einem rascheren Krankheitsfortschritt
nach CDK4/6-Therapieresistenz führen
könnte. Diese Bedenken konnten in
vitro widerlegt werden. Weiterhin
zeigten sich erwartungsgemäß Hinweise auf eine Kreuzresistenz von
Palbociclib und Ribociclib.
„„
Fazit für die Praxis
Die Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren
führt nicht zu einer molekularen hormonellen Resistenz und erlaubt weitere anschließende antihormonelle
Therapieschritte.
Duloxetin gegen Arthralgien
unter AI-Therapie?
FORTBILDUNG + KONGRESS
Nebenwirkungsmanagement unter AI-Therapie
Eine Studie (25) zur Wirksamkeit
des SSRI Duloxetin (Zulassung in
Unbedingt berücksichtigt werden
müssen der Beeinträchtigungsgrad
der Lebensqualität unter der bisherigen AI-Therapie und eine manifeste Osteoprose trotz Ausschöpfung supportiver und osteoprotektiver Optionen.
Patientinnen mit niedrigem Rezidivrisiko (v. a. T1, N0) können ihre
aromatasehemmerhaltige Therapie
nach insgesamt 5 Jahren beenden.
In jedem Fall ist eine sorgfältige
Risiko-Nutzen-Abwägung und partizipative Therapie-Entscheidung
nach den in Tabelle 1 empfehlens-
FRAUENARZT
58 (2017)
Nr. 3
207
FORTBILDUNG + KONGRESS
Deutschland: Depression, Angst­
störung, diabetische Polyneuro­
pathie, Belastungsinkontinenz) gegen AI-assozierte Arthralgien untersuchte plazebokontrolliert 299 Pa­
tientinnen. Es zeigte sich eine signifikante Reduktion der Arthralgien
und eine Verbesserung der Lebensqualität. Der Effekt schwächte sich
aber nach 3 Monaten Therapiedauer
wieder ab. Dies wurde erkauft mit
den bekannten Nebenwirkungen des
Präparats wie vor allem Mundtrockenheit (25 %), Fatigue (32 %) und Nausea (30 %). Die klinische Relevanz
dürfte deshalb eher gering und Einzelfällen vorbehalten sein, nicht zuletzt aufgrund der bekannten Risikoerhöhung für Suizidalität von Duloxetin (SWOG S1202).
bei normalen Werten (pCR, 19 vs.
42 %, p = 0,03).
Akupunktur bei
chemotherapieassozierter
Polyneuropathie
Kopfhautkühlung kann
­Alopezie unter Chemo­
therapie verhindern
Eine kontrollierte Studie aus dem Dana Farber Institute in Boston (26)
untersuchte die Wirksamkeit einer
Akupunkturbehandlung gegen chemotherapieinduzierte Polyneuropathie und konnte nach 8 Wochen (18
Sitzungen) eine signifikante Verbesserung der Schmerz- und Lebensqualitätsparameter feststellen.
Die chemotherapieassozierte Alopezie
ist bekanntermaßen für viele Patientinnen sehr belastend. Das schon seit
Jahren bekannte Prinzip der Kopfhautkühlung wurde in einer prospek-
Demgegenüber erbrachte eine koreanische prospektive Studie (N = 377)
keinen Zusammenhang zwischen sehr
niedrigen Vitamin-D-Spiegeln, der
pCR und dem Krankheitsüberleben
(29).
„„
Fazit für die Praxis
Obwohl die Bedeutung der häufig
deutlich erniedrigten Vitamin-DWerte bei Mammakarzinompatientinnen aktuell nicht schlüssig ist und
Interventionsdaten bislang fehlen,
sollte bei allen Patientinnen mit
sehr niedrigen Spiegeln (< 20 ng/ml)
bereits aus osteologischen Gründen
kontrolliert substituiert werden.
piezeiten durch Vor- und Nachkühlen,
der Platzbedarf der Geräte und die
nicht unerheblichen Kosten. Eigene
Erfahrungen mit modernen, anschmiegsamen, in herkömmlichen
Haushaltsgeräten tiefgekühlten Kältemützen (z. B. www.coolhaircap.de)
decken sich mit den Erfahrungen der
automatisierten Geräte, erfordern jedoch die aufwendigere exakte Einhaltung der Anwendungsvorschriften.
„„
Fazit für die Praxis
Die seit Jahren kritisch beurteilte
Kopfhautkühlung wurde nun erstmals
prospektiv standardisiert überprüft
und kann bei Verfügbarkeit eingesetzt
werden. Bei soliden Tumoren konnten
bisher keine Sicherheitsbedenken geäußert werden. In der Praxis zu beachten sind das oft unangenehme
Kältegefühl (warme Decken und heißer Tee helfen) und gelegentliche
Kopfschmerzen zu Beginn der Therapie.
Literatur
Beim Autor oder in der Online-Version
des Beitrags unter www.frauenarzt.de
Rolle des Vitamin-D-Spiegels
unter neoadjuvanter Chemotherapie
Eine spanische Studie (N = 99) (27)
untersuchte die Vitamin-D-Spiegel
bei Diagnosestellung. 49 % hatten
sehr niedrige Werte (< 20 ng/ml). Es
zeigte sich eine inverse Korrelation
zwischen niedrigen Vitamin-D-Werten und Tumorstadium, schlechterem Grading und erhöhten Ki-67Werten.
Eine französische Arbeit (28) untersuchte die Vitamin-D-Spiegel von 144
Patientinnen unter einer neoadjuvanten Chemotherapie. Fanden sich sehr
niedrige Werte (37 % < 20 ng/ml),
zeigte sich eine deutlich schlechtere
histologische Komplettremission als
208
FRAUENARZT
58 (2017)
Nr. 3
Abb. 5: Automatisierte Kopfhautkühlung zur
Prävention der Alopezie unter Chemotherapie
tiven Studie (N = 2 35) untersucht
(30). Der Effekt wird erklärt durch
die kältebedingte Vasokonstriktion
der Kopfhautkapillaren und einen direkten biochemischen Effekt. Zur
Anwendung kam ein automatisiertes
Gerät (Fa. Paxman, s. Abb. 5). In
50 % der Fälle gelang ein Erhalt der
Kopfhaare bei erträglichen Nebenwirkungen. Zu beachten sind die Thera-
Autor
Dr. med.
Steffen Wagner
Vorstandsmitglied BNGO e. V.
und NATUM e.V.
Frauenärzte Saarbrücken West
Lebacher Str. 78
66113 Saarbrücken
[email protected]
Fortbildung + Kongress
Literatur
zum Beitrag „SABCS 2016: Was ist
wichtig für die Praxis?“, FRAUENARZT
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FRAUENARZT
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