LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER ARCHÄOLOGIE AM WATTENMEER MARSCHBAUERN, GROSSBAUERN UND SEELEUTE AM TOR ZUR GROSSEN WELT Seit der Eisenzeit war die Marsch dicht besiedelt. Die ergiebigen Marschwiesen sind der Schlüssel zum Verständnis der vielseitigen Archäologie im Wattenmeer. Die endlosen grünen Flächen wurden von großen Tierherden abgeweidet. Diese sind der Grund, weshalb die Wattenmeergegenden in Vorzeiten dicht bevölkert waren. Fremde Kaufleute besegelten schon in der Eisenzeit die Küsten des Wattenmeeres und brachten neue Erfindungen und Entwicklungen mit. Vor dem Wattenmeer In der Steinzeit gab es das Wattenmeer noch nicht. Der Landstrich, den wir heute Dänemark nennen, sah damals ganz anders aus, aber Landsenkun­ gen und das Anheben des Meeresspiegels haben seither das Verhältnis zwischen Land und Wasser radikal verändert. Der Grundzug dieser Entwicklung bestand darin, dass sich die südwestjütländische Landschaft absenkte, während der Meeresspiegel allmählich anstieg. Das gesamte Nordseebecken bildete in der Altstein­ zeit eine einheitliche Landmasse mit England, und die Menschen jagten damals Auerochsen und Edel­ wild auf den großen Flussebenen, die sich heute auf dem Meeresgrund befinden. Manchmal geht den Fischern auf der Nordsee eine Hirschhornaxt oder ein sonstiges uraltes Werkzeug ins Netz – das auf jenem trockenen Land verloren wurde, wo das Was­ ser heute 50 Meter hoch steht. An den Küsten des Wattenmeeres werden auch schon mal an Land ge­ Erleben Sie im ... FRÜHLING HERBST WINTER spülte Steinzeitwerkzeuge gefunden. Der Meeresspiegel stieg während der Steinzeit an, und als unsere Vorfahren um das Jahr 4000 v. Chr. zu Bauern wurden, lag die Küstenlinie nur etwas westlich von den heutigen dänischen Wattenmeer­ inseln Fanø, Mandø und Rømø. Doch langsam überspülte das Wasser die Besitztümer der ersten Bauern. In den flachen Küstengebieten lagerten die Gezeiten fruchtbaren Schlick ab, der langsam an Höhe gewann, begleitet von der allgemeinen Landsenkung und den wiederholten Überschwem­ mungen durch das Meer. Die verloren gegangenen Felder der Steinzeit liegen heute unter den glat­ ten Flächen des Schlicks vergraben und sind nur schwer zu finden. Doch manchmal wurden in den dänischen Marschgebieten sowohl Hünengräber als auch Dolmen aus der Trichterbecherkultur der Jungsteinzeit geortet, die von Schlickbildungen überwuchert sind. Wann genau die Steinzeitbauern vom Meer verdrängt wurden, ist schwer zu sagen, aber Kohlenstoff-14-Datierungen der versiegelten Morten Søvsø, Sydvestjyske Museer & Lene B. Frandsen, Museet for Varde By og Omegn Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET Seite 1 von 4 LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER Der ansteigende Meeresspiegel überschwemmte die ersten Siedlungen und Felder der Bauern. Die Spuren lassen sich beim Anterp Langbett erahnen. Flächen unter dem Schlick deuten darauf hin, dass sich die Marsch­landschaft, die wir heute kennen, während der Bronzezeit bildete. Die Bauern und ihre Höfe Die mehrfachen Überschwemmungen der Küsten­ gebiete führten mit der Zeit zur Bildung der ergie­ bigen Marschwiesen. Die endlosen Weideflächen waren die Voraussetzung für eine umfassende Tier­ haltung, die wiederum viele Menschen ernähren konnte. Von der Eisenzeit an waren die Marsch­ gegenden dicht besiedelt, und heute finden sich viele archäologische Spuren der ehemaligen Bau­ ernhöfe. Im dänischen Wattenmeer haben sich die Bauern in der Eisenzeit auf dem Geest-Strand an­ gesiedelt, wo die Marsch auf trockenes, etwas höher gelegenes Land traf. Die Bauernhöfe trugen Reetdächer, waren aus Holz und mit Lehmwänden versehen. Die Tragpfeiler der Häuser staken tief in der Erde. Diese Pfeilerlöcher können freigelegt werden und liefern viele Informa­ tionen sowohl über die Bautätigkeit als auch über die Wirtschaft der Höfe und den sozialen Rang der Bewohner. In selteneren Fällen können wir auch die Gräber der ersten Marschbauern finden. Im ältesten Abschnitt der Eisenzeit waren die Höfe bescheidene Langhäuser, etwa 5 m breit und 10–15 m lang. Am östlichen Ende findet man manchmal Spuren von den Trennwänden der Boxen, wo die Tiere unter­ gebracht wurden. Die kleineren Höfe waren weit im Die älteste Kirche Skandinaviens Am Dom zu Ribe wurde ein großer Friedhof aus der Wikingerzeit ausgegraben. Hier durfte der Missionar Ansgar nach königlicher Erlaubnis im 9. Jahrhundert eine Kirche errichten. Seither ruht sie dort und ist somit die älteste Kirche Skandinaviens. Land verstreut. Einige waren Einzelhöfe, während andere Teil einer weiträumigen Dorfstruktur gewe­ sen sein können. Die Marschhöfe wurden während der Eisenzeit im­ mer größer, und etwa um 200 n. Chr. entwickelte man eine neue Bautradition, bei der man sowohl die Häu­ serwände als auch die Hofzäune aus eingegrabe­ nem Bauholz konstruierte. Die Pfeilerlöcher dieser Höfe geben genaue Auskunft über deren Grundris­ se, und als typisches Merkmal waren die Höfe von länglichen, in den Zaun integrierten Gebäuden um­ geben, die als Scheunen gedient haben können. Die Hauptgebäude konnten bis zu 50 m lang sein, und auf den Dorfkoppeln findet man oft kleine eingegra­ bene Werkstatthütten, die Grubenhäuser genannt werden. Großbauern und Kaufleute Während der Eisenzeit gab es eine Klassengesell­ schaft, und Großbauern herrschten über größere oder kleinere Landstriche am Wattenmeer. Nahe der Örtlichkeit Dankirke, südlich von Ribe, wurde eine Morten Søvsø, Sydvestjyske Museer & Lene B. Frandsen, Museet for Varde By og Omegn Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET Seite 2 von 4 LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER Bei Ballum siedelten die Bauern sich auf künstlich errichteten Erdwällen in der Marsch, den sogenannten Warften, an. vornehme Eisenzeithalle ausgegraben, in welcher der Großbauer seine Gastmahle abhielt, bis das Haus um 500 in Brand geriet. Funde zeigen, dass fremde Kaufleute das dänische Wattenmeer besegelten, und das Wrack des ur­ sprünglich mehr als 20 Meter langen GredstedbroSchiffes aus dem 7. Jahrhundert, weit flussaufwärts in Kongeåen gefunden, zeugt von einem hoch ent­ wickelten Schiffsbau. Um 700 n. Chr. wurde Ribe als Handelsplatz am Fluss gegründet, es ist der erste seiner Art in Skan­ dinavien. Das Zentrum der frühen Siedlung war der Marktplatz direkt am Fluss, wo tüchtige Handwer­ ker Glasperlen, Bernstein- und Bronzeschmuck, Hirschhornäxte, Waffen und vieles andere herstell­ ten. Die meisten der anreisenden Kaufleute waren Christen, und etwa Mitte des 9. Jahrhunderts erhielt der Missionar Ansgar die königliche Genehmigung, eine Kirche in Ribe zu errichten. Neuere Ausgrab­ ungen beim Dom in Ribe deuten darauf hin, dass dies tatsächlich die Stelle war, an der Ansgar seine Kirche errichtete – 100 Jahre vor Dänemarks offiziel­ lem Übergang zum Christentum 965. Warften sogenannten Warften, niederließen. Diese existie­ ren nur im südlichen Teil des dänischen Watten­ meeres, mit der Siedlung Misthusum als das nörd­ lichste Beispiel. Auf diesen bescheidenen Anhöhen lebten die Bauern mitten in der Marsch und mit dem Meer als nächstem Nachbarn. Die Siedlungsstruktur in der Marsch deutet nicht da­ rauf hin, dass Sturmfluten vor dem 14. Jahrhundert gewöhnlich waren, doch danach traten sie häufiger auf und forderten viele Menschenleben, was zum Verlassen vieler Warften und Dörfer führte. Bei Gl. Hviding, südlich von Ribe, sind Großbauernhöfe aus dem 11. Jahrhundert ausgegraben worden, die von Marschbildungen überwuchert waren. Marschhöfe in der Neuzeit Auch im Mittelalter und in der Neuzeit waren die Marschgegenden dicht bebaut. Die Höfe entwickel­ ten sich zu Fachwerkhäusern, von denen es im 20. Jahrhundert in den Marschdörfern noch viele gab. Doch bereits im 17. Jahrhundert wurden mit Grund­ mauern versehene Gebäude aus den charakteristi­ schen dunklen Schlicksteinen errichtet, die immer noch das Mauerwerk der ältesten erhalten geblie­ benen Höfe zieren. Während der Eisen und der Wikingerzeit wuch­ sen die Marschflächen, und bei Ballum und Tønder ­zogen die Bauern in die Marsch, wo sie sich auf künstlichen Anhöhen aus ausgegrabenem Schlick, Morten Søvsø, Sydvestjyske Museer & Lene B. Frandsen, Museet for Varde By og Omegn Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET Seite 3 von 4 LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER Erlebnisse Mehr zu entdecken ... Dolmen in Abterp bei Bredebro. Hier kann man buch­ stäblich sehen, wie die Landschaft der Steinzeit im Meer versunken ist. (Foto aus dem Historischen Atlas). Varde Museum In der Marbæk-Plantage sind einige Bauplätze aus dem ersten Abschnitt der Eisenzeit freigelegt. Die Fußböden der Häuser haben einen Pflasterbelag und zeigen immer noch genau den Grundriss der 2000 Jahre alten Gebäude. In Hjemsted Banke bei Skærbæk ist ein ganzes Dorf aus dem 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. ausgegraben worden. Im Urzeitpark Hjemsted (Hjemsted Oldtidspark) kann man heute eine Rekonstruktion dieser Höfe in voller Größe bewundern. Im Wikingermuseum Ribe (Museet Ribes Vikinger) sind die reichhaltigen Funde aus der goldenen Ära der Wikingerzeit und des Mittelalters ausgestellt. Kirkepladsen 1 DK-6800 Varde T: +45 75 22 08 77 E: [email protected] W: www.vardemuseum.dk Danmarks Ravmuseum Vestergade 25 DK-6840 Oksbøl T: +45 75 27 07 03 E: [email protected] W: www.http://vardemuseum.dk/dk.php/museer/ravmuseet Fiskeri- og Søfartsmuseet Tarphagevej 2-6 DK-6710 Esbjerg V. T: +45 76 12 20 00 E: [email protected] W: www.fimus.dk Esbjerg Museum Torvegade 45 DK-6700 Esbjerg T: +45 76 16 39 39 E: [email protected] W: www.esbjergmuseum.dk Museet Ribes Vikinger Odins Plads 1 DK-6760 Ribe T: +45 76 16 39 60 E: [email protected] W: www.ribesvikinger.dk Ribe VikingeCenter Lustrupholm Lustrupholmvej 4 DK-6760 Ribe T: +4575 41 16 11 E: [email protected] W: www.ribevikingecenter.dk Tipps zum Weiterlesen ... Der Atlantikwall am Wattenmeer Gebäude und Baukultur Das leben auf den Wattenmeerinseln Nutzung der Marsch, Natur & Kultur Schifffahrt, Schiffe und Handel Über Vadehavets Formidlerforum VFF ist ein Zusammenschluss von Institutionen, ­welche die Natur und die Kulturgeschichte des Watten­ meeres vermitteln. Die Hauptaktivität des Forums ­besteht ­darin, Projekte zu initiieren und zu koordinie­ ren, welche die Natur wie auch die Kulturgeschichte des Wattenmeeres in den Mittelpunkt stellen. Erfahren Sie mehr unter www.vadehav.dk Morten Søvsø, Sydvestjyske Museer & Lene B. Frandsen, Museet for Varde By og Omegn Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET Seite 4 von 4