PEEK-Bewilligungen 2013 AR 224 Ruth Anderwald „Der Taumel – eine Ressource“ When I came in I was confused, when I came out I was full of ideas. Eilean Hooper-Greenhill Der Taumel tritt situativ und lokal auf, er vermischt heterogene Elemente; er klärt auf, trübt ein, wirbelt Staub auf und schlägt Wellen, er versetzt Dinge in Bewegung, er bringt uns aus der Fassung. Nach Plato ist der Taumel der Ursprung allen Philosophierens, weil er in uns destabilisieren kann, was wir als unverrückbar annehmen. Für das dreijährige Projekt Der Taumel – eine Ressource untersuchen das Künstlerduo Ruth Anderwald und Leonhard Grond und das multidisziplinäre Team das kreative Potential des Taumels hinsichtlich künstlerischer, kunsthistorischer, philosophischer und naturwissenschaftlicher Gesichtspunkte, unter besonderer Berücksichtigung der beiden komplementären Bereiche der Erfahrung des Taumels und der Reflexion des Taumels, zum Erkenntnisgewinn für themenrelevante zeitgenössische Kunstwerke (vornehmlich Experimentalfilm, Videokunst) und in Hinblick auf ihre eigene künstlerische Praxis. Untersucht wird warum, wann und wie Taumel entsteht, wobei die Wechselbeziehung zwischen Erleben und Reflexion immer im Auge behalten werden muss um folgende Annahmen zu klären: Der Taumel ist als Paradigma zu verstehen, als ein Potential für Transformation und Innovation. Spuren des Taumels lassen sich in transformativen Prozessen feststellen. Innerhalb der dreijährigen Projektdauer wird ein dichter Körper an Text- und Bildmaterial entstehen. Die transdisziplinäre Arbeitsmethode für die Produktion des Films und der E-Publikation soll neuen Erkenntnissen und Perspektiven zum Thema Vorschub leisten. Die geplante E-Publikation und der Kunstfilm werden die verschiedenen Perspektiven der jeweiligen Wissenszweige zusammenführen und den Arbeitsprozess abbilden. Gemeinsam mit Kathrin Wojtowicz (PhD, Film- und Medienwissenschaften, Akademie der Bildenden Künste Wien) und Experten aus Philosophie, Medizin, Physik, Kreativitätsforschung, Kulturgeschichte und Kunstgeschichte werden Anderwald und Grond das verborgene Potential des Taumels als Ressource für Transformation und Innovation erforschen. AR 238 Georg Glaeser „Holzkunst mit Robotern in Architektur und Design“ Industrieroboter begeistern mit ihrer komplexen Kinematik und flüssigen, fast menschlichen Bewegungen gleichsam Architekten, Künstler und Designer, werden bis dato aber noch nicht als relevante Werkzeuge innerhalb eines Designprozess angesehen. Im Rahmen dieser Grundlagenforschung werden wir Ansätze verfolgen die es Designern, Künstlern und Architekten ermöglichen sollen, sich Industrieroboter als intuitive Designwerkzeuge anzueignen. Wir werden erforschen, auf welche Arten Architekten und Designer sowohl virtuell als auch physisch mit Robotern interagieren können - was eine unmittelbare Beziehung zwischen Design und der resultierenden Bewegung herstellen würde - und wie die natürliche Multifunktionalität von Robotern in einem künstlerischen Kontext angewandt werden kann, besonders in Bezug auf Holz. Ähnlich wie die multifunktionalen Roboter, ist Holz ein besonders vielseitiges Material, das eine Vielzahl von Anforderungen erfüllt und in allen erdenklichen Größen und Arten verfügbar ist, von Brettschichtholz zu Holzpolymeren. Wir sehen Industrieroboter somit als ideales Werkzeug zur Interaktion mit Holz an, da sie nicht auf die spanende Fertigung beschränkt sind, sondern Holz auch biegen, kleben, ansprühen, etc. können. Dieses transdisziplinäre Projekte wird als Kooperation von Architekten mit Roboterwissen, Schreinermeister mit jahrzehntelanger Erfahrung mit dem Baustoff Holz, Mathematikern mit Geometrieexpertise und kreativen Designerinnen betrieben und zielt darauf, Schnittstellen zu entwickeln die es Künstlern, Designern, und Architekten erlauben sollen, Roboter als Werkzeug zu verwenden, mit der Geometrie von Bewegung zu spielen und diese multifunktionalen Maschinen mit dem ebenso vielseitigen Werkstoff Holz zu koppeln. Virtuelles Prototyping, also die zeitgleiche Betrachtung von robotischer Fabrikation und Holz-immanenten Materialeigenschaften in einer digitalen Umgebung, wird Architekten und Designern sowohl beim Designprozess als auch bei dessen Evaluierung unterstützen. In diesem Projekt werden Industrieroboter somit nicht als Ersatz für den menschlichen Arm oder als Produktionsmaschine angesehen, sondern als spielerisches Werkzeug. Durch die Verwendung von Industrierobotern als starke und intuitive Werkzeuge werden wir neue Gebiete der Holzgeometrie und Mensch-Maschine Zusammenarbeit erschließen, die sich fernab industrieüblicher file-to-factory Konzepte befinden. AR 257 Gerhard Eckel „Transpositionen: Künstlerische Datenverarbeitung“ Das Forschungsprojekt sucht nach neuen künstlerischen Klang- und Bildformen als Resultat der Analyse und der mathematischen Transformation von wissenschaftlichem Datenmaterial. Es geht weiterhin der Frage nach, inwieweit eine solche Arbeit auch von wissenschaftlicher Relevanz sein kann, indem die Naturwissenschaftler aufgefordert werden, die künstlerischen Ergebnisse zu interpretieren. Indem die KünstlerInnen einerseits ihren eigenen Ansprüchen folgen und andererseits das Datenmaterial zwar transponieren aber nicht verfälschen, entsteht ein gemeinschaftlicher Forschungsraum, in dem KünstlerIn und WissenschaftlerIn herausgefordert werden, neue Arbeitsweisen zu entwickeln. Dies geschieht für die NaturwissenschaftlerInnen durch die Erfahrung von sinnlich-komplexen, künstlerischen Werken und für die KünstlerInnen durch den Kontakt mit hochspezialisierten wissenschaftlichen Forschungsmethoden. Das Forschungsprojekt wird die Interaktionsformen, die sich für die KünstlerInnen und/oder WissenschaftlerInnen als bedeutsam herausgestellt haben, auf einer Metaebene analysieren und darstellen. Sonifikations- und Visualisierungsstrategien werden in der zeitgenössischen Naturwissenschaft in immer größerem Umfang verwendet, um Daten auszuwerten und Ergebnisse zu kommunizieren. Die so entstandenen Darstellungen sind selten von künstlerischem Wert, da sie lediglich Vehikel sind. Künstlerische Arbeiten, die sich wissenschaftlicher Daten bedienen, eröffnen oftmals neue Erfahrungshorizonte, wobei diese jedoch nur selten die naturwissenschaftliche Arbeit, deren Ergebnisse und ihre Methoden beeinflussen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Datendarstellungen erscheint es besonders sinnvoll, dass KünstlerInnen sich damit kritisch auseinandersetzen. Obwohl sich Kunst und Wissenschaft, was ihre ästhetischen und epistemischen Ziele betrifft, unterscheiden, können Arbeitsweisen, die im vorliegenden Forschungsprojekt entwickelt werden, Synergieeffekte erzielen. In drei Fallstudien, in denen Datenmaterial aus verschiedenen Wissenschaftszweigen verwendet wird, werden die einreichenden Künstler spezifische Kunstwerke schaffen, die im Anschluss durch die jeweiligen WissenschaftlerInnen analysiert werden. Die Künstler arbeiten seit drei Jahren zusammen, besitzen langjährige Erfahrung in der Musik und der bildenden Kunst, und haben sich auf die Erzeugung von Texturen bzw. Figuren spezialisiert. Aufgrund des transdisziplinären Aufbaus des Forschungsprojekts können Fragen der Intermedialität nicht nur zwischen Kunst und Wissenschaft, sondern auch innerhalb der Kunst untersucht werden. Dabei werden Analyse- und Schaffensprozesse fortlaufend im Research Catalogue online nachhaltig dokumentiert, während Aufführungen und Ausstellungen die künstlerischen Ergebnisse den Wissenschaftlern im Projekt und der Öffentlichkeit im Allgemeinen zugänglich machen. AR 259 Barbara Lüneburg „TransCoding - von Intellektuellenkunst zu partizipatorischer Kultur“ Mit dem intermedialen Kunstprojekt TransCode ermöglichen wir jungem Publikum über soziokulturelle Grenzen hinweg direkte Partizipation an einem Kunstprojekt und gesellschaftlichem Diskurs, indem wir A) eine online/offline Community initialisieren, die über eine interaktive, mit social media verlinkte Website unseren künstlerischen Rahmen aufgreift und kommentiert, indem sie die Möglichkeiten der participatory culture zur aktiven Teilnahme nutzt. B) nach Auswertung und Analyse der Beiträge der Community eine eigenständige Multimedia-SoloShow für Violine, Live-Elektronik und -Video kreieren, die Crossover zwischen Populär- und Hochkultur auslotet. C) eine audiovisuelle Installation generieren, die künstlerische, wissenschaftliche und CommunityBeiträge reflektiert und sie mit Hilfe von Augmented Reality zu einer interaktiven Welt zusammenführt. Unsere Hauptzielgruppe ist bisher für zeitgenössische Kunst kaum oder nicht erreichbares Publikum (junge Erwachsene von 20 bis 30 Jahren). Wir untersuchen, was Inhalte der Medien (TV, Games, web 2.0, Film, Werbung), die Moralvorstellungen und Identitätsentwicklungen formen, für unser Zielpublikum bedeuten. Changierend zwischen Populär- und Hochkultur bilden wir mit Hilfe von interaktiver Technologie (Augmented Reality) wechselnde Realitäten künstlerisch ab. Im Rahmen der "Participatory Culture" ermutigen wir die Online-Community, sich zu äußern, Einfluß zu nehmen und Autonomie, Anerkennung und Selbstbestimmung im Austausch mit Kunst und Forschung zu erfahren. Wissenschaftlich bietet TransCoding einen Perspektivenwechsel von der akademisch-rückblickenden Untersuchung eines Kunstwerkes zu einem Kunstprojekt, in dem die digitale participatory Community die Dominanz von professionellem Künstler und akademischer Forschung herausfordert und Durchlässigkeit und gegenseitige Einflußnahme einfordert. Wir wenden wechselseitig Ergebnisse und Theorien der Mediensoziologie auf die künstlerische Arbeit an und untersuchen Anwendbarkeit und Bedeutung dieses Prozesses in beiden Disziplinen. Kernfragen aus dem Antrag: Wie können wir eine online/offline Community etablieren, die unseren Rahmen von neuen Medien und Cross-over Culture aufnimmt und aktiv in den gesellschaftlich-künstlerischen Diskurs involviert sein möchte? Wird dies zu einem fruchtbaren interaktiven Austausch zwischen digitalen Produzenten bzw. Mitwirkenden und Künstlern/Forschern führen der beidem mehr Bedeutung zukommen läßt? Mit welchen Strategien können wir die Kreativität der Community fördern und uns aufschließen, so daß alle Seiten davon maximalen Nutzen und Inspiration haben? Was ist die Rolle des Künstlers/Forschers innerhalb dieses Prozesses? Wie findet der Prozeß in der Kunst, Multimediashow und Installation, ihren Ausdruck? AR 272 Matthew Raymond Gardiner „ORI* auf Ästhetik und Sprache von Faltung und Technologie“ The model for the sciences of matter is the ‘origami’ as the Japanese philosopher might say, or the art of folding paper. - The Fold, Leibniz and the Baroque. Falten als Sprache der Struktur. Auf diesem Verständnis basiert ein Feld aktueller künstlerischer Forschung, das sich Oribotics nennt und einen Brückenschlag zwischen der alten Tradition des Papierfaltens und neuen (robotischen) Technologien versucht. Wenn das Falten, die Falte, eine strukturelle „Sprache“ von Form ist – worin besteht dann ihre Syntax und Grammatik? Wo ist der Dialog? Schritt für Schritt können wir ästhetische und technische Grundlagen des Faltens aufdecken und die Schönheit dieser Sprache in ihrer Gesamtheit erfahren. Geometrische Formen, stilistische Dreiecke, geschwungene Linien auf verschiedenen Materialien sind in der Umgangssprache des Faltens zu finden. Schwieriger ist es, den Dialog zu visualisieren – der Prozess des Zu- und Entfaltens selbst offenbart uns erst die Beziehung zwischen den miteinander verbundenen Knicklinien und Bewegungen. Es ist genau dieser Dialog, den Oribotics durch die Erforschung von Faltmustern, Faltmaterialien, Elektronik, Berechnung und Interaktion verfolgt. Ein Dialog, der sich weiter entwickelt, gemeinsam mit einem theoretischen Rahmen des Faltens, und der darauf abzielt, VertreterInnen der Kunst, des Designs, der Architektur und assoziierten Wissenschaftsbereichen wie die Mathematik in ihren Bereichen zu unterstützen.- Matthew Gardiner Falten ist auch eine Sprache der Natur. Als Ausdruck des genetischen Codes auf höherer Ebene definiert es eine genetische Skulptur. Diese Analogie zur Genetik lässt sich nicht auf formaler Ebene direkt auf das Faltblatt-Falten wie Origami übertragen, da Gene nicht aus Papier oder planaren Formen bestehen. Doch diese Mechanismen und die Vorstellung, Form und Funktion in die Natur zu programmieren, sind starke Metaphern, die künstlerische und wissenschaftliche Bereiche verbinden. ORI*-Projektleiter Matthew Gardiner ist ein forschender Künstler, der für seine innovative Arbeit mit Origami und Technologie bekannt ist und dessen Arbeiten diese Anliegen durch Werke zwischen Robotik und Origami zum Ausdruck gebracht haben – inspiriert von Biomimetik, Morphologie und der Origami-Wissenschaft. Gardiners Essays und Papers beschäftigen sich mit der Idee des „Programmierens mit Faltungen“, „dem strukturellen Gedächtnis von Papier“ und der „funktionalen Ästhetik des Faltens“. Die grundlegende Zielsetzung von ORI* ist es, einen künstlerischen Dialog über den theoretisch-poetischen Rahmen der Sprache des Faltens aufzubauen, immer im Vorgriff auf und als Reflexionsprozess über einer Reihe praktischer künstlerischer Mikro- Experimente. Die MikroExperimente können als Erweiterung von Gardiners vorangegangenen Oribotic-Forschungen gesehen werden. Es wird erwartet, dass neben Ästhetik und Materialwissenschaften auch die FaltmusterEntwicklung, Computational Origami und neue Fertigungstechniken eine bedeutende Rolle für die ORI*-Experimente spielen werden. Außerdem werden wissenschaftliche Entwicklungen im Bereich der Materialforschung, Genetik und der synthetischen Biologie den spekulativen und kreativen Prozess, der jedem Mikro- Experiment vorausgeht, entsprechend beeinflussen. Ein weiterer Wert des Projekts besteht darin, sich mit der globalen Steigerung der Verwendung von gefalteter Ästhetik und Funktion in den Künsten und im Design auseinanderzusetzen. Neben papierbasierendem Origami bilden auch Raum-, Produkt- und Textildesign einen zukünftigen Interessentenkreis für dieses Unterfangen. Die grundsätzliche Syntax und die Grammatik von Faltungen werden oft verwendet, aber das Verständnis des Dialogs zwischen den Faltungen ist noch nicht entwickelt, wie auch eine vertiefende Theorie und künstlerische Überlegung. Es ist für die Entwicklung des Bereichs von Bedeutung, die weltweit aufkommende Origami-Praxis in einem theoretischen Rahmen zu kontextualisieren. Das Projekt wird im Ars Electronica Futurelab in Linz realisiert, dessen zentrale Forschungsthemen sich mit Kunst, Technologie und Gesellschaft beschäftigen und dessen internationales Netzwerk im Bereich der Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft zum Gelingen des Projekts beiträgt. AR 275 Arno Böhler „Künstlerphilosoph_innen. Philosophie als künstlerische Forschung.“ Seit den Anfängen der Europäischen Philosophie bei den Griechen ist das Verhältnis von Philosophie und den Künsten höchst prekär. Einerseits stoßen wir auf „Künstlerphilosophen“ wie Platon und Nietzsche, die in ihren philosophischen Untersuchungen selbst von künstlerischen Darstellungspraxen Gebrauch machten; andererseits entwickelte gerade Platon ein äußerst problematisches Verhältnis zu den Künsten, indem er eine Reihe von künstlerischen Praxen aus seinem idealen Philosophenstaat verbannte. Gerade seit Platon gibt es eine mächtige (sokratische) Tendenz in der Philosophie, in der die Philosophie immer mehr darauf Wert legt, Wissenschaft, und nicht Kunst, sprich Dichtung, zu sein. Vielleicht hat Nietzsche diese sokratische Tradition des Philosophierens mit der Konzeption des „Künstlerphilosophen“ am radikalsten in Frage gestellt. Verlangt diese neue Denkfigur doch einen neuen Typus von Philosoph – „Philosoph_innen der Zukunft“ – die bereit sind, die beiden Disziplinen „Philosophie“ und „Kunst“ miteinander zu kreuzen. Nicht, um ihre Differenz aufzuheben, sondern um in ein neues (post-sokratisches) Verhältnis von Philosophie und Kunst zu finden. Im Rahmen dieses historischen Kontextes entwickelt unser Forschungsprojekt eine ForschungsPerformance, in der Philosophie, methodisch und konzeptuell, als eine Form künstlerischer Forschungspraxis begriffen und vollzogen wird, die den Anspruch aufgibt, „reine“ Wissenschaft zu sein. Dieses Ziel wird im Zuge der Komposition eines mehrtätigen Forschungsfestivals „Philosophy On Stage#4“ am Tanzquartier Wien realisiert, in dem Künstler_innen, Philosoph_innen und Wissenschaftler_innen ihre Theorien zu Zarathustra. Der Künstlerphilosoph auf wissenschaftliche und künstlerische Art und Weise „on stage“ demonstrieren werden. Dabei werden sie Forschungsfragen nachgehen wie: „Was passiert mit der Philosophie und den Künsten, wenn Philosoph_innen und Künstler_innen Philosophie als eine künstlerische Praxis lesen und auch aufführen lernen? Kann uns Nietzsches Konzept der „Künstlerphilosoph_in“ helfen, in ein neuartiges Verhältnis von Philosophie und Kunst zu kommen, in dem wir den Vollzug des Philosophierens selbst als eine Art künstlerische Forschung begreifen lernen? Das Projekt wird im Rahmen einer engen Ko-operation zwischen der Universität für angewandte Kunst Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MRS), der Universität Bremen, University of Surrey, Universität für angewandte Kunst Zürich und dem Tanzquartier Wien realisiert. Wodurch auch das weltweit wachsende Forschungsnetzwerk an der Schnittstelle von Philosophie und Performance weiter konsolidiert wird. Wien wird damit seine Position als ein international führendes Forschungszentrum auf diesem Gebiet weiter stärken können. AR 283 Nikolaus Gansterer „Choreo-grafische Figuren. Über die Linie hinaus“ CHOREO–GRAPHISCHE FIGUREN — Über die Linie hinaus ist ein internationales, interdisziplinäres Forschungsprojekt von Nikolaus Gansterer (Österreich/Wien) in Zusammenarbeit mit der Choreographin/Performerin Mariella Greil (Österreich/Wien) und der Künstlerin/Schriftstellerin Emma Cocker (Großbritannien/Nottingham) und in Dialog mit einem internationalen Team von GesprächspartnerInnen und ExpertInnen. Basierend auf künstlerischer Forschung schafft es eine Plattform für intersubjektive Begegnungen zwischen Zeichnung (Gansterer), Choreographie (Greil) und Schreiben (Cocker) um: * jene Formen des “Denken-Fühlen-Wissens” zu untersuchen, die sich im interdisziplinären Austausch zwischen den Zeilen von Schreiben/Zeichnen/Tanzen erzeugen, * die Performativität von Notationen (Denkfiguren/Sprechfiguren/Bewegungsfiguren) zu erforschen, um diese Untersuchung artikulierbar zu machen, * einen Beitrag zum Diskurs um neue Formen des Wissens und des Verständnisses in Bezug auf künstlerische Forschung und die erweiterten Praktiken des Zeichnens, des Schreibens und der Choreographie zu leisten. CHOREO-GRAPHISCHE FIGUREN — Über die Linie hinaus ist ein einzigartiges und zeitgemäßes Forschungsprojekt um die spezifische Charakteristik von Denk-Handlungen und Denk-Figuren zu erforschen, die im Prozeß des Zeichnens/Schreibens und der Choreographie in Dialog treten, sich dabei überlagern und kollidieren. Zentrales Anliegen ist es neue Wege zu finden um ein besseres Verstehen für die Forschungsprozesse selbst zu entwickeln, diese beschreibbar und begreifbar zu machen (mit besonderen Berücksichtigung der Überschneidungen zwischen Zeichnung/Choreographie/Schrift) um die epistemologische Signifikanz dieser oft übersehenen oder unbeachteten Aspekte künstlerischer Schaffensprozesse geltend zu machen. Dieses Forschungsprojekt wird das ganz Spezifische von forschender Arbeitsweise, also einer Forschung durch Praxis herausarbeiten und freilegen. Ziel ist es die Bedeutung von Ansätzen, Methoden und Begriffen zu erfassen und einen Dialog zwischen zeichnenden, tanzenden und schreibenden Handlungen zu kultivieren. In reziproken Austauschprozessen, Dialogen und dem Verhandeln zwischen den Key Researchers, werden CHOREO-GRAFISCHE FIGUREN — Über die Linie hinaus als Vorgänge erforscht, die Zwischenräume bilden, es werden die Verfahren und Wissen(schaffendes) reflektiert, was zum Beispiel über “Umwege” geschaffen wurde, vom Blatt zur Aufführung, vom Wort zum Zeichen und der Zeichnung, von der Linie zur Handlung, also von jenem Modus flachen Bildermachens hin zu verkörperten, transformativen Begegnungen. Die Untersuchung dieser kollaborativen Forschung ist eine, die (mit)verfolgt und jene durchlässigen Grenzen verstehen will, die die Vorannahmen einer klaren, disziplinären (Trenn-)Linie herausfordert und die neuen Artikulationen einer “erweiterten Praxis” zwischen den Zeilen von Zeichnung/Choreographie/Schrift erzeugen wird. Das Forschungsprojekt legt Nachdruck auf ein Arbeiten über die Konventionen, Protokolle und Domänen der jeweiligen Disziplinen hinaus: Tanz, der sich über den Bereich des Körpers und den Raum des Theaters hinaus bewegt,; Zeichnung, die die zweidimensionale Seite hinter sich läßt; Schreiben, das jenseits der Sprache, jenseits des Regimes des Signifikanten liegt. Durch das Erforschen der Überlappungen, Abweichungen und gemeinsamen Prozesse zwischen Zeichnung, Tanz und Schrift, wird das Projekt neue Erkenntnissen und Wissen zu dem wachsenden Diskurs über und rundum die Bedeutung von künstlerischer Forschungspraxis beitragen und unterstützt neues Vokabular und Formen der Notation für die Reflexion der Künstlerischen Praxis zu kultivieren. AR 284 Ebru Kurbak „Verknüpfte Welten“ Verknüpfte Welten verbindet die gemeinsamen künstlerischen Forschungsgebiete von Kunst, Design, Open Culture, Digitaler Fabrikation, Informationstechnologie und Elektronik mit den wissenschaftlichen Methoden der Textiltechnologie. Das Projekt untersucht Textiltechnologien als kontroversielles Mittel digitaler Fabrikation, im Speziellen dem elektronischen Objekt, basierend auf Erkenntnissen vorangegangener künstlerischer Forschung: Die Muster nach denen gestrickt, gewebt und gestickt wird, entsprechen dem zugrundeliegenden Code der digitalen Manufaktur. Da das Muster gespeichert, kopiert und geteilt werden kann, kann das Textil zu unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten und wiederholt Gestalt annehmen. Des Weiteren könnte es mit dem Aufkommen elektrischer Textilien möglich werden, Textilproduktionen dahingehend zu adaptieren, Muster in elektronische Funktionen zu übersetzten. Elaborierte Prozesse und Materialien können folglich eingesetzt werden, um elektronische Komponenten wie Widerstände, Kondensatoren, Spulen und schließlich komplette elektronische Anwendungen zu fabrizieren. Im Gegensatz zu vergangenen Projekten, die sich mit ähnlichen Forschungsthematiken aus technologischer und modischer Perspektive auseinander gesetzt haben, soll Verknüpfte Welten in den Laboratorien experimenteller Produktion angesiedelt sein. Dadurch soll das Feld künstlerischer Auseinandersetzung erschlossen werden, die nicht an den Zweck technologischer Forschung gebunden ist, sondern mögliche weitreichende Implikationen auch auf kulturelle Werte und Praktiken reflektiert. In dieser Hinsicht stellt Verknüpfte Welten die entscheidende Frage, ob dem ’was’ wir machen tatsächlich mehr Bedeutung zukommen soll als dem ’wie’ wir es machen. Anstatt neuer Dinge zu erfinden, die neue Konsumenten erschließen, widmen wir uns neuen Produktionsprozeduren, die neue handelnde AkteurInnen mit sich bringen. Was wäre, wenn elektronische Objekte aus textiler Produktion entstehen würden? Wie würde sich Technologien unterscheiden, Handwerk und textile Techniken die Katalysatorinnen der Elektronikindustrie wären? Das Projekt besteht Forschungsbereichen. aus vier parallel (1) ‘Experimentation’ und in beschreibt Interaktion die zueinander Untersuchung der ausgeführten technischen Möglichkeiten elektronische Komponenten zu stricken, zu weben oder zu sticken in Kollaboration mit Textiltechnologie,- und Elektronikexperten. (2) ‘Theoretische Studien’ geben einen tieferen Einblick in spekulative Gedanken aus den assoziierten Fachgebieten Wirtschaft, Technologien, Politik und Materialwissenschaften. (3) ‘Spekulation’ beschreibt die ästhetischen Investigationen prototypischer Objekte und Installationen, ausgerichtet auf das Entdecken neuer, provokativer Formen künstlerischen Ausdrucks basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen. (4) ‘Reflektion und Dissemination’ schließlich ist darauf ausgerichtet, das Verständnis und die Position unserer eigenen künstlerischen Praxis im gegenwärtigen künstlerischen Diskurs zu stärken. Verknüpfte Welten zielt auf die Kreation sogenannter textiler ‘Tactual Tales’ ab. Objekte und Installation stellen Narrativen plausibler/fiktiver Welten zur Disposition, eine Welt in der Textil und Elektronik neuartig zusammenfinden. Die Resultate des künstlerischen Forschungsprozesses und der damit einhergehenden Fragestellungen werden schließlich über eine Ausstellung und eine Publikation einem breiten Publikum zugänglich gemacht.