Universität Regensburg Naturwissenschaftliche Fakultät I – Didaktik der Mathematik Dr. Günter Rothmeier WS 2008/09 Private Vorlesungsaufzeichnungen Kein Anspruch auf Vollständigkeit und Fehlerfreiheit 51 722 Elementarmathematik (LH) 6. Statistik und Wahrscheinlichkeit 6.1. Datenerfassung und Darstellung 6.1.1. Definitionen Die Eigenschaften, die man über Personen oder Sachen erfragt, heißen Merkmale. Eine solche Umfrage heißt Datenerhebung. Es sind drei Möglichkeiten der Datenerhebung üblich: die Befragung, die Beobachtung und die Analyse. Als Hilfsmittel zur Datenerhebung kann die Strichliste dienen. Die Anzahl, wie oft ein Merkmal vorkommt, heißt Häufigkeit. Eine Strichliste kann man deshalb auch Häufigkeitsliste. 6.1.2. Darstellung von Daten Säulendiagramm Balkendiagramm Tabelle. 4 3 2 März Februar 1 Januar Jan. 2 März Februar Januar 1 Feb. 1 März 4 2 3 4 Diagramme müssen die Häufigkeit möglichst korrekt darstellen. Kommt ein Merkmal doppelt so häufig vor wie ein anderes, so muss die zugehörige Darstellung auch den doppelten Eindruck vermitteln. 6.2. 6.2.1. Listen und Tabellen Urliste Eine Urliste ist eine ungeordnete Zusammenstellung der Beobachteten Ergebnisse eines Zufallsversuchs oder einer Datenerhebung. 6.2.2. Rangliste Die geordnete Zusammenstellung von beobachteten Ergebnissen wird als Rangliste bezeichnet. 6.2.3. Strichliste Eine Strichliste gibt an, wie oft jedes einzelne Ergebnis auftritt. 3 2 3 2 1 1 5 4 4 3 1 1 1 3 1 3 2 3 2 4 3 4 Zahl Anzahl 1 III 2 II 3 IIII 4 II 6.3. 6.3.1. Häufigkeiten Absolute Häufigkeit Die absolute Häufigkeit gibt an, wie oft ein Wert in einer Datenmenge auftritt. Wiederholt man daselbe Zufallsexperiment n-mal und tritt dabei ein Ereignis k-mal auf, so nennt man k die absolute Häufigkeit 6.3.2. Relative Häufigkeit Wiederholt man dasselbe Zufallsexperiment nmal und tritt dabei ein Ereignis k-mal auf, so berechnet man k die relative Häufigkeit so: 6.3.3. Mittelwert Summe aller Werte durch Anzahl der Werte k absolute Häufigkeiteines Ereignisses = n Gesamtzahl der Zufallsversuche x = x1 + x 2 + . . . + xn n Universität Regensburg Naturwissenschaftliche Fakultät I – Didaktik der Mathematik Dr. Günter Rothmeier WS 2008/09 Private Vorlesungsaufzeichnungen Kein Anspruch auf Vollständigkeit und Fehlerfreiheit 51 722 Elementarmathematik (LH) 6.4. 6.4.1. Statistische Kenngrößen Spannweite R Die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten Wert einer Datenmenge heißt Spannweite R 6.4.2. Empirische Varianz Die empirische Varianz V ist ein Maß dafür, wie weit die Werte um das arithmetische Mittel streuen V = 6.4.3. Empirische Standardabweichung Sie ergibt sich aus der empirischen Varianz s= 6.4.4. Erwartungswert Wird ein Zufallsexperiment mehrmals durchgeführt, so stabilisiert sich das arithmetische Mittel der Ergebnisse mit zunehmender Zahl von Experimenten um einen Wert, den Erwartungswert. 6.5. Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung 6.5.1. Zufallsversuch Ein Zufallsversuch ist ein Vorgang, bei dem genau eines von mehreren möglichen Ergebnissen eintritt. e1; e2; . . . en Ergebnisraum (Ergebnismenge) Menge Ω aller möglichen, einander ausschließender Ergebnisse eines Zufallsexperiments. Ω = {e1; e2; . . . en} Ereignis Jede Teilmenge E des Ergebnisraumes Ω heißt Ereignis. E ⊆ Ω 6.5.2. 6.5.3. (x1 − x)2 + (x 2 − x)2 + . . . + (x1 − x)2 n V 6.5.4. Laplace-Experiment Zufallsexperiment mit endlich vielen Ergebnissen und gleicher Wahrscheinlichkeit. 6.5.5. Wahrscheinlichkeit Die Wahrscheinlichkeit P(E) ist ein Maß für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses. 0 =< P(E) =< 1 P(E) = |E| |Ω| 6.6. Spezielle Ereignisse 6.6.1. Sicheres Ereignis Ein bestimmteΩs Ereignis tritt bei jeder Durchführung ein. E=Ω P(Ω) = 1 Unmögliches Ereignis Ein bestimmtes Ereignis tritt bei jeder Durchführung niemals ein. E= ∅ P(E) = 0 6.6.2. 6.6.3. 6.6.4. Unmögliches Ereignis Ein Ereignis hat nur ein Ergebnis. Gegenereignis Ein Ereignis, das genau dann eintritt, wenn E nicht eintritt. E = {e} E∪ E =Ω P( E ) = 1 – P(E) Universität Regensburg Naturwissenschaftliche Fakultät I – Didaktik der Mathematik Dr. Günter Rothmeier WS 2008/09 Private Vorlesungsaufzeichnungen Kein Anspruch auf Vollständigkeit und Fehlerfreiheit 51 722 Elementarmathematik (LH) 6.7. Mehrstufige Zufallsversuche 6.7.1. Definition Werden n nacheinander ablaufende Zufallsversuche zu einem einzigen Zufallsversuch zusammengefasst, so spricht man von einem n-stufigen Zufallsversuch. Ein einzelnes Ergebnis eines n-stufigen Zufallsversuchs ist eine „Kette“, die aus n Ergebnissen der einzelnen Versuche besteht. 6.7.2. Zählprinzip Gibt es bei der Besetzung von Positionen in fester Reihenfolge bei jeder Position eine bestimmte Anzahl von Möglichkeiten, so erhält man die Gesamtzahl aller möglichen Besetzungen, indem man diese Anzahlen miteinander multipliziert. 6.8. Baumdiagramm 6.8.1. Grundbegriff Alle auftretenden Ergebnisse werden in Form eines Baumes dargestellt. q1 b1 b2 c1 c2 c3 p1 a1 q2 c4 p2 a2 q3 c5 b3 p1 + p2 = 1 q4 b4 c6 c7 c8 6.8.2. Verzweigungsregel Die Summe aller Wahrscheinlichkeiten an den Ästen, die vom selben Verzweigungspunkt ausgehen, ist stets 1. p1 + p2 = 1 q1 + q2 = q3 + q4 = 1 6.8.3. Produktregel (1. Pfadregel) Die Wahrscheinlichkeit P eines Ergebnisses ist das Produkt der Wahrscheinlichkeiten des Pfades. p1 + p2 = 1 P(a1, b2 . . .) = p1 ⋅ q2 ⋅ . . . 6.8.4. Summenregel (2. Pfadregel) Die Wahrscheinlichkeit P eines Ergebnisses ist gleich der Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Pfade, die für dieses Ereignis günstig sind. Universität Regensburg Naturwissenschaftliche Fakultät I – Didaktik der Mathematik Dr. Günter Rothmeier WS 2008/09 Private Vorlesungsaufzeichnungen Kein Anspruch auf Vollständigkeit und Fehlerfreiheit 51 722 Elementarmathematik (LH) 6.6.5. Übungsblatt: Statistik und Wahrscheinlichkeit Aufgabe 1 1.1 1.2 Würfeln Sie 10 (50; 100)-mal und stellen Sie jedes Mal die Abweichung in der absoluten und relativen Wahrscheinlichkeit als Bruch und prozentual fest. Geben Sie Ω an. Aufgabe 2 2.1 2.2 2.3 Erstellen Sie für ein doppeltes Zufallsexperiment mit zwei Würfeln ein Baumdiagramm. Führen Sie einen Ast des Baumdiagramms praktisch durch. Geben Sie die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten an. Aufgabe 3 3.0 Eine Messreihe hat folgende Messwerte ergeben: 1,25 3.1 3.2 3.3 1,36 1,27 1,30 1,32 1,28 1,26 1,29 Berechnen Sie das arithmetische Mittel. Welche empirische Varianz ergibt sich. Geben Sie die Standardabweichung an. Lösung Aufgabe 1 Beispiel für 50 Würfe Anzahl Ereignis absolute Häufigkeit relative Häufigkeit Abweichung 1 7 2 9 3 10 4 8 5 6 6 10 7 ≈0,14 50 1 ≈ 0,167 6 –16,2 % 9 ≈0,18 50 1 ≈ 0,167 6 +7,8 % 10 ≈0,20 50 1 ≈ 0,167 6 +19,8 % 8 ≈0,16 50 1 ≈ 0,167 6 –4,19 6 ≈0,12 50 1 ≈ 0,167 6 –28,14 10 ≈0,20 50 1 ≈ 0,167 6 +19,8 % Aufgabe 2 1 6 1 6 3|2 2 3 1 36 Aufgabe 3 1, 25 + 1,36 + 1, 27 + 1,30 + 1,32 + 1,28 + 1, 26 + 1, 29 = 8 10,33 x = 1,29 x = 8 x = Arithmetisches Mittel: Empirische Varianz: V = (1, 25 − 1, 29) 2 + (1, 36 − 1, 29) 2 + (1, 27 − 1, 29) 2 + (1, 30 − 1, 29) 2 + (1, 32 − 1, 29) 2 + (1, 28 − 1, 29) 8 V = ( −0,04) 2 + (0, 07) 2 + ( −0, 02) 2 + (0, 01) 2 + (0,03) 2 8 Empirische Standardabweichung: 0,033 + ( −0, 01) 2 + ( −0, 03) 2 + (0) 2 = 0,0089 = 0,0011 8 2 + (1, 26 − 1, 29) 2 + (1, 29 − 1, 29) 2