Ph Phlebo Was leisten endovenöse Verfahren bei Krampfadern? Die Krossektomie und das Stripping insuf­ fizienter Venenabschnitte galten bisher als die Methoden der Wahl zur Behandlung der Stammvarikose. In den vergangenen Jahren haben neue minimalinvasive endo­ Wenn sich das Blut seinen Weg durch krankhaft erweiterte Venen bahnen muss, ist häufig eine Therapie erforderlich. Die Vorteile der endovenösen Verfahren gegenüber dem gefäßchirurgischen Eingriff liegen vor allem in der geringeren Rate an Nebenwirkungen, der besseren Lebensqualität nach dem Eingriff und kürzeren Arbeitsunfähigkeit (Tab. 1). Die Indikation der endovenösen Verfahren entspricht prinzipiell denen der klassischen Phlebochirurgie. Auch die Kontraindikationen entsprechen im Wesentlichen den invasiven Techniken, mit einer Ausnahme: Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, können mit endovenösen Verfahren behandelt werden, ohne die blutverdünnende Therapie auszusetzen. Auch bei multimorbiden Patienten mit Kontraindikationen für operative Eingriffe ist oft noch eine endovenöse Therapie möglich. Radiofrequenzverfahren Beim Venefit-Closure-Fast-Verfahren erfolgt eine radiofrequenzbetriebene segmentale thermische Ablation zur Ausschaltung insuffizienter Stammvenen. Die dabei erzeugte Hitze beträgt 120 °C. Der VeneDer Hausarzt 13/2014 Foto: NASA / Science Photo Library /Agentur Focus venöse Methoden an Bedeutung gewonnen. logie fit-Katheter hat einen Hohlraum, der die Möglichkeit bietet, einen Führungsdraht vorzuschieben. Damit lassen sich oftmals kurvige Streckenabschnitte der Vene, die normalerweise eine zweite Punktion erforderlich gemacht hätten, meistern. Außerdem kann über diesen Hohlraum zusätzlich eine Schaumsklerosierung durchgeführt werden. Dieses Verfahren führt zu weit besseren Verschlussraten als das ältere VNUS-Closure-Plus-Verfahren. Derzeit liegen die 3-Jahres-Verschlussraten bei 92 %. 95 % der behandelten Gefäße wiesen in Studien keinen Reflux mehr auf. Beim Venefit-Verfahren wird eine Tumeszenzlokalanästhesie benötigt, zum Schutz des umliegenden Gewebes vor thermischen Schäden und zur Erzeugung eines Vasospasmus der Vene, der dazu führt, dass der Katheter näher zur Venenwand zu liegen kommt. Beim radiofrequenzinduzierten Thermotherapie-System RFITT (Celon-Methode) wird die Venenwand an der Applikatorspitze durch eine Impedanzmessung auf eine Temperatur von 80 – 100 °C erhitzt und der Katheter kontinuierlich zurückgezogen. Daten aus der BRITTIV-Studie ergaben eine Verschlussrate von 89 % nach 130 Tagen. Allerdings ist eine einmalige Behandlung der Stammvene nur bei sehr geringen Durchmessern erfolgversprechend. Daher ist man dazu übergegangen, bei größeren Venendurchmessern mit einer langsameren Rückzugsgeschwindigkeit zu arbeiten oder mehrere Behandlungszyklen durchzuführen. Bei der Behandlung in Intuba­tions­narkose kann auf eine zusätzliche Tumeszenzlokalanästhesie verzichtet werden, solange die zu behandelnde V. saphena magna intrafaszial verläuft. Endovenöse Lasertherapie Neue Entwicklungen gibt es im Bereich der Lichtleiter. Bei der bisher am häufigsten verwendeten Bare Fiber handelt es sich um an der Spitze glatt abgeschnittene Glasfasern. Inzwischen stehen veränderte Sondenspitzen zur Verfügung, die eine gleichmäßige Abstrahlung der Laserenergie ermöglichen Der Hausarzt 13/2014 Hausarzt Medizin und Venenwandperforationen vermeiden, z. B. eine Radialfiber, die eine radiale Abstrahlung der Laserenergie an der Faserspitze erlaubt, sowie die 360°-Faser und eine sphärische Glasfaser, die Cave: Laserenergie über eine runde Ballspitze abgeben. ▪▪ Das Vorschieben des Katheters in geEin zusätzlicher Vorteil schlängelten Venenverläufen kann erder neuen Fasern ist die schwert sein und zu Problemen führen bessere Darstellbarkeit (Perforation der Vene, Spasmus der Vene). im Ultraschallbild. ▪▪ Sehr oberflächlich verlaufende Venen weisen ein höheres Risiko von Hautschäden Entscheidend für die nach einem endovenösen thermischen EinWirksamkeit der endovegriff auf. nösen Lasertherapie ist die Energiedichte in der behandelten Vene. Die empfohlene Energiedichte in der Vene hat sich von anfänglich ca. 25 J/cm Vene auf 60 – 80 J/cm gesteigert. Mit diesen Entwicklungen hat sich sowohl das Nebenwirkungsspektrum als auch die Erfolgsrate der Methode deutlich verbessert. Die Applikation der Laserenergie kann gepulst oder kontinuierlich erfolgen. In neueren Studien wird meist ein kontinuierlicher Rückzug bevorzugt. Bei den Lasern mit niedrigeren Wellenlängen und einer Bare Fiber wird die Laserenergie kontinuierlich abgegeben und es bilden sich Gasbläschen im Gefäßlumen, die Hitze generieren und somit die Gefäßwand zerstören. Dr. med. Karsten Der Trend geht derzeit hin zu höheren WelHartmann Venenzentrum Freilenlängen mit 1320, 1470 und 1550 nm und burg, www.venendadurch stärkerer Wandwirkung. Diese Welzentrum-freiburg.de lenlängen rufen weniger Nebenwirkungen hervor als Wellenlängen von 810 – 980 nm, bei denen vermehrt Schmerzen und Ekchymosen durch transmurale Venenwandschäden mit Perforation und Spitzentemperaturen von über 1000 °C verursacht wurden. Heißdampfverfahren Seit November 2009 steht mit dem Heißdampfverfahren (Steam Vein Sclerosis, SVS) ein weiteres endovenöses thermisches Verfahren zur Behandlung der Varikosis zur Verfügung. Mit dem Heißdampfverfahren können Stammvenen behandelt werden, aber auch – und das ist der entscheidende Unterschied zu anderen endovaskulären Verfah45 Hausarzt Medizin ren – geschlängelte variköse Seitenäste. Zur Effektivität dieser neuen Methode gibt es bisher nur wenige Daten. Der SVS-Generator erzeugt den Druck, am Handstück kommt ein hocherhitzer Dampf von 120 °C an. Für die Behandlung Tab. 1: Vor- und Nachteile endovenöser Verfahren Vorteile: ▪▪ Keine Krossektomien notwendig (kein Inguinal-/Kniekehlenschnitt) ▪▪ Geringeres Nachblutungs- und Wundinfektionsrisiko ▪▪ Weniger postoperative Schmerzen ▪▪ Weniger Nebenwirkungen (Hämatome, Ekchymosen, Nervenläsionen) ▪▪ Kürzere Arbeitsunfähigkeitszeiten ▪▪ Bessere Lebensqualität Nachteile: ▪▪ Höhere Kosten (insbesondere Katheterkosten) ▪▪ Stark geschlängelte Gefäße eignen sich nicht (Ausnahme: Heißdampfverfahren) ▪▪ Sehr große Venendurchmesser sind schwieriger zu verschließen Nicht thermische Katheterverödung Ein weiteres neues Kathetersystem ist das ClariVein-Verfahren. Hierbei handelt es sich um eine nicht thermische Katheterverödung, die rein mechanisch funktioniert. Die abgeknickte Spitze des Katheters rotiert mit ca. 3500 U/min und führt somit zu einem Vasospasmus der Vene. Das gleichzeitig über diesen Katheter kurz unterhalb der rotierenden Spitze injizierte Verödungsmittel wird durch die Rotation gleichmäßig in der Vene verteilt und in die Venenwand eingebracht. Dadurch sind das Auftreten von Verbrennungen und Nervenläsionen ausgeschlossen. Das Verfahren kommt ohne Betäubungsmittel aus. Venenkleber Der Venenkleber (VenaSeal) ist das neueste endovenöse Verfahren. Hierbei wird die Stammvene mit einem „Sekundenkleber“ (patentierte Rezeptur aus Cyanacrylat) über einen Spezialkatheter verklebt. Zur Wirksamkeit des Verfahrens gibt es derzeit nur wenige Daten. Vergleich endovenöser Verfahren der Stammvene wird ein Katheter verwendet, an dessen Spitze der 120° heiße Dampf zu beiden Seiten im rechten Winkel abgegeben wird. Kathetersklerosierung Die kathetergestützte Schaumsklerosetherapie ist eine weitere Möglichkeit, Stammvenen zu verschließen. Dabei wird über einen endovenös liegenden Katheter Schaum direkt in das Mündungsareal der Stammvene eingebracht. 46 Anschlussbehandlung Die endovenösen Verfahren dienen in der Regel der Behandlung der Stammvarikose. Die meisten Patienten mit insuffizienDer Hausarzt 13/2014 Foto: Hartmann Beim Heißdampfverfahren wird an der Katheterspitze ein hocherhitzter Dampf (Temperatur: 120°C) abgegeben. Bisher gab es keine Studien zum Vergleich der Wirksamkeit der einzelnen endovenösen Verfahren. In unserem Venenzentrum in Freiburg führen wir derzeit eine solche Studie durch. Die ersten Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Bei einer Nach­ beobachtungszeit von bis zu 4 Jahren haben wir bisher mit der endovenösen Laserbehandlung mit einer Radialfaser und einer Wellenlänge von 1470 nm und dem Venefit-Closure-Fast-Verfahren die besten Verschlussraten erzielt. Diese Vergleichsdaten sind nur ein erster Hinweis, weitere Auswertungen folgen. Hausarzt Medizin Tab. 2: Vergleich endovenöser Verfahren Vollständiger Verschluss Teilverschluss ohne Reflux Teilverschluss mit Reflux Vene offen ohne Reflux Kein Therapieerfolg Laser 1470 nm n = 65 Venefit n = 78 RFITT n = 68 Heißdampf n = 48 95 % 0 1 1 1 96 % 0 0 2 1 68 % 6 5 4 7 63 % 6 3 4 5 ter Stammvene leiden aber zusätzlich unter einer assoziierten Seitenastvarikose, die sich auch nach der Ausschaltung der Stammvarikose nicht vollständig zurückbildet. Im Anschluss an ein endovenöses Verfahren werden daher meistens in der gleichen Sitzung eine Miniphlebektomie und/oder eine Sklerosierungsbehandlung vorhandener variköser Seitenäste durchgeführt. Diese verhindern eine eventuelle Rekanalisation der behandelten Vene über die Seitenäste. Einzige Ausnahme ist das SVSVerfahren, mit dem auch die Seitenäste behandelt werden können. Eine zusätzliche chirurgische Unterbindung der Krosse verbessert das Ergebnis nach einer endovenösen Behandlung nicht signifikant. Nicht behandelte suffiziente Seitenäste im Krossenbereich führen nicht zu einer erhöhten Rezidivrate nach einem endovenösem Eingriff. Antikoagulation Es gibt keine gesicherten Daten dazu, ob und wie lange nach der endovenösen Therapie eine Thromboseprophylaxe erfolgen soll. Wird sie durchgeführt, sollte sie leitliniengerecht und mit niedermolekularen Heparinen erfolgen. Komplikationen Komplikationen sind nach einer endovenösen Therapie seltener als bei einem phlebochirurgischen Eingriff, können aber durchaus schwerwiegend sein. Häufige Nebenwirkungen sind Hämatome und Ekchymosen, vor allem bei unsachgemäßer Infiltration der Tumeszenzlokalanästhesie mit Perforation der Vene und bei Verwendung der LaserBare-Fiber sowie bei geringeren LaserWellenlängen (810 – 980 nm). Seltener treten Hyperpigmentierungen der behandelten Vene auf, diese können sich innerhalb 1 Jahres wieder zurückbilden. Nachblutungen und Wundinfektionen sind selten, da keine großen Hautschnitte gemacht werden. Auch tiefe Beinvenenthrombosen nach der Behandlung sind sehr selten, es besteht allerdings die Gefahr des appositionellen Thrombuswachstums in die tiefe Vene. Nervenläsionen sind ebenfalls selten und oft reversibel. Der Patient sollte auf die Möglichkeit des Auftretens eines pelzigen Gefühls im Bereich der behandelten Venen hingewiesen werden. Hautverbrennungen treten am ehesten beim Heißdampfverfahren auf und dort vor allem bei der Behandlung der Seitenäste, falls kein ausreichender Hautschutz verwendet wird oder Heißdampf paravasal ins Gewebe gelangt. Einige Patienten berichten über phlebitische Beschwerden im behandelten Areal einige Tage nach dem endovenösen Eingriff. Diese treten vor allem bei der Behandlung von großlumigen, sehr oberflächlich gelegenen Varizen auf. Weitere mögliche Komplikationen sind ein (agraviertes) Lymphödem, Matting, pathologische Narbenbildungen (Keloide) und Verletzungen tiefer liegender Gefäße. Literatur beim Verfasser Interessenkonflikte: keine Kompressionstherapie Nach einer endovenösen Therapie scheint eine Kompressionstherapie für mindestens 1 Woche sinnvoll. Daten hierfür liegen jedoch nicht vor. Viele Patienten empfinden es als angenehm, einen Kompressionsstrumpf für 2 bis 3 Wochen nach der Behandlung zu tragen, da oft kombiniert mit dem endovenösen Eingriff eine Miniphlebektomie durchgeführt wird und der Kompressionsdruck zu einem schnelleren Abklingen der postoperativen Beschwerden führt. Der Hausarzt 13/2014 Fazit ▪▪ 15 Jahre nach der Einführung der Radiofrequenztherapie hat sich die thermische Ablation der Stammvarikose zu einem Standardverfahren in der Behandlung des Krampfaderleidens entwickelt. Nichtsdestotrotz sind die endovenösen Methoden noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen. ▪▪ Weitere Studien müssen Aufschluss über die Langzeitergebnisse der endovenösen Therapie liefern. Dabei ist nicht nur die Rekanalisierungsrate entscheidend, sondern auch die langfristige Verbesserung von klinischen Symptomen und der Lebensqualität. ▪▪ Die Stripping-Operation ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Behandlungsspektrums bei Krampfaderleiden und – wenn richtig durchgeführt – bei einigen Krampfaderformen den endovenösen Verfahren vorzuziehen. 47