Was leisten endovenöse Verfahrenbei Krampfadern?

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Was leisten
endovenöse
Verfahren bei
Krampfadern?
Die Krossektomie und das Stripping insuf­
fizienter Venenabschnitte galten bisher als
die Methoden der Wahl zur Behandlung
der Stammvarikose. In den vergangenen
Jahren haben neue minimalinvasive endo­
Wenn sich das Blut seinen Weg durch krankhaft
erweiterte Venen bahnen
muss, ist häufig eine Therapie erforderlich.
Die Vorteile der endovenösen Verfahren gegenüber dem gefäßchirurgischen Eingriff
liegen vor allem in der geringeren Rate an
Nebenwirkungen, der besseren Lebensqualität nach dem Eingriff und kürzeren Arbeitsunfähigkeit (Tab. 1).
Die Indikation der endovenösen Verfahren
entspricht prinzipiell denen der klassischen
Phlebochirurgie. Auch die Kontraindikationen entsprechen im Wesentlichen den invasiven Techniken, mit einer Ausnahme: Patienten, die blutverdünnende Medikamente
einnehmen, können mit endovenösen Verfahren behandelt werden, ohne die blutverdünnende Therapie auszusetzen. Auch bei
multimorbiden Patienten mit Kontraindikationen für operative Eingriffe ist oft noch eine endovenöse Therapie möglich.
Radiofrequenzverfahren
Beim Venefit-Closure-Fast-Verfahren erfolgt eine radiofrequenzbetriebene segmentale thermische Ablation zur Ausschaltung insuffizienter Stammvenen. Die dabei
erzeugte Hitze beträgt 120 °C. Der Vene-
© mm medizin + medien Verlag GmbH • Foto: NASA / Science Photo Library /Agentur Focus
venöse Methoden an Bedeutung gewonnen.
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fit-Katheter hat einen Hohlraum, der die
Möglichkeit bietet, einen Führungsdraht
vorzuschieben. Damit lassen sich oftmals
kurvige Streckenabschnitte der Vene, die
normalerweise eine zweite Punktion erforderlich gemacht hätten, meistern. Außerdem
kann über diesen Hohlraum zusätzlich eine
Schaumsklerosierung durchgeführt werden.
Dieses Verfahren führt zu weit besseren
Verschlussraten als das ältere VNUS-Closure-Plus-Verfahren. Derzeit liegen die
3-Jahres-Verschlussraten bei 92 %. 95 % der
behandelten Gefäße wiesen in Studien keinen Reflux mehr auf.
Beim Venefit-Verfahren wird eine Tumeszenzlokalanästhesie benötigt, zum Schutz
des umliegenden Gewebes vor thermischen
Schäden und zur Erzeugung eines Vasospasmus der Vene, der dazu führt, dass der Katheter näher zur Venenwand zu liegen kommt.
Beim radiofrequenzinduzierten Thermotherapie-System RFITT (Celon-Methode)
wird die Venenwand an der Applikatorspitze
durch eine Impedanzmessung auf eine Temperatur von 80 – 100 °C erhitzt und der Katheter kontinuierlich zurückgezogen.
Daten aus der BRITTIV-Studie ergaben eine
Verschlussrate von 89 % nach 130 Tagen. Allerdings ist eine einmalige Behandlung der
Stammvene nur bei sehr geringen Durchmessern erfolgversprechend. Daher ist man
dazu übergegangen, bei größeren Venendurchmessern mit einer langsameren Rückzugsgeschwindigkeit zu arbeiten oder mehrere Behandlungszyklen durchzuführen. Bei
der Behandlung in Intuba­tions­narkose kann
auf eine zusätzliche Tumeszenzlokalanästhesie verzichtet werden, solange die zu behandelnde V. saphena magna intrafaszial
verläuft.
Endovenöse Lasertherapie
Neue Entwicklungen gibt es im Bereich der
Lichtleiter. Bei der bisher am häufigsten verwendeten Bare Fiber handelt es sich um an
der Spitze glatt abgeschnittene Glasfasern.
Inzwischen stehen veränderte Sondenspitzen zur Verfügung, die eine gleichmäßige
Abstrahlung der Laserenergie ermöglichen
und Venenwandperforationen vermeiden,
z. B. eine Radialfiber, die eine radiale Abstrahlung der Laserenergie an der Faserspitze erlaubt, sowie die 360°-Faser und eine
sphärische Glasfaser, die
Cave:
Laserenergie über eine
runde Ballspitze abgeben.
▪▪ Das Vorschieben des Katheters in geEin zusätzlicher Vorteil
schlängelten Venenverläufen kann erder neuen Fasern ist die
schwert sein und zu Problemen führen
bessere Darstellbarkeit
(Perforation der Vene, Spasmus der Vene).
im Ultraschallbild.
▪▪ Sehr oberflächlich verlaufende Venen weisen ein höheres Risiko von Hautschäden
Entscheidend für die
nach einem endovenösen thermischen EinWirksamkeit der endovegriff auf.
nösen Lasertherapie ist
die Energiedichte in der
behandelten Vene. Die empfohlene Energiedichte in der Vene hat sich von anfänglich ca.
25 J/cm Vene auf 60 – 80 J/cm gesteigert.
Mit diesen Entwicklungen hat sich sowohl
das Nebenwirkungsspektrum als auch die
Erfolgsrate der Methode deutlich verbessert.
Die Applikation der Laserenergie kann gepulst oder kontinuierlich erfolgen. In neueren Studien wird meist ein kontinuierlicher Rückzug bevorzugt. Bei den Lasern mit
niedrigeren Wellenlängen und einer Bare Fiber wird die Laserenergie kontinuierlich abgegeben und es bilden sich Gasbläschen im
Gefäßlumen, die Hitze generieren und somit
die Gefäßwand zerstören.
Dr. med. Karsten
Der Trend geht derzeit hin zu höheren WelHartmann
Venenzentrum Freilenlängen mit 1320, 1470 und 1550 nm und
burg, www.venendadurch stärkerer Wandwirkung. Diese Welzentrum-freiburg.de
lenlängen rufen weniger Nebenwirkungen
hervor als Wellenlängen von 810 – 980 nm,
bei denen vermehrt Schmerzen und Ekchymosen durch transmurale Venenwandschäden mit Perforation und Spitzentemperaturen von über 1000 °C verursacht wurden.
Heißdampfverfahren
Seit November 2009 steht mit dem Heißdampfverfahren (Steam Vein Sclerosis, SVS)
ein weiteres endovenöses thermisches Verfahren zur Behandlung der Varikosis zur Verfügung. Mit dem Heißdampfverfahren können Stammvenen behandelt werden, aber
auch – und das ist der entscheidende Unterschied zu anderen endovaskulären Verfah-
ren – geschlängelte variköse Seitenäste. Zur
Effektivität dieser neuen Methode gibt es
bisher nur wenige Daten.
Der SVS-Generator erzeugt den Druck,
am Handstück kommt ein hocherhitzer
Dampf von 120 °C an. Für die Behandlung
Tab. 1: Vor- und Nachteile endovenöser Verfahren
Vorteile:
▪▪ Keine Krossektomien notwendig (kein Inguinal-/Kniekehlenschnitt)
▪▪ Geringeres Nachblutungs- und Wundinfektionsrisiko
▪▪ Weniger postoperative Schmerzen
▪▪ Weniger Nebenwirkungen (Hämatome, Ekchymosen, Nervenläsionen)
▪▪ Kürzere Arbeitsunfähigkeitszeiten
▪▪ Bessere Lebensqualität
Nachteile:
▪▪ Höhere Kosten (insbesondere Katheterkosten)
▪▪ Stark geschlängelte Gefäße eignen sich nicht (Ausnahme: Heißdampfverfahren)
▪▪ Sehr große Venendurchmesser sind schwieriger zu verschließen
Nicht thermische Katheterverödung
Ein weiteres neues Kathetersystem ist das
ClariVein-Verfahren. Hierbei handelt es
sich um eine nicht thermische Katheterverödung, die rein mechanisch funktioniert. Die
abgeknickte Spitze des Katheters rotiert mit
ca. 3500 U/min und führt somit zu einem Vasospasmus der Vene. Das gleichzeitig über
diesen Katheter kurz unterhalb der rotierenden Spitze injizierte Verödungsmittel wird
durch die Rotation gleichmäßig in der Vene
verteilt und in die Venenwand eingebracht.
Dadurch sind das Auftreten von Verbrennungen und Nervenläsionen ausgeschlossen.
Das Verfahren kommt ohne Betäubungsmittel aus.
Venenkleber
Der Venenkleber (VenaSeal) ist das neueste endovenöse Verfahren. Hierbei wird die
Stammvene mit einem „Sekundenkleber“
(patentierte Rezeptur aus Cyanacrylat) über
einen Spezialkatheter verklebt. Zur Wirksamkeit des Verfahrens gibt es derzeit nur
wenige Daten.
Beim Heißdampfverfahren wird an der Katheterspitze ein hocherhitzter
Dampf (Temperatur:
120°C) abgegeben.
der Stammvene wird ein Katheter verwendet, an dessen Spitze der 120° heiße Dampf
zu beiden Seiten im rechten Winkel abgegeben wird.
Kathetersklerosierung
Die kathetergestützte Schaumsklerosetherapie ist eine weitere Möglichkeit, Stammvenen zu verschließen. Dabei wird über einen
endovenös liegenden Katheter Schaum direkt in das Mündungsareal der Stammvene
eingebracht.
Die endovenösen Verfahren dienen in der
Regel der Behandlung der Stammvarikose. Die meisten Patienten mit insuffizienter
Stammvene leiden aber zusätzlich unter einer assoziierten Seitenastvarikose, die sich
auch nach der Ausschaltung der Stammvarikose nicht vollständig zurückbildet. Im Anschluss an ein endovenöses Verfahren werden daher meistens in der gleichen Sitzung
eine Miniphlebektomie und/oder eine Sklerosierungsbehandlung vorhandener variköser Seitenäste durchgeführt. Diese verhindern eine eventuelle Rekanalisation der
behandelten Vene über die Seitenäste. Einzige Ausnahme ist das SVS-Verfahren, mit dem
auch die Seitenäste behandelt werden können.
Eine zusätzliche chirurgische Unterbindung
der Krosse verbessert das Ergebnis nach einer endovenösen Behandlung nicht signifi-
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Anschlussbehandlung
kant. Nicht behandelte suffiziente Seitenäste im Krossenbereich führen nicht zu einer
erhöhten Rezidivrate nach einem endovenösem Eingriff.
Kompressionstherapie
Nach einer endovenösen Therapie scheint eine Kompressionstherapie für mindestens 1
Woche sinnvoll. Daten hierfür liegen jedoch
nicht vor. Viele Patienten empfinden es als
angenehm, einen Kompressionsstrumpf für
2 bis 3 Wochen nach der Behandlung zu tragen, da oft kombiniert mit dem endovenösen Eingriff eine Miniphlebektomie durchgeführt wird und der Kompressionsdruck zu
einem schnelleren Abklingen der postoperativen Beschwerden führt.
und oft reversibel. Der Patient sollte auf die
Möglichkeit des Auftretens eines pelzigen
Gefühls im Bereich der behandelten Venen
hingewiesen werden. Hautverbrennungen
treten am ehesten beim Heißdampfverfahren auf und dort vor allem bei der Behandlung der Seitenäste, falls kein ausreichender
Hautschutz verwendet wird oder Heißdampf
paravasal ins Gewebe gelangt.
Einige Patienten berichten über phlebitische Beschwerden im behandelten Areal einige Tage nach dem endovenösen Eingriff.
Diese treten vor allem bei der Behandlung
von großlumigen, sehr oberflächlich gelegenen Varizen auf. Weitere mögliche Komplikationen sind ein (agraviertes) Lymphödem,
Matting, pathologische Narbenbildungen
(Keloide) und Verletzungen tiefer liegender
Gefäße.
Antikoagulation
Es gibt keine gesicherten Daten dazu, ob und
wie lange nach der endovenösen Therapie eine Thromboseprophylaxe erfolgen soll. Wird
sie durchgeführt, sollte sie leitliniengerecht
und mit niedermolekularen Heparinen erfolgen.
Literatur beim Verfasser
Interessenkonflikte: keine
Fazit
▪▪ 15 Jahre nach der Einführung der Radiofrequenztherapie hat sich die thermische Ablation der Stammvarikose zu einem Standardverfahren in der Behandlung des Krampfaderleidens entwickelt. Nichtsdestotrotz sind die endo-
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Komplikationen
Komplikationen sind nach einer endovenösen Therapie seltener als bei einem phlebochirurgischen Eingriff, können aber
durchaus schwerwiegend sein. Häufige Nebenwirkungen sind Hämatome und Ekchymosen, vor allem bei unsachgemäßer Infiltration der Tumeszenzlokalanästhesie mit
Perforation der Vene und bei Verwendung
der Laser-Bare-Fiber sowie bei geringeren
Laser-Wellenlängen (810 – 980 nm). Seltener
treten Hyperpigmentierungen der behandelten Vene auf, diese können sich innerhalb
1 Jahres wieder zurückbilden.
Nachblutungen und Wundinfektionen sind
selten, da keine großen Hautschnitte gemacht werden. Auch tiefe Beinvenenthrombosen nach der Behandlung sind sehr selten,
es besteht allerdings die Gefahr des appositionellen Thrombuswachstums in die tiefe
Vene. Nervenläsionen sind ebenfalls selten
venösen Methoden noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen.
▪▪ Weitere Studien müssen Aufschluss über die Langzeitergebnisse der endovenösen Therapie liefern. Dabei ist nicht nur die Rekanalisierungsrate entscheidend, sondern auch die langfristige Verbesserung von klinischen Symptomen und der Lebensqualität.
▪▪ Die Stripping-Operation ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Behandlungsspektrums bei Krampfaderleiden und – wenn richtig durchgeführt – bei
einigen Krampfaderformen den endovenösen Verfahren vorzuziehen.
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