Negative Campaigning und Wahlbeteiligung in Österreich

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Negative Campaigning und Wahlbeteiligung
in Österreich
Forschungspraktikum: Die Stimme abgeben?
Sieglinde Rosenberger
Gilg Seeber
WiSe 2004/05
Jürgen Leitner - 0101263
Erich Lichtl - 0101453
Johanna Lütterfelds - 0047904
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Dominik Senghaas - 0106149
[email protected]
Tatjana Tupy - 0105919
[email protected]
Wien, im Februar 2005
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung .............................................................................................................................. 3
2. Methode ................................................................................................................................ 4
3. Negative Campaigning & Wahlbeteiligung aus der Sicht der Wissenschaft ................. 5
4. Negative Campaigning & Wahlbeteiligung in Österreich ............................................... 8
4.1.
Definitionen von Negative Campaigning .................................................................. 8
4.1.1.
Demoskopie .................................................................................................. 8
4.1.2.
Politik ........................................................................................................... 9
4.1.3.
Unsere Definition ......................................................................................... 10
4.2.
Negative Campaigning und Wahlbeteiligung ........................................................... 11
4.2.1.
Demoskopie .................................................................................................. 11
4.2.2.
Politik ........................................................................................................... 12
4.3.
Rahmenbedingungen von Negative Campaigning und Auswirkungen auf die
Wahlbeteiligung ......................................................................................................... 14
4.3.1.
Veränderungen im österreichischen politischen System .............................. 14
4.3.2.
Massenmedien, Politik und Negative Campaigning .................................... 16
4.3.3.
Dethematisierung und Zunahme von Metathemen ...................................... 18
4.3.4.
Personalisierung ........................................................................................... 19
4.3.5.
Die Rolle von Wahlkampagnen ................................................................... 20
4.3.6.
Reaktionen auf Negative Campaigning ........................................................ 22
4.3.7.
Negative Campaigning, Wahlbeteiligung und Gender ................................. 24
4.4.
Fallbeispiele .............................................................................................................. 25
5. Schlussfolgerungen .............................................................................................................. 28
5.1. Resumee .................................................................................................................... 28
5.2. Möglichkeiten zur Erforschung von Negative Campaigning und Wahlbeteiligung . 29
5.3. Kommentar ................................................................................................................ 30
5.4. Ausblick .................................................................................................................... 31
6. Literatur- und Quellenverzeichnis ..................................................................................... 32
7. Anhang .................................................................................................................................. 34
7.1. Abbildungen .............................................................................................................. 34
7.2. Beispiele für Negative Campaigning in den ExpertInnengesprächen ....................... 38
7.3. Transkriptionen der ExpertInnengespräche .............................................................. 40
2
1. Einleitung
Seit Mitte der 80er Jahre ist in Österreich ein beständiger Trend sinkender Wahlbeteiligung zu
beobachten. Gleichzeitig erfährt das Phänomen des Negative Campaigning in Wahlkämpfen der
letzten Jahrzehnte einen deutlichen Aufschwung. Verlaufen diese Entwicklungen nur zufällig parallel
oder gibt es einen Zusammenhang zwischen Negative Campaigning und der Wahlbeteiligung in
Österreich? Kann Negative Campaigning WählerInnen demobilisieren und damit davon abhalten zur
Wahl zu gehen? Könnte es nicht umgekehrt auch mobilisieren und somit als Anreiz für die Teilnahme
an Wahlen wirken?
Ausgehend von diesen Überlegungen formulierten wir die folgenden Hypothesen, die unsere
Forschungsarbeit in weiterer Folge leiteten:
Hypothese 1:
Negative Campaigning hat eine Wirkung auf die Wahlbeteiligung. Je nach AkteurInnenkonstellation
und Kontext kann diese mobilisierend oder demobilisierend ausfallen.
Hypothese 2:
Negative Campaigning wird vor allem bei einem erwarteten knappen Wahlausgang verwendet.
Gleichzeitig sind durch knappe Wahlen Mobilisierungseffekte zu erwarten. Demobilisierungseffekte
durch Negative Campaigning sind also durch Kompensationseffekte verdeckt und schlagen sich
vermutlich nur langfristig auf die Wahlbeteiligung nieder.
Bereits zu Beginn unserer Forschungsarbeit mussten wir feststellen, dass das Phänomen des Negative
Campaigning als solches und damit auch dessen mögliche Wirkung auf die Wahlbeteiligung, in
Österreich noch kaum erforscht sind. Zusätzlich macht vorhandene wissenschaftliche Literatur, die vor
allem im amerikanischen Raum zu finden ist, zum Teil völlig konträre Aussagen bezüglich Negative
Campaigning und Wahlbeteiligung. Mit dieser Ausgangslage konfrontiert entschlossen wir uns dazu,
für Österreich in diesem Feld Grundlagenforschung zu betreiben. Der Fokus unserer Arbeit lag somit
weniger auf der mit unseren Mitteln fast unmöglich erscheinenden Suche nach kausalen Zusammenhängen zwischen Negative Campaigning und Wahlbeteiligung. Stattdessen versuchten wir, die
Komplexität der Beziehungen dieser beiden Phänomene zueinander darzustellen, um abschließend
einige mögliche Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.
Der Aufbau des vorliegenden Forschungsberichts folgt dem schrittweisen Fortschritt unserer Arbeit.
Beginnend mit einem kurzen Abriss unserer Methode und den theoretischen Grundlagen zu Negative
Campaigning sowie dessen Einfluss auf die Wahlbeteiligung, beschäftigen wir uns in weiterer Folge
mit den Rahmenbedingungen, die in Österreich den Einsatz von Negative Campaigning in Wahlkämpfen beeinflussen und somit auch für alle damit verbundenen Effekte auf die Wahlbeteiligung berücksichtigt werden müssen. Wir versuchen auf diese Art und Weise der Frage nachzugehen, welche Wirkungen Negative Campaigning unter welchen Bedingungen auf die Wahlbeteiligung haben könnte um
abschließend Möglichkeiten aufzuzeigen, dies mit Hilfe der Meinungsforschung auch nachzuweisen.
3
2. Methode
Die von uns gewählten Methoden orientierten sich sehr stark am momentanen Forschungsstand zu
Negative Campaigning und Wahlbeteiligung. Da dieser, wie bereits eingangs erwähnt, insbesondere in
Bezug auf Österreich sehr dürftig ist, stellten wir intensive Literaturrecherchen an den Beginn unserer
Arbeit um eine theoretische Grundlagenbildung zu den Mechanismen und Formen des Negative
Campaigning vornehmen zu können. Neben einer allgemeinen Definition des Begriffs widmeten wir
uns den Implementierungsstrategien von Parteien und den möglichen Zusammenhängen zwischen
Negative Campaigning und Wahlbeteiligung. In diesem Bereich ist vor allem im angloamerikanischen
Raum bereits ein umfangreiches Angebot an wissenschaftlicher Literatur vorhanden.
Um die Anwendbarkeit der großteils amerikanischen Theorien auf die Situation in Österreich zu
untersuchen, befragten wir eine Reihe von ExpertInnen. Zum einen wandten wir uns direkt an die
Parteien oder deren Think-Tanks, um einen Einblick in die praktische Anwendung sowie die
Wahrnehmung von Negative Campaigning von politischer Seite zu bekommen. Dr. Reinhold Lopatka,
ÖVP Generalsekretär und Dr. Michael Rosecker, ein Vertreter des Renner-Instituts, standen uns für
Gespräche zur Verfügung. Weitere Gespräche führten wir mit drei MeinungsforscherInnen – Dr.
Imma Palme (IFES), Mag. Christoph Hofinger (SORA) und Mag. Peter Hajek (OGM). Von ihnen
erhofften wir uns vor allem Aufschluss über die Möglichkeiten zu bekommen, den Einfluss von
Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung demoskopisch nachzuweisen. Weitere Fragen an alle
GesprächspartnerInnen bezogen sich unter anderem auf die Verwendung von Negative Campaigning
in Österreich, sowie auf dessen Effekte.
Ausgehend von den Ergebnissen der Gespräche, die wir mit Hilfe von zusammenfassenden Inhaltsanalysen bearbeiteten, sammelten wir zusätzliches explizierendes Material, das uns eine tiefergehende
Analyse und ein direktes Eingehen auf unsere Fragestellung ermöglichte.
Um die Wirkung von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung in Österreich an Hand konkreter
Beispiele zu verdeutlichen hatten wir ursprünglich geplant, Wahlkämpfe mit besonders starkem
Negative Campaigning der letzten Jahrzehnte ausfindig zu machen und der jeweiligen Wahlbeteiligung gegenüberzustellen. Dies erschien uns jedoch aus einer Vielzahl von Gründen nicht zielführend.
Schon alleine die Tatsache, dass Negative Campaigning ein sehr subjektives Phänomen ist und daher
von verschiedensten Seiten unterschiedlich aufgenommen und bewertet wird, hätte die Klassifizierung
von besonders starken Negativwahlkämpfen erschwert.
Da uns im Rahmen der ExpertInnengespräche immer wieder Beispiele von Negative Campaigning aus
unterschiedlichsten Wahlkämpfen genannt wurden, entschlossen wir uns schlussendlich dazu, die am
häufigsten erwähnten – den Nationalratswahlkampf 2002, den BundespräsidentInnenwahlkampf sowie
den Wahlkampf zu den Europawahlen 2004 – näher zu beleuchten.
4
3. Negative Campaigning & Wahlbeteiligung aus der Sicht der Wissenschaft
Das Aufstellen einer einheitlichen Definition von Negative Campaigning ist besonders auf Grund der
Tatsache, dass Negativität im Allgemeinen subjektiv bewertet wird, ungemein schwierig.
"Concepts such as negative advertising or negative campaigning are hard to define, because [...]
negativity means different things to different people. Because it is a subjective phenomenon, and very
often a value judgement, the question 'What is negative campaigning' is one of the hardest to
answer…"1
Gemeinsam ist den meisten wissenschaftlichen Definitionen von Negative Campaigning, dass darunter
der Einsatz von negativen Botschaften im Wahlkampf, die sich gegen politische KonkurrentInnen
richten, verstanden wird. Oft ist es auch gebräuchlich, zwischen Negativkampagne und Negativtaktik
zu unterscheiden. Unter ersterem versteht man eine strategische Angriffsführung, unter zweiterem eher
kurzfristige Attacken oder einzelne Angriffe, die auch im Rahmen einer sonst positiv geführten
Kampagne stattfinden können.2
An Hand unterschiedlicher Merkmale und Ausprägungen bilden ExpertInnen verschiedene Typologien von Negative Campaigning. Eine erste Unterscheidung lässt sich durch die Art der Vermittlung
der negativen Botschaften treffen. "Hard-sell" advertising verwendet härtere Sprache und
Angstappelle. "Soft-sell" advertising hingegen arbeitet mit unterhaltsamen Mitteln. Obwohl die
transportierte Botschaft ebenfalls eindeutig negativ ist, soll die Zielgruppe die Negativstimmung der
Nachricht nicht sofort erkennen.
Das Ziel von Negative Campaigning lässt eine weitere Unterscheidung zu. Negative Campaigning kann
personenbezogen sein, oder auch inhaltsbezogen. Angriffe auf Personen beziehen sich direkt auf deren
persönliche Eigenschaften oder biographische Details und werden auf deren politische Kompetenzen
umgelegt. Die andere Form von Negative Campaigning, in der man sich auf politische Inhalte bezieht,
wird zumeist von den Oppositionsparteien angewandt, um Fehler der Regierung aufzuzeigen.
Weiters kann Negative Campaigning einseitig negativ sein, oder vergleichend. Bei der
vergleichenden Argumentation werden Konzepte oder auch die Erfahrung von KandidatInnen
gegenübergestellt und beurteilt, wobei das eigene Konzept den Vorzug erhält. Diese Art des Negative
Campaignings wird im Allgemeinen als weit positiver beurteilt als andere Ausprägungen, da der
vergleichende Charakter der Botschaft von den WählerInnen nicht sofort als negativ eingestuft wird.3
Synonym zu "Negative Campaigning" werden in der Literatur Begriffe wie "negative (political)
advertising", "attack politics / advertising", "comparative / contrast campaigning",… verwendet.
1
Swint, Kerwin C. (1998). Political Consultants and Negative Campaigning: The Secrets of the Pros, Lanham, zit. in:
Schlager, Erich (2003). "Negative Campaigning" im Wahlkampf. Mit einer Analyse der österreichischen Nationalratswahl
2002, Wien, S.3
2
Vgl. Kaltenthaler, Heike (2000). Das Geheimnis des Wahlerfolgs. "Negative Campaigning" in den USA, Frankfurt am Main
– Berlin – Bern – Bruxelles – Oxford – Wien, S.60ff.
3
Vgl. Schlager. "Negative Campaigning" im Wahlkampf, a.a.O., S.6-11
5
Welchen Einfluss kann Negative Campaigning nach dem heutigen Stand wissenschaftlicher
Erkenntnis nun aber auf die Wahlbeteiligung ausüben? In der amerikanischen Literatur finden sich
zwei große Richtungen. Die erste, hauptsächlich vertreten durch Ansolabehere und Iyengar und deren
AnhängerInnen geht davon aus, dass Negative Campaigning eine demobilisierende Wirkung ausübt
und somit die Wahlbeteiligung senkt. Ihre Argumentationslinie baut darauf auf, dass potentielle
WählerInnen sich von einander attackierenden KandidatInnen abgestoßen fühlen und Negative
Campaigning daher zu einer Ablehnung des gesamten politischen Prozesses führen kann. Besonders
parteiungebundene WählerInnen würden der Wahl nach einem stark negativ geprägten Wahlkampf
fernbleiben.4
Eine immer größer werdende Anzahl an WissenschafterInnen kommt mit ihren Studien jedoch zu dem
Schluss, dass Negative Campaigning die Wahlbeteiligung steigert. Die BefürworterInnen dieser
Theorie argumentieren mit einer durch Negative Campaigning hervorgerufenen Stimulierung der
Aufmerksamkeit der WählerInnen gegenüber der Kampagne. Sie gehen davon aus, dass negative
Botschaften bei den Menschen leichter ankommen als positive, ihr Interesse an der Wahl steigern und
ihnen die Wahlentscheidung erleichtern.5
"Negative ads provide relevant, critical information in a brief, easily grasped format. Far from being
pathological, the brevity and tone of electoral ads lower the costs of voting."6
Außerdem würde die Anwendung von Negative Campaigning die Wichtigkeit einer Wahl in den
Augen der WählerInnen steigern.
"… rather than turning voters away from politics, campaign criticism may actually increase citizens'
political engagement by raising issues that are important to voters and sending the message that
something significant is at stake in a given election. Negative charges imply that one's vote choice –
and one's vote – matters and that citizens should care about the outcome of a race."7
Bei der Frage, wer durch Negative Campaigning mobilisiert wird, gehen die Meinungen der
WissenschafterInnen auseinander. Als besonders stark durch Negative Campaigning mobilisierbare
WählerInnen werden jene genannt, die parteiungebunden sind, jene, die ursprünglich keine Intention
hatten, zur Wahl zu gehen, oder jene, die im Vorfeld uninformiert waren. 8 Andere gehen wiederum
davon aus, dass negative Wahlkampagnen das Potential besitzen, jeden zu mobilisieren, unabhängig
von jeglichen anderen Kriterien.9
4
Vgl. Ansolabehere, Stephen / Shanto Iyengar (1995). Going Negative. How Political Advertisements Shrink and Polarize
the Electorate, New York, S. 9ff.
5
Vgl. Martin, Paul S. (2004). Inside the Black Box of Negative Campaign Effects: Three reasons why negative campaigns
mobilize. Political Psychology, Vol. 25, No.4, S.547ff.
6
Samples, John (2004). Three Myths about Voter Turnout in the United States. In: Policy Analysis, No. 524., S.8
7
Goldstein, Ken / Paul Freedman (2002). Campaign Advertising and Voter Turnout: New Evidence for a Stimulation Effect.
In: The Journal of Politics, Vol. 64, No. 3., S.722f.
8
Vgl. Hillygus, D. Sunshine (2005). Campaign Effects and the Dynamics of Turnout Intention in Election 2000.
Forthcoming in: The Journal of Politics, Volume 67, Issue 1, S.14ff.
9
Vgl. Goldstein / Freedman. Campaign Advertising and Voter Turnout, a.a.O., S.736
6
In einigen Studien, die zwar ebenfalls grundsätzlich von einem Mobilisierungseffekt durch Negative
Campaigning ausgehen, wird besonders eindrücklich auf die Rahmenbedingungen hingewiesen, deren
Einfluss eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Negative Campaigning muss immer in Bezug auf
den spezifischen Kontext in einem Wahlkampf analysiert werden. Erst danach ist es eventuell
möglich, die Effekte von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung bestimmen zu können. Und
diese können, je nach Kontext, unterschiedlich ausfallen.10
"… in some years campaigns that contain negative appeals actually increase voter interest and
participation. But, of course, in some years they do not."11
Weitere WissenschafterInnen, die ebenfalls eine etwas abgeschwächte Form der Mobilisierungsthese
vertreten, unterscheiden zwischen kurzfristigen und langfristigen Wirkungen von Negative
Campaigning. Kurzfristig würde Negative Campaigning die Wahlbeteiligung vor allem erhöhen,
langfristig könnte sie jedoch besonders durch so genanntes "mudslinging" oder Dirty Campaigning,
sehr "schmutzige" negative Botschaften, sinken. Extrem negative Botschaften würden ein negatives
Bild auf die gesamte politische Klasse werfen und die WählerInnen dazu bringen, sich von der Politik
abzuwenden.12
"Wenn es um kurzfristige Folgen geht, um den Erfolg oder Misserfolg am Wahltag, erweisen sich
negative Botschaften als äußerst überzeugend. 'Negative Campaigning' ist die Strategie der Gewinner.
Langfristig stellt sich jedoch die Frage, wie 'Negative Campaigning' das Politikverständnis und die
Wahlbeteiligung [...] beeinflusst."13
*
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Negative Campaigning ein subjektives Phänomen ist, dessen
lang- und kurzfristigen Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung von WissenschafterInnen entweder als
mobilisierend oder als demobilisierend gesehen werden. Zum Teil wird der Grad an Negativität als
weiteres Mittel zur Erklärung von Mobilisierung und Demobilisierung durch Negative Campaigning
herangezogen, zum Teil die konkreten Rahmenbedingungen im spezifischen Wahlkampf, die eine
kontextbezogene Analyse zum Verständnis des Phänomens voraussetzen.
10
Vgl. Vavreck, Lynn. How does it all 'Turnout'? Exposure to Attack Advertising, Campaign Interest, and Participation in
American Presidential Elections, S. 1ff. http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/vavreck/Reform1.pdf (12.12.2004)
11
Ebd., S. 19
12
Vgl. Fridkin, Kim Leslie / Patrick J. Kenney. (2004) Do Negative Messages Work? The Impact of Negativity on Citizens'
Evaluations of Candidates. In: American Politics Research, Vol. 32 No.5, S. 573ff.
13
Kaltenthaler: Das Geheimnis des Wahlerfolgs, a.a.O., S. 22f.
7
4. Negative Campaigning & Wahlbeteiligung in Österreich
Lassen sich die Forschungsergebnisse amerikanischer WissenschafterInnen zu Negative Campaigning
und Wahlbeteiligung auch auf Österreich anwenden, oder sind diese nur unter den spezifischen
Voraussetzungen des politischen Systems der USA gültig? Auf den ersten Blick scheinen die
Unterschiede zwischen Österreich und den USA groß. Negative Campaigning wird in den Vereinigten
Staaten in ungemein größerem und heftigerem Ausmaß praktiziert, das Wahlsystem ist stark
personalisiert und die Wahlbeteiligung ist viel niedriger als jene in Österreich. Müssen auf Grund
dieser unterschiedlichen Ausgangslage für Österreich demnach andere Schlüsse zu den Auswirkungen
von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung gezogen werden? Um diese Frage beantworten zu
können, werden wir im Folgenden auf Negative Campaigning und Wahlbeteiligung aus der Sicht
österreichischer MeinungsforscherInnen und PolitikerInnen, sowie auf die spezifischen
Rahmenbedingungen der gegenwärtigen österreichischen politischen Kultur eingehen.
4.1. Definitionen von Negative Campaigning
4.1.1.
Demoskopie
In ihrer Definition des Begriffs Negative Campaigning unterscheiden sich die drei von uns befragten
MeinungsforscherInnen kaum voneinander. Ziel von Negative Campaigning können sowohl
Einzelpersonen als auch Parteien oder die politische Klasse an sich sein, die erwünschten Effekte sind
die Erzeugung eines negativen Images oder einer defensive Position der GegnerInnen, sowie die
Abschreckung von WählerInnen diese zu wählen bzw. zu erreichen, dass sie der Wahl gänzlich fern
bleiben.
"Negative Campaigning ist wenn eine politische Partei versucht, [...] eine gegnerische Partei
insgesamt, oder einzelne Kandidaten oder Kandidatinnen in ein negatives Licht zu rücken."14
"Negative Campaigning sind Botschaften über politische Mitbewerber oder auch Einzelaussagen, die
das Image und die Wählbarkeit politischer Mitbewerber der anderen Partei verringern sollen und
dadurch entweder dazu führen sollen, dass die Personen die die andere Partei wählen würden nicht
wählen gehen, oder die Partei wechseln."15
"Negative Campaigning ist der Versuch, den Gegner mittels unpopulärer oder negativer Themen in
eine defensive Position zu bekommen."16
Negative Campaigning beruht in der Regel auf einer gewissen Realitätswahrnehmung, die bei dem zu
beeinflussenden Wählersegment festgestellt wurde. Diese kann natürlich auch eine völlig verzerrte
Form der Realität sein.17 Als Trennlinien zwischen Negative Campaigning und Kritik nannten die
MeinungsforscherInnen einerseits eine gewisse Konnotation mit Schmutz18, andererseits die Tatsache,
dass Negative Campaigning im Gegensatz zu Kritik eine eindeutige Wahlkampfstrategie sei, die
14
Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
16
Gespräch mit Peter Hajek, s. Anhang
17
Vgl. Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
18
Vgl. Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
15
8
intensive Forschungen und Umfragen zur Grundlage hat19. Ein Meinungsforscher machte statt der
Unterscheidung zwischen Negative Campaigning und Kritik eine Trennung hin zu Dirty Campaigning,
das durch das Fehlen eines wahren Hintergrunds charakterisiert werden kann.20
Weiters ist es möglich, Negative Campaigning in eine direkte und eine indirekte Form zu unterteilen,
die jedoch beide dasselbe Ziel haben. Das direkte Negative Campaigning ist weniger effizient, beim
indirekten werden andere Mittel gewählt. Es sollen so genannte Brainscripts geschaffen werden, also
Bilder in den Köpfen der WählerInnen, die ein negatives Bild auf die KontrahentInnen werfen. Man
versucht dann, diese Bilder in der jeweiligen zielgruppenspezifischen Färbung zu transportieren.21
Ein wichtiger Punkt, der aus allen drei Gesprächen mit den MeinungsforscherInnen zu entnehmen war
ist, dass man keine generalisierenden Aussagen zu Negative Campaigning treffen kann. Man müsse
immer fallspezifische untersuchen, Negative Campaigning sei auf alle Fälle eine äußerst subjektive
Angelegenheit.
4.1.2. Politik
Obwohl kleine Unterschiede zwischen den Beschreibungen der VertreterInnen von ÖVP und SPÖ
bestehen, ähneln sich ihre Definitionen sehr stark. Negative Campaigning wird von beiden befragten
politischen Repräsentanten als eine durchaus legitime Form der Kritik am politischen Gegner / an der
politischen Gegnerin dargestellt. Es wird eingesetzt, um dem/der politischen GegnerIn zu schaden, so
dass diese/r unmittelbare Stimmenverluste zu anderen Parteien oder zur Gruppe der NichtwählerInnen
hinnehmen muss. Vermittelt wird die Kritik mit Hilfe einer Kampagne. Negative Campaigning ist also
entweder Teil einer größeren Kampagne oder zentrales Element einer eigens dafür gestarteten
Kampagne.
"...das Wort an und für sich sagt schon, [...] in einem Wahlkampf kampagnisiert man .. und das kann
man entweder mit Positiv- oder mit Negativargumenten machen. [...] Negative Campaigning ist eine
Form [..] der Kritik am politischen Gegner."22
Die befragten PolitikerInnen haben zusätzlich, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, durchwegs
eine Trennlinie zwischen Negative Campaigning und Dirty Campaigning gezogen. Auch wenn
gleichzeitig zugegeben wurde, dass der Übergang zwischen den abgegrenzten Bereichen fließend ist.
Negative Campaigning ist den parteipolitischen Normen entsprechend noch legitime Kritik, während
Dirty Campaigning für Parteien das darstellt, was in der Öffentlichkeit gerne als „Schmutzkübelei“
bezeichnet wird.
19
Vgl. Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
Vgl. Gespräch mit Peter Hajek, s. Anhang
21
Vgl. Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
22
Gespräch mit Reinhold Lopatka, s. Anhang
20
9
"Negative Campaigning, das gibt’s seit es demokratische Politik gibt, das Dirty Campaigning ist sicher
[...] einen Gang dazuschalten [...]. Es geht hier nicht um inhaltliche Kritik, sondern primär um
Diffamierung eines Individuums, eines klassischen Gegners…"23
Vor allem Dirty Campaigning wird oft von externen Plattformen, deren Verbindung zur Partei nicht
eruierbar ist, gestartet. Eine zu starke Verbindung von Dirty Campaigning mit der Partei ist
schädlich.24 Grenzen, die man mit Negative oder Dirty Campaigning nicht überschreiten sollte,
ergeben sich auf ganz natürliche Art und Weise durch das Urteil, das die WählerInnen am Ende bei
der Wahl abgeben.
"... es gibt einen Schiedsrichter bei jeder Wahl, das is der Wähler, .. und wenn man hier Grenzen
überschreitet, dann wird .. der Wähler ohnehin sein Urteil abgeben." 25
Eingesetzt wird Negative Campaigning in Wahlkämpfen vor allem, da negative Botschaften im
Gegensatz zu positiven Botschaften in relativ kurzer Zeit transportiert werden können. Dadurch ist
Negative Campaigning ein geeignetes Mittel, um schnell zu reagieren, bzw. kurzfristig starke Effekte
auf das Wahlverhalten zu erzielen.26
Negative Campaigning umfasst darüber hinaus neben der Ebene der Diffamierung eines/r politischen
GegenkandidatIn in einem Wahlkampf auch den Bereich der GegnerInnenbeobachtung, die
durchgehend auch im politischen Alltag stattfindet. Ein Bereich bedingt hier den jeweils anderen. Die
GegnerInnenbeobachtung differenziert sich wiederum in das Erkennen von Fehlern und Mängeln des
gegnerischen Parteiapparats und die Beobachtung einzelner Personen der gegnerischen Fraktionen in
tragenden Positionen.27
4.1.3. Unsere Definition
Im Großen und Ganzen unterscheiden sich die bisher präsentierten Definitionen von Negative
Campaigning durch Wissenschaft, Meinungsforschung und Politik kaum. Der einzig wirklich
markante Unterschied findet sich in der Sicht der Politiker. Im Gegensatz zu WissenschafterInnen und
DemoskopInnen ziehen sie keine Grenze zwischen Negative Campaigning und Kritik, sondern führen
die Kategorie des Dirty Campaigning ein um jene Aussagen zu bezeichnen, die bereits unter der
Gürtellinie anzusiedeln sind.
Um möglichst alle Aspekte von Negative Campaigning abzudecken, haben wir uns für unsere
Forschungsarbeit dazu entschlossen, eine möglichst breite Definition von Negative Campaigning zu
verwenden.
23
Gespräch mit Michael Rosecker, s. Anhang
Vgl. Ebd.
25
Gespräch mit Reinhold Lopatka, s. Anhang
26
Vgl. Ebd.
27
Vgl. Gespräch mit Michael Rosecker, s. Anhang
24
10
-
Negative Campaigning ist ein schwer objektivierbares Phänomen.
-
Negative Campaigning äußert sich in persönlichen oder inhaltlichen Angriffen gegen
politische MitbewerberInnen, die über die Abgrenzung der eigenen Positionen sowie
Kritik an Inhalten, Themen und KandidatInnen der politischen Opponenten
hinausgehen.
Die Abgrenzung von Negative Campaigning und Kritik kann an Hand folgender Kriterien stattfinden:
-
Einsatz der Mittel (z.B. sprachlich)
-
Begründung der Aussage
-
Angriffe, die auf persönlicher bzw. inhaltlicher Ebene stattfinden und über sittliche
und moralische Wertvorstellungen einer Gesellschaft hinausgehen, sind als Negative
Campaigning anzusehen. (z.B. Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen)
4.2. Negative Campaigning und Wahlbeteiligung
4.2.1. Demoskopie
Nun zu den Auswirkungen von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung, wie sie uns von
Seiten der DemoskopInnen präsentiert wurden. In ihren sehr unterschiedlichen Einschätzungen finden
sich die gleichen Tendenzen wieder, auf die wir bereits in der amerikanischen Literatur gestoßen sind:
Negative Campaigning kann mobilisieren, demobilisieren oder keine Wirkung auf die
Wahlbeteiligung haben.
Die Vertreterin der Demobilisierungsthese geht davon aus, dass die für Negative Campaigning
relevante Zielgruppe eine relativ kleine, sehr flexible Gruppe ist, die sich zwischen Nichtwählen und
der Wahl zwischen mehreren Parteien entscheiden muss. Beim Negative Campaigning würde nun eher
versucht, diese Gruppe zu demobilisieren, also zum Nichtwählen zu bringen.
Negative Campaigning wird eingesetzt, um "... zu demobilisieren, eher um aktiv zu verhindern, dass
die die Partei Y wählen und eher in Kauf zu nehmen, dass das nicht Nichtwähler werden, davon hat
man in der Regel mehr..."28
Eine weitere Meinung war, dass Negative Campaigning sowohl mobilisierend, als auch
demobilisierend sein kann und auch aus beiden Gründen eingesetzt wird. Das heißt also, Negative
Campaigning kann die Wahlbeteiligung sowohl erhöhen, als auch senken. Jede Wahl ist in diesem
Punkt unterschiedlich.
"... in dem Fall war das einer dieser Fälle, wo Negative Campaigning die Wahlbeteiligung erhöht hat,
es kann aber auch sein, dass Negative Campaigning Wahlbeteiligung senkt, da ist jede Wahl anders."29
28
29
Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
11
Die dritte uns präsentierte These war, dass die sinkende Wahlbeteiligung in Österreich vor allem
andere Gründe hätte. Diese sei mehr eine Annäherung an eine gewisse Normalität in einer gefestigten
Demokratie, wo sich Menschen das Recht herausnehmen können, auch einmal nicht zur Wahl zu
gehen, als ein Nebeneffekt des Negative Campaignings. Es gäbe kaum Leute, die sich auf Grund von
Negative Campaigning angewidert von der Politik zurückziehen würden.30
Auch die mittel- und langfristigen Konsequenzen von Negative Campaigning können sich laut
Meinungsforschung sowohl positiv, als auch negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken. Positiv dann,
wenn dadurch eine starke inhaltliche Polarisierung geschaffen wird. Negativ, wenn nach der
Spieltheorie nicht nur ein Spieler Negative Campaigning betreibt, sondern alle. In diesem Fall kommt
es zu Politik- und PolitikerInnenverdrossenheit und dem Rückgang traditioneller Beteiligungsformen.
"... und die Frage ist, was passiert auch mittelfristig, wenn die Parteien ständig Negative Campaigning
betreiben, dass dann überhaupt [..] Politik- oder PolitikerInnenverdrossenheit größer wird und dadurch
generell mittelfristig auch ein Rückgang von traditionellen Beteiligungsformen zu beobachten ist und
die Wahlberechtigten schwerer zu mobilisieren sind."31
Aus der Anwendung von Negative Campaigning können sich langfristig demnach unter anderem
folgende demokratiepolitische Konsequenzen ergeben, die die Parteien bewusst in Kauf nehmen, um
der dem Kapitalismus immanenten Logik zur Folge kurzfristigen Erfolg zu haben:
•
Sinkende Wahlbeteiligung
•
Legitimationsprobleme
•
Biedermaierliches Insichgehen
•
Desinteresse an gesellschaftlichen Zusammenhängen
"... Länder, die ausschließlich Wahlbeteiligung als Element haben der Bevölkerung demokratische
Mitsprachemöglichkeit zu bieten, [bekommen] irgendwann auf Regierungsebene
Legitimationsprobleme, wenn das zu krass wird, das Verhältnis zwischen Wählern und Nichtwählern;
wenn sich das ausgleichen würde durch einen neuen Aufschwung von Bürgerinitiativen oder sonst
etwas, ok, gut; wenn das nicht ist, dann hat man die Resignation bei der Bevölkerung, das
biedermaierliche Insichgehen, im eigenen Saft braten, völliges Desinteresse an gesellschaftlichen
Zusammenhängen..."32
Was alle MeinungsforscherInnen betonten ist, dass Negative Campaigning und seine Auswirkungen
auf die Wahlbeteiligung ein demoskopisch zwar nicht unmöglich, jedoch sehr schwer bzw. aufwendig
zu erfassendes Phänomen darstellt.
4.2.2. Politik
Da die Meinung der von uns befragten Politiker bezüglich der Auswirkung von Negative
Campaigning auf die Wahlbeteiligung im Gegensatz zu ihrer recht einheitlichen Definition des
30
Vgl. Gespräch mit Peter Hajek, s. Anhang
Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
32
Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
31
12
Phänomens deutliche Unterschiede aufweist, erschien uns im Folgenden eine Trennung von ÖVP und
SPÖ sinnvoll.
SPÖ
Einerseits wird von Seiten der SPÖ angenommen, dass Negative Campaigning eigenes Klientel
mobilisieren kann. Weiters ist es möglich, dass die Hauptstoßrichtung eine Demobilisierung der
potentiellen WählerInnen des/der politischen GegnerIn ist. Genaue Effekte sind jedoch von der
spezifischen Situation in einem Wahlkampf abhängig.
Darüber hinaus wurde vom Vertreter der SPÖ die These vertreten, dass härtere Gangart kurzfristig in
jedem Fall mobilisiert, langfristig aber durch Gewöhnungseffekte wieder zu Desinteresse führt.
Letztendlich würde auch die Intensität des Negative Campaigning eine Rolle spielen. Wohl dosiert
seien durchaus positive Effekte zu erwarten – ein „Overkill“ wirke sich jedoch für alle regressiv aus.
Dies könnte also eine niedrigere Wahlbeteiligung zur Folge haben, die auch demokratiepolitisch zum
Nachdenken verleiten sollte.
„Und nur der Kurzeffekt […] die kurzen positiven Effekte mancher bedenkenhafter oder zweifelhafter
Methoden, die mögen da sein, die kurzen Effekte jetzt aus meiner Interessenslage heraus. Aber
langfristig sollte sich jeder Politiker gut überlegen, welche Mittel er ansetzt. Weil kurzfristige positive
Effekte für ein kleines Ziel, für eine knappe Interessenslage haben oft negative Folgen für ein breiteres
Spektrum. Also grundlegendere negative Folgen als oberflächliche kurze positive Effekte.“33
ÖVP
Anders als bei der SPÖ gibt es nach Ansicht der ÖVP keine Auswirkung von Negative Campaigning
auf die Wahlbeteiligung. Ausschlaggebend für die Wahlbeteiligung sei nur die Wichtigkeit der Wahl
in den Augen der Bevölkerung.
„einzig und allein entscheidend für die Wahlbeteiligung ist .. ob es den Parteien gelingt, den Wählern
zu vermitteln, dass Ihre Stimme von enormem Wert ist. […]Das hat nichts mit negativ oder positiv zu
tun, es geht um die Bedeutung der Wahl.“
Hohe Wahlbeteiligungen würden durch die Dramatisierung des Wahlkampfes erreicht. Dies könne
sowohl mit positiven, als auch mit negativen Mitteln geschehen. Bei Kopf-an-Kopf-Rennen sei die
Wahlbeteiligung daher hoch, weil die Wahl knapp ist und damit eine höhere Wichtigkeit besitzt.
Andernfalls sei sie eher niedrig.
Im Unterschied zur SPÖ werden bei der ÖVP auch langfristig positive oder zumindest keine negativen
Effekte von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung erwartet, da jede Wahl unterschiedlich ist
und die WählerInnen von Wahl zu Wahl unterscheiden.
33
Gespräch mit Michael Rosecker, s. Anhang
13
Die ÖVP beurteilt Negative Campaigning also prinzipiell positiver als die SPÖ und geht von keinen
negativen Effekten aus. Während die SPÖ klare Effekte auf die Wahlbeteiligung sieht, verortet die
ÖVP entscheidende Determinanten mehr bei der Wahrnehmung der Bevölkerung selbst und bei
Effekten der Dramatisierung (Kopf an Kopf). Langfristige Effekte der Demobilisierung oder
Mobilisierung werden negiert. Gleichzeitig wird aber auch von Seiten der ÖVP die Abhängigkeit von
der spezifischen Situation betont. Aussagen zur Wirkung von Negative Campaigning lassen sich in
ihren Augen nur im Kontext einer bestimmten Wahl machen.
Bei einem Vergleich der Sichtweise der von uns befragten Politiker und der Meinung der
DemoskopInnen zu Negative Campaigning und Wahlbeteiligung fallen vor allem die Aussagen der
ÖVP aus dem Rahmen. Sie vertritt die alleinige Meinung, dass Negative Campaigning weder kurznoch langfristige Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung habe und stellt daher auch keine
Überlegungen zu eventuellen demokratiepolitischen Konsequenzen von sinkender Wahlbeteiligung an.
4.3. Rahmenbedingungen von Negative Campaigning und Auswirkungen auf die
Wahlbeteiligung
„Der Zusammenbruch linker Illusion, der Siegeszug der Postmoderne und die im Wertewandelprozeß
die alten ideologischen Schalen abwerfende Wohlstandsgesellschaft mit ihren patchworkartigen IchIdentitäten sowie die Mediengesellschaft ließen die traditionellen Muster der politischen
Konfrontation zugunsten einer weitgehenden Amerikanisierung der Kampagnen verblassen. Die
gesellschaftliche Wandlungsdynamik mit ihren in der Trendforschung diagnostizierten Parameter der
Individualisierung, Technologisierung und fragmentierten Identitäten erforderte einen grundlegenden
Wandel der politischen Kommunikation und Kampagnen, die sich zunehmend an den
medienzentrierten amerikanischen Strategien orientierten.“34
Wenn man sich mit einem Phänomen wie Negative Campaigning beschäftigt, ist es unerlässlich, auch
die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Veränderungen genauer zu betrachten, innerhalb derer
Wahlkämpfe stattfinden. Dazu gehören natürlich kurzfristige, von Wahlkampf zu Wahlkampf
unterschiedliche Vorraussetzungen oder Faktoren wie Regierungskonstellationen oder
Kräfteverhältnisse. Darüber hinaus weist die österreichische politische Kultur einige strukturelle
Charakteristika auf, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Wahlkampfpraktiken und den Einsatz
von Negative Campaigning auswirken. Umstände und Veränderungen im österreichischen politischen
und gesellschaftlichen System, die zum Teil bereits in den ExpertInneninterviews angesprochen
wurden und Voraussetzungen für den Einsatz von Negative Campaigning wie wir es heute erleben
sind, sollen deshalb im Folgenden kurz umrissen werden.
4.3.1. Veränderungen im österreichischen politischen System
Charakteristikum des österreichischen politischen Systems war bis vor kurzem eine sehr ausgeprägte
Konsensdemokratie mit starker Lagerbindung, Parteienloyalität und einer hohen Zahl an
34
Kriechbaumer, Robert / Oswald Panagl (Hg) (2002). Wahlkämpfe: Sprache und Politik, Wien, Köln, Weimar, S.10
14
StammwählerInnen. In einer Konsensdemokratie kann sich ein zu starker Einsatz von Negative
Campaigning einschränkend auf mögliche oder bisher übliche Koalitionsvariationen auswirken. Ein zu
negativ geführter Wahlkampf kann z.B. eine/n politische/n MitbewerberIn als Koalitionspartner
ausscheiden lassen. Dementsprechend wird in Konsensdemokratien Negative Campaigning eher
zurückhaltend eingesetzt. Konsensdemokratien zeichnen sich auch durch die Tendenz der
Bevölkerung zu Konsensbereitschaft aus (z.B. Zustimmung der ÖsterreicherInnen zur Großen
Koalition), ein Einsatz von Negative Campaigning hätte eventuell ein größeres Risiko zur Folge, da
ein möglicher Backlash-Effekt stärker ausfallen könnte.35
In den letzten ca. 20 Jahren kam es nun zu einer massiven Erosion genau dieser Konsensdemokratie,
die Lagerbindung nimmt immer mehr ab, es gibt einen Trend zum Dealignment.36 (Siehe dazu Abb. 1)
Dies hat natürlich enorme Auswirkungen auf das österreichische politische System, was man unter
anderem an dem Aufschwung kleinerer Parteien neben den großen Parteien, sprich also der Grünen,
der FPÖ und des Liberalen Forums sehen kann, aber auch an der allgemein feststellbaren Mittetendenz
der Großparteien, schwindenden Parteimitgliederzahlen, etc.
In Gesellschaften mit traditionell hoher Wahlbeteiligung wie in Österreich, wo die Teilnahme an
Wahlen als bürgerliche Pflicht angesehen wird müssen Parteien versuchen, eine möglichst große,
heterogene Zielgruppe anzusprechen. In Gesellschaften mit niedriger Wahlbeteiligung, können
Botschaften speziell an gewisse WählerInnenschichten gerichtet werden, andere WählerInnengruppen
werden wiederum gar nicht angesprochen, bzw. vernachlässigt.37 Diese Botschaften können in
zweiterem Szenario durchaus eng definiert sein, bei einem Einsatz von Negative Campaigning in
Gesellschaften mit niedriger Wahlbeteiligung ist auch nicht zu befürchten, dass ein Backlash-Effekt
allzu stark ausfallen würde. Grundsätzlich bietet sich der Einsatz von Negative Campaigning demnach
vor allem bei niedriger Wahlbeteiligung an, da die von den Parteien erwünschte Wirkung leichter zu
erzielen ist und unbeabsichtigte Nebeneffekte mit geringerer Wahrscheinlichkeit auftreten. Die
sinkende Wahlbeteiligung in Österreich ist dem verstärkten Einsatz von Negative Campaigning also
förderlich
Gesellschaftlich gesehen gibt es auch in Österreich Veränderungen, die zugleich in anderen Ländern
beobachtbar sind, einem gewissen Trend folgend, den viele AutorInnen als Individualisierung
bezeichnen. AutorInnen, die in diesem Rahmen zu nennen wären, sind unter anderem Ulrich Beck und
Jürgen Habermas.38 Selbstverwirklichung, „… Selbstverantwortung, Selbstorganisation, [und]
35
Vgl. Filzmaier, Peter. Wahlen und poltischer Wettbewerb in der Mediengesellschaft.
http://www.demokratiezentrum.org/pdfs/filzmaier_pb21.pdf (04.12.2004)
36
Vgl. Pelinka, Anton / Sieglinde Rosenberger (2000). Österreichische Politik: Grundlagen – Strukturen – Trends, Wien,
S.160ff.
37
Vgl. Plasser, Fritz (2003). Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten
Vergleich, Wien, S.116
38
Vgl. z.B. Beck, Ulrich (Hg) (1997). Riskante Freiheiten, Frankfurt am Main.
15
Selbstpolitik…“39 treten an Stelle der klassischen gesellschaftsformenden Paradigmen, an Hand derer
sich ein in eine Gesellschaft versetztes Individuum in der Gestaltung seines Lebens, ob nun auf
privater, beruflicher oder sozialer Ebene, orientiert. Somit werden Dinge wie Klassen und an
bestimmte Klassen gebundene Parteien (wie z.B. Arbeiterparteien) obsolet, da sie nicht mehr
identitätsstiftend wirken. Das wiederum hat Konsequenzen auch für österreichische Parteien.
Als Antwort auf diese gesellschaftlichen Veränderungen seitens der Parteien könnten Strategien wie
Personalisierung, eine starke Tendenz zu QuereinsteigerInnen, etc. gewertet werden, was wiederum
Auswirkungen auf die Anwendung von Wahlkampfstrategien wie Negative Campaigning hat.40
Die hier in aller Kürze angeführten Veränderungsprozesse, also Erosion der Konsensdemokratie,
sinkende Wahlbeteiligung, Individualisierung und Flexibilisierung, die gerade auch in Österreich zu
beobachten sind, sind unerlässlich wenn man versucht, sich dem Thema Negative Campaigning
anzunähern. Sie haben die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Österreich so
verändert, dass sie den Einsatz einer Wahlkampfstrategie wie Negative Campaigning fördern.
Zusätzlich stellt die Abnahme der Parteienbindung eine wichtige Voraussetzung für deren Wirkung
dar, nicht zuletzt auch in Bezug auf die Wahlbeteiligung.
4.3.2. Massenmedien, Politik und Negative Campaigning
Der gesellschaftliche Transformationsprozess verändert auch die Rolle der Medien in Österreich,
besonders des Fernsehens, unter anderem auch in Wahlkämpfen. So nimmt der Prozentsatz an
Personen, die als ihre primäre Informationsquelle das Fernsehen angeben, stetig zu. Auch das
Vertrauen in die Fernsehberichterstattung ist ungemein hoch. (Vgl. Abb.2 & 3)41 Die Medien werden
zu eigenständigen Akteuren. In weiterer Folge entwickeln sie Eigeninteressen, sind aber auch ganz
speziellen Gesetzlichkeiten unterworfen, wie z.B. Personenzentrierung, Schwerpunktsetzung auf
Konflikte und negative Nachrichten. Das wiederum veranlasst die Parteien dazu, zu versuchen,
ihrerseits wiederum die Medien zu instrumentalisieren, dies z.B. durch „Ereignismanagement“ oder
„Impression-Management“.42 Ein Mittel, um genau dieses Ziel zu erreichen, ist Negative
Campaigning.43
„Amerikanisierung“ ist der Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger verwendet wird, wenn es
um die Inszenierung von Politik in den Medien geht. Tatsächlich treten beide Gruppen, sowohl
PolitikerInnen als auch die Medien und ihre VertreterInnen, in ein intensives Austauschverhältnis, das
39
Ebd., S. 21
Vgl. Ulram, Peter (2002). Die Parteien in der medialen Wahlkampfarena, in: Kriechbaumer, Robert / Oswald Panagl (Hg):
Wahlkämpfe: Sprache und Politik, Wien, Köln, Weimar, S. 117
41
s. Anhang
42
Ebd., S.121
43
Wobei einige WissenschafterInnen die Ansicht vertreten, dass die spezifische Medienlandschaft in Österreich, sprich ein de
facto Monopol des ORF, eher dazu beiträgt, dass die Strategie des NC sehr riskant sei, da eine Diskreditierung des/der
InitiatorIn wahrscheinlich ist. Vgl. Filzmaier: Wahlen und poltischer Wettbewerb in der Mediengesellschaft, a.a.O., S. 8.
40
16
zahlreiche Interdependenzen schafft. Dies war nicht immer so. Bis Ende der 80er Jahre existierten
Politik und Medien quasi unabhängig voneinander. Vernetzungen und symbiotische Strukturen
bestanden damals kaum. Eine Ausnahme bildeten die vom ORF bereits 1970 – und damit früher als in
den meisten anderen europäischen Ländern – ausgetragenen TV-Duelle der SpitzenkandidatInnen.
Ab den 90er Jahren kommt es schließlich zu einer zunehmenden wahlkampfspezifischen
Transformation politischer Inhalte in den Medien. Dies geschieht durch immer neue mediale Formate
wie zum Beispiel die ab 1994 eingeführten runden Tische. Im Rahmen dieser Transformation erfolgt
auch eine zunehmende Anpassung von Wahlkämpfen an das Prinzip der Medienlogik.44 Andreas
Dörner spricht in diesem Zusammenhang von Amerikanisierung und „Entertainisierung“ der Politik
sowie vom „permanenten Wahlkampf“, was mit einer permanenten politischen (Wahlkampf-)Berichterstattung durch die Medien korrespondiert.
Die Berichterstattung wird im Rahmen der Unterhaltungskultur in der Spaß- und Konsumgesellschaft
zu Politainment transformiert. Hiervon profitieren sowohl die Medien, als auch die Politik. Erstere
können politische Berichte in ein meist unterhaltsameres Format bringen und damit Nachteile der
sonst eher trockenen politischen Berichterstattung in Punkto ZuschauerInnenquoten ausgleichen. Die
PolitikerInnen wiederum erhalten eine Plattform zur Selbstdarstellung und – Inszenierung, die eine
traumhafte Breitenwirkung auf die WählerInnenschaft ermöglicht, welche zunehmend durch
rückgehende Parteibindungen und damit durch eine steigende Abhängigkeit von politischer
Information gekennzeichnet ist.45
Die Darstellung von PolitikerInnen als „hyperreale Medienfiguren“ geht freilich über die bloße
Wahlkampfberichterstattung in Nachrichtensendungen und Zeitschriften hinaus. Sie erstreckt sich in
alle Bereiche der Medienrealität, die somit politische Realität schafft. Besonders erwähnenswert
scheint an dieser Stelle die „symbiotische Struktur des Politainment“46 in Punkto der Vernetzung von
Massenmedien und Politik. Christian Steininger weist in diesem Zusammenhang die Dependenzen
noch klarer zu, indem er konstatiert, dass „Infotainment (der Medien) ohne seine Entsprechung auf der
politischen Seite, die man vielleicht Politainment nennen könnte, gar nicht möglich wäre“.47
„Fest steht, dass sich Wahlkämpfe auch in Österreich längst zu Medien- und Fernsehwahlkämpfen
entwickelt haben. Der politische Wettbewerb hat sich einer massenmedialen Inszenierung mit all ihren
Anforderungen untergeordnet.“48
44
Vgl. Wochesländer, Jutta (2002). Die Rolle der Medien bei den Nationalratswahlen der zweiten Republik – Ein
historischer Längsschnitt vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels, Wien, S.295
45
Vgl. Dörner, Andreas (2001). Politainment – Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft, Frankfurt am Main, S.112f.
46
Ebd., S.131
47
Steininger, Christian (1998). Zur politischen Ökonomie der Medien: eine Untersuchung am Beispiel des dualen
Rundfunksystems, Wien, S.92
48
Wochesländer: Die Rolle der Medien, a.a.O., S.384
17
4.3.3. Dethematisierung und Zunahme von Metathemen
In den letzten Jahren ist im Rahmen der politischen Kommunikation – damit sind sowohl die
vermittelten Botschaften der Medien, als auch die beabsichtigten Botschaften der PolitikerInnen
gemeint – ein zunehmender Trend zu Dethematisierung und Personalisierung zu beobachten. Diese
beiden Phänomene sind neben Negativismen und Dramatisierung konkrete Ausprägungen einer oft als
„Amerikanisierung“ von Wahlkämpfen bezeichneten Entwicklung. Diese Entwicklung wirkt sich
konkret auf die Kampagnengestaltung von Parteien aus und grenzt damit an das Interessenfeld dieser
Arbeit. Sowohl das Feld der Dethematisierung als auch jenes der Personalisierung legen einen
Zusammenhang mit der Praxis und den Effekten von Negative Campaigning nahe.
Der Anteil von policy-issues, also direkt mit der politischen Agenda und den programmatischen
Absichten der einzelnen politischen AkteurInnen verbundenen Themen in der Wahlkampfberichterstattung, ist seit Jahren rückläufig. Diesen Entwicklungen tragen die Parteien insofern Rechnung, als
dass sie ihre politischen Programme wie auch die Wahlkampagnen auf diese Medienlogik ausrichten.
Im ORF (ZIB) befasste sich im Nationalratswahlkampf 2002 nur ein Anteil von 28,8% der
Berichterstattung mit policy-issues. Die übrigen 71,2% entfielen auf so genannte meta-issues.
Hierunter nahm die Wahlkampfdramatik einen besonders großen Stellenwert ein. Wahlkampftouren,
Auftaktveranstaltungen, Personalrochaden, neue ExpertInnen als potenzielle AnwärterInnen für
Ministerialposten, Polemiken einzelner PolitikerInnen, Umfragen, deren Kommentierung und die
vielbeachteten TV-Duelle49 bildeten den Schwerpunkt. Es handelt sich dabei um „campaign-issues“.
Die Kampagnen der einzelnen Parteien lukrierten also wesentlich mehr Aufmerksamkeit der Medien,
als deren politische Inhalte.
Als weitere Schwerpunkte der Berichterstattung machen Fritz Plasser und Peter Ulram „political
issues“ und „personal issues“ aus.50 Erstere beinhalten im Wesentlichen Diskussionen über politische
Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Koalitionsfrage (Rot-Grün vs. Schwarz-Blau) oder die
internen Auflösungserscheinungen in der FPÖ. Beispiele für „personal issues“ sind wiederum die
persönlichen Befindlichkeiten einzelner PolitikerInnen. Hierunter fielen beispielsweise das scheinbar
schlechte Image des SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer oder die gesundheitlichen Probleme des
Kurzzeit-FPÖ-Obmanns Reichhold.
In den Printmedien waren tatsächliche politische Agenden dabei mit 37,3% um einiges stärker
vertreten, als in der Fernsehberichterstattung. Plasser und Ulram stellen zwischen den Wahlkämpfen
von 1995 und 2002 eine annähernde Verdopplung der „meta-issues“ fest.51 Das ist ein eindeutiger
49
Vgl. Pallaver, Günther / Clemens Pig. Medienzentrierter Wahlkampf: Themen und Kandidaten in der
Wahlkampfberichterstattung 2002. In: Plasser, Fritz / Peter A. Ulram (Hg.) (2003). Wahlverhalten in Bewegung – Analysen
zur Nationalratswahl 2002, Wien, S.62
50
Ebd., S.62
51
Ebd., S.63
18
Trend zur Dethematisierung in der politischen Berichterstattung, sowohl in den Print- als auch in den
TV-Medien.
Hinzu kommt, dass eine kontinuierliche Reduktion komplexer Fragestellungen auf einige wenige
Teilbereiche vorherrscht. Die Herstellung von Zusammenhängen und damit ein zumindest ansatzweise
ausgeprägtes Verständnis komplexer politischer Agenden wird somit erschwert, wenn nicht gar
unmöglich gemacht. Inhaltsbezogene Diskussionen und Positionierungen treten in den Hintergrund.
Stattdessen werden Betrachtungen taktischer Aspekte des Wahlkampfes und die Leistungen einzelner
PolitikerInnen – beispielsweise in TV-Konfrontationen – in den Vordergrund gerückt.52 Diese
Entwicklung betrifft nach den Ergebnissen, zu denen Karl Leitner in seiner Diplomarbeit kommt, das
Fernsehen wie auch alle Printmedien, also Qualitäts- und Boulevardblätter.53
Abschließend seien hier nochmals zwei Einzelentwicklungen zu erwähnen, die im Rahmen einer
Dethematisierung in der Wahlkampfberichterstattung stattfinden. So ist die „Diskussion der
Diskussionen“ nach den TV-Duellen zu einer Art Volkssport in Österreich geworden. Sowohl im
Fernsehen als auch in den Printmedien – hier übrigens ganz besonders – wird nach jeder
Konfrontation kommentiert, diskutiert und gemutmaßt, welche/r KandidatIn denn nun die bessere
Figur machte, die besseren Argumente hatte etc. Die diesbezügliche Diskussionsfreudigkeit über
„meta issues“ war besonders in den elektronischen Foren der Onlinepräsenzen der großen
Medienanbieter gut zu beobachten.
Einen weiteren wichtigen Punkt, der die Dethematisierung in der Wahlkampfberichterstattung deutlich
offen legt, ist der so genannte „Horserace Journalismus“. Diese Art der politischen Berichterstattung
hat sich nicht nur in den USA „nachweisbar stark vermehrt“.54 Der Journalismus des „Kopf an Kopf“55
stellt in sehr starkem Maß die Interpretation und Dramatisierung eines Wahlkampfes in den
Vordergrund. Auch hier rücken Inhalte in den Hintergrund, es geht nur noch um die momentane
Position der Parteien im Kampf um die WählerInnengunst. Negative Campaigning wird hierfür in
immer stärkerem Maße eingesetzt.
4.3.4. Personalisierung
Die intensive Darstellung des „Kopf an Kopf“ bewirkt weiterhin ein gesteigertes Interesse an den
Personen (den „Köpfen“). Diese werden durch die Art der medialen Berichterstattung automatisch und
52
Vgl. Leitner, Karl (1996). Personalisierung, Dethematisierung, Negativismus: Die „Amerikanisierung“ der
Wahlberichterstattung in den österreichischen Medien – Ein Vergleich zwischen Boulevard- und Qualitätsjournalismus am
Beispiel der beiden Tageszeitungen die Presse und Kleine Zeitung, Wien, S.37
53
Ebd., S.105f.
54
Brettschneider, Rudolf. In: Busek, Erhard/ Clemens Hüffel (Hg.) (1998). Politik am Gängelband der Medien – Experten
untersuchen die vielfältigen Zusammenhänge, Verknüpfungen und Gegensätze zwischen den Massenmedien und der Politik
unseres Landes, Wien, S.52
55
Rosenberger, Sieglinde K. / Gilg Seeber (2003). Kopf an Kopf – Meinungsforschung im Medienwahlkampf, Wien.
19
andauernd öffentlich eingestuft, beziehungsweise „gerankt“. Analog zur Dethematisierung sinkt mit
steigendem Interesse an den Personen und ihrem Status im ständig wechselnden Wahlkampfgefüge
das Interesse an den Sachthemen, Inhalten und Ideologien, die hinter diesen stehen. Dabei ist die
Personalisierung eine generelle Entwicklung, die vor allem dem Bedeutungszuwachs der Bildmedien
zuzuschreiben ist. Diese Personalisierung tritt nun aber im Rahmen des „Horserace Journalismus“
auch zunehmend in den Printmedien zu Tage.56 Folglich hat sich der diesbezüglich schon seit
längerem ausgemachte Trend zur „Amerikanisierung“ erstens verstärkt und zweitens auch auf die
Printmedien ausgeweitet.
Da die WählerInnenlandschaft sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten teils dramatisch verändert
hat und die ehemals festen Parteibindungen großer Teile der Gesellschaft sich in einem fortlaufenden
Auflösungsprozess befinden, wird diese Entwicklung noch verstärkt.57 Die Parteien müssen vor dem
Hintergrund besagter Entwicklungen wieder stärker um Stimmen werben. Sie müssen dies in einer
Gesellschaft tun, in der das effizienteste Mittel zur flächenwirksamen Botschaftsvermittlung die
Massenmedien sind. Dies resultiert unter anderem im Entstehen eines „permanenten Wahlkampfes“58,
der sich in der Zeit kurz vor Wahlentscheidungen nur noch mehr zuspitzt. Das Instrument dieser
andauernden Präsenz ist letztendlich die zunehmende Personalisierung von Politik, die sich dann eben
auch in den Massenmedien widerspiegelt. Hier konkurrieren politische Beiträge mit den gängigen
Unterhaltungsformaten. PolitikerInnen werden also bereitwillig zu „hyperrealen Medienfiguren“59
stilisiert.
Dabei sollte angemerkt werden, dass diese Entwicklung zwar in Österreich als Tendenz vorherrscht,
aber nicht so stark im Vordergrund steht wie beispielsweise in Deutschland (Auftritte in Daily-Soaps
etc.) oder Amerika. Dennoch haben sich auf Grund der Medienberichterstattung „noch niemals so
viele Wahlberechtigte mit den Spitzenpolitiker(Inne)n bekannt gefühlt wie heute“.60 Dies wiederum ist
für personenbezogenes Negative Campaigning förderlich.
4.3.5. Die Rolle von Wahlkämpfen
Um Aussagen zu eventuellen Auswirkungen von Negative Campaigning auf die Wahlbeteiligung
machen zu können ist es wichtig, die Rolle von Wahlkämpfen im Allgemeinen in die Überlegungen
mit einzubeziehen. Inwiefern beeinflussen Wahlkampagnen die Wahlbeteiligung und welche Rolle
kann Negative Campaigning als einer von vielen integralen Bestandteilen eines Wahlkampfes
schlussendlich noch spielen?
56
Vgl. Ebd., S.81
Vgl. Döner: Politainment, a.a.O., S.112
58
Ebd.
59
Ebd., S.119
60
Wochesländer: Die Rolle der Medien, a.a.O., S.296
57
20
Lange Zeit war die vorherrschende wissenschaftliche Meinung, dass Wahlkampagnen lediglich einen
minimalen Einfluss auf die WählerInnen ausüben.61 In der aktuellen Literatur wird den Kampagnen
jedoch immer mehr Einfluss sowohl für die Wahlentscheidung, als auch für die Entscheidung, an der
Wahl teilzunehmen, zugesprochen. Zu einem Teil ist dies sicherlich darauf zurückzuführen, dass durch
neue mediale Möglichkeiten Wahlwerbung einen immer größeren Teil der Bevölkerung erreicht und
somit auch immer mehr Menschen beeinflussen kann. Zusätzlich findet die Wissenschaft bessere und
genauere Methoden, mit deren Hilfe sie die erzielten Effekte auch messen und nachweisen kann.
Wie sehen die konkreten Schlüsse aus, die WissenschafterInnen hinsichtlich des Einflusses von
Wahlkampagnen auf die Wahlbeteiligung ziehen? Die vorherrschende Meinung ist, dass
Wahlkampagnen vor allem jene Menschen ansprechen und beeinflussen, die im Vorfeld der Wahl
grundsätzlich nicht die Absicht haben, wählen zu gehen. Sie können durch die Kampagne zur
Teilnahme an der Wahl stimuliert werden. Jene Menschen, die bereits vor Beginn der Kampagne die
Absicht haben, wählen zu gehen, würden jedoch in einem weit geringeren Ausmaß durch diese
beeinflusst werden.
“It seems indeed true […], that mobilization efforts have only a marginal influence on those already
planning to vote. […] intended nonvoters are in fact exposed to campaign mobilization efforts and,
more importantly, those efforts are effective. In other words, campaigns have the strongest influence
among those who have the greatest potential for information gain. Exposure to campaign advertising
and personal vote persuasion have a positive, statistically and substantively significant effect on
turnout intention among those initially not planning to vote.”62
Hauptgrund für die durch Kampagnen hervorgerufene höhere Bereitschaft zur Partizipation ist die
Information, die den potentiellen WählerInnen dadurch vermittelt wird. Kampagnen helfen ihnen
dabei, ihre Wahlentscheidung zu treffen und führen in weiterer Folge dazu, dass sie an der Wahl auch
teilnehmen. Die sonst aufwendige Informationsbeschaffung wird durch die kurzen, einfachen
Botschaften der Wahlkampagne erleichtert.
“…political advertising has the potential to bring about a more attentive, more informed, and more
participatory citizenry. […] exposure to campaign advertising can produce citizens who are more interested
in a given election, have more to say about the candidates, are more familiar with who is running, and are
ultimately more likely to vote.”63
Trotz dieser recht eindeutigen Ergebnisse bezüglich des positiven Einflusses von Wahlkampagnen auf
die Wahlbeteiligung ist es wichtig, deren Ausmaß nicht zu überschätzen. Die Bereitschaft, wählen zu
gehen, wird zusätzlich durch so viele weitere Faktoren wie Bildung, Parteienbindung, Interesse am
politischen Prozess,... beeinflusst, dass im Vergleich dazu der Einfluss der Kampagnen gering ausfällt.
61
Vgl. Holbrook, Thomas M. (2002). Did the Whistle-Stop Campaign Matter? In: PSOnline, März 2002, S.59.
http://apsanet.org (05.02.2005)
62
Hillygus. Campaign Effects and the Dynamics of Turnout Intention, a.a.O., S.19
63
Freedman, Paul / Michael Franz / Kenneth Goldstein (2004). Campaign Advertising and Democratic Citizenship. In:
American Journal of Political Science, Vol. 48, No. 4, S. 723
21
“To be sure, these effects are relatively modest, particularly when compared with the impact of factors such
as education, strength of partisanship, and mobilization, but they remain significant.”64
Welche Schlüsse können wir nun aus der Wirkung von Wahlkampagnen im Allgemeinen für unsere
Fragestellung bezüglich Negative Campaigning ziehen? Der signifikante jedoch geringe Einfluss, den
Wahlkämpfe auf die Entscheidung zur Wahl zu gehen ausüben legt nahe, die Wirkung, die Negative
Campaigning dabei haben kann, nicht zu überschätzen. Selbst wenn, wie wir bereits gezeigt haben,
negative Wahlkämpfe stärkere Mobilisierungs- oder Demobilisierungseffekte bewirken können, als
positive.
"Negative Informationen wiegen [...] weitaus schwerer, als positive, das heißt sie sind stärker dazu in
der Lage, bereits bestehende Einstellungen des Wählers zu ändern..."65
4.3.6. Reaktionen auf Negative Campaigning66
Der Erfolg einer Partei im Wahlkampf hängt mitunter auch davon ab, auf welche Art und Weise sie
auf Negative Campaigning reagiert. In diesem Zusammenhang gibt es mehrere Möglichkeiten, die
man in zumindest zwei Bereiche aufteilen kann - in präventive und defensive Maßnahmen.
Präventive Maßnahmen
Um sich ein Bild des politischen Gegners zu machen, verwenden Parteien vor allem seit den 80er
Jahren die Strategie des Opposition Research. Unter Opposition Research versteht man vor allem das
Analysieren des Gegners, es wird Material in großen Mengen gesammelt, welches hauptsächlich aus
den Medien, politischen Reden, Debatten, etc. entnommen wird. Diese Strategie ermöglicht nicht nur
Angriffspunkte zu finden, die ein Agieren und eventuelles promptes Reagieren zulassen sollen,
sondern auch eine gezielte Vorbereitung auf die Angriffstrategie des Angreifers/der Angreiferin.
Beispiel für solch einen Ansatz wäre die Strategie der Grünen, die ein Negative Campaigning ihrer
Partei gegenüber vorhergesehen hatten. Aus Umfragergebnisse war ersichtlich, dass ihnen der
Vorwurf gemacht werden könnte, abgesehen von ihrem Spitzenpolitiker Van der Bellen verfüge die
Partei über keine vernünftigen PolitikerInnen. Als Vorbeugung wurden nun auch andere grüne
PolitikerInnen in Spitzenpositionen gebracht und als solche der Öffentlichkeit präsentiert.67
Erscheint es wahrscheinlich, dass ein Angriff eines/einer politischen KontrahentIn bevorsteht, so ist
eine äußerst seltene, aber trotzdem gebräuchliche Vorgehensweise, die der Selbstkritik. Unter
Zuhilfenahme dieser Strategie wird versucht, sich selbst im Bewusstsein der WählerInnen zu
definieren, bevor es der/die GegnerIn tut. Zudem werden dem politischen Mitbewerber Angriffspunkte
64
Ebd., S.734
Kaltenthaler. Das Geheimnis des Wahlerfolgs, a.a.O., S.79
66
zu den folgenden Absätzen Vgl. Schlager, a.a.O., S.27ff. sowie Pichl, Elmar. Negative Campaigning. Überleben im
zweitältesten Gewerber der Welt. In: politik&kommunikation, 19, S. 60-64.
http://www.politik-kommunikation.de/pdf/ausgaben/19_60negativecampaigning.pdf (05.02.2005)
67
Vgl. Gespräch mit Imma Palme, s. Anhang
65
22
genommen. WahlkampfstrategInnen empfehlen eine solche Strategie jedoch eher nur bei heikleren
Themen, da durch eine häufige Selbstkritik das Image der Partei Schaden nehmen könnte.
Eine weitere wirkungsvolle präventive Maßnahme ist jene der frühzeitigen eigenen Attacke, um
den/die GegnerIn in die Defensive zu drängen und ihn/sie im Bewusstsein der WählerInnen so zu
definieren, wie man es als Widerpart für günstig erachtet. (vgl. Selbstkritik)
Defensive Maßnahmen
Einen ähnlichen Effekt wie die Strategie der Selbstkritik sollen diverse Entschuldigungsstrategien
hervorrufen. Eingeständnisse können sich durchaus positiv auf die Glaubwürdigkeit auswirken,
verbunden mit dem Hinweis auf große Leistungen hat eine solche Vorgangsweise durchaus Erfolg.
Eine manchmal beobachtbare Reaktion auf Negative Campaigning stellt die Strategie des Ignorierens
dar. Sie kommt eher selten vor, da sie das Risiko mit sich bringt, mangelnden Kampfgeist zu
signalisieren, oder durch die “Nichtreaktion” überhaupt ein Schuldeingeständnis vermitteln könnte.
Der Hauptgrund für diese Vorgehensweise ist, dass die Attacke dem/der AbsenderIn mehr schadet als
hilft. Der/die AngreiferIn könnte z.B. als besonders aggressiv empfunden werden, oder die Vorwürfe
würden den WählerInnen als besonders unglaubwürdig erscheinen, was wiederum ein negatives Bild
auf den/die AngreiferIn werfen könnte. In der Sozialwissenschaft wird dies als “Backlash-Effekt”
bezeichnet. Vor allem von der Bevölkerung hoch eingeschätzte Personen (wie z.B. der
Bundespräsident) sind schwer angreifbar, potentielle AngreiferInnen müssen mit einem BacklashEffekt rechnen.
Gegenattacken werden hauptsächlich aus einem Grund durchgeführt, nämlich um nicht auf die
Attacke des/der GegnerIn eingehen zu müssen und seinerseits offensiv reagieren zu können. Erfolgt
eine Reaktion schnell und in Form eines Gegenangriffes, so wird sie generell als effektive Strategie
angesehen. Manche AutorInnen sprechen sogar von der einzigen richtigen Verteidigung. Sie meinen,
dass eine Nichtreaktion nur Schwäche signalisieren würde.
Der wahrscheinlich gefährlichste Weg zur Bekämpfung von Negative Campaigning dürfte das Reframing des Vorwurfs sein. Unter diesem Begriff wird die Neubewertung eines Vorwurfs verstanden,
der Versuch, den Vorwurf in einen neuen, positiven Rahmen zu betten, wobei ein hohes Maß an
Kreativität von Nöten ist. Dies ist ein äußerst schwieriges Unterfangen, das auch oft fehlschlägt.68
68
Vgl. Pichl, Elmar. Negative Campaigning. Überleben im zweitältesten Gewerber der Welt. In: politik&kommunikation, 19,
S.64. http://www.politik-kommunikation.de/pdf/ausgaben/19_60negativecampaigning.pdf (05.02.2005)
23
4.3.7. Negative Campaigning, Wahlbeteiligung und Gender
Obwohl in der Politikwissenschaft die Gender-Forschung mittlerweile ein wesentlicher Schwerpunkt
geworden ist, kann das Gebiet im Bereich des Negative Campaigning als unterrepräsentiert angesehen
werden. Vielleicht aufgrund der erst am Beginn stehenden Forschung ist geschlechtervergleichende
Auseinandersetzung mit Wahlnegativismen bisher von kaum europäischen PolitologInnen behandelt
worden. Einige deutsche Universitäten haben sich dem Thema in jüngster Zeit zwar angenommen,
konkrete Ergebnisse stehen jedoch noch aus. Anders sieht es in den USA aus. Für US-Wahlkämpfe
gibt es bereits umfangreiche Literatur zu genderspezifischem Negative Campaigning.69
Die zentrale Frage hinter dem Gender Aspekt betrifft die Auffassung von Negative Campaigning bei
Frauen und Männern. Gibt es Unterschiede, so müssen sich die politischen Parteien darauf einstellen,
dass sie mit ein und derselben Kampagne gegen ihre OpponentInnen nicht nur mobilisieren oder
demobilisieren können, sondern sie müssen auch abschätzen, ob einer gewissen Anzahl an
gewonnenen Stimmen des einen Geschlechts nicht mehr Stimmenverluste beim anderen
entgegenstehen.
In den USA scheinen Kampagnen, die den politischen Gegner denunzieren den Parteien zu helfen,
auch bei Frauen einen positiven Effekt zu erzielen. Die beiden Professoren Dr. Jon R. Taylor und Dr.
Jean- Philippe Faletta des politikwissenschaftlichen Instituts der University of St. Thomas haben bei
ihrer Analyse der Präsidentenwahlen 2004 errechnet, dass die Zielgruppe der Frauen auch durch die
negative Sicherheitskampagne gegen den demokratischen Herausforderer John Kerry (ihm wurde
vorgeworfen, ein Schwächling im Umgang mit Terroristen zu sein) einen Trendwandel im
Wahlverhalten weiblicher US-Bürgerinnen bewirkte. Konnte Al Gore in der vorangegangenen Wahl
noch 54% der Frauen ansprechen (gegenüber 43% bei Bush) waren es bei Kerry nur mehr 47% der
Frauen (gegenüber 52% bei Bush), die den demokratischen Kandidaten wählten.70
Da es für Österreich praktisch keine Literatur gibt, die sich im Besonderen mit dem Geschlechterunterschied im Bezug auf Negative Campaigning beschäftigt, waren unsere wichtigsten Quellen im
Bereich Gender die Interviews mit den ExpertInnen, die wir alle speziell auf das Thema ansprachen.
Die meisten GesprächspartnerInnen waren der Meinung, dass es Gender-Unterschiede in der
Wahrnehmung von und der Reaktion auf Negative Campaigning gibt. Mag. Hofinger z.B. vertrat die
Hypothese, dass Frauen tendenziell negativer auf hohes Aggressionspotential ansprechen, als Männer.
So sei etwa der Anteil männlicher Wähler bei rechtspopulistischen bzw. rechtsradikalen Parteien
ungleich höher, als der weibliche Anteil.71
69
Vgl. hierzu etwa eine Literaturliste der Wake Forest University of North Carolina
http://www.wfu.edu/~louden/Political%20Communication/Bibs/Womeninpolitics.html (05.02.2005)
70
Vgl. hierzu die Homepage des Departments of political science der University of St. Thomas.
http://www.stthom.edu/political/ (05.02.2005)
71
Vgl. Gespräch mit Christoph Hofinger, s. Anhang
24
Mag. Hofinger wie auch Dr. Rosecker stimmten darin überein, dass ab einem gewissen Niveau des
Aggressionspotentials Frauen Negative Campaigning nicht mehr als Instrument der Wahlkampfführung akzeptieren würden. Mag. Hofinger ging sogar so weit, die These aufzustellen, dass Frauen
eventuell Negative Campaigning gegen Frauen nicht verzeihen würden.72
Im Bezug auf die oben erwähnten US-Ergebnisse lieferte Mag. Hofinger einen interessanten
Erklärungsversuch für die Tatsache, dass Bush so viele weibliche Wählerinnen durch die negative
Sicherheitskampagne gegen Kerry gewinnen konnte. Er geht davon aus, dass Frauen sich besser durch
negative issues aus ihrer Umgebung ansprechen lassen würden, also im Fall der USA von den Sorgen
der Mütter um ihre Söhne73. Trotz eines relative hohen Aggressionspotentials könnte man im Fall
dieser Kampagne von einem geglückten Negative Campaigning in dem Segment der Wählerinnen
sprechen.
4.4. Fallbeispiele
Die von uns erstellte Liste mit während der ExpertInnengespräche genannten Beispielen erfolgreichen
bzw. fehlgeschlagenen Negative Campaignings ist, wie zu erwarten war, umfangreich und geht bis in
vorchristliche Zeit zurück.74 Dies führte zur Notwendigkeit, den Interessenshorizont einzuschränken.
Besonderes Augenmerk legten wir daher auf die letzten drei bundesweit durchgeführten Wahlen – jene
zum Nationalrat 2002, zum EU-Parlament 2004, sowie die BundespräsidentInnenwahl 2004.
Nationalratswahlkampf 2002
In den Ausführungen aller befragten InterviewpartnerInnen wurde uns der Nationalratswahlkampf als
jener Wahlkampf präsentiert, in dem die Parteien in bisher kaum gekanntem Ausmaß Negative
Campaigning als Instrument nutzten. Außer Reinhold Lopatka waren sich die ExpertInnen darin einig,
dass die Volkspartei einen gelungenen Negativwahlkampf gegen SPÖ und Grüne führte und außerdem
Negative Campaigning von allen Parteien am professionellsten durchgeführt hat. Die ÖVP führte
einen Wahlkampf, der gegen die Person Gusenbauer und gegen eine Koalition SPÖ-Grüne gerichtet
war. Dabei wurden Vorwürfe vorgebracht, die, und hier stimmte etwa Pichl von der VP-Parteizentrale
zu, sehr weit von der Realität entfernt waren, so z.B. der Vorwurf der Haschtrafiken sowie der
Zwangsvegetarisierung. Weiter im Raum schwebten auch Vorwürfe des „Österreichvernaderns“ und
allgemein des „Unpatriotismus“.75
72
Vgl. Gespräche mit Christoph Hofinger und Michael Rosecker, s. Anhang
die sog. "New Jersey Moms"
74
Vgl. hierzu Liste mit Beispielen im Anhang
75
Vgl. Gespräche mit Imma Palme, Reinhold Lopatka, Christoph Hofinger sowie die Ausführungen von Elmar Pichl im
Rahmen einer Diskussion in der Lehrveranstaltung.
73
25
Ein gutes veranschaulichendes Beispiel für den von der ÖVP geführten Wahlkampf gegen eine RotGrüne Koalition findet sich in der Abb.476. Diese zeigt einen Teil der Wahlkampfhomepage der ÖVP,
der ausschließlich dem Negative Campaigning gegen eine Rot-Grüne Koalition gewidmet ist. Der
Erfolg dieser Wahlkampfstrategie lässt sich möglicherweise in der in Abb.5 abgebildeten Statistik
ablesen. Diese stellt die Motive für eine Stimmenabgabe zu Gunsten der ÖVP dar. Die Ablehnung
einer Rot-Grünen Koalition rangiert an prominenter Stelle. Bei jenen WählerInnen, die nicht zur
StammwählerInnengruppe der ÖVP zählen, war die Ablehnung von Rot-Grün sogar das
meistgenannte Motiv für die Wahlentscheidung. Ein klarer kausaler Zusammenhang zwischen der
Strategie des Negative Campaigning der ÖVP und den Wahlmotiven lässt sich an Hand dieser Tabelle
zwar nicht herstellen, die Vermutung, dass dieses ein wesentlicher Grund für den Wahlerfolg war,
liegt jedoch nahe. Ob diese Strategie jedoch auch einen mobilisierenden Effekt für Menschen, die
sonst nicht zur Wahl gegangen wären hatte, oder Teile der Wählerschaft davon abhielt, zur Wahl zu
gehen, lässt sich aus dieser Statistik nicht ablesen.
EU-Wahlkampf 2004
Im Gegensatz zum Nationalratswahlkampf gab es zum Thema EU-Wahlkampf teilweise
unterschiedliche Stellungnahmen der ExpertInnen. So sprachen Mag. Hofinger und Dr. Rosecker in
diesem Zusammenhang von einem Negativwahlkampf gegen die SPÖ, insbesondere gegen die Person
Hannes Swoboda. Die Erkenntnis, die Hofinger und Rosecker aus der Analyse des für sie
stattgefundenen Negativwahlkampfs der ÖVP gegen Hannes Swoboda gewannen, zeigt ein
eindeutiges Fehlschlagen der Kampagne. Der vorher gesichtslose Spitzenkandidat der SPÖ habe durch
die gegen ihn gerichteten Anschuldigungen eine höhere Popularität erhalten, als das mit SP-eigenen
Imagekampagnen jemals zu schaffen gewesen wäre.
Eine weitere Fraktion, die in dieser Wahl erstmals kandidierte - die Liste Hans-Peter Martin - ist ein
sehr interessantes Beispiel für die Wirkungen, die Negative Campaigning erzielen kann. Hier zeigten
sich eindeutige Mobilisierungseffekte von negativen Botschaften, die in diesem Fall gegen die
Missstände in Institutionen der Europäischen Union gerichtet waren. Dies brachte viele enttäuschte
ehemalige JungwählerInnen der FPÖ zu den Urnen, die ansonsten möglicherweise nicht partizipiert
hätten.77 Das Negative Campaigning Hans-Peter Martins könnte also zu einer Erhöhung der
Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europaparlament beigetragen haben.
Bundespräsidentenwahlkampf 2004
Auch dieser Wahlkampf wurde von den ExpertInnen sehr unterschiedlich analysiert. Mag. Hofinger
meinte wiederholt, es habe kein Negative Campaigning gegeben, ähnlich wie Mag. Hajek, der die
76
77
s. Anhang
Vgl. Filzmaier, Peter / Peter Hajek. Das österreichische Wahljahr 2004. (im Erscheinen), S.11
26
Ansicht vertrat, dass ein Negative Campaigning gegen die Person Heinz Fischer vollkommen
unmöglich für die ÖVP gewesen sei.
"... die ÖVP hat es ja vermieden Heinz Fischer anzugreifen, die haben gwußt, da kommen wir nicht
durch, wir können nur versuchen auf einer sachlichen Ebene, aber bei der Person Heinz Fischer….,
nie..."78
Dahingegen sah dies etwa Dr. Rosecker ganz anders. Er verwies auf den „Spaßfaktor“, auf den die
Negativkampagne der ÖVP gegen Heinz Fischer setzte, etwa eine „roter Heinzi“-Verunglimpfungswebsite aus dem VP-Umfeld. Überdies sei das „Hofbauer Buch“ mit Unwahrheiten aus dem Leben
des Präsidentschaftskandidaten bewusst in der Vorwahlzeit veröffentlicht worden. Die Homepage
würde unter die Kategorie des "soft-sell" Negative Campaigning fallen, das, wie bereits erwähnt, mit
unterhaltsamen Mitteln transportiert wird und von den WählerInnen meist nicht als solches
wahrgenommen wird. Die Frage nach dem Einfluss von Negative Campaigning auf die
Wahlbeteiligung ist im Fall des Wahlkampfs zur BundespräsidentInnenwahl 2004 ist aus diesem
Grund noch schwieriger zu beantworten und erscheint überdies durch die gespaltene Meinung zum
Einsatz von Negative Campaigning als Taktik in diesem Wahlkampf nicht zielführend.
78
Vgl. Gespräch mit Peter Hajek, s. Anhang
27
5. Schlussfolgerungen
5.1. Resumee
Welche Schlüsse können wir nun zu Negative Campaigning und dessen Auswirkungen auf die
Wahlbeteiligung ziehen? Gerade weil, wie im Verlauf der Forschungsarbeit deutlich wurde, die
Wahlbeteiligung und –entscheidung als sehr multikausal anzusehen sind, erschwert dies eine klare
Aussage in Bezug auf die Effekte einer speziellen Wahlkampfstrategie wie Negative Campaigning.
Insbesondere, da die Frage, inwieweit Wahlkampagnen im Allgemeinen überhaupt Einfluss auf die
Wahlbeteiligung haben, ebenfalls nicht eindeutig beantwortet werden kann.
Eine weitere Problematik, mit der wir beim Versuch der Beantwortung unserer Forschungsfrage
konfrontiert wurden ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Einsatz von Negative
Campaigning als Wahlkampfstrategie und Wahlbeteiligung demoskopisch nur sehr schwer nachzuweisen ist. Da dies Ressourcen voraussetzten würde, die den AutorInnen dieser Arbeit nicht zur
Verfügung standen, musste auf eine solche Forschungsvariante verzichtet werden.
Auch die Auswirkung von Negative Campaigning kann nicht eindeutig als entweder mobilisierend
oder demobilisierend festgelegt werden. Fest steht, dass das Instrument des Negative Campaigning
von Parteien und einzelnen PolitikerInnen zu beiden Zwecken eingesetzt wird (teils erfolgreich, teils
weniger erfolgreich), das heißt also um zu mobilisieren oder zu demobilisieren, und es beides zur
Folge haben, sprich sich je nach Rahmenbedingungen entweder positiv oder negativ auf die
Wahlbeteiligung auswirken kann. Dies ist aber auch wieder von Fall zu Fall unterschiedlich. Sowohl
die Aussagen der ExpertInnen, als auch die Literatur zu Negative Campaigning bestätigen daher die
Annahme der 1.Hypothese79, die dieser Arbeit zugrunde gelegen ist.
In Bezug auf die 2. Hypothese80, auf die sich diese Arbeit stützt, wäre zum Abschluss noch folgendes
zu erwähnen: Negative Campaigning wird nicht notwendigerweise bei einem erwarteten knappen
Wahlausgang verwendet. Hier ließ sich kein Kausalzusammenhang herstellen. Stärkeren Einfluss auf
den Einsatz von Negative Campaigning scheinen vor allem gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie
die politische Kultur, Personalisierung, Rückgang der Parteienbindung, Mediatisierung,
Dethematisierung, die Höhe der Wahlbeteiligung,... auszuüben.
Die Annahme, Negative Campaigning würde langfristig ein Sinken der Wahlbeteiligung bewirken,
wurde nur zum Teil bestätigt. Wie bereits erwähnt, kann sich kurzfristig gesehen Negative
Campaigning sowohl positiv als auch negativ auswirken. Langfristig jedoch werden die Auswirkungen
von Negative Campaigning eher als sehr negativ für die Wahlbeteiligung angesehen, ebenso wie für
79
"Negative Campaigning hat eine Wirkung auf die Wahlbeteiligung. Je nach AkteurInnenkonstellation und Kontext kann
diese mobilisierend oder demobilisierend ausfallen."
80
Negative Campaigning wird vor allem bei einem erwarteten knappen Wahlausgang verwendet. Gleichzeitig sind durch
knappe Wahlen Mobilisierungseffekte zu erwarten. Demobilisierungseffekte durch Negative Campaigning sind also durch
Kompensationseffekte verdeckt und schlagen sich vermutlich nur langfristig auf die Wahlbeteiligung nieder.
28
die Demokratie insgesamt. Diese Einstellung ist jedoch relativ umstritten und wird bei weitem nicht
von allen WissenschafterInnen, DemoskopInnen und PolitikerInnen geteilt.
Es gibt möglicherweise einen geschlechterspezifischen Zusammenhang bei Negative Campaigning. So
wurde von einigen WissenschafterInnen die Vermutung geäußert, dass Frauen weniger positiv auf
Negative Campaigning ansprechen als Männer, insbesondere wenn ein hohes Aggressionspotential
vorhanden ist.81
Zum Schluss lässt sich nun auf die spezielle Situation in Österreich bezogen feststellen, dass es
Negative Campaigning in Österreich gibt, es wird als Wahlkampfstrategie von allen Parteien mehr
oder weniger erfolgreich eingesetzt. Gerade die ÖVP ist zur Zeit diejenige Partei, die dieses
Instrument am professionellsten anwendet. Sämtliche allgemeine Schlüsse, die im vorhergehenden
Teil angeführt wurden, lassen sich auch auf den Fall Österreich übertragen.
5.2. Möglichkeiten zur Erforschung von Negative Campaigning und Wahlbeteiligung
Abschließend werden wir nun versuchen, einige Ansatzmöglichkeiten für die wissenschaftliche
Erforschung von Negative Campaigning und dessen Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung
darzustellen, wie sie in Zukunft im Rahmen von größeren Studien durchgeführt werden könnte. Wie
bereits erwähnt, gestaltet sich die Erforschung auf Grund des sehr subjektiven und relativen
Charakters des Phänomens des Negative Campaigning als äußerst schwierig. Es gibt jedoch einige
Ansatzpunkte, an denen man versuchen könnte, den Zusammenhang zwischen Negative Campaigning
und Wahlbeteiligung wissenschaftlich greifbar zu machen.
Zunächst zu einer quantitativen Methode. Eine solche würde als Vorraussetzung viele unterschiedliche
Umfragezeitpunkte haben. Da Negative Campaigning insbesondere in den letzten 2-3 Wochen eines
Wahlkampfes eingesetzt wird, um so z.B. backlash-Effekten vorzubeugen, könnte durch eine solche
quantitative Studie gezeigt werden, ob gewisse Stimmungen und Meinungen bezüglich der
Bereitschaft, wählen zu gehen, erst ab einem gewissen Zeitpunkt in einem spezifischen
Wählersegment aufgetreten sind. Diese wiederum könnten dann in Zusammenhang mit als Negative
Campaigning einstufbaren Aussagen und Botschaften von Parteien oder PolitikerInnen gebracht
werden.82
Ein ebenfalls möglicher Ansatzpunkt wäre die qualitative Inhaltsanalyse von Fernsehdebatten. (Wie
bereits in den vorhergehenden Teilen der Arbeit dargelegt, sind die Medien, insbesondere das
Fernsehen, unter besonderer Berücksichtigung des Formats der Fernsehdebatten, in Österreich
essentielle Vorraussetzung für den Einsatz von Negative Campaigning.) Dazu gibt es nun einige
81
82
Vgl. z.B. Gespräch mit Christoph Hofinger
Vgl. Gespräche mit Imma Palme, Christoph Hofinger und Peter Hajek, s. Anhang
29
Studien, die besagen, dass der Präsentationsstil einzelner österreichischer PolitikerInnen vorwiegend
assertiv und offensiv ist, wobei eher auf inhaltlicher Ebene angegriffen wird, als auf persönlicher.
Daneben sind weitere Angriffspunkte die Diskussionskultur und Wahlkampfführung, bei denen auch
häufiger der Vorwurf des Negative Campaigning erhoben wird.83 (Vgl. dazu Abb.6) In weiterer Folge
ließe sich dann sowohl quantitativ als auch qualitativ untersuchen, inwiefern sich WählerInnen durch
das Auftrittsverhalten der SpitzenkandidatInnen in den Fernsehauseinandersetzungen in ihrem
Wahlverhalten beeinflussen lassen, sprich ob sie durch gewisse Verhaltensweisen der KandidatInnen
eher mobilisiert oder eher demobilisiert wurden.
Soweit einige Ansatzpunkte, die eine ausführliche Erforschung eines Zusammenhangs zwischen
Negative Campaigning und Wahlbeteiligung ermöglichen könnten.
5.3. Kommentar
Gerade weil Negative Campaigning ein solch vielschichtiges, subjektives und schwer fassbares
Phänomen ist, war es den AutorInnen dieses Forschungsberichts ein Anliegen, bis zu einem gewissen
Grad Stellung zu beziehen. Dies soll nun im Folgenden skizzenhaft angerissen werden.
Die Unterscheidung in Negative Campaigning und Dirty Campaigning, wie sie von einigen WissenschafterInnen sowie einem Großteil der PolitikerInnen getroffen wird, erscheint insofern sinnvoll, als
damit eine Abstufung zwischen Strategien, die sich in einem moralisch und sittlich vorgegebenen
Rahmen einer Gesellschaft bewegen und jenen, die diesen überschreiten, möglich wird. Eine Strategie
des Dirty Campaigning, die diesen Rahmen überschreitet, würde sich z.B. gegen eine Person, deren
Privatleben oder Minderheitengruppen richten oder jeden realen Hintergrund entbehren. Daher sollte
von dieser Form der Wahlkampfstrategie abgesehen werden. Insbesondere die politische Klasse sollte
sich über die möglicherweise schwerwiegenden demokratiepolitischen Konsequenzen des vermehrten
Einsatzes von Negative Campaigning und besonders von Dirty Campaigning bewusst sein, und sich
deshalb eher von dieser Form des Wahlkampfes distanzieren, anstatt vermehrt darauf zurück zu
greifen.
So sinnvoll diese Unterscheidung zwischen Negative Campaigning und Dirty Campaigning zur
Verdeutlichung von Abstufungen der Negativität auch sein mag, wird sie oft von PolitikerInnen
missbraucht, um den eigenen Gebrauch von Negative Campaigning in ein besseres Licht zu rücken
und jenes der GegnerInnen als Dirty Campaigning zu diffamieren. Die Unterscheidung in Negative
Campaigning und Dirty Campaigning wurde unter anderem deshalb in der dieser Arbeit zu Grunde
liegenden Definition bewusst nicht getroffen. Zudem war es uns ein Anliegen, ein möglichst breites
Spektrum an Ansichten mit Hilfe unserer Definition erfassen zu können.
83
Vgl. Schlager. "Negative Campaigning" im Wahlkampf, a.a.O., S.122ff; sowie Posselt, Martin / Manfred Rieglhofer
(2000). Impression-Management: Kandidatendiskussionen im TV 1994, 1995, 1999, in: Plasser, Fritz / Peter Ulram / Franz
Sommer (Hg): Das österreichische Wahlverhalten, Wien, S. 221
30
5.4. Ausblick
Aufbauend auf den Ergebnissen, die aus diesem Forschungsprojekt zu entnehmen sind, können wir
schließen, dass Negative Campaigning auch weiterhin (wichtiger) Bestandteil der Wahlkampfstrategie
der österreichischen Parteien bleiben wird, wie sich dieser Trend wohl auch international angleichen
und fortsetzten wird.
Zur Zeit ist das Phänomen des Negative Campaigning in Österreich noch kaum wissenschaftlich
analysiert worden. Es scheint kein großes Interesse an der Erforschung vorhanden zu sein. Dies könnte
sich jedoch möglicherweise in den kommenden Jahren ändern. Gerade in Bezug auf mögliche
demokratiepolitische Konsequenzen,84 die der Einsatz dieses speziellen wahlkampfstrategischen
Instrumentes mit sich bringen könnte, sollte Negative Campaigning von (politik-)wissenschaftlicher
Seite, aber natürlich auch von Seiten der Parteien, mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, als dies
bisher der Fall ist.
"Perhaps in the rush to investigate the influence of negative campaigns on mobilization and
demobilization, a subtle but important consideration has been overlooked. We should care not only
about the quantity of participation, but also about the quality of engagement. […] negative campaigns
may be creating disgruntled participators. Negative campaigns look like they mobilize, but the
democratic cost of that engagement may be too high."85
84
Solche Konsequenzen wären neben einer niedrigen Wahlbeteiligung u.a. Politikverdrossenheit, abnehmendes politische
Engagement, etc.
85
Martin, Paul S. (2002). Inside the Black Box of Negative Campaign Effects: Three reasons why negative campaigns
mobilize and one reason why we might not want them to. Paper in preparation for the University of Minnesota Campaigns
and Elections Symposium at the Center for the Study of Political Psychology, University of Minnesota, Oklahoma, S.14f.
31
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
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Ein historischer Längsschnitt vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels, Wien.
33
7. Anhang
7.1. Abbildungen
Abb.1: Indikatoren Parteiloyalität 1954-1999
Jahr
ParteiIdentifikation
(a)
Starke
Identifikation
(b)
Starke
Parteibindung
(c)
Stammwähler
(d)
Wechselwähler
(e)
Parteiwechsler
(f)
Late
Deciders
(g)
Parteimitglieder
1954
73
71
27
1969
75
65
27
1972
61
1974
65
30
1979
63
1983
61
27
1986
60
1990
76
8
26
61
26
56
66
7
9
26
47
10
8
24
21
39
16
16
23
49
19
34
17
14
20
1994
44
12
31
19
18
17
1995
49
13
28
22
21
1996
46
1997
47
15
28
46
44
1998
51
15
25
43
45
1999
51
16
26
43
46
18
20
Verän-
-22
-14
-45
-33
+38
+11
+11
58
44
16
26
44
31
16
-11
derung
(a) Prozent der Respondenten mit Parteiidentifikation.
(b) Prozent der Respondenten mit starker Parteiidentifikation.
(c) Prozent der Respondenten, die angeben, immer dieselbe Partei zu wählen, auch wenn sie nicht vollständig
mit ihr zufrieden sind.
(d) Prozent der Respondenten, die angeben, immer dieselbe Partei gewählt zu haben.
(e) Prozent der Respondenten, die angeben, dass sie gelegentlich ihr Wahlverhalten ändern.
(f) Prozent der exit poll-Respondenten, die angeben, eine andere Partei als bei der vergangenen Wahl gewählt zu
haben.
(g) Prozent jener WählerInnen, die sich erst in den letzten Tagen vor dem Wahlsonntag definitiv auf die Partei
ihrer Wahl festlegten.
Quellen: Ulram, Peter (2002). Die Parteien in der medialen Wahlkampfarena, in: Kriechbaumer,
Robert / Oswald Panagl (Hg): Wahlkämpfe: Sprache und Politik, Wien, Köln, Weimar, S. 119
34
Abb.2: Bedeutung und subjektive Glaubwürdigkeit politischer Informationsquellen in Österreich
Quellen: Fessel+GFK, Repräsentativumfragen (1989-1995). Für 1961 Plasser, Fritz (1985):
Elektronische Politik und politische Technostruktur reifer Industriegesellschaften. in: Plasser, Fritz /
Peter Ulram / Manfried Welan (Hg.). Demokratierituale: Zur politischen Kultur der
Informationsgesellschaft. Wien, S.9-32. Für 1999 und 2001 Plasser, Fritz / Peter Ulram (2002). Das
österreichische Politikverständnis: Von der Konsens- zur Konfliktkultur? Wien, S.33ff.
Abb.3: Politisches Informationsverhalten nach ausgewählten Gruppen, 1999/2000
in Prozent ...
Fernsehen
Bezeichnen als wichtigste
Bezeichnen als glaubwürdigste
politische Informationsquelle politische Informationsquelle
Jugendliche Lehrer
Politische
Bildung
66
23
Jugendliche Lehrer
Politische
Bildung
49
18
Tageszeitungen /
Zeitschriften
26
53
27
49
Hörfunk
21
16
7
15
Gespräche
12
5
24
11
Internet
3
2
7
1
Sonstiges
-
-
-
6
Quellen: Fessel+GFK, Jugendstudien 1986 und 2000, sowie Filzmaier, Peter /Daniela Ingruber (2001).
Politische Bildung Österreich: Erfahrungen und Perspektiven eines Evaluationsprozesses,
Wien/Innsbruck/München.
35
Abb.4: Nationalratswahlkampf 2002 – Homepage der ÖVP
36
Abb.5: Motive für die Wahl der ÖVP 2002
ÖVP-WählerInnen
Motive für die Wahl der ÖVP 2002
ÖVP-Stamm
Zuwanderer zur ÖVP
"Was war für Sie ausschlaggebend die ÖVP zu wählen?"
Mehrfachnennungen in %
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
iti
k
ol
ts
p
af
ch
&
ge
tBu
d
In
t
er
W
es
irt
s
se
n
vi
e
/T
ra
lg
el
di
ei
tio
st
e
n
t
0%
Quelle: FESSEL-GfK, Exit Poll (2002). In: Plasser, Fritz / Peter A. Ulram (Hg.) (2003).
Wahlverhalten in Bewegung – Analysen zur Nationalratswahl 2002, Wien, S.139.
Abb. 6: Das Auftrittsverhalten der Spitzenkandidaten 1999 im Vergleich
70
63,4
60
50,4
50
41,1
47,3
44,6
48,1
36,7
27,9
defensiv
assertiv
20
10
offenisv
41,8
40
30
48,3
15
8,7
8,5
8,1
10,1
Klima
Schüssel
Haider
Van der
Bellen
0
Schmidt
Quellen: Posselt, Martin / Manfred Rieglhofer (2000). Impression-Management:
Kandidatendiskussionen im TV 1994, 1995, 1999, in: Plasser, Fritz / Peter Ulram / Franz Sommer
(Hg): Das österreichische Wahlverhalten, Wien, S. 220
37
7.2. Beispiele für Negative Campaigning in den ExpertInnengesprächen
EU-Wahlkämpfe
2004:
Hofinger:
ÖVP setzt NC gegen Hannes Swoboda ein
Rosecker:
ÖVP attackiert Hannes Swoboda weil sie glaubt, er sei innerhalb der SPÖ umstritten.
Hajek:
Hans Peter Martin
Nationalratswahlkämpfe
1999:
Rosecker:
ÖVP und FPÖ schießen gegen die SPÖ Schuldenpolitik
2002:
Hofinger:
Angriffe der ÖVP auf Grüne (Bild der Haschtrafiken und der Vegetarisierung) und die
Person Gusenbauer
Lopatka:
News stellt Schüssel als kaltschnäuzigen Spieler dar (aber Wahlkampf im
Wesentlichen sehr fair)
Palme:
Rot-Grünes Schreckgespenst durch ÖVP diffamiert
Pichl (ÖVP):
ÖVP zeichnet Bild der grünen Haschtrafiken
Hajek:
ÖVP gegen Grüne (Haschtrafiken, Koalition Rot-Grün)
Bundespräsidentenwahlen
1986:
Lopatka:
SPÖ gegen Kurt Waldheim wegen Nazivergangenheit
2004:
Hofinger:
es gab kein NC
Rosecker:
„Hofbauer Buch“ und „roter Heinzi“-Webseite der ÖVP gegen Fischer
Hajek:
ÖVP hat es vermieden, die Person Heinz Fischer anzugreifen
Landtagswahlkämpfe
Oberösterreich 2003:
Hofinger:
SPÖ gegen ÖVP (VÖEST)
Lopatka:
SPÖ wirft ÖVP vor, sie wollen das Land verkaufen (VÖEST, Post, ÖBB, Wald)
Hajek:
SPÖ gegen ÖVP (Privatisierung der VÖEST)
Tirol 2003:
Hofinger:
Grüne gegen ÖVP
38
Vorarlberg:
Hofinger:
Grüne gegen ÖVP (aber sehr ungeschickt)
Steiermark:
Lopatka:
ÖVP attackiert SPÖ Spitzenkandidaten Spitzinger untergriffig
Wien (letzten 2 Wahlkämpfe):
Rosecker:
FPÖ greift Häupl persönlich an. Im letzten Wahlkampf konterte Häupl erfolgreich.
Niederösterreich:
Pichl (ÖVP):
ÖVP erklärt, Grüne wollen Zwangsvegetarisierung
Historische Beispiele
Hofinger:
Zwischenkriegszeit, Nachkriegszeit SPÖ gegen ÖVP und umgekehrt. (Rentenklau)
Hofinger:
Josef Klaus gegen Bruno Kreisky: „Ein echter Österreicher“ (antisemitisch)
Lopatka:
Cicero für Ciceros Bruder gegen Mitbewerber
Lopatka:
Nachkriegszeit: SPÖ plakatiert Rentenklau, ÖVP rote Gefahr durch SPÖ
Sonstiges
Hofinger:
momentane Regierungsparteien werfen Opposition vor nicht patriotisch zu sein
Palme:
NC wurde durch Liberales Forum und Grüne nie eingesetzt
Hajek:
Permanentes NC der ÖVP gegen Gusenbauer (Zick-Zack-Kurs)
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