Kernkurs Social Campaigning Dozentin: Dr. Susanne von Roehl ----------------Referat Ethische Probleme des „Social campaigning“ Josef – Wilhelm Knoke 06.11.2007 oder Heiligt der Zweck die Mittel ? Ethische Probleme des „Social campaigning“ Gliederung des Referats: 1. “Social Marketing” versus “Social campaigning“ 2. Begriffsdefinitionen: Tabu - Gute Sitten – Moral – Ethik 3. Journalistische Ethik – Medienethik ? 4. Problembeispiel: Zielverquickung & Schockwerbung 5. Kampagnenbeispiele Benetton Michael Stich Stiftung Nolita 6. Zur rechtlichen Situation 7. Diskussion: Heiligt der Zweck die Mittel ? “Social Marketing” versus “Social campaigning“ Meffert: Social Marketing = „Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von Marketingstrategien und – aktivitäten nichtkommerzieller Organisationen, die direkt oder indirekt auf die Lösung sozialer Aufgaben gerichtet sind.“ Kotler: Social Campaign = „ein von einer Gruppe betriebenes systematisches Bemühen mit dem Ziel, andere zur Annahme, Änderung oder Aufgabe bestimmter Vorstellungen, Einstellungen, Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu bewegen.“ Definitionen: Tabu - Gute Sitten – Moral - Ethik Tabu: der Begriff bezeichnet Themen oder Sachverhalte, deren öffentliche Erörterung zu gravierenden gesellschaftlichen Friktionen führt und damit das friedliche gesellschaftliche Zusammenleben in Gefahr bringen kann. Definitionen: Tabu - Gute Sitten – Moral - Ethik Gute Sitten: der Begriff bezeichnet ein öffentliches oder privates Handeln innerhalb eines Kulturkreises, daß sich an traditionellen Werten und Normen orientiert. Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann zu gesellschaftlicher Ächtung führen. Definitionen: Tabu - Gute Sitten – Moral - Ethik Moral: ein die Handlungen des einzelnen bestimmendes Regelsystem, welches auf kulturellen, philosophischen und religiösen Überzeugungen beruht. Moral bezieht sich also zwingend immer auf Personen. Definitionen: Tabu - Gute Sitten – Moral - Ethik Ethik: das der Moral zugrundeliegende theorethische Gedankengebäude, also Regeln und Sätze, die angeben oder vorschreiben, wie man „richtig“ handelt. Grundsätzlich wird zwischen Gesinnungs-, Verantwortungs - und Erfolgsethik unterschieden. Ethik verhält sich zu Moral wie Lehre zum Handeln. „Ethik ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Bereich der Moral.“ (Funiok) Journalistische Ethik - Medienethik ? Journalistische Ethik - Medienethik ? Niklas Luhmann: "Es gibt Wirtschaft, es gibt Ethik - aber es gibt keine Wirtschaftsethik!" Milton Friedman: "Die soziale Verantwortung von Unternehmen besteht darin, Gewinne zu machen„ („The social responsibility of business is to increase its profits“) Jo Reichertz: “[Es…] ist nicht zu sehen, daß allein die kommerzielle Absicht der Unternehmen deren Handeln automatisch diskreditiert […] Eine solche Einschätzung ist mehr Ausdruck einer bigotten Gesinnungs-, denn einer rationalen Verantwortungsethik.“ Journalistische Ethik - Medienethik ? Medienunternehmen sind Unternehmen. Journalisten arbeiten für Unternehmen. Gibt es eine spezielle Medienethik / Journalistenethik ? Medienethik nach Funiok Funiok: Medienethik ist […] eine Form angewandter Ethik - wie die Umweltethik, die Medizinethik oder die Wirtschaftsethik. Angewandte Ethiken werden immer dann notwendig, wenn sich aufgrund wissenschaftlich-technischer Entwicklungen neue Handlungsmöglichkeiten und mit ihnen Bewertungsprobleme ergeben, für welche die allgemeine Moral (oder die bisherige Berufsmoral) keine ausreichend trennscharfen Kriterien bereithält. Ethische Probleme des „Social campaigning“ Beispielhaft: Zielverquickung & Schockwerbung Ethische Probleme des „Social campaigning“ Schockwerbung Definition Es ist "das Werben mit einer "gestellten" oder realistischen Bildaufnahme, die Not, Leid und Elend, aber auch religiöse oder politisch höchst sensible Themen zum Inhalt hat, keinerlei oder nur unzureichenden Sachbezug zu dem zu bewerbenden Produkt oder Unternehmen aufweist und lediglich bzw. dennoch mit dem Logo einer Firma oder eines Produkts verbunden ist, die aber aufgrund ihres unerwarteten Motivs geeignet ist, Reaktionen vielfältiger Art von heftigster Intensität hervorzurufen". (Wünnenberg 1996) Kampagnenbeispiele: Benetton Kampagnenbeispiele: Benetton Kampagnen Luciano Benetton: "Wir machen kein HighTech-Produkt. Darum ist es wichtig, dass Menschen, die nicht unsere Pullover und Röcke kaufen, über Benetton sprechen." Kampagnenbeispiele: Benetton Kampagnen Kampagnenbeispiele: Benetton Kampagnen Die Anzeige "H.I.V. POSITVE" hält der Bundesgerichtshof auch nach erneuter Prüfung weiterhin für sittenwidrig. Sie genieße nicht den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit, weil sie die Menschenwürde Aids-Kranker verletze. Kampagnenbeispiele: Benetton Kampagnen Oliviero Toscani reklamiert für sich selbst und für Benetton eine aufklärerische Haltung gegen jeder Art von Diskriminierung und Ungerechtigkeit in der Welt. Er betont auch angesichts seiner publizistischen Ressourcen seine Verantwortung, wertorientierte Überzeugungen wirksam zu propagieren. Michael Stich Stiftung: HIV Kampagne Michael Stich Stiftung: HIV Kampagne „Seit 1994 setzt sich Michael Stich mit seiner Stiftung für HIVpositive und an AIDS erkrankte Kinder in Deutschland ein. Das Thema HIV/ AIDS ist in den letzten Jahren immer mehr aus den Medien und dem Bewusstsein der Menschen verschwunden. Das geringe Wissen über die Krankheit in Deutschland ist erschreckend und die Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über die Folgen von HIV und AIDS nicht ausreichend. Aus diesem Grund hat es sich die Michael Stich Stiftung zur Aufgabe gemacht, neben der Direkthilfe für infizierte und erkrankte Kinder, die Prävention aktiv mitzugestalten.“ (Michael Stich Stiftung) Kampagnenbeispiele: Stich HIV Kampagne Kampagnenbeispiele: Stich HIV Kampagne Kampagnenbeispiele: Stich HIV Kampagne Nolita Anorexie Kampagne Nolita Anorexie Kampagne Seit einigen Wochen prangt das schockierende Motiv einer völlig ausgemergelten Frau in Italien auf vielen Plakatwänden und Zeitungsanzeigen. Der berühmte Modefotograf Oliviero Toscani hatte die Kampagne für die Fashion-Marke Nolita gestartet und wollte damit auf das Leiden Magersüchtiger aufmerksam machen. . http://www.youtube.com/watch?v=CBYQOSkAD9Y Social Campaign oder Werbung? Kampagnenbeispiele: Nolita Anorexie Kampagne Der Fotograf Oliviero Toscani: „Seit Jahren schon interessiere ich mich für das Problem. Wer ist für die Magersucht der Mädchen verantwortlich? Die Medien allgemein, das Fernsehen, die Mode. Umso interessanter ist es, dass ausgerechnet eine Modemarke das Problem begreift, es angeht und diese Kampagne unterstützt“ Quelle: welt.de Das Institut Giurì, das über die Werbung in Italien wacht, urteilte: Das Bild missachtet die Menschenwürde. Jetzt müssen die Plakate innerhalb von einer Woche aus den Städten verschwinden. Toscani will gegen diesen Entscheid gerichtlich vorgehen. Ethische Probleme des „Social campaigning“ Zur rechtlichen Situation in Deutschland: Art 1, Abs. 1 GG: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Art. 5, Abs. 1 GG: Garantie der Meinungs- und Pressefreiheit Art. 5, Abs. 2 GG: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.„ § 1 UWG: "Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden." Der Deutsche Werberat 1972 vom Zentralrat der deutschen Wirtschaftswerbung (ZAW) gegründet. Aufgabe: Beschwerden der Öffentlichkeit über Werbekampagnen nachzugehen und Verhaltensregeln für den Umgang mit Werbung zu entwickeln. Mitglieder: 12 Vertreter aus werbender Wirtschaft, Werbeagenturen, Medien und sonstigen Werbeberufen Möglichkeiten: im Gegensatz zu anderen Ländern kann der Deutsche Werberat nicht selbst sanktionieren, sondern nur öffentliche Rügen aussprechen (vgl. Italien, Frankreich und die Niederlande). Die Verfolgung von Verstößen ahnden die Gerichte. Diskussion: Soll man Tabus respektieren, wenn es um ein “höheres” Ziel geht ? Was spricht gegen eine Verquickung von Kommerz und Social Campaigns ? Verwendete Literatur: Bauer, Hans H., Marketing und Ethik? Vermarktete Ethik. In: Jacob, Adolf-Friedrich (Hrsg.), Vermarktete Ethik, Stuttgart 1993. Erbring, Lutz u.a., Medien ohne Moral. Berlin 1988. Friedman, Milton, 1970: The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits. In: The New York Times Magazine, 13. September 1970, Funiok, Rüdiger, Der Wertediskurs über Medien ist unverzichtbar. http://www.bpb.de/publikationen/RILYM0.html Hartmann, Hans Albrecht, Die Macht der Werbebilder.In: forum medienethik, Heft 1/1998. München 1998. S. 37-48. Kisseler, Marcel, Vermarktete Ethik aus der Sicht des Wettbewerbsrechts. In: Jacob, Adolf-Friedrich (Hrsg.), Vermarktete Ethik, Stuttgart 1993. Kotler, Philip, Roberto, Eduardo, Social Marketing, Duesseldorf 1991. Meffert, Heribert, Marketing, Wiesbaden 2000. Merten, Klaus, Vorlesung PUBLIC RELATIONS: Ethik in der Werbung SS 2003/ 2004, Uni Münster. Reichertz, Jo, Religiöse (Vor-)Bilder in der Werbung. Zu Anzeigen von Benetton, Kern und Diesel. In: medien praktisch 2 (1994), S. 18-23. Wünnenberg, Ulrike, Schockierende Werbung – Verstoß gegen §1 UWG?, Dissertation Giessen 1996.