Lesermeinungen „Break-through“-Sepsis durch S. pneumoniae bei Therapie mit Ceftibuten Zum Beitrag „Break-through-Sepsis durch S. pneumoniae bei Therapie mit Ceftibuten“ von Prof. Dr. Pramod Shah Frankfurt, in Chemother J 1999;8:153: Pramod M. Shah stellt in diesem Artikel fest, dass Ceftibuten, ein Oralcephalosporin, bei der Therapie einer bakteriellen bronchialen Infektion bei einer Patientin, die trotz dieser Behandlung an einer Pneumokokken-Sepsis verstarb, versagt hat. Die Patientin war zunŠchst an einer Pneumokokken-Pneumonie erkrankt, die sowohl klinisch als auch radiologisch links basal mit Ergussbildung diagnostiziert wurde. Nach der Entnahme von Blutkulturen und Bronchialsekret unter der Ceftibuten-Behandlung erhielt die Patientin anschlie§end Imipenem i. v. Trotz intensivmedizinischer Betreuung verstarb diese 28 Stunden nach der stationŠren Aufnahme. In den Blutkulturen und im Bronchialsekret wurden Penicillin-empfindliche S. pneumoniae nachgewiesen. Ein Empfindlichkeitstest gegenŸber Ceftibuten erfolgte leider nicht. Pramod M. Shah stellt fest, dass von allen ãneuerenÒ Oralcephalosporinen das Ceftibuten am geringsten gegen S. pneumoniae aktiv ist. Das ist richtig. Leider bleibt dennoch ein gewisser Zweifel daran, ob Ceftibuten wirklich allein fŸr das Versagen der Behandlung verantwortlich gemacht werden kann oder ob noch andere Faktoren wie zum Beispiel das mit 80 Jahren recht hohe Alter der Patientin eine Rolle gespielt haben. Ohne einen Resistenztest stochert man doch etwas im Nebel. Eine MHK von 2,0 mg/l, wie in der abgedruckten Tabelle angegeben, ist vielleicht bei oraler Gabe von Ceftibuten und gegebenenfalls schlechter Resorption ein zu hoher Wert, um die Penicillin-empfindlichen S. pneumoniae im Serum zu erreichen. Allerdings gibt es Untersuchungen zur Penetration der Substanz in das Bronchialsekret und ins Lungengewebe, die zeigen, dass bereits nach einer Gabe von 200 mg Ceftibuten Konzentrationen in 230 8. Jahrgang | Heft 6/1999 | der Lunge [2] erreicht werden, die deutlich Ÿber der MHK von 2 mg/l liegen. Dies gilt erst recht fŸr die 400-mg-Dosis [1]. Erstaunlich ist nŠmlich, dass die Patientin auch nicht auf das dann intravenšs verabreichte Imipenem angesprochen hat. Trotz hoher Pneumokokken-Resistenz lassen sich beispielsweise zahlreiche bronchopulmonale Erkrankungen mit Co-trimoxazol erfolgreich behandeln (das soll natŸrlich keine Empfehlung sein!). MŸssten nicht derartige Misserfolge bei der HŠufigkeit der Anwendung von Ceftibuten zur Therapie von Atemwegsinfektionen viel šfter auftreten? Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. D. Adam, UniversitätsKinderklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Lindwurmstraße 4, 80337 München, E-mail: [email protected] Literatur 1. Andrews JM, Wise R, Baldwin DR, Honeybourne D. Concentrations of ceftibuten in plasma and the respiratory tract following a single 400 mg oral dose. Int J Antimicrob Agents 1995; 141-4. 2. Krumpe P, Chin-Chung L, Radwanski E, Cayen MN, et al. The penetration of ceftibuten into the respiratory tract. In AuszŸgen vorgestellt auf dem 24th Educational and Scientific Symposium of the Society of Critical Care Medicine (1997) Stellungnahme des Autors: Ich begrŸ§e die Stellungnahme von Dieter Adam zu meiner Kasuistik. Wie Dieter Adam richtig anmerkt, kann das Versagen einer Behandlung selten auf die antibiotische Therapie allein zurŸckgefŸhrt werden. So spielt bei dem letalen Ausgang des von mir beschriebenen Falles sicherlich auch das hohe Alter eine Rolle. In zahlreichen Studien ist dies in der Zwischenzeit belegt. Andererseits ist es auch belegt, dass der wichtigste Faktor fŸr einen gŸnstigen Ausgang (= Heilung) die korrekte antibiotische Initialtherapie darstellt [1]. †blicherweise wird nur Ÿber Erfolge berichtet und selten Ÿber Therapieversagen. Bei Pneumonien ist dies darauf zurŸckzufŸhren, dass der sichere Nachweis eines Erregers selten gelingt, auch wenn man klinisch der Meinung ist, dass die Therapie nicht zum gewŸnschten Erfolg fŸhrt, und die Behandlung mit einer anderen Substanz weitergefŸhrt wird. In dem von mir beschriebenen Fall gelang es, unter einer laufenden Therapie mit Ceftibuten Pneumokokken aus Blutkulturen nachzuweisen. Da es sich hierbei um einen Penicillin-empfindlichen Stamm handelt, ist es nicht erforderlich, die Empfindlichkeit gegen Ceftibuten (was von Adam bedauert wird) oder ein anderes Beta-Lactam-Derivat zu bestimmen. Dass in dem vorliegenden Fall auch das Umsetzen auf Imipenem zu keinem Erfolg fŸhrte, fŸhre ich darauf zurŸck, dass die Patientin bereits im septischen Schock zur stationŠren Aufnahme kam. Bei einem manifesten septischen Schock gelingt es leider trotz suffizienter Therapie oft nicht, den letalen Ausgang zu verhindern. HŠtte die Patientin bereits bei den ersten Symptomen, und bevor sie in den septischen Schock geriet, eine effektive Therapie erhalten, wŠre der letale Ausgang zu verhindern gewesen. Nicht ich habe festgestellt, dass von allen ãneuerenÒ Oralcephalosporinen das Ceftibuten am geringsten gegen S. pneumoniae aktiv ist, sondern dies geht aus der von mir zitierten Arbeit von Bernd Wiedemann hervor. In dieser Arbeit ist die In-vitro-Wirksamkeit von Ceftibuten und anderen Cephalosporinen gegen grampositive Kokken angegeben. Legt man die Grenzkonzentration fŸr empfindliche Erreger bei < 0,5 mg/l, dann liegen Pneumokokken (und auch andere klinisch wichtige Streptokokken) au§erhalb des Empfindlichkeitsbereiches fŸr Ceftibuten. Ich bin der Meinung, dass Ceftibuten fŸr Infektionen durch grampositive Kokken weniger geeignet ist, vor allem da erheblich aktivere Substanzen in ausreichender Anzahl zur VerfŸgung Lesermeinungen stehen. Die von mir beschriebene Beobachtung gibt Hinweis auf unzureichende Wirkung von Ceftibuten gegen den hŠufigsten bakteriellen Erreger von unteren Atemwegsinfektionen, daher sollte ein entsprechender Hinweis in den Beipackzettel von Ceftibuten aufgenommen werden. Dass zwischen erzielten Gewebskonzentrationen, In-vitro-AktivitŠt und klinischer Wirksamkeit gro§e Unterschiede bestehen kšnnen, verdeutlicht die Kasuistik. Auch wenn bei gesunden Probanden hohe Konzentrationen im Lungengewebe nach einer Dosierung von 200 bzw. 400 mg Ceftibuten erreicht werden, kann man offenbar nicht davon ausgehen, dass sie dort auch wirksam sind. Ich hoffe, dass meine Mitteilung mehr Kliniker ermuntern wird, auch Ÿber EinzelfŠlle fundierte Beobachtungen Ÿber klinische Versager mitzuteilen. Prof. Dr. Pramod M. Shah, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Zentrum der Inneren Medizin, Medizinische Klinik III, Schwerpunkt Infektiologie, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt/M., E-Mail: [email protected] Literatur 1. Behrendt G, Schneider S, Brodt HR, Just-NŸbling G,Shah PM. Influence of antimicrobial treatment on mortality in septicemia. J Chemother 1999;11(3):179-86. Die PEG im Internet: PEG-Homepage http://www.p-e-g.de/ Chemotherapie Journal 8. Jahrgang | Heft 6/1999 | 231