4 Lineare Abbildungen und Matrizen 4.1 Lineare Abbildungen Definition 4.1. Es seien V , W K-Vektorräume. Eine Abbildung f : V → W heißt linear oder Homomorphismus, wenn für alle u, v ∈ V und λ ∈ K gilt L1 f (u + v) = f (u) + f (v), L2 f (λu) = λf (u). Beispiel 4.2. Satz 4.3. Die Menge aller linearen Abbildungen von V nach W wird mit Lin(V, W ) bezeichnet und ist ein Untervektorraum des Vektorraums X = Abb(V, W ) aller Abbildungen von V nach W . Beweis. 31 4 Lineare Abbildungen und Matrizen Satz 4.4. (i) Sind f : V → W und g : W → Z lineare Abbildungen, so ist auch die Verkettung f ◦ g : V → Z (mit (f ◦ g)(v) = f (g(v))) eine lineare Abbildung. (ii) Ist f : V → W eine lineare Abbildung und besitzt f eine Umkehrfunktion f −1 , so ist auch die Umkehrfunktion linear. Satz 4.5. Es sei V ein Vektorraum mit einem Skalarprodukt und U ein Untervektorraum von V . Die orthogonale Projektion PU : V → U aus 3.15 ist linear. Definition 4.6. Es sei f : V → W eine lineare Abbildung. Dann ist Im(f ) = f (V ) = {f (v) | v ∈ V } das Bild von f , und Ker(f ) = {v ∈ V | f (v) = 0} der Kern von f . Beispiel 4.7. Satz 4.8. Ist f : V → W eine lineare Abbildung, so ist Im(f ) ein Untervektorraum von W , und Ker(f ) ein Untervektorraum von V . Beweis. 32 4.2 Isomorphismen 4.2 Isomorphismen Definition 4.9. Besitzt eine lineare Funktion f : V → W eine Umkehrfunktion f −1 : W → V , so heißt f Isomorphismus. Die Vektorräume V , W heißen zueinander isomorph, falls es einen Isomorphismus f : V → W gibt. Beispiel 4.10. Satz 4.11. Ist V ein Vektorraum mit der Basis B = {b1 , b2 , . . . , bn }, so kann man eine lineare Abbildung f definieren, indem man die Bilder der Basisvektoren festlegt. D.h. für f : V → W wählt man w1 , w2 , . . . , wn ∈ W , und setzt f (bi ) = wi . Dann ist f definiert durch ! n n n X X X f (v) = f λi f (bi ) = λi wi . λi bi = i=1 i=1 i=1 Beispiel 4.12. Satz 4.13. Es seien V , W K-Vektorräume, und f : V → W sei eine lineare Abbildung. (i) Schränkt man den Bildbereich von f auf f (V ) ein, so ist die Abbildung f˜ : V → f (V ) mit f˜(v) = f (v) invertierbar, genau dann, wenn Ker(f ) = {0}. (ii) Es sei B = {b1 , b2 , . . . , bn } eine Basis von V . f ist ein Isomorphismus, genau dann wenn die Menge {f (b1 ), f (b2 ), . . . , f (bn )} eine Basis von W ist. (iii) Gilt Dim(V ) = Dim(W ), so ist f invertierbar, genau dann wenn Ker(f ) = {0}. (iv) Ist V ein endlichdimensionaler Vektorraum, so gilt Dim(V ) = Dim(Im(f )) + Dim(Ker(f )). 33 4 Lineare Abbildungen und Matrizen Satz 4.14. Es sei V ein K-Vektorraum der Dimension n. Dann ist V isomorph zum Vektorraum K n . Beweis. 4.3 Matrizen Es sei V ein Vektorraum mit der geordneten Basis B = (b1 , b2 , . . . , bn ), W sei ein Vektorraum mit der geordneten Basis C = (c1 , c2 , . . . , cm ), und f : V → W sei eine lineare Abbildung. Denkt man an Satz 4.11, so ist f bereits vollständig gegeben durch die Definition von f (b1 ) = w1 , f (b2 ) = w2 , . . . f (bn ) = wn . Stellt man die Vektoren wi als Linearkombinationen in der Basis C dar (vgl. Satz 2.16), so bekommt man das Schema f (b1 ) = a11 c1 + a21 c2 + . . . am1 cm , f (b2 ) = a12 c1 + a22 c2 + . . . am2 cm , .. .. . . f (bn ) = a1n c1 + a2n c2 + . . . amn cm . Die lineare Abbildung f ist also durch das Zahlenschema a11 a12 . . . a1n a21 a22 . . . a2n A = .. .. .. .. . . . . am1 am2 . . . amn eindeutig definiert. 34 (?) 4.3 Matrizen Definition 4.15. Ein Zahlenschema der Form (?) heißt m × n-Matrix. Die Menge aller solcher Zahlenschemata wird mit K m×n bezeichnet. Man kann zwei m × n-Matrizen addieren wie folgt, a11 a12 . . . a1n b11 b12 . . . b1n a11 +b11 a12 +b12 . . . a1n +b1n a21 a22 . . . a2n b21 b22 . . . b2n a21 +b21 a22 +b22 . . . a2n +b2n .. .. .. .. + .. .. .. .. = .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . am1 am2 . . . amn bm1 bm2 . . . bmn am1 +bm1 am2 +bm2 . . . und mit einer Zahl λ ∈ K multiplizieren, a11 a12 . . . a1n λa11 λa12 . . . a21 a22 . . . a2n λa21 λa22 . . . λ · .. .. .. .. = .. .. .. . . . . . . . am1 am2 . . . amn λam1 λam2 . . . λa1n λa2n .. . amn +bmn λamn . Mit diesen Operationen + und · ist die Menge K m×n ein K-Vektorraum. Definition 4.16. Es sei A ∈ K m×n und B ∈ K n×p . Man kann das Produkt C = A · B ∈ K m×p definieren wie folgt, a11 a12 . . . a1n b11 b12 . . . b1p c11 c12 . . . c1p a21 a22 . . . a2n b21 b22 . . . b2p c21 c22 . . . c2p .. .. .. .. , .. .. .. · .. .. .. .. = .. . . . . . . . . . . . . cm1 cm2 . . . cmp am1 am2 . . . amn bn1 bn2 . . . bnp Pn wobei ckj = i=1 aki bij = hak , bj i, wobei ak die k-te Zeile von A, und bj die j-te Spalte von B ist ( Zeile mal Spalte“). Das neutrale Element der Matrixmultiplikation in K n×n ” ist die Einheitsmatrix 1 0 ... 0 0 1 . . . 0 E = En = .. .. . . .. . . . . . 0 0 ... 1 Beispiel 4.17. 35 4 Lineare Abbildungen und Matrizen Satz 4.18. Es seien Matrizen A, B, C, D gegeben so dass die jeweiligen Rechenoperationen ausführbar sind. Dann gilt (i) E · A = A · E = A, (ii) (A · B) · C = A · (B · C), (iii) A · (B + C) = A · B + A · C und (B + C) · D = B · D + C · D. Im Allgemeinen gilt (iv) A · B 6= B · A, (v) A · B = 0 6⇒ A = 0 oder B = 0. Zu Beginn dieses Abschnitts haben wir gesehen, dass man lineare Abbildungen zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen als Zahlenmatrix darstellen kann. Der folgende Satz besagt, dass auch umgekehrt durch jede Zahlenmatrix eine lineare Abbildung definiert wird. Satz 4.19. Durch eine Matrix A ∈ K m×n wird eine lineare Abbildung fA : K n → K m definiert wie folgt: für x ∈ K n = K n×1 ist fA (x) = A · x. Beweis. Definition 4.20. Die Anzahl linear unabhängiger Spalten einer Matrix A ∈ K m×n ist gleich der Anzahl linear unabhängiger Zeilen der Matrix. Diese Zahl heißt Rang von A und wird mit Rang(A) bezeichnet. Eine quadratische Matrix A ∈ K n×n heißt regulär, wenn Sie vollen Rang hat, d.h., wenn Rang(A) = n. Ansonsten heißt die Matrix singulär. Beispiel 4.21. 36 4.3 Matrizen Satz 4.22. (i) Sind A ∈ K m×n , B ∈ K n×` Matrizen und fA : K n → K m , fB : K ` → K n die zugehörigen linearen Abbildungen, so gilt fA ◦ fB = fA·B , d.h., für x ∈ K ` ist (fA ◦ fB )(x) = fA (fB (x)) = fA (B · x) = A · (B · x) = (A · B) · x (vgl. Satz 4.18 (ii)). (ii) Eine Matrix A ∈ K n×n ist regulär, genau dann wenn die durch A induzierte lineare Abbildung fA eine Umkehrfunktion besitzt. Die Matrix A besitzt dann eine Inverse A−1 (die Darstellungsmatrix von fA−1 ) und es gilt A · A−1 = A−1 · A = E. Beispiel 4.23. Satz 4.24. Es seien A, B ∈ K n×n . (i) Ist A · B = En , so sind A und B regulär und es ist A = B −1 und B = A−1 . (ii) Sind A und B regulär, so ist auch das Produkt A · B regulär und es gilt (A · B)−1 = B −1 · A−1 . Definition 4.25. Es sei a11 a21 A = .. . a12 a22 .. . ... ... .. . am1 am2 . . . Dann ist a11 a12 A> = .. . a21 a22 .. . ... ... .. . a1m a2m . . . a1n a2n m×n . .. ∈ K . amn an1 a2n n×m .. ∈ K . anm die zu A transponierte Matrix. 37 4 Lineare Abbildungen und Matrizen Beispiel 4.26. Satz 4.27. Es seien A, B, C, D Matrizen, so dass die folgenden Operationen durchgeführt werden können. Es gilt (A + B)> = A> + B > , (C · D)> = D> · C > . Ist F eine quadratische, reguläre Matrix, so ist (F −1 )> = (F > )−1 . Beispiel 4.28. 38