102 6.2 Lineare Differentialgleichungen erster Ordnung Eine Differentialgleichung erster Ordnung heisst linear, wenn sie auf die Form y ′ = p(x)y + q(x) (I) y ′ = p(x)y (H) gebracht werden kann. Die DGL heisst die zur Gleichung (I) zugehörige homogene Gleichung. Entsprechend nennt man die Gleichung (I) manchmal inhomogen. Beispiel Wir betrachten die DGL xy ′ − 2y = x3 . Dies ist eine lineare DGL erster Ordnung, denn wir können sie umschreiben zu y′ = Es ist also p(x) = 2 x 2 y + x2 . x (I) und q(x) = x2 . Die zugehörige homogene Gleichung ist y′ = 2 y. x (H) Diese homogene Gleichung können wir durch Trennung der Variablen lösen: Die allgemeine Lösung der homogenen Gleichung (H) ist also yH (x) = Ax2 . Wie finden wir die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung (I)? Nun, wir suchen zunächst eine einzelne Lösung von (I); man nennt sie partikuläre Lösung. Um diese zu finden, machen wir einen Ansatz, der Variation der Konstanten genannt wird und erstmals von Joseph-Louis Lagrange (1736 – 1813) benutzt wurde. Wir nehmen die allgemeine Lösung yH (x) = Ax2 von (H) und ersetzen die Konstante A durch eine (noch unbekannte) Funktion a(x), das heisst wir setzen y(x) = a(x) · x2 . 103 Diesen Ansatz setzen wir in die Gleichung (I) ein: Wir erhalten also a(x) = x + c. Die Konstante c können wir weglassen, da wir nur eine einzelne Lösung von (I) suchen; also a(x) = x genügt. Damit erhalten wir eine partikuläre Lösung yP (x) = a(x) · x2 = x3 der Gleichung (I). Nun addieren wir die partikuläre Lösung von (I) und die allgemeine Lösung von (H), y(x) = yP (x) + yH (x) = x3 + Ax2 , und behaupten, dass dies die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung (I) ist. Wir können rasch überprüfen, dass y(x) tatsächlich eine Lösung von (I) ist: Diese Lösungsmethode funktioniert allgemein. Satz 6.1 Die allgemeine Lösung von (I) erhält man durch Addition einer partikulären Lösung von (I) und der allgemeinen Lösung von (H). Ist yP eine partikuläre Lösung von (I) und yH eine allgemeine Lösung von (H), dann können wir wie eben im Beispiel zeigen, dass y = yP + yH tatsächlich eine Lösung von (I) ist. Es gilt nämlich ′ yP′ = p(x)yP + q(x) und yH = p(x)yH . Damit folgt ′ y ′ = yP′ + yH = p(x)yP + q(x) + p(x)yH = p(x)(yP + yH ) + q(x) = p(x)y + q(x) . Warum erhält man aber durch die im Satz beschriebenen Vorgehensweise alle Lösungen von (I) ? Nun, wir können zeigen, dass die Differenz von zwei Lösungen y1 und y2 von (I) stets eine Lösung von (H) ist. Sei y = y1 − y2 . Dann gilt nämlich y ′ = y1′ − y2′ = p(x)y1 + q(x) − (p(x)y2 + q(x)) = p(x)(y1 − y2 ) = p(x)y , also ist y eine Lösung von (H). Es gilt also, dass y2 = y1 + yH für eine Lösung yH von (H). 104 Seien wie vorher y ′ = p(x)y + q(x) y ′ = p(x)y (I) (H) Methode zur Bestimmung der allgemeinen Lösung von (I) Schritt 1 : Bestimmung der allgemeinen Lösung yH von (H) durch Trennung der Variablen. Wir erhalten also yH (x) = AeP (x) für eine Stammfunktion P (x) von p(x). Schritt 2 : Bestimmung einer partikulären Lösung yP von (I) durch Variation der Konstanten. Wir nehmen die allgemeine Lösung yH (x) = AeP (x) von Schritt 1 und ersetzen die Konstante A durch a(x), das heisst, wir machen den Ansatz yP (x) = a(x)eP (x) . Diesen Ansatz setzen wir in die Gleichung (I) ein, um daraus a(x) bestimmen zu können. Wir erhalten dadurch eine partikuläre Lösung yP (x) von (I). Schritt 3 : Die allgemeine Lösung von (I) ist nun gegeben durch y(x) = yP (x) + yH (x) . Beispiel Gesucht ist die allgemeine Lösung der inhomogenen linearen DGL y′ = y + x . Schritt 1 : Wir bestimmen die allgemeine Lösung yH der zugehörigen homogenen Gleichung y′ = y . 105 Schritt 2 : Wir bestimmen eine partikuläre Lösung yP der inhomogenen DGL y′ = y + x . Wir machen den Ansatz y(x) = a(x) · ex und setzen ihn in die Gleichung y ′ = y + x ein: Damit erhalten wir die partikuläre Lösung Schritt 3 : Die allgemeine Lösung der DGL y ′ = y + x ist demnach y(x) = yP + yH = −1 − x + Aex . Die Bilder zeigen die eindeutigen Lösungen zu verschiedenen Anfangsbedingungen: y(0) = − 12 =⇒ A= • Bild Mitte: y(0) = −1 =⇒ A=0 • Bild rechts: y(0) = −2 =⇒ A = −1 • Bild links: 1 2 106 6.3 Lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung Wir beginnen mit drei Beispielen. 1. Die DGL y ′′ = 0 hat die allgemeine Lösung y(x) = Ax + B für beliebige Konstanten A und B. Kontrolle: 2. Die DGL y ′′ = y hat die allgemeine Lösung y(x) = Aex + Be−x für beliebige Konstanten A und B. Kontrolle: 3. Die DGL y ′′ = −y hat die allgemeine Lösung y(x) = A cos(x) + B sin(x) für beliebige Konstanten A und B. Kontrolle: In allen drei Beispielen können zwei Konstanten A und B frei gewählt werden. Um eine eindeutige Lösung zu erhalten, müssen deshalb zwei Anfangsbedingungen vorgegeben werden, zum Beispiel y(0) und y ′ (0). Allgemein untersuchen wir hier Differentialgleichungen der Form ay ′′ + by ′ + cy = 0 (6) mit a 6= 0, welche man homogene lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung (mit konstanten Koeffizienten) nennt. Wir bemerken zuerst, dass für eine Lösung y von (6) auch Ay eine Lösung ist, und sind y1 , y2 zwei Lösungen von (6), dann ist auch die Summe y1 + y2 eine Lösung von (6). 107 Um eine Lösung von (6) zu finden, machen wir den Ansatz y(x) = eλx und setzen ihn in die Gleichung (6) ein: Da eλx 6= 0, folgt aλ2 + bλ + c = 0 . Diese Gleichung nennt man charakteristische Gleichung von (6). Wir erhalten also eine Lösung y(x) = eλx von (6), wenn λ die charakteristische Gleichung erfüllt. Diese Gleichung hat entweder zwei verschiedene reelle Lösungen, eine reelle Lösung oder zwei konjugiert komplexe Lösungen. Wir untersuchen diese drei Fälle nacheinander. 1. Fall: Die Gleichung aλ2 + bλ + c = 0 hat zwei verschiedene reelle Lösungen. Dies ist genau dann der Fall, wenn b2 − 4ac > 0. Die beiden reellen Lösungen sind dann gegeben durch √ √ −b + b2 − 4ac −b − b2 − 4ac λ1 = und λ2 = . 2a 2a Die allgemeine Lösung der DGL (6) ist in diesem Fall y(x) = Aeλ1 x + Beλ2 x . Dass eλ1 x und eλ2 x Lösungen sind, ist klar, da λ1 und λ2 Lösungen der charakteristischen Gleichung sind. Nach der Bemerkung oben ist dann auch jede Linearkombination eine Lösung. Beispiel Gesucht ist die Lösung der DGL 2y ′′ − 10y ′ + 12y = 0 mit den Anfangsbedingungen y(0) = 7 und y ′ (0) = 19. 108 Die Lösung ist also y(x) = 2e2x + 5e3x . 2. Fall: Die Gleichung aλ2 + bλ + c = 0 hat eine reelle Lösung. Dies ist genau dann der Fall, wenn b2 − 4ac = 0. Die Lösung ist dann gegeben durch λ0 = −b . 2a Die allgemeine Lösung der DGL (6) ist in diesem Fall y(x) = (Ax + B)eλ0 x . Dass eλ0 x eine Lösung ist, ist klar von der Herleitung. Dass xeλ0 x eine Lösung ist, könnte man durch Einsetzen in die Gleichung (6) überprüfen. Beispiel Gesucht ist die Lösung der DGL y ′′ − 10y ′ + 25y = 0 mit den Anfangsbedingungen y(0) = 3 und y ′ (0) = 13. 109 Die Lösung ist also y(x) = (−2x + 3)e5x . 3. Fall: Die Gleichung aλ2 + bλ + c = 0 hat zwei konjugiert komplexe Lösungen. Dies ist genau dann der Fall, wenn b2 − 4ac < 0. Die beiden konjugiert komplexen Lösungen sind dann gegeben durch λ1 = α + iω und λ2 = α − iω , wobei √ 4ac − b2 b und ω = . α=− 2a 2a Die allgemeine Lösung der DGL (6) ist in diesem Fall y(x) = eαx (A sin(ωx) + B cos(ωx)) . Dass eαx sin(ωx) und eαx cos(ωx) Lösungen von (6) sind, könnten wir vermuten, da eλ1 x = e(α+iω)x = eαx eiωx = eαx (cos(ωx) + i sin(ωx)) eine Lösung von (6) ist. Beispiel Gesucht ist die Lösung der DGL y ′′ − 4y ′ + 13y = 0 mit den Anfangsbedingungen y(0) = 3 und y ′ (0) = 9. 110 Die Lösung ist also y(x) = e2x (sin(3x) + 3 cos(3x)) = mit u = arccos √110 ≈ 1, 25 (vgl. Satz 2.9). √ 10 e2x (sin(3x + u)) Physikalische Anwendung: Das Federpendel Wir betrachten einen an einer Spiralfeder aufgehängten Körper der Masse m. Die Funktion y(t) soll die Auslenkung des Körpers aus der Ruhelage zum Zeitpunkt t beschreiben. Experimente zeigen, dass bei kleinen Auslenkungen aus der Ruhelage die rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung ist. Der Proportionalitätsfaktor k > 0 hängt nur von der Feder ab und heisst Federkonstante. Da diese Kraft entgegen der Auslenkung wirkt, können wir sie durch −kx angeben. Die Auslenkung wird zudem durch eine Reibungskraft (Luftwiderstand) gebremst. Diese ist proportional zur Geschwindigkeit y ′ (t). Den Proportionalitätsfaktor bezeichnen wir mit ρ. Da die Kraft gleich Masse m mal Beschleunigung y ′′ (t) ist, erhalten wir die Differentialgleichung my ′′ = −ky − ρy ′ , die wir umschreiben zu my ′′ + ρy ′ + ky = 0 . Dies ist eine homogene lineare DGL zweiter Ordnung. Die zugehörige charakteristische Gleichung lautet mλ2 + ρλ + k = 0 . Wir nehmen nun an, dass die Reibung klein ist, das heisst, es gelte ρ2 < 4mk. Damit sind wir im 3. Fall. Für die allgemeine Lösung erhalten wir y(t) = eαt (A sin(ωt) + B cos(ωt)) = Ceαt sin(ωt + u) mit r ρ2 k ρ und ω = − α=− 2m m 4m2 und reellen Zahlen A, B (bzw. C, u), welche durch die Anfangsbedingungen festgelegt werden. Man erkennt, dass die Schwingung gedämpft ist, das heisst die Amplitude nimmt ab und zwar ρ exponentiell mit Ceα t = Ce− 2m t . 111 Für k = m = 1 und ρ = 0, 1 sieht der Graph von y(t) beispielsweise so aus: 6.4 Systeme von linearen Differentialgleichungen Die einfachste Form eines solchen Systems besteht aus zwei Differentialgleichungen y1′ = ay1 + by2 y2′ = cy1 + dy2 (7) und hat als Lösung Paare von Funktionen y1 (x), y2 (x). Diese beiden Funktionen sind also untereinander “gekoppelt”. Um eine Lösung zu finden, machen wir den Ansatz y1 (x) = eλx , y2 (x) = keλx . Setzen wir dies in das System (7) ein, erhalten wir die Gleichungen (a − λ) + bk = 0 c + (d − λ)k = 0 . Hieraus folgt k=− und damit a−λ c =− b d−λ λ2 − (a + d)λ + (ad − bc) = 0 . Diese Gleichung heisst charakteristische Gleichung des Systems (7). 1. Fall: Hat die charakteristische Gleichung die beiden reellen Lösungen λ1 und λ2 , so ist die allgemeine Lösung von (7) gegeben durch y1 (x) = Aeλ1 x + Beλ2 x y2 (x) = Ak1 eλ1 x + Bk2 eλ2 x mit k1,2 = − a−λ1,2 b = − d−λc 1,2 und beliebigen Konstanten A, B. 112 Beispiel y1′ = 3y1 − 2y2 y2′ = 2y1 − 2y2 Die charakteristische Gleichung ist Wir finden und damit ist die allgemeine Lösung des Systems y1 (x) = Ae−x + Be2x B y2 (x) = 2Ae−x + e2x . 2 2. Fall: Hat die charakteristische Gleichung eine reelle Lösung λ0 , so ist die erste Lösungsfunktion gegeben durch y1 (x) = (Ax + B)eλ0 x . Die zweite Lösungsfunktion y2 (x) erhält man, indem man y1 (x) und y1′ (x) in die erste Gleichung des Systems (7) einsetzt. Beispiel y1′ = 4y1 − 3y2 y2′ = 3y1 − 2y2 Die charakteristische Gleichung ist Die erste Lösungsfunktion ist also gegeben durch y1 (x) = (Ax + B)ex . Wir berechnen die Ableitung y1′ (x). Einsetzen in die erste Gleichung des Systems und auflösen nach y2 ergibt und wir erhalten 1 y2 (x) = (Ax − A + B)ex . 3 3. Fall: Sind die Lösungen der charakteristischen Gleichung konjugiert komplex, so liefern die Formeln des 1. Falls die allgemeine Lösung des Systems, indem man den Real- und den Imaginärteil betrachtet. 113 Beispiel y1′ = y1 − y2 y2′ = y1 + y2 Die charakteristische Gleichung ist Wir finden und damit ist eine komplexe Lösung des Systems gegeben durch y1 (x) = e(1+i)x = ex · eix = ex (cos x + i sin x) y2 (x) = (−i)e(1+i)x = ex (sin x − i cos x) mit den Real- und Imaginärteilen Re y1 (x) = ex cos x Re y2 (x) = ex sin x Im y1 (x) = ex sin x . Im y2 (x) = −ex cos x Die allgemeine Lösung des Systems ergibt sich nun als Linearkombination von Real- und Imaginärteil, y1 (x) = ex (A cos x + B sin x) y2 (x) = ex (A sin x − B cos x) . Allgemeiner kann man Systeme von zwei und mehr linearen Differentialgleichungen mit Hilfe von sogenannten Eigenwerten und Eigenvektoren (der Koeffizientenmatrix) lösen. Wir werden im nächsten Semester auf diese Methode zurückkommen. Sind die Koeffizienten a, b, c, d des Systems (7) abhängig von x, dann gibt es keine allgemeine Lösungsverfahren. Räuber-Beute-Beziehungen Interessant sind weiter Systeme von Differentialgleichungen, die zwei (oder mehrere) Populationen beschreiben, die sich gegenseitig beeinflussen. Betrachten wir zum Beispiel zwei Populationen y1 (t), die Beute, und y2 (t), die Räuber. Ohne Räuber würde sich die Beute gemäss y1′ (t) = ay1 (t) vermehren. Sind Räuber anwesend, vermindert sich die Wachstumsrate y1′ (t) um einen Term proportional zur Anzahl der Räuber. Für die Population der Beute ergibt dies eine Differentialgleichung der Form y1′ (t) = (a − b y2 (t)) y1 (t) . 114 Für die Räuber gilt, dass sie ohne Beute gemäss y2′ (t) = −cy2 (t) aussterben würden. Gibt es Beutetiere, dann vermindert sich die Sterberate um einen Term proportional zur Anzahl der Beutetiere. Für die Population der Räuber ergibt dies eine Differentialgleichung der Form y2′ (t) = −(c − d y1 (t)) y2 (t) . Diese beiden Differentialgleichungen bilden ein System von Differentialgleichungen, das Volterra-Lotka Räuber-Beute-Modell genannt wird. Es kann nur numerisch mit Hilfe eines CAS gelöst werden. Wir wollen hier eine Räuber-Beute-Beziehung zwischen Luchsen und Hasen untersuchen, für die wir ein einfacheres Modell benutzen. Und zwar gehen wir von einem Gleichgewichtszustand für beide Populationen (Luchse und Hasen) aus: L = Anzahl Luchse im Gleichgewichtszustand H = Anzahl Hasen im Gleichgewichtszustand Im Gleichgewichtszustand wären beide Populationen konstant. Sobald das Gleichgewicht gestört wird, entstehen variable Populationen. Es sei l(t) = Anzahl Luchse zur Zeit t h(t) = Anzahl Hasen zur Zeit t Das Wachstum der Luchspopulation l(t) hängt vom Nahrungsangebot h(t) ab. Die Abnahme der Hasenpopulation h(t) wird durch die Feinde l(t) bestimmt. Damit erhalten wir das System von Differentialgleichungen l′ (t) = a2 (h(t) − H) h′ (t) = −b2 (l(t) − L) denn ein Überschuss an Hasen (h(t) > H) fördert die Luchspopulation und bei einem Überschuss an Luchsen (l(t) > L) nimmt die Hasenpopulation ab. Zur Lösung dieses Systems leiten wir die zweite Gleichung ab und setzen die erste ein: Wir erhalten also h′′ (t) = −a2 b2 h(t) + a2 b2 H . Dies ist eine inhomogene lineare DGL zweiter Ordnung. Wir können sie lösen mit Hilfe von Satz 6.1, der auch für lineare DGL höherer Ordnung gilt. Die zugehörige homogene DGL ist h′′ (t) = −a2 b2 h(t) . Eine solche DGL haben wir schon beim Federpendel (für ρ = 0) gelöst! Analog finden wir also die allgemeine Lösung hH (t) = A sin(ab t) + B cos(ab t) . 115 Für die inhomogene DGL erraten wir die partikuläre Lösung: Die DGL für die Hasen ist also (gemäss Satz 6.1) erfüllt durch die allgemeine Lösung h(t) = hP (t) + hH (t) = H + A sin(ab t) + B cos(ab t) . Um l(t) zu bestimmen, leiten wir diese Gleichung ab und setzen die abgeleitete Gleichung in die DGL h′ (t) = −b2 (l(t) − L) ein: Wir erhalten a a l(t) = L + B sin(ab t) − A cos(ab t) . b b Nun passen wir noch die Konstanten an, indem wir A = bC und B = bD für neue Konstanten C und D setzen. Damit folgt l(t) = L + aD sin(ab t) − aC cos(ab t) h(t) = H + bC sin(ab t) + bD cos(ab t) . Beide Populationen schwanken um den Gleichgewichtszustand. Nehmen wir nun konkrete Zahlen, und zwar sei a2 = 0, 4 und b2 = 0, 9, sowie L = 40 und H = 60 . l(0) = 35 und h(0) = 30 Mit den Anfangsbedingungen erhalten wir l(t) = 40 − 20 sin(0, 6 t) − 5 cos(0, 6 t) h(t) = 60 + 7, 5 sin(0, 6 t) − 30 cos(0, 6 t) 116 Mit den Anfangsbedingungen l(0) = 10 und h(0) = 20 erhalten wir 80 sin(0, 6 t) − 30 cos(0, 6 t) 3 h(t) = 60 + 45 sin(0, 6 t) − 40 cos(0, 6 t) l(t) = 40 − Sterben die Populationen etwa aus? Wir erkennen, dass dem so ist, wenn wir die beiden Funktionen l(t) und h(t) umschreiben zu l(t) = 40 + 40, 14 cos(0, 6 t + 2, 41) h(t) = 60 + 60, 21 cos(0, 6 t − 2, 30)