Q1 2016 Sonderbericht.pages

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Sonderbericht zur Marktlage
Der Rückgang der Aktienmärkte seit Beginn dieses
Jahres hat Anleger und Vermögensverwalter vor
allem eines gelehrt: Bescheidenheit. Der DAX hat
mit einem Rückgang von ca. minus 17 % den
schlechtesten Jahresstart seit seiner Geschichte
aufgewiesen. Wie konnte es dazu kommen trotz
eines moderaten weltweiten Wirtschaftswachstum,
niedriger Energiepreise, ultra-niedriger Zinsen und
positiver Unternehmensgewinne (zumindest ausserhalb des Energiesektors)?
Im Nachhinein lassen sich unzählige Gründe für
eine geringere Risikobereitschaft anführen, jedoch
fällt es uns schwer Gründe für die panikartigen
Verkäufe zu finden. Zu den belastenden Faktoren
zählen neben der unklaren Zinspolitik der amerikanischen Notenbank, den Problemen der Schwellenländer, einem geringeren Welthandel, der Abschwächung der Wachstumsraten in China vor allem der Einbruch des Ölpreises. Bemerkenswert
ist, dass die eigentlich positiven Aspekte des Ölpreisrückgangs auf Konsum und Kosten der Unternehmen ausgeblendet werden. Da nur die negativen Aspekte beachtet werden, führte dieses Verhalten dazu, dass zwischen Aktienmarkt und Ölpreis zwischenzeitlich eine Korrelation von nahezu
1 herrschte, d.h. Aktien und Ölpreis bewegten sich
im Gleichschritt. Erklären lässt sich dieses Verhalten
vor allem aber mit dem Einfluß des Ölpreisrück-
gangs auf die amerikanische Wirtschaft (hierzu
mehr im folgenden Abschnitt über die USA). Die
positiven Effekte hingegen treten offenbar erst
später auf (besonders in den USA wird der Nutzen
aus dem Ölpreisrückgang gespart) oder zeigen
sich erst später (in den Unternehmensbilanzen).
Wir möchten Ihnen anbieten, den Einfluss dieser
Entwicklung auf Ihr Portfolio mit uns im Detail zu
besprechen. Wenn daran Interesse besteht, bitten
wir Sie mit uns einen Termin zu vereinbaren. Zunächst stellen wir Ihnen jedoch nachstehend in der
bewährten Form unsere Sicht der aktuellen Wirtschaftslage in den drei Blöcken USA, Europa und
China dar.
USA
Die jüngst veröffentlichten Daten über das Wachstum des Sozialprodukts in den USA im vierten
Quartal bestätigen, dass insbesondere die Investitionen aufgrund des Ölpreisrückgangs stark gelitten haben. Offenbar strahlt daher die Schwäche
des Energiesektors immer mehr auf den gesamten
verarbeitenden Sektor aus und führte im Januar
sogar zu einem weniger dynamisch wachsenden
Arbeitsmarkt. Wie in den Vorquartalen war der private Verbrauch die tragende Säule der Wirtschaft.
Allerdings hat auch die Dynamik des privaten Verbrauchs abgenommen und bleibt insbesondere
deutlich hinter dem Wachstum der verfügbaren
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achtet. Als Indiz für die „Gesundung“ des Arbeitsmarktes sollte man jedoch auch andere Daten
heranziehen, wie z.B. die Anzahl der offenen Stellen. Die diese Woche veröffentlichten Daten für
Dezember zeigen an, dass mit 5,6 Mio der Wert
fast wieder den höchsten Stand seit über 10 Jahren
erreicht hat. Dieser Anstieg der offenen Stellen
lässt sich schwerlich vereinbaren mit einer Wirtschaft, die vor einer möglichen Rezession steht.
Einkommen zurück wie die vorstehende Grafik illustriert. Die amerikanischen Verbraucher haben
daher nicht nur ihre Ausgabenbereitschaft gesenkt,
sondern sie haben auch einen grossen Teil der
verbesserten Einkommenssituation zur Erhöhung
ihrer Sparquote genutzt, die von Januar 2014 bis
Ende 2015 von 4,3 % auf 5,5 % anstieg.
Wichtig erscheint uns jedoch, dass die USA neben
den konjunkturellen Effekten wie Energiekosten
und Zinsen mit dem hohen Bevölkerungswachstum über einen nachhaltigen Wachstumsmotor
verfügen. Wesentlich ist ausserdem, dass die Be-
Blendet man daher in der amerikanischen Volkswirtschaft die stärker schwankenden Komponenten
Vorräte, Externer Sektor und Investitionen aus, so
ergibt sich für die USA eine insgesamt recht stabile
Wirtschaft. Dieser Einschätzung lag auch die Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank zugrunde. Trotzdem wird der Markt plötzlich von Rezessionsängsten beherrscht. Sind sie berechtigt?
Wie viele andere Analysten halten wir eine Rezession für sehr unwahrscheinlich. Die meisten Kommentatoren weisen daraufhin, dass es in der Vergangenheit bei ultra-niedrigen Zinsen und fallenden Ölpreisen noch nie eine Rezession gab. Dieses
Argument ist insofern richtig, als dass Rezessionen
vor allem durch stark steigende Ölpreise und/oder
stark steigende Zinsen ausgelöst wurden. Derzeit
ist weder das eine noch das andere zu erwarten.
Trotzdem ist diese Sichtweise zu einfach und es
bedarf zur Einschätzung der Robustheit der amerikanischen Wirtschaft der Analyse weiterer Aspekte.
Ausgehend davon, dass der externe Sektor und
die Vorratsveränderung nur einen geringen Beitrag
zur Wirtschaftsleistung beitragen, konzentrieren wir
uns auf den privaten Verbrauch (der typischerweise
etwa 2/3 beiträgt). Gemessen an dem auch im Januar gestiegenen Anstieg des Verbrauchervertrauens ist hier trotz der in den Medien verbreiteten
Unruhe keine Veränderung zu erwarten. Dazu trägt
sicher auch der feste Arbeitsmarkt bei sowie die
moderat steigenden Arbeitskosten (+2,5 %). Beim
Arbeitsmarkt wird vorwiegend die Anzahl der neu
geschaffenen Stellen und die Arbeitslosenrate be-
völkerung nicht nur wächst, sondern dass sich das
Bevölkerungswachstum auch in der Gründung
neuer Haushalte niederschlägt wie das vorstehende Schaubild illustriert. Die Gründung neuer Haushalte ist jedoch einer der wesentlichen Treiber für
den Immobilienmarkt, der wiederum einer der
Schlüsselsektoren der Wirtschaft ist.
Europa
Gemessen an einer Vielzahl von Wirtschaftsindikatoren (Einzelhandelsumsätze, Industrieproduktion,
Unternehmervertrauen) hat sich die Wirtschaftsdynamik in Europa zuletzt etwas abgeschwächt.
Spanien als viertgrösste Volkswirtschaft in Europa
ist nach wie vor der Wachstumsmotor, wobei das
Wachstum durch den starken Tourismus und die
Ölpreise besonders starke Impulse erfährt. Die
derzeitige politische Unsicherheit sollte sich nicht
dauerhaft auf die Wirtschaftsleitung auswirken.
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In Deutschland ist der private Konsum ebenfalls
die Stütze der Wirtschaft, vor dem Hintergrund der
gesunkenen Kosten für Zinsen und Energie und
der Ausgaben für die Flüchtlinge wäre hier jedoch
eine höhere Dynamik zu erwarten.
In Frankreich überrascht der erneute Anstieg der
Arbeitslosenquote auf über 10 %, die anzeigt, dass
die Wirtschaftspolitik der Regierung unzureichend
für die Bekämpfung dieses Hauptproblems der
französischen Wirtschaft ist.
Das verhaltene Wachstum in der Eurozone sowie
die fallenden Ölpreise gefährden das Ziel der EZB
einer Inflationsrate von 2 %. Im März dürfte daher
eine erneute Lockerung der Geldpolitik anstehen.
Die Abschwächung der Wirtschaftsdynamik in China vollzieht sich in geordneter Form und es ist daher verfehlt von einer harten Landung zu sprechen.
Dagegen spricht nicht nur der Wachstumsmotor
„Urbanisierung“, der hohe Investitionen in die Infrastruktur des Landes erfordert, sondern auch der
Wille der Regierung das Wachstumsziel von 6,5 %
für 2016 zu erreichen. Dieses Ziel kann durch eine
weitere Lockerung der Geldpolitik unterstützt werden.
Ölpreis
China
Die Wachstumsrate des chinesischen Sozialprodukts hat sich im vierten Quartal zwar nur leicht
von 6,9 % auf 6,8 % abgeschwächt, die Kommentatoren stellten jedoch vor allem heraus, dass es
sich in 2015 um das geringste Wachstum seit 25
Jahren handelt. Faktisch ist diese Aussage zwar
korrekt, wichtiger wäre jedoch ein Hinweis darauf
gewesen, dass sich die Qualität des Wachstums
verbessert, da die Wirtschaftsleistung immer stärker vom Konsum getrieben wird. Die Orientierung
hin zum privaten Verbrauch zeigt sich nicht nur an
den Einzelhandelsumsätzen (+11 % p.a.), sondern
auch am Anstieg der verfügbaren Einkommen, die
beständig mit einer realen Jahresrate von ca. 7,5 %
wachsen. Wichtig ist auch, dass im Konsumsektor
mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als im verarbeitenden Gewerbe (s. das nachfolgende Schaubild).
Nach den Prognosen der OPEC und der Energieagenturen wird bis Ende 2016 ein Überschuss des
Ölangebots über die Nachfrage erwartet (s. a. die
nachstehende Grafik, die auf den neuesten Daten
der U.S. Energy Information Administration beruhen). Erst für die zweite Jahreshälfte wird eine Verringerung des Überangebots erwartet. Nach den
diese Woche bekanntgewordenen Daten der International Energy Agency über eine geringere
Entwicklung der Beschäftigten in China
(in 10.000 Beschäftigte)
40.000
Landwirtschaft
Verarbeitendes Gewerbe
Konsum
32.500
25.000
17.500
10.000
1995
1999
2003
2007
2011
2014
Quelle: Bureau of Statistics of China
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Nachfrage könnte sich jedoch der Ausgleich des
Überangebotes noch weiter verschieben.
Diese Prognosen beruhen ebenfalls auf einem
Rückgang des Angebots in den USA. Bisher ist in
den USA seit Monaten kein Rückgang der Produktion festzustellen. Die auf dem „Fracking“ beruhende Produktion ist jedoch bereits seit einiger
Zeit rückläufig, wie die vorstehende Grafik zeigt.
Wir glauben daher, dass es in der Tat wie die Prognosen anzeigen, in der zweiten Jahreshälfte zu
einem deutlichen Rückgang des Ölüberangebotes
kommt.
Fazit
Wir glauben, dass die Finanzmärkte in zunehmendem Maße nicht die Realität der globalen Wirtschaftslage widerspiegeln. Die Finanzmärkte neigen oft zur Übertreibung und diese Übertreibung
wird sicherlich durch die teilweise aufreißerische
Berichtserstattung in den Medien zu einem guten
Teil gefördert. Ein Beispiel hierfür ist insbesondere
das Ausblenden positiver Daten des chinesischen
Konsumsektors. Dabei sind es gerade privater
Konsum und Dienstleistungen, die zunehmend als
Treiber der Wirtschaft gelten können. Die nachstehende Grafik der Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes (die in den englischsprachigen Medien
vielfache Beachtung finden) verdeutlicht diese Einschätzung.
Trotzdem können wir nicht verkennen, dass sich in
der Weltwirtschaft ein Wandel vollzieht, der offenbar nicht spannungsfrei verläuft:
• Ende des Zinssenkungstrends in den USA
• stärkere Ausrichtung der Weltwirtschaft auf
Dienstleistungen (und damit tendenziell
geringere Nachfrage nach Rohstoffen)
• geringerer Welthandel (möglicherweise
auch verbunden mit der Änderung der
Struktur der Weltwirtschaft)
• Ausfall der Schwellenländer als Wachstumsmotor (hier wirken strukturelle Probleme mit konjunkturellen Problemen zusammen)
Die Daten über den Welthandel werden selten gezeigt, aber oft kommentiert. Bei genauer Betrachtung stellen wir fest, dass es zwar eine geringere
Dynamik gibt, keineswegs aber einen Einbruch wie
beispielsweise 2000 und 2008. Möglicherweise
sind es vor allem strukturelle Gründe, die zu der
geringeren Wachstumsdynamik in den letzten zwei
Jahren geführt haben. Dann hätte diese Entwicklung vor allem Konsequenzen für die Aktienselektion (und die geringere Dynamik wäre nicht automatisch ein Hinweis für eine geringere Wirtschaftsdynamik im ganzen).
Sofern die von der Weltbank und dem IMF erwarteten globalen Wachstumsraten von ca. 3 % auch
nur annähernd zu treffen, sollten sich auch die Unternehmensgewinne positiv entwickeln. Bei einer
nachhaltig positiven Entwicklung der Unternehmensgewinne werden auch die Börsen wieder auf
einen normalen Wachstumspfad zurückkehren.
Hierzu bedarf es jedoch zunächst der Stabilisierung
des Ölpreises.
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Für Ihre Portfolios bedeutet dies, dass wir nicht
beabsichtigen die Aktienquote zu reduzieren und
Liquidität aufzubauen. Sollten sich die Aktienkurse
weiter rückläufig bewegen, so erwägen wir in Einzelfällen Anlagen in ausgewählten Unternehmen
vorzunehmen, die bisher sehr hohe Bewertungen
hatten und die wir deshalb bisher gemieden hatten. Hierzu zählen insbesondere Firmen des Pharmasektors, der Medizintechnik und des Lebensmittelsektors.
Bad Homburg, im Februar 2016
Willi Ufer
Chief Executive Officer
Jürgen Brückner
Chief Investment Officer
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