Geduld beim Kommen des Herrn 2. Sonntag im Advent So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe. Jakobus 5,7+8 Wir leben in einer Zeit der genau gehenden Uhren. Pünktlichkeit ist eine Tugend, auf die wir sehr viel Wert legen. Es fällt uns schwer zu warten, weil wir keine Zeit verschwenden wollen. Und bei Verspätungen werden wir ungeduldig und regen uns auf. Was für unser Leben in dieser immer komplizierter werdenden Welt vielleicht richtig und notwendig ist, ist für uns im Blick auf die Wiederkunft unseres Herrn in Herrlichkeit die falsche Haltung. Hierbei haben wir Geduld nötig; und wenn wir sie nicht haben, sollen wir uns darin üben, sagt Jakobus. Er wendet sich gegen eine falsche, enthusiastische und eifernde Naherwartung, der es zu lange dauern will, bis der jüngste Tag anbricht. Er ruft diejenigen Christen zur Geduld auf, die meinen, Gott habe Verspätung und sei längst überfällig damit, seine Ankündigungen wahr zu machen. Jakobus ruft diejenigen zur Besinnung, die versuchen, Gott die Tür einzurennen oder ihn durch eigene Aktivitäten dazu zu nötigen, dass er endlich eingreift. Nun müssen wir uns aber wohl erst einmal fragen, ob uns diese Mahnung von Jakobus überhaupt trifft. Sind wir denn ungeduldig im Warten auf die Wiederkunft unseres Herrn? Haben wir uns nicht vielmehr reichlich fest in der Welt eingerichtet, so dass wir es ganz gut in ihr aushalten und gar nicht so sehr sehnsüchtig nach dem Anbrechen des Reiches Gottes Ausschau halten? Haben wir nicht eher die gegenteilige Mahnung nötig, nämlich dass wir uns mehr und besser einstellen auf das Kommen unseres Herrn Christus zum Gericht? Müssen wir uns nicht lieber daran erinnern lassen, dass wir wachsamer sein sollen für die Zeichen, die das Anbrechen des Reiches Gottes in Herrlichkeit ankündigen? Brauchen wir statt einer Aufforderung zur Geduld nicht eher die, mehr für Kirche und Gemeinde zu tun als bisher, unsere Gleichgültigkeit und Trägheit in den Dingen des Reiches Gottes zu bekämpfen und endlich die Probleme der Welt anzupacken, die schon lange nach einer Lösung verlangen? Bei dem, was Jakobus schreibt, fällt etwas ganz Außergewöhnliches auf. Einmal schreibt er: "Das Kommen des Herrn ist nahe" (V.8) - und zur selben Zeit sagt er: "So seid nun geduldig" (V.7). Das sieht zunächst wie ein Gegensatz aus, denn wie kann es sein, dass der Herr bald kommt und wir dennoch einen langen Atem haben sollen? Aber das ist es gerade, was ganz charakteristisch für den christlichen Glauben ist und was unsere Haltung als Christen bestimmen soll. Auf der einen Seite ist unser Glaube auf Gottes Zukunft ausgerichtet und wir sollen mit dem Psalmdichter sagen: "Meine Seele wartet auf den Herrn - mehr als die Wächter auf den Morgen" (Ps.130,6). Es kann ja gar nicht anders sein, dass wir die Herrlichkeit, zu der unser Herr Christus uns erlöst hat, auch sehen wollen. Durch die Vergebung unserer Sünden ist uns das ewige Leben mit Gott geschenkt. Darum ist es ganz natürlich, dass 1 wir danach Ausschau halten und uns nach dem Leben ohne Sünde in der ungestörten Gemeinschaft mit Gott sehnen. Das ist die echte Zukunfts-Erwartung von uns Christen. Vielleicht schweigen wir zu oft von dieser unserer Zukunft, weil sie durch die Schwärmer aller Richtungen in Verruf gekommen ist. Aber unser Christsein stimmt nur dann, wenn wir nicht nur fest mit der Wiederkunft des Herrn Christus rechnen, sondern wenn wir uns auch freudig danach sehnen. Wo diese Erwartung fehlt, stimmt etwas nicht. Das Kommen unseres Herr ist auch tatsächlich nahe. Wir haben es an einem der letzten Sonntage gehört, dass sein Kommen für uns mit dem Augenblick unseres Sterbens zusammenfällt. Und weil wir nicht wissen, wann uns unsere letzte Stunde schlägt, müssen wir allezeit wach sein und bereit auf seine Wiederkunft. So sollen wir auf unseren Herrn warten. Aber das soll nicht in großer Aufregung und verkrampfter Anstrengung geschehen sondern in Geduld. Wir sollen nicht in einer fieberhaften Anspannung auf die Ankunft des Herrn Christus drängen, sondern uns auch hier getrost dem Handeln Gottes anvertrauen. Jakobus weist uns auf die Geduld, die ein Farmer haben muss in der Zeit zwischen Saat und Ernte. Er wird den richtigen Zeitpunkt zur Aussaat wählen. Aber dann muss er warten. Es würde nichts nützen, wenn er in der Zeit des Keimens, Wachsens, Blühens und Reifens den natürlichen und darum selbstverständlichen Ablauf zu beschleunigen versuchte. Es würde den Naturvorgang nur stören. Er muss geduldig sein und darauf vertrauen, dass Gott das Gedeihen und die Ernte geben wird. Ebenso können wir das Reich Gottes nicht durch unsere eigene Anstrengung schneller anbrechen lassen. Unsere Aufgabe als Christen und Kirche ist es, das Wort Gottes durch die Bezeugung des Evangeliums in Wort und Tat auszusäen. Das sollen wir tun. Das Wachsen und Gedeihen und die endlich entstehende Frucht aber müssen wir Gott überlassen. Wir können nur in Geduld auf den Anbruch seines Reiches warten. Alles andere wäre sinnlos, weil nur Gott den Zeitpunkt dafür bestimmt. Nun ist es aber mit solcher Geduld bei uns so eine Sache. Viele Menschen können keine Geduld aufbringen. Eine der am meisten gehörten Klagen heißt: "Ich habe keine Geduld" oder "keiner hat Geduld mit mir." Und was für die alltäglichen Dinge unseres Lebens gilt, gilt meistens ebenso sehr für unsere geistliche Seite. Das kannte auch Jakobus schon. Er hat darum im Zusammenhang mit seiner Aufforderung zur Geduld auf die frommen Personen hingewiesen, von denen das Alte Testament berichtet. Sie sind vorbildlich darin, wie sie mancherlei Dinge im Vertrauen auf Gottes Verheißungen in großer Geduld getragen haben. Da ist z.B. Abraham, der Gott glaubte, obwohl er eigentlich nichts von dem gesehen hat, was Gott ihm versprochen hat. Da ist Hiob, der in all seinem Leid sich nicht von Gott losgesagt hat, sondern bei ihm geblieben ist. Da sind die Propheten, die nicht nur Gottes Wort verkündigt haben, sondern auch große Dulder um dieses Wortes willen gewesen sind. An ihnen und so vielen anderen wird klar, dass Gott die Seinen nicht im Stich lässt, sondern sie zum herrlichen Ziel führt. 2 Wir brauchen aber noch mehr als nur gute Vorbilder, um zu dieser Geduld des Glaubens zu kommen. Dazu müssen wir sehen, dass solche Geduld nicht einfach eine Tugend ist, die wir durch irgend eine Methode erlernen können. Die Bibel meint mit Geduld eine Haltung, die sich in allem auf Gott bezieht und auf ihn verlässt. Solche Geduld besteht also nicht darin, dass man gute Nerven hat und sich auch in den anstrengendsten Lagen möglichst wenig aufregt, sondern darin, dass man sich geborgen weiß in Gottes allmächtiger und gütiger Hand. Solche Geduld ist deshalb keine Eigenschaft von unserer Seite, sondern kommt aus dem Glauben und ist darum Gottes unverdiente Gabe. Ja, Gott selber ist geduldig. Seine Geduld ist sogar ein herausragendes Kennzeichen seiner Gnade. Das sehen wir zum Beispiel am Gleichnis vom Schalksknecht (Mt. 18,20-35). Als der Knecht seine Schulden nicht bezahlen kann, fällt er vor dem Herrn nieder und fleht ihn an: Habe Geduld mit mir. Und von Gott heißt es dann: Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht." Bei Gott sind Geduld und Erbarmen eins. Das griechische Wort für Geduld bedeutet eigentlich: "seinen Zorn oder seine Leidenschaft über eine lange Zeit hin zurückhalten". Genau darin besteht Gottes Geduld. Er stellt seinen Zorn über unsere Sünde zurück und läßt statt dessen seine Güte und Gnade walten über alle, die an ihn glauben. Ja, seine Geduld ist noch besser als dass er nur für eine Weile nachsichtig ist und unsere Frist noch einmal um eine bestimmte Zeit verlängert, dann aber doch uns zur Rechenschaft zieht. Seine Geduld besteht darin, dass er unsere Sünde vergibt und vergisst und uns seine Gnade für immer schenkt. Im Gleichnis vom Schalksknecht heißt es: Und der Herr "ließ ihn frei, und die Schuld erließ er ihn auch. Gottes Geduld kennt keine Grenzen bei denen, die ihm vertrauen. Von dieser seiner Geduld leben wir - und sie läßt auch uns geduldig sein. Mit dem Gleichnis von dem Farmer, der in Geduld wartet, was Gott an der Saat tut, will Jakobus uns aber noch mehr deutlich machen als nur die Geduld, in der wir auf die Wiederkunft des Herrn Christus warten sollen. Er will uns damit auch zeigen, dass wir nicht vergeblich warten, sondern auf das Anbrechen des Reiches Gottes eine feste und gewisse Hoffnung haben, die uns nicht enttäuschen und in Stich lassen wird. So gewiss wie der Farmer nach der Aussaat und der Zeit des Wartens mit einer Ernte rechnen darf, so gewiss können wir mit dem Kommen des Herrn Christus rechnen. Viele Menschen warten ja auch deshalb ungeduldig auf seine Wiederkunft, weil sie angefochten sind durch mancherlei Zweifel, ob er denn wirklich kommen wird. Deshalb wollen sie so bald und so deutlich wie möglich etwas von seinem Kommen sehen. Wir brauchen darüber keine Zweifel zu haben und deshalb nicht ungeduldig zu werden. So gewiss wie der Herr Christus zum ersten Mal in die Welt gekommen ist, so gewiss wird er ganz plötzlich in Herrlichkeit wiederkommen und alles wahr machen, was er verheißen hat. Weil wir diese Gewissheit haben, können wir geduldig zu sein und auf ihn warten. Dieses Warten bedeutet auch nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen und nichts tun sollen. Gottes Geduld mit uns ist so stark, dass sie unser Leben verändert, sobald wir von ihr ergriffen sind. Die herrliche Hoffnung, die wir als Christen durch unsere Erlösung von Sünde, Tod und Teufel haben, lässt uns immer wieder neue Kraft finden für unsere 3 Aufgaben in Gemeinde, Kirche und Welt. Sie lässt uns sorgfältig und treu alle Aufgaben erfüllen, die Gott vor uns legt, in der Ehe, in der Familie, in der Gemeinschaft der Christen, an dem Ort, in dem wir leben oder wo immer unsere Verantwortung liegt. Seitdem wir wissen, dass unser Herr bald wiederkommt, können wir nicht mehr leben nach der Regel: Komm ich heut nicht, komm ich morgen. Ein Mensch der weiß, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, lebt intensiver. Jemand, der kurz vor dem Examen steht, studiert eifriger. Wer bald sein Leben zu verantworten hat, nimmt es ernster. So sollen wir Christen gerade deshalb, weil wir um das Kommen unseres Herrn wissen, unser Leben in der Verantwortung vor ihm führen. Dabei ist noch ein letztes nötig. Jakobus fordert dazu auf: "Stärkt eure Herzen". Das ist nötig beim Warten auf Christi Wiederkunft. So wie eine Batterie nach und nach ihre Kraft verliert, wenn sie nicht immer wieder neu aufgeladen wird, so werden wir Christen mit der Zeit mutlos und ungeduldig, wenn wir uns nicht immer wieder stärken lassen in unserem Glauben durch das Hören auf das Evangelium und die Teilnahme am Sakrament des Altars, und wenn wir uns nicht dabei gegenseitig beistehen und gemeinsam auf unseren Herrn warten. Nur wenn wir uns auch gegenseitig stützen und helfen, können wir durchhalten bis zur Wiederkunft unseres Herrn. Mit dieser Stärkung unserer Herzen sollen wir die Zeit, die uns bis dahin bleibt, ausfüllen. Dazu müssen wir immer mehr und tiefer in das Wort Gottes eindringen und es täglich die Grundlage unseres Lebens sein lassen. So können wir geduldig und getrost auf das Kommen unseres Herrn warten. Amen Herr Jesus Christus, wir warten auf dich und sehnen uns danach, dass du in deiner göttlichen Herrlichkeit erscheinen und dein Reich der Gerechtigkeit aufrichten wirst. Wir wissen, dass du der Herr aller Herren bist und uns aus lauter Gnade durch unsere Taufe auf deine Seite gestellt hast. Lass uns diese frohe Botschaft immer wieder gern hören und annehmen, damit wir unser Haupt erheben und dir entgegensehen können. "Du kommst uns ja zum Segen". Amen Peter Ahlers 6. Dez. 2009 4