SEISMIK (EXPLORATIONSSEISMIK) Inhaltsverzeichnis: 1 Allgemeine Einführung.......................................................................................................................... 2 1.1 Grundzüge................................................................................................................................... 2 1.2 Anwendung und Gegenüberstellung seismischer Verfahren...................................................... 3 2 Theorie ................................................................................................................................................... 5 2.1 Die Fortpflanzung der seismischen Wellen ................................................................................ 5 2.2 Wellenfronten, Wellenstrahlen ................................................................................................... 6 2.3 Refraktion und Reflexion............................................................................................................ 7 3 Akquistion und Auswertung seismischer Daten.................................................................................... 9 3.1 Refraktionsseismik (Ersteinsatzseismik) .................................................................................... 9 3.2 Reflexionsseismik..................................................................................................................... 10 4 Technische Beschreibung .................................................................................................................... 15 4.1 Die Geophone ........................................................................................................................... 15 4.2 Auslösen der Sprengung, Übertragen des Sprengmoments...................................................... 16 5 Praktikum Refraktionsseismik............................................................................................................. 17 5.1 Auswertung des geneigten n - Schichtenfalls ........................................................................... 17 5.2 Auswertung bei ebenem n - Schichtenfall ................................................................................ 18 5.3 Aufgaben................................................................................................................................... 19 6 Literatur ............................................................................................................................................... 20 Anhang.................................................................................................................................................... 21 Anhang I: Frontgeschwindigkeiten in verschiedenen Gesteinsarten.............................................. 21 ( Longitudinalwellen ) .................................................................................................................... 21 Anhang II: Eigenschaften Refraktion + Reflexion ........................................................................ 22 2 1 Allgemeine Einführung 1.1 Grundzüge Die seismische Erkundung stützt sich auf die physikalischen Gesetze, denen die Fortpflanzung elastischer Wellen im Erdinnern unterliegt. Elastische Wellen oder Schallwellen werden auf oder nahe der Erdoberfläche auf verschiedene Arten erzeugt. In der Landseismik kommen Sprengladungen zur Anwendung, die in verdämmten Bohrlöchern gezündet werden. Wo dies aus technischen Gründen (Gebäudebeschädigungen etc.) oder Gründen des Umweltschutzes (Grundwasser, Flurschäden, Lärmemmissionen) nicht zulässig ist, bedient man sich anderer Methoden zur Anregung seismischer Signale, vor allem in der Reflexionsseismik. Die verbreitetsten davon sind 1 VIBROSEIS® (Anregung durch gesteuerte Vibrationen) und Impaktanregungen entweder durch Fallgewichte oder durch oder durch das Aufschlagen eines Stempels (hydraulischer oder pneumatischer Hammer) oder eines Projektils auf der Erdoberfläche. Die marine Reflexionsseismik kennt vor allem die Anwedung von Airguns. Wegen der geringeren Anzahl Schüsse und der durch die grossen Schuss-Empfängerabstände benötigten grossen Energie, werden in der Seerefraktionsseismik für Erdkrustenuntersuchungen Sprengladungen von einigen 100 kg gezündet. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit seismischer Wellen ist eine Materialkonstante und ist für verschiedene Gesteinstypen recht unterschiedlich (siehe Anhang I). Das Produkt der Fortpflanzungsgeschwindigkeit und der Gesteinsdichte bezeichnet man als Schallhärte oder akustische Impedanz. Der Kontrast der Schallhärte an einer Schichtgrenze bestimmt wieviel der auftreffenden seismischen Energie durch Reflexion und Refraktion wieder an der Erdoberfläche registriert werden kann. Diese Aufzeichnung oder Seismogramme geben bei der Landseismik die Geschwindigkeit der Bodenbewegung, bei der Seeseismik die Druckänderungen an den ausgewählten Punkten (z.B. entlang eines Profils) wieder. Die Auswertung der Seismogramme hat zum Ziel, − reflektierende oder refrakierende Schichtgrenzen geologisch zu identifizieren, − deren räumliche Lage und geometrische Form festzulegen, − elastische Eigenschaften gewisser Formationen zu untersuchen, um Hinweise auf die Zusammensetzung und Porosität des Gesteins zu erhalten. 1® Markenzeichen der Continental Oil Company 3 Die Festlegung eines seismischen Programms, ob z.B. Refraktionsseismik oder/und Reflexionsseismik angewendet wird, sowie die Wahl der Aufnahmeparameter müssen umsichtig auf die zu lösende Aufgabe abgestimmt werden (siehe Anhang II). Jedem Signalanteil auf einem Seismogramm sind zwei Grössen zugeordnet: − Durch die Lage des Empfängers (Geophon oder Hydrophon) ist der räumliche Abstand zum Schusspunkt, und − durch die Messung der Zeit zwischen der Schussauslösung und dem Eintreffen des Signalanteils ist die Laufzeit gegeben. Die Entfernung vom Schuss zum Empfänger, die Laufzeit bestimmter Signalanteile und deren Form, die durch die Amplituden, den Frequenzinhalt und das Phasenverhalten definiert ist, sind die Rohdaten für die Seismogrammauswertung. Die wichtigste und aufwendigste Arbeit, die jeder erfolgreichen Seismogrammauswertung zugrunde liegt, besteht in der möglichst genauen Bestimmung der seismischen Ausbreitungsgeschwindigkeiten in den Formationen des zu untersuchenden Untergrundes. 1.2 Anwendung und Gegenüberstellung seismischer Verfahren Der apparative und personelle Aufwand, vor allem der reflexionsseismischen Methoden, ist im Vergleich zu anderen geophysikalischen Prospektionsverfahren um ein Mehrfaches höher. Entsprechend grösser ist aber auch das Auflösungsvermögen und die Genauigkeit der Resultate. So werden in der Erdölexploration über 95% der Prospektionskosten allein für seismische Verfahren ausgegeben. Im Anhang I sind die Frontgeschwindigkeiten von verschiedenen Gesteinstypen aufgelistet. Die im Anhang II aufgeführte Zusammenstellung soll die wesentlichsten Unterschiede zwischen der Refraktions- und Reflexionsseismik in Bezug auf Anwendung, Aufwand und Methodik einander gegenüberstellen. Im Feldkurs beschäftigen wir uns, aus praktischen Erwägungen, nur mit refraktionsseismischen Methoden, welche mit bescheidenen Datenmengen aufwarten und von Hand bewältigt werden können. Die Auswerteverfahren der Reflexionsseismik laufen nur computergestützt und sprengen den Rahmen des Feldkurses. Nichts desto weniger hat die Reflexionsseismik einen bedeutenden Stellenwert, z.B. im Bereich der Erdölprospektion. Aus diesem Grund werden beide Verfahren im Kurs vorgestellt. 4 1.3 Schematische Darstellung der Strahlengeometrie und der Laufzeitkurven für reflektierte und refraktierte Wellen Abbildung 1 Beziehung zwischen Reflektions- und Refraktions- Strahlenpfaden und deren Laufzeitkurven S E F to t1 x’ : : : : : : Laufzeitkurve der refraktierten Welle entlang der Schichtgrenze v1/v2 Laufzeitkurve (Hyperbel) der reflektierten Welle von der Schichtgrenze v1/v2 Laufzeitkurve der direkten Welle in der Schicht v1 Lotzeit der Schichtgrenze v1/v2 Interceptzeit der Laufzeitkurve S kritischer Schuss/Geophonabstand, erstmaliger Einsatz (Punkt D) der refraktierten Welle (Laufzeitkurve S) θ : kritischer Winkel xc : Schuss/Geophonentfernung bei der die direkte Welle F von der refraktierten Welle S eingeholt wird (Punkt W) (siehe auch Abbildung 5) 5 2 Theorie 2.1 Die Fortpflanzung der seismischen Wellen Die Ausbreitung seismischer Wellen in einem Körper hängt von dessen elastischen Eigenschaften ab. Neben Raumwellen (Kompressions- oder P-Wellen und Scher-, oder S-Wellen) können auch Wellentypen auftreten, die sich nur entlang der Erdoberfläche fortpflanzen (Oberflächenwellen). Der Frequenzbereich der Raumwellen liegt bei feldseismischen (Erdölprospektion) Anwendungen zwischen 10 und 50 Hz und unter 20 Hz für krustenseismische Erkundung der Erdbebenseismik. Für die Oberflächenwellen liegt der Frequenzbereich i.a. unter 15 Hz. Als Nutzsignal kommt in der Prospektionsseismik meistens nur die Kompressionswelle in Frage. Es wird aber in zunehmendem Masse auch mit Scherwellen gearbeitet. Diese werden durch horizontal gerichtete Impulse angeregt und durch Geophone erfasst, die nur auf horizontale Bodenbewegungen ansprechen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Kompressionswellen hängt von den Lamé’schen Konstanten λ und μ sowie von der Gesteinsdichte ρ ab: vp = λ + 2μ ρ [m/s] Die Geschwindigkeit der Scherwellen ist gegeben durch vs = μ ρ [m/s] Für den ideal elastischen Körper (λ=μ) gilt: vp vs = 3 Tabelle 1 (Anhang I) gibt Auskunft über die Variationsbreite der Geschwindigkeiten der Kompressionswellen in den verschiedenen Gesteinstypen. Die Geschwindigkeiten können im Labor an Gesteinsproben, aus akustischen Bohrlochmessungen sowie aus Reflexionsund Refraktionsmessungen bestimmt werden. 6 2.2 Wellenfronten, Wellenstrahlen Die vom Sprengpunkt ausgehende Störung erfasst immer grössere Teile des elastischen Mediums. Die Wellenfront ist diejeneige Fläche, welche das gestörte vom ungestörten Gebiet trennt. Sie hat ihren r Ursprung im Explosionszentrum und breitet sich mit der Geschwindigkeit c (normal zur Fläche) über den ganzen Körper aus. Abbildung 2 Die Front zur Zeit t2 (F [t2] ) kann aus F [t1] gefunden werden, indem jeder Punkt von F [t1] als Herd einer zur Zeit t1 einsetzenden Störung betrachtet wird. Zur Zeit t2 bildet die Gesamtheit der Wellenfronten eine Flächenschar, deren Umhüllende F [t2] ist. Dabei ist zu beachten, dass i.a. die Frontengeschwindigkeit ortsabhängig (in homogenen Medien) und richtungsabhängig (in anisotropen Medien) sein kann (Konstruktion von Huygens). Jedem Punkt von F [t1] ist ein Punkt von F [t2] zugeordnet. Die Bahn, auf der sich ein Punkt der Wellenfront im Laufe der Zeit bewegt, ist ein Wellenstrahl, und die Geschwindigkeit, mit der sich der r Punkt fortbewegt, ist die Strahlgeschwindigkeit v . r r r In isotropen Körpern steht v senkrecht auf den Frontflächen, und v und c sind identisch, im Gegensatz zu den Verhältnissen in anisotropen Körpern. In der Laufzeitseismik kann man die untersuchten Körper praktisch immer als isotrop betrachten. Die einzelnen Bestandteile der Gesteine (Kristalle) sind zwar anisotrop, das unregelmässige Gefüge, welches das Gestein bildet, ist jedoch in sehr guter Näherung isotrop. Nur wenige Gesteine (Schiefer) zeigen auch bei Betrachtung im grossen Massstab eine ausgeprägte Anisotropie. . 7 Abbildung 3 Die Schnittgeschwindigkeit vp einer Wellenfront mit einer Fläche, z.B. der Erdoberfläche, hängt vom Einfallswinkel ε der Front zur Fläche ab Es gilt: v vp = sin ε und v p ≥ v für ε → 0 v p → ∞! In diesem Fall trifft die Wellenfront überall gleichzeitig an der Grenzfläche auf. 2.3 Refraktion und Reflexion In der angewandten Seismik ist es sehr zweckmässig, sich das Erdinnere aus isotropen, stückweise homogenen Körpern, die durch Unstetigkeitsflächen voneinander getrennt sind, aufgebaut zu denken. Geometrische Betrachtungen werden häufig anhand der Wellenstrahlen durchgeführt. Fällt eine Longitudinalwelle auf eine Grenzfläche G, die zwei Körper mit den Schallgeschwindigkeiten v1 und v2 (für Longitudinalwellen) bzw. vs1 und vs2 (für Transversalwellen) voneinander trennt, so spaltet sich die einfallende Welle in vier Teilwellen auf, nämlich zwei reflektierte (eine longitudinale, eine transversale) und zwei refraktierte (ebenfalls eine longitudinale und transversale). Dies ergibt sich aus der Forderung nach Stetigkeit der Spannungen und Verrückungen an der Unstetigkeitsfläche. 8 Abbildung 4 Abbildung zum Brechungs- und Reflexionsgesetz nach Snellius Berechnungs- und Reflexionsgesetz lauten: v s1 vs 2 v1 v v2 = 1 = = = sin α sin α 1 sin α s1 sin α 2 sin α s 2 α = α1 Fällt eine Longitudinalwelle mit der Amplitude AE senkrecht auf eine Unstetigkeitsfläche, so entsteht je eine durchgehende und eine reflektierte Longitudinalwelle, deren Amplituden AD = AE ⋅ 2 1+κ AR = AE ⋅ 1−κ 1+κ betragen. κ ist das Verhältniss der Schallhärten der beiden Körper, κ= wobei ρ2 und ρ1 die Dichten bezeichnen. ρ 2ν 2 ρ1ν 1 9 3 Akquistion und Auswertung seismischer Daten 3.1 Refraktionsseismik (Ersteinsatzseismik) In der Refraktionsseismik misst man die Laufzeit der zuerst bei den Messpunkten ankommenden Wellen längs eines Profils auf der Erdoberfläche. In jedem Messpunkt befindet sich ein Geophon, das eine der Geschwindigkeit der Bodenbewegung proportionale Wechselspanung erzeugt. 24 oder mehr Geophone, die über eine vorgegebene Distanz verteilt sind, werden durch Kabel an das Aufnahmegerät angeschlossen. Die Länge der Auslage beträgt ein Mehrfaches der zu untersuchenden Tiefe. Nach der geeigneten Verstärkung und einer eventuellen Filterung zur Unterdrückung unerwünschter Frequenzen werden die Signalspannungen der 24 “Kanäle” zusammen mit einer Zeitmarkierung analog oder digital aufgezeichnet. Bei zeitgemässen Apparaturen werden die ankommenden Signale in der Registrierapparatur digitalisiert und in einem Standardformat auf der Festplatte abgespeichert. Sie sind damit sofort für eine Verarbeitung auf dem Computer verfügbar. Ein seismischer Kanal besteht aus: Geophongruppe + Verstärker (mit Filter etc.). Der Sprengmoment wird ebenfalls registriert, bzw, ist durch den Beginn der Registrierung gegeben (Triggerung). Das Prinzip der Refraktionsseismik Zweischichtenfall, erläutert. wird am einfachsten Beispiel, dem horizontalen Abbildung 5 Laufzeitdiagramm und Strahlengang Der Untergrund besteht aus zwei homogenen, durch eine horizontale Trennfläche in der Tiefe d1 getrennten Körpern mit den Geschwindigkeiten v1 und v2, wobei v1 < v2. Zur Zeit t = 0 wird im Nullpunkt der Auslage eine Explosion ausgelöst und die Ankunft der direkten und gebrochenen Wellen längs eines Profils in x-Richtung beobachtet. Für die Auswertung werden die Einsätze der Wellen auf dem Registrierfilm bestimmt und die Laufzeiten gegen die Geophon-Distanz aufgetragen (Laufzeitdiagramm). 10 Im Laufzeitdiagramm erscheint die direkte Welle als Gerade durch den Nullpunkt mit der Neigung 1/v1. Der Strahl, welcher die Grenzfläche unter dem Grenzwinkel α der Totalreflexion (sinα = v1/v2) trifft, läuft unter der Trennfläche mit der Geschwindigkeit v2 fort (Kopfwelle) und strahlt dabei ständig Energie unter dem Winkel α nach oben ab. Diese Strahlen ergeben im Laufzeitdiagramm eine weitere Gerade mit der Neigung 1/v2 und dem Zeitachsenabschnitt T1 = 2d1 ⋅ cosα / v1 , welche aber erst bei x r = 2d1 ⋅ tgα beginnt und vom Knickpunkt xK an vor der direkten Welle eintrifft. Aus der Neigung der beiden Geraden im Laufzeitdiagramm sowie aus dem Zeitachsenabschnitt der zweiten Geraden können somit die Geschwindigkeiten aus den beiden Schichten und die Tiefe der Trennfläche bestimmt werden. Der geneigte Zweischichtenfall kann analog behandelt werden, wobei aber zur Bestimmung der Neigung der Trennfläche die Aufnahme von zwei Laufzeitkurven mit Schusspunkten an den beiden Enden des Profils notwendig ist (Schuss und Gegenschuss). Für den ebenen Mehrschichtenfall (“eben” bedeutet, dass alle Schichten gleiche Streichrichtung haben und dass man in einer Ebene senkrecht zur Streichrichtung arbeitet) mit beliebig vielen Schichten sind die Auswerteformeln beigelegt. Inhomogener Untergrund: Refraktionsseismik kann auch über inhomogenem Untergrund mit stetig variierender Geschwindigkeit v betrieben werden. Der Auswertung gut zugänglich ist der Fall des einachsig inhomogenen Körpers, in dem v nur eine Funktion der Tiefe ist, v = v (z). Die Wellenstrahlen beschreiben dann ebene, gekrümmte Bahnen. Für die Berechnung und Auswertung der Laufzeitkurven siehe GRANT and WEST (1965), s. 138 ff.. 3.2 Reflexionsseismik Die Zielsetzung der Reflexionsseismik besteht im Verfolgen von Unstetigkeitsflächen der Schallhärte v ⋅ ρ (= Schichtgrenzen) im Untergrund. Dies wird erreicht durch eine möglichst dichte Abfolge von Punkten auf der Unstetigkeitsfläche, die die erzeugten Impulse zurück an die Erdoberfläche reflektieren. Ein solcher Punkt wird dabei von mehreren Schuss- Empfängerkonfigurationen anvisiert. Die Signale von einem gemeinsamen Punkt (“common depth point”, CDP ) werden dann aufsummiert (“horizontal stacking”). Die dadurch erhaltene enorme Verbesserung des Nutz-/Störsignalverhältnisses hat der Reflexionsseismik zum eigentlichen Durchbruch verholfen. Je nach der Aufgabenstellung und logistischen Gegebenheiten gestalten sich die Feldarbeiten und Datenerfassung unterschiedlich. Die Länge der Geophonauslage ist ein Bruchteil der Sondiertiefe. Die gebräuchlichste Art der Anordnung der Geophonauslage erfolgt symmetrisch um den Sprengpunkt (“split spread”). Anordnungen wie “in-line offset spread” und “end-on spread” werden auch häufig angewendet. 11 Abbildung 6 Beispiele einiger Reflexionsprofilauslagen An einer Empfängerstation werden in der Regel mehrere Geophone in einem bestimmten Muster (“pattern array”) ausgelegt. Damit erreicht man eine Antennenwirkung, die unerwünschte Signalteile, wie die Bodenunruhe, unterdrückt. Die reflektierten Wellen treffen nämlich immer steil von unten auf die Erdoberfläche, erreichen also praktisch gleichzeitig eine grössere Fläche, während die Bodenunruhe, auf derselben Fläche betrachtet, mehr oder weniger zufälligen Charakter hat. Die Oberflächenwellen, die eine sehr grosse Amplitude erreichen können, werden durch die Verwendung spezieller Reflexionsgeophone, welche für die niedrige Frequenz der Oberflächenwellen unempfindlich sind, unschädlich gemacht. Entlang eines Messprofils werden in regelmässigen Abständen, die in der Regel höchstens das 4-fache der Empfängerabstände betragen, Schusspunkte eingesetzt. Dabei wird der aktive Teil der Geophonauslage kontinuierlich entlang dem Profilverlauf fortgesetzt. Durch diese “roll-along” – Methode erreicht man eine Mehrfachüberdeckung des Untergrundes (“multiple subsurface coverage”). Der Umstand, dass reflektierte Wellen während einer Horchzeit von mehreren Sekunden aufgezeichnet werden, bedingt eine besonders hoch entwickelte elektronische Verstärkungs- und Registriertechnik, um die Reflexionseinsätze von bis zu mehreren hundert Kanälen (Geophonstationen) aufzuzeichnen. Wesentlich ist die Anwendung von Verstärkern mit einer automatischen, sehr rasch ansprechenden Verstärkungsregelung und elektrischen Filtern mit einstellbaren Grenzfrequenzen und Flankensteilheiten. Die so analog verstärkten und gefilterten Signale werden in der Registrierapparatur digitalisiert, wobei i.a. die Abtastrate 1, 2 oder 4 m/s beträgt. Zusammen mit verschiedenen Hilfsdaten, wie Abriss und Schusszeit, digitalisierte Verstärkerkurve, erste und letzte aktive Empfängerstation in der Auslage, Profilbezeichnung, Projektnummer, Datum, etc., werden die gewonnenen Daten zu einem Datenblock (“seismic record”) zusammengefasst und auf Festplatte gespeichert. Die Daten werden schliesslich auf verschiedenen Speichermedien LTO/DAT-Tape/ CD archiviert. Der Weg zur Auswertung reflexionsseismischer Daten führt wegen der Datenmenge oft über dedizierte Unix Workstations und PC’s. 12 Die Abfolge der einzelnen Verarbeitungsschritte (“seismic processing sequence”) kann vereinfacht etwa so aussehen: 1. True Amplitude Recovery (TAR) Korrektur der Signalamplituden für Abschwächungen durch Absorption und sphärische Divergenz (“spherical spreading”). 2. Field Static Corrections Für jede Schuss- und Empfängerstation werden topographische Höhenkorrekturen und Korrekturen, die den verschiedenen Geschwindigkeitsverteilungen zwischen der Oberfläche und einem festgelegten Bezugsniveau Rechnung tragen, errechnet und auf die Reflexionszeiten angewendet. 3. Common Depth Point (CDP-) Gather Es erfolgt eine Umsortierung der Daten, indem alle Seismogramme von verschiedenen Schuss-/Empfängerkonfigurationen, die sich aber auf gemeinsame Tiefenpunkte beziehen, zusammengefasst werden. Das Hauptziel der Datenverarbeitung ist eine spätere Aufsummierung dieser Seismogramme unter Punkt 7. 4. Dekonvolution Eliminierung von multiplen Reflexionen und Erhöhung der vertikalen Auflösung (entlang der Laufzeitachse) durch eine zeitliche Raffung der einzelnen Reflexionssignaturen. Auf den Rohseismogrammen sind die zu verschiedenen Zeiten eintreffenden Einsätze stark geprägt durch die Signalform des erzeugten Eingangsimpulses. Dieser unterliegt mit zunehmender Laufzeit Amplituden- und Phasenverzerrungen, welche durch die Absorptions- und Dispersionseigenschaften des Gesteins hervorgerufen werden. Idealerweise sollte diesen Verzerrungen kontinuierlich Rechnung getragen werden. Durch die Ableitung eines der jeweiligen Impulsform inversen Operators wird eine Antwort der Erde auf den erzeugten Impuls angestrebt, welche jeden Schallhärtekontrast (= Schichtgrenze) möglichst scharf wiedergibt. 5. Velocity Analysis Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit zwischen jedem Reflexionshorizont und der Erdoberfläche. Für einen gemeinsamen Tiefenpunkt auf einem Reflektor liegen die Einsatzzeiten auf den unter Punkt 3 zusammengefassten Seismogrammen für verschiedene Schuss-/ Empfängerabstände auf einer Hyperbel. Eine Aufsummierung der einem CDP zugeordneten Seismogramme kann aber nur dann erfolgen, wenn die Einsatzzeiten aller Reflektoren gleich sind, d.h. wenn die Hyperbeln ”begradigt” werden. 6. Normal Moveout (NMO) Correction Anwendung einer für jeden Reflektor je nach Laufzeit und Schuss-/ Empfängerabstand unterschiedlichen Laufzeitkorrektur für die zu einem CDP gehörenden Seismogramme. Diese Korrektur wird allein durch die unter Punkt 5 ermittelten mittleren Geschwindigkeiten bestimmt. 13 Abbildung 7 Wirkung der NMO-Korrektur 7. Common Depth Point (CDP-) Stacking Stapelung aller zu einem gemeinsamen Tiefenpunkt gehörenden Seismogramme. Dadurch wird eine Reduktion der Datenmenge um den Faktor der Untergrundsüberdeckung (”subsurface coverage” oder ”multiplicity”) erreicht. 8. Migration (nach Bedarf) Die nach der Stapelung in Punkt 7 erhaltenen Seismogramme ergeben aneinandergereiht ein Zeitprofil, das, je nach Komplexität der Geologie, die Wirklichkeit mehr oder weniger getreu wiedergibt. Bei nicht horizontaler Schichtabfolge werden Tiefen und Neigungen verzerrt wiedergegeben, scharfe Änderungen in der Topographie eines Reflektors erzeugen auf einem Zeitprofil Diffraktionshyperbeln. In Kenntnis der Geschwindigkeitsverteilung wird das verzerrte Zeitprofil durch die Migration in ein unverzerrtes übergeführt (s.Abbildung). Man erreicht dadurch eine Verbesserung der lateralen Auflösung. 9. Band-pass Filtering Unterdrückung unerwünschter Frequenzanteile in den Daten. Kosmetische Operation vor dem Ausdrucken des fertig verarbeiteten Profilschnittes (”final section”). Band-pass Filter werden auch in früheren Stadien der Datenverarbeitung benutzt, um gewisse Reflexionszonen besser sichtbar zu machen. 14 Abbildung 8 Beispiel eines Reflexionsprofils vor (a) und nach (b) der Migration der Daten nach Telford et al. 1976. Für die manuelle Auswertung ”einfach” vermessener Profile kommen folgende Prinzipen zur Anwendung: Der horizontale Zweischichtenfall: In der Figur zur Refraktionsseismik ist auch die Laufzeitkurve der reflektierten Wellen eingezeichnet. t 0 = 2d1 / v1 ist die Lotzeit. Die Laufzeitkurve t 2 = (4d12 + x 2 ) / v12 stellt eine Hyperbel dar mit t = x / v1 als Asymptote. Die Gerade der refraktierten Wellen tangiert in xR die Hyperbel. Trägt man die quadrierten Laufzeiten gegen die Quadrate der Schuss-Geophon-Distanz auf, so stellt sich die Hyperbelgleichung der Laufzeitkurve in t2 und x2 als Gerade dar (siehe Abbildung 9). Die inverse Steigung dieser mittleren Geraden durch die gemessenen Laufzeitwerte der Reflexionseinsätze ergibt dann die angenäherte Durchschnittsgeschwindigkeit vrms (Root-MeanSquare Geschwindigkeit) für alle Schichten über dem betrachteten Reflexionshorizont. Die Zeit (Lotzeit) im Schnittpunkt dieser Geraden mit der Zeitachse ergibt mit der zuvor bestimmten Durchschnittsgeschwindigkeit die Tiefe des Reflektors d2 = t2 v2 / 4. Bei zwei horizontalen Reflektoren mit den Lotzeiten t1 und t2 und den so bestimmten angenäherten Durchschnittsgeschwindigkeiten v1 und v2 erhält man die Intervallgeschwindigkeit (Schichtgeschwindigkeit) vi1,2 15 vi21, 2 = v 22 t 2 − v12 2t1 t 2 − t1 Der geneigte Zweischichtenfall: S ist der Sprengpunkt und zugleich Nullpunkt der Auslage. S’ ist das an der Grenzfläche gespiegelte Bild von S. Für die Laufzeit findet man t 2 = ( x 2 + 4d ' 2 −4 xd ' sin φ ) / v12 Dies ist die Gleichung einer Hyperbel, welche asymmetrisch zum Nullpunkt liegt. Die Lotzeit ist t 0 = 2d ' / v1 Abbildung 9 Quadrierte Laufzeiten gegen quadrierte Schuss-Geophon-Distanz der Reflexionseinsätze 4 Technische Beschreibung 4.1 Die Geophone Die Geophone sind im Prinzip kleine, wasserdicht verschlossene Federpendel, die etwa aperiodisch gedämpft sind. Eine Tauchspule, welche sich in einem starken Magnetfeld bewegt, erzeugt eine zur Geschwindigkeit der Relativbewegung zwischen Gehäuse und Spule proportionale elektrische Spannung. Refraktionsgeophone haben eine Eigenfrequenz ( ≅ untere Grenzfrequenz) von etwa 2-10 Hz, Reflexionsgeophone eine solche von 10-30 Hz. 16 Die Empfindlichkeit eines Geophons liegt in der Grössenordnung 1 v/(cm/s) . Die Geophone werden etwa 20 cm tief in den Boden eingegraben, damit sich Lärm (Flugzeuge) und Bodenunruhe (vom Wind bewegtes Gras) weniger störend bemerkbar machen. Abbildung 10 Schematische Darstellung eines Geophons : 1 Ringmagnet, axial magnetisiert; 2 Eisenschluss zur Führung des Magnetfelds; 3 Spalt mit radialem Magnetfeld, darin Tauchspule, zur Dämpfung auf Aluminiumträger gewickelt; 4 Tragfeder 4.2 Auslösen der Sprengung, Übertragen des Sprengmoments Für die Refraktionsseismik mit Profillängen bis einige 100 m werden Sprenggelatineladungen von der Grössenordnung 1 kg in etwa 2 m Tiefe gezündet. Die Ladungen sollen nur so stark sein, das der Boden nicht abgedeckt wird, sonst dringt nur wenig Energie in den Boden. Meistens wird die Ladung in mehreren Löchern verteilt (500 m Beobachtungsdistanz ergeben etwa 100 m Eindringtiefe). Für die Reflexionsseismik werden Ladungen von 10 bis 50 kg in 10 bis 50 m Tiefe gezündet. Für die Erzeugung brauchbarer Reflexionen sind Grösse und Tiefe der Ladung wichtige Parameter. Mit diesen Ladungen werden Eindringtiefen bis zu 8 km erzielt. Zum Zünden der Ladung und Übertragen des Sprengmoments bestehen zwei Möglichkeiten: Wird in der Nähe des Registrierwagens gesprengt, erfolgt das Zünden der Ladung mit dem Blaster,der über ein Kabel mit dem Verstärker verbunden ist. Mit dem Blaster kann die Ladung von Hand oder automatisch vom Registriergerät gesteuert, ausgelöst werden. Bei der Auslösung wird gleichzeitig die Registrierung gestartet. Die Registrierdauer kann in einem vorgegebenen Bereich gewählt werden. Bei der Zündung wird im Blaster ein Spannungsstoss erzeugt, der über das Verbindungskabel in die Registrierapparate gelangt. Findet die Sprengung in grösserer Entfernung vom Registrierwagen statt, so wird sie über das Funksprenggerät von Hand ausgelöst. 17 5 Praktikum Refraktionsseismik 5.1 Auswertung des geneigten n - Schichtenfalls Abbildung 11 Laufzeit-Diagramm für den geneigten n-Schicht Fall Im Rahmen des Feldkurses begnügen wir uns mit einem leicht geneigten Refraktor. Für die komplette Behandlung des Allgemeinfalls siehe Keary und Brooks (1991) Seiten 98 -101. Wenn nur kleine Neigungen vorliegen (d.h. die Scheingeschwindigkeiten für Schuss und Gegenschuss, ci und cig, unterscheiden sich max. 10-20%), genügt die Näherung vi = 2 1 1 + ci cig Die Zeitabschnitte (Ti) werden gemittelt (Schuss und Gegenschuss). 18 5.2 Auswertung bei ebenem n-Schichtenfall Man nehme an, es liege keine Neigung der Schichtgrenzen vor φ1 = φ 2 = ...φ n = 0 Dann gilt für die Schichtmächtigkeiten d n −1 = vn 2ctgα n −1,n ⎡ ⎤ 2 n−2 ⋅ ⎢Tn − ⋅ ∑ d k ⋅ ctgα k ,n ⎥ vn k =1 ⎣ ⎦ wobei ⎡ vk ⎤ ⎥ ⎣ vn ⎦ α k , n = arcsin ⎢ Hierbei ist : n = Anzahl Grenzflächen, beginnend mit der Oberfläche n=l Vn = Gemessene Schichtgeschwindigkeiten, beginnend mit der ersten Schicht (m/ms), die aus den inversen Steigungen der korrelierten Laufzeitkurven berechnet werden. T = Interceptzeiten / Zeitabschnitte (ms) αn,m = arc sin vn/vm, Brechungswinkel Daraus folgt für die Schichtmächtigkeiten: n = 1 , T1 = 0 , d0 = 0 n = 2 , T2 , d1 = v2 ⋅ T2 2ctgα 1, 2 n = 3 , T3 , d2 = v3 2ctgα 2,3 ⎡ ⎤ 2 ⎢T3 − d1ctgα 1,3 ⎥ v3 ⎣ ⎦ n = 4 , T4 , d3 = v4 2ctgα 3, 4 ⎡ ⎤ 2 ⎢T4 − (d1ctgα 1, 4 + d 2 ctgα 2, 4 )⎥ v4 ⎣ ⎦ Aus dem Diagramm der Laufzeitkurven entnimmt man die Werte der Interceptzeiten in Millisekunden (ms) und die Schichtgeschwindigkeiten von Kompressionswellen in Metern/Millisekunde (m/ms). Damit lassen sich die Brechungswinkel berechnen. Die Tiefen der Grenzflächen unter dem Sprengpunkt sind j Z j = ∑ di i =1 (m) 19 Der Ansatz des ebenen n-Schichtenfalls lässt sich auf den leicht geneigten Refraktor erweitern indem man die Tiefen unter dem Gegenschuss-Sprengpunkt ermittelt. Hierzu werden die Berechnungen der Gegenschuss-Mächtigkeiten in die Formel für dn-1 die entsprechenden Gegenschuss-Zeitabschnitte T2g , T3g … etc. einsetzt. Letztere werden ebenfalls aus dem Laufzeit-Diagramm entnommen. 5.3 Aufgaben Beschreibung des Messprinzips mit korrekter schematischer Darstellung von Strahlwegen und Laufzeitkurven (ca. 1 Seite) Skizze der Messanordnung. Lage des Profils mit Messrichtung in die Karte eintragen, Koordinaten von Anfangs- und Endpunkt des Profils bestimmen. Messprotokoll, Messdaten und Laufzeitdiagramm mit eingetragenen Laufzeitwerten und korrelierten Laufzeitgeraden mit Beschriftung beifügen. Bestimmen Sie die Schichtgeschwindigkeiten, Interceptzeiten und Brechungswinkel aus den Messdaten. Berechnen Sie daraus die Schichtmächtigkeiten und Tiefen der erfassten Grenzflächen. Machen Sie eine grobe Fehlerbetrachtung. Welche Genauigkeit ist bei der Schlussangabe der Ergebnisse sinnvoll? Zeichnen Sie ein Schichtmodell des untersuchten Gebiets. Versuchen Sie eine Identifizierung der einzelnen Schichten mit einer kurzen Diskussion der Ergebnisse. 20 6 Literatur Burger, H.R., 1992. Exploration Geophysics of the Shallow Subsurface. (mit Programm-Disketten), Prentice Hall, p. 7-240. Dobrin, M.B. and Savit, C.H., 1988. Introduction to Geophysical Prospecting. McGraw Hill Book Co., p. 25-497. Griffiths, D.H. and King, R.F., 1988. Applied Geophysics for Geologists and Engineers. Pergamon Press, 230 p. * Keary, Ph. and Brooks, M., 1991. An Introduction to Geophysical Exploration. Blackwell Science Ltd., p. 44-118. * Militzer, H. und Weber, F. (Herausgeber), 1987. Angewandte Geophysik. Springer Verlag, (3 Bände), Bd. 3: Seismik, 420 p. Milson, J., 1992. Field Geophysics. John Wiley and Sons, p. 136-179. * McQuillin, R., Bacon, M. and Barday, W., 1984. An Introduction to Seismic Interpretation. Gulf Publishing Company, 287 p., 1984. Sheriff, R.E., 1984. Encydopedic Dictionary of Exploration Geophysics. Society of Exploration Geophysicists, P.O. Box 702740, Tulsa, OK 74170-2740. Sheriff, R.E. and Geldart, L.P., 1995. Exploration Seismology. Cambridge University Press, 592 p. Telford, W.M., Geldart, L.P. and Sheriff, R.E., 1993. Applied Geophysics. Cambridge University Press, p. 136-282. Yilmaz, Oe., 1988. Seismic Data Processing. Society of Exploration Geophysicists, P.O. Box 702740, Tulsa, OK 74170-2740, 526 p. * Einführende Texte 21 Anhang Anhang I: Frontgeschwindigkeiten in verschiedenen Gesteinsarten ( Longitudinalwellen ) Lockermaterial Oberflächen- resp. Verwitterungsschicht Lockerer Schotter, trocken Verkitteter Schotter, trocken Schotter, grundwassergefüllt Seebodenlehm Löss Wallmoräne (kohäsionslos) Grundmoräne m/sec 250... 800 600... 900 900... 2500 1500…2500 1500... 1900 300... 600 1200... 1700 1700…2400 Feste Sedimente Mergel Sandstein Konglomerate Kalk Dolomit Salzgestein von Salzhorsten Gipsgesteine Anhydritgesteine Flysch Bündner Schiefer 1800... 3200 1400…4500 3000... 5000 3000... 6000 5000...6000 4400...6500 3000...4000 3000...6000 3400...4400 3800...4400 Kristalline Gesteine Granit Gabbro Dunit Diabas Basalt Gneis Quarzit 4000...5700 6700...7300 7900...8400 5800...7100 4900...6400 3100...5400 5000...6100 Verschiedenes Luft Süsswasser Meerwasser Gletschereis Petroleum 330,8 + 0,66 T mit T = Temp. in °C 1435...1500 1480...1530 3300...3900 1300...1400 22 Anhang II: Eigenschaften von Refraktion + Reflexion Anwendungsgebiete REFRAKTION: Grobabklärung der seismischen Geschwindigkeitsverteilung zu Tiefen von einigen 100 m bis mehreren 100 km (grossräumige Struktur von Erdkruste und oberem Erdmantel). Geo- technische Anwendungen für Baugrunduntersuchungen, z.B. Bestimmung der Quartärmächtigkeit mit Hammerschlagseismik. REFLEXION: Detaillierte Untersuchungen von Sedimentbecken; fast ausschliesslich in der Erdö1- und Kohleprospektion angewandt. Zunehmende Anwendung auch fiir Untersuchungen der Struktur der Lithosphäre. Vorteile REFRAKTION: Relativ kleiner Aufwand zur Datengewinnung und -Aufbereitung. Gute Bestimmung der seismischen Geschwindigkeiten. REFLEXION: Sehr gute Auflösung der geologischen Strukturen erreichbar. Nachteile REFRAKTION: Beschränktes Auf1ösungsvermögen. REFLEXION: Extrem hoher Aufwand an Material, Personal und logistischen Vorkehrungen. Nur beschränkt anwendbar für Reflexionshorizonte auf Tiefen < 100 m . Datenerfassung REFRAKTION: Im Allgemeinen weitmaschiges Profilnetz. Profilnetz relativ engmaschig, bei 3-dimensionaler Seismik sind die Abstände zwischen parallelen Profillinien in der Grössenordnung der Empfängerabstände auf den einzelnen Profilen. Sehr lange Profile verglichen mit der Tiefe der anvisierten Zielhorizonte. Wenige weit auseinanderliegende Empfängerstationen (ausgenommen bei Bestimmung der Mächtigkeit der Verwitterungsschicht). Schuss/Empfängerentfernung klein verglichen mit den Tiefen der anvisierten Zielhorizonte. Sehr hohe Anzahl dicht beieinanderliegender Empfängerstationen (Abstände i.a. zwischen 5 m und 50 m). Meistens nur Schuss/Gegenschussmethode, d.h. 2-fach Überdeckung des Untergrundes. Die Schuss/Gegenschussmethode erlaubt die Berechnung der allgemeinen Neigung eines Refraktors projiziert auf die vertikale Ebene entlang der Profillinie zwischen den Schusspunkten. REFLEXION: Hohe Anzahl Schusspunkte, welche mitsamt dem aktiven Teil der Empfängerauslage entlang dem Profil verlegt werden („roll along”- Technik). Dadurch wird eine möglichst hohe Untergrundsüberdeckung (”multiplicity” oder subsurface coverage ”) angestrebt, d.h. dass derselbe Punkt auf einem Reflektor durch mehrere Schuss/Empfängerkonfigurationen aufgezeichnet wird. Ein solcher Punkt wird gemeinsamer Tiefenpunkt (”common depth point”, kurz CDP) genannt. 23 Datenverarbeitung REFRAKTION: Da meist in der angewandten Seismik nur das erste eintreffende Störsignal (p-Welle) und eventuell einige dominante spätere Einsätze ausgewertet werden, beschränkt sich die Datenaufbereitung auf die eindeutige Laufzeitbestimmung dieser Ersteinsätze und allfälliger leicht zu identifizierender späterer Signale. REFLEXION: Der ganze Wellenzug aller Schuss/Empfängerkonfigurationen wird analysiert. Daher ist die Aufbereitung der Datenmenge nur mit dedizierten Computern möglich. Das Kernstück in der EDV ist die Stapelung der Seismogramme von gemeinsamen Tiefenpunkten (”common depth point stacking”), was erstens das Nutz-/Störsignalverhältnis entscheidend anhebt, und zweitens die Datenmenge um den Faktor der Untergrundüberdeckung reduziert (wichtig für weitere Verarbeitungsschritte). Entscheidend für die Qualität der Endresultate sind die vor der Stapelung anzuwendenden Korrekturen, die auf der Analyse der seismischen Geschwindigkeiten beruhen. Auswertung und Interpretation REFRAKTION:Bei grossräumigen Studien sind meistens weitreichende Modellsimulationen nötig, um für die gewonnenen Resultate eine passende Interpretation zu finden. REFLEXION: Die seismischen Daten können durch die EDV in Profilschnitten (”seismic sections”) so dargestellt werden, dass sie direkt ein Erscheinungsbild der geologischen Strukturen vermitteln. Für Detailabklärungen kleinräumiger und komplexer Strukturen, wie z.B. rund um einen Salzdom oder bei komplizierten Bruchsystemen, werden Modellstudien (”ray tracing”) gemacht, die wiederum für Personal und Computer sehr arbeitsintensiv sind.