Federation of Veterinarians of Europe Antibiotikaresistenz & Vernünftiger Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin Antibiotikaresistenz & Vernünftiger Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin Abriß Therapeutische Antibiotika werden bei vielen Tierspezies zur Behandlung und Bekämpfung zahlreicher Infektionsarten eingesetzt. Ein derartiger Einsatz kann zur Selektion resistenter Formen von Mikroorganismen gegenüber Antibiotika führen. Dabei handelt es sich um ein natürliches und unvermeidliches Phänomen. Es stellt ein dem Gebrauch von Antibiotika inhärentes Risiko dar und zwar bei jeder Spezies, einschließlich des Menschen. Das Auftreten multipler Antibiotikaresistenz bei humanpathogenen Erregern hat die Aufmerksamkeit sowohl auf den human- als auch den veterinärmedizinischen Gebrauch dieser wertvollen Medikamente gelenkt. Allerdings ist der Anteil, den der Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin zu diesem Problem beiträgt, noch nicht endgültig bekannt. Der Ausdruck ‘Antibiotikum’ wird den ganzen Text hindurch benutzt. Er soll für alle antibakteriell wirksamen Stoffe stehen, die Tieren oral, lokal oder parenteral verabreicht werden, um einen heilenden oder schützenden Effekt zu erzielen. Der Begriff umfaßt sowohl Antibiotika, die durch Fermentation lebender Mikroorganismen gewonnen werden, als auch chemisch synthetisierte Verbindungen mit antibiotischer Aktivität, wie Sulfonamide, Trimethoprim und Chinolone. Er schließt nicht Desinfektionsmittel oder Kokzidiostatika ein. Das Entstehen von Resistenz läßt sich minimieren, sofern eine Reihe von Maßnahmen ergriffen wird, um in der Human- wie in der Tiermedizin das wertvolle Leben aller Antibiotika zu verlängern. Der Einsatz von Antibiotika sollte auf Fälle beschränkt werden, in denen er wirklich nötig ist, ferner ist bei der Wahl des richtigen Antibiotikums eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. Diese Schrift bezweckt, das Bewußtsein des verschreibenden und überwachenden Tierarztes für das Problem der Antibiotikaresistenz zu schärfen und einen Überblick über die Grundprinzipien verantwortungsvollen Antibiotikagebrauchs zu geben. Der Einsatz von Antibiotika sollte jedoch nicht isoliert von den Bereichen Management, Tierschutz, Tierhaltung, Hygiene, Tierernährung, Immunologie und Vakzination gesehen werden. Die Bekämpfung von Erkrankungen muß all diese Komplexe umfassen, um erfolgreich Situationen vorzubeugen, die einen Antibiotikaeinsatz erforderlich machen. Antibiotikaresistenz Überblick Resistenz gegenüber Antibiotika gab es bereits, ehe Antibiotika weltweit eingesetzt wurden. Doch diese ursprüngliche Form der Resistenz ist nicht der Hauptgrund zur Besorgnis hinsichtlich der Gesundheit von Mensch und Tier. Die weitaus meisten arzneimittelresistenten Organismen haben sich vielmehr als Ergebnis genetischer Veränderungen herausgebildet, die durch Mutation oder Übertragung genetischen Materials im Verlauf der Lebenszeit von Mikroorganismen und nachfolgenden Selektionsprozessen eingetreten sind. Erworbene Resistenz: mutationsbedingte versus übertragbare Resistenz Eine mutationsbedingte Resistenz entwickelt sich als Folge spontaner Mutation an einer Stelle auf dem mikrobiellen Chromosom, das die Empfindlichkeit gegenüber einem bestimmten Antibiotikum steuert. Die Präsenz des Arzneimittels dient als Selektionsmechanismus, der empfindliche Mikroorganismen unterdrückt und das Wachstum resistenter Mutanten begünstigt. Spontane Mutationen sind vertikal übertragbar. Eine Resistenz kann sich auch infolge Übertragung genetischen Materials zwischen Bakterien entwickeln. Plasmide (kleine extrachromosomale DNS-Moleküle), Transposone und Integrone (kurze DNS-Sequenzen) können sowohl vertikal als auch horizontal übertragen werden und für Multiresistenz kodieren. Man vermutet, daß erworbene größtenteils plasmid-vermittelt ist. Resistenz Multiresistenz Eine Resistenz hängt von verschiedenen Mechanismen ab, und bezüglich eines einzelnen Antibiotikums können mehrere dieser Mechanismen zugleich zum Tragen kommen. Mikroorganismen, die einem bestimmten Antibiotikum gegenüber resistent sind, können unter Umständen auch gegenüber anderen Antibiotika resistent sein, die über denselben Wirkungs- oder Bindungsmechanismus verfügen. Derartige Beziehungen, bekannt als Kreuz- resistenz, existieren hauptsächlich zwischen Agentien, die chemisch eng verwandt sind (z.B. Polymixin B und Colistin, Neomycin und Kanamycin), mögen aber ebenso zwischen nicht-verwandten chemischen Stoffen bestehen (z.B. Erythromycin - Lincomycin). Mikroorganismen können gegenüber verschiedenen nicht-verwandten Antibiotika resistent sein. Durch die Verwendung eines dieser Antibiotika wird deshalb gleichzeitig auch die Resistenz gegenüber den anderen Antibiotika selektiert. Epidemiologie der Resistenz Resistenzmuster Die in Tieren festgestellten Resistenzmuster werden wahrscheinlich durch Einwirkung von Antibiotika beeinflußt, doch variieren sie auch je nach: • Populationsgröße der Mikroorganismen; • Prävalenz von Resistenzgenen vor der Antibiotikaeinwirkung; • Fitness der selektierten Population von Mikroorganismen im Wettbewerb mit anderen im Milieu vorhandenen Mikroorganismen, welche nicht Antibiotika ausgesetzt wurden. Resistenztransfer Es gibt vielfältige Quellen resistenter Mikroorganismen - sowohl kommensaler wie auch pathogener: * Tiere und ihre Fäkalien; * Lebensmittel tierischer Herkunft, die möglicherweise bei ihrer Verarbeitung kontaminiert wurden; * Obst oder Gemüse, das vielleicht einem kontaminierten Umfeld entstammt; * Verseuchtes Wasser; * Menschen. Immer, wenn ein Wirtstier oder -mensch Antibiotika ausgesetzt ist, findet in gewissem Umfang eine Selektion der resistenten Bakterienpopulation statt. Die Selektion richtet sich nach dem Typ des eingesetzten Antibiotikums, der Anzahl der behandelten Individuen, dem Dosierungsschema und der Behandlungsdauer. Es ist deshalb unbedingt geboten, den Einsatz von Antibiotika auf solche Fälle zu beschränken, in denen sie tatsächlich gebraucht werden. Der relative Beitrag jeder dieser Quellen ebenso wie die verschiedenen Übertragungswege entziehen sich noch immer der vollständigen Klärung. Wenngleich in der Humanmedizin der Einsatz von Antibiotika die Hauptursache für Resistenzentwicklungen in der menschlichen Bevölkerung darstellt, so sind der unmittelbare Kontakt mit Tieren und der Verzehr kontaminierter Lebensmittel tierischen Ursprungs als die wesentlichen Übertragungswege der Resistenzen vom Tier auf den Menschen erkannt. lebensmittelproduzierenden Tieren teilen. Da es letztlich kaum möglich ist, den Ursprung einer Resistenz mit Sicherheit festzustellen und angesichts der allgemeinen Komplexität des Gegenstandes ist es wichtig, daß Human- und Veterinärmediziner zusammenarbeiten, um dem Problem gemeinsam zu begegnen. Vernünftiger Einsatz von Antibiotika: Grundsätzliches Verantwortungsbewußter Antibiotikaeinsatz ist ein integraler Bestandteil der ‘good veterinary practice’. Mit dieser Einstellung wird der Therapieerfolg gesteigert und die Selektion resistenter Mikroorganismen auf ein Minimum beschränkt. Kluge Anwendungsprinzipien führen zum bestmöglichen Antibiotikagebrauch. Sie sollten allerdings nicht so restriktiv interpretiert werden, daß das fachliche Urteil des praktischen Tierarztes durch sie ersetzt oder Gesundheit und Schutz des Tiers aufs Spiel gesetzt werden. In jedem Fall sollten Tiere so prompt und effektiv behandelt werden, wie es der verordnende und betreuende Tierarzt für erforderlich hält. Die Wahl des richtigen Antibiotikums Die Wahl des richtigen Antibiotikums sollte zugrundeliegen: Sorgfältige Diagnose Bei aller Aufmerksamkeit gegenüber dem Transfer resistenter Bakterien von lebensmittelproduzierenden Tieren auf den Menschen darf jedoch nicht vergessen werden, daß menschliche und tierische Populationen einander überlagernde antibiotische Resistenzreservoirs bilden, wie die obige Grafik zeigt. Es ist deshalb erforderlich, daß Tierärzte ihre Klienten über die entsprechenden Gefahren aufklären. Das gilt für Landwirte, jedoch auch für Kleintierbesitzer bei der Behandlung von Heimtieren, bei denen eine Infektion mit Zoonose-Erregern vorliegt oder vermutet wird, zumal diese Tiere ihren Lebensbereich womöglich mit kleinen Kindern, älteren Menschen, immungeschwächten Patienten oder mit Betreuern von Der Einsatz von Antibiotika sollte auf einer tierärztlichen klinischen Untersuchung der Tiere basieren und von der Maßgabe abhängen, daß eine antibiotische Therapie erfolgversprechend ist. Sofern eine unmittelbare klinische Untersuchung nicht möglich ist, sollte sich die Diagnose auf zurückliegende Erfahrungen, auf die Kenntnis des epidemiologischen Status des landwirtschaftlichen Betriebs und auf laufende Sensibilitätstests stützen. Eine Antibiotikabehandlung sollte dazu beitragen, die Infektion einzudämmen und ihre weitere Ausbreitung zu begrenzen, die Dauer von Infektion und Erkrankung zu verkürzen oder die Risiken systemischer Komplikationen zu vermindern. Bekannte Produkte, die für die Spezies und die Indikation zugelassen sind Es gelangt kein medizinisches Produkt auf den Markt, ohne daß seine Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erwiesen wäre. Aus diesem Grund sollten in erster Linie solche Medikamente gewählt werden, die für die betreffende Spezies und die entsprechende Indikation zugelassen sind. Bekannte Wirksamkeit, die in sorgfältig durchgeführten Feldversuchen festgestellt wurde Wenn für eine spezielle Erkrankung oder Spezies kein geeignetes Mittel zugelassen ist, sollten bei der Wahl eines alternativen Medikaments die Ergebnisse sorgfältig durchgeführter Feldversuche sowie der Wirksamkeitsnachweis beim betreffenden Leiden und der entsprechenden Spezies den Ausschlag geben. Vermieden werden sollte der wahllose Gebrauch ungekennzeichneter Mittel. Bekannte oder vorhersagbare Empfindlichkeit möglichererweise involvierter Mikroorganismen Antibiotika sollten nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein therapeutisch ansprechbares infektiöses Agens vorliegt oder vermutet wird. Bei der Behandlung einer Krankheit sollte idealerweise die Empfindlichkeit des ursächlichen Erregers festgestellt werden, ehe man eine Therapie einleitet. In bestimmten Situationen, wie zum Beispiel beim Ausbruch von Krankheiten mit hoher Mortalität oder bei Anzeichen für eine rapide Krankheitsausbreitung unter den Kontakttieren, kann eine Behandlung auf Grund der klinischen Diagnose begonnen werden. Aber auch dann sollte, wenn möglich, die Sensitivität des vermuteten kausalen Erregers bestimmt werden, damit bei einem Therapieversagen die Behandlung mit Hilfe der Ergebnisse der Sensibilitätsprüfung geändert werden kann. Trends zur Antibiotikaempfindlichkeit sollten längerfristig überwacht und derartige Überwachungen dazu genutzt werden, die klinische Entscheidung über den Einsatz von Antibiotika mitzubestimmen. Sensibilitätstests können allenfalls einen Hinweis darauf geben, wie sich die klinische Aktivität des Mittels entfalten wird. Die Wirkung des Medikaments in vivo hängt von seiner Fähigkeit, den Infektionsherd in ausreichend hoher Konzentration zu erreichen, von der Art des pathologischen Prozesses und von der Immunantwort des Wirts ab. Bekannte Pharmakokinetik / Gewebeverteilung Bei der Wahl des richtigen Antibiotikums sind ferner pharmakokinetische Parameter, wie z.B. Bioverfügbarkeit, Gewebeverteilung, Halbwertszeit, Gewebekinetik, zu berücksichtigen um sicherzustellen, daß das gewählte therapeutische Agens den Infektionsherd erreicht. Die Dauer von Karenzzeiten kann bei der Wahl geigneter Produkte eine Rolle spielen. Zu berücksichtigen sind außerdem die erhältlichen pharmazeutischen Formulierungen und die Applikationswege. Eine orale Langzeitgabe sollte vermieden werden, da hier die meisten resistenzseitigen Probleme von der Selektion und dem Übertritt resistenter Bakterien aus der Darmflora herrühren. Bekannter Status der Immunokompetenz Tiere mit Immunsuppression oder lebensbedrohlichen Infektionen sollten vorzugsweise mit bakteriziden Substanzen behandelt werden, da ein erfolgreicher Einsatz bakteriostatischer Antibiotika zur Bekämpfung der Infektion von einem aktiven Immunsystem abhängt. Adäquates Aktivitätsspektrum Die Wahl eines Antibiotikums sollte auf die Empfindlichkeit des identifizierten oder verdächtigten Mikroorganismus bei minimalem Effekt gegenüber anderen Mikroorganismen zielen. Bedacht werden sollten das Risiko der Resistenzbildung in Mikroorganismen des jeweiligen Tieres und der Tierpopulation sowie die Gefahr der Übertragung auf andere Kollektive. Im allgemeinen führen Antibiotika mit einem breiten Wirkungsspektrum schneller zur Resistenzbildung bei nicht anvisierten Mikroorganismen, als solche mit schmalem Spektrum, da sie auf eine größere Anzahl von Mikroorganismen einen Selektionsdruck ausüben. Um die Wahrscheinlichkeit einer breiten Antibiotikaresistenzentwicklung zu minimieren, sollte deshalb, sofern ein adäquates Mittel mit engem Wirkungsspektrum zur Verfügung steht, diesem der Vorzug vor einem Breitbandantibiotikum gegeben werden. Außerdem sollten die möglichen Folgen einer Resistenz für die jeweilige Substanz bedacht werden. Die Wahl von Antibiotika, die bei Mensch oder Tier in speziellen, kritischen Situationen eingesetzt werden, in denen nur wenige oder gar keine anderen Antibiotika zur Verfügung stehen, sollte mit großer Sorgfalt abgewogen werden. Bekannte Kombinationen von Antibiotika Sensibilitätstests sollen dem Kliniker als Richtschnur dienen, nicht jedoch als Garantie dafür, daß sich ein Antibiotikum in der Therapie als wirksam erweist. Eine unkritischer Einsatz von Antibiotikakombinationen sollte wegen der Möglichkeiten der Toxizitätssteigerung, des pharmakologischen Antagonismus und der Selektion resistenter Erreger unterbleiben. Eine Therapie kann fehlschlagen, wenn die ursächlichen Mikroorganismen dem gewählten Antibiotikum gegenüber resistent sind oder es werden. Es gibt jedoch noch andere Ursachen für ein Mißlingen, die nicht mit einer Resistenzbildung zusammenhängen. Eine Therapie kann auch scheitern, wenn: • der Tierhalter sich nicht nach der Verordnung richtet; • die verordnete Dosis unzureichend ist oder für eine unzureichende Dauer verabreicht wird; • ein ungeeignetes Antibiotikum verordnet wird; • das Antibiotikum den Infektionsherd nicht erreicht; • aufgrund einer systemischen Erkrankung eine schlechte Wirtsantwort vorliegt ; • das Antibiotikum von Futterbestandteilen, Mineralsalzen im Wasser inaktiviert wird. Um eine breite Wirksamkeit zu erreichen, mag der Einsatz multipler Antibiotika jedoch gerechtfertigt sein, wenn das Einleiten einer effektiven Antibiotikatherapie fehlschlägt und dadurch die Mortalität oder die Morbität wesentlich zunimmt, oder wenn bei schwerkranken Patienten der Nachweis des infizierenden Erregers nicht gelingt. Anwendung des richtigen Antibiotikums Die Anwendungshinweise auf dem Etikett sollten sorgfältig befolgt und Hinweise bezüglich Spezies- und Krankheitsindikationen, Kontraindikationen, Dosierungsschemata, Karenzzeiten und Speicherungsbedingungen genau beachtet werden. Der Rückgriff auf Antibiotika ohne nähere Kennzeichnung sollten auf Situationen beschränkt bleiben, in denen kein anderes geeignetes Mittel verfügbar ist. Er sollte sorgfältig begründet werden, z. B. im Rahmen einer schriftlichen Verschreibung. Dosierungsschema Es ist zwingend erforderlich, das gewählte antimikrobielle Agens gemäß dem empfohlenen Dosierungsschema und auf dem empfohlenem Apoplikationsweg zu verabreichen, um subtherapeutische Dosen auszuschließen, die eine ungenügende Wirkung entfalten und in einigen Fällen das Resistenzrisiko vergrößern können. Eine korrekte Verabreichung wird das Risiko eines Therapieversagens minimieren und schöpft das Wirkungspotential des Mittels ganz aus. Der Einsatz von Antibiotika sollte jedoch nicht isoliert von den Bereichen Management, Tierschutz, Tierhaltung, Hygiene, (Tierernährung oder Fütterung), Immunologie und Vakzination gesehen werden. Die Bekämpfung von Erkrankungen muß all diese Komplexe umfassen, um erfolgreich Situationen vorzubeugen, die einen Antibiotikaeinsatz erforderlich machen. Jedes einzelne Antibiotikum hat seine eigenen und einmaligen pharmakodynamischen Eigenschaften, die voll zur Geltung kommen, wenn das empfohlene Dosierungsschema befolgt wird. Behandlungsdauer Generell sollte sich die Behandlungsdauer nach dem entsprechenden Vermerk auf dem Etikett richten. Ungenügende Verabreichungsdauer kann zu einem Wiederaufleben der Infektion führen. Damit kann auch die Wahrscheinlichkeit einer Selektion von Erregern mit reduzierter Empfindlichkeit steigen. Andererseits sollten die Antibiotikagaben eingestellt werden, sobald das Abwehrsystem des Wirts die Infektion selbständig bekämpfen kann. Indem man die Einsatzdauer auf das nöti- ge Maß zum Erreichen des Therapieerfolgs beschränkt, minimiert man die Expositionsdauer der Bakterienflora gegenüber dem Antibiotikum. Auf diese Weise werden ungewünschte Effekte auf die überlebenden Mikroorganismen auf ein Minimum begrenzt. Gruppenbehandlung Bei einigen Tierarten wie Fischen, Schweinen oder Geflügel müssen normalerweiser, sofern sich bei Tieren einer Gruppe offenkundige Krankheitssymptome zeigen, sowohl kranke wie auch gesunde Tiere mit therapeutischen Dosen eines Antibiotikums behandelt werden. Damit bezweckt man, die klinisch erkrankten Tiere zu heilen, die Ausbreitung der Erkrankung einzudämmen und die übrigen Tiere vor Krankheitszeichen zu bewahren. Strategische Medikation Erkanntermaßen kann sich eine strategische Medikation unter bestimmten, genau definierten Umständen als die geeignete erweisen. Allerdings sollte sie Teil eines integrierten Bekämpfungsprogramms sein, und die Notwendigkeit einer solchen Medikation sollte regelmäßig neu festgestellt werden. Der Einsatz von Antibiotika bei Nichtvorhandensein klinischer Erkrankungen oder pathogener Infektionen sollte auf Situationen beschränkt bleiben, bei denen zurückliegende Erfahrungen zeigen, daß die Tiergruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Krankheit befallen wird, wenn sie unbehandelt bleibt. Ferner sollte eine Langzeitapplikation zur Krankheitsprävention nicht ohne eindeutige medizinische Begründung praktiziert werden. Jede tierärztliche Praxis sollte ein schriftliches Verfahren oder Protokoll entwickeln, aus dem die Umstände ersichtlich sind, die eine derartige Vorgehensweise als adäquat erscheinen lassen. Verschreibung, Abgabe und Dokumentation Jegliche Verschreibungen von Antibiotika für Tiere sollten durch den verordnenden Tierarzt erfolgen. Alle therapeutischen Antibiotika sollten von einem Tiearzt oder mittels seines Rezepts bezogen werden. Über sämtliche bezogenen und applizierten Antibiotika sollten der Verordner, der Lieferant und der Endverbraucher Buch führen. Fehler bei der Anwendung von Antibiotika: • Unkorrekte Diagnose • Vom richtigen Mittel werden ineffektive Mengen appliziert • Verordnet wird ein Medikament ohne ausgewiesene spezifische Wirksamkeit • Behandlung von Virusinfektionen ohne das Vorliegen bakterieller Komplikationen • Ohne Berücksichtigung weiterer Einflußfaktoren wird in der Annahme eines Therapieversagens das Antibiotikum zu rasch und unkorrekt gewechselt • Nichteinhaltung der Gebrauchsanweisung auf Etikett oder Rezept. Wird ein Teil des Behandlungsschemas vom Tierbetreuer wahrgenommen, sollte er/sie schriftlich über Dosierung, Behandlungsdauer und, falls erforderlich, Karenzzeit instruiert werden. Der Tierarzt müßte sicherstellen, daß der Tierbetreuer die Anweisungen in vollem Umfang verstanden hat. Die Mengen der dem Tierbetreuer überlassenen Antibiotika sollten dem erforderlichen Bedarf exakt entsprechen, um eine Überdosierung zu vermeiden. Die Tierärzte sollten Tierbetreuer über die bestimmungsgerechte Entsorgung unbenutzter Antibiotika und der Gebinde instruieren. Schlußbetrachtungen Es ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich, Richtlinien zu entwerfen, die universell anwendbar wären. Die hier dargelegten allgemeinen Grundsätze umfassen deshalb nur die Prinzipien eines vernünftigen Antibiotikagebrauchs auf der Basis des derzeitigen Wissenstands. Nun sind weitere Bemühungen nötig, um diese Grundprinzipien in nationalen, regionalen oder praxisspezifischen Richtlinien umzusetzen. Allerdings sollte man bei der Ausarbeitung derartiger Richtlinien, spezies-spezifischer Richtlinien oder Vorschriften darauf achten, daß man diese Prinzipien nicht zu restriktiv interpretiert. Verordnenden und betreuenden Tierärzten muß sich ein vernüftiges Maß an Freiheit des fachlichen Urteils zugestanden bleiben. Außerdem wird es erforderlich sein, eine Reihe von Punkten weiter zu erörtern, um die Probleme der Antibiotikaresistenz und deren Wirkung auf die Gesundheit von Mensch und Tier besser verstehen zu lernen. Es müssen noch mehr Daten zusammengetragen werden, um das mit dem Antibiotikagebrauch einhergehende Risiko voll erkennen und entsprechende Strategien eines Risikomanagements entwickeln zu können. Koordiniertes Resistenzmonitoring Es fehlt an brauchbaren Daten zur Antibiotikaresistenz. Darüber hinaus gestaltet sich der Vergleich der verfügbaren Daten schwierig, da sie unter Anwendung unterschiedlicher Methoden und Grenzwerte erhoben wurden. Ein Resistenzmonitoring sollte Mikroorganismen von sowohl tiermedizinischer als auch volksgesundheitlicher Bedeutung im Blick haben. Von diagnostischen Labors erhobene Daten aus Proben pathogener Erreger zeigen tendenziell einen höheren Prozentsatz resistenter Stämme als vor der Behandlung gewonnenes Untersuchungsmaterial. Man muß sich deshalb bemühen, auch Daten aus Zufallsstichproben von landwirtschaftlichen Betrieben, Schlachthöfen oder Lebensmitteln zusammenzutragen, um die Resistenzhäufigkeit von tierpathogenen Erregern, Zoonoseerregern und Indikatororganismen zu untersuchen. Die Ergebnisse solcher Überwachungsprogramme sollten den verordnenden und betreuenden Tierärzten zugeleiet werden, wodurch wenn nötig jederzeit eine Modifikation der Antibiotikagaben möglich wird. Überwachung des Antibiotikagebrauchs Außerdem ist es erforderlich, Unterlagen über den Verbrauch von Antibiotika zu sammeln, um festzustellen: • ob ein Zusammenhang zwischen dem Verbrauch von Antibiotika und Resistenztrends hergestellt werden können; • ob die Richtlinien für einen vernünftigen Einsatz von Antibiotika genau befolgt werden und Wirkung zeigen. Das Ausgangsmaterial und die Klassifizierung der Rohdaten sollten berücksichtigt und standardisiert werden. Technische Maßeinheiten, die sichere Vergleiche zwischen Anwendungshäufigkeit über längere Zeit und je Tierspezies zulassen, müssen entwickelt werden. Alternativen zu Antibiotika und integrierte Bestandsbetreuungsprogramme Schließlich muß noch einmal die Dringlichkeit der Schaffung systematischer Präventivmaßnahmen zur Senkung des Antibiotikabedarfs hervorgehoben werden. Vorbeugen ist besser als Heilen. Gegenüber Nahrungsmittel-liefernden Tierensollten Antibiotika stets ein Teil integrierter Betreuungsprogramme sein - wie z.B. Programme zur Überwachung der Herdengesundheit - und nicht als Ersatz für sie herhalten. Diese Programme werden vermutlich Hygiene- und Desinfektionsverfahren, Managementumstellungen, Änderungen der Besatzdichte, Impfungen etc. umfassen. Der fortlaufende Einsatz von Antibiotika sollte in solchen Bekämpfungsprogrammen regelmäßig auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden, um festzustellen, ob die Applikationen gegebenenfalls reduziert oder eingestellt werden können. Antibiotika sind mit Sorgfalt zu behandeln, um ihre Wirksamkeit zu erhalten. 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