17.09.2011

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Anatomie und Physiologie
des Pferdes im Hinblick auf
fütterungsbedingte
Erkrankungen?
Dr. med. vet. Ingrid Vervuert
Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und
Diätetik, Universität Leipzig
Fachtierärztin für Tierernährung & Diätetik
Dem Pferd auf´s Maul geschaut
Kolikhäufigkeit
Inzidenz/Jahr
Kolikfälle/100 Pferde
10,6 max. 30
26,0 max. 39
Umfang d. Studie
Anzahl d. Pferde
1427
349
Quelle
TINKER et al. 1997
UHLINGER 1992
Häufigkeit von Magengeschwüren bei Pferden
Traber
Galopper
Rennpferde ohne Training
Turnierpferde
Fohlen
0
20
40
60
80
Magenschleimhautläsionen (%)
100
(Literaturauswertung)
Allgemeine Risikofaktoren
•
•
•
•
•
Geschlecht
Nutzung
Rasse
Haltung
Kraftfutter
– Art
nicht signifikant
Zuchtpferde > Freizeitpferde
Araber > Warmblut > Vollblut
Auslauf ohne Wasser
je kg unbehandelter Mais
= 3,4-fach höheres Kolikrisiko
(REEVES et al. 1996)
Futter u. Fütterung als Risikofaktoren für Koliken
Faktor
•
•
•
•
•
Wechsel des Heutyps
kein Weidegang
Wechsel im Kraftfuttertyp
Heu von Rundballen
Hafer >2,7 kg/Tag
Risiko
4,9
3,0
2,6
2,5
5,9
(HUDSON et al. 2001)
Konsequenzen aus epidemiologischen Studien
• Wasserverfügbarkeit bei Außenhaltung essentiell
• bei Erhaltungsbedingungen Mischfutter restriktiv
einsetzten
• Getreideaufschluß bei Maisfütterung
• hohe Frequenz der Mahlzeiten kann Risiken durch
hohe Konzentratmengen nicht immer kompensieren
• Futterwechsel meiden
• bisherige epidemiologische Fakten geben per se
keine Erklärung im Einzelfall
Das Pferd frißt stetig,
viele,
kleine Mahlzeiten
Rhythmus der Nahrungsaufnahme von Pferden auf der Weide
Grasungszeit
gesamt, h
Mai
15,5
Juli
12,1
Sept.
13,8
4
6
8
10 12 14 16 18 20 22 24 2
4 Uhr
KRULL 1984
Was machen die Pferde in der Box?
15% Liegen
5% Anderes
65% Stehen
15% Fressen
(Kiley-Worthington, 1990)
Dauer der Futteraufnahme bei Pferden
0
10
20
30
Min/kg
50
60
40
Stroh, lang
45
Heuhäcksel
53
Heumehl
55
Heu
39
Hafer+Häcksel, 4+1
21
Maissilage
10
Hafer
10
pell. Mischfutter 4mm
11
pell. Mischfutter 8mm
10
pell. Mischfutter 10mm
14
MEYER et al. 1975
Speichel, kg/kg Futter
Speichelproduktion bei Aufnahme
verschiedener Futtermittel
7
5,82
6
5,22
5
4
2,81
3
2,35
1,7
2
1
0,59
0
Gras
Gras-, Laub
Luzernesilage
Heu
Stroh
Mischfutter
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
Länge
insgesamt
~ 35 m
Dauer der
Nahrungspassage
~ 35-50 h
Magen
Dünndarm
Dickdarm
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
Magen
~ 8-15 l
Füllung des Magens bei verschiedenen Spezies
200
150
100
Katze
Pferd
Opossum
Kaninchen
Schwein
Hund
Lama
Känguru
Colobidae
0
Hippotamus
50
Pecora
g/kg Körpermasse
Relativ zur
Körpergröße ist
der Pferdemagen
sehr klein !!
250
Elephant
Passagezeit
~ 1-5 h
pH-Wert > 6 bis <3
z. T. Abbau von
Stärke durch
Bakterien,
Eiweissfällung
LAWS u. PARKER, 1968; HERD u. HARROP 1978; KAMPHUES 1987;
LANGER 1988; KIENZLE 1989; COENEN 1991)
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
pH-Wert > 6 bis <3
Speiseröhre
Magen
~ 8-15 l
Cutane Schleimhaut
Passagezeit
~ 1-5 h
4,4
5,1
4,3
4,5
4,0
3,8
4,5
2,9
4,1
3,0
Drüsenschleimhaut
pH-Werte
pH-Werte
h nach
3,5 3,5
h nach
Mischfuttergabe
Heugabe
4,4
2,2
Pylorus
Rationstyp und Magenulzera
Pars nonglandularis
Pferde
Läsionen
Ohne
Mit
Heu
25
100 %
0%
Mischfutter
31
54 %
46 %
Fütterungsperioden: 2-8 Wochen
(Coenen, 1992)
% Beobachtungen
Nahrungskarenz und pH Werte im Magen
80
70
60
50
40
30
20
10
0
24 Nahrungskarenz
Heuaufnahme ad libitum
<2
>2
>3
>4
>5
>6
pH Werte im Magen [24 Stunden Profil]
(Murray & Schusser, 1993)
Intragastralerr Druck [mm Hg]
Intragastraler Druck während Belastung
50
40
30
20
10
0
Ruhe
Trab
Steigung Trab
Ruhe
Schritt Galopp Galopp Schritt
(Lorenzo-Figueras & Merritt, 2002)
Belastung und Magen pH
pH Werte vor und während der Belastung in
proximalen Region des Magens
Fütterung vor Belastung
Belastung
2h
18 h
Ruhe
5,30 ± 0,97
5,23 ± 0,95
Schritt
3,95 ± 0,70
3,15 ± 0,76
Trab/Galopp
2,52 ± 0,82
1,07 ± 0,19
Erholung Schritt
2,39 ± 0,64
0,92 ± 0,13
(Lorenzo-Figueras & Merritt, 2002)
Koliken vom MAGEN ausgehend;
i.d.R. kurz nach Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
Verlegung
Verstopfung
Fehlgärung
3A
1 3B
3C
2 3C
3D
3
3E
Motilitätsverlust 4 4
4C
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
Verkleisterung v. Stärke
st. quellende FM
KF kurz vor Weideaustrieb
KF kurz vor/kurz nach Belastung
hohe Keimgehalte im Futter (KF!)
Pilztoxine
Sistieren d. Peristaltik
teils wegen Fehlgärung
zu hohe Konzentratmengen/
Mahlzeit, Magenüberladung
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
Dünndarm
~ 16-24 m
Ø bis 10 cm
Füllung ~ 11 l
Passagezeit
~ 1,5 h
Verdauung durch
körpereigene
Enzyme
(Stärke, Eiweiß,
Fette)
Aufnahme von
Mineralstoffen u.
Vitaminen
Koliken vom DÜNNDARM ausgehend;
i. d. R. 1-4 h n.d. Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
Verlegung
1 1E
Verstopfung
2 2A
Fehlgärung
3
Motilitätsverlust 4
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
Kunststoffpartikel, Holzspäne:
Verlegung des Ileums
stark zerkleinertes Futter
(fein gehäckelte Silagen)
Koliken vom DÜNNDARM ausgehend;
i. d. R. 1-4 h n.d. Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
Verlegung
1 1E
Verstopfung
Fehlgärung
2 2A
3 3C
Motilitätsverlust
3C
4 3D
4E
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
Kunststoffpartikel, Holzspäne:
Verlegung des Ileums
stark zerkleinertes Futter
(fein gehäckelte Silagen)
KF kurz vor Weideaustrieb
KF kurz vor/kurz nach Belastung
hohe Keimgehalte im Futter,
besonders im Kraftfutter
Pilztoxine (T2-Toxin, Vomitoxin)
Giftpflanzen (z.B. Herbstzeitlose)
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
- Blinddarm ~1m
Füllung
~ 18 Ileum
30 l
Passagezeit
~ 15 - 20 h
Colon
Ileum
Verdauung
durch
mikrobiell
gebildete
Enzyme,
Synthese von
B-Vitaminen,
z.T. Aufnahme
Colon
von
Peristaltikeigenschaften im Blinddarm
Mineralstoffen
•Transport vom Blinddarm zum
Colon
Y ~ 1 x in 4 Min. Pumpbewegung mit
intraluminaler Druckerhöhung
Verdauungskanal eines Pferdes - 500 kg KM
Colon
~ 3-4 m
bis 25 cm
Füllung ~ 50 l
Passagezeit
~ 20 h
Verdauung durch
mikrobiell
gebildete
Enzyme,
Synthese von
B-Vitaminen,
z.T. Aufnahme
von
Mineralstoffen,
Wasseraufnahme
Koliken vom BLINDDARM und COLON ausgehend;
i. d. R. 3 - 6 h n.d. Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
1A
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
asche-, phosphatreiche FM
(Darmsteine)
1 1D fein-, aber langfaserige,
Verlegung
schwer verdaul. Pflanzen
2
(z.B. Windhalm im Stroh);
Verstopfung
2AB schwer verdauliches Futter,
einseitig Stroh oder
3
Fehlgärung
energiearmes Gras/Heu bei
hoch verdaulichem KF
Motilitätsverlust 4
(Verarmung der Mikroflora);
Wasserentzug
Koliken vom BLINDDARM und COLON ausgehend;
i. d. R. 3 - 6 h n.d. Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
Verlegung
1
Verstopfung
2
Fehlgärung
3
Motilitätsverlust 4
3A
3C
3D
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
fettreiche KF (>12 % Rfe;
Blinddarmfäulnis),
viel schwer verdaul. Stärke
hohe KF-menge/Mahlzeit
(Übersäuerung)
hohe Keimgehalte im Futter,
v.a. Raufutter,
Frostschäden z.B. in Rüben
Koliken vom BLINDDARM und COLON ausgehend;
i.d.R. 3 - 6 h n.d. Futteraufnahme
Auswahl
FUTTER
A
Verlegung
1
Verstopfung
2
Fehlgärung
4
Technik
Schadstoffe
Behandlung
Qualität Toxine
B
C
D
E
teils Folge von Fehlgärungen
4CD Sandablagerung (Erdfressen,
verschmutztes Futter)
3
4E Pilztoxine (z.B. T2-Toxin)
Motilitätsverlust 4
Wesentliche Fehler in der Fütterung
• Haltungsmängel, Wasser
• unnötige Futterwechsel
• zu wenig Raufutter
ÖMagen
• zuviel Kraftfutter/Mahlzeit
Ö Magen/Caecum
• zu hohe Keimgehalte
• Raufutter
Ö Caecum/Colon
• Kraftfutter
ÖMagen/Dünndarm
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