Malte Dyckmanns: Exponential-Abbildung, Homogene Räume und

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Bachelorseminar Differentialgeometrie
Exponential-Abbildung, Homogene
Räume und Faktorgruppen
Malte Dyckmanns
4. Mai 2010
Bachelorseminar Schwachhöfer - SS 10
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
1 Die Exponential-Abbildung
Ein Tangential-Vektor X ∈ Te G = LG am Einselement e einer Lie-Gruppe G bestimmt
ein Linksinvariantes Vektorfeld auf G, das wir ebenfalls mit X bezeichnen. Es gibt genau
eine Ein-Parametergruppe αX : R → G mit α̇X (0) = X. Diese ist die Integralkurve von
X mit dem Anfangswert α(0) = e.
1.1 Definition Die Abbildung
exp : LG → G, X �→ αX (1)
heißt Exponential-Abbildung.
1.2 SATZ Die Exponential-Abbildung ist differenzierbar und es gilt:
1. exp(tX) = αX (t) für alle t ∈ R,
2. T0 exp = idLG .
Beweis. Für t ∈ R sind β(s) := αtX (s) und γ(s) := αX (ts) Ein-Parameter-Gruppen. Mit
X
β̇(0) = α̇tX (0) = tX = d(ts)
ds α̇ (0) = γ̇(0) und der Eindeutigkeit der Ein-Parametergruppe
tX
α folgt β(s) = γ(s). Insbesondere gilt exp(tX) = αtX (1) = β(1) = γ(1) = αX (t). Die
Ein-Parametergruppe in Richtung X ∈ LG kann nun also durch t �→ exp(tX) beschrieben
werden.
∂
∂
Damit folgt auch sofort T0 exp(X) = ∂t
|t=0 exp(tX) = ∂t
|t=0 αX (t) = α̇X (0) = X, also
T0∈LG exp = idLG . Formal bildet T0 exp von T0 LG nach Texp(0)=e G = LG ab. Dabei wird
T0 LG mit LG identifiziert, da jeder Tangentialraum eines endlich-dimensionalen Vektorraums V isomorph zu V ist.
Die Differenzierbarkeit der Exponential-Abbildung zeigen wir, indem wir die fogende Abbildung betrachten: R × G × LG → G × LG, (t, g, X) �→ (g · αX (t), X). Dies ist der Fluss
auf G × LG zum Vektor-Feld (g, X) �→ (X(g), 0 ∈ LG), also ist diese Abbildung differenzierbar. Somit ist auch die Einschränkung 1 × e × LG → G, (1, e, X) �→ αX (1) = exp(X)
differenzierbar.
q.e.d.
1.3 Bemerkung
1. Die Exponentialabbildung ist nach dem Satz über inverse Funktionen im Ursprung 0 ∈ LG ein lokaler Diffeomorphismus, da ihr Differential in 0
die Identität ist.
2. Natürlichkeit: Ein Lie-Gruppen-Homomorphismus f : G → H induziert ein kommutatives Diagramm,
LG
Lf
� LH
exp
X
�
�
� Lf (X)
�
exp
�
G
�
f
�
�H
αX (1)
�
�
� (f ◦ αX )(1)
da f ◦αX eine Ein-Parametergruppe mit Anfangsvektor
Lf (X) ist. Es gilt also f ◦ expG = expH ◦ Lf .
3
d
X
dt |t=0 f (α (t))
= TαX (0)=e f (α̇X (0)) =
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
1.4 Beispiel Ist G = Aut(V ) die Gruppe der Automorphismen
eines endlich-dimensionalen
�
1 ν
Vektorraums, so ist LG = End(V ) und exp(A) = ∞
A
.
ν=0 ν!
Betrachtet man id : O(n) → GL(n, R) folgt mit der Natürlichkeit von exp, dass diese
Formel auch für O(n) und genauso für die anderen linearen Gruppen aus dem letzten
Vortrag gilt. Daher stammt der Name Exponential-Abbildung“.
”
1.5 KOROLLAR Seien G, H zusammenhängende Lie-Gruppen und f : G → H ein
Homomorphismus.
Dann ist f durch sein Differential am Einselement Lf : LG → LH bestimmt.
Beweis. Da die Exponential-Abbildung ein lokaler Diffeomorphismus ist, gibt es Umgebungen U ⊂ LG von 0 und V ⊂ G von e, so dass expG : U → V bijektiv ist. Dann gilt
mit der Natürlichkeit der Exponential-Abbildung f |V = expH ◦ Lf ◦ exp−1
G , f ist also in
einer Umgebung der Eins durch Lf bestimmt.
Behauptung: V erzeugt G.
Nach Ersetzung von V durch V ∩ V −1 (V −1 := {v −1 |v ∈ V }) kann man V = V −1
annehmen. Dabei verkleinern wir V eventuell, V bleibt aber eine Umgebung von eG .
n eine offene Untergruppe von G mit
Setzen wir V n = {v1 · ...vn |vi ∈ V }, so ist ∪∞
n=1 V
offenen Nebenklassen in G. Da diese disjunkt sind, G aber zusammenhängend ist, kann es
n
nur eine Nebenklasse geben. Also gilt ∪∞
n=1 V = G.
Für g ∈ G gibt es also die Darstellung g = v1 · ... · vk mit k ∈ N und vν ∈ V . Da f ein
Homomorphismus ist, gilt f (g) = f (v1 · ... · vk ) = f (v1 ) · ... · f (vk ), wobei die Bilder f (vν )
bekannt sind. Damit ist f auf ganz G bestimmt.
q.e.d.
1.6 Bemerkung
1. Die Exponential-Abbildung muss nicht einmal auf zusammenhängenden Lie-Gruppen surjektiv sein: Bsp. SL(2, R).
2. Für Lie-Gruppen, die kompakt und zusammenhängend sind, ist exp surjektiv.
3. Im Allgemeinen ist exp nur auf Geraden durch den Ursprung der Lie-Alegbra ein
Homomorphismus.
4. exp ist genau dann ein Homomorphismus auf der ganzen Lie-Algebra, wenn die LieGruppe abelsch ist.
5. Mit dem vorhergehenden Beweis folgt also, dass exp auf zusammenhängenden abelschen Liegruppen ein surjektiver Homomorphismus ist.
1.7 LEMMA Sei V ein endlich-dimensionaler Vektorraum und B eine diskrete Untergruppe von V . Dann gibt es k ∈ N und linear unabhängige Vektoren g1 , ..., gk ∈ V , so dass
B das Erzeugnis von {g1 , ..., gk } ist.
Beweis. Beweis per Induktion nach n = dimV :
Für n = 1 können wir o.B.d.A V = R annehmen. In diesem Fall ist entweder B = {0}
oder B wird durch sein kleinstes positives Element erzeugt.
Sei nun n > 1 und B �= {0}. Wähle eine euklidische Metrik auf V und ein Element g1 ∈ B
mit kleinster positiver Norm. Dann gibt es eine orthogonale Zerlegung V = R · g1 ⊕ W mit
W = (R · g1 )⊥ .
Betrachte die Projektion p : B ⊂ (R · g1 ⊕ W ) → W . p(B) ⊂ W enthält kein Element mit
Norm größer 0 und kleiner 12 |g1 |:
4
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
Annahme: Es existiert g ∈ B, so dass 0 < |p(g)| < |g1 |/2.
Für jedes v ∈ V existiert ein m ∈ Z, so dass die Norm der Projektion von v + m · g1 auf
R · g1 kleiner als |g1 |/2 ist. Also gibt es ein m̃ ∈ Z, so dass
��
�
�
�
|g1 | 2
|g1 | 2 |g1 |
0 < |g + m̃ · g1 | <
+
= √ < |g1 |.
2
2
2
Dabei ist mit g und g1 auch g + m̃ · g1 ∈ B, was der Minimalität der Norm von g1
widerspricht.
p(B) ist also diskret und wird somit nach Induktionsvoraussetzung von linear unabhängigen
Vektoren g2 , ..., gk erzeugt. Da g1 ⊥ g2 , ..., gk und g1 �= 0, sind g1 , g2 , ..., gk linear unabhängig und erzeugen B = Z · g1 ⊕ p(B).
q.e.d.
1.8 THEOREM Sei G eine zusammenhängende abelsche Lie-Gruppe. Dann gibt es
k, s ∈ N0 und einen Isomorphismus T k × Rs → G (T = R/Z).
Beweis. Nach der letzten Bemerkung ist exp : LG → G ein surjektiver Homomorphismus.
K := Kern(exp) ist eine diskrete Untergruppe von LG, weil exp eine lokale Bijektion in
0 ist:
Sei v ∈ K und U ⊂ LG eine Umgebung von 0, so dass exp|U bijektiv ist. Dann gilt:
exp((v + U ) \ {v}) = exp(v + (U \ {0})) = exp(v) · exp(U \ {0}) = exp(U ) \ {e}.
Also ist v + U eine Umgebung von v mit (v + U ) ∩ K = {v}. Damit ist K diskret.
Nach dem vorhergehenden Lemma wird K von linear unabhängigen Vektoren g1 , ..., gk ∈
LG erzeugt. Dieses System ergänzen wir durch gk+1 , ..., gn zu einer Basis von LG. Diese
Basis definiert einen Isomorphismus LG � Rn , so dass
K � Zk × 0 ⊂ Rk × Rn−k = Rn .
Also ist LG/K � Rn /(Zk × 0) = T k × Rn−k .
Nach dem Homomorphiesatz für gewöhnliche Gruppen gibt es einen bijektiven Homomorphismus T k × Rn−k � LG/K → G:
exp
LG
π
�
�
�
�
�
�G
��
LG/K
Da exp ein lokaler Diffeomorphismus ist, ist obiger Homomorphismus ein Isomorphismus
von Lie-Gruppen.
q.e.d.
1.9 KOROLLAR Sei G eine kompakte abelsche Lie-Gruppe. Dann gibt es k ∈ N und
eine endliche abelsche Gruppe B, so dass G � T k × B.
Beweis. Die Zusammenhang-Komponente des Einselements von G ist abelsch, zusammenhängend und kompakt, also nach dem vorhergehenden Satz isomorph zu einem Torus
T . T ist eine abelsche Untergruppe, also insbesondere Normalteiler von G. Wir betrachten
die Projektion
π : G → B := G/T, g �→ gT
5
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
in die Faktorgruppe B, die wir mit der Quotiententopologie bezüglich π versehen. T und
somit auch gT für g ∈ G sind offen in G, also sind die einpunktigen Mengen {gT } ⊂ B
offen in B (π −1 ({gT }) = gT offen in G). B ist demnach diskret und mit der Kompaktheit
folgt, dass B endlich ist.
Als endliche abelsche Gruppe ist B Produkt aus endlichen zyklischen Gruppen, also B ∼
=
Z/n1 ×· · ·×Z/nk . Wir suchen einen Schnitt s von π, also enen Homomorphismus s : B → G
mit π ◦ s = idB . Dann haben wir den Isomorphismus
T × B → G, (t, b) �→ t + s(b)
mit dem Inversen g �→ (g − s(π(g)), π(g)) (G additiv geschrieben).
Konstruktion von s: Sei B von den Elementen b1 , . . . , bk erzeugt (bν hat die Ordnung nν ).
Wir wählen beliebige Elemente c1 , . . . , ck ∈ G mit π(cν ) = bν . Dann ist nν cν ∈ T , da
π(nν cν ) = nν π(cν ) = nν bν = 0 und T der Kern von π ist. Da T = Rk /Zk ein Torus ist, ist
nν cν = vν mod Zk mit vν ∈ Rk . Sei dν := nvνν mod Zk , dann ist dν ∈ T und nν dν = nν cν .
Setzen wir gν = cν − dν , so gilt π(gν ) = π(cν ) = bν und nν gν = nν cν − nν dν = 0. Also ist
der durch bν �→ gν induzierte Homomorphismus ein wohldefinierter Schnitt von π.
q.e.d.
1.10 KOROLLAR Sei G eine kompakte, zusammenhänge und abelsche Lie-Gruppe.
Dann ist G isomorph zu einem Torus.
1.11 Definition Eine Lie-Untergruppe einer Lie-Gruppe G ist ein injektiver LieGruppen-Homomorphismus f : H → G.
1.12 Bemerkung
1. Jede injektive Ein-Parametergruppe ist eine Lie-Untergruppe.
2. Die Inklusionen der klassischen linearen Gruppen sind Lie-Untergruppen.
3. Lie-Untergruppen sind Immersionen.
4. Die Bijektion f : H → f (H) muss kein Homöomorphismus sein, f (H) kann eine
dichte, echte Teilmenge von G sein.
1.13 Beispiel Z → S 1 , n �→ ein ist eine Lie-Untergruppe mit dichtem Bild in S 1 . Diese
Abbildung ist keine Einbettung von Mannigfaltigkeiten. Ähnliches Beispiel:
√
f : R → T 2 , f (t) = (t, 2t)modZ2 .
1.14 Definition
1. Eine Teilmenge N einer m-dimensionalen Mannigfaltigkeit M
heißt n-dimensionale Untermannigfaltigkeit von M , wenn jeder Punkt p ∈ N
eine Karte
h : (U, p) → (U � , 0) ⊂ Rn × Rm−n = Rm
von M besitzt, so dass h(N ∩ U ) = Rn ∩ U � , wobei Rn = Rn × 0m−n ⊂ Rm .
Die Einschränkung der Karten in dieser Definition auf Abbildungen N ∩U → Rn ∩U �
liefert einen Atlas und somit die Struktur einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit
für N .
6
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
2. Eine Abbildung f : N → M heißt Einbettung, wenn f (N ) eine Untermannigfaltigkeit von M ist und f : N → f (N ) ein Diffeomorphismus ist.
1.15 Bemerkung
1. Eine Teilmenge H einer Lie-gruppe G nennen wir abstrakte
Untergruppe von G, wenn sie im gruppentheoretischen Sinn eine Untergruppe von
G ist (gh−1 ∈ H ∀g, h ∈ H).
2. Ist H eine abstrakte Untergruppe und eine Untermannigfaltigkeit von G, so ist H
auch eine Lie-Gruppe, da die Multiplikation H × H → H nur eine Einschränkung
der differenzierbaren Multiplikation G × G → G ist.
1.16 THEOREM Sei G eine Lie-Gruppe und H eine abstrakte Untergruppe von G.
Dann gilt:
H ist Untermannigfaltigkeit von G ⇐⇒ H ist abgeschlossen in G.
Beweis. ⇒“: Sei H Untermannigfaltigkeit von G. Dann existiert nach Definition eine
”
Umgebung U ⊂ G von e ∈ H ⊂ G und eine Karte h : (U, e) → (U � , 0) ⊂ Rm , so
dass h(H ∩ U ) = Rn ∩ U � (Rn = Rn × 0m−n ⊂ Rm ). Da h ein Homöomorphismus ist
(insbesondere bijektiv und stetig), ist h−1 (Rn ∩ U � ) = H ∩ U und H ∩ U ist als Urbild
einer abgeschlossenen Menge abgeschlossen in U ⊂ G (bzgl. der Relativtopologie von U in
G).
Sei nun y ∈ H̄ (Abschluss von H in G). yU −1 ist eine Umgebung von y, enthält also ein
x ∈ H. Für dieses x ∈ H ∩ yU −1 gilt dann y ∈ H̄ ∩ xU und somit x−1 y ∈ x−1 H̄ ∩ U =
H̄ ∩ U = H ∩ U . Letzteres gilt, da H ∩ U in U abgeschlossen ist. Es folgt y ∈ xH = H, H
ist also abgeschlossen.
⇐“: Wir versehen den reellen Vektorraum LG mit einer euklidischen Metrik. Die Expo”
nentialabbildung von G ist ein lokaler Diffeomorphismus um 0, es gibt also Umgebungen
U ⊂ G von e und U � ⊂ LG von 0, so dass exp|U � : U � → U eine diffbare Umkehrabbildung
log := (exp|U � )−1 : U → U � besitzt:
Setze H � := log(H ∩ U ). Wir zeigen nun in drei Teilen, dass H lokal eine Untermannigfaltigkeit von G ist:
7
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
1. Sei (hn )n∈N eine Nullfolge in H � , so dass lim |hhnn | = X ∈ LG. Dann ist exp (tX) ∈ H
n→∞
für alle t ∈ R.
�
�
n→∞
Beweis: Setze mn := |htn | für n ∈ N. Da (hn )n∈N eine Nullfolge ist gilt mn |hn | −→
t, also folgt mit der Folgenstetigkeit der Exponential-Abbildung:
�
�
hn n→∞
exp(mn hn ) = exp mn |hn | ·
−→ exp (tX).
|hn |
Da mn ∈ Z und die Exponentialabbildung auf Geraden durch den Ursprung ein
Homomorphismus ist, gilt exp(mn hn ) = exp(hn )mn ∈ H. Mit der Abgeschlossenheit
von H folgt exp(tX) ∈ H.
�
�
2. Die Menge W := sX|X = lim |hhnn | , (hn )n∈N ⊂ H � Nullfolge, s ∈ R ist ein Untern→∞
vektorraum von LG.
Beweis: Seien X, Y ∈ W und h(t) := log(exp(tX) · exp(tY )). Dann gilt:
�
h(t)
d ��
lim
= � log◦µ(exp(tX), exp(tY )) = Te log(T(e,e) µ(T0 exp(X), T0 exp(Y )) = X+Y,
dt t=0
t→0+ t
da T(e,e) µ(X, Y ) = X + Y , T0 exp = idLG und somit auch Te log = idLG (µ : G × G →
G ist die Gruppenmultiplikation). Nach i) liegen exp(tX), exp(tY ) und somit auch
exp(tX) · exp(tX) für alle t ∈ R in H, also gilt h(t) ∈ H � ∀t ∈ R. Wählt man eine
Nullfolge (tn )n∈N ⊂ R+ , so ist (h(tn ))n∈N eine Nullfolge in H � mit
h(tn )
h(tn )
t
n→∞ X + Y
=
·
−→
.
|h(tn )|
t
|h(tn )|
|X + Y |
Mit X und Y liegt also auch X + Y in W und per Definition ist mit X auch sX ∈ W
für s ∈ R.
3. exp(W ) ⊂ H ist eine Umgebung von e in H.
Beweis: Sei D das orthogonale Komplement von W in LG. Die Abbildung
κ:
W ⊕ D → G,
X + Y �→ exp(X) · exp(Y )
hat die Identität als Differential in 0 und ist somit nach dem Satz über inverse
Funktionen lokal um 0 invertierbar mit differenzierbarer Umkehrfunktion.
Annahme: iii) ist falsch, exp(W ) also keine Umgebung von e in H.
n→∞
Dann gibt es eine Folge (gn )n∈N ⊂ H mit gn −→ e und gn ∈
/ exp(W ). Für die
Urbilder Xn + Yn = κ−1 (gn ) ∈ W ⊕ D gilt exp(Xn ) · exp(Yn ) = gn ∈ H, Yn �= 0 (da
n→∞
sonst exp(Xn ) · exp(Yn ) = gn ∈ exp(W )) und (Xn , Yn ) −→ 0 (da κ folgenstetig).
8
1
DIE EXPONENTIAL-ABBILDUNG
�
�
{X ∈ D| |X| = 1} ist kompakt, also hat die Folge |YYnn |
⊂ D eine konvergente
n∈N
�
�
�
�
Teilfolge mit Grenzwert Y ∈ D. Da � |YYnn | � = 1 ∀n ∈ N gilt auch |Y | = 1, also Y �= 0.
Da aber exp(Xn ) ∈ H und H eine Gruppe ist, gilt mit exp(Xn ) · exp(Yn ) ∈ H auch
exp(Yn ) ∈ H. Die konvergente Teilfolge ist also eine Nullfolge in H � , nach Definition
von W liegt also Y in W , was im Widerspruch zu Y ∈ D = W ⊥ , Y �= 0 steht.
Nach Einschränkung auf 0-Umgebungen UW ⊂ W und UD ⊂ D gilt also für den lokalen
Diffeomorphismus κ : W ⊕ D → G:
κ(UW ⊕ UD ) ∩ H = κ(UW ).
Nach Definition ist H ⊂ G also in einer Umgebung von e eine Untermannigfaltigkeit.
Durch Links-Translation mit h ∈ H erhält man ein solches Koordinaten-System in einer
Umgebung von h.
q.e.d.
1.17 Beispiel Für die klassischen Matrixgruppen erhält man:
1. SL(n, C) = {A ∈ GL(n, C)|det(A) = 1} ist Untermannigfaltigkeit von GL(n, C)
({1} abgeschlossen, det stetig, also (det|GL(n,C) )−1 ({1}) = SL(n, C) abgeschlossen).
2. SU (n) = {A ∈ SL(n, C)|U † U = E} ist Untermannigfaltigkeit von SL(n, C) ({E} ist
abgeschlossen; Matrixmultiplikation, Transposition, Konjugation stetig)
1.18 SATZ Seien G, H Lie-Gruppen und f : G → H ein stetiger Gruppen-Homomorphismus.
Dann ist f differenzierbar, also ein Lie-Gruppen-Homomorphismus.
Insbesondere hat eine topologische Gruppe höchstens eine Lie-Gruppen-Struktur.
Beweis. Sei Γf = {(g, f (g))|g ∈ G} ⊂ G × H der Graph von f . Es gilt eG×H = (e, e) =
(e, f (e)) ∈ Γf und da f ein Homomorphismus ist, hat man für (g, f (g)), (g̃, f (g̃)) ∈ Γf :
(g, f (g)) · (g̃, f (g̃))−1 = (gg̃ −1 , f (g)f (g̃)−1 ) = (gg̃ −1 , f (gg̃ −1 )) ∈ Γf ,
Γf ist also eine Untergruppe von G×H. Da f stetig ist, ist Γf abgeschlossen in G×H (versehen mit der Produkttopologie) und somit nach Theorem 1.16 eine Untermannigfaltigkeit
der Lie-Gruppe G × H, und nach Bemerkung 1.15.2 selbst eine Lie-Gruppe.
Die Projektion
π := pr1 |Γf :
Γf → G,
(g, f (g)) �→ g
ist ein differenzierbarer Homöomorphismus (π −1 : G → Γf , g �→ (g, f (g)) ist stetig). π
ist offenbar injektiv, was sich mit der Natürlichkeit der Exponentialabbildung und der
Tatsache, dass expG und expΓf um 0 lokale Diffeomorphismen sind, auf Lπ überträgt. Die
Surjektivität von Lπ ist klar, also ist Lπ bijektiv. Damit ist nach dem Satz über inverse
Funktionen π ein lokaler Diffeomorphismus um (e, e). Da π ein Homomorphismus ist,
erhält man durch Links-Translation, dass π um jeden Punkt ein lokaler Diffeomorphismus
ist. Mit der Bijektivität folgt, dass π ein Diffeomorphismus ist. Somit ist f = pr2 ◦ π −1 als
Verkettung differenzierbarer Abbildungen differenzierbar.
q.e.d.
9
2
HOMOGENE RÄUME UND FAKTORGRUPPEN
2 Homogene Räume und Faktorgruppen
In diesem Kapitel untersuchen wir die Geometrie der Rechts-Multiplikation einer abgeschlossenen Untergruppe H ⊂ G auf eine Lie-Gruppe G und der Links-Multiplikation von
G auf die Faktorgruppe G/H. Dazu führen wir zunächst einige Begriffe ein.
2.1 Definition Sei G eine Lie-Gruppe.
1. Ein G-Linksraum ist ein topologischer Raum X mit einer stetigen Links-Operation
von G auf X
Φ : G × X → X, (g, x) �→ Φ(g, x) =: g · x,
(1)
so dass
e·x=x
und
(gh) · x = g · (h · x).
(2)
2. Eine Abbildung zwischen G-Linksräumen f : X → Y heißt äquivariant, wenn für
alle x ∈ X und alle g ∈ G gilt:
f (g · x) = g · f (x).
(3)
3. Eine Teilmenge A eines G-Linksraums heißt invariant, falls g · a ∈ A für alle a ∈ A
und für alle g ∈ G.
4. Ein invarianter Punkt heißt Fixpunkt.
5. Die Untergruppe
Gx = {g ∈ G|g · x = x}
(4)
von G heißt Isotropiegruppe des Punktes x ∈ X. Sie ist abgeschlossen, falls X
Hausdorff ist.
6. Die invariante Menge G · x = {g · x|g ∈ G} ⊂ X heißt Orbit von x.
7. Die Menge aller Orbits heißt Orbitenraum und wird analog zu den Faktorgruppen
mit X/G bezeichnet.
Es gibt eine kanonische Projektion
π = πG : X → X/G,
x �→ G · x.
Wir versehen den Orbitenraum X/G mit der Quotiententopologie bzgl. dieser Projektion, d.h.:
A ⊂ X/G offen
⇐⇒
π −1 (A) offen.
Die Topologie ist also so gewählt, dass π stetig ist.
8. Die G-Linksoperation heißt transitiv, wenn X/G einelementig ist. Dann gibt es zu
x1 , x2 ∈ X ein g ∈ G, so dass g · x1 = x2 .
9. Ein G-Linksraum heißt differenzierbar und wird G-Mannigfaltigkeit genannt,
wenn X eine differenzierbare Mannigfaltigkeit ist und die Linksoperation Φ differenzierbar ist.
Wir betrachten hier ausschließlich differenzierbare G-Räume.
10
2
HOMOGENE RÄUME UND FAKTORGRUPPEN
2.2 Bemerkung
1. Wenn x ∈ X die Isotropiegruppe H ⊂ G hat, dann ist gHg −1
die Isotropiegruppe von g · x. Zu jeder Bahn gehört also eine Konjugationsklasse von
Isotropiegruppen.
2. Die Orbits bilden eine disjunkte Zerlegung des G-Raums.
3. Invariante Teilmengen sind genau die Mengen π −1 (A) mit A ⊂ X/G.
4. Genauso wie Links-Operationen gibt es auch Rechts-Operationen
X × G → X,
(x, g) �→ x · g
mit x · e = x und x · (gh) = (x · g) · h.
5. Jede Rechts-Operation ·“ definiert eine kanonische Links-Operation ◦“ durch die
”
”
Formel g ◦ x := x · g −1 und umgekehrt.
2.3 Beispiel
1. Jeder endlich-dimensionale Vektorraum V ist ein Aut(V )-Raum.
2. Jeder Homomorphismus φ : G → Aut(V ) definiert eine G-Linksoperation auf V
durch g · v := φ(g)v.
2.4 Definition Sei H ⊂ G eine abgeschlossene Untergruppe einer Lie-Gruppe G. Dann
definiert die Gruppen-Multiplikation eine Rechts-Operation
G × H → G,
(g, h) �→ gh
der Gruppe H auf die Mannigfaltigkeit G. Der Orbitenraum G/H von Rechtsnebenklassen
von G bzgl. H, also der Faktorraum, heißt dann homogener Raum. Die Gruppe G
operiert von links auf G/H durch
G × G/H → G/H,
(g, xH) �→ gxH,
der homogene Raum ist also ein G-Linksraum.
2.5 Bemerkung G operiert offensichtlich transitiv auf G/H. Wir definieren später in
2.11 einen homogenen Raum allgemeiner als Mannigfaltigkeit M mit differenzierbarer und
transitiver G-Linksoperation. In 2.12 stellen wir dann fest, dass ein solcher Raum immer
Diffeomorph zu der Faktorgruppe G/Gp (p ∈ M beliebig, Gp Isotropiegruppe von p), also
zu einem homogenen Raum im obigen Sinne ist.
Um die Rechts-Operation von H auf G und die Projektion π : G → G/H besser zu
verstehen, führen wir das Konzept des Prinzipalbündels ein.
2.6 Definition Sei H eine Lie-Gruppe. Ein H-Prinzipalbündel ist ein lokal trivialer
H-Rechtsraum E × H → E. Der Raum E heißt Totalraum, H heißt Strukturgruppe,
B := E/H heißt Basisraum und π : E → B, x �→ xH heißt Bündel-Projektion.
Der Orbit π −1 {b} heißt Faser über b ∈ B.
11
2
HOMOGENE RÄUME UND FAKTORGRUPPEN
2.7 Definition Ein H-Rechtsraum E × H → E heißt lokal trivial, wenn es zu jedem
b ∈ B eine Umgebung U ⊂ B gibt und einen äquivarianten Homöomorphismus
φ : π −1 (U ) → U × H.
Dabei wird U × H durch die folgende Rechtsoperation zu einem H-Rechtsraum:
(u, h) · k := (u, hk).
Die Abbildung φ wird Bündel-Karte genannt.
2.8 THEOREM Sei G eine Lie-Gruppe, H eine abgeschlossene Untergruppe. Die
Rechtsmultiplikation von H auf G definiert ein differenzierbares H-Prinzipalbündel mit
Totalraum G, Strukturgruppe H, Basisraum G/H und der Bündelprojektion
π : G → G/H,
g �→ gH.
Insbesondere ist G/H eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und π eine Submersion, d.h.
Rang(Tg π) = dim(G/H) für alle g ∈ G.
Beweis.
1. G/H ist mit der Quotiententopologie bezüglich π Hausdorff.
Beweis: Seien xH, yH ∈ G/H, xH �= yH. Dann sind xH, yH abgeschlossen und
disjunkt, es gibt also eine kompakte Umgebung von K ⊂ G von x, so dass K ∩ yH =
∅. Dann ist U := {kH|k ∈ K} = π(KH) ⊂ G/H eine Umgebung von xH in G/H
mit yH ∈
/ U . Es reicht also zu zeigen, dass KH = π −1 (U ) ⊂ G abgeschlossen in G
ist. Dann ist U in G/H abgeschlossen, G\U also offen in G/H mit yH ∈ G\U . G\U
ist also eine Umgebung von yH in G/H mit U ∩ G\U = ∅.
KH ist abgeschlossen in G: Betrachte die Abbildung
f:
K × G → G,
(k, g) �→ k −1 g.
Dann gilt x ∈ KH ⇐⇒ k −1 x ∈ H für ein k ∈ K, also KH = pr2 (f −1 (A)). Da
mit der Gruppenmultiplikation und der Inversenbildung auch f stetig ist, ist mit H
auch das Urbild f −1 (A) abgeschlossen. Da K kompakt ist, ist pr2 : K × G → G
abgeschlossen, also ist KH = pr2 (f −1 (A)) abgeschlossen.
Wir wählen nun wieder eine euklidische Metrik auf LG und zerlegen LG wie im
Beweis zu Theorem 1.16 in die orthogonale Summe LG = V ⊕ LH. Sei V� := {X ∈
V | |X| < �} und D� := exp(Ve ).
2. Für hinreichend kleines � ist
µ� : D� × H → G,
(g, h) �→ gh
eine offene Einbettung.
Beweis: Das Differential von µ� in (e, e) ist die Identität auf T(e,e) (D� × H) = Te D� ⊕
Te H = V ⊕ LH. Wählen wir also � hinreichend klein, so gibt es in H eine Umgebung
U von e, so dass µ|D� ×U : D� × U → D� · U ein Diffeomorphismus ist. Damit
ist µ� überall ein lokaler Diffeomorphismus, da µ|D� ×U h = lh ◦ (µD� ×U ) ◦ lh−1 eine
Verkettung von Diffeomorphismen und somit selbst ein Diffeomorphismus ist.
12
2
HOMOGENE RÄUME UND FAKTORGRUPPEN
Wir müssen noch zeigen, dass µ� für hinreichend kleines � injektiv ist. Seien also
d1 , d2 ∈ D� und h1 , h2 ∈ H mit d1 h1 = d2 h2 . Mit h := h1 h−1
2 gilt d1 h = d2 und wir
können � so wählen, dass d1 und d2 so nah beeinander liegen, dass h = d−1
1 d2 in U
liegen muss. Da µ� injektiv auf De × U ist und µ(d1 , h) = µ(d2 , e), folgt h1 = h2 und
d1 = d2 . π� ist also global injektiv.
3. Die Mengen Ug := gD� · H (g ∈ G) sind invariant unter der H-Rechtswirkung und
die Mengen Ug /H = {uH|u ∈ Ug } bilden eine offene Überdeckung des Basisraums
G/H. Die Bündel-Karten definieren wir durch ihre Inversen:
hg ×id
lg
µ�
φ−1
g : Ug /H × H → D� × H → D� · H → gD� H = Ug .
Dabei ist hg durch
lg
µ�
π
h−1
g : D� = D� × {e} ⊂ D� × H → D� · H → gD� H = Ug → Ug /H
definiert. Mit φ−1
g ist auch φg H-äquivariant.
q.e.d.
2.9 Bemerkung Wir identifizieren hier die Fasern mit der Strukturgruppe H. Ein Prinzipalbündel definieren wir häufig durch die Sequenz
F aser → T otalraum → Basisraum,
hier also
H → G → G/H.
2.10 KOROLLAR Sei G eine Lie-Gruppe und N ⊂ G abgeschlossener Normalteiler
von G. Dann ist G/N eine Lie-Gruppe. Ist f : G → H ein Homomorphismus und N ⊂
Kern(f ), dann gibt es eine eindeutige Homomorphismen-Faktorisierung:
f
G
π
�
�
�
�
�H
��
G/N
2.11 Definition Sei G eine Lie-Gruppe. Eine Mannigfaltigkeit M mit differenzierbarer,
transitiver G-Linksoperation heißt homogener Raum von G.
2.12 SATZ Sei M homogener Raum der Lie-Gruppe G, p ∈ M und Gp ⊂ G (die
Isotropiegruppe von p) abgeschlossen. Dann ist die Abbildung
fp : G/Gp → M,
gGp �→ gp
wohldefiniert und ein Diffeomorphismus.
Beweis. Wohldefiniertheit: Seien g, g � ∈ G mit gGp = g � Gp . Dann gilt h := g −1 g � ∈ Gp ,
also
fp (g � Gp ) = g � p = (gh) · p = g · (h · p) = g · p = fp (gGp ).
13
2
HOMOGENE RÄUME UND FAKTORGRUPPEN
Surjektivität: Da die Operation von G auf M transitiv ist, gibt es zu jedem p� ∈ M ein
g � ∈ G mit p� = g � p, also ist fp surjektiv.
Injektivität: Aus g · p = g̃ · p folgt g̃ −1 g ∈ Gp , also gGp = g̃Gp .
Differenzierbarkeit: Die kanonische Projektion π : G → G/Gp ist nach Theorem 2.8 eine
Submersion. Es gibt also für jeden Punkt g ∈ G Koordinatensysteme (x1 , ..., xn , y1 , ..., yl )
um g und (x1 , ..., xn ) um π(g) ∈ G/Gp , so dass π bezüglich dieser Koordinaten die Projektion auf die ersten n Koordinaten ist.
Wir betrachten die differenzierbare Abbildung αp : G → M , g �→ g · p. Wähle Koordinaten
um αp (g) in M und schreibe bezüglich dieser Koordinaten αp = αp (x1 , ..., xn , y1 , ..., yl ).
Da das Diagramm
G
π
�
αp
g� �
�g·p
�
��
�
�
�
��
� ���
�M
��
�
��
��
�� fp
g · Gp
G/Gp
kommutiert, hängt αp nicht von den Koordinaten yi ab, es ist also αp = αp (x1 , ..., xn ).
Bezüglich der gewählten Koordinaten ist dies dann auch die Darstellung von fp . Also ist
mit αp auch fp differenzierbar.
Da Kern(T αp ) = Kern(T π) ist T fp überall surjektiv. fp ist somit in jedem Punkt ein
lokaler Diffeomorphismus. Mit der Surjektivität folgt, dass fp ein Diffeomorphismus ist.
q.e.d.
2.13 Beispiel SO(n) operiert linear (also differenzierbar) auf Rn und nach Einschränkung
auf S n−1 = {x ∈ Rn ||x| = 1} transitiv. Der n-te Einheitsvektor en = (0, ..., 0, 1) hat die
Isotropiegruppe SO(n − 1) ⊂ SO(n), also haben wir einen Diffeomorphismus
SO(n)/SO(n − 1) → S n−1 ,
[A] �→ Aen
und das SO(n − 1)-Prinzipalbündel
SO(n − 1) → SO(n) → S n−1
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