Wir haben, wo immer es ging, klar Farbe bekannt!

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Höxter Kurier Nr. 450 vom 17.05.2014
Dr. Hans-Jürgen Knopf (FDP) zur Kommunalwahl 2014
"Wir haben, wo immer es ging, klar Farbe bekannt!"
Er vermisst die nötige Unterstützung seiner Partei, dennoch sieht Dr. Hans-Jürgen Knopf,
Stadtverbandsvorsitzender der FCP, reelle Chancen für die Liberalen bei der Kommunalwahl. Mit dem engagierten Kommunalpolitiker sprach Antonius Westermeier vom HöxterKurier.
Höxter-Kurier: Herr Dr. Knopf, in den letzten Jahren schwächelt die FDP, besonders auf Bundesebene. Mit 3 Prozent wird sie in den letzten Umfragen gehandelt. Heißt das, dass der liberale Gedanke in der Politik abhanden gekommen ist?
Dr. Knopf: Die liberalen Grundideen sind seit dem 19. Jahrhundert bis in unsere Tage hinein im
Grunde umgesetzt worden. Schwierig wird es, liberale Themen im Alltag umzusetzen. Das Problem, das die FDP auf Bundesebene hat, ist in erster Linie ein Personalproblem. ( ... ) Wir fühlen
uns hier vor Ort ziemlich allein gelassen. Dennoch machen wir im Rat sehr viel, und das kann jeder neutrale Beobachter bestätigen, wir sind sehr aktiv und konstruktiv. Wir haben, wo immer es
ging, klar Farbe bekannt, auch wenn wir allein waren, wie etwa bei der Verabschiedung des Haushalts.
Kurier: Wo und woran machen Sie Liberalismus in der Kommunalpolitik, im Besonderen in der
Stadt Höxter in der kommenden Legislaturperiode fest?
Dr. Knopf: Für uns steht die Haushaltskonsolidierung ganz im Vordergrund. Wir wollen das nicht
an bestimmten Punkten festmachen. Beispielsweise will die CDU die Gewerbesteuer senken, ob
das in absehbarer Zeit möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Das was wir brauchen ist eine schlankere Verwaltung und das heißt für mich, keinen aufgeblähten Apparat.
Kurier: Da unterscheiden Sie sich aber nicht allzu sehr von der CDU!
Dr. Knopf: Das stimmt schon, nur, dass die CDU eine Summe von 1 Million Euro Einsparungen in
den Raum stellt. Ich frage mich nur, wie man aufdiese Summe kommt. Das würde ich nicht machen, denn man setzt sich so unter erheblichen Zugzwang. Die Verwaltungsverschlankung muss
sozialverträglich geschehen. ( ... ) Das andere ist, dass nur noch das verwirklicht wird, was notwendig ist und nicht das was wünschenswert ist. Aber auch so etwas muss kommuniziert werden.
Das, so scheint mir, ist das große Problem in der Verwaltung. Das beste Beispiel hierfür ist die
Problematik um die Realschule und Sekundarstufe. Das haben wir kürzlich auch mit Herrn Schünemann angesprochen und eine Zusammenarbeit davon abhängig gemacht, dass Entscheidungen
transparent sind. Dann kann zumindest im Nachhinein niemand den Vorwurf erheben, von einer
bestimmten Sache nichts gewusst zu haben. Ein weiteres Feld, das es zu beackern gilt, ist die
Bildung.
Kurier: Da sind wir schon beim nächsten Thema. Sie stehen für eine offene Schullandschaft und
ein differenziertes Schulsystem, wie lange noch bei den stetig sinkenden Schülerzahlen?
Dr. Knopf: Zunächst ist festzuhalten, dass alle Parteien für die Sekundarstufe gestimmt haben. Ich
bedaure heute, dass wir damals dem pädagogischen Konzept zugestimmt haben, weil ich im
Nachhinein feststellen musste, dass es eher ein ideologisches als ein pädagogisches Konzept ist.
Was wir mit offener Schullandschaft meinen ist, dass jeder Schulabschluss möglich sein muss, das
heißt jede Schulform muss vorhanden sein.
Kurier: Sie sind für den Erhalt des Förderschulsystems. Ist das eine Absage an die Inklusion in
der geplanten Form?
Dr. Knopf: Das ist eine gute Frage. Hier haben alle Parteien ein Problem. Sagt man etwas Kritisches in Richtung Inklusion, wird man gleich in eine bestimmte Ecke gestellt. Ich mache mal ein
Beispiel: Die Sekundarschule ist noch vierzügig. Wir haben jetzt acht inkludierte Kinder, das heißt
pro Klasse zwei Kinder. Wechseln Schüler beispielsweise zu einer anderen Schule, müssten die
betroffenen acht Kinder auf drei Klassen verteilt werden. Das geht nicht. Jede Schule müsste für
jede Behinderung in jeder möglichen Ausprägung entsprechend ausgebildete Pädagogen haben,
und da frage ich mich ernsthaft, wer will das sicherstellen? Eine solche Konstellation kann von
Jahr zu Jahr schwanken, sowohl in der Anzahl der Kinder als auch in der Art der Behinderung. Das
ist schon äußerst problematisch. Das werden Allgemeinschulen einfach nicht leisten können, und
deshalb brauchen wir für solche Fälle, die in den Allgemeinschulen nicht beschult werden können,
die Förderschulen. Es gibt nun einmal bestimmte Arten der Behinderung, die in einer Förderschule
besser betreut und beschult werden können. Außerdem ist die Inklusion in der geplanten Form ein
Kostenproblem, dessen Lösung bisher von niemand benannt wurde. Das Förderschulsystem mag
in 10 oder 15 Jahren nicht mehr nötig sein, aber mittelfristig können wir einfach nicht darauf verzichten. Wir sind dabei, in voller Kenntnis der Folgen ein funktionierendes System zu zerstören.
Kurier: Die Abwanderung der jungen, gut ausgebildeten Menschen müsse gestoppt werden, wie
wollen Sie das erreichen?
Dr. Knopf: Hauptvoraussetzung ist eine gute Schulausbildung. Eigentlich ist es ein Unding, dass
mehr als 50 Prozent der jungen Menschen das Abitur machen, was unter anderem auch daran
liegt, dass die Hauptschule politisch verkommen ist. Die jungen Leute haben ihr Abitur und meinen
durchweg alle, studieren zu müssen. In diesem Zusammenhang ist das Ergebnis einer Untersuchung interessant, die besagt, dass mehr als die Hälfte der Studenten ihr Studium abbrechen. Da
sind die Schüler mit einem vernünftigen Realschulabschluss viel besser bedient. Die machen ihre
Ausbildung im Handwerk oder Gewerbe und sind im Endeffekt viel besser dran. Die Abwanderung
können wir stoppen, wenn wir den Leuten vor Ort eine reale und gute Ausbildungschance vermitteln und dafür brauchen wir die Betriebe, und dafür brauchen wir eine wirksame Wirtschaftsförderung. Es wird da schon einiges gemacht, und einige Betriebe haben da schon eine Vorbildfunktion.
Das zweite Problem ist die ärztliche Versorgung. Es stellt sich uns die Frage, wie bekommen wir
gute Ärzte hierher und halten sie hier, deshalb ist auch eine unserer Forderung die Einrichtung
einer medizinischen Fakultät in OWL. Ein weiterer Punkt wäre die Einrichtung eines dritten Zweiges an der Hochschule für Pflegeberufe. ( ... ) Zusammenfassend kann man sagen, dass wir die
Menschen hier nur halten können, wenn sie über einen gewissen Zeitraum feststellen, dass es
sich lohnt hier zu leben und idealerweise eine Familie gründen kann; dann bleiben sie auch hier.
Kurier: Sie möchten die Kerne in den Ortschaften stärken, um die Dörfer angesichts des demografischen Wandels lebenswerter zu machen. Wie soll das geschehen?
Dr. Knopf: Für mich sind die Ortsausschüsse Kerne der politischen Arbeit in den Ortschaften. Sie
müssen autark sein bleiben und das verbindlich entscheiden dürfen, was ihnen möglich ist.
Kurier: Herr Dr. Knopf, eingangs haben wir über den Istzustand der FDP geplaudert. Vor diesem
Hintergrund sehen Sie Ihre Partei bei der Kommunalwahl wo und mit welcher Partei könnten Sie
sich eine künftige Zusammenarbeit im Rat vorstellen?
Dr. Knopf: Zurzeit verfügt unsere Fraktion über vier Mitglieder. Ich wäre glücklich, wenn wir dieses
Ergebnis der letzten Wahl halten könnten. In der Vergangenheit gab es keine regelhafte systemische Zusammenarbeit mit der CDU. In den letzten zwei bis drei Jahren war es aber so, dass sich
die UWG und die Grünen stark an die SPD angelehnt haben und so hat sich für uns fast automatisch eine engere Zusammenarbeit mit der CDU ergeben. Für die Zukunft muss man feststellen,
dass die Schnittmengen mit der CDU von unserer Seite her gesehen schon sehr groß sind, deshalb kann ich mir im Moment keine systemische Zusammenarbeit mit Rot/Grün vorstellen. Aber es
wird von uns keinerlei Koalitionsaussagen geben.
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