Die E-Zigarette: Alternative zum Tabak? Immer mehr Menschen dampfen, statt zu rauchen. Dabei hat der Hype um die E-Zigarette gerade erst begonnen. Doch ist Dampfen so harmlos, wie viele glauben? Wir sprachen mit dem Pneumologen Prof. Dr. Robert Loddenkemper. DW: Es hört sich vielversprechend an, doch ist die E-Zigarette ein geeignetes Mittel um vom Tabakkonsum wegzukommen? Prof. Dr. Robert Loddenkemper: Es wird propagiert für die Tabakentwöhnung, ist aber dafür in Deutschland per Gerichtsentscheid gar nicht zugelassen, weil es noch gar nicht nachgewiesen ist, dass das auch wirkt bei der Tabakentwöhnung. Eine andere Frage ist die, ob es hilft statt Tabakzigaretten E-Zigaretten zu rauchen oder ob das dazu führt, dass man dann doch beim Nikotin bleibt. Dazu gibt es noch keine Daten. Bei den sogenannten „Dual-Users“, die beides rauchen, hat man die Erfahrung, dass die eigentlich von den Tabakzigaretten nicht wegkommen. Sind E-Zigaretten eventuell auch eine Einstiegsdroge für das Rauchen von Nikotin? Es besteht die Befürchtung, dass das bei Jugendlichen so ist, für die gerade die E-Shisha sehr propagiert wird, mit bunten Verpackungen und attraktiven Aromastoffen. Dass die Jugendlichen anfangen, die E-Zigarette, ob mit oder ohne Nikotin zu rauchen und dass sie sich an das Rauchritual gewöhnen und damit dann auch umsteigen auf das Tabakrauchen. Experten und sogar die WHO warnen derzeit vor möglichen Nebenwirkungen der Inhaltsstoffe, was ist denn eigentlich drin in der E-Zigarette? Im Prinzip ist das ein Chemikaliengemisch, bestehend aus Propylenglykol und Glycerin die für die Vernebelung sorgen, Aromastoffen, und entweder mit oder ohne Nikotin, und alle drei haben unterschiedliche Nebenwirkungen. Das Propylenglykol reizt Augen und die Atemwege, zerfällt in kleine ultrafeine Partikel, die über die Lunge in den Körperkreislauf gelangen können. Bei Tierversuchen hat man nachgewiesen, dass dabei Zellschädigungen auftreten können. Nikotin ist sucht- und krebsfördernd und deshalb sehr schädlich, besonders in der Schwangerschaft und in der frühen Jugend. Die Aromastoffe sind sehr unterschiedlich, es gibt mehr als 7000 verschiedene auf dem Markt und die sind nicht alle geprüft. Da gibt es einige, die in krebserregende Stoffe zerfallen können, das hat man erst kürzlich belegt und insofern sind da gesundheitliche Gefahren durchaus vorhanden. Machen die Aromastoffe ebenfalls süchtig? Man kann das vergleichen mit jemandem, der Schokolade isst und immer in Stresssituation Schokolade braucht und davon nicht wegkommt. Das kann ähnlich sein. Ob das dann eine echte körperliche Abhängigkeit ist, das ist eine andere Frage, aber im weitesten Sinn ist das dann auch eine Sucht. Haben Passivraucher bei der E-Zigarette gesundheitliche Nachteile zu befürchten? Da gibt es Untersuchungen dazu, dass das Passivdampfen durchaus relevant ist, das heißt, dass Emissionen des Rauchers beim Ausatmen in den Raum hineingehen und andere belasten können. Die Zahl der Konsumenten, insbesondere bei Jugendlichen, steigt gerade sprunghaft an. Was halten Sie davon, dass die E-Zigarette von der Werbung als Lifestyle-Produkt verkauft wird. Wir sehen die E-Zigarettenindustrie mit ihrer Werbung als sehr negativ an und die Werbung muss unbedingt untersagt werden weil es die Jugendlichen sehr verführt. Nur gibt es zur Zeit dazu keine gesetzliche Regelung. Aber das ist ein weltweites Problem. Es gibt keine einheitlichen Regulierungen trotz Vorschläge der WHO. Zum Beispiel gibt es Länder, in denen sind E-Zigaretten ganz verboten, wie in Brasilien, Uruguay oder den arabischen Ländern, und dann gibt es Länder, in denen nur nikotinfreie E-Zigaretten gedampft werden dürfen. Das Problem ist, dass die Tabakindustrie zur Zeit versucht, die E-Zigarettenindustrie aufzukaufen, die haben großes Interesse daran, um am Ende die Jugendlichen in den Tabakkonsum zu bringen, damit ihr altes Produkt weiter Absatz findet. Das ist ziemlich offensichtlich aber schwer zu beweisen. Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper ist Internist und Pneumologe und war bis 2005 Chefarzt der Lungenklinik Heckeshorn in Berlin. Zu Beginn der 90er Jahre war er Präsident der deutschen Gesellschaft für Pneumologie, DGP, der er noch heute angehört. 2007 initiierte er die Arbeitsgruppe Tabakprävention und vertritt seither die DGP im Aktionsbündnis Nichtrauchen (ABNR).