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Arbeitssicherheit 1
1.
Entstehungsursachen von Arbeitsunfällen und berufsbedingten
Erkrankungen
1.1
Unkenntnis der Gefahren
Gerade junge Menschen, die neu im Beruf sind, können die vielfältigen Gefahren im Umgang mit Anlagen
und Betriebsmitteln noch nicht kennen. Es bedarf also
einer besonderen Fürsorgepflicht der betrieblichen Vorgesetzten und das ist nicht nur der Ausbildungsmeister.
Als Vorgesetzte gelten alle Personen im Betrieb, von
deren Anweisungen oder Unterlassungen (Dinge nicht
sagen) der Auszubildende abhängig ist. Schaut man sich
einmal die Unfallstatistiken der Berufsgenossenschaft
an, stellt man aber überraschenderweise fest, dass der
größte Teil der Arbeitsunfälle durch die „alten Hasen“,
also die Kollegen mit langjähriger Berufserfahrung verursacht wird.
Aufgabe 1:
Warum werden Ihrer Meinung nach viele Arbeitsunfälle durch erfahrene Mitarbeiter verursacht?
Kommen wir zu unserem Arbeitskollegen zurück. Er
arbeitet häufig in der Nähe unter Spannung stehender
Teile oder sogar unter Spannung. Er beachtet aber weder
die 5. Sicherheitsregel noch weiß er, dass Arbeiten unter
Spannung ohne zwingenden Grund (Ausnahmen müssen genehmigt werden) verboten sind. Obwohl er schon
öfter eine Körperdurchströmung erlitten hat, hält er seine
Arbeitsweise für in Ordnung.
Sein fahrlässiges Verhalten ist ja auch belohnt worden,
er war schneller mit der Arbeit fertig und ist dafür sogar
noch vom Chef gelobt worden.
1.3
Teufelskreis der Arbeitssicherheit
Sicherheitswidriges Verhalten führt häufig zum Erfolg
(Bild 1). Ein Erfolg will natürlich wiederholt werden. Beim
nächsten Mal wird unser Kollege sich wieder nicht an die
Vorgaben der Arbeitssicherheit halten und es passiert wieder nichts. Der Mitarbeiter empfindet sein Verhalten als
immer normaler, er gewöhnt sich an seine Arbeitsweise.
Irgendwann »knallt« es dann und alle fragen sich, wie das
passieren konnte.
1.2
Gewöhnung an die Gefahren am
Arbeitsplatz
Ein Beispiel: Sie haben einen älteren Kollegen, der häufiger die Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz missachtet. Sie fragen ihn, ob die Verhaltensweise so in Ordnung
ist.
Er antwortet darauf: „Die Leute mit ihrem Sicherheitsfimmel, die sollen erstmal ordentlich arbeiten lernen. Mir
ist doch die letzten Jahre nichts passiert. Ich hab schon
oft einen gewischt gekriegt, so schlimm kann das ja wohl
nicht sein“.
Start
Gewöhnung an
die sicherheitswidrige Arbeitsweise
Unfälle sind kein Schicksal!
In sehr vielen Fällen werden
Wieder passiert
sie verursacht. Und zwar
Nichts passiert,
nichts
dort, wo es zugelassen wird. kein Unfall
Aufgabe 2:
Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?
a) Kann man sich an Gefahren am Arbeitsplatz
gewöhnen?
b) Ist die Gefahr durch eine Gewöhnung geringer
geworden?
Arbeiten ohne
Schutz an elektrischen Anlagen
Beim nächsten
Mal Wiederholung des Verhaltens
Man erlebt sein
Verhalten als
Erfolg
Bild 1: Der sog. Teufelskreis in der Arbeitssicherheit
Arbeitssicherheit 1
Um die Gewöhnung an die Gefahr zu minimieren, bieten sich technische Schutzmaßnahmen an (z.B. die Isolierung von elektrischen Betriebsmitteln), sie wirken
unabhängig von der Einschätzung der Mitarbeiter. Besser wäre natürlich, die Vermeidung der Gefahrenquellen
(Strom ausschalten), dies lässt sich aber in vielen Fällen leider nicht erreichen. Lässt die Art der Arbeit keine technische Schutzmaßnahme zu, sind die richtige Organisation
und der Einsatz persönlicher Schutzausrüstung notwendig
(isolierende Handschuhe, Abdeckungen).
Bei allen Arbeiten kommt es auf die richtige Organisation
durch den Vorgesetzten und klare Absprachen zwischen
den Kollegen an.
Aufgabe 3:
Was ist neben sicherem Verhalten und dem Einsatz
geeigneter Arbeitsmittel Ihrer Meinung nach noch
wichtig, um sich nicht an die Gefahren am Arbeitsplatz zu gewöhnen?
2.
Gefährliche Körperströme
2.1
Welche Organe sind besonders
gefährdet?
5
Bei der Berührung von unter Spannung stehenden Teilen beeinflussen im Wesentlichen die Stromstärke, die
Einwirkdauer und die Stromart die Folgen des Stromdurchgangs. Neben Muskelreizung, Schmerz, lebensgefährlichen Verbrennungen sowie auch Vergiftung (z. B.
durch elektrolytische Zersetzung von Körperflüssigkeiten
und Geweben) wird besonders die Herzfunktion beeinträchtigt, sofern – wie das meist der Fall ist – der Stromfluss über das Herz führt.
Wechselströme in dem Frequenzbereich zwischen 10
und 100 Hz gefährden den Menschen (und auch Tiere)
ganz besonders durch das Entstehen des so genannten
Herzkammerflimmerns, das schon durch verhältnismäßig geringe Wechselströme hervorgerufen werden kann,
die über das Herz fließen. Bei Herzkammerflimmern entfällt die Pumpwirkung des Herzens: Das Gehirn wird nicht
mehr ausreichend mit Blut und damit auch nicht mehr mit
Sauerstoff versorgt; der Tod kann nach wenigen Minuten
eintreten. Im Vergleich zu Wechselstrom ist bei Gleichströmen, die länger als 0,2 s einwirken, die Gefahr des Herzkammerflimmerns geringer. Ähnliches gilt auch für Wechselströme mit hoher Frequenz.
Aufgabe 4:
Ein Mitarbeiter tritt sich auf der Baustelle einen
Nagel in den Fuß.
Welche Gründe können zu diesem Unfall geführt
haben?
Gliedern Sie die Gründe in nachfolgende Bereiche:
a) Menschliches Fehlverhalten
b) Sicherheitswidrige Zustände
c) Organisatorische Mängel
Bild 2: Stromfluss durch den menschlichen Körper
2.2
Welche Folgen ergeben sich bei Stromfluss durch den menschlichen Körper?
Die Wirkungen des Stromflusses bei 50 Hz auf den menschlichen Körper sind abhängig von der Stromstärke, der Einwirkzeit und dem Weg des Stromes durch den Körper.
Reizschwelle: Die Wirkung des Stromes ist bereits bei
einer Stromstärke ab 0,5 mA spürbar. Durch unkontrollierte Bewegungen kann es schon zu Unfällen kommen
(Sturz vom Gerüst, Hineingreifen in laufende Maschinen
usw.).
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Arbeitssicherheit 1
Loslass-Schwelle: Ab ca. 15 mA tritt durch Blockierung
der Nervenbahnen eine Muskelverkrampfung ein. Gegenstände können nicht mehr losgelassen werden. Bei längerer Einwirkungsdauer kommt es zu Atembeschwerden.
Bewusstlosigkeit, Herzkammerflimmern: Ab ca. 40 mA
steigt in Abhängigkeit von der Einwirkungsdauer die
Gefahr der Bewusstlosigkeit und des Herzkammerflimmerns. Das Herz schlägt nicht mehr im normalen Rhythmus, sondern flimmert nur noch. Der Blutkreislauf bricht
zusammen. Lebensgefahr!
Wichtig: Herzkammerflimmern kann auch nach dem
Abschalten des Stromes bestehen bleiben oder verspätet
einsetzen.
Verbrennungen: Durch den Stromdurchgang durch den
menschlichen Körper kann es bei höheren Stromstärken
zu inneren Verbrennungen kommen. Körperzellen werden zersetzt und vergiften den Körper. Auftretende Lichtbögen führen zu schweren äußeren Verbrennungen.
Hinweis
Wenn der Mensch größere Körperströme mit längerer
Einwirkdauer überlebt, kann trotzdem durch eine erfolgte Vergiftung die Lebensgefahr andauern.
2.3
Welche Spannungen sind gefährlich?
Ein absoluter Grenzwert lässt sich nicht festlegen, da der
Widerstand des menschlichen Körpers großen Änderungen unterworfen ist. Zum einen hängt der Widerstand
sehr stark vom Stromweg ab, zum anderen beeinflusst
die Spannung selbst den Widerstandswert. Der Widerstand sinkt mit steigender Spannung. Weitere Einflussgrößen sind Berührungsfläche, Kontaktdruck, Feuchtigkeit,
Stromflussdauer und Umgebungstemperatur. Der Widerstand des menschlichen Körpers kann somit zwischen ca.
600 Ω und 3000 Ω betragen. International vereinbart ist
die Spannung von 25 V (bei Gleichspannung 60 V), die
bei normalen Umgebungsbedingungen als ungefährlich
gilt. Unter dieser Spannung stehende Teile dürfen direkt
berührt werden. Die außerdem festgelegte Berührungsspannung von 50 V (bei Gleichspannung 120 V) darf nur
im Fehlerfall, z. B. zwischen einem Gerätegehäuse und
der Erde, auftreten, ohne dass eine Abschaltung erfolgen
muss. Immerhin würde im Extremfall bei einer Berührung des defekten Gerätes und bei einem angenommenen Widerstand des menschlichen Körpers von 2000 Ω ein
Strom von
U
50 V
I = –– = ––––––– = 25 mA
R
2000 Ω
fließen. Treten z. B. an defekten elektrischen Handgeräten höhere Berührungsspannungen als 50 V auf, so müs-
sen diese bei Spannungen von 230 V gegen Erde innerhalb
von 400 ms abgeschaltet werden. Bei 230 V Berührungsspannung und einem Widerstand des menschlichen Körpers von z. B. 1500 Ω würde sich ein Körperstrom von
ca. 150 mA ergeben. Schon ab 500 ms Durchströmungsdauer kann es zu Herzflimmern kommen.
Gefährliche Spannungen treten im Allgemeinen aufgrund
eines Fehlverhaltens auf, wie auch in den folgenden Beispielen:
– Direkte Berührung von unter Spannung stehenden Teilen an elektrischen Betriebsmitteln (z. B. Leitungen,
Schalter, Motoren), deren Isolierungen, Abdeckungen
oder Gehäuse defekt oder entfernt sind.
– Beim Arbeiten mit defekten elektrischen Geräten, insbesondere Handgeräten, bei denen der erforderliche
Schutzleiter fehlt oder zerstört ist und bei denen daher
bei einem Körperschluss gefährliche Fehlerspannungen zwischen Gehäuse und Erde oder anderen Geräten bestehen bleiben. (Defekte Geräte sofort aus dem
Betrieb nehmen!)
– Bei Arbeiten an elektrischen Anlagen können Anlagenteile noch unter Spannung stehen, wenn die fünf Sicherheitsregeln (→ Ausbildungsheft „Arbeitssicherheit 2“)
nicht in allen Punkten beachtet wurden. (Die Nichtbeachtung ist mit einem Bußgeld belegt!)
– In elektrischen Betriebsstätten, die nur von mindestens
unterwiesenen Personen betreten werden dürfen: Hier
sind die Schutzmaßnahmen zum Teil oder ganz aufgehoben.
Aufgabe 5:
Bis zu welchem Spannungswert darf bei einer Wechselspannung von 50 Hz ein unter Spannung stehender Leiter im Normalbetrieb berührt werden?
Aufgabe 6:
Errechnen Sie zu Aufgabe 5 den Strom, der bei einem
angenommenen Körperwiderstand des Menschen
von 3000 Ω bei einer Berührung fließen würde.
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