Koordinierungsausschuss der Pru famter und Pru fingenieure fu r Baustatik in Bayern Mitteilung Nr. C20/2003 Hinweise zur Berechnung von Tragwerken mit der Methode der Finiten Elemente Die Schnittgroöen komplizierter Tragwerke des konstruktiven Ingenieurbaus, fu r die geschlossene Losungen oder Angaben in Handbu chern nicht vorliegen, werden zunehmend mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente (FEM) ermittelt. Bei ihrer Anwendung muö beachtet werden, daö es sich um ein Naherungsverfahren handelt, welches nicht automatisch wirklichkeitsnahe, baupraktisch verwertbare Ergebnisse liefert. Das Ergebnis der Tragwerksanalyse wird namlich durch eine Reihe von Parametern wesentlich beeinfluöt: - Umsetzung des Tragwerks in ein FE-Modell (Modellbildung), einschlieölich der Annahmen u ber die Lagerungsbedingungen und Lasteinleitungen - Art und Zahl der Elemente sowie ihre Koppelung untereinander - Annahmen zutreffender Steifigkeiten, mitwirkender Breiten etc. - Verwendete Rechenhilfsmittel (Rechner und Programm) - Interpretation der Ergebnisse (Beurteilung, Kontrollen) Haufige Problemfalle sind Deckenplatten aus Stahlbeton, die gemischt gestu tzt sind, z.B. unnachgiebig durch Wande und Einzelstu tzen, nachgiebig durch Unterzu ge. Die Erfahrungen mit der Anwendung der FE-Methode bei der Aufstellung und Pru fung statischer Berechnungen mit Hilfe der derzeit zur Verfu gung stehenden Rechenprogramme zeigen erhebliche Abweichungen der Ergebnisse fu r die Bemessungsschnittgroöen von Platte und Plattenbalken bei unterschiedlichen Modellierungen auf. Vor allem die Modellbildung des Systems Deckenplatte mit monolithisch angeschlossenem Balken als Unterzug oder U berzug (Plattenbalken) bedarf besonderer U berlegungen. In der Praxis werden folgende Rechenmodelle verwendet: a) Die Platten werden entlang der Systemlinie der Unterzu ge als lotrecht unverschieblich gelagert angenommen. Die Auflagerkrafte der Platten werden anschlieöend auf ein vom System der Platten unabhangiges Balkensystem aufgebracht. Der erste Rechengang liefert die Schnittgroöen fu r die Bemessung der Platte, der zweite die fu r den Plattenbalken. b) Vorhandene Unterzu ge werden ersatzweise als Rechteckbalken idealisiert und mit ihrer Biegesteifigkeit als in der Plattenmittelflache wirkend angenommen. Diese Modellierung erzwingt gleiche Durchbiegungen von Platte und Balken. Die Biegesteifigkeiten der Balken sind unter Beru cksichtigung der mitwirkenden Plattenbreite (Steiner sche Anteile) zu ermitteln. Koordinierungsausschuss der Pru famter und Pru fingenieure fu r Baustatik in Bayern Obmann: Dr.-Ing. Helmut Kupfer - Barer Straöe 44 - 80799 Mu nchen - Tel. 089/286643-0 - Fax: 089/284468 E-mail [email protected] Mitteilung Nr. C20/2003 Seite 2 c) Unterzu ge werden als biegesteife Stabe (mit Rechteckquerschnitt) idealisiert und in dem durch die Systemlinie des Unterzuges gegebenen Abstand exzentrisch an das Plattensystem angeschlossen. Die zwischen Stab- und Plattenelementen angeordneten Koppelelemente u bertragen parallel zur Unterzugachse wirkende Schubkrafte und erzwingen an u bereinanderliegenden Knoten von Stab- und Flachentragwerk gleiche Durchsenkung und gleiche Neigung. d) Die Platten werden zur Erfassung ihrer gleichzeitigen Tragwirkung als Platte und als Scheibe mit Faltwerkselementen, die Unterzu ge als Stabe modelliert, die exzentrisch an das Platte-ScheibeSystem angekoppelt sind. Vergleichende Untersuchungen zeigten, daö bei zutreffender Steifigkeitsermittlung und konsequenter Auswertung der Rechenergebnisse jede der skizzierten Modellbildungen nahezu gleiche, der Wirklichkeit gut angenaherte Schnittkrafte liefert. Erhebliche Fehlermoglichkeiten konnen sich jedoch schon bei der Bildung des Rechenmodells, z.B. durch unzutreffend eingeschatzte mitwirkende Plattenbreite, und zusatzlich bei der Auswertung ergeben. Das Modell a) liefert bei sehr steifen Unterzu gen (Annahme unnachgiebiger Plattenstu tzung als Grenzfall) auf der sicheren Seite liegende Schnittgroöen fu r die Unterzu ge selbst. Mit abnehmender Balkensteifigkeit wird jedoch das statische Zusammenwirken von Platte und Unterzug u.U. nicht mehr hinreichend wirklichkeitsnah erfaöt. Bei Verhaltniswerten von etwa ho/h < 3 (h = gesamte Bauhohe des Plattenbalkens; h = Plattendicke) werden mit der Annahme "unendlich biegesteifer Unterzug" fu r die Platten im allgemeinen zu geringe Feldmomente (fu r Tragrichtung rechtwinklig zum Unterzug) und zu groöe Stu tzmomente erhalten. In diesem Fall empfiehlt es sich, fu r die Platte Grenzbetrachtungen durchzufu hren. Die Modelle b) und c) sind etwa gleichwertig und bei zutreffender Bildung der Ersatzsteifigkeiten und bei vollstandiger Auswertung fu r den gesamten Bereich baupraktischer Anwendung geeignet, Bemessungsmomente fu r Platten und Plattenbalken zu liefern, die befriedigend mit der Wirklichkeit u bereinstimmen. Das Bemessungsmoment fu r den Plattenbalken setzt sich aus einem Anteil der reinen Balkenbiegung und einem Anteil Balkennormalkraft mal Exzentrizitat zusammen. Zur Erfu llung des Gleichgewichtes gehoren daru berhinaus fu r die in Balkenlangsrichtung wirkenden Momente auch die in der Platte in dieser Richtung wirkenden Biegemomente. Bei du nnen Platten - relativ zur Bauhohe des Balkens - genu gt u.U. die konstruktive Plattenbewehrung, dicke Platten sind fu r diese Momente zu bemessen. Beim Modell d) muöeine hinreichend feine Diskretisierung vorausgesetzt werden. Es besitzt den Vorteil, daöeine mitwirkende Plattenbreite nicht geschatzt zu werden braucht, sondern ortsabhangig Ergebnis der Berechnung ist. Allgemein ist darauf hinzuweisen, daöbei Annaherung der Bauhohe des Unterzuges an die Plattendicke (etwa ho/h < 2) zunehmend Lastabtragungen aus der Platte direkt in die Einzelstu tzen erfolgen. Als Grenzfall des verschwindenden Unterzuges entsteht die Flachdecke. Fu r Falle in diesem U bergangsbereich konnen hinsichtlich der Plattenmomente im Stu tzenbereich (Gurtstreifen) und der Durchstanzgefahr als Grenzbetrachtung die Angaben von DIN 1045-1 (2001-07) bzw. Hefte 525 und 240 DAfStb verwendet werden. Koordinierungsausschuss der Pru famter und Pru fingenieure fu r Baustatik in Bayern Obmann: Dr.-Ing. Helmut Kupfer - Barer Straöe 44 - 80799 Mu nchen - Tel. 089/286643-0 - Fax: 089/284468 E-mail [email protected] Mitteilung Nr. C20/2003 Seite 3 Wenn die Torsionssteifigkeit von Balken in Verbindung mit Platten einen wesentlichen Einfluöauf die Schnittgroöen der Systemelemente hat, mu ssen bei allen Modellen a) bis d) zusatzliche U berlegungen zur Erfassung dieses Einflusses angestellt werden. [1] Ramm, E.; Mu ller, J.; Wassermann, K.: Problemfalle bei FE-Modellierungen. In: Baustatik/Baupraxis, 4. Tagungsheft BB4 1990 [2] Zimmermann, S.: Parameterstudie an Platten mit Unterzug, 1. FEM-Tagung, Kaiserslautern, Marz 1989, Tagungsband. [3] Wunderlich, W.: Finite Elemente bei Platten und Plattenbalken; Vortrag vor der Vereinigung der Pru fingenieure fu r Baustatik in Bayern e.V. 9.4.1991. [4] Wunderlich, W.; Kiener, G.; Ostermann, W.: Modellierung und Berechnung von Deckenplatten mit Unterzu gen, Bauing. 69 (1994), S. 381 - 390 [5] Rombach, G.: Anwendung der Finite-Elemente-Methode im Betonbau, Fehlerquellen und ihre Vermeidung, Ernst und Sohn, Dez. 1999. Mu nchen, Dezember 2003 Koordinierungsausschuss der Pru famter und Pru fingenieure fu r Baustatik in Bayern Obmann: Dr.-Ing. Helmut Kupfer - Barer Straöe 44 - 80799 Mu nchen - Tel. 089/286643-0 - Fax: 089/284468 E-mail [email protected]