Die Medienwelt verändert sich rasant. Was heisst das für die Soziale

Werbung
Massenmedien im Wandel
Die Medienwelt verändert sich rasant. Was heisst das für
die Soziale Arbeit und ihre Anliegen? Der vorliegende
Bericht nimmt den vielschichtigen Wandel unter die Lupe,
zeichnet die grossen Entwicklungslinien auf, schildert
aktuelle Konfliktfelder und zeigt nicht zuletzt neue mediale
Handlungs− und Gestaltungsräume auf.
Zum Autor:
Thomas Häussler ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Kommunikations− und
Medienwissenschaft der Universität Bern. Zu den laufenden Projekten gehört u.a. die vom
Verlagshaus Ringier in Auftrag gegebene Erarbeitung der Unternehmensgeschichte, sowie das
BAKOM−Projekt „Stimmengewirr oder Dialog? Politische Kommunikation als massenmediale
Deliberation“.
„Verschwiegen und unerhört“ werde die Soziale Arbeit von den Massenmedien, schreibt Wolfgang
Peschel (2002). Tatsächlich kehren die Klagen über ungenügende und unvorteilhafte
Wahrnehmung in der öffentlichen Diskussion seit längerem in regelmässigen Abständen wieder
(vgl. Reid/Misener 2001). Der vorliegende Beitrag kann diesen (vermeintlichen?) Misstand nicht
grundsätzlich klären. Aber er kann dazu beitragen, das Bewusstsein für eine immer komplexer
werdende massenmediale Umwelt zu schärfen, indem er die Trends der medialen Entwicklung der
letzten Jahrzehnte nachzeichnet.1) Ein besseres Verständnis der Eigenlogiken des Journalismus
vermag vielleicht diese „Hassliebe“ (Puhl 2002) zwischen Sozialer Arbeit und Massenmedien etwas
aufzubrechen.
Vom Fernsehen zum Internet: Die Entfesselung von
Kommunikation
„Schneller, kürzer, seichter“2) – diese Formel scheint die Auswirkungen des Medienwandels auf den
Punkt zu bringen: Die Berichterstattung wird immer schneller, die Beiträge schrumpfen auf das
absolut Notwendige und beschränken sich nur noch auf das Triviale – allein der Journalismus bleibt
dabei auf der Strecke. Doch vermag ein derart pauschal beschriebener „Strukturwandel der
Öffentlichkeit“ (vgl. Habermas 2002) tatsächlich die herrschenden Verhältnisse adäquat zu
beschreiben?
Lässt man die technischen Errungenschaften der Medienwelt in den letzten vierzig Jahren von der
Einführung des Fernsehens bis hin zum Internet Revue passieren, so scheint sich die mediale Welt
immer schneller zu drehen. War das Fernsehen ordnungspolitisch zunächst noch völlig in den
Händen des Bundesrates, so war das Internet von Anfang an eine ungleich „entgrenztere“
Die Medienwelt verändert sich rasant. Was heisst das für die Soziale Arbeit und ihre Anliegen? Der1vorliege
Technologie, angelegt auf weltumspannende Kommunikation und damit einer Dynamik unterworfen,
der der Gesetzgeber nur mühsam zu folgen vermag. Doch auch das Fernsehen hat den
technologischen und medienpolitischen Wandel mitgemacht: Liessen sich in der Schweiz zu Beginn
der 1960er Jahre neben dem jeweils sprachregionalen Landessender gerade mal die
entsprechenden öffentlichen Programme der umliegenden Nachbarländer empfangen, so sind es
heute allein über die terrestrische Verbreitung im Schnitt über 40 öffentliche und vor allem private
Sendeanstalten – die unzähligen Satellitenprogramme nicht eingerechnet.3) Hinzu kommt ein
nahezu exponentieller Anstieg der Sendedauer: Die vom Schweizer Fernsehen produzierten
Fernsehstunden haben sich im Zeitraum 1968−2002 mehr als versechsfacht.4)
Rechnet man zum Fernsehangebot noch die zur Verfügung stehenden Radioprogramme, Videotext,
Printmedien und Internetplattformen hinzu, wird schnell klar, dass die Medien u.a. deshalb eine so
herausragende Bedeutung erlangt haben, weil sie mit ihren differenzierten Nutzungsmöglichkeiten
die Kommunikationsformen der Menschen tief greifend verändern.5) Dabei macht sich die
technologische Innovation nicht allein bei den „traditionellen“ publizistischen Medien bemerkbar.
Handy, Newsgroups, Chatrooms, E−mail und Messaging – um nur einige Beispiele zu nennen –
verändern sowohl die heutigen Ausdrucksformen und −möglichkeiten als auch die
Sozialisationsbedingungen kommender Generationen. Sie haben so einen nachhaltigen Einfluss
auf die Beziehungsformen der Menschen (vgl. Krotz 2003; Blumler 1997). Gerade die „digitale
Revolution“ verdeutlicht, wie vormals „feste“ Grenzen zwischen interpersonaler Kommunikation und
Massenkommunikation zusehends verwischen.
Die zunehmende Technisierung zeitigt ihre Auswirkungen aber auch auf der Seite der
publizistischen Produktion, ganz besonders in den Redaktionen. Diese mussten in den letzten zwei
Jahrzehnten sukzessive Aufgaben übernehmen, die vorher vom (druck−)technischen Bereich
erledigt worden waren.6) Zudem wird die Informationsübermittlung immer schneller, die zu
verarbeitende Informationsmenge ist rapide angewachsen.7) Siegfried Weischenberg spricht
angesichts der Tatsache, dass journalistische und technische Rollen immer stärker verschmelzen,
vom „fünfarmigen Redakteur“, der alle Hände voll zu tun hat, um seiner Arbeit nachzukommen (vgl.
Weischenberg 1989).
„Als ich im Journalismus anfing, konnte ich lesen, was der Fernschreiber schrieb. Heute kann ich
nur noch lesen, was der Fernschreiber geschrieben hat. Denn während er schreibt, schreibt er
schneller als ich lesen kann. Das bedeutet eine mentale Überforderung der Journalisten.
Verbunden ist damit eine zunehmend Auswahlunsicherheit: Denn wenn die Informationsmenge
weiterhin so anschwellen wird wie in den letzten Jahren, dann ertrinken wir im Papier und wissen
vor lauter Wichtigem schliesslich nicht mehr, was eigentlich wichtig ist.“
(Manfred Buchwald, Intendant, Saarländischer Rundfunk, zit. n. Weischenberg et al. 1994: 32)
In Anbetracht der daraus resultierenden chronischen kognitiven Überforderung ist die Rede von der
„Informationsflut“ nur zu verständlich; im schlimmsten Fall verkommen Journalistinnen und
Journalisten zu „publizistischen Durchlauferhitzern“ der PR−Industrie. Deren Einfluss auf die
redaktionelle Arbeit ist inzwischen allein durch den kontinuierlich steigenden „Informationsausstoss“
derart gross, dass vereinzelt bis zu 80% der Meldungen ohne Gegenrecherche in die
Berichterstattung einfliessen.8) Allerdings sind die technischen Faktoren bei weitem nicht allein für
diese Entwicklung verantwortlich, stehen sie doch in einer komplexen Wechselbeziehung zu der
stetig voranschreitenden Ökonomisierung der Medien, auf die nun eingegangen werden soll.
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Die Ökonomie der Nachricht: wirtschaftliche Aspekte des
Medienwandels
Bereits in den sechziger Jahren wandelte sich das Radio unter dem Druck des
„Jahrhundertmediums“ Fernsehen zum Begleitmedium. Mit der Deregulierung 1980er Jahre kamen
dann die Lokalradios, und insbesondere auf internationaler europäischer Ebene auch die privaten
Fernsehsender hinzu. Innert kurzer Zeit vervielfacht sich das Angebot, die Glaubwürdigkeit in die
Medien dagegen schwindet immer stärker. Denn die Programmformate gleichen sich immer mehr
an, Imitation tritt an Stelle von Innovation, Werbung und redaktioneller Teil vermischen sich
zusehends, wie jüngst die Klage wegen Schleichwerbung in der SFDRS Sendung „Gesundheit
Sprechstunde“ zeigt. Es ist von Boulevardisierung und Trivialisierung die Rede und überall hält das
„Infotainment“ Einzug – und dies sind nur einige der markantesten Entwicklungen der letzten 40
Jahre.
Doch auch der Printsektor kann sich dem ökonomischen Imperativ nicht entziehen: Die hohen
Fixkosten in Produktion und Vertrieb, dazu ein von Haus aus kleiner und obendrein sprachregional
stark segmentierter Markt führen unweigerlich zu den Konzentrationstendenzen, wie wir sie
spätestens seit den sechziger Jahren beobachten können. Als Beispiel mag hier die Berner Zeitung
gelten, die als Produkt dreier Fusionswellen in den 1970er Jahren hervorging. Der vormalige
Innovationswettkampf um Markterschliessung wird so durch einen Verdrängungswettbewerb
abgelöst, in dem es vor allem darum geht, die „kritische Masse“ zu erreichen bzw. zu verteidigen
(vgl. Siegert 2003; Meier/Jarren 2002), was besonders im jüngsten (Überlebens−)Kampf der
etablierten Presse gegen die Gratiszeitungen zu sehen ist.9)
Solche Entwicklungen sind nicht unproblematisch für einen die Gesellschaft auf allen Ebenen
durchdringenden Bereich, der als „Hersteller von Öffentlichkeit“ unter demokratietheoretischen
Gesichtspunkten primär für Meinungsvielfalt zu sorgen hat.10) Erfolg als bestimmende
Handlungsgrösse bemisst sich indes je länger je mehr daran, wie effizient und wirtschaftlich
produziert werden kann und wie hoch der Profit dabei ist. Die doppelte Verankerung der Medien im
Werbemarkt einerseits und im Zuschauermarkt andererseits verstärkt diese Tendenzen zusätzlich.
Denn Kosten für Werbeminuten oder Inserate bemessen sich an Einschaltquoten bzw. Auflagen –
mengenmässige Quantität wird so zum Indikator für inhaltliche Qualität.11) Unter dem Einfluss der
Werbewirtschaft positionieren die Medien ihre Produkte im möglichst grössten Teil eines
Massenmarktes, der als direkte Folge bisheriger Expansion und Konkurrenz in immer mehr
Zielgruppen zerfällt.12)
Den Rezipienten – als grundsätzlich „flüchtiges Element“ – suchen Medienkonzerne durch
intermediäre Verwertungsketten und erhöhter Selbstthematisierung zu binden: Themen werden
über mehrere Tage und Wochen von Zeitung an Radio und Fernsehen und von dort an
Wochenzeitungen weitergereicht, Ankündigungen und Trailer verweisen auf kommende Ausgaben
und Sendungen und versuchen so, einen konstanten Kommunikationsfluss herzustellen.
„Die Medien leben von der Akzeptanz auf dem Markt. Das heisst, dass sie gehört oder gekauft
werden müssen. Die Einschaltquoten zählen, denn die Einschaltquoten bestimmen bei den Privaten
die Preise der Werbung. Für den Journalisten bedeutet das, dass er Programme machen muss, die
attraktiv sind, höhere Einschaltquoten bringen und damit am Markt bestehen können. Das müssen
nicht unbedingt nur ‚Dudelwellen’ sein. Es können durchaus auch andere Elemente enthalten sein,
vor allem auch andere Unterhaltungs− und sogar Informationselemente. Aber in jedem Fall wird der
Journalist sich sehr wohl mit dem auseinandersetzen müssen, was Hörer und Fernsehzuschauer
Die Ökonomie der Nachricht: wirtschaftliche Aspekte des Medienwandels
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erwarten, was sie für Interessen haben. Im ‚luftleeren Raum’ wird er Programme nicht machen
können“.
(Hans Benirschke, ehem. Chefredakteur, Deutsche Presse−Agentur, zit. n. Weischenberg et al.
1994: 109)
Der Wettbewerb setzt bereits bei der Produktion an: Redaktionen werden möglichst knapp mit fest
angestellten Journalisten besetzt, freischaffende Mitarbeiter bei Bedarf fallweise rekrutiert, ganze
Produktionsbereich werden an externe Spezialfirmen abgegeben. Darunter leidet nicht zuletzt die
journalistische Arbeit, deren Credo „get it first – but first get it right“ auf den ersten Halbsatz zu
reduziert werden droht: Agenturmeldungen werden über Eigenrecherche gestellt, Experten liefern
Analysen als Soundbites, vordergründiges Infotainment ersetzt kostenintensive
Hintergrundberichterstattung. Es gilt nicht nur, für einen Massenmarkt zu produzieren, sondern vor
allen Dingen auch schneller als die Konkurrenz zu sein.
Wie stark technologische Entwicklung und ökonomische Marktorientierung bereits heute ineinander
greifen, zeigt etwa das „mobile Einmann−Produktionsteam“: ein Reporter recherchiert eine
Geschichte vor Ort, zeichnet sie mit einer kompakten Digitalkamera auf, um sie anschliessend am
Notebook zu schneiden und via Internet an den Sender zu übertragen. So wird an Zeit, Geld und
Personal gespart, oftmals aber auch an Qualität. Denn die Gefahr besteht, dass billiger
Journalismus eben zu Billigjournalismus verkommt (vgl. Siegert 2003). Die Produktionsdevise
„immer mehr immer schneller“ hat nicht etwa dazu geführt, dass alle gesellschaftlichen Anliegen
gleichermassen in der Öffentlichkeit vertreten würden. Was sind angesichts solcher Tendenzen also
die Chancen, eigene Akzente zu setzen und Anliegen publik zu machen?
Massenkommunikation als massvolle Kommunikation
Die journalistische Autonomie befindet sich in einer permanenten Zerreissprobe zwischen
„Zulieferern“ und „Abnehmern“. Zwar kann sich der Journalismus eine gewisse Eigenständigkeit
bewahren, aber indem er sich in einem unerbittlichen Konkurrenzkampf immer stärker dazu
getrieben sieht, die (vermeintlichen) Wünsche des Publikums zu antizipieren, liefert er sich auch ein
Stück weit an die Zulieferer aus – jedoch nicht gänzlich ohne Gegenwehr. Denn steigende
technische und kognitive Anforderungen sowie die wachsende Bedeutung ökonomischer Aspekte
der journalistischen Arbeit haben auch dazu geführt, dass Teile des publizistischen
Produktionsprozesses gewissermassen vorverlagert werden, hin zu den Kommunikatoren selbst –
den Verbänden, Organisationen, Parteien oder auch Individuen.
In der Konsequenz bedeutet dies für die Kommunikatoren zunächst, dass sie sich der formalen
Produktionslogik des Journalismus anpassen müssen. Andererseits entstehen gerade dadurch
mediale Handlungsspielräume: Je mehr Pressemitteilungen bereits den journalistischen
Anforderungen an einen Text genügen, je mehr Informationsdossiers aufwendig recherchierte
Hintergrundinformationen enthalten, oder je konsequenter Organisationen Expertenpanels
einrichten, an die sich Journalisten wenden könne – um nur einige Beispiele zu nennen – desto
öfter gelingt es, Eingang in die Berichterstattung zu finden.13) Aus inhaltlicher Sicht kommt eine
Konstante der medialen Entwicklung hinzu: Der Journalismus damals wie heute richtet seine
Aufmerksamkeit überwiegend auf grundlegende Merkmale von Nachrichten wie der geografischen
oder kulturellen Nähe, dem Faktor Prominenz und der Konflikthaftigkeit14). Das ist nicht
gleichbedeutend mit kurzlebiger Effekthascherei, denn Medien und Journalismus verkaufen sich
Massenkommunikation als massvolle Kommunikation
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nach wie vor über die Glaubwürdigkeit ihrer Produkte und sind daher auf eine gewisse Qualität in
der Berichterstattung angewiesen.
Schliesslich besteht eine der wohl wichtigsten Entwicklungen in der Massenkommunikation der
letzten Jahrzehnte in der Möglichkeit, über Websites, Newsletters usf. ohne Umwege direkt mit der
Öffentlichkeit in Kontakt treten zu können. Öffentlichkeit wird damit von einem verwalteten Gut
immer mehr zu einer vielschichtigen Grösse, die faktisch jede/r in „Heimarbeit“
zielgruppenspezifisch herstellen kann. Dadurch ergeben sich vielfältige neue Gestaltungsräume
und Spielarten. Bei diesen unterschiedlichen Entwicklungen besteht die wichtigste Erkenntnis wohl
darin, dass all jene, die ihre Anliegen erfolgreich in den öffentlichen Diskurs einbringen wollen, ein
stückweit zu Journalisten werden müssen. Ob Weischenbergs „fünfarmiger Redakteur“ dadurch
letzten Endes entlastet wird, oder zusätzliche Prothesen benötigt, ist indes eine andere Frage.
Der Paradigmenwechsel besteht darin, dass es für Organisationen, Verbände, Parteien, und also
auch für die Soziale Arbeit nicht mehr so sehr darum geht, von anderen „erhört“ zu werden, sondern
sich Gehör zu verschaffen. Um bei all den Möglichkeiten und Kommunikationskanälen – bei all der
Hektik, möchte man sagen – den jeweiligen Zielgruppen die eigenen Anliegen verständlich zu
machen, braucht es aber vor allem eines: Geduld.
1)
Friedrich Krotz spricht vom Medienwandel als einem „Metaprozess“, der als „Prozess von
Prozessen“ mit anderen Entwicklungen im technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen
Bereich im Wechselverhältnis steht (vgl. Krotz 2003).
2)
So der Titel der Tagung vom 8.12.05 zum Thema Journalismus.
3)
Das genaue Programmangebot ist primär vom jeweiligen Standort, dem Grad der Verkabelung
und dem Empfangsgerät abhängig (vgl. Meier et al. 1993).
4)
Die Entwicklung des Konsums folgt diesem Trend indes nicht parallel: Für die Deutschschweiz
etwa gilt, dass die tägliche Nutzungsdauer, die ferngesehen wird, im Zeitraum 1985−2002 gerade
um ca. 17% zugenommen hat (vgl. BFS 2004).
5)
Barbara Pfetsch spricht gar vom „Bürger als Rezipienten“ (vgl. Pfetsch 1998).
6)
Im Zuge der zunehmenden Qualifikationsanforderungen mutet die noch in den siebziger Jahren
geführte Debatte über eine Re− oder Dequalifizierung des journalistischen Berufsstandes eigenartig
entrückt an (vgl. Weischenberg et al. 1994).
7)
Die von Weischenberg et al. ermittelten Zahlen für Deutschland veranschaulichen den rasanten
Trend: Gab es Ende der 1980er Jahre 7'500 Bildschirmarbeitsplätze in den Redaktionen von
Zeitungen, Rundfunksendern und Nachrichtenagenturen, so waren es zu Beginn der 1990er bereits
54'000 (vgl. Weischenberg et al. 1994).
8)
Wohlgemerkt handelt es sich dabei vorwiegend um Medienmitteilungen, und nicht etwa um
ganze Reportagen o.ä. Trotzdem ist dieser Trend als Indiz für eine abnehmende Autonomie des
Journalismus zu werten (vgl. Russ−Mohl 1992).
9)
1960 zählte man noch 350 Schweizer Zeitungstitel, 2004 dagegen waren es nur mehr 210.
Massenkommunikation als massvolle Kommunikation
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Gleichzeitig stieg die Gesamtauflage im selben Zeitraum von ungefähr 2,3 auf ca. 3,8 Mio
Exemplare an (vgl. VSP 2005).
10)
Weischenberg spricht in diesem Zusammenhang von einer den Medien innewohnende
„Schizophrenie“, da sie sich gleichzeitig an ökonomischen wie demokratischen Vorgaben
orientieren (vgl. Weischenberg 1998)
11)
Diese Dominanz der Marktlogik hat auch in den öffentlichen Sendern Einzug gehalten, obwohl
sie sich nicht primär über den Werbemarkt finanzieren, und darüber hinaus dem service public
verpflichtet sind.
12)
Hier scheint die mancherorts geäusserte Rede vom „Zerfall“ der Gesellschaft als Folge der
Segmentierung der Öffentlichkeit indes übertrieben (vgl. etwa Holtz−Bacha 1997). Öffentlichkeit ist
nicht so sehr als homogenes Produkt denn als Prozess zu begreifen, in dem verschiedene
Teilnehmer in einen gesellschaftlichen Diskurs eintreten (vgl. Habermas 1992).
13)
Natürlich besteht hier auch die Gefahr, dass der Journalismus durch die vorgelagerte
„Zulieferindustrie“ aus seinen angestammten Tätigkeitsfeldern verdrängt wird (vgl. Saxer 1993).
14)
Schulz hat im deutschen Sprachraum die unterschiedlichen Nachrichtenfaktoren systematisiert
und in Kategorien zusammengefasst (vgl. Schulz 1976).
Literatur
BFS (Bundesamt für Statistik) (Hg.) (2004). Statistisches Jahrbuch der Schweiz. Zürich: Verlag
Neue Zürcher Zeitung.
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Publizistik, 42 (1): 16−36.
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Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Habermas, Jürgen (1992). Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des
demokratischen Rechtsstaats. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Holtz−Bacha, Christina (1997): Das fragementierte Medienpublikum. Folgen für das politische
System. APuZ, 24: 13−21.
Krotz, Friedrich (2003): Metaprozess sozialen und kulturellen Wandels und die Medien. Medien
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Literatur
6
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Pfetsch, Barbara (1998): Bürger – Publikum. In: Jarren, Otfried; Sarcinelli, Ulrich; Saxer, Ulrich
(Hg.). Politische Kommunikation in der Gesellschaft. Ein Handbuch mit Lexikonteil. Opladen, S.
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Puhl, Ria (2002). Die Hassliebe : vom schwierigen Verhältniss der Sozialen Arbeit zur Öffentlichkeit
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Reid, William J.; Misener, Elizabeth (2001). Social work in the press: a cross−national study.
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Russ−Mohl, Stephan (1992). Zeitungsumbruch.Wie sich Amerikas Presse revolutioniert. Berlin:
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Saxer, Ulrich (1993). Medienwandel – Journalismuswandel. Publizistik, 38 (3): 292−304.
Schluz, Winfried (1991. [1976]). Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse
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Siegert, Gabriele (2003): Im Zentrum des Taifuns. Die Ökonomisierung als treibende Kraft des
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Weischenberg Siegfried (1998). Journalistik. Medienkommunikation: Theorie und Praxis. Opladen:
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Weischenberg, Siegfried; Altmeppen, K.−D.; Löffelholz, M. (1994). Die Zukunft des Journalismus.
Technologische, Ökonomische und Redaktionelle Trends. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Weischenberg, Siegfried (1989). Der fünfarmige Redakteur. Neue Medien, 3: 30−37.
www.avenirsocial.ch
Literatur
7
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