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Gemeinsame Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Exzellenzclusters
„Ozean der Zukunft“
Kritische globale Erwärmung auch bei geringem Kohlendioxid-Anstieg
Kiel, 27. Januar 2010. Auf Einladung der renommierten Fachzeitschrift Nature Geoscience
fassen Prof. Ralph Schneider und Prof. Birgit Schneider, Institut für Geowissenschaften der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“, in der
aktuellen Ausgabe des Journals die jüngsten Ergebnisse weltweiter Forschungsarbeiten zum
Klima der Vergangenheit zusammen und ziehen ein beunruhigendes Fazit: Das tatsächliche
Ausmaß des zu erwartenden Klimawandels wird nach wie vor unterschätzt.
Die aktuelle Klimapolitik verfolgt das Ziel, die Erderwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
auf maximal zwei Grad zu beschränken, um die globalen Auswirkungen des Klimawandels noch
beherrschen zu können. Nach Einschätzung des Weltklimarates (IPCC – Intergovernmental
Panel on Climate Change) muss dafür die Konzentration an Kohlendioxid (CO2) in der Luft auf
einen Wert von maximal 450 ppm (parts per million, Teilchen pro eine Million Luftteilchen)
begrenzt werden. Heute liegt der Wert bereits bei 386 ppm und damit gut 100 ppm über dem
Wert zu Beginn der Industrialisierung.
Neue wissenschaftliche Studien zeigen jetzt, dass es in der Erdgeschichte bereits im Pliozän vor
fünf Millionen Jahren ein wesentlich wärmeres Klima als heute gegeben hat, obwohl gleichzeitig
die CO2-Konzentrationen kaum höher lagen. “Diese Studien weisen deutlich darauf hin, dass der
Klimawandel unterschätzt wird“, warnt Ralph Schneider. „Wir blicken in die Erdgeschichte
zurück, um in die Zukunft zu sehen“, erläutert Schneider: „Dabei wird deutlich, dass in der
Klimapolitik viel konsequenter gehandelt werden muss, damit die Erde als Lebensraum für den
Menschen in der jetzigen Form erhalten bleibt.“
Grund für das deutlich wärmere Klima vor fünf Millionen Jahren sind Rückkopplungen zwischen
einzelnen Komponenten des Klimasystems und zwar speziell dem Grönlandeis, der Vegetation
in den hohen Breiten und dem Ozean, der große Mengen Kohlenstoff speichert. Das
Abschmelzen des grönländischen Eisschildes führt dazu, dass weniger Sonnenlicht von der
Erdoberfläche reflektiert wird. Gleichzeitig dehnen sich die Nadelwälder weit nach Norden aus.
Beides führt dazu, dass die Erde mehr Sonnenlicht aufnimmt und sich die Atmosphäre erwärmt.
Im Oberflächenwasser des Ozeans löst sich Kohlendioxid aus der Luft, welches über die
Ozeanzirkulation in größere Tiefen transportiert und somit der Atmosphäre dauerhaft entzogen
wird. Bei steigender Temperatur des Ozeans sinkt die Löslichkeit von Kohlenstoff im Wasser, so
dass mehr Kohlenstoff in der Atmosphäre verbleibt und dort den Treibhauseffekt beschleunigt.
„Diese Wechselwirkung von Ozean und Atmosphäre wird den globalen Temperaturanstieg
bereits innerhalb von etwa 100 Jahren verstärken“, verdeutlicht Prof. Birgit Schneider, die als
Klimamodelliererin im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ eng mit Ralph Schneider
zusammenarbeitet. „In den Klimamodellen, die dem IPCC zur Verfügung stehen, werden diese
Rückkopplungsmechanismen bislang vernachlässigt“, so Birgit Schneider weiter.
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Für die politischen Entscheidungen in den nächsten Jahren sind die Prozesse im Ozean
zunächst bedeutender als die der Eisschilde, da hier die Veränderungen schneller wirken. Um
herauszufinden, wie stark und wann sich eine geringere Kohlenstofflöslichkeit im Ozean auf das
globale Klima auswirkt, entwickelt die Arbeitsgruppe im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“
das computergestützte Klimamodell „Kiel Climate Model System“ weiter. Auf dem
Hochleistungsrechner an der CAU testen die Forscher, wie sich z.B. der Ozean in
verschiedenen Klimaszenarien mit höheren Temperaturen und Kohlendioxidkonzentrationen
verhält. Die Ergebnisse aus den Modellsimulationen vergleichen sie mit Daten aus
Tiefseeablagerungen, die Aufschluss darüber geben, wie das Klimasystem in der Vergangenheit
funktioniert hat. So sichern sie die Modellergebnisse ab.
“Die marine Paläoklimaforschung, die sich über Jahre hier an der Uni Kiel etabliert hat, liefert
wichtige Impulse, um derzeitige Einschätzungen über Klimawandelprognosen deutlich zu
präzisieren und damit die Basis für zukünftige Anpassungsmaßnahmen zu verbessern”, macht
Ralph Schneider deutlich.
Originalarbeit
Schneider, B & R. Schneider: Palaeoclimate: Global warmth with little extra CO 2, Nature
Geoscience January 2010, Vol. 3, No. 1,
online unter: www.nature.com/ngeo/journal/v3/n1/full/ngeo736.html
Bildunterschriften
Foto 1: Birgit Schneider und Ralph Schneider diskutieren Modellszenarien für das Klima der
Vergangenheit. (Foto: CAU, Stefanie Maack, 2010)
Foto 2: Paläoklimaforscher rekonstruieren die Vergangenheit des Klimas anhand von
Bodenproben aus mehreren Tausend Metern Tiefe. (Foto: CAU, Elfi Mollier-Vogel, 2009)
Kontakt
Prof. Ralph Schneider, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel,
Tel.: 0431-880-1457, E-Mail: [email protected]
Prof. Birgit Schneider, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel,
Tel.: 0431-880-3254, E-Mail: [email protected]
Stefanie Maack, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Tel.: 04318803253 oder 0431-880-1782, E-Mail: [email protected]
Friederike Balzereit, Öffentlichkeitsarbeit, Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“,
Tel.: 0431-880-3032, E-Mail: [email protected]
Hintergrundinformation
Die Forschungsarbeiten werden finanziell unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(Exzellenzcluster Ozean der Zukunft) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt
BioAcid). Mehr zum Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ unter www.ozean-der-zukunft.de
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