v 1400 MJ MILLIONEN JAHREN MEISTER DER NISCHEN LAND AHOI! Bakterien kommen ans Land und testen ihre neue Atmungstechnik in neuen Nischen. Sie siedeln sich rasch in Flüssen und Teichen sowie in dem durch Erosion entstandenen Erdboden an. Einige besonders ehrgeizige Mikroben dringen in unwirtliche Gebiete vor. Dadurch verwandeln sich weite Wüstenflächen in Krustenkolonien. Obwohl selten geworden, findet man diese uralten Lebensgemeinschaften auch heute noch zwischen Sandkörnern in der Wüste. Im Gegensatz zu ihren bakteriellen Urahnen, die heisse Quellen und Säure liebten, siedeln sich manche Mikroben in eisigen Klimazonen an. Besonders rauhe Naturtypen wagen sich bis in den nackten Fels und die Berggipfel vor. Diese Lebewesen verfügen über eine den Umständen angepasste, grosse Palette von metabolischen Überlebensstrategien. Diese Felswände in Norwegen strotzen von Zyanobakterien, die im Grunde genommen mit ihren Vorfahren identisch sind. Photo, Stjepko Golubic © Foundation for Global Community 1997 v 1300 MJ MILLIONEN JAHREN KÖRPERFUSIONEN Protoktisten haben sich schon seit einiger Zeit mit photosynthetischen Bakterien zusammen entwickelt. Als Nahrung aufgenommen, aber nicht verdaut, versorgen manche Bakterien den Protoktistenwirt mit einer konstanten Nahrungsquelle, und machen so die Wirte zum Selbstversorger. Die umschlungenen Bakterien bekommen ihrerseits ein sicheres, bequemes Zuhause und raschen Transport zum Sonnenlicht. Mit ihren endosymbiontischen, d.h. im Innern lebenden Bakterien, werden die Protoktisten virtuelle lebende Treibhäuser. Diese Verbindungen verschiedener Arten feiern ihre Erfolge mit einer permanenten Verschmelzung. Die Bakterien verwandeln sich in neue Organellen, Plastide genannt. Schlussendlich werden Flecken von grünen und roten Algen die Küsten unserer Erde schmücken. Photo, Lois Brynes Photo, Jeremy Pickett-Heaps © Foundation for Global Community 1997 v 1200 MJ MILLIONEN JAHREN EINZELN UND MASSENHAFT Das sprunghafte Ansteigen der Fossilienfunde von Algen und anderen Organismen veranlasst manche Paläobiologen, diese Erscheinung die «Urknall»-Periode der Eukaryoten (Lebewesen mit Zellkernen) zu nennen. Auf der ganzen Erde bilden Protoktisten Gemeinschaften sowohl mit Bakterien als auch mit anderen Protoktisten. Ein leidenschaftliches Vermischen und Vermengen von Populationen findet statt. In «kolonialen» Protoktisten brechen einige Zellen vom individuellen Körper ab und regenerieren den gesamten Organismus. Den meisten vielzelligen Protoktisten steht diese Möglichkeit jedoch nicht offen, da deren Zellen, wie die unseren, sich differenzieren, d.h. sich spezialisieren. Die weissen Kleckse sind umherlungernde rote Algen, die von der Photosynthese anderer roter Algen leben. In Wirklichkeit schickt der Klecks seine Zellkerne direkt in den roten Photosynthesier und organisiert dann die Übertragung der photosynthetischen Produkte zurück ins «eigene Heim». Photo, Lynda Goff Diese fadenähnliche, Photosynthese betreibende und mit Bakterien bedeckte Alge stützt den Stiel eines tulpenähnlichen Protozoon (ein einzelliges Tier), das mittels vieler Nahrungszufuhrröhrchen noch kleinere Organismen aus dem Wasser saugt. Photo, John Sieburth © Foundation for Global Community 1997 v 1100 MJ MILLIONEN JAHREN IN DIE BRESCHE Da unser Menschenleben so kurz ist, fällt es uns schwer, die Bewegung der Kontinente und Meereskrusten richtig zu begreifen. Über lange Zeiträume hinweg gesehen, können wir die Bewegung der Erde unter den Füssen spüren. Die Erde ist rastlos. In kürzester geologischer Zeit kommt es zu globaler Bildung tiefer Risse und Spalten. Grosse Täler bilden sich in den kontinentalen Platten, Flüsse strömen ein, neue Meere entstehen. Platten prallen aufeinander, die Erde faltet sich und riesige Gebirgsketten entstehen. Unmengen von Magma werden aus der Tiefe herausgeschleudert. Kontinente sind die angehobenen Teile tektonischer Platten. Das Terrain auf dem Meeregrund ist dabei ebenso gebirgig und durch tiefe Schluchten zerklüftet wie auf dem Land. Bild freundlicherweise vom National Center for Atmospheric Research © Foundation for Global Community 1997 v 1000 MJ MILLIONEN JAHREN WUNDER DER MINIMINERALWELT Während durch geologische Prozesse die metamorphen Gesteine und Mineralien der Erde entstehen, breitet sich das Leben weiter aus. Neue Arten stammen von gemeinsamen Vorfahren ab und entwickeln sich, jede mit ihrem spezifischen Interesse an ganz bestimmten Mineralien. Einige Mikroben erzeugen ihre eigenen Mineralien (Biomineralisation) und verwenden sie in unterschiedlichster Art und Weise. Bakterien haben zum Beispiel vor langer Zeit gelernt, Magnetit herzustellen, den sie als Kompass zur Orientierung in Schlamm und Untiefen benötigen. Die Protoktisten haben selbst in dieser frühen Entwicklungsstufe eine Vielfalt von Mineralien produziert, eine einmalige Leistung unter Lebewesen. Wissenschaftler kennen heutzutage über 60 verschiedene anorganische Mineralien, die Produkte der Biomineralisierung sind. Eine Vielfalt von Lebewesen, von Bakterien bis zu Menschen, sind am Produktionsprozess beteiligt. Dieser lebende Protoktist ist ein Foram. Foraminiferer machen ihre Schalen aus Kalziumkarbonat. Diatome, (kleinere symbiotische Protoktisten) leben in den Foraminiferer und erzeugen ihre eigenen Schalen aus Kieselsäure. Photo, John Lee Viele jetzt lebende Seeanemonen sind Symbionten mit Einsiedlerkrebsen: Der Krebs bietet kostenlosen Transport, die stechende Seeanemone bietet Schutz. Krebse ziehen aus und machen sich davon, wenn sie für ihre geborgten Muschelhäuser zu gross werden, eine ziemlich einschneidende und beunruhigende Angelegenheit für die Seeanemone. Diese schöne goldene Muschelhülle ist ein biomineralisierter zusätzlicher Überzug, der von der Seeanemone für ihren Krebspartner hergestellt wurde. Wenn ein Krebs grösser wird, kann der Seeanemonenpartner die Muschel vergrössern, so dass sie weiterhin haargenau passt. Photo, Daphne Fautin © Foundation for Global Community 1997 v 900 MJ MILLIONEN JAHREN EINE FRAGE DER EINTEILUNG Eine Fülle von acritarchen Fossilien, darunter eindeutige Riesen gemessen am Mikrostandard, sind vermutlich fossile Zysten oder frei bewegliche Algenarten. Obwohl wir nicht genau sagen können, «wer» sie sind, geben sie uns doch einen klaren Beweis von der Vielfalt des Lebens über Millionen von Jahren hinweg. Kategorien sind wie Landkarten Orientierungshilfen, aber lediglich ein Abbild der Landschaft. In den oft angeführten Grundkategorien «Tiere, Pflanzen und Mineralien» wird die Vielfalt der Lebensformen bei weitem unterschätzt. In ähnlicher Weise können uns simple Kategorien wie «klein», «gross», «einzellig» und «mehrzellig» nur verwirren. Diese einzellige Alge unserer Zeit ist einer der grössten Protoktisten. Photo, Lois Brynes Dieser dünne Querschnitt durch einen Stein zeigt 900 Millionen alte Fossilien. Photo, Andrew Knoll Uralte fadenartige Mikrofossilien; rechts ist eine Zyanobakterie. Photos oben und rechts, Gonzolo Vidal © Foundation for Global Community 1997 v 800 MJ MILLIONEN JAHREN MANCHE MÖGEN ES KÜHL Eine der weltweiten Eiszeitperioden beginnt. Dicke Eisschichten breiten sich über weite Flächen der Erde aus. Über die Ursache dieser Eiszeiten ist man sich noch nicht ganz im klaren. Eine Theorie schreibt die Eiszeiten den Schwankungen der Erdumlaufbahn zu, was die Sonneneinstrahlung ändern würde. Temperaturschwankungen können durch andere Faktoren verstärkt werden. Wenn beispielsweise die Sonneneinstrahlung abnimmt, kühlt die Erde sich ab und die Gletscher dehnen sich aus. Da die Gletscher die Sonnenstrahlen reflektieren, reduziert die Ausdehnung der Gletscher die von der Erde absorbierte Wärmemenge und so sinkt die Temperatur kontinuierlich. Das gesamte Leben der Erde ist eng mit Klimaveränderungen verbunden. Mikroben haben seit dem Beginn des Lebens eine wichtige Rolle im Kohlenstoffkreislauf gespielt. Bohrungen im Meeresgrund und im Innern von Gletscher-Eis zeigen eine exakte Übereinstimmung zwischen der Klimaänderung und Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre. Diese Abhängigkeit wiederum beeinflusst das Ausmass der klimatischen Veränderungen. © Foundation for Global Community 1997 Verschiedene schwimmende und auf dem Meeresboden lebende planktische und benthische Kolonien entstehen im Laufe der Eiszeiten dank des Nährstoffreichtums in kälteren Gewässern. Einige Landprotoktisten, wie diese roten Schneealgen, haben es auch gerne kühl. Photos, Brian Duval v 700 MJ MILLIONEN JAHREN GESCHMEIDIGE BEWEISE Organismen der präkambrischen Ediacara-Fauna hinterlassen einen bleibenden Eindruck, eine Seltenheit bei Fauna und Flora mit Weichkörpern. Wunderschön bizarr variiert ihre Gestalt von blattähnlichen, dreiarmig, über flach bis «gesteppt». In den seichten Küstengewässern des «Gartens von Ediacara» tragen photosynthetische und chemosynthetische Symbionten bei einigen dieser Lebewesen zum Grössenwachstum bei, während andere sich an einer Überfülle von Bakterien weiden. Diese gallertartigen Kreaturen haben keine harten Körperteile und keine Feinde. In ihrer Welt gibt es noch keine Rüstungen. Ediacara-Fossilien findet man auf der ganzen Welt. Evolutionsbiologen sind über die Natur dieser enigmatischen Wesen unterschiedlicher Meinung, da leider keine Verwandten überlebten, die uns die Geschichte erzählen könnten. Diese zarten Ediacara-Fossilien, ein Entwicklungsexperiment von Lebewesen, vergehen sang- und klanglos. Ein mysteriöses Fossil mit keinen bekannten Verwandten, das «Pteridinium» (Seefeder) kommt reichlich auf der Oberfläche des Präkambrium-Sandsteins in Namibia, südwest Afrika und anderen Teilen der Erde vor. Einige Wissenschafter glauben, dass Pteridinium das älteste bekannte tierische Fossil darstellt; andere sind skeptisch, ob der Organismus überhaupt zu den Tieren gehört. Photo, Gonzalo Vidal © Foundation for Global Community 1997 Ophrydium versatile ist ein in Kolonien lebendes Wimpertierchen, das im Begriff ist, das zu werden, was wir Menschen ein «Individuum» nennen. Diese Kolonien von «grünen Geleebällen» sind bakterielle Welten innerhalb von Welten, Zusammenschlüsse von mehreren hundert verschiedenen Mikrobenarten. Heutzutage entspricht Ophrydium wohl am ehesten den grossen photosynthetischen und chemosynthetischen Protoktisten-Kolonien der gesteppten Weichkörperwunder der Ediacara. Photos, Lynn Margulis und Brian Duval