Laboruntersuchungen Die Fallstricke der Präanalytik

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Fortbildung
Robert Lange, Verena Jansen
Laboruntersuchungen
Den Zeitraum vor der Durchführung
der eigentlichen Laboruntersuchungen bezeichnet man als präanalytische Phase oder einfach als Präanalytik. Hierbei gibt es zahlreiche mögliche Störfaktoren, die den gemessenen
Wert verfälschen können und daher
möglichst zu vermeiden sind. Worauf
der Hausarzt achten muss und wo Fallstricke lauern, soll in dem folgenden
Beitrag beschrieben werden.
Die Fallstricke der
Präanalytik
Was mögliche Verfälschungen von Laborergebnissen angeht, so sind neben
der patientenabhängigen Störgröße vor
allem die Bedingungen bei der Entnahme der Probe, die Lagerung nach der
Abnahme und der Transport in das Laboratorium zu nennen.
Es wird zudem immer wichtiger, eine
Laboruntersuchung leitlinienkonform
[1] und im Zusammenhang mit der Indikation anzufordern und mit dem Labor verbindliche Stufenverfahren [2] zu
vereinbaren. Des Weiteren sollte überlegt werden, welche Verfahren für die
Bewertung von Akutsituationen in der
Praxis unter qualitätsgesicherten Rahmenbedingungen sinnvoll vorgehalten
werden können [6].
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Der Allgemeinarzt 4/2013
Mauritius
Bedingungen bei der Probengewinnung
Was patientenabhängige Störgrößen
angeht, so sind die folgenden Merkmale zu beachten:
•• Geschlecht
•• Alter
•• Ethnische Zugehörigkeit
•• Schwangerschaft
•• Ernährungszustand
•• Dauerhafter Aufenthaltsort
•• Menge an genossenem Alkohol/Nikotin, möglicher Drogenkonsum
•• Einnahme von Medikamenten
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•• Einfluss saisonaler und zirkadianer
Schwankungen
•• Lage des Körpers bei der Blutabnahme
•• Trainingszustand
•• Vorangegangene körperliche Belastung
Science Photo Library
Nicht zu vernachlässigen ist vor allem
bei der Beurteilung relevanter Verlaufs­
parameter der Zeitpunkt der Blutabnah­
me. Im Laufe des Tages beeinflussen
zirkadiane Rhythmen vor allem viele
klinisch-chemische Parameter sowie
Störanfällige Parameter*
•• Alkalische Phosphatase
•• Elektrolyte (Chlorid, Kalium,
Magnesium)
•• Kreatinkinase, Kreatinin CK-MB
•• Gamma-GT
•• Glukose
•• GOT (ASAT)
•• Eisen
•• LDH
•• Saure Phosphatase
•• Gesamtprotein
•• Proteinelektrophorese
•• Triglyzeride
•• Schilddrüsenhormone
*V
erfälschungen durch Stauung, zu
starkes Aspirieren, Schütteln oder zu
starke Kühlung.
Bei einigen Erkrankungen (Malaria, hämolytische Anämie) kann
es zu einer In-vivo-Hämolyse kommen. Da freies Hämoglobin
sehr schnell von Haptoglobin gebunden wird, hilft die Messung
dieses Analyten, eine abgelaufene Hämolyse zu erkennen.
ander vergleichen zu können, sollte bei
allen Patienten entweder im Sitzen oder
im Liegen die Vene punktiert werden.
Entnahmetechnik und Fehlerquellen
Achten Sie darauf, dass der Patient
nicht mit der Faust „pumpt“. Sonst sind
zum Teil deutliche Kaliumerhöhungen
nachweisbar, die sicher zu einiger „Ver­
wirrung“ führen werden. Grundsätzlich
geeignet zur Blutabnahme sind alle ober­
flächlich sichtbaren Venen im Bereich
der Ellenbogenbeuge, des Unterarms
und des Handrückens. Es empfiehlt
sich, die Venen zu ertasten und nach
einer maximalen Stauungszeit von 30
Sekunden das Blut zu entnehmen. Eine
zu lange Stauung verursacht erhöhte
Zellzahlen, Proteingesamtkonzentra­
tionen, Steigerungen des Lipidgehaltes
sowie von Enzymen, Bilirubin und Eisen.
Grundsätzlich steigen die Konzentra­
tionen aller an Proteine gebundenen
Messgrößen wie zum Beispiel Gerin­
nungswerte.
Übersicht 1
Hormone und Medikamentenspiegel.
Medikamente sollten zum Beispiel im­
mer im Talspiegel bestimmt werden.
Optimal sollten Blutentnahmen am
Morgen zwischen 7 und 10 Uhr nüch­
tern durchgeführt werden. Falls das
nicht möglich ist und Untersuchungen
Blutentnahmen sollten möglichst morgens zwischen 7
und 10 Uhr erfolgen, bei Verlaufsuntersuchungen zumindest immer um dieselbe Zeit.
im Verlauf notwendig werden, sollte zu­
mindest darauf geachtet werden, immer
vergleichbare Blutabnahmezeitpunkte
einzuhalten. Der Patient sollte sich zwei
bis drei Tage vor der Blutentnahme mög­
lichst körperlich nicht verausgaben und
auch nicht übermäßig Alkohol zu sich
genommen haben. Um Werte mitein­
www.allgemeinarzt-online.de In Übersicht 1 ist dargestellt, welche
Analysen durch eine zu intensive Stau­
ung, durch zu starkes Aspirieren oder
Schütteln der Probe sowie durch zu
starke Kühlung oder Überlagerung be­
einflusst werden.
Die Hämolyse bei der Blutabnahme ver­
meiden Sie, indem Sie die Spritze sanft
aufziehen. In der Regel ist das Vakuum
von sich selbst füllenden Blutabnahme­
systemen schonend eingestellt. Achten
Sie darauf, dass Ihnen das kooperieren­
de Labor nur Sicherheitskanülen für die
Blutabnahme liefert. Diese verhindern
unbeabsichtigte Nadelstichverletzungen
wirkungsvoll und sind Stand der Tech­
nik. Die Untersuchungsmaterialien wer­
den in der in Übersicht 2 beschriebenen Reihenfolge abgenommen.
Durch austretende Gewebsflüssigkeit bei
der Punktion können sich vor allem Ge­
rinnungswerte verändern. Röhrchen mit
Zusätzen werden immer nach der Ab­
nahme nativen Vollblutes abgenommen.
Tipp: Stellen Sie sich die Röhrchen sor­
tiert pro Patient auf einem Probenstän­
der bereit.
Lagerung und Beschriftung
Röhrchen mit Zusätzen sollten nach der
Abnahme mehrfach sanft geschwenkt
werden, um eine gute Durchmischung
der Probe mit den Antikoagulanzien zu
ermöglichen. Nach der Entnahme soll­
ten die Proben in Ruhe 60 Minuten bei
Raumtemperatur belassen werden. So­
fern für die Blutabnahme spezielle mit
Gel versehene Monovetten eingesetzt
werden, die nach einer Zentrifugation
die Serumbestandteile von den zellulären
Bestandteilen dauerhaft trennen, ist zu
erwägen, eine Zentrifugation der Proben
bereits in der Praxis durchzuführen.
Zunehmend bieten Labors bei der An­
forderung den Ausdruck von Probeneti­
ketten an, die bereits präanalytische Hin­
weise und die eindeutige Identifikation
der Probe zulassen. Sollten Sie noch mit
klassischen Barcodeetiketten arbeiten,
die eine Materialkodierung vorsehen,
aber nicht den Namen, Vornamen und
das Geburtsdatum des Patienten enthal­
ten, sollten die parallel abgenommenen
Proben besonders sorgfältig etikettiert
werden.
Eine Zusammenfassung wichtiger Tipps
für die Hausarztpraxis rund um die
Blutabnahme finde Sie im Kasten auf S. 54.
Abnahmereihenfolge von
Untersuchungsmaterialien
1. Blutkulturen (immer ein Paar)
2. Vollblut
3. Citratblut
4. Heparinblut
5. EDTA-Blut
6. Na-Fluorid-Blut
Übersicht 2
Der Allgemeinarzt 4/2013
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Bei der Laboranforderung sollten immer
die speziellen Verfahren und Methoden
des jeweiligen Labors beachtet werden.
Übersicht 3 zeigt, zu welchen präanalytischen Hinweisen für den Arzt inklusive Patientenaufklärung entsprechend
akkreditierte Laboratorien laut DIN EN
15189 verpflichtet sind. Falls Sie unsicher
sind, was Abnahmegefäße oder konkrete
Abnahmebedingungen angeht, kontaktieren Sie das Labor.
Erste Schritte im Labor
Wenn die Probe das Labor erreicht hat,
wird diese sofort oder unmittelbar nach
einer notwendigen Zentrifugation von
der Laborannahmekraft geprüft. Eine
Unter- oder Überfüllung des Probengefäßes, die Farbe der Probe sowie ikterische
Probenbeschaffenheit, Hämolyse, Trübungsgrad, Grad der Lipämie werden zu
jeder Probe in der Labor-EDV vermerkt.
In der Regel weist der Befund diese Verhältnisse und die daraus resultierenden
Für die Suche nach morphologischen Konstellationen (z. B.
Zylindern) ist der konzentrierte
Morgenurin am geeignetsten.
klinisch relevanten Störungen aus. Sofern die Probe aufgrund präanalytischer
Bedingungen gar nicht sinnvoll untersucht werden kann, wird der Einsender
umgehend informiert und das weitere
Vorgehen verabredet.
Bitte beachten Sie, dass es bei einigen
Erkrankungen zu einer In-vivo-Hämolyse
kommen kann, zum Beispiel bei Malaria
oder einer hämolytischen Anämie. Da
freies Hämoglobin sehr schnell von Haptoglobin gebunden wird, hilft die Messung dieses Analyten, eine abgelaufene
Hämolyse zu erkennen.
Bei nephrologischen oder rheumatologischen Fragestellungen, die sich vor
allem an der Suche nach besonderen
morphologischen Konstellationen wie
„Zylindern“ oder Akanthozyten ausrichten, sollte mit dem Labor eine gesonder-
Oftmals wird bei der Sichtung der eintreffenden Proben im Labor eine Trübung beobachtet, die durch eine Lipämie verursacht wird. In der Regel ist
eine deutliche Erhöhung der Triglyzeride, bedingt durch eine vorangegangene Nahrungsaufnahme bzw. durch eine
Fettstoffwechselstörung, die Ursache.
Auch bereits bei der Einnahme eines
normalen Frühstücks ohne „Eier und
Speck“ kann es zu lipämischen Proben
kommen. Sofern Parameter des Fettstoffwechsels bestimmt werden sollen, ist
eine Blutabnahme mit der entsprechenden vorangegangenen zwölfstündigen
Nahrungskarenz unabdingbar.
Zum Nachweis von Triglyzeriden empfiehlt sich eine zwölfstündige Nahrungskarenz.
Urindiagnostik
Die Gewinnung einer Urinprobe unter
klar definierten Bedingungen stellt nach
wie vor eine große Herausforderung an
die entnehmende Person dar. Da dies
häufig der Patient selbst ist, der dann in
der Folge die Probe aus einem Primärgefäß in ein Sekundärgefäß überführt,
ist der entscheidende Schlüssel für den
Erfolg der Diagnostik die einfache, praktikable Information an den Patienten,
wie die Probe richtig zu entnehmen und
„weiterzuverarbeiten“ ist (vgl. Kasten).
Ein geeignetes Merkblatt stellt Ihnen das
Labor in der Regel gerne zur Verfügung.
te Abholung vereinbart werden. Dieser
Urin sollte „warm“ und sehr zeitnah
transportiert werden.
Je konzentrierter der Urin für die Untersuchung vor allem von morphologischen
Bestandteilen ist, umso stabiler sind die
nachzuweisenden Urinkomponenten.
Die erste Urinprobe am Morgen ist deshalb am geeignetsten für die Untersuchung.
Eine Sonderstellung nimmt der Sammelurin ein. Dieser Urin wird über
eine definierte Zeit unter Zusatz von
Stabilisatoren gesammelt. Wichtig für
die Auswertung ist die Dokumentation
der Sammelzeit und Sammelmenge.
Die Sammlung über 24 Stunden stellt
die häufigste Methode dar. Die Probe
ist während des gesamten Sammelvorgangs kühl und dunkel aufzubewahren.
Die Trinkmenge des Patienten beträgt in
der Regel 1,5 bis 2 Liter über 24 Stunden.
Die Haltbarkeit der Analyte im Sammel­
urin beträgt bei 4 – 8 oC in der Regel ein
bis zwei Tage. Viele Substanzen können
bei -20o C über einen längeren Zeitpunkt
Urinentnahme: Das sollte der Patient beachten
Schuppelius
Zunächst gilt es, eine kleine Menge Morgenurin in die Toilette abzulassen, um somit die
Kontamination der Urethramündung durch diese gezielte „Spülung“ zu beseitigen. Die
Hände sind vor und nach der Probengewinnung gründlich zu reinigen und nach dem Verwerfen der ersten Teilmenge ist der Urinbecher ungefähr zur Hälfte zu füllen. Es hat sich
als praktisch erwiesen, die Primärprobe mit Hilfe einer speziellen Urinmonovette, die mit
einem speziellen „Saugrüssel“ versehen ist, zu füllen. So kann der Transport der Probe in
das Labor innerhalb einer Zeit von maximal zwei Stunden sicher und ohne Auslaufgefahr
bewerkstelligt werden. An dieser Zeitvorgabe, die im Normalfall nur sehr selten bei der Versorgung im ambulanten Bereich eingehalten werden kann, zeigt sich deutlich, dass bereits
in der Praxis entschieden werden muss, welche Untersuchung aus der Probe durchgeführt
werden soll. Eine orientierende Harnwegsuntersuchung mit einem Streifentest sollte heute
nicht mehr in ein Labor verschickt werden, sondern direkt vor Ort durchgeführt werden.
Bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion sollte eine Untersuchung zum Nachweis von bakteriellen Erregern mit anschließender Resistenzbestimmung veranlasst werden.
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Der Allgemeinarzt 4/2013
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Was schreibt die DIN EN 15189 für präanalytische Maßnahmen vor?
das ein Transportmedium enthält. Eine Ausnahme stellt der Nachweis von
Bordetella pertussis, dem Erreger des
Keuchhustens, dar. Dieser Nachweis
wird mittels der sensitiven PolymeraseKettenreaktion erregerspezifischer DNS
aus einem trockenen Abstrichtupfer geführt.
Zur Entnahme von Abstrichmaterialien
aus der Harnröhre stehen geschlechtsspezifische Systeme zur Verfügung, die
das unterschiedliche Lumen der Entnahmeorte berücksichtigen.
Fotolia
•• Spezifische Anweisungen für die richtige Entnahme, Sammlung und Behandlung
der Primärproben
•• Dokumente zur Patientenaufklärung, insbesondere Infektionsstatus und Gendiagnostikgesetz
•• Informationen zur Übergabe an den Patienten für die Vorbereitung einer Materialentnahme
•• Informationen über die medizinische Indikation zur Untersuchung und deren
Wertigkeit
•• Verfahrensanweisungen zur Vorbereitung der Patienten und zur Durchführung
der Entnahme
•• Art und Umfang der Entnahme
•• Zeitliche Festlegung der Entnahme, zum Beispiel bei einem Funktionstest
•• Behandlung der Proben nach der Entnahme
•• Lagerungs- und Transportbedingungen
•• Kennzeichnung der Proben
•• Dokumentation der entnehmenden Person
•• Prinzipien für die Aufbewahrung der Proben und zeitliche Limitation der Bearbeitung der Probe
•• Stufenprofile bei sich bedingender Analytik
•• Transportbedingungen
•• Zeitliche Abfolge der Ergebniserstellung, Interpretation und Rückinformation
an den einsendenden Arzt
•• Aufbewahrungsfristen der Untersuchungsmaterialien, um ggf. weitere indikationsrelevante Untersuchungen zu veranlassen
Übersicht 3
mit Ausnahme von Porphyrinen und Immunglobulinen stabilisiert werden.
Mikrobiologische Diagnostik
Prinzipiell gelten einfache Grundregeln
für die Anforderung und Durchführung
mikrobiologischer Untersuchungen. Die
Proben sollten am vermuteten Infektionsort in ausreichender Menge gewonnen werden. Sie sollten in geeigneten,
in der Regel industriesterilen Gefäßen
aufgefangen und versendet werden. Die
Gefäße sollten in geeigneten Umverpackungen auslaufsicher verschickt werden. Ohne eine Information des genauen Entnahmeortes, der Entnahmezeit
sowie der Angabe, ob eine antibiotische
Therapie eingeleitet wurde, sollte die
Probe die Praxis nicht verlassen.
Soll eine Harnwegsinfektion ausgeschlossen bzw. bestätigt werden, eignet
sich nativer Urin am besten, der sowohl
einer mikroskopischen Untersuchung
als auch einem kulturellen Nachweis zugeführt werden kann. 5 – 10 ml reichen
für eine Routineuntersuchung aus, mehr
Probenmaterial wird für Pilzuntersuchungen (25 – 50 ml) oder zum Nachweis
von Mykobakterien (100 – 200 ml) benötigt. Sogenannte Urintauchkulturen können ebenfalls eingesetzt werden, liefern
aber nicht die eigentlich erforderliche
www.allgemeinarzt-online.de Qualität für eine gute mikrobiologische
Diagnostik.
Falsch positive Befunde, die durch ungenügende präanalytische Bedingungen
wie zum Beispiel zu lange Standzeiten
der Proben verursacht werden, führen
zu weiterer Analytik und möglicherweise
zu ungerechtfertigten Therapien. Diese
Situation sollte bei der Lage der Resistenzentwicklung unbedingt vermieden
werden. Wichtig für den Untersucher
sind in jedem Fall bei der Einsendung
eine klare Fragestellung, die Angabe
einer Medikation sowie des genauen
Entnahmezeitpunkts.
Abstriche
Bevorzugt sollen Flüssigkeiten oder
Gewebeteile (in physiologischer Kochsalzlösung eingebracht) zur Diagnostik
eingeschickt werden. Sofern diese Materialien nicht zugänglich sind, eignen
sich Abstriche aus der Peripherie einer
Wunde oder ein Abstrich aus dem Bereich der vermuteten Infektion.
Wichtig ist die Entscheidung, ob Viren
oder Bakterien aus Abstrichmaterial
nachgewiesen werden sollen. In der
Regel werden Viren mit Hilfe eines trockenen Abstrichtupfers entnommen und
Bakterien mit einem Abstrichsystem,
Sputum eignet sich in der Regel nicht
gut für eine aussagekräftige mikrobiologische Untersuchung. Besser sollte im
Verdachtsfall auf die Gewinnung einer
bronchoalveolären Lavage zurückgegriffen werden. Niemals sollte Sputum
über einen längeren Zeitpunkt gesammelt werden. In jedem Fall sollte der
Transport unter gekühlten Bedingungen
erfolgen.
Stuhlproben
Stuhlproben sollten in einem speziellen
Gefäß, das mit einem Löffel im Deckel
ausgestattet ist, gesammelt werden.
Der Einsatz des Löffels gewährleistet
je nach Konsistenz des Stuhls eine ca.
haselnussgroße Probe. In der Regel werden die Nachweise von Viren im Stuhl
(Rota-, Adeno-, Noroviren) mittels PCR
Zum Nachweis von Viren sollten
trockene Tupfer, zum Nachweis von
Bakterien mit Transportmedium getränkte Tupfer verwendet werden.
durchgeführt. Diese Methodik ist mittlerweile der Goldstandard der Analytik
und liefert sehr sensitive und spezifische
Ergebnisse.
Einen kleinen Ausflug in die Parasitologie wollen wir unternehmen, da er eine
hohe Praxisrelevanz für den Hausarzt besitzt. Bei einer Infektion mit Enterobius
vermicularis (Madenwurm) wandern die
weiblichen Würmer aus dem Enddarm
und setzen am After ihre Eier frei, aus
denen sich infektiöse Larven entwickeln.
Ein Madenwurmbefall äußert sich durch
starken Juckreiz am After (insbesondere
Der Allgemeinarzt 4/2013
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Praktische Tipps für die Blutabnahme, Abnahmebedingungen und Probentransport
Übertriebene sportliche Betätigung oder Stress bitte vermeiden. Lassen Sie den Patienten 5 – 10 min zur Ruhe kommen und
entnehmen Sie Blut immer entweder im Liegen oder im Sitzen.
Beim Vergleich von Vorwerten achten Sie bitte darauf, dass Sie
dem Patienten möglichst zu einer vergleichbaren Zeit Blut abnehmen. Selbstverständlich gilt hier die Faustregel, dass Veränderungen zwischen zwei Messungen mit einer Abweichung von
5 – 10 % keinen Trend erkennen lassen, sondern durch weitere
Messwerte für eine valide Aussage ergänzt werden müssen.
Lange Stauungszeit und „Pumpen“ mit der Hand sollte prinzipiell vermieden werden.
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Welche einfachen Regeln sind bei der Blutentnahme
einzuhalten?
Nehmen Sie sich Zeit und ertasten Sie die Venenverhältnisse.
Informieren Sie den Patienten über Ihren Eindruck einer „schwierigen“ Entnahmesituation. Fragen Sie, ob bei vorangegangenen
Blutentnahmen sich eine Punktionsstelle als günstig herausgestellt hat. Sofern der Patient aufgeklärt ist und auf einen möglichen zweiten Versuch vorbereitet ist, wird er Ihnen auch einen
zweiten Punktionsversuch zubilligen.
40 %. Es versteht sich von selbst, dass Vitamine nicht nach der
Einnahme von Vitaminen bestimmt werden können. In jedem
Fall sollte die aktuelle Medikation mitgeteilt werden. Das Labor
berücksichtigt solche Hinweise bei der Befunderstellung gerne
und hilft Ihnen, eine entsprechende klinische Einschätzung vorzunehmen. Eine zum Beispiel mehrwöchige Fastenzeit reduziert
die Konzentration von Albumin und der Gamma-GT, aber führt
auch zur Steigerung zum Beispiel des Leberenzyms wie der GOT
oder des Kreatinins um 20 – 30 %. Eiweißreiche Nahrung erhöht
die Konzentration von Harnstoff, Harnsäure und Phosphat noch
am darauffolgenden Tag deutlich.
Welche Werte sind kritisch, wenn das Labor die Proben
nicht zeitnah abholt?
Welche Transportbedingungen müssen erfüllt sein bei
einem heißen Sommertag oder im Winter?
Proben zur Bestimmung von Gerinnungswerten sollten prinzipiell
das Labor innerhalb von vier Stunden erreichen. Unter Umständen
lohnt es sich, für eine orientierende Untersuchung ein Gerinnungsmesssystem, das Patienten auch für die Selbstkontrolle einsetzen, beim Hausbesuch mitzuführen. Probengefäße mit EDTAund Citratzusätzen sollten nach der Entnahme immer gleichmäßig
mehrfach geschwenkt werden. Moderne automatisierte Hämatologieanalysatoren ermöglichen eine verlässliche Messung bis zu
24 Stunden nach der Entnahme. Vollblutentnahmen zum Zweck
der Serumgewinnung sollten zunächst bei Raumtemperatur gerinnen und können über Nacht im Anschluss im Kühlschrank gelagert
werden. Sofern das Labor Serummonovetten mit Trenngel zur Verfügung stellt, lohnt sich unter Umständen der Einsatz einer kleinen
Zentrifuge. Durch zehnminütige Zentrifugation bei 3 000 g wird
das Serum vom Blutkuchen dauerhaft getrennt und kann pro­
blemlos auch mehrere Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
In jedem Fall lohnt es sich, eine haushaltsübliche Thermobox
mit sich zu führen. An besonders heißen Tagen sollten Kühlakkus in der Kiste mitgeführt werden. Dabei ist zu beachten,
dass die Proben nicht am Akku „anfrieren“. Ein Haushaltshandtuch oder ein vergleichbarer Schutz zwischen Probe und
Kühlakku hilft, die Proben zu schützen. Selbstverständlich gilt
in strengen Wintern umgekehrt der Probenschutz in die andere Richtung. Bitte beachten Sie, dass in der Bundesrepublik
Deutschland der Transport von medizinischen Proben gesetzlich geregelt ist. Um bei einem Unfall das Auslaufen der Proben zu verhindern, ist eine Umverpackung vorgeschrieben.
Fragen Sie Ihr Labor. Geeignete Probentüten mit Zweikammersystem für den Anforderungsschein auf der einen Seite
und für die Probe auf der anderen Seite sind sehr hilfreich,
Proben sicher zu transportieren.
Was ist zu tun bei schwierigen Venenverhältnissen?
Wann sollten Medikamentenspiegel bestimmt werden?
Bei welchen Analysen muss der Patient nüchtern sein
und was bedeutet eigentlich nüchtern?
Strenge Nahrungskarenz ist nur bei der Analyse des Fettgehalts,
des Kalzium- und des Knochenstoffwechsels sowie bei einzelnen
Funktionstests zwingend notwendig. Ein leichtes Frühstück stellt
zum Beispiel kein Problem dar. In der Regel sollten die Patienten
12 – 24 h nicht übermäßig Nahrung aufgenommen und mindestens 24 h keinen Alkohol konsumiert haben. Eine Abnahme
nach unmittelbar vorangegangenem Tabakkonsum verbietet
sich. Sichergestellt werden sollte auch der Verzicht auf stark
koffeinhaltige Warm- und Kaltgetränke. Exzessiv eingenommenes Koffein erhöht die Konzentration von Kortisol um mehr als
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Grundsätzlich sollte Blut immer im Talspiegel abgenommen werden, also immer vor der nächsten oralen oder venösen Applikation. Das gilt für alle Medikationen gleichermaßen.
Beispiel Schilddrüsenmedikation: Beeinflusst die Gabe
von L-Thyroxin die TSH-Konzentration?
Die Einnahme von Thyroxinpräparaten reduziert die Konzen­
tration von TSH. Auch hier gilt die Mitteilung der Medikation an
das Labor. Bitte beachten Sie auch, dass TSH-Konzentrationen
unter Stress ansteigen und ein Maximum in den Abend- und
Nachtstunden erreichen sowie am Vormittag bis zur Mittagszeit
am niedrigsten sind.
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bei Kindern). Zur Diagnosestellung ist
ein mikroskopischer Nachweis dieser
Wurmeier im sogenannten Anal-Abklatsch-Präparat erforderlich. Die Probensammlung erfolgt, indem der Patient
morgens vor dem Waschen – am besten
noch „bettwarm“ – einen durchsichtigen
Klebestreifen auf die Anusöffnung klebt
und einige Minuten so still verharrt. Der
so präparierte Klebestreifen wird auf einem gläsernen Objektträger fixiert, den
der Patient vom Arzt zusammen mit
einer Schutzhülle erhält. Das Präparat
kann dann dem behandelnden Arzt zur
weiteren Diagnostik übergeben werden.
Molekularbiologische Untersuchungen
Prinzipiell gilt für jedes molekularbiologische Nachweisverfahren beim Verdacht auf eine Infektionserkrankung,
dass das Probengefäß vor der DNS- oder
RNS-Extraktion nicht für andere analytische Zwecke geöffnet werden darf.
Verunreinigungen der Probe durch verschleppte Erbsubstanz müssen unbedingt durch ein striktes Probenregime
vermieden werden.
Patientennahe Diagnostik (Point of Care
Testing = POCT)
Seit einigen Jahren haben sich wieder
labormedizinische Verfahren in Praxen
etabliert, die als sogenannte Patientennahe Diagnostik unmittelbar beim
Besuch des Patienten in der Praxis eine
verlässliche Ergebniserstellung zulassen.
Neben der Messung von Blutzucker- und
HbA1C-Werten und der Bestimmung von
Bei molekularbiologischen
Untersuchungen darf das Probengefäß vor der DNS-Extraktion nicht geöffnet werden.
Blutgasanalysen und Elektrolyten werden besonders Herzmarker (Troponin,
BNP), aber auch Entzündungsparameter
wie das C-reaktive Protein (CRP) und
einfache Gerinnungsuntersuchungen
als Streifentest oder Enzymimmunoassay mit Hilfe von kleinen Testsystemen durchgeführt und dokumentiert. Sofern diese Untersuchungen nicht nur
als orientierende Untersuchung eingesetzt werden, müssen die Richtlinien der
Bundesärztekammer für die Erstellung
www.allgemeinarzt-online.de labormedizinischer Untersuchungen
eingehalten werden.
Sofern es sich um Geräte handelt, die mit
einer elektronischen oder physikalischen
Prüfung ausgestattet sind, reicht es, pro
Kalenderwoche zwei Kontrollproben zu
analysieren und die Ergebnisse sowie deren Interpretation zu dokumentieren. Bei Testmethoden, die Mehrfachmessungen zulassen, müssen pro Tag (24 h) zwei
Kontrollproben mit unterschiedlichen
Konzentrationsbereichen analysiert
werden.
Nach Reagenzienwechsel, einem Gerätedefekt, einer Kalibration oder Eichung
ist eine Kontrollprobenmessung unbedingt erforderlich. Alle Maßnahmen
müssen darüber hinaus dokumentiert
werden. Vor allem die Ursache möglicher Abweichungen muss festgehalten
und behoben werden. Die zuständige
Aufsichtsbehörde kontrolliert zudem die
Einhaltung der Bedingungen. Sofern Sie
mit einem medizinischen Labor kooperieren und die Geräte an einer zentralen
Qualitätssoftware angeschlossen sind, ist
der Aufwand überschaubarer.
Die Bemühungen der diagnostischen
Industrie gehen aber in jedem Fall in
diese Richtung und es ist mit Sicherheit
sinnvoll, solche Verfahren zum Wohle
einer zeitnahen Diagnose und Therapieentscheidung in der Praxis einzusetzen.
In wenigen Jahren werden sowohl die
Geräte als auch die Testsysteme und
Softwarelösungen den hohen Anforderungen an die Qualitätssicherung
genügen [5]. Indikationsspezifische Laboruntersuchungen und Stufendiagnostik
Bevor Laboranalytik angefordert wird,
sollte über die Auswahl der Analysen bezogen auf die medizinische Fragestellung
nachgedacht werden. Leitlinien sind
zum Beispiel vom Institut für Medizinisches Wissensmanagement auf der Internetplattform der Arbeitsgemeinschaft
der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften e.V. (AWMF) publiziert [1]. In dieser Arbeitsgemeinschaft
haben sich zahlreiche Fachgesellschaften zusammengeschlossen.
Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), ebenfalls Mitglied in
der AWMF, beschäftigt sich seit 2006
mit der Erstellung diagnostischer Pfade
als Teil klinischer Pfade [2]. Die DGKL
schreibt auf der Webseite: „Ein diagnos-
Bei der Point-of-Care-Dia­
gnostik sind die Richtlinien zur
Erstellung labormedizinischer
Untersuchungen einzuhalten.
tischer Pfad beschreibt den gesamten
Prozess von der Testanforderung bis zur
Befundinterpretation sowohl inhaltlich
als auch zeitlich. Er beinhaltet Testindikationen (WAS) für medizinische Fragen
(WOFÜR), ergänzt durch die Angabe von
Zeitpunkten (WANN) und Begründungen
(WARUM).“
Die Kassenärztlichen Vereinigungen
planen, solche Pfade als verbindliche
Voraussetzung für die Anforderungen
von Laboranalytik in den Einheitlichen
Bewertungsmaßstab (EBM) zu integrieren. Daneben sollte eine sinnvolle Stufendiagnostik mit dem Auftragslabor
vereinbart werden. Zum Beispiel im Bereich der Schilddrüsen-, der Infektionsoder der Autoimmundiagnostik bieten
sich solche Entscheidungsbäume an,
die helfen, Patienten einer schnelleren
Diagnose und Therapie zuzuführen. In
wenigen Jahren werden solche Entscheidungshilfen sowohl in der Praxis-EDV
als auch in den Krankenhausinformationssystemen integraler Bestandteil sein.
Eine gute kompakte Übersicht über die
Zuordnung von Leitsymptomen zur Laboranalytik vermitteln zum Beispiel die
kompakten Nachschlagewerke [5, 6, 9, 10]
sowie eine wachsende Anzahl von „Apps“ Smartphones und Tablets.
für
▪
Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de/downloads
Interessenkonflikte: keine deklariert
Dr. rer. nat. Robert Lange
hospital Laborverbund
Brandenburg-Berlin GmbH
14109 Berlin
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