Fortbildung Robert Lange, Verena Jansen Laboruntersuchungen Den Zeitraum vor der Durchführung der eigentlichen Laboruntersuchungen bezeichnet man als präanalytische Phase oder einfach als Präanalytik. Hierbei gibt es zahlreiche mögliche Störfaktoren, die den gemessenen Wert verfälschen können und daher möglichst zu vermeiden sind. Worauf der Hausarzt achten muss und wo Fallstricke lauern, soll in dem folgenden Beitrag beschrieben werden. Die Fallstricke der Präanalytik Was mögliche Verfälschungen von Laborergebnissen angeht, so sind neben der patientenabhängigen Störgröße vor allem die Bedingungen bei der Entnahme der Probe, die Lagerung nach der Abnahme und der Transport in das Laboratorium zu nennen. Es wird zudem immer wichtiger, eine Laboruntersuchung leitlinienkonform [1] und im Zusammenhang mit der Indikation anzufordern und mit dem Labor verbindliche Stufenverfahren [2] zu vereinbaren. Des Weiteren sollte überlegt werden, welche Verfahren für die Bewertung von Akutsituationen in der Praxis unter qualitätsgesicherten Rahmenbedingungen sinnvoll vorgehalten werden können [6]. 50 Der Allgemeinarzt 4/2013 Mauritius Bedingungen bei der Probengewinnung Was patientenabhängige Störgrößen angeht, so sind die folgenden Merkmale zu beachten: •• Geschlecht •• Alter •• Ethnische Zugehörigkeit •• Schwangerschaft •• Ernährungszustand •• Dauerhafter Aufenthaltsort •• Menge an genossenem Alkohol/Nikotin, möglicher Drogenkonsum •• Einnahme von Medikamenten www.allgemeinarzt-online.de Fortbildung •• Einfluss saisonaler und zirkadianer Schwankungen •• Lage des Körpers bei der Blutabnahme •• Trainingszustand •• Vorangegangene körperliche Belastung Science Photo Library Nicht zu vernachlässigen ist vor allem bei der Beurteilung relevanter Verlaufs­ parameter der Zeitpunkt der Blutabnah­ me. Im Laufe des Tages beeinflussen zirkadiane Rhythmen vor allem viele klinisch-chemische Parameter sowie Störanfällige Parameter* •• Alkalische Phosphatase •• Elektrolyte (Chlorid, Kalium, Magnesium) •• Kreatinkinase, Kreatinin CK-MB •• Gamma-GT •• Glukose •• GOT (ASAT) •• Eisen •• LDH •• Saure Phosphatase •• Gesamtprotein •• Proteinelektrophorese •• Triglyzeride •• Schilddrüsenhormone *V erfälschungen durch Stauung, zu starkes Aspirieren, Schütteln oder zu starke Kühlung. Bei einigen Erkrankungen (Malaria, hämolytische Anämie) kann es zu einer In-vivo-Hämolyse kommen. Da freies Hämoglobin sehr schnell von Haptoglobin gebunden wird, hilft die Messung dieses Analyten, eine abgelaufene Hämolyse zu erkennen. ander vergleichen zu können, sollte bei allen Patienten entweder im Sitzen oder im Liegen die Vene punktiert werden. Entnahmetechnik und Fehlerquellen Achten Sie darauf, dass der Patient nicht mit der Faust „pumpt“. Sonst sind zum Teil deutliche Kaliumerhöhungen nachweisbar, die sicher zu einiger „Ver­ wirrung“ führen werden. Grundsätzlich geeignet zur Blutabnahme sind alle ober­ flächlich sichtbaren Venen im Bereich der Ellenbogenbeuge, des Unterarms und des Handrückens. Es empfiehlt sich, die Venen zu ertasten und nach einer maximalen Stauungszeit von 30 Sekunden das Blut zu entnehmen. Eine zu lange Stauung verursacht erhöhte Zellzahlen, Proteingesamtkonzentra­ tionen, Steigerungen des Lipidgehaltes sowie von Enzymen, Bilirubin und Eisen. Grundsätzlich steigen die Konzentra­ tionen aller an Proteine gebundenen Messgrößen wie zum Beispiel Gerin­ nungswerte. Übersicht 1 Hormone und Medikamentenspiegel. Medikamente sollten zum Beispiel im­ mer im Talspiegel bestimmt werden. Optimal sollten Blutentnahmen am Morgen zwischen 7 und 10 Uhr nüch­ tern durchgeführt werden. Falls das nicht möglich ist und Untersuchungen Blutentnahmen sollten möglichst morgens zwischen 7 und 10 Uhr erfolgen, bei Verlaufsuntersuchungen zumindest immer um dieselbe Zeit. im Verlauf notwendig werden, sollte zu­ mindest darauf geachtet werden, immer vergleichbare Blutabnahmezeitpunkte einzuhalten. Der Patient sollte sich zwei bis drei Tage vor der Blutentnahme mög­ lichst körperlich nicht verausgaben und auch nicht übermäßig Alkohol zu sich genommen haben. Um Werte mitein­ www.allgemeinarzt-online.de In Übersicht 1 ist dargestellt, welche Analysen durch eine zu intensive Stau­ ung, durch zu starkes Aspirieren oder Schütteln der Probe sowie durch zu starke Kühlung oder Überlagerung be­ einflusst werden. Die Hämolyse bei der Blutabnahme ver­ meiden Sie, indem Sie die Spritze sanft aufziehen. In der Regel ist das Vakuum von sich selbst füllenden Blutabnahme­ systemen schonend eingestellt. Achten Sie darauf, dass Ihnen das kooperieren­ de Labor nur Sicherheitskanülen für die Blutabnahme liefert. Diese verhindern unbeabsichtigte Nadelstichverletzungen wirkungsvoll und sind Stand der Tech­ nik. Die Untersuchungsmaterialien wer­ den in der in Übersicht 2 beschriebenen Reihenfolge abgenommen. Durch austretende Gewebsflüssigkeit bei der Punktion können sich vor allem Ge­ rinnungswerte verändern. Röhrchen mit Zusätzen werden immer nach der Ab­ nahme nativen Vollblutes abgenommen. Tipp: Stellen Sie sich die Röhrchen sor­ tiert pro Patient auf einem Probenstän­ der bereit. Lagerung und Beschriftung Röhrchen mit Zusätzen sollten nach der Abnahme mehrfach sanft geschwenkt werden, um eine gute Durchmischung der Probe mit den Antikoagulanzien zu ermöglichen. Nach der Entnahme soll­ ten die Proben in Ruhe 60 Minuten bei Raumtemperatur belassen werden. So­ fern für die Blutabnahme spezielle mit Gel versehene Monovetten eingesetzt werden, die nach einer Zentrifugation die Serumbestandteile von den zellulären Bestandteilen dauerhaft trennen, ist zu erwägen, eine Zentrifugation der Proben bereits in der Praxis durchzuführen. Zunehmend bieten Labors bei der An­ forderung den Ausdruck von Probeneti­ ketten an, die bereits präanalytische Hin­ weise und die eindeutige Identifikation der Probe zulassen. Sollten Sie noch mit klassischen Barcodeetiketten arbeiten, die eine Materialkodierung vorsehen, aber nicht den Namen, Vornamen und das Geburtsdatum des Patienten enthal­ ten, sollten die parallel abgenommenen Proben besonders sorgfältig etikettiert werden. Eine Zusammenfassung wichtiger Tipps für die Hausarztpraxis rund um die Blutabnahme finde Sie im Kasten auf S. 54. Abnahmereihenfolge von Untersuchungsmaterialien 1. Blutkulturen (immer ein Paar) 2. Vollblut 3. Citratblut 4. Heparinblut 5. EDTA-Blut 6. Na-Fluorid-Blut Übersicht 2 Der Allgemeinarzt 4/2013 51 Fortbildung Bei der Laboranforderung sollten immer die speziellen Verfahren und Methoden des jeweiligen Labors beachtet werden. Übersicht 3 zeigt, zu welchen präanalytischen Hinweisen für den Arzt inklusive Patientenaufklärung entsprechend akkreditierte Laboratorien laut DIN EN 15189 verpflichtet sind. Falls Sie unsicher sind, was Abnahmegefäße oder konkrete Abnahmebedingungen angeht, kontaktieren Sie das Labor. Erste Schritte im Labor Wenn die Probe das Labor erreicht hat, wird diese sofort oder unmittelbar nach einer notwendigen Zentrifugation von der Laborannahmekraft geprüft. Eine Unter- oder Überfüllung des Probengefäßes, die Farbe der Probe sowie ikterische Probenbeschaffenheit, Hämolyse, Trübungsgrad, Grad der Lipämie werden zu jeder Probe in der Labor-EDV vermerkt. In der Regel weist der Befund diese Verhältnisse und die daraus resultierenden Für die Suche nach morphologischen Konstellationen (z. B. Zylindern) ist der konzentrierte Morgenurin am geeignetsten. klinisch relevanten Störungen aus. Sofern die Probe aufgrund präanalytischer Bedingungen gar nicht sinnvoll untersucht werden kann, wird der Einsender umgehend informiert und das weitere Vorgehen verabredet. Bitte beachten Sie, dass es bei einigen Erkrankungen zu einer In-vivo-Hämolyse kommen kann, zum Beispiel bei Malaria oder einer hämolytischen Anämie. Da freies Hämoglobin sehr schnell von Haptoglobin gebunden wird, hilft die Messung dieses Analyten, eine abgelaufene Hämolyse zu erkennen. Bei nephrologischen oder rheumatologischen Fragestellungen, die sich vor allem an der Suche nach besonderen morphologischen Konstellationen wie „Zylindern“ oder Akanthozyten ausrichten, sollte mit dem Labor eine gesonder- Oftmals wird bei der Sichtung der eintreffenden Proben im Labor eine Trübung beobachtet, die durch eine Lipämie verursacht wird. In der Regel ist eine deutliche Erhöhung der Triglyzeride, bedingt durch eine vorangegangene Nahrungsaufnahme bzw. durch eine Fettstoffwechselstörung, die Ursache. Auch bereits bei der Einnahme eines normalen Frühstücks ohne „Eier und Speck“ kann es zu lipämischen Proben kommen. Sofern Parameter des Fettstoffwechsels bestimmt werden sollen, ist eine Blutabnahme mit der entsprechenden vorangegangenen zwölfstündigen Nahrungskarenz unabdingbar. Zum Nachweis von Triglyzeriden empfiehlt sich eine zwölfstündige Nahrungskarenz. Urindiagnostik Die Gewinnung einer Urinprobe unter klar definierten Bedingungen stellt nach wie vor eine große Herausforderung an die entnehmende Person dar. Da dies häufig der Patient selbst ist, der dann in der Folge die Probe aus einem Primärgefäß in ein Sekundärgefäß überführt, ist der entscheidende Schlüssel für den Erfolg der Diagnostik die einfache, praktikable Information an den Patienten, wie die Probe richtig zu entnehmen und „weiterzuverarbeiten“ ist (vgl. Kasten). Ein geeignetes Merkblatt stellt Ihnen das Labor in der Regel gerne zur Verfügung. te Abholung vereinbart werden. Dieser Urin sollte „warm“ und sehr zeitnah transportiert werden. Je konzentrierter der Urin für die Untersuchung vor allem von morphologischen Bestandteilen ist, umso stabiler sind die nachzuweisenden Urinkomponenten. Die erste Urinprobe am Morgen ist deshalb am geeignetsten für die Untersuchung. Eine Sonderstellung nimmt der Sammelurin ein. Dieser Urin wird über eine definierte Zeit unter Zusatz von Stabilisatoren gesammelt. Wichtig für die Auswertung ist die Dokumentation der Sammelzeit und Sammelmenge. Die Sammlung über 24 Stunden stellt die häufigste Methode dar. Die Probe ist während des gesamten Sammelvorgangs kühl und dunkel aufzubewahren. Die Trinkmenge des Patienten beträgt in der Regel 1,5 bis 2 Liter über 24 Stunden. Die Haltbarkeit der Analyte im Sammel­ urin beträgt bei 4 – 8 oC in der Regel ein bis zwei Tage. Viele Substanzen können bei -20o C über einen längeren Zeitpunkt Urinentnahme: Das sollte der Patient beachten Schuppelius Zunächst gilt es, eine kleine Menge Morgenurin in die Toilette abzulassen, um somit die Kontamination der Urethramündung durch diese gezielte „Spülung“ zu beseitigen. Die Hände sind vor und nach der Probengewinnung gründlich zu reinigen und nach dem Verwerfen der ersten Teilmenge ist der Urinbecher ungefähr zur Hälfte zu füllen. Es hat sich als praktisch erwiesen, die Primärprobe mit Hilfe einer speziellen Urinmonovette, die mit einem speziellen „Saugrüssel“ versehen ist, zu füllen. So kann der Transport der Probe in das Labor innerhalb einer Zeit von maximal zwei Stunden sicher und ohne Auslaufgefahr bewerkstelligt werden. An dieser Zeitvorgabe, die im Normalfall nur sehr selten bei der Versorgung im ambulanten Bereich eingehalten werden kann, zeigt sich deutlich, dass bereits in der Praxis entschieden werden muss, welche Untersuchung aus der Probe durchgeführt werden soll. Eine orientierende Harnwegsuntersuchung mit einem Streifentest sollte heute nicht mehr in ein Labor verschickt werden, sondern direkt vor Ort durchgeführt werden. Bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion sollte eine Untersuchung zum Nachweis von bakteriellen Erregern mit anschließender Resistenzbestimmung veranlasst werden. 52 Der Allgemeinarzt 4/2013 www.allgemeinarzt-online.de Fortbildung Was schreibt die DIN EN 15189 für präanalytische Maßnahmen vor? das ein Transportmedium enthält. Eine Ausnahme stellt der Nachweis von Bordetella pertussis, dem Erreger des Keuchhustens, dar. Dieser Nachweis wird mittels der sensitiven PolymeraseKettenreaktion erregerspezifischer DNS aus einem trockenen Abstrichtupfer geführt. Zur Entnahme von Abstrichmaterialien aus der Harnröhre stehen geschlechtsspezifische Systeme zur Verfügung, die das unterschiedliche Lumen der Entnahmeorte berücksichtigen. Fotolia •• Spezifische Anweisungen für die richtige Entnahme, Sammlung und Behandlung der Primärproben •• Dokumente zur Patientenaufklärung, insbesondere Infektionsstatus und Gendiagnostikgesetz •• Informationen zur Übergabe an den Patienten für die Vorbereitung einer Materialentnahme •• Informationen über die medizinische Indikation zur Untersuchung und deren Wertigkeit •• Verfahrensanweisungen zur Vorbereitung der Patienten und zur Durchführung der Entnahme •• Art und Umfang der Entnahme •• Zeitliche Festlegung der Entnahme, zum Beispiel bei einem Funktionstest •• Behandlung der Proben nach der Entnahme •• Lagerungs- und Transportbedingungen •• Kennzeichnung der Proben •• Dokumentation der entnehmenden Person •• Prinzipien für die Aufbewahrung der Proben und zeitliche Limitation der Bearbeitung der Probe •• Stufenprofile bei sich bedingender Analytik •• Transportbedingungen •• Zeitliche Abfolge der Ergebniserstellung, Interpretation und Rückinformation an den einsendenden Arzt •• Aufbewahrungsfristen der Untersuchungsmaterialien, um ggf. weitere indikationsrelevante Untersuchungen zu veranlassen Übersicht 3 mit Ausnahme von Porphyrinen und Immunglobulinen stabilisiert werden. Mikrobiologische Diagnostik Prinzipiell gelten einfache Grundregeln für die Anforderung und Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen. Die Proben sollten am vermuteten Infektionsort in ausreichender Menge gewonnen werden. Sie sollten in geeigneten, in der Regel industriesterilen Gefäßen aufgefangen und versendet werden. Die Gefäße sollten in geeigneten Umverpackungen auslaufsicher verschickt werden. Ohne eine Information des genauen Entnahmeortes, der Entnahmezeit sowie der Angabe, ob eine antibiotische Therapie eingeleitet wurde, sollte die Probe die Praxis nicht verlassen. Soll eine Harnwegsinfektion ausgeschlossen bzw. bestätigt werden, eignet sich nativer Urin am besten, der sowohl einer mikroskopischen Untersuchung als auch einem kulturellen Nachweis zugeführt werden kann. 5 – 10 ml reichen für eine Routineuntersuchung aus, mehr Probenmaterial wird für Pilzuntersuchungen (25 – 50 ml) oder zum Nachweis von Mykobakterien (100 – 200 ml) benötigt. Sogenannte Urintauchkulturen können ebenfalls eingesetzt werden, liefern aber nicht die eigentlich erforderliche www.allgemeinarzt-online.de Qualität für eine gute mikrobiologische Diagnostik. Falsch positive Befunde, die durch ungenügende präanalytische Bedingungen wie zum Beispiel zu lange Standzeiten der Proben verursacht werden, führen zu weiterer Analytik und möglicherweise zu ungerechtfertigten Therapien. Diese Situation sollte bei der Lage der Resistenzentwicklung unbedingt vermieden werden. Wichtig für den Untersucher sind in jedem Fall bei der Einsendung eine klare Fragestellung, die Angabe einer Medikation sowie des genauen Entnahmezeitpunkts. Abstriche Bevorzugt sollen Flüssigkeiten oder Gewebeteile (in physiologischer Kochsalzlösung eingebracht) zur Diagnostik eingeschickt werden. Sofern diese Materialien nicht zugänglich sind, eignen sich Abstriche aus der Peripherie einer Wunde oder ein Abstrich aus dem Bereich der vermuteten Infektion. Wichtig ist die Entscheidung, ob Viren oder Bakterien aus Abstrichmaterial nachgewiesen werden sollen. In der Regel werden Viren mit Hilfe eines trockenen Abstrichtupfers entnommen und Bakterien mit einem Abstrichsystem, Sputum eignet sich in der Regel nicht gut für eine aussagekräftige mikrobiologische Untersuchung. Besser sollte im Verdachtsfall auf die Gewinnung einer bronchoalveolären Lavage zurückgegriffen werden. Niemals sollte Sputum über einen längeren Zeitpunkt gesammelt werden. In jedem Fall sollte der Transport unter gekühlten Bedingungen erfolgen. Stuhlproben Stuhlproben sollten in einem speziellen Gefäß, das mit einem Löffel im Deckel ausgestattet ist, gesammelt werden. Der Einsatz des Löffels gewährleistet je nach Konsistenz des Stuhls eine ca. haselnussgroße Probe. In der Regel werden die Nachweise von Viren im Stuhl (Rota-, Adeno-, Noroviren) mittels PCR Zum Nachweis von Viren sollten trockene Tupfer, zum Nachweis von Bakterien mit Transportmedium getränkte Tupfer verwendet werden. durchgeführt. Diese Methodik ist mittlerweile der Goldstandard der Analytik und liefert sehr sensitive und spezifische Ergebnisse. Einen kleinen Ausflug in die Parasitologie wollen wir unternehmen, da er eine hohe Praxisrelevanz für den Hausarzt besitzt. Bei einer Infektion mit Enterobius vermicularis (Madenwurm) wandern die weiblichen Würmer aus dem Enddarm und setzen am After ihre Eier frei, aus denen sich infektiöse Larven entwickeln. Ein Madenwurmbefall äußert sich durch starken Juckreiz am After (insbesondere Der Allgemeinarzt 4/2013 53 Fortbildung Praktische Tipps für die Blutabnahme, Abnahmebedingungen und Probentransport Übertriebene sportliche Betätigung oder Stress bitte vermeiden. Lassen Sie den Patienten 5 – 10 min zur Ruhe kommen und entnehmen Sie Blut immer entweder im Liegen oder im Sitzen. Beim Vergleich von Vorwerten achten Sie bitte darauf, dass Sie dem Patienten möglichst zu einer vergleichbaren Zeit Blut abnehmen. Selbstverständlich gilt hier die Faustregel, dass Veränderungen zwischen zwei Messungen mit einer Abweichung von 5 – 10 % keinen Trend erkennen lassen, sondern durch weitere Messwerte für eine valide Aussage ergänzt werden müssen. Lange Stauungszeit und „Pumpen“ mit der Hand sollte prinzipiell vermieden werden. Fotolia Welche einfachen Regeln sind bei der Blutentnahme einzuhalten? Nehmen Sie sich Zeit und ertasten Sie die Venenverhältnisse. Informieren Sie den Patienten über Ihren Eindruck einer „schwierigen“ Entnahmesituation. Fragen Sie, ob bei vorangegangenen Blutentnahmen sich eine Punktionsstelle als günstig herausgestellt hat. Sofern der Patient aufgeklärt ist und auf einen möglichen zweiten Versuch vorbereitet ist, wird er Ihnen auch einen zweiten Punktionsversuch zubilligen. 40 %. Es versteht sich von selbst, dass Vitamine nicht nach der Einnahme von Vitaminen bestimmt werden können. In jedem Fall sollte die aktuelle Medikation mitgeteilt werden. Das Labor berücksichtigt solche Hinweise bei der Befunderstellung gerne und hilft Ihnen, eine entsprechende klinische Einschätzung vorzunehmen. Eine zum Beispiel mehrwöchige Fastenzeit reduziert die Konzentration von Albumin und der Gamma-GT, aber führt auch zur Steigerung zum Beispiel des Leberenzyms wie der GOT oder des Kreatinins um 20 – 30 %. Eiweißreiche Nahrung erhöht die Konzentration von Harnstoff, Harnsäure und Phosphat noch am darauffolgenden Tag deutlich. Welche Werte sind kritisch, wenn das Labor die Proben nicht zeitnah abholt? Welche Transportbedingungen müssen erfüllt sein bei einem heißen Sommertag oder im Winter? Proben zur Bestimmung von Gerinnungswerten sollten prinzipiell das Labor innerhalb von vier Stunden erreichen. Unter Umständen lohnt es sich, für eine orientierende Untersuchung ein Gerinnungsmesssystem, das Patienten auch für die Selbstkontrolle einsetzen, beim Hausbesuch mitzuführen. Probengefäße mit EDTAund Citratzusätzen sollten nach der Entnahme immer gleichmäßig mehrfach geschwenkt werden. Moderne automatisierte Hämatologieanalysatoren ermöglichen eine verlässliche Messung bis zu 24 Stunden nach der Entnahme. Vollblutentnahmen zum Zweck der Serumgewinnung sollten zunächst bei Raumtemperatur gerinnen und können über Nacht im Anschluss im Kühlschrank gelagert werden. Sofern das Labor Serummonovetten mit Trenngel zur Verfügung stellt, lohnt sich unter Umständen der Einsatz einer kleinen Zentrifuge. Durch zehnminütige Zentrifugation bei 3 000 g wird das Serum vom Blutkuchen dauerhaft getrennt und kann pro­ blemlos auch mehrere Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden. In jedem Fall lohnt es sich, eine haushaltsübliche Thermobox mit sich zu führen. An besonders heißen Tagen sollten Kühlakkus in der Kiste mitgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Proben nicht am Akku „anfrieren“. Ein Haushaltshandtuch oder ein vergleichbarer Schutz zwischen Probe und Kühlakku hilft, die Proben zu schützen. Selbstverständlich gilt in strengen Wintern umgekehrt der Probenschutz in die andere Richtung. Bitte beachten Sie, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Transport von medizinischen Proben gesetzlich geregelt ist. Um bei einem Unfall das Auslaufen der Proben zu verhindern, ist eine Umverpackung vorgeschrieben. Fragen Sie Ihr Labor. Geeignete Probentüten mit Zweikammersystem für den Anforderungsschein auf der einen Seite und für die Probe auf der anderen Seite sind sehr hilfreich, Proben sicher zu transportieren. Was ist zu tun bei schwierigen Venenverhältnissen? Wann sollten Medikamentenspiegel bestimmt werden? Bei welchen Analysen muss der Patient nüchtern sein und was bedeutet eigentlich nüchtern? Strenge Nahrungskarenz ist nur bei der Analyse des Fettgehalts, des Kalzium- und des Knochenstoffwechsels sowie bei einzelnen Funktionstests zwingend notwendig. Ein leichtes Frühstück stellt zum Beispiel kein Problem dar. In der Regel sollten die Patienten 12 – 24 h nicht übermäßig Nahrung aufgenommen und mindestens 24 h keinen Alkohol konsumiert haben. Eine Abnahme nach unmittelbar vorangegangenem Tabakkonsum verbietet sich. Sichergestellt werden sollte auch der Verzicht auf stark koffeinhaltige Warm- und Kaltgetränke. Exzessiv eingenommenes Koffein erhöht die Konzentration von Kortisol um mehr als 54 Der Allgemeinarzt 4/2013 Grundsätzlich sollte Blut immer im Talspiegel abgenommen werden, also immer vor der nächsten oralen oder venösen Applikation. Das gilt für alle Medikationen gleichermaßen. Beispiel Schilddrüsenmedikation: Beeinflusst die Gabe von L-Thyroxin die TSH-Konzentration? Die Einnahme von Thyroxinpräparaten reduziert die Konzen­ tration von TSH. Auch hier gilt die Mitteilung der Medikation an das Labor. Bitte beachten Sie auch, dass TSH-Konzentrationen unter Stress ansteigen und ein Maximum in den Abend- und Nachtstunden erreichen sowie am Vormittag bis zur Mittagszeit am niedrigsten sind. www.allgemeinarzt-online.de Fortbildung bei Kindern). Zur Diagnosestellung ist ein mikroskopischer Nachweis dieser Wurmeier im sogenannten Anal-Abklatsch-Präparat erforderlich. Die Probensammlung erfolgt, indem der Patient morgens vor dem Waschen – am besten noch „bettwarm“ – einen durchsichtigen Klebestreifen auf die Anusöffnung klebt und einige Minuten so still verharrt. Der so präparierte Klebestreifen wird auf einem gläsernen Objektträger fixiert, den der Patient vom Arzt zusammen mit einer Schutzhülle erhält. Das Präparat kann dann dem behandelnden Arzt zur weiteren Diagnostik übergeben werden. Molekularbiologische Untersuchungen Prinzipiell gilt für jedes molekularbiologische Nachweisverfahren beim Verdacht auf eine Infektionserkrankung, dass das Probengefäß vor der DNS- oder RNS-Extraktion nicht für andere analytische Zwecke geöffnet werden darf. Verunreinigungen der Probe durch verschleppte Erbsubstanz müssen unbedingt durch ein striktes Probenregime vermieden werden. Patientennahe Diagnostik (Point of Care Testing = POCT) Seit einigen Jahren haben sich wieder labormedizinische Verfahren in Praxen etabliert, die als sogenannte Patientennahe Diagnostik unmittelbar beim Besuch des Patienten in der Praxis eine verlässliche Ergebniserstellung zulassen. Neben der Messung von Blutzucker- und HbA1C-Werten und der Bestimmung von Bei molekularbiologischen Untersuchungen darf das Probengefäß vor der DNS-Extraktion nicht geöffnet werden. Blutgasanalysen und Elektrolyten werden besonders Herzmarker (Troponin, BNP), aber auch Entzündungsparameter wie das C-reaktive Protein (CRP) und einfache Gerinnungsuntersuchungen als Streifentest oder Enzymimmunoassay mit Hilfe von kleinen Testsystemen durchgeführt und dokumentiert. Sofern diese Untersuchungen nicht nur als orientierende Untersuchung eingesetzt werden, müssen die Richtlinien der Bundesärztekammer für die Erstellung www.allgemeinarzt-online.de labormedizinischer Untersuchungen eingehalten werden. Sofern es sich um Geräte handelt, die mit einer elektronischen oder physikalischen Prüfung ausgestattet sind, reicht es, pro Kalenderwoche zwei Kontrollproben zu analysieren und die Ergebnisse sowie deren Interpretation zu dokumentieren. Bei Testmethoden, die Mehrfachmessungen zulassen, müssen pro Tag (24 h) zwei Kontrollproben mit unterschiedlichen Konzentrationsbereichen analysiert werden. Nach Reagenzienwechsel, einem Gerätedefekt, einer Kalibration oder Eichung ist eine Kontrollprobenmessung unbedingt erforderlich. Alle Maßnahmen müssen darüber hinaus dokumentiert werden. Vor allem die Ursache möglicher Abweichungen muss festgehalten und behoben werden. Die zuständige Aufsichtsbehörde kontrolliert zudem die Einhaltung der Bedingungen. Sofern Sie mit einem medizinischen Labor kooperieren und die Geräte an einer zentralen Qualitätssoftware angeschlossen sind, ist der Aufwand überschaubarer. Die Bemühungen der diagnostischen Industrie gehen aber in jedem Fall in diese Richtung und es ist mit Sicherheit sinnvoll, solche Verfahren zum Wohle einer zeitnahen Diagnose und Therapieentscheidung in der Praxis einzusetzen. In wenigen Jahren werden sowohl die Geräte als auch die Testsysteme und Softwarelösungen den hohen Anforderungen an die Qualitätssicherung genügen [5]. Indikationsspezifische Laboruntersuchungen und Stufendiagnostik Bevor Laboranalytik angefordert wird, sollte über die Auswahl der Analysen bezogen auf die medizinische Fragestellung nachgedacht werden. Leitlinien sind zum Beispiel vom Institut für Medizinisches Wissensmanagement auf der Internetplattform der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) publiziert [1]. In dieser Arbeitsgemeinschaft haben sich zahlreiche Fachgesellschaften zusammengeschlossen. Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), ebenfalls Mitglied in der AWMF, beschäftigt sich seit 2006 mit der Erstellung diagnostischer Pfade als Teil klinischer Pfade [2]. Die DGKL schreibt auf der Webseite: „Ein diagnos- Bei der Point-of-Care-Dia­ gnostik sind die Richtlinien zur Erstellung labormedizinischer Untersuchungen einzuhalten. tischer Pfad beschreibt den gesamten Prozess von der Testanforderung bis zur Befundinterpretation sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Er beinhaltet Testindikationen (WAS) für medizinische Fragen (WOFÜR), ergänzt durch die Angabe von Zeitpunkten (WANN) und Begründungen (WARUM).“ Die Kassenärztlichen Vereinigungen planen, solche Pfade als verbindliche Voraussetzung für die Anforderungen von Laboranalytik in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zu integrieren. Daneben sollte eine sinnvolle Stufendiagnostik mit dem Auftragslabor vereinbart werden. Zum Beispiel im Bereich der Schilddrüsen-, der Infektionsoder der Autoimmundiagnostik bieten sich solche Entscheidungsbäume an, die helfen, Patienten einer schnelleren Diagnose und Therapie zuzuführen. In wenigen Jahren werden solche Entscheidungshilfen sowohl in der Praxis-EDV als auch in den Krankenhausinformationssystemen integraler Bestandteil sein. Eine gute kompakte Übersicht über die Zuordnung von Leitsymptomen zur Laboranalytik vermitteln zum Beispiel die kompakten Nachschlagewerke [5, 6, 9, 10] sowie eine wachsende Anzahl von „Apps“ Smartphones und Tablets. für ▪ Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de/downloads Interessenkonflikte: keine deklariert Dr. rer. nat. Robert Lange hospital Laborverbund Brandenburg-Berlin GmbH 14109 Berlin Der Allgemeinarzt 4/2013 55