Powered by Seiten-Adresse: https://www.biooekonomiebw.de/de/fachbeitrag/aktuell/fuer-effizientemethanproduktion-von-bakterien-lernen/ Für effiziente Methanproduktion von Bakterien lernen Seit 25 Jahren untersucht Professor Bernhard Schink an der Universität Konstanz verschiedene Aspekte des Zusammenspiels von gärenden Bakterien und methanogenen Archaeobakterien. Letztere verfügen über die einzigartige Fähigkeit, mit Energiemengen an der Untergrenze zur energetischen Nutzung Methan zu erzeugen. Die Arbeitsgruppe des Biologen will die Überlebensfähigkeit von Prokaryoten unter den schwierigen Bedingungen verstehen, denen sie in der Natur wie im nahen Bodensee ausgesetzt sind. Die Forschung an den zellulären aber zellkernlosen Lebewesen kann dazu beitragen, die bakterielle Methanproduktion in Biogasanlagen zu verbessern. 1 Professor Bernhard Schink erforscht an der Universität Konstanz methanerzeugende Bakterien und verbessert nachhaltig die energetische Biogasproduktion. © Universität Konstanz Mikroorganismen setzen hohe Mengen an Gasen frei, die nachträglich energetisch genutzt werden können. „Wenn man beim Schwimmen im Sommer durch das Ufersediment watet, steigen Bläschen auf, die dieselbe Zusammensetzung haben wie das Biogas aus BiogasReaktoren, nämlich circa 70 Prozent Methan und 30 Prozent Kohlendioxid“, verdeutlicht Professor Bernhard Schink. Der Biologe untersucht an der Universität Konstanz den anaeroben Abbau von organischen Stoffen. Die dafür verantwortlichen Mikroorganismen siedeln sich ein bis 20 Zentimeter tief im Sediment an und bauen zum Beispiel Pflanzenreste ab. Dabei setzen sie die Stoffe wie alle Lebewesen in den universellen biologischen Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) um und nutzen diesen für Wachstum und Stoffwechsel. Auch wenn anaerobe Bakterien in der Natur erst am Ende des Zerlegungszyklus stehen und aerobe Mikroorganismen für ihren Stoffwechsel mehr Energie zur Verfügung haben, sind sie für die energetische Biomassevergärung von essenzieller Bedeutung. Nur sie produzieren das energiereiche Methan, den zur Energiegewinnung nutzbaren Bestandteil von Biogas. Beim aeroben Abbau entsteht dagegen kein Methan. Vielmehr können Mikroorganismen mithilfe von Sauerstoff den Großteil der Energie nutzen, anstatt ihn in Form von Methan auszustoßen. Für viele anaerobe Bakterien ist Sauerstoff sogar toxisch, weshalb Biogas nur in sauerstofffreien Anlagen entstehen kann, wie der Biologe bekräftigt: „In unserem Labor müssen wir unsere Schützlinge unter striktem Sauerstoffausschluss handhaben, weshalb alle Nährlösungen von Sauerstoff befreit und durch Reduktionsmittel modifiziert werden müssen. Tatsächlich sind Zellbestandteile wie Enzyme, Coenzyme und Zwischenprodukte oft noch sehr viel empfindlicher gegenüber dem Sauerstoff als intakte Zellen.“ Prokaryoten als effektive Methanerzeuger Sein Hauptaugenmerk liegt auf Prokaryoten, winzigen zellulären aber zellkernlosen Lebensformen. „Prokaryoten umfassen klassische Bakterien und die sogenannten Archaea, zu denen auch die Methanbildner gehören“, erklärt der Experte. Sie kommen mit kleinsten Energiemengen von kaum mehr als 15 bis 20 kJ/mol aus, was etwa einem Drittel der Energie entspricht, die zum Synthetisieren eines ATP notwendig ist. Doch selbst diese Untergrenze für die energetische Nutzung wird von Bakterien nur schwerlich erreicht. Um überhaupt ATP synthetisieren zu können, schließen sie sich deshalb zusammen und tauschen Stoffwechselprodukte aus. „Durch Messung der Konzentrationen der beteiligten Zwischenprodukte war es uns möglich, die energetische Situation der beteiligten Partner exakt zu quantifizieren“, sagt Schink. Dieser sogenannten Syntrophie entspringen schließlich wenige ATPs, deren Energie sich die kooperierenden Mikroorganismen teilen müssen. Sie bewegen sich an der absoluten Untergrenze zur Lebensfähigkeit. Wie bislang bekannt ist, lässt sich die Effizienz des Substratumsatzes zu Biogas beispielsweise durch Zugabe von Spurenelementen wie Nickel oder Wolfram erhöhen. 2 Im Faulschlammreaktor der Konstanzer Kläranlage setzen Mikroorganismengemeinschaften abfällige Biomasse in Methan um. © Prof. Bernhard Schink Interaktion diverser Bakterien beim Substratabbau Der Abbau der Biomasse (hier Polymere) zu Methan und Kohlenstoffdioxid wird von verschiedenen Mikroorganismen in fünf Schritten getätigt. Dieser Prozess vollzieht sich in den meisten Gewässersedimenten in einer Tiefe von 1 bis 20 Zentimetern. © Prof. Bernhard Schink 3 „Die Bildung von Methan aus Biomasse vollzieht sich in einem vielschrittigen Prozess, an dem mindestens fünf verschiedene Organismengruppen beteiligt sind“, erklärt Schink. Die anaeroben Bakterien bauen in ihren natürlichen Lebensräumen bei der primären Gärung zunächst Polymere zu Monomeren ab und vergären diese schließlich zu Acetat, Wasserstoff und verschiedenen C1-Verbindungen (Ein-Kohlenstoff-Verbindungen). Im nächsten Schritt bedienen sich methanogene Archaea dieser Stoffe und setzen sie zu Methan und Kohlendioxid um. „Während die ersten Glieder der Abbaukette noch relativ vielseitig sind, sind die letzten ausschließlich auf ihre jeweilige Funktion zum Beispiel die Beta-Oxidation von Fettsäuren oder die Bildung von Methan spezialisiert“, merkt Schink an. Da bei den ersten Gärungen dieser Kette bereits der größte Teil der verfügbaren Energie freigesetzt wird, steht für die letztendliche Methanbildung dann nur noch ein kleiner Teil der Energie zur Verfügung. Bei der primären Gärung entstehen aber auch Fettsäuren , Alkohole, Lactat sowie Succinat. Diese Stoffe können nicht direkt zu Methan abgebaut werden, sondern müssen über den Zwischenschritt der sekundären Gärung von klassischen anaeroben Bakterien erst zu Acetat, Wasserstoff und C1-Verbindungen abgebaut werden. Erst letztere können von den entsprechenden Gärern zu Methan umgewandelt werden. „Wir haben nachweisen können, dass der Transportweg für diese Zwischenprodukte vom Produzenten zum Konsumenten einen deutlichen Einfluss auf die Umsatzkinetik hat“, sagt Schink. Weitere Erkenntnisse seiner Arbeitsgruppe sollten die Methanausbeute in Zukunft erhöhen können und somit eine optimale Nutzung der Rohstoffe gewährleisten. 4 Fachbeitrag 14.05.2012 Alexander Lipinski BioLAGO © BIOPRO Baden-Württemberg GmbH Weitere Informationen Prof. Dr. Bernhard Schink Fachbereich Biologie Universität Konstanz Universitätsstraße 10 78457 Konstanz Tel.: 07531/ 882140 E-Mail: Bernhard.Schink(at)uni-konstanz.de Der Fachbeitrag ist Teil folgender Dossiers Biogas – die Energie der Zukunft? 5