Vipera ammodytes

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Vipera ammodytes: von abnormen
Vipern und Hybriden
Text und Fotos von Mario Schweiger
Im gesamten natürlichen Verbreitungsgebiet
der Europäischen Hornotter (Hornviper), Vipera ammodytes, aber
auch in bewusst ausgesetzten Populationen dieser Art, wurden und werden immer wieder Tiere gefunden, die vom bekannten Erscheinungsbild mehr oder weniger deutlich abweichen. Die Aberrationen beziehen sich vor allem auf den
Hornaufbau und die Größe der Nasenprotuberanz, auf das Vorhandensein einzelner oder mehrerer größerer Kopfschuppen und auf die Anzahl der Reihen Subocularschilde. Aber auch das Rückenband
(Anzahl der Bandzacken) dieser abnormen Vipern – möglichen Hybriden mit
Aspisvipern (V. aspis) oder Kreuzottern
(V. berus) – kann vom gewöhnlichen
Muster der Europäischen Hornotter stark
abweichen. Besonders im nördlichsten
Verbreitungsgebiet von V. ammodytes, in
Kärnten und in der Steiermark, wurden
sogar schon Schwärzlinge gefunden
(KÜNZL 2002), die auch anderweitig von
typischen Hornottern abwichen.
Obwohl oft vieles dafür spricht, kann
bei keinem dieser in der freien Natur angetroffenen Exemplare mit einer derartigen Abweichung allerdings tatsächlich
mit 100%iger Sicherheit auf einen echten
Hybriden zwischen V. ammodytes und einer der beiden anderen Vipernarten geschlossen werden. Über einige solcher
Tiere, die in Österreich und der Schweiz
Vipera ammodytes ammodytes aus Pfatten, Südtirol, Vater der im Text genannten Hybriden
Foto: M. Schweiger
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sowie in Italien, Bulgarien, Bosnien,
Rumänien und Slowenien aufgefunden
wurden, möchte ich nun berichten.
Die „Balkan-Aspisviper“
Die bekanntesten von der Norm abweichenden Individuen der Europäischen
Hornviper stammen aus Bosnien und Bulgarien. Nach einem bei Harmanli in Südost-Bulgarien aufgefundenen weiblichen
Exemplar wurde vor Jahren sogar schon
eine eigene Unterart der Aspisviper beschrieben, Vipera aspis balcanica BURESH
& ZONKOV, 1934 („Balkan-Aspisviper“).
Am Fundort des Typusexemplars kommt
nach Aussagen mehrerer kundiger Personen allerdings nur V. ammodytes vor –
und da Harmanli in der Thrakischen Tiefebene nur auf rund 200 m ü. NN liegt, in
einem für Kreuz- und Wiesenottern eher
ungeeigneten Lebensraum, darf ebenfalls
angenommen werden, dass diese „V. aspis balcanica“ kein Hybride ist. Ich vertrete hier strikt die Ansicht, dass es sich
bei diesem Tier – wenn der Fundort wirklich korrekt ist – um eine atavistische
(mit ursprünglichen Merkmalen versehene) Hornotter handelt und keineswegs
um eine Aspisviper. Dies aus folgenden
Gründen:
1) Es ist höchst unwahrscheinlich, dass
hier gerade das letzte überlebende Exemplar einer im Aussterben begriffenen Viper gefunden wurde.
2) Reste des Frontale (Stirnschild), eines
der vermeintlichen Merkmale der BalkanAspisviper, kommen durchaus auch bei
„normalen“ V. ammodytes vor.
3) Auch V. ammodytes besitzt einen Canthus (Schnauzenkante).
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Die Zeichnung des Typusexemplars der
Balkan-Aspisviper kann als intermediär
zwischen dem Muster von V. berus bosniensis (aber auch V. aspis) und V. ammodytes bezeichnet werden.
Der zweite Museumsbeleg dieser vermeintlichen Aspisvipern-Unterart besitzt
im Gegensatz dazu eine der Bosnischen
Kreuzotter (V. berus bosniensis) ähnliche
Zeichnung. Dieses Exemplar weist als
Fundortangabe lediglich Bulgarien auf,
doch laut BURESH & BESHKOV (1965) wurde in seinem Magen eine Kurzohrmaus
(Pitymys subterraneus) gefunden; dies
wiederum lässt auf einen Fundort in den
Gebirgen West-Bulgariens schließen und
macht somit einen Hybriden mit V. b.
bosniensis wahrscheinlich.
Holotypus von Vipera aspis balcanica; Rückenband durch dunkle Umrandung optisch hervorgehoben Foto: P. Balej
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Hornlose Vipera ammodytes sp. aus Bulgarien (unbekannter Fundort) – oder doch ein Hybride?
Foto: A. Stojanov
Das dritte bekannte Exemplar der „Balkan-Aspisviper“ stammt von der Gola Jahorina in Bosnien. Im Gegensatz zu den
beiden bulgarischen Vipern besitzt dieses
Tier tatsächlich eine für Aspisvipern typische Rückenzeichnung. Da in diesem Gebiet und in diesen Höhenlagen neben V.
ammodytes aber auch die Bosnische
Kreuzotter vorkommt, ist ein Bastard mit
eben dieser Vipernart nicht auszuschließen. Mit 153 Bauchschilden, 42 Paaren
Unterschwanzschilde und 23 Reihen Rückenschuppen liegen die Beschuppungsmerkmale allerdings im normalen Spektrum für V. ammodytes in diesem Gebiet.
Unter den bulgarischen Herpetologen
wird trotz allem meist dennoch die Ansicht vertreten, dass es sich bei diesen abweichenden Vipern tatsächlich um Vertreter von V. aspis handelt.
Andrei STOJANOV (pers. Mitt.) und seine
Kollegen fanden in Bulgarien in letzter
Zeit immer wieder abnorme, hornlose V.
ammodytes. Sie sind bei diesen Tieren
der Meinung, dass es sich um seltene
Morphen der Hornotter, nicht aber um
Arthybriden handelt. Das hier abgebildete Tier weist allerdings Kennzeichen sowohl von V. ammodytes als auch der Balkan-Kreuzotter auf: Auf Vipera-berus-bosniensis-Gene deuten die Zeichnung der
Kopfoberseite (ein nach hinten offenes V,
welches nicht mit dem Rückenband verbunden ist), die nur unvollständig ausgebildete zweite Subocularreihe und das
Rückenband, das besonders im Halsbereich und im letzten Körperdrittel sehr
starke Anklänge an das Muster von V. b.
bosniensis zeigt. Da es sich um ein Tier
aus einer Privatsammlung handelt, ist der
genaue Fundort nicht mehr eruierbar,
und leider besitze ich von ihm auch keine
Pholidosewerte, sodass es nicht direkt mit
der „Balkan-Aspisviper“ verglichen werden kann. Dieses Exemplar zeigt aber unbestreitbar eine verblüffende Ähnlichkeit
mit dem bei BURESH & ZONKOV (1934) abgebildeten Typusexemplar.
Hybriden mit Kreuzottern
Obwohl viele Herpetologen (und auch
ich selbst) die Existenz von Hybriden zwischen der Europäischen Hornotter (Vipera ammodytes) und der Kreuzotter (V. berus) lange bezweifelt haben (BIELLA
1983a; SCHWEIGER 1992), scheint eine
Kreuzung der beiden Arten durchaus
möglich zu sein (ZAPF 1969). So sind mir
mittlerweile sehr alte Hybriden zwischen
V. ammodytes und V. berus bekannt, die
noch vom verstorbenen Gregor WALLNER,
dem Namensgeber der inzwischen nicht
mehr anerkannten Hornvipern-Unterart
„gregorwallneri“, gezüchtet wurden.
Laut Aussagen des Sohnes, Alfred WALLNER, scheinen diese Tiere allerdings fast
steril zu sein. Nur ausnahmsweise gelang
ihre Weiterzucht.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Fund einer schwarzen Viper durch KÜNZL (2002). Der mutmaßliche Hybride zeigte zwar Merkmale beider möglicher Elternarten, doch ergaben
genetische Untersuchungen (mitochondriale DNA) von Werner MAYER (Naturhistorisches Museum Wien) nur, dass das
Muttertier eine V. ammodytes gewesen
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Terrarienaufnahme eines hypothetischen Hybriden aus Transsylvanien Foto: B. Halpern
sein musste – somit wäre theoretisch
auch eine atavistische Hornviper denkbar. Dagegen spricht aber vor allem die
Färbung, denn „reinrassige“ einfarbig
schwarze Hornvipern sind im gesamten
Alpenraum – und auch um einiges weiter
südlich – bisher unbekannt.
Weitere hypothetische Hybriden mit
Kreuzottern wurden auch in Rumänien
gefunden. Bereits 1992 publizierte der
Herpetologe Ioan GHIRA Daten über vom
allgemeinen Typus abweichende V. a.
ammodytes aus Transsylvanien, nachdem
er schon auf dem internationalen Kongress der SEH im Jahre 1991 in Budapest
ein lebendes Exemplar gezeigt hatte
(GHIRA 1992). Diese Viper, die wir hier
nebenstehend abbilden, besitzt ein stark
reduziertes Nasenhorn, auch die beiden
Reihen Subocularschilde sind nicht vollständig ausgebildet.
Seitdem wurden im Norden Rumäniens immer wieder ähnliche (fast) hornlose V. ammodytes gefunden. Besonders
das hier ebenfalls abgebildete, erst kürzlich entdeckte Tier hat eine nur leicht
aufgeworfene Schnauze und erinnert
auch von der Kopfbeschuppung her sehr
stark an V. aspis. Das Rückenband lässt
keine Anklänge an das Muster von V. b.
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Porträt des möglichen Hybriden aus Transsylvanien Foto: B. Halpern
Vipera a. ammodytes aus dem rumänischen Deva (auf der SEH-Tagung in Budapest 1991 von I. GHIRA
gezeigtes Exemplar) Foto: M. Schweiger
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bosniensis erkennen, doch ohne genetische Untersuchungen (anhand von KernDNA) kann auch in diesem Fall die Hybridisierung nicht sicher angenommen werden – es könnte sich durchaus um eine
atavistische Hornotter handeln.
Hybriden mit Aspisvipern
Ganz anders sieht es mit Hybriden zwischen der Hornviper (V. ammodytes) und
der Aspisviper (V. aspis) mit ihren Unterarten aus; es gibt mehrere Publikationen,
in denen von Kreuzungen zwischen diesen beiden Arten berichtet wird (z. B.
OBERMAYER 1967; FAORO 1986). Ebenso
wurden auch schon vereinzelte „Naturhybriden“ bekannt, z. B. aus dem Bozener Talkessel. Da diese Tiere sehr oft
Hornvipern zum Verwechseln ähnlich sehen, darf man sogar von einem häufigen
„Übersehen“ solcher Bastarde ausgehen.
Der Herpetologe Griša Planinc fotografierte im August 2007 in der Nähe von
Kobarid, Slowenien, eine Viper, bei der es
sich eindeutig um einen solchen Hybriden handeln sollte. In direkter Umgebung
des Fundortes kommen alle drei in WestSlowenien verbreiteten Vipernarten vor.
Und in der Tat weist das männliche Tier
entsprechende Kennzeichen aller möglichen Elternarten, V. berus bzw. V. aspis
und V. ammodytes, auf. Im Gegensatz zu
meinen Nachzucht-Hybriden besitzt es jedoch ein sehr hohes Rostrale, das oben
nur durch sehr schmale Canthalia überragt wird.
Der bekannte Herpetologe Hans
SCHWEIZER hatte in den dreißiger und vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts in
der Schweiz mehrfach V. ammodytes in
V.-aspis-Populationen ausgesetzt, allerdings gibt es keine publizierten Erkenntnisse aus diesen „Experimenten“. Eine
kleine Anekdote hierzu jedoch am Rande: SCHWEIZER (1941) gab sich nämlich in
einem von ihm verfassten Artikel verblüfft, im Basler Jura unter einem Stein
auf eine V. ammodytes gestoßen zu sein.
In einer Fußnote zu diesem Beitrag erwähnt W. WOLTERSTORFF jedoch einen
Brief, in dem eben jener Hans SCHWEIZER
an WOLTERSTORFF geschrieben haben soll,
dort selbst schon juvenile V. ammodytes
ausgesetzt zu haben …
Hypothetischer Hybride aus West-Slowenien. Am Fundort oder in dessen unmittelbarer Umgebung
kommen drei Vipernarten vor: Vipera berus, V. aspis und V. ammodytes. Foto: G. Planinc
Porträt des hypothetischen Hybriden aus West-Slowenien Foto: G. Planinc
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Andererseits braucht man für derartige
Aktionen in der Schweiz gar nicht so lange zurückzublicken, denn noch in den
achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden im Berner
Oberland, in der Zentralschweiz, im Tessin und lokal auch im Schweizer Jura V.
ammodytes ausgesetzt. Zumindest an
zwei Standorten wurden danach Hybriden mit Aspisvipern nachgewiesen, die
offenbar unter natürlichen Bedingungen
entstanden sind. Noch Mitte der 1990erJahre wurden die letzten V. ammodytes
bzw. Hydriden zwischen den beiden Arten beobachtet (Andreas MEYER, pers.
Mitt.). Auch weitere Kollegen wie Konrad
MEBERT bestätigten mir, dass in der
Schweiz immer noch Hornottern vorkommen und Hybriden mit der Aspisviper gefunden werden können – Grégoire
Meier hat im Tessin erst vor kurzem einen solchen Hybriden gefunden und fotografiert.
Die Pontische Viper
Hybride zwischen Vipera ammodytes (ausgesetzt im Tessin) und Vipera aspis francisciredi
Foto: G. Meier
Porträt des Hybriden zwischen Vipera ammodytes und Vipera aspis francisciredi Foto: G. Meier
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Durchforstet man die einschlägige Literatur, stößt man immer wieder auf Publikationen, in denen von Vipern berichtet
wird, die auch Hybriden sein könnten. So
berichtet BIELLA (1983b) von einer atavistischen Hornviper aus Gori, Georgien (etwa 60 km nordwestlich der Hauptstadt
Tbilissi [Tiflis]). Da laut Autor in unmittelbarer Umgebung keine andere Vipernart
vorkommt, sollte es sich nach seiner Ansicht um eine zwar abweichend gebaute,
aber echte V. ammodytes transcaucasiana handeln. BILLING et al. (1990) diskutierten dieses Exemplar allerdings als die
von diesen Autoren selbst beschriebene
V. pontica BILLING, NILSON & SATTLER,
1990, die bis heute ausschließlich von ihren beiden Typusexemplaren bekannt ist.
Bei dem in BARAN & ATATÜR (1998) abgebildeten und von Türkozan & Joger bei
Duyguluköy-Ardeşen fotografierten Tier
handelt es sich jedenfalls eindeutig um
eine V. barani (JOGER, pers. Mittlg.).
In der Nähe des Fundortes der beiden
Typusexemplare von V. pontica leben
auch V. kaznakovi und V. a. transcaucasiana, eventuell sogar V. barani. Gegen eine Zugehörigkeit der Typusexemplare zu
V. barani sprechen allerdings die vollstän-
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Der lebende Holotypus von Vipera pontica Foto: M. Schweiger
dige Fragmentierung der Kopfschilde zu
Schuppen, die aufgeworfene, in einem
winzigen Hörnchen endende Schnauzenspitze und die Pigmentierung sowohl der
Kopfoberseite wie auch der Supralabialia.
Ebenso erscheint es unwahrscheinlich,
dass in einem so kleinen Gebiet vier Vipernarten mit sehr ähnlichen ökologischen Ansprüchen zusammen leben können. Vieles spricht daher dafür, dass es
sich bei V. pontica um Hybriden handelt.
Abschließend möchte ich aber noch einmal betonen, dass es sich bei der Bestimmung von in „freier Wildbahn“ aufgefundenen Tieren mit atavistischen oder mit
Hybrid-Merkmalen immer nur um Hypothesen handeln kann.
dreißig Minuten die Tiere wieder in ihre
Terrarien zurücksetzen wollte, fand ich
das Hornotternmännchen mit dem Aspisvipernweibchen in Kopula. Dies über-
raschte mich sehr, da Herbstpaarungen
zwar von Aspisvipern bekannt sind,
nicht aber von Hornottern.
Aufgrund dieses „Unfalls“ bewohnte
das Aspisvipernweibchen danach ein Terrarium in „Einzelhaft“, und nach der
Auswinterung im Frühjahr 1989 konnte
ich auch bald eine deutliche Zunahme
seines Körperumfanges feststellen. Im
Juli desselben Jahres gebar das Tier dann
sechs voll entwickelte, sich offensichtlich
in bestem Gesundheitszustand befindliche Jungvipern, drei Männchen und
drei Weibchen. Auf den ersten Blick war
zu erkennen, dass es sich keinesfalls um
echte Aspisvipern, sondern vielmehr um
Hybriden zwischen V. ammodytes und
V. aspis handelte. Sind die Eltern von
Hybriden bekannt, wird bei der Benennung der Hybriden der Vater an erster Stelle und die Mutter an zweiter
Stelle gereiht, in diesem Fall also: Vipera
ammodytes „ruffoi“ x Vipera aspis francisciredi.
Hybridmännchen (Vipera ammodytes „ruffoi“ x Vipera aspis francisciredi) Foto: M. Schweiger
Die „Entstehung“ meiner
Hybriden
Im Folgenden möchte ich nun über meine eigenen Erfahrungen mit Hybriden
zwischen Vipera ammodytes und V. aspis
berichten.
Während der spätsommerlichen Generalreinigung meiner Terrarien im Jahre
1988 setzte ich vorübergehend ein Männchen der heute nicht mehr anerkannten
Unterart V. ammodytes „ruffoi“ vom Mitterberg zusammen mit einem Pärchen V.
aspis francisciredi aus dem Umland von
Mezzocorona (beide Lokalitäten in Südtirol) in einem alten Kunstdünger-Kunststoff-Fass zusammen. Als ich nach rund
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Hybridweibchen (Vipera ammodytes „ruffoi“ x Vipera aspis francisciredi) Foto: M. Schweiger
Aufzucht der Hybridvipern
Ihre ersten Lebensmonate verbrachten
die Hybridenbabys in Kunstoff-Petboxen
der Größe 3. Die Aufzucht, Fütterung
und Überwinterung führte ich wie bei
meinen anderen Arten der Gattung Vipera sensu strictu (im engen Sinn) durch
(SCHWEIGER 2009). Im Sommer des ersten
Lebensjahres gab ich je ein Nachzuchtpärchen an befreundete Terrarianer mit
der Bitte ab, mir die Tiere wieder zu re-
Weiblicher Rückkreuzungshybride (Hybridmännchen x Vipera aspis francisciredi vom Gardasee) mit
ungewöhnlicher Zeichnung Foto: M. Schweiger
tournieren, falls sie verenden sollten. Leider fand dies in einem Fall bereits nach
wenigen Wochen statt, und auch das
zweite Pärchen überlebte nur etwas
mehr als ein Jahr. Diese Vipern befinden
sich nun als Museumsexemplare im Naturhistorischen Museum in Wien bzw. in
meiner privaten Sammlung.
Umso erfreulicher ist daher, dass ich
das zurückbehaltene Pärchen nun schon
seit fast zwanzig Jahren pflegen und sowohl die Fertilität untereinander als auch
bei Rückkreuzungen mit den Elternarten
„experimentell“ testen kann. Über diese
bereits ungefähr 15 Jahre andauernde
Zeitspanne möchte ich hier berichten.
Weiterzucht mit dem
Hybridpärchen
Seit ihrer Geschlechtsreife, welche unter
meinen Haltungsbedingungen bei den
Männchen meist im dritten, bei den
Weibchen im vierten Lebensjahr eintritt,
bewohnen die Vipern ein Terrarium mit
den Ausmaßen 90 x 60 x 70 cm (Länge x
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Breite x Höhe). Über die im Terrarium
herrschenden klimatischen Gegebenheiten und dessen Einrichtung habe ich bereits in meinem Hornotternbeitrag in
REPTILIA 76 berichtet (SCHWEIGER 2009).
Seit dem Frühjahr ihres fünften Lebensjahres kommt es fast jährlich zu Paarungen, sofern das Weibchen nicht für andere „Experimente“ vom Männchen getrennt lebt. Herbstliche Paarungen wurden bisher nie beobachtet und auch nicht
irgendwelche Aktivitäten, die auf eine
mögliche Herbstpaarung schließen lassen.
Seit dieser Zeit setzt das Weibchen nun
mehr oder weniger abwechselnd unbefruchtete Eier und (etwa jedes dritte Jahr)
bis zu acht verkrüppelte, meist totgeborene Jungvipern ab. Hin und wieder waren
auch schon ein oder zwei lebende F1-Hybriden dabei, die jedoch nach spätestens
einer Woche verstarben. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass eine Folgegeneration mit meinem Hybridpärchen nicht
möglich ist. FAORO (1986) konnte allerdings schon zwei Mal je ein anscheinend
gesundes männliches F1-Jungtier erzielen, zusammen mit verkrüppelten Jungvipern und unbefruchteten Eiern.
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Weiblicher Rückkreuzungshybride (Hybridmännchen x Vipera aspis francisciredi vom Gardasee) mit
deutlicher aspisvipernähnlicher Zeichnung Foto: M. Schweiger
Männlicher Rückkreuzungshybride (Hybridmännchen x Vipera aspis francisciredi vom Gardasee),
ebenfalls mit aspisvipernähnlicher Rückenzeichnung Foto: M. Schweiger
Rückkreuzung des Weibchens
mit Vipera ammodytes ssp.
Abwechselnd wurden verschiedene
Männchen von Vipera ammodytes der
beiden Unterarten ammodytes und meridionalis zu dem Hybridweibchen gesetzt.
Die Männchen kamen dabei entweder zu
dem Hybridpärchen ins Terrarium, oder
das Weibchen wurde nach der Winterruhe extra gesetzt. Doch einzig mein uraltes Männchen von V. a. meridionalis aus
der Gegend um Elassona (Griechenland)
interessierte sich für das Hybridweibchen, und es kam auch schon zwei Mal
zu Paarungen, soweit ich dies beobachten
konnte. Allerdings wurden in allen Fällen
im Sommer nur unbefruchtete Eier abgesetzt.
Rückkreuzung des Weibchens
mit Vipera aspis francisciredi
Mitte der neunziger Jahre erhielt ich ein
Männchen der Italienischen Aspisviper
(Vipera aspis francisciredi) aus dem
Raum Orbetello, Toskana. Da es sich um
ein Einzeltier handelte, verbrachte es
mehrere Jahre zusammen mit den Hybriden im selben Terrarium, doch konnte
ich niemals irgendwelche Aktivitäten feststellen, die auf eine mögliche Paarung
schließen ließen.
Obwohl natürlich festzuhalten bleibt,
dass sich auch innerhalb einer Art, ja
selbst innerhalb einer Population, manche Geschlechtspartner einfach „nicht
mögen“ können und es dann eben zu keinen Paarungen kommt, glaube ich nach
nun rund 15 Jahren, dass eine Rückkreu-
zung dieses Weibchens mit einer der beiden Elternarten einfach nicht möglich ist.
Auch eine lebensfähige F1-Generation bezweifle ich sehr, da bisher immer nur unbefruchtete Eier oder tote bzw. nicht lebensfähige Jungvipern geboren wurden.
Rückkreuzung des Männchens
mit Vipera ammodytes ssp.
Da ich immer wieder einzelne Hornvipernweibchen halte, die ich nicht mit
meinen populationsreinen Stämmen zusammensetzen möchte, leben diese im
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Terrarium mit den Hybriden zusammen.
Fast jährlich konnte ich schon Paarungen
mit dem Hybridmännchen beobachten,
doch wurden meist unbefruchtete Eier
abgesetzt; in zwei Fällen – mit demselben Tier – gebar das Weibchen nicht vollständig entwickelte, tote Jungtiere.
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Danksagung:
Ich möchte mich bei Andrej Stojanov für
die Bereitstellung von Literatur, bei Oguz
Türkozan und Ulrich Joger für ihre Aus-
künfte bezüglich der Vipera pontica von
Ardeşen und bei Griša Planinc, Grégoire
Meier, Petr Balej und Bálint Halpern für
das Bereitstellen ihrer Bilder bedanken.
Rückkreuzung des Männchens
mit Vipera aspis
Anfang der neunziger Jahre erhielt ich ein
juveniles Weibchen der Aspisviper, das an
den gardaseeseitigen Hängen des Monte
Baldo gefangen wurde. Nach einem Jahr
Pflege erreichte dieses Tier die Geschlechtsreife und wurde in das Terrarium
mit den Hybriden gesetzt. Obwohl ich
keinerlei Paarungsaktivitäten feststellen
konnte, gebar dieses Weibchen im Sommer 1995 sechs Jungtiere. Von einer Samenspeicherung kann abgesehen werden,
da diese Aspisviper zum Zeitpunkt ihres
Fanges ja noch nicht geschlechtsreif war.
Vier der Jungvipern sahen einer Aspisviper sehr ähnlich und könnten auf den
ersten Blick durchaus mit dieser verwechselt werden. Bei zwei der jungen Rückkreuzungshybriden war der Bastardcharakter sofort zu erkennen, eines dieser
Jungtiere wies eine Zeichnung auf, die
nichts mit jener der (Groß-)Elternarten zu
tun hatte – es könnte durchaus für eine
„neue Art“ gehalten werden.
Obwohl alle sechs Vipern äußerlich gesund und fit wirkten, gingen sie nur in
Ausnahmefällen ans Futter und mussten
großteils zwangsernährt werden. Im Laufe von 1–1,5 Jahren verstarben alle Tiere.
Sie waren bis zu ihrem Todeszeitpunkt
nur geringfügig gewachsen, denn die Geburtsgröße lag bei etwa 16–18 cm, und
keine der Vipern wurde länger als 30 cm.
Alle sechs Hybriden dieser Nachzucht befinden sich noch als Alkoholpräparate in
meiner privaten Sammlung.
Aufgrund meiner Kreuzungsversuche
gehe ich heute davon aus, dass im natürlichen Verbreitungsgebiet, wo Europäische Hornotter und Aspisviper zusammen auftreten, eine Vermischung zwischen beiden Arten durchaus möglich ist.
Es scheint allerdings, dass solche Hybriden nur sehr bedingt fertil sind und nach
einer Generation wieder verschwinden.
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Männlicher Rückkreuzungshybride (Hybridmännchen x Vipera aspis francisciredi vom Gardasee) mit
undeutlicher intermediärer Zeichnung Foto: M. Schweiger
Literatur:
BARAN, I. & M. ATATÜR (1998): Turkish herpetofauna (Amphibians and reptiles). – Republic
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BIELLA, H.-J. (1983a): Die Sandotter, Vipera
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Ziemsen, Wittenberg-Lutherstadt, 84 S.
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BILLING, H., G. NILSON & U. SATTLER (1990):
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BURESH, I. & ZONKOV (1934): Untersuchungen
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– Izv. Zool. Inst. Mus. Sofia 18: 5–30.
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SCHWEIGER, M. (1992): Die Europäische Hornotter Vipera ammodytes (LINNAEUS, 1758). Teil
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Herpetofauna 14(77): 11–22.
– (1992): Die Europäische Hornotter Vipera
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und Zucht. – Herpetofauna 14(78): 11–16.
– (2009): Haltung, Zucht und Aufzucht der
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REPTILIA 76: 26–33.
SCHWEIZER, H. (1941): Die Bastardform von Vipera aspis aspis mit Vipera ammodytes ammodytes. – Bl. Aquarien- und Terrarienkunde
52: 345–346.
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