5 Folgerungen aus den Hauptsätzen

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5.1
5.1.1
Folgerungen aus den Hauptsätzen
Fundamentalformen
Entropie und Volumen als unabhängige Variable
Nach dem II. HS gilt dQ = T dS, nach dem I. HS also
dU ≡ dQ + dW = T dS − pdV.
(130)
Eine kleine Wärmezufuhr ∆Q und eine kleine Arbeitsverrichtung ∆W an einem pV System führen also zu eindeutig bestimmten Veränderungen ∆S bzw. ∆V von Entropie
S und Volumen V des Systems,
∆Q ≈ T ∆S,
∆W ≈ −p∆V.
(131)
(Für hinreichend kleine |∆Q| und |∆W | sind diese Näherungen wieder beliebig genau.)
Auf diese Weise läßt sich jedes Wertepaar (S, V ) erreichen und somit die Energie als
Funktion U(S, V ) der unabhängigen Variablen S und V konstruieren, mit den partiellen
Ableitungen
∂U ∂U = T (S, V ),
= −p(S, V ).
(132)
∂S V
∂V S
5.1.2
Chemisches Potential
Bei gegebenen Werten von S und V hängt die Energie U eines chemisch reinen Systems
natürlich auch noch von der Stoffmenge n ab, U = U(S, V, n). Beim idealen Gas gilt etwa
V −2/f
S − ns f
0
.
(133)
exp 2
U(S, V, n) = nRT0
2
nv0
f nR
[Wir verwenden gleiche Symbole für verschiedene Funktionen U(S, V ) bzw. U(S, V, n)!]
Andererseits sind bei gegebener Stoffmenge n die Werte U, S, V aller extensiven Größen
durch ihre molaren Werte u := Un , s := Sn , v := Vn festgelegt. Dabei ist die molare Energie,
ebenso wie jede Intensitätsgröße, eine reine Funktion
1
1
u(s, v) = U(S, V )
= U(ns, nv)
(134)
n
n
S=ns,V =nv
der molaren Variable s und v, unabhängig von n. Beim idealen Gas gilt etwa
v −2/f
s−s f
0
.
exp 2
u(s, v) = RT0
2
v0
fR
36
(135)
Die partiellen Ableitungen von u(s, v) sind
∂u ∂u = T (s, v),
= −p(s, v).
∂s v
∂v s
[Wiederum sind T (s, v) und T (S, V ) strenggenommen verschieden Funktionen!]
(136)
Damit können wir schreiben
S V .
(137)
,
n n
Die partiellen Ableitungen dieser “erweiterten” Funktion nach S bzw. V sind also
∂U ∂U = T (S, V, n) = T (s, v),
= −p(S, V, n) = −p(s, v).
(138)
∂S V,n
∂V S,n
Die partielle Ableitung nach n heißt das chemische Potential,
∂U =: µ(S, V, n) = µ(s, v).
(139)
∂n S,V
Dieses ist, wie Temperatur T und Druck p, eine Intensitätsgröße, der allerdings vorerst
keine anschauliche Bedeutung zukommt. Beim idealen Gas erhalten wir aus Gl. (133)
U(S, V, n) = n u
µ(S, V, n) = u +
2
−s0 f nR − (S − ns0 )f R
u−U ·2
= u + pv − T s,
f
(f nR)2
da beim idealen Gas u = f2 RT ≡ f2 pv ist. Das Ergebnis ist aber allgemein gültig,
S
S V V ∂
= u + nT · − 2 − np · − 2 = u − T s + pv.
nu ,
µ(S, V, n) =
∂n
n n
n
n
(140)
(141)
Die Stoffmenge n ist äquivalent zur Teilchenzahl N = NA n, mit der Avogadrokonstante
NA = 6.022 × 1023 mol−1 .
(142)
Dabei gilt nR = NkB , mit der Boltzmannkonstante
kB = ... JK−1 .
5.1.3
(143)
Die fundamentalen Variablen
Fassen wir neben den extensiven Größen S, V und n die intensiven Größen T , p und µ
als fundamentale Variable auf, so kommt der Funktion U(S, V, n) besondere Bedeutung
zu, da ihre partiellen Ableitungen gerade die beasgten Intensitätsgrößen liefern,
∂U ∂U ∂U = T (S, V, n),
= −p(S, V, n),
= µ(S, V, n). (144)
∂S V,n
∂V S,n
∂n S,V
Man nennt daher die Funktion U(S, V, n) eine thd. Fundamentalform oder, äquivalent,
ein thd. Potential. Schreibt man die Energie U dagegen als Funktion anderer Variablen,
etwa U = f (T, V, n), so geht diese Eigenschaft verloren, wie wir gleich sehen werden.
37
5.2
Verallgemeinerung des Entropieprinzips
Nach dem Entropieprinzip (2. Teil des II. HS) kann die Entropie eines isolierten Systems
nicht abnehmen. In den meisten Fällen ist aber das interessierende System nicht isoliert.
5.2.1
Nicht-isolierte Systeme
Als wichtigstes Beispiel betrachten wir ein System Σ , das durch thermischen Kontakt mit
einem Wärmereservoir Σ ′ auf konstanter Temperatur T und durch mechanischen Kontakt
mit einem Volumenreservoir Σ ′′ auf konstantem Druck p gehalten wird. Man denke wieder
an ein Gas, das in ein vertikales Zylindergefäß mit beweglichem Kolben eingeschlossen ist.
Ein Gewichtstück auf dem Kolben garantiert konstanten Druck p; der metallene Zylinder
sei in Wasser der Temperatur T eingetaucht.
Wir wollen sehen, ob in Σ (bei konstanten T und p) ein Prozeß (etwa eine chemische
Reaktion oder eine Phasenumwandlung) ablaufen kann. Da das Gesamtsystem Σ ∪Σ ′ ∪Σ ′′
isoliert ist, gilt nach Entropieprinzip
∆S + ∆S ′ + ∆S ′′ ≥ 0.
(145)
Da das Volumenreservoir (Gewichtstück) keine Wärme austauscht, gilt ∆S ′′ = 0. Für das
Wärmereservoir gilt ∆S ′ = −∆Q
, wenn ∆Q die von Σ absorbierte Wärme ist,
T
∆S +
−∆Q
≥ 0.
T
(146)
Nach dem I. HS gilt ∆Q = ∆U − ∆W ≡ ∆U + p∆V , wobei ∆U und ∆V die Änderungen
von Energie bzw. Volumen des interessierenden Systems Σ sind,
∆S −
∆U + p∆V
≥0
T
⇔
∆G ≡ ∆(U − T S + pV ) ≤ 0,
(147)
mit der Gibbsschen Freien Enthalpie G := U − T S + pV von Σ . Obwohl also Σ kein
isoliertes System ist, liefert das Entropieprinzip eine Gleichgewichtsbedingung,
T, p = const :
∆G ≤ 0,
(148)
die ausschließlich Zustandsgrößen von Σ (und nicht solche von Σ ′ oder Σ ′′ ) enthält!
5.2.2
Stabilitätsbedingungen
...
38
5.3
5.3.1
Die thermodynamischen Potentiale
Helmholtzsche Freie Energie und Enthalpie
Aus dem Entropieprinzip (2. Teil des II. HS) lassen sich sog. thd. Stabilitätsbedingungen
herleiten,
∂2U ∂2U ∂T ∂p > 0,
−
< 0.
(149)
≡
≡
∂S 2 V,n
∂S V,n
∂V 2 S,n
∂V S,n
Die Funktionen T (S, V, n) und p(S, V, n) sind also bezüglich der Variablen S bzw. V
invertierbar,
S = S(T, V, n),
V = V (S, p, n).
(150)
Durch Legendre-Transformation (Abschnitt 5.3.2) definieren wir die Funktionen (“Freie
Energie” bzw. ”Enthalpie“)
F (T, V, n) := U S(T, V, n), V, n − T S(T, V, n),
(151)
H(S, p, n) := U S, V (S, p, n), n + pV (S, p, n)
(152)
und berechnen ihre partiellen Ableitungen. Die Kettenregel ergibt etwa
∂S ∂F ∂U ∂S =
− S(T, V, n) − T
= −S(T, V, n). (153)
∂T V,n
∂S V,n S=S(T,V,n) ∂T V,n
∂T V,n
{z
}
|
=T
Einfacher sieht man dies direkt am Differential,
dF = dU − d(T S) = (T dS − pdV + µdn) − (T dS + SdT )
= −SdT − pdV + µdn.
Daraus liest man sofort ab
∂F = −S,
∂T V,n
∂F ∂V
T,n
= −p,
∂F ∂n
T,V
= µ.
Auf entsprechende Weise findet man für die Funktion H(S, p, n) die Ableitungen
∂H ∂H ∂H = T,
= V,
= µ.
∂S p,n
∂p S,n
∂n S,p
(154)
(155)
(156)
Neben der Funktion U(S, V, n) sind also auch F (T, V, n) und H(S, p, n) thd. Potentiale.
F , H und G := U − T S + pV = G(T, p, n) sind extensive Größen. Die entsprechenden
molaren Größen haben (wie intensive Größen) nur zwei unabhängige Variable,
f (T, v) = u − T s,
h(s, p) = u + pv,
Ihre partiellen Ableitungen sind ...
39
g(T, p) = u − T s + pv
(157)
5.3.2
Legendre-Transformation
Gegeben sei eine Funktion U(S) und ihre Ableitung T (S) := U ′ (S). Diese sei invertierbar,
S = S(T ).
(158)
Wir definieren zwei neue Funktionen,
f (T ) := U(S(T )),
F (T ) := U(S(T )) − T · S(T ) ≡ f (T ) − T · S(T ).
(159)
Aus f (T ) läßt sich U(S) nicht eindeutig rekonstruieren, denn aus
U = f (U ′ (S)) = U(S)
(160)
folgt nur eine DGl 1. Ordnung für U(S),
U ′ (S) = f −1 (U(S)).
(161)
Deren Lösung U(S + C) enthält eine willkürliche Integrationskonstante C.
Bsp.: Für die Funktion U(S) = (S + C)2 , mit einer beliebigen Konstante C, finden wir
T (S) = 2(S + C) und S(T ) = 21 T − C, also
f (T ) ≡ U(S(T )) = (( 12 T − C) + C)2 = 41 T 2
(162)
Dagegen läßt sich aus F (T ) jedes Wertepaar (S, U) der ursprünglichen Funktion U(S)
rekonstruieren,
S = −F ′ (T )
⇒ U(S).
(163)
F (T ) ⇒
U = F (T ) + T · F ′ (T )
Anschaulich sieht man dies wie folgt: Im SU-Diagramm (S als x-Achse und U als y-Achse)
ist die Gerade mit Steigung a = T und y-Achsen-Abschnitt b = F (T ) eine Tangente an
den Graphen der Funktion U(S), denn
U −F
= T.
(164)
S
Aus der Funktion F (T ) lassen sich also alle Tangenten von U(S) konstruieren. Die
Einhüllende dieser Tangentenschar ist dann der Graph von U(S).
5.3.3
Maxwell-Relationen
Jedes Paar gemischter zweiter partrieller Ableitungen eines thd. Potentials ergibt eine
sog. Maxwell-Relation. Als Beispiel betrachten wir
∂S ∂p ∂ ∂F ∂ ∂F ≡−
=−
≡
.
(165)
∂V T,n
∂V ∂T V,n
∂T ∂V T,n
∂T V,n
40
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