DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE Ein Service von: ORF A-1040 Wien, Argentinierstraße 30a Tel.: (01) 50101/18381 Fax: (01) 50101/18806 Homepage: http://oe1.ORF.at Österreichische Apothekerkammer A-1091 Wien, Spitalgasse 31 Tel.: (01) 404 14-600 Fax: (01) 408 84 40 Homepage: www.apotheker.or.at Gesundheitsressort der Stadt Wien A-1082 Wien, Rathaus Homepage: www.wien.at RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 1 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT Die Sendung Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.03 bis 14.40 Uhr werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form aufgearbeitet und Ö1Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen. Wir über uns Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr. Christoph Leprich die Sendung. Das Redaktionsteam besteht aus Walter Gerischer-Landrock, Mag. Nora Kirchschlager, Dr. Doris Simhofer, Dr. Ronny Tekal-Teutscher und Dr. Christoph Leprich. Das Service Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice, das auf größtes Interesse gestoßen ist. Unter der Wiener Telefonnummer 50 100 ist „Der Radiodoktor“ mit Kurzinformationen zur aktuellen Sendung die ganze Woche per Tonband abrufbar. Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen komplettiert das Service und stellt in der Fülle der behandelten Themen eigentlich bereits ein kleines Medizin-Lexikon für den Laien dar. Die Partner Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: das Gesundheitsressort der Stadt Wien und die Österreichische Apothekerkammer. An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken! Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 2 HÜFTPROBLEME: MODERNE BEHANDLUNGSSTRATEGIEN Mit Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz 4. Oktober 2010, 14.03 Uhr, Ö1 Redaktion und Infomappe: Dr. Ronny Tekal-Teutscher RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 3 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS HÜFTPROBLEME: MODERNE BEHANDLUNGSSTRATEGIEN Neue Materialien für längere Haltbarkeit Hüftoperation als Folge von Stürzen Vorbereitung auf eine Operation Sofort aus dem Bett Viele Fragen an Ärzte und Therapeuten 5 5 5 5 6 6 DAS HÜFTGELENK Das abgenützte Hüftgelenk – die Coxarthrose Verletzungsbedingte Hüftschädigungen So äußert sich der Bruch Typische Bruchstellen Tipps zur Vermeidung von Brüchen Reparatur des Knochens: Osteosynthese Endoprothese in der Unfallchirurgie 6 7 7 7 8 8 9 9 DIE PROTHESE Materialien Mit und ohne Zement Haltbarkeit der Prothese 9 9 10 10 VOR DER OPERATION 11 DIE OPERATION Minimalinvasive Variante 11 11 NACH DER OPERATION 12 KOMPLIKATIONEN Verschleißerscheinungen des künstlichen Hüftgelenkes Was man mit einer Hüftprothese alles (nicht) tun darf 13 13 14 BUCHTIPPS QUELLEN UND LINKS SENDUNGSGÄSTE 15 16 17 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 4 HÜFTPROBLEME HÜFTPROBLEME: MODERNE BEHANDLUNGSSTRATEGIEN Die Hüftgelenke werden im Laufe des Lebens besonders stark belastet. Jeder zweite Mensch jenseits des 60. Lebensjahres weist hier massive Verschleißerscheinungen auf. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind die Folge. Nicht zuletzt aufgrund der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung, nehmen die Abnutzungserscheinungen der Gelenke zu. Auch Übergewicht begünstigt die Entstehung einer Coxarthrose, so der medizinische Ausdruck für ein mechanisch überbeanspruchtes und abgenütztes Hüftgelenk. Neue Materialien für längere Haltbarkeit Die Einpflanzung eines Kunstgelenkes gehört zu den Routineoperationen. In Österreich werden aufgrund von Arthrosen jährlich rund 14.000 Hüfttotalendoprothesen implantiert. Weitere 2.000 Mal pro Jahr muss aufgrund eines Bruches des Schenkelhalses operiert werden. Bei der Totelendoprothese, kurz TEP, wird das gesamte Hüftgelenk, also sowohl der Hüftkopf des Oberschenkelknochens, als auch die Gelenkspfanne des Beckenknochens, durch künstliche Implantate ersetzt. Die Prothesen bestehen aus Metalllegierungen, Keramik oder Kunststoff. Hierzulande hat sich die zementfreie Implantation durchgesetzt. Die Lebensdauer moderner Hüftimplantate wird derzeit mit bis zu 30 Jahren angegeben. Der Einsatz neuer Materialien, wie etwa von Polyethylen-Gleitpaarungen, trägt dazu dabei, den Abrieb zu vermindern und damit die Haltbarkeit der Prothesen noch weiter zu verlängern. Hüftoperation als Folge von Stürzen Im Fall eines Sturzes, mit nachfolgendem Bruch des Oberschenkelknochens im Hüftbereich, ist man bemüht, innerhalb weniger Stunden zu operieren. Mit speziellen Hilfsmitteln, wie dem Gamma-Nagel, der dynamischen Hüftschraube oder Winkelplatten, kann der Knochen wieder in die korrekte Position gebracht werden. Doch auch Totalendoprothesen kommen in der Unfallchirurgie zum Einsatz. Vorbereitung auf eine Operation Nicht jeder Hüftschmerz weist auf ein kaputtes Hüftgelenk hin. So können auch wirbelsäulenbedingte Schmerzen häufig in die Hüften ausstrahlen. Der Röntgenbefund - RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 5 HÜFTPROBLEME obwohl er fallweise nicht das Beschwerdebild widerspiegelt - gibt gemeinsam mit der klinischen Untersuchung darüber Auskunft, ob eine Hüftoperation notwendig ist. Nach wie vor ist in Österreich mit monatelangen Wartezeiten auf einen Operationstermin bei zu rechnen. Diese Zeit kann jedoch sinnvoll genützt werden, um sich körperlich auf die Operation und die Zeit mit der künstlichen Hüfte vorzubereiten. Denn eine gute Konstitution vermindert nicht nur die Gefahr von Stürzen, die zu Brüchen am Hüftknochen führen können, sie erleichtert auch die Rehabilitation nach erfolgter Operation. Sofort aus dem Bett Die frühzeitige Mobilisierung ist das Um und Auf, um das Ergebnis einer erfolgreichen Operation zu sichern. Denn neben der Vermeidung von gefürchteten Komplikationen, wie Thrombose oder Lungenentzündung, kann so rasch die normale Beweglichkeit wiederhergestellt werden. Daher beginnt die Rehabilitation bereits rasch nach dem Eingriff. Die künstliche Hüfte ist sofort belastbar, ab dem zweiten Tag können die Patientinnen und Patienten in der Regel schon erste Gehversuche mit Krücken unternehmen. Das natürliche Körpergefühl stellt sich nach kurzer Zeit wieder ein. Damit kehrt auch die Selbstsicherheit beim Gehen schnell zurück. Viele Fragen an Ärzte und Therapeuten Die meisten Fragen an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte betreffen Verhaltensregeln, die bei dem Leben mit einem künstlichen Hüftgelenk zu beachten sind. Das Interesse der Patientinnen und Patienten reicht dabei von der Durchführung diverser Alltagstätigkeiten, über die Art der sportlichen Aktivitäten bis hin zur Sexualität. Dabei können Menschen mit einem künstlichen Hüftgelenk ein weitgehend normales Leben ohne Einschränkungen führen. Ein Alterslimit für den Einsatz einer neuen Hüfte gibt es nicht. DAS HÜFTGELENK Das Hüftgelenk ist das größte und am stärksten belastete Gelenk des Menschen. Als Kugelgelenk hat es eine große Bewegungsfreiheit. Es besteht aus der Gelenkspfanne, die Teil des Beckenknochens ist und in der sich der Hüftkopf des Oberschenkelknochens befindet. Eine Knorpelschicht überzieht die Gelenksflächen. Das Gelenk wird von einer Kapsel umschlossen, darin befindet die Gelenksinnenhaut (die Synovia) und die Gelenksflüssigkeit. Starke Bänder und Muskeln sorgen für den nötigen Halt und die erforderlichen Bewegungen. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 6 HÜFTPROBLEME Im Rahmen eines Gelenksersatzes durch eine Totel-Endoprothese (TEP) werden sowohl Pfanne, als auch Gelenkskopf durch künstliche Implantate ersetzt. Diese Operation zählt zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. Das abgenützte Hüftgelenk – die Coxarthrose Als Coxarthrose (Arthrose des Hüftgelenkes) bezeichnet man alle Veränderungen im Bereich dieses Gelenkes, die durch Erkrankung, Unfall oder Verschleiß hervorgerufen werden. Bei jedem zweiten Menschen über 60 sind bereits beträchtliche Abnützungserscheinungen im Hüftgelenk nachweisbar. Mit den Jahren verlieren die Gelenkknorpel an Elastizität und Dicke, werden rau und rissig. Die Schmierwirkung durch die Gelenkflüssigkeit nimmt ab, die Abriebteilchen verursachen Entzündungen der Gelenkinnenhaut. Die Verschleißerscheinungen im Hüftgelenk lösen typischer Weise Knie- oder Hüftschmerzen aus, vor allem kurz nach dem Aufstehen. Die Schmerzen können aber auch in die Leistengegend, die Oberschenkel, die Kniegelenke oder ins Gesäß ausstrahlen. Zudem besteht eine eingeschränkte Beweglichkeit, so ist zum Beispiel das seitliche Abspreizen der Beine nur schwer möglich. Das Gangbild verändert sich dadurch, manche der Betroffenen beginnen zu hinken. Die Entscheidung ob und wann ein künstliches Hüftgelenk implantiert werden soll, basiert einerseits auf den klinischen Beschwerden, der Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes und des Röntgenbefundes. Radiologisch sollte eine schwere Form einer Coxarthrose oder eine Hüftkopfnekrose zu sehen sein. Mitunter besteht jedoch eine Diskrepanz zwischen dem Beschwerdebild der Betroffenen und den am Röntgenbild sichtbaren Veränderungen. Verletzungsbedingte Hüftschädigungen Einerseits können durch Osteoporose brüchig gewordene Knochen, andererseits kann auch mangelnde körperliche Aktivität, eine Koordinations- oder Muskelschwäche dazu führen, dass ein Sturz weitreichende Folgen hat und zu einem Bruch im Bereich des Oberschenkelknochens führt. So äußert sich der Bruch Anzeichen für einen Bruch sind neben starken Schmerzen auch ein Bluterguss über dem betroffenen Gebiet, ein Druck und Stauchungsschmerz oder eine sichtbare anatomisch verschobene Stellung des Beines. Die verunfallte Person sollte so rasch als möglich in ein Unfallkrankenhaus überstellt werden. Der Betroffene wird mit leicht gebeugtem Hüftgelenk auf einer RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 7 HÜFTPROBLEME Schaumstoffschiene oder Vakuummatratze gelagert. Es sollten von den Ersthelfern keine Versuche unternommen werden, einen verschobenen Knochen einzurichten. Typische Bruchstellen Oberschenkelbrüche entstehen zumeist durch große mechanische Belastungen, wie sie eben z.B. bei einem Sturz auftreten. Allerdings wenn die Knochensubstanz bereits geschädigt ist, wie dies etwa bei Osteoporose der Fall ist, genügen bereits geringe Krafteinwirkungen, um eine Fraktur zu verursachen. Der Hüftkopf kann vor allem bei Verrenkungen brechen. Bei Stürzen auf die seitliche Hüfte oder das gestreckte Bein kann der Schenkelhals, also die Verbindung zwischen Hüftkopf und Oberschenkelschaft, brechen. Tipps zur Vermeidung von Brüchen In einem sind sich die Experten einig: Die Stärkung der Muskulatur und der Erhalt der Beweglichkeit können einem Bruch vorbeugen. Die Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie empfiehlt daher zur Vorbeugung bei älteren Patientinnen und Patienten: Dem Wetter angepasstes Schuhwerk und Gehhilfen Altersgerechte Wohnungseinrichtung (Türschwellen und Teppiche vermeiden, Handläufe benutzen) Überprüfung und Korrektur der Sehfähigkeit Gute Beleuchtung auch nachts Medikamente, die das Gleichgewicht beeinträchtigen, anpassen Muskelaufbau- und Kräftigungsübungen Bei Verdacht auf eine Osteoporose müssen eine entsprechende Abklärung und falls nötig Behandlung durchgeführt werden Im Gegensatz zu den geplanten, „elektiven“ Eingriffen, die auf einer orthopädischen Station durchgeführt werden, müssen Unfallchirurgen rasch handeln, um ein gutes Ergebnis erzielen zu können. Wurde in früheren Zeiten bei älteren Patienten in schlechtem Allgemeinzustand mitunter lediglich eine Extensionstherapie, also eine mechanische Zugbehandlung am verletzten Bein, durchgeführt, so versucht man nun in den ersten vier bis sechs Stunden nach dem Unfall zu operieren. Zwei operative Strategien stehen dabei zur Verfügung: Die Osteosynthese und der Einsatz einer Endoprothese. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 8 HÜFTPROBLEME Reparatur des Knochens: Osteosynthese Die Osteosynthese, also die Versorgung durch Platten und Schrauben zur Knochenheilung wird vor allem bei Patientinnen und Patienten mit stabilen, nicht verschobenen Brüchen vorgenommen, die eine gut erhaltene körperliche Leistungsfähigkeit aufweisen. Auch verschobene Brüche, die sich gut wieder in die richtige Stellung bringen lassen werden auf diese Art versorgt. In aller Regel werden die Knochenbruchstücke mit Fremdmaterial, also Schrauben und Platten, in der richtigen Position aneinander befestigt. Verwendet werden können z. B. Schrauben und Platten. Auch ein Marknagel kann zur Erhöhung der Stabilität eingesetzt werden. Liegen die Brüche in der Nähe des Hüftgelenks, so werden spezielle Elemente, wie Gamma-Nagel, dynamische Hüftschraube oder Winkelplatte verwendet. Endoprothese in der Unfallchirurgie Die Totalendoprothese (TEP) kommt bei Schenkelhalsbrüchen zum Einsatz, wenn der Bruch stark verschoben und eine ausreichende Reponierung nicht möglich ist. Auch bei älteren Menschen oder bei Personen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit wird diese Methode bevorzugt. Liegt zudem eine massive Coxarthrose vor, so kann diese Abnützungserscheinung auch den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes bei einem Bruch sinnvoll machen. Vor allem bei jungen Patienten versucht man jedoch den frühzeitigen Einsatz einer Endoprothese eher zu vermeiden. Quellen: Leitlinien der deutschen und österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie: http://www.awmf-leitlinien.de/012-001.htm DFP-Artikel Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Bösch Vorstand der Abt. f. Orthopädie und orthopädische Chirurgie 2009, MMA 2008 DIE PROTHESE Dieses besteht aus den gleichen Teilen wie das menschliche Hüftgelenk: Aus der Gelenkpfanne und dem Gelenkkopf, der auf dem Gelenkschaft sitzt. Die Gelenkpfanne wird im Beckenknochen verankert, während der Gelenkkopf mit dem Gelenkschaft in den Oberschenkelknochen eingebaut wird. Einen Sonderfall stellt die Hüft-Teilprothese dar, bei der lediglich der Gelenkkopf ersetzt wird Materialien RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 9 HÜFTPROBLEME Die ersten künstlichen Gelenke wurden in der Hüfte bereits vor mehr als 100 Jahren implantiert. Waren früher noch ein höheres Lebensalter limitierend, so gibt es, aufgrund der besseren medizinischen Versorgung im Umfeld der Operation, besseren Operationstechniken aber auch dem Umstand, dass die älteren Menschen generell heute vergleichsweise „fit“ sind, keine Altersbeschränkung für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes. Mit Verbesserung der Materialien und der Operationstechnik wird heute die Indikation schon fast altersunabhängig nach dem Beschwerdebild gestellt. Zudem stellen die heute verwendeten Materialien sicher, dass ein implantiertes Hüftgelenk über Jahrzehnte komplikationslos funktioniert. Mit und ohne Zement Das künstliche Hüftgelenk muss mit dem körpereigenen Knochen verbunden werden. Nach der Art und Weise der Verankerung der Prothese im Knochen werden drei Prothesentypen unterschieden: die zementfreie Prothese, die zementierte Prothese und die Hybridprothese, eine Kombination aus zementfreier und zementierter Prothese. Von jedem dieser Prothesentypen gibt es eine Vielzahl verschiedener Modelle, die individuell ausgewählt werden. Während man in den US-amerikanischen Ländern noch auf zementierte Implantate setzt, vertraut man hierzulande eher auf die zementfreien Titanimplantate. Die sogenannte „Sportlerhüfte“ (Cup-Prothese) ist eine spezielle Metallkappe, die den Hüftkopf ummantelt. Da der operative Aufwand jedoch hier recht groß ist und eine größere Pfanne verwendet werden muss ist sie umstritten. Auch die Revisionsrate, also die Notwendigkeit zu einer erneuten Operation scheint gegenüber den konventionellen Methoden erhöht zu sein. Haltbarkeit der Prothese Endoprothesen können nach der Implantation sofort belastet werden und bieten eine hohe Stabilität. Die Haltbarkeit der modernen Endoprothesen ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen. Heute sind 90 Prozent der Implantate nach 10 Jahren funktionsfähig. Bei den älteren Prothesen kann es durch den Abrieb danach zu den ersten Problemen kommen. Eine frühe Austauschoperation kann hier ins Auge gefasst werden. Die neueren Modelle weisen etwa durch die Gleitpaarungen mit hochvernetztem Polyethylen ein verbessertes Gleitverhalten, einen verringerten Verschleiß und damit eine längere Haltbarkeit auf. Quelle: DFP-Artikel Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Bösch Vorstand der Abt. f. Orthopädie und orthopädische Chirurgie 2009, MMA 2008 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 10 HÜFTPROBLEME VOR DER OPERATION „Ich würde mir wünschen, dass die Bewegungstherapie, die nach dem Eingriff beginnt, bereits schon davor in Angriff genommen wird, erläutert der Facharzt für Physikalische Medizin Prim. Dr. Klaus Hohenstein vom Geriatriezentrum am Wienerwald. Denn der Operationserfolg hängt stark davon ab, wie fit die Patientinnen und Patienten bei der Aufnahme in die Klinik sind. Die Wartezeit auf einen geplanten Hüftersatz – in der Regel viele Monate – sollte nicht nur mit Schmerztherapie überbrückt werden. Vielmehr kann man das körperliche Training auf die „Zeit danach“ bereits beginnen. Wie bei jedem Eingriff ist die Abklärung und Operationsfreigabe durch einen Internisten erforderlich. Mitunter kann eine Eigenblutvorsorge getroffen werden. Blutverdünnende Medikamente, wie Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin®) oder Clopidogrel müssen abgesetzt werden, eine Therapie mit Marcoumar® durch eine Heparinbehandlung ersetzt werden. Die Operation kann einerseits in Allgemeinnarkose, andererseits auch in spinaler Betäubung durchgeführt werden. Beide Methoden sind heute gut verträglich und weitgehend ungefährlich. DIE OPERATION Ziel des Eingriffes ist es, möglichst schonend für Weichteile und Muskulatur das künstliche Gelenk stabil einzusetzen. Die geschädigten Knochen- bzw. Knorpelanteile werden aus dem Hüftgelenk entfernt. Das gesunde Gewebe soll weitgehend erhalten bleiben. Der Hüftkopf wird aus der Pfanne herausgekugelt. Die Hüftpfanne wird mit konzentrischen Fräsen zirkulär eröffnet. Sowohl der Hüftkopf, als auch die Pfanne (das Acetabulum) wird durch künstliche Gelenkteile ersetzt. Minimalinvasive Variante Generell kann die Länge des Hautschnittes (zwischen 10 und 30 cm) und der damit verbundenen Operationsnarbe zwar von kosmetischer Bedeutung sein, lässt jedoch keine Rückschlüsse auf die Qualität der Operation zu. In den vergangenen Jahren wurde die Knopflochchirurgie auch bei der Hüfte angewandt. Diese Operationstechnik kommt mit einer fünf bis neun Zentimeter langen Narbe aus. Zudem wird die Abduktorenmuskulatur des Hüftgelenks nicht durchtrennt. Allerdings bedarf dies eines hohen Geschickes des Operateurs. Die Langzeitergebnisse RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 11 HÜFTPROBLEME dürften sich allerdings von den konventionellen Operationsmethoden nicht unterscheiden. Bei beginnenden Arthrosen kann auch die Durchführung einer Arthroskopie des Hüftgelenkes eine Operation eine Zeit lang hinauszögern und die Betroffenen beschwerdefrei halten. NACH DER OPERATION „Die frühe Mobilisierung nach der Operation ist das Um- und Auf einer gelungenen Rehabilitation“, erklärt Klaus Hohenstein. Denn viele schwere Komplikationen, die man früher bei Hüftoperationen vor allem bei älteren Patientinnen und Patienten fürchtete, wie Lungenentzündungen, Thrombosen und Embolien oder eine langdauernde Invalidität, lassen sich durch eine raschen Beginn der Rehabilitation vermeiden. Die Thromboseprophylaxe, die selbst zu injizieren ist, sollte bis 5 Wochen nach dem Eingriff weitergeführt werden. Bereits am Tag eins nach der Operation sollten die Operierten bereits „vertikalisiert“ sein, das heißt sie sollten sich bereits im Bett aufrichten und unter Anleitung erste Schritte unternehmen. Das Implantat ist in der Regel sofort belastbar. Der Operateur gibt schließlich den Startschuss für die Rückkehr in die normale Bewegung. Zu Beginn steht der 3- und 4Punkte-Gang mit einer oder zwei Krücken. Dabei sollten die Gehhilfen auch nicht allzu früh beiseite gelegt werden, um erneute Stürze durch einen noch unsicheren Gang zu vermeiden. Wesentlich ist es, die Empfehlungen der Ärzte und Therapeuten hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeiten zu beherzigen, um einer Luxation des künstlichen Hüftgelenks entgegenzusteuern. Ein Heilverfahren (Kuraufenthalt) hat etwa sechs Wochen nach erfolgter Operation den größten Erfolg zu verzeichnen. Die Rehabilitation richtet sich nach Alter und Leistungsanspruch der Patientinnen und Patienten. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 12 HÜFTPROBLEME KOMPLIKATIONEN Bei bis zu zehn Prozent der Patienten kann es den ersten Tagen nach der Operation zu einer Luxation des Gelenkes, das heißt ein Herausgleiten des Hüftkopfes aus der Pfanne, kommen. Da in vielen Fällen unsachgemäße Bewegungen die Ursache sind, sollten die Vorsichtsmaßnahmen, die von Operateur oder Physiotherapeuten kommen, eingehalten werden. Auch eine zu schwache Muskulatur kann eine solche frühe Luxation begünstigen. Ein nochmaliger Eingriff ist in der Regel hier nicht nötig, die Fehlstellung kann leicht behoben werden. Brüche des Implantats, die die Prothesenhälse oder die Keramikteile der Kunstgelenke betreffen, sind sehr selten. In rund einem von hundert Fällen kann es bei den Totalendoprothesen der Hüfte durch eine Infektion zu Komplikationen kommen, die zu einer Lockerung des Implantats führen und damit eine Revision erfordern. Schmerzen und eine Erhöhung der Entzündungswerte im Blut gelten als die ersten Anzeichen und sollten von einem Facharzt abgeklärt werden. Mitunter kann durch eine medikamentöse Therapie gelenkserhaltend operiert werden, unter Umständen ist jedoch auch ein Austausch des Implantats nötig. Auch ohne Infektion kann sich die Prothese lockern. Dies äußert sich für die Betroffenen durch einen Schmerz, der bei Belastung der Hüfte auftritt, sowie bei der Drehung des Hüftgelenkes nach innen. Auch das Anheben des Beines kann zu Beschwerden führen. Bei starker Lockerung muss das Implantat ausgetauscht werden. Verschleißerscheinungen des künstlichen Hüftgelenkes Das Versagen des Implantats durch die mechanischen Verschleißerscheinungen sind in den vergangenen Jahren durch den Einsatz neuer Materialien seltener geworden und kommen erst bei sehr langer Verweildauer im Körper vor. Wie beim natürlichen Gelenk kann ein Abrieb zwischen künstlichem Hüftkopf und Hüftpfanne die Funktion des Gelenkes beeinträchtigen. Auch die Reaktion des Gewebes auf die Abriebpartikel kann zu Problemen führen. Denn bei den neuen Materialien, wie Polyethylen, können Knötchen in den Weichteilen, sogenannte Granulome entstehen, die das Implantat mitunter aus dem Knochenlager lösen. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 13 HÜFTPROBLEME Was man mit einer Hüftprothese alles (nicht) tun darf Heute ist man der Auffassung, dass es – unter der Voraussetzung eines festen Sitzes des Implantates und dem guten Muskelaufbau nach der Operation – keinerlei Einschränkung hinsichtlich sportlicher Aktivitäten geben soll. Von Hochleistungssport oder Kampfsportarten raten die Experten allerdings ab. Mitunter ist auch beim Reiten, aufgrund der luxationsbegünstigenden Haltung im Hüftgelenk, Vorsicht angebracht. Es gibt eine Vielzahl an Broschüren zu diesem Thema. Auch die Sexualität spielt eine Rolle. Fast neun von zehn Patientinnen und Patienten mit einer Hüftprothese haben, so hat der Münchner Arzt Dr. Stefan Grote in einer Studie erhoben, ein „erhöhtes Informationsbedürfnis zum Thema Sexualität“. Vor allem die Frage, ab wann das Sexualleben nach einer Operation wieder möglich und auch in welcher Stellung Sex erlaubt ist, scheint von Relevanz. Da diese Thematik jedoch – vor allem bei der älteren Generation – ein großes Tabuthema darstellt, führen derartige Empfehlungen eher ein Schattendasein. Generell beruhigen die Experten jedoch, dass nach dem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes, einem normalen Leben ohne Einschränkungen nichts im Wege steht. Quelle: MMW 51-52, 2008, 44 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 14 BUCHTIPPS BUCHTIPPS Anne Lelièvre, Claire Valentin Leben mit einem künstlichen Hüftgelenk Verlag Schulz-Kirchner 2006 ISBN: 3824801992 Ulrich Hinkelmann Die Endoprothese Verlag Elsevier; 2. Auflage 2007 ISBN: 3437471902 Connie Koesling, Uta Stiegler Hüftgelenkersatz: Selbstständigkeit und Sicherheit im Alter Verlag Schulz-Kirchner; 4., überarbeitete Auflage 2010 ISBN-13: 978-3824804924 Klaus-Dieter Thomann Wirksame Hilfe bei Arthrose Verlag Trias 2003 ISBN-13: 978-3830430940 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 15 QUELLEN UND LINKS QUELLEN UND LINKS Deutsches Arthrose Forum http://www.deutsches-arthrose-forum.de/ Rheumaliga Österreich http://www.rheuma-online.at Leitlinien der deutschen und österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie http://www.awmf-leitlinien.de/012-001.htm Ursachen der Coxarthrose http://www.medizinfo.de/becken/coxarthrose/ursachen.shtml Das Hüftgelenk und seine Krankheitsbilder http://www.orthinform.de/new/zonen/zone.php?THEMA=2000000005 Therapiebeispiele, Dehnungsübungen, Theraband http://www.orthinform.de/new/orthodoc/downloads/0.52269400_105714528936Horstm ann.pdf RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 16 SENDUNGSGÄSTE SENDUNGSGÄSTE In der Sendung Radiodoktor - Medizin und Gesundheit vom 4. Oktober 2010 waren zu Gast: Prim. Dr. Klaus Hohenstein Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation Geriatriezentrum am Wienerwald Jagdschloßgasse 59 A-1130 Wien Tel.: +43/1/801 10/3876 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.wienkav.at/kav/gzw/ Ordination: Columbus-Fitnessclub Columbusplatz 7-8, Stiege 2 A-1100 Wien Tel.: +43/1/890 20 93. Dr.in Elisabeth Schwendenwein Universitätsklinik für Unfallchirurgie Allgemeines Krankenhaus Wien Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien Tel.: +43/1/40400/5901 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.meduniwien.ac.at/trauma/ Dr. Harald Zehetgruber 1. Abteilung des Orthopädischen Krankenhauses Wien - Speising Speisinger Straße 109 A-1130 Wien Tel.: +43/1/801 82-0 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.oss.at/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 17 SENDUNGSGÄSTE Ordination: Health Consult Freyung 6 A-1010 Wien Tel.: +43/1/795 80/8000 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.orthozehetgruber.at/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 18