Physik und Chemie der Makromoleküle Diffusion in amorphen

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Physik und Chemie der Makromoleküle
Diffusion in amorphen Festkörpern
Die elektrische Leitfähigkeit ist eine Transporteigenschaft, Ladungen können im Feld
wandern bzw. diffundieren. Ähnliches gilt für Anregungen (Excitonen), sie können
ebenfalls von einem Molekül aufs nächste übertragen werden. Die Diffusion von
Ladungsträgern läßt sich nicht in einfachen Gesetzmäßigkeiten beschreiben, da die
Bewegung der Ladungsträger durch eine Probe im Laufe der Zeit immer langsamer wird
(time-of-flight-Experiment). Dieses durch die „Unordnung“ des amorphen Festkörpers
verursachte Phänomen führt zum sogenannten dispersiven Transport.
Uns fehlt jetzt noch in unserer Betrachtung der Eigenschaften amorpher Festkörper das
Diffusionsverhalten von Molekülen. Hier können zwei Fälle unterschieden werden:
a) die Permeation von kleinen Molekülen (Gasen), die durch die Hohlräume wandern
können. Zwischen den einzelnen Polymeren gibt es hier große Unterschiede: Die
Permeabilitäten von Silikonkautschuk und einem speziellen "Barrrierenpolymer" wie
Poly(acrylnitril) unterscheiden sich um 7 Größenordnungen. Bei der Beschreibung der
Permeation müssen auch Adsorptionseffekte berücksichtigt werden.
b) die Diffusion größerer Moleküle und der Matrix selbst (Selbstdiffusion), die eine größere
Umorientierung aller Moleküle erfordert.
Die Diffusion ist mit der Viskosität verknüpft über die Stokes-Einstein-Gleichung für eine
Translationsbewegung bzw. über die Debye-Gleichung für eine Rotationsbewegung
D=
Drot
k BT
fη
1 kT
= = B
τ Vη
(D Diffusionskoeffizient, η Viskosität, f formabhängiger Koeffizient, τ Rotationsrelaxationszeit, V hydrodynamisches Volumen).
In Polymerschmelzen gelten diese Gleichungen, nicht jedoch in der Nähe des
Glasübergangs bzw. im Glas. Man erhält eher einen Zusammenhang der Form
D ∝ η −ξ
mit ξ = 0.8 – 0.9.
Meßmethoden zur Bestimmung der Diffusion:
a) Forcierte Rayleigh-Streuung
Bei dieser Methode werden Tracermoleküle verwendet, die in dem Material gelöst werden
und photochemisch zerstört werden können. Wenn man in ein solches System ein
holographisches Gitter einschreibt, also Streifen im Abstand einer festgelegten
Gitterkonstante ausbleicht, kann man durch Beugungsmessungen die Diffusion der
intakten Tracermoleküle in die ausgebleichten Zonen verfolgen. Mit dieser Methode kann
man einen großen Zeit- und Längenbereich abdecken.
Diffusion in organischen Festkörpern 1
b) Dynamische Lichtstreuung = Photonenkorrelationsspektroskopie
Mit der Lichtstreuung werden Fluktuationen in der Polarisierbarkeit und damit in der
Teilchendichte gemessen. Die dynamische Lichtsstreuung ist eine zeitaufgelöste bzw.
frequenzaufgelöste
Meßmethode
und
mißt
wesentlichen
die
Zeitautokorrelationsfunktion, die die Wahrscheinlichkeit angibt, ein Teilchen am Ort r zur Zeit t
anzutreffen, wenn ein Teilchen zur Zeit 0 dort vorhanden war:
g1 (t ) = ρ (0)ρ (t )
Diese Größe fällt stetig von
ρ2
auf
ρ
2
ab. Man kann sie für die einzelnen
Streuvektoren
4π
θ
q=
sin
λ
2
und damit Längenskalen direkt messen, indem man das „Rauschen“ der Meßsignale in
einem Korrelator auswertet. (Da das Meßsignal eine Intensität und keine Feldstärke ist,
erhält man genau genommen eine etwas andere Korrelationsfunktion, die sich mit der
Siegert-Relation umrechnen läßt:
2
g 2 (t ) = A + B [ g1 (t ) ] .)
Ein schneller Abfall bedeutet schnelle Bewegung und damit auch eine entsprechende
Verbreiterung der spektralen Verteilung des Streulichtes durch die Doppler-Verschiebung.
Dieser Zusammenhang zwischen Zeitautokorrelationsfunktion und Linienprofil (beide sind
ein Fouriertransformpaar) wird durch das Wiener-Khinchine-Theorem ausgedrückt:
∞
S ( q, ω ) = ∫ g1 ()exp(
t
iω t ) d t
0
Den Diffusionskoeffizienten erhält man also entweder aus der Zeitautokorrelationsfunktion
(exponentieller Abfall)
g1 (q, t ) = K 'exp(−Dq 2t )
oder aus dem Spektrum des Streulichtes (Lorentz-Profil)
S ( q, ω ) = K
Dq2
.
ω 2 + ( Dq2 ) 2
Rotationsdiffusionskoeffizienten erhält man aus polarisationsabhängigen Messungen.
Diffusion in organischen Festkörpern 2
Die Zeitautokorrelationsfunktion beschreibt eine Korrelation in der Zeit. Eine
entsprechende Größe, die die Korrelation des Ortes ausdrückt, ist die
Paarkorrelationsfunktion als die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen am Ort r anzutreffen,
wenn ein anderes am Ort 0 sitzt.
g ( r ) = ρ (0) ρ( r)
Die räumliche Fouriertransformation der Paarkorrelationsfunktion liefert den statischen
Strukturfaktor S ( q) , der die wichtige Größe bei der Strukturaufklärung ist. Er ist mit dem
dynamischen Strukturfaktor S ( q, ω ) verknüpft durch Integration über die gesamte
spektrale Bandbreite: S ( q) = ∫ S ( q, ω ) d ω .
Fluktuationen und Relaxationen
Fluktuationen, wie sie in Streumethoden gemessen werden, hängen eng mit den bereits
behandelten Responsefunktionen zusammen. Dies besagt das bedeutende FluktuationsDissipations-Theorem.
Für eine Response-Beziehung der Art
y (ω ) = G(ω ) x (ω )
ergibt sich für die zufälligen Fluktuationen in y, auch ohne eine äußere Anregung,
∆y (ω ) 2 =
k BT
G "(ω )
πω
Dieses Theorem ist insofern fundamental, als es Fluktuationen und Relaxationen als zwei
unterschiedliche Konzepte der Betrachtung von Dynamik in weicher Materie verbindet.
Diffusion in organischen Festkörpern 3
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