Teilchendetektoren

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Teilchendetektoren
Christian Wagner
Autor
Dr. Burkhard Renk
Betreuer
(Zusammenfassung des Vortrags vom 13. November 2007)
Der Vortrag beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie und
deren Nutzung durch Detektoren um Teilchen nachzuweisen. Am Beispiel des ALEPHDetektors wird hier ein Detektorsystem vorgestellt.
Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit
Materie
Da die meisten Detektoren die elektromagnetische
Wechselwirkung von Teilchen mit Materie
ausnutzen, wird zunächst ein wichtiger Punkt, der
bei der Wechselwirkung auftritt, erläutert, nämlich
der Energieverlust durch Ionisation und Anregung.
Das einfallende Teilchen ionisiert oder regt das
Targetmaterial an und verliert so Energie. Die im
Material deponierte Energie hängt von
verschiedenen Einflüssen ab. Die Hauptaspekte
werden durch die klassische Herleitung der BetheBloch-Formel gezeigt. Diese macht zunächst ein
paar Annahmen. Zum einen werden die
Hüllenelektronen des Targetmaterials als frei und
in Ruhe angesehen. Außerdem soll die Masse des
einfallenden Teilchens wesentlich größer sein als
die eines Elektrons. Nun betrachtet man sich den
Impulsübertrag des einfallenden Teilchen auf ein
Elektron. Dieser ist gegeben durch:
dx
∆p = Fdt = e E ⊥ dt = E ⊥
v
Dabei ist nur die senkrechte Komponente des EFeldes von Bedeutung, da sich die andere
Komponente mit den Annahmen weghebt. Mithilfe
des Gauß´schen Gesetzes lässt sich nun das
Integral lösen:
∫
∫
∫
ze
∫ E ⋅ 2πbdx = ε
0
⇒ ∫ Edx =
1
2 ze
4πε 0 b
integriert über alle Stoßparameter erhält man die
Bethe-Bloch-Formel nach Bohr:
⇒−
z 2e 4
= 2 2
2me
8π ε 0 me v 2b 2
Multipliziert man jetzt noch ∆E mit der
Elektronendichte des Targetmaterials und mit
einem infinitesimalen Zylindervolumen und




Dabei ist I das mittlere Ionisationspotential. Dieses
entspricht gerade dem minimalen Energieübertrag
und somit dem maximalen Stoßparameter. Als
minimaler Stoßparameter kommt der
Energieübertrag bei einem zentralen Stoß ins
Spiel. Diese Energien bilden die
Integrationsgrenzen. Da die Herleitung völlig
klassisch war, müssen noch relativistische und
quantenmechanische Korrekturen vorgenommen
werden. Die korrigierte Formel lautet dann:
⇒−
dE
Z z 2   2mec2β 2γWmax 
C
 − 2β 2 − 2δ − 2 
= 2πNAre2mec2 ρ
ln
2  
2
dx
Aβ  
I
Z

Hier sind δ und C zwei Korrekturen, die bei
verschiedenen Energiebereichen ins Spiel
kommen. δ kompensiert den Anstieg des
transversalen Feldes für hochrelativistische
Teilchen und C – die sogenannte Schalenkorrektur
– beachtet die quantenmechanischen
Interferenzphänomene bei niedrigen Energien.
Diese Korrektur spielt vor allem bei Elektronen in
Driftgasen eine große Rolle.
Hierbei wurde über einen unendlich langen
Zylinder mit Radius b (transversaler Abstand des
Elektrons zum Projektil) integriert. Das
Skalarprodukt im Integral liefert direkt Et , da diese
Komponente senkrecht auf dem Zylindermantel
steht. Damit bekommt man nun den
Energieübertrag auf ein Elektron:
2
(
∆p )
∆E =
dE
Z z 2  2 me c 2 β 2
= 2πN A re2 m e c 2 ρ
ln
dx
A β 2 
I
Abb. 1
In Abb. 1 ist der typische Verlauf der BBF gezeigt.
Betrachtet man sich Elektronen, muss die BBF
modifiziert werden. Dies muss gemacht werden da
hier die Masse des einfallenden Teilchens gleich
der Stoßpartner ist und somit eine anderes
Stoßverhalten zu erwarten ist. Außerdem muss hier
zusätzlich zur Wechselwirkung durch das
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Coulomb-Potential die Kernwechselwirkung
mitberücksichtigt werden. Dies führt zur
Bremsstrahlung:
Z2
 dE 
−
∝ 2E

 dx  brems m
Wie zu sehen ist, spielt diese durch die 1/m²
Abhängigkeit bei Elektronen mit relativ geringen
Energien die dominierende Rolle. Man kann nun
den Energieverlust zur Teilchenidentifizierung
benutzen. In Abb. 2 sieht man den Verlauf des
Energieverlustes für verschiedene Teilchen.
Abb. 2
Zwei weitere Prozesse können bei der
Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit
Materie auftreten. Das ist zum einen die Emission
von Cherenkov-Strahlung und zum anderen die
sogenannte Übergangsstrahlung. Das E-Feld des
einfallenden Teilchens polarisiert das dielektrische
Medium (Brechungsindex n). Die CherenkovStrahlung wird emittiert, wenn das Teilchen mit
einer Geschwindigkeit
β > βc =
1
n
durch das Medium fliegt. Es kommt dadurch zu
einer Verschiebung der Polarisation und somit
letzten Endes zu einer Dipolstrahlung. Es ist zu
vergleichen mit dem Machkegel. Der
Öffnungswinkel ist gegeben durch:
1
cos(Θ c ) =
nβ
Über die Bestimmung des Winkels lässt sich die
Geschwindigkeit bestimmen.
Die Übergangsstrahlung tritt an den
Übergängen zwischen zwei verschiedenen
Dielektrizitätswerten aus. Das Teilchen sendet
beim Übergang Röntgenlicht aus. Auch dieses
kann zur Teilchenidentifikation genutzt werden.
Ein weiterer Prozess tritt beim Eintreten
der Teilchen in Material auf. Die sogenannte
Schauerbildung. Man unterscheidet grundsätzlich
zwischen hadronischen und elektromagnetischen
Schauern. Die elektronmagnetischen Schauer
werden durch das Heitler-Model quantitativ
beschrieben.
Abb. 3
In Abb. 3 ist solch ein elektromagnetischer Schauer
schematisch gezeigt. Dabei ist X0 die Schauerlänge.
Diese beschreibt den zurückgelegten Weg, bevor
ein Elektron durch Bremsstrahlung ein Photon
ausgesendet hat oder ein Photon ein ElektronPositron-Paar erzeugt hat. Dabei halbiert sich
jeweils die Energie des einfallenden Teilchens. Der
Schauer endet, wenn die Teilchen die kritische
Energie (Energie bei der der Energieverlust durch
Bremsstrahlung und Ionisation gleich ist) erreicht
haben. Ab dort verlieren die Teilchen ihre Energie
nur noch durch Ionisation. Nach n Generationen
ergeben sich dann 2n Teilchen mit jeweils einer
Energie von E/2n. Wie schon erwähnt, bricht der
Schauer ab bei E/2n=EC. Damit lässt sich die
Teilchenzahl in Abhängigkeit von der Energie des
E
einfallenden Teilchen bestimmen 2 n =
. Für
EC

ln E
EC 

die Schauerlänge ergibt sich dann n =
.
ln(2 )
Hier ist schon ein wichtiges Ergebnis zu erkennen.
Die Schauerlänge skaliert „nur“ mit dem
Logarithmus der Energie des einfallenden
Teilchens .
Teilchendetektoren
Teilchendetektoren nutzen im Allgemeinen die
Wechselwirkungsprozesse der Teilchen in Materie
aus um diese nachzuweisen. Es wird dann
zwischen Detektoren unterschieden, die z.B. die
Energie, den Impuls oder die Geschwindigkeit der
Teichen bestimmen. Es gibt dann folgende
Detektoren:
- Ionisationsdetektoren
- Halbleiterdetektoren
- Szintillationsdetektoren
- Cherenkov-Detektoren
- Übergangsstrahlungsdetektoren
- Kalorimeter
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Bei den Ionisationsdetektoren ist das
Arbeitsprinzip wie bei einer Gaszählröhre mit dem
Zählgas, welches je nach anliegender Spannung
eine Verstärkung hervorruft. Bei den
Vieldrahtproportionalkammern (MWPC´s) liegen
mehrere Drähte als Anode vor. Damit
Abb. 4
erreicht man eine eindimensionale Ortsauflösung.
Abb. 4 zeigt eine solche Kammer. Durch
eine Segmentierung der Kathode oder durch eine
weitere Lage an Anodendrähten erreicht man eine
zweidimensionale Orstauflösung, allerdings
kommt es beim Durchgang von mehreren Teilchen
zu Fehlern, die durch die Mehrdeutigkeit der
Möglichkeiten der Kombination der
ansprechenden Drähte zustande kommen. Diese
Mehrdeutigkeit kann durch Hinterienander stellen
mehrerer Detektoren mit jeweils mehrere Lagen
oder durch Pixelkathoden umgangen werden. Eine
Weiterentwicklung stellt die sogenannte
Driftkammer dar. Diese nutzt die
Driftgeschwindigkeit zur Ortsbestimmung. Über
ein beim Eintreten startenden Timer wird die
Driftzeit bestimmt und über die bekannte
Driftgeschwindigkeit der Ort bestimmt. Um eine
konstante Driftgeschwindigkeit zu erreichen, muss
das Driftfeld möglichst konstant sein. Setzt man
die Driftkammer und die Vieldrahtkammer
zusammen so kommt man zur
Zeitprojektionskammer. Mit diesen Kammern wird
eine dreidimensionale Spurrekonstruktion
möglich. Eine Neuheit ist hier, dass es ein zum EFeld paralleles B-Feld gibt. Dieses fokussiert die
driftenden Elektronen und sorgt dafür, dass man
aufgrund der gekrümmten Spuren auf den Teilchen
Impuls zurückschließen kann. In Abb. 5 ist der
Aufbau einer solchen TPC
(TimeProjectionChamber) gezeigt.
mit den Impulshöhen an den einzelnen Drähten
den Energieverlust bestimmen und so mit der
Impulsbestimmung dirket die Masse bestimmen.
Um jetzt die Energie eines Teilchens zu
bestimmen, kommen entweder
Szintillationsdetektoren oder Kalorimeter zum
Einsatz. Die Szintillationsdetektoren erzeugen
Lichtimpulse. Dies geschieht durch Anregung des
Targetmaterials und anschließender Emission von
Licht. Dieses Licht ist im Allgemeinen
proportional zur deponierten Energie im Material.
Bei den Kalorimetern wird die Schauerbildung in
Material ausgenutzt. Hier unterscheidet man
zwischen zwei verschiedenen Bauformen. Auf der
einen Seite gibt es die homogenen Kalorimeter und
auf der anderen die sogenannten SamplingKalorimeter. Bei den homogenen Kalorimetern ist
das Absorbermaterial, in welchem der Schauer
ausgebildet wird, gleichzeitig aktive
Detektorschicht. Dies ermöglicht eine gute
Energieauflösung. Allerdings ist dadurch der Preis
sehr hoch. Die Sampling-Kalorimeter bestehen aus
sich abwechselnden Schichten aus Absorber- und
Detektorschichten. Dies führt natürlich zu einer
schlechteren Energieauflösung, da jetzt nicht mehr
die ganze Energie in den Detektorschichten
deponiert wird. Durch die Bauweise kann man
allerdings die Absorber- und Detektorschichten an
das Experiment anpassen und der Preis ist bei
weitem nicht so hoch, so dass man auch größere
Kalorimeter ohne weiteres bauen kann. Bei
hadronischen Kalorimetern kommt nur die
Sampling-Bauweise zum Einsatz.
Detektorsystem ab Beispiel des ALEPHDetektor am CERN
Am CERN (Organisation Européenne de la
Recherche Nucléaire vormals Conseil Européenne
de la Recherche Nucléaire) steht der sogenannte
ALEPH-Detektor. Dieser wurde gebaut um die
Kollision von Elektronen und Positronen zu
untersuchen. Es ist ein sogenannter 4π-Detektor,
d.h. er erfasst nahezu den gesamten Raumwinkel.
Aufgrund der Strahlgeometrie hat der Detektor eine
Zylindergeometrie wie in Abb. 6 zu sehen ist. Die
verschiedenen Anforderungen bedingen dass, der
Detektor aus zwei verschiedenen Gruppen von
Unterdetektoren besteht. Einmal eine Gruppe die
für die Spurvermessung zuständig ist und die
zweite bestimmt die Energie der entstehenden
Teilchen.
Abb.5
Diese Ionisationsdetektoren werden hauptsächlich
zur Ortsbestimmung und damit auch zu einer
Impulsbestimmung genutzt. Man kann aber auch
Abb. 6
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Der sogenannte Vertex-Detektor ist ein
Siliziumstreifen-Detektor. Seine Aufgabe ist es, den
Interaktionspunkt möglichst genau zu bestimmen.
In radialer Richtung folgt die sogenannte ITC
(InnerTrackingChamber), die eine
Vieldrahtkammer ist. Diese dient in erster Linie zur
Triggerung steuert allerdings auch zwei Punkte zur
Spurrekonstruktion bei. Der wichtigste Teil der
Spurrekonstruktion ist die TPC, die die ITC
umfasst. Diese steuert 21 Raumpunkte bei und
liefert so den maßgeblichen Teil zur
Rekonstruktion. Die Endkappen der TPC sind in
zwei Kreise segmentiert, die jeweils noch mal
geteilt sind. Dadurch wird in der (r,ϕ)-Ebene eine
Ortsauflösung von ca. 150µm erreicht. Die ITC ist
von dem elektronmagnetischen Kalorimeter
umgeben. Diese besteht in radialer und in
longitudinaler Richtung aus jeweils 45 Schichten
von Blei und Drahtkammern. Die Schichten sind in
3cm×3cm unterteilt um auch eine grobe
Ortsauflösung der Schauer zu erreichen. Diese
Kalorimeter ist von einer supraleitenden
Magnetspule umgeben. Die Spule liefert das
Magnetfeld für die TPC. Nach der Spule folgt noch
ein hadronisches Kalorimeter, welches den gleichen
Aufbau wie das elektronmagnetische hat.
Allerdings nur aus 22 Lagen besteht und als
Absorbermaterial wird Eisen benutzt. Als äußerste
Schicht folgt eine doppellagige Myonenkammer, da
die Myonen nicht stark wechselwirken und so die
vorherigen Schichten durchqueren. Der allgemeine
Aufbau eines Detektorsystem ist stets analog, da die
verschiedenen Absorbtionslängen einen solchen
Aufbau fordern.
Quellenangaben
K. Kleinknecht, Detektoren für Teilchenstrahlung
M. Krammer, Detektoren in der
Hochenergiephysik, Vorlesung, ÖAW Wien (SS
07)
H. Kolanoski, Detektoren in der
Elementarteilchenphysik, Vorlesung Humboldt
Universität Berlin (SS 04)
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