Gesundheitsschutz und Ergonomie

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Gesundheitsschutz und
Ergonomie
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Inhaltsverzeichnis
Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz
Merkmale der menschlichen Leistungsfähigkeit
Körpergerechte Arbeitsplatzgestaltung
Klima und Behaglichkeit
Beleuchtung am Arbeitsplatz
Psychische Belastungen
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Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz
• Definition der Ergonomie
• Wann werden ergonomische Maßnahmen notwendig?
• Belastungen und Beanspruchungen
• Gesundheitliche Folgen
Was ist unter dem Begriff „Ergonomie“ zu verstehen?
Berufliche Tätigkeiten können unterschiedliche Anforderungen und Belastungen mit sich bringen, die
die Leistungsfähigkeit oder sogar die Gesundheit des Mitarbeiters beeinträchtigen.
Liegen solche schädlichen Auswirkungen vor, kann nur mit entsprechenden Arbeitsplatzgestaltungsmaßnahmen Abhilfe geschaffen werden.
Unter dem Begriff „Ergonomie“ werden diese sehr unterschiedlichen Maßnahmen zusammengefasst. Der Begriff Ergonomie ist aus den beiden griechischen Wörtern „ergon“ (Arbeit, Leistung)
und „nomos“ (Gesetz, Lehre) zusammengefasst. Frei übersetzt steht Ergonomie für die Lehre oder
Wissenschaft von der menschlichen Arbeit.
Die Ergonomie ist eine undisziplinäre und praxisorientierte Wissenschaft, deren Hauptaufgabe in der
Anpassung der Arbeit an die Fähigkeiten und Eigenschaften des Menschen zu sehen ist. Die dazu
notwendigen Gestaltungsmaßnahmen können die verschiedensten Bereiche eines Arbeitssystems
betreffen.
Abbildung 1
Dadurch soll erreicht werden, dass
• der Mensch bei seiner Arbeitstätigkeit weder über- noch unterfordert wird
• das beste Arbeitsergebnis nach Menge und Güte erzielt wird
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Wann werden ergonomische Maßnahmen notwendig?
Mit Hilfe eines vierstufigen Bewertungsschemas lässt sich überprüfen, inwieweit Arbeitsplätze
ergonomisch gestaltet bzw. an den Menschen angepasst sind. Dieses Schema ist hierarchisch
aufgebaut und die jeweiligen Kriterien sind von der ersten Stufe aus der Reihe nach zu erfüllen.
1. Ebene: Ausführbarkeit
Es ist zu beurteilen, ob die Ausführung der Arbeit überhaupt möglich ist, d. h. werden bei der
Arbeitstätigkeit die menschlichen Leistungsgrenzen beachtet?
Abbildung 2
2. Ebene: Erträglichkeit
Es ist zu beurteilen, ob die Tätigkeit ein Arbeitsleben lang ohne Gesundheitsschädigung möglich ist,
z. B.: „Wird die Belastung durch Lärm unterhalb der schädigenden Grenze gehalten?“
Abbildung 3
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3. Ebene: Zumutbarkeit
Es ist zu beurteilen, ob die Arbeit von den Betroffenen als zumutbar empfunden wird. Die
Beantwortung dieser Frage ist nur mit den Methoden der empirischen Sozialwissenschaften - nicht
mit den Methoden der Ergonomie und Arbeitsmedizin - möglich.
Abbildung 4
4. Ebene: Zufriedenheit
Es ist zu beurteilen, ob die betroffenen Mitarbeiter mit der Arbeit zufrieden sind, z. B. bei Schichtarbeit oder taktgebundener Arbeit. Diese Frage kann nur mit den Methoden der Psychologie beantwortet werden.
Für die Gestaltung der Arbeit ergeben sich folgende Forderungen:
• Die Arbeit muss ausführbar und erträglich sein.
• Die Arbeit sollte zumutbar und zufriedenstellend sein.
Belastungen und Beanspruchungen
Nicht alle Arbeitstätigkeiten erfüllen die ergonomischen Grundanforderungen „Ausführbarkeit“ und
„Erträglichkeit“. Bereits bei dem Bewertungskriterium zur Erträglichkeit können Schwierigkeiten
auftreten. Die Folgen sind unterschiedliche Belastungen, die auf die Mitarbeiter wirken.
Inwieweit solche Belastungen auch als belastend empfunden werden, d. h. zu vorzeitiger Ermüdung
führen oder sogar die Gesundheit gefährden, lässt sich nur vor dem Hintergrund der individuellen
Leistungsvoraussetzungen der Mitarbeiter klären.
Gleiche Belastungen, z. B. das Klima in einem Arbeitsbereich, führen bei den Mitarbeitern zu
unterschiedlichen individuellen Reaktionen. Diese Reaktionen, die sich überall im Organismus
zeigen können, werden als Beanspruchungen bezeichnet.
An zwei Beispielen soll dieser Zusammenhang zwischen Belastung und Beanspruchung verdeutlicht
werden:
Der Transport eines 20 kg schweren Werkstückes (Belastung) stellt für einen 1,90 m großen
muskulösen Mann eine wesentlich geringere Anforderung dar als für eine 1,65 m große Frau
(Beanspruchung).
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Ebenso können manche Schweißer ein Arbeitsleben lang ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen
ihrer Arbeit nachgehen, während z. B. für Menschen mit empfindlichem Bronchialsystem bereits die
Einwirkung normaler Schweißrauche gesundheitliche Gefahr bedeuten kann.
Die gleiche Arbeitsaufgabe kann somit für den einen Mitarbeiter eine Überlastung darstellen,
während sie für den anderen eine Kleinigkeit ist.
Abbildung 5
Die Vielfalt von Belastungsfaktoren, wie sie sich durch unterschiedliche Arbeitstätigkeiten ergeben
können, führen in Abhängigkeit von der individuellen Leistungsvoraussetzung zu unterschiedlichen
Beanspruchungsreaktionen auf der Seite des Mitarbeiters.
Abbildung 6
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Gesundheitliche Folgen
Beanspruchungsfolgen können zu kurzfristigen, reversiblen und gesundheitlich unbedenklichen
Folgen ebenso wie zu teilweise ernsthaften Erkrankungen führen.
Vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen werden die krankheitsbedingten Fehlzeiten jährlich
erfasst. Abbildung 7 zeigt die Fehlzeitenverteilung nach der prozentualen Vorkommenshäufigkeit je
Krankheitsart. Dabei fällt auf, dass Rückenerkrankungen und Erkältungskrankheiten neben Verletzungen die höchsten Fehlzeiten verursachen. Es ist daher naheliegend, mit Hilfe ergonomischer
Maßnahmen zuerst diejenigen Belastungen zu reduzieren, die für die Fehlzeiten mitverantwortlich
sind.
Abbildung 7
Nicht nur bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten, sondern auch bei den Gründen von Kuraufenthalten ebenso wie bei der vorzeitigen Rentengewährung stehen Erkrankungen des Bewegungs- und
Halteapparates an erster Stelle.
Abbildung 8
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Zugang an Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten 1998
Gründe für die Rentengewährung
Anteile in %
Männer
Frauen
Krankheiten von Skelett
Muskeln, Bindegewebe
26%
Herz-, Kreislauferkrankungen
21
Psychische
Erkrankungen
Stoffwechsel,
Verdauung
Krebs
15
10
11
5
Krankheiten von Skelett
Muskeln, Bindegewebe
25
18
Krebs
Psychische
Erkrankungen
29%
19 sonstige 17
4
Herz-, Kreislauferkrankungen
Stoffwechsel,
Verdauung
Abbildung 9
Die Notwendigkeit einer menschengerechten Arbeitsgestaltung wird hier sehr deutlich vor Augen
geführt.
Die Vorteile der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung sind dabei nicht nur in der Prävention von
krankheitsbedingten Ausfällen zu sehen. Weitere Vorteile sind:
• Bewegungsabläufe werden optimiert, dadurch besserer Wirkungsgrad der Arbeitstätigkeit;
Vorgabezeiten können in vielen Fällen reduziert werden.
• In der Regel höhere Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeitern und dadurch geringere Fluktuationstendenz.
• Daraus ergeben sich positive Impulse für die Konkurrenzfähigkeit und damit auch für den
wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Die zwei übergeordneten Ziele der Ergonomie lassen sich hier gut ableiten.
Ergonomie = Wirtschaftlichkeit + Humanität
Bevor beispielhaft einige Gestaltungsmaßnahmen angesprochen werden, ist es notwendig, auf die
wichtigsten Merkmale der menschlichen Leistungsfähigkeit einzugehen.
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Merkmale der menschlichen Leistungsfähigkeit
• Alter und Geschlecht als Einflussfaktor
• Körpermaße und Körperkraft
• Trainings- und Übungszustand
Die Leistungsfähigkeit des Menschen hängt neben der Belastungsart, der Belastungsdauer und
-intensität von einer Reihe individueller Faktoren ab. Zu nennen sind:
• Alter, Geschlecht
• Körpermaße
• Körperkraft
• Anlagen, Dispositionen
• Ausbildung, Erfahrung, Trainings- und Übungszustand
• Gesundheitszustand
Im folgenden werden einige dieser Faktoren näher dargestellt.
Alter
Als Folge biologischer Alterungsprozesse verändern sich im Laufe des Lebens eine Reihe von
Leistungsmerkmalen. Zu nennen sind hier vor allem:
• Nachlassende Wahrnehmungsfähigkeit der Sinnesorgane
• Abnehmende Muskelkraft
• Längere Reaktionszeiten
Abbildung 10
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Wie Abbildung 10 zeigt, nimmt die Muskelkraft ab dem 20. Lebensjahr stetig ab, d. h. bei gleicher
Belastung (z. B. Tragen von Lasten) ist ein 50jähriger mehr beansprucht als ein 20jähriger.
Geschlecht
Einige Merkmale der Leistungsfähigkeit sind geschlechtsabhängig. Bei Arbeitsgestaltungsmaßnahmen müssen diese stets beachtet werden. Zu nennen sind insbesondere:
• Frauen sind im Durchschnitt ca. 10 % kleiner als Männer und weisen darüber hinaus auch andere
Körperproportionen auf (breitere Hüftmaße, schmalere Schultern, kürzere Extremitäten).
• Erwachsene Frauen verfügen im Vergleich zu Männern über 30 - 40 % weniger Muskelkraft.
• Frauen reagieren empfindlicher als Männer gegen Zugluft am Arbeitsplatz.
• Frauen zeigen bessere Leistungen bei Aufgaben, die Schnelligkeit und/oder feinkoordinierte
Geschicklichkeit erfordern.
Körpermaße
Für die räumliche Gestaltung von Arbeitsplätzen und Betriebsmitteln müssen die Körpermaße
bekannt sein und berücksichtigt werden.
Die Körpermaße sind durch repräsentative Stichproben der Gesamtbevölkerung in Deutschland
ermittelt worden. Sie sind in der DIN 33402 „Körpermaße des Menschen“ zusammengestellt. In
Abbildung 11 ist die Verteilung aller Körpergrößen vom 5. Perzentil (nur 5 % der Bevölkerung ist
noch kleiner) bis zum 95. Perzentil (nur 5 % sind noch größer) für erwachsene Männer und Frauen
dargestellt.
Abbildung 11
Die angegebenen Zahlenwerte umfassen 90 % aller ermittelten Körpermaße um den Mittelwert für
Personen zwischen 16 und 60 Jahre, d. h. der arbeitenden Bevölkerung.
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Körperkraft
Ein wesentliches Leistungsmerkmal ist die Fähigkeit zur dynamischen und statischen Muskelarbeit.
Bei dynamischer Muskelarbeit werden die jeweils belasteten Muskelgruppen regelmäßig kontrahiert
und entspannt, z. B. beim Laufen oder Besteigen einer Leiter. Bei statischer Muskelarbeit verharren
die Muskeln in einem bestimmten Kontraktionszustand, ohne dass sie sich verkürzen, z. B. wenn ein
Werkstück gehalten wird.
Der Mensch ist von seinem Bauplan besser für dynamische Arbeit ausgerüstet, u. a. wegen der
besseren Energieversorgung bei dynamischer Muskeltätigkeit. Das rhythmische Erschlaffen und
Kontrahieren des Muskels übt ein Pumpeffekt auf die Blutgefäße aus und fördert so die
Durchblutung und damit die Bereitstellung von Sauerstoff und Nährstoffen. Aus der Verbrennung der
Nährstoffe mit Sauerstoff bezieht der Muskel die notwendige Energie.
Abbildung 12
Der statisch arbeitende Muskel muss mit einer wesentlich schlechteren Energiebereitstellung
arbeiten, da der Pumpmechanismus fehlt und durch die dauernde Anspannung des Muskels die
Blutgefäße eingeengt werden. Statische Muskelarbeit führt daher wesentlich rascher zur Ermüdung
als dynamische Arbeit. Die meisten Tätigkeiten enthalten sowohl dynamische als auch statische
Komponenten.
Abbildung 13
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Für die Gestaltung von Arbeitsplätzen, an denen muskuläre Arbeit geleistet werden muss, gelten
daher folgende Forderungen:
• Reduzieren der statischen Arbeit soweit als möglich
• Einhalten der sogenannten Dauerleistungsgrenze
Unter der Dauerleistungsgrenze ist dabei der Grenzbereich muskulärer Arbeit zu verstehen, bei dem
es im Verlauf eines achtstündigen Arbeitstages nicht vorzeitiger Ermüdung kommt. Wie Abbildung
14 zeigt, ist die Dauerleistungsgrenze abhängig von der aufzuwendenden Körperkraft. Erfordert eine
Arbeitstätigkeit dynamisch muskuläre Arbeit, die bei 15 % oder weniger der Maximalkraft liegt, gilt
die Dauerleistungsgrenze als nicht überschritten. Die Tätigkeit kann somit über einen Arbeitstag
ausgeführt werden.
Abbildung 14
Trainings- und Übungszustand
Der Trainingszustand ist für die Leistungsfähigkeit des einzelnen ein wichtiger Faktor. Trainierte
Personen bewältigen Belastungen leichter als untrainierte. Personen in schlechtem Trainingszustand unterliegen bei vorgegebener Arbeitsbelastung zwangsläufig höherer Beanspruchung als
Personen in gutem Trainingszustand.
Diese Situation kann zu Überbeanspruchung und vorzeitiger Ermüdung führen. Daher ist auf
gründliche Einweisung von Neulingen, die eine neue ungewohnte Tätigkeit aufnehmen, zu achten.
Ebenso sind die Zeitvorgaben in der Anfangszeit entsprechend zu verändern.
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Körpergerechte Arbeitsplatzgestaltung
• Körperabmessungen
• Bewegungsraum
• Wirk-, Greif- und Beinraum
• Sichtgeometrie
• Arbeitshaltungen
Körperabmessungen
Auf die Verteilung der Körpergröße für erwachsene Männer und Frauen wurde bereits eingegangen.
Für die Gestaltung von Arbeitsplätzen gilt der Grundsatz, dass für 90 % der Mitarbeiter eine
uneingeschränkte Tätigkeit gewährleistet sein muss. Für sicherheitskritische Einrichtungen ist dieser
Prozentsatz auf 98 % zu erhöhen.
Die folgende Abbildung zeigt am Beispiel eines nicht mitarbeitergerechten Pressenarbeitsplatzes
die Grenzen der körpergerechten Arbeitsgestaltung. Die Stellteile am Schaltschrank können von der
kleinsten Frau (1,51 m Körpergröße) nicht bedient werden und der eigentliche Pressvorgang kann
vom größten Mann (1,89 m Körpergröße) in natürlich stehender Haltung nicht eingesehen werden.
Abbildung 15
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Beim Überprüfen vorhandener und bei der Konzeption neuer Arbeitsplätze können die Körpermaße
des Menschen unter Verwendung spezieller Schablonen berücksichtigt werden. Diese Schablonen
stellen in vereinfachter Form (Maßstab 1:10) die menschliche Gestalt in verschiedenen
Körperhaltungen und unterschiedlichen Größen dar.
Eine weitere Möglichkeit zur körpergerechten Arbeitsgestaltung, insbesondere bei komplizierten
Bewegungsabläufen, besteht im Anwenden spezieller und eigens dafür geschaffener Computerprogramme.
Einzelheiten zu den Körpergrößen sind der DIN 33 402 bzw. in Zukunft der DIN EN 547 zu
entnehmen.
Bewegungsraum
Um Belastungen durch unnatürliche und gesundheitsgefährdende Körperhaltungen und
Körperstellungen zu vermeiden, müssen für jeden Mitarbeiter mindestens 1,5 m2 freie Bewegungsfläche zur Verfügung gestellt werden (ArbStättV). Wenn diese Forderung aus betrieblichen
Gründen nicht erfüllt werden kann, ist dafür zu sorgen, dass in der Nähe eine mindestens ebenso
große Fläche zur Verfügung gestellt wird.
Abbildung 16
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Wirk-, Greif- und Beinraum
Unter dem Begriff Wirkraum versteht man den Raum, in dem der Mensch abhängig von seiner
Körpergröße mit Armen und Beinen Tätigkeiten und Vorgänge ausüben und steuern kann. Einen
speziellen Teil des Wirkraumes nimmt der Greifraum der Hände ein. Die Größe des Greifraums ist
abhängig von der Körperabmessungen, von den Bewegungsmöglichkeiten und -richtungen. Den
kleinen bzw. großen Greifraum für den durchschnittlichen Arbeitnehmer in Tischhöhe zeigen die
beiden folgenden Abbildungen.
Abbildungen 17a (oben) und 17b
Der notwendige Beinfreiraum wird von den größten Bein- oder Fußabmessungen bestimmt, während
der Greifraum von der kleinsten Armreichweite abhängig ist und daran angepasst werden sollte. Bei
Sitzarbeitsplätzen sollte für die Füße eine Fußstütze zur Verfügung stehen, die dem ganzen Fuß
eine Auflagefläche bietet, und somit Verspannungen vorbeugt.
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Sichtgeometrie
Das Gesichtsfeld ist der gesamte Bereich, in dem mit beiden Augen größere ruhende oder kleinere
sich bewegende Gegenstände und Lichtsignale gleichzeitig, d. h. ohne Augen- und Kopfbewegungen, mit Sicherheit wahrgenommen werden. Mit einem Blickwinkel von 110° in vertikaler und
120° in horizontaler Richtung wird ein ovales Feld umfasst. Das Gesichtsfeld muss durch Augenund Kopfbewegungen oft erweitert werden, um alle Arbeitsgegenstände und Anzeigeneinrichtungen
zu erfassen. Optimale Sehbedingungen bestehen bei rund 30° um die Sehachse. Wichtige Elemente
sollten nur in diesem Bereich vorgesehen werden. Abhängig von verschiedenen Arbeitshaltungen
ergeben sich bestimmte Kopfhaltungen und Blicklinien.
Für die Genauigkeit der auszuführenden Arbeit, spielt die Sehentfernung eine große Rolle. Mit
steigender Entfernung des zu betrachtenden Objekts nimmt die Größe des Gesichtsfeldes zu, die
Erkennbarkeit des Objekts wird jedoch geringer. Für hohe Sehanforderungen liegt die richtige
Sehentfernung bei normalsichtigen Personen zwischen 25 und 35 cm, bei Jugendlichen etwa bei 15
cm. Die günstigste Blickneigung gegen die Horizontale beträgt im Sitzen ca. 38° + 7°, im Stehen
etwa 30° + 7°.
Abbildung 18
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Arbeitshaltung
Bei industriellen Arbeitstätigkeiten können folgende Arbeitshaltungen vorkommen:
• Stehen
• Sitzen
• Knien
• Bücken
Bücken und Knien sind als Arbeitshaltungen wegen ihrer besonderen Belastung zu vermeiden bzw.
auf das Notwendigste zu beschränken. Beim Knien kommt es zu einer starken Beanspruchung der
Muskulatur der Oberschenkel, der Füße und teilweise der Unterschenkel, die häufig zu einer
Verkrampfung dieser Muskulatur führt. Ebenso besteht bei diesen Tätigkeiten die Gefahr von
Schleimbeutelentzündungen im Kniebereich und von Veränderungen des Knorpelgewebes im
Kniegelenk. In Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass bei gebückten Arbeitshaltungen
der Energieumsatz um ca. 20 - 30 % höher ist, als bei gleichen Tätigkeiten, die im Stehen ausgeübt
werden. Die Folgen sind sowohl ein geringerer Wirkungsgrad der Arbeit als auch eine schnellere
Ermüdung des Mitarbeiters.
Zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Körperhaltung ist statische Muskelarbeit notwendig. Bei
statischer Muskelarbeit ermüden die Muskeln besonders schnell, da die Durchblutung gedrosselt
wird. Der Arbeitende wird unnötigerweise ermüden, wenn er den ganzen Tag stets die gleiche
Körperstellung, sei es Stehen oder Sitzen, beibehalten muss. Bei dynamischer Muskelarbeit werden
die Muskeln wechselweise ge- und entspannt. Dadurch wird die Blutzirkulation angeregt. Diese
Form der Arbeit gewährleistet eine ausreichende Durchblutung der Muskulatur über längere Zeit,
sofern Dauerleistungen nicht überschritten werden. Statische Muskelarbeit ist bei der Arbeitsplanung
möglichst zu vermeiden.
Da es bei Haltearbeiten zur statischen Muskelbeanspruchung und somit zu rascher Ermüdung
kommt, ist ein Wechsel von Stehen und Sitzen wünschenswert. Wenn die Tätigkeit nicht wechselt,
oder wahlweise im Sitzen oder Stehen durchgeführt werden kann, ist eine sitzende Arbeitsweise
vorzuziehen. In jedem Fall ist es günstig, wenn die Pausenzeiten zum Bewegungsausgleich genutzt
werden.
Die sogenannte Stehhilfe (Abb. 19) ermöglicht eine Mittelstellung zwischen Steh- und Sitzhaltung.
Sie ist zu empfehlen, wenn die Arbeitstätigkeit eine langandauernde statische Steharbeit erfordert.
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Abbildung 19
Müssen Arbeitstätigkeiten im Sitzen ausgeübt werden, ist darauf zu achten, dass die Sitzhaltung
immer wieder verändert wird. In diesem Fall spricht man von dynamischem Sitzen. Abbildung 20
zeigt die dabei abwechselnd einzunehmenden Sitzhaltungen.
Dynamisches Sitzen baut Muskelverspannungen vor und ist weniger ermüdend.
Vordere
Sitzhaltung
Aufrechte
Sitzhaltung
Hintere
Sitzhaltung
Höhenverstellbare
Rückenlehne
Lordosenstütze
Sitzkeil
Abbildung 20
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Klima und Behaglichkeit
• Einflussgrößen des Klimas
• Wann ist das Klima behaglich?
• Gesundheitliche Folgen klimatischer Belastung
• Schutzmaßnahmen
Für die Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers und somit auch für das Wohlbefinden und die
Gesundheit des Mitarbeiters sind die klimatischen Bedingungen am Arbeitsplatz von sehr großer
Bedeutung. Während eines Arbeitstages darf es weder zu einer Erwärmung noch zu einem Wärmeverlust des Körpers kommen. In diesem Fall spricht man von einer ausgeglichenen Wärmebilanz,
d.h. es besteht ein Gleichgewicht von aufgenommener, produzierter und abgegebener Wärme.
Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, ist eine ausgeglichene Wärmebilanz nur in einem sehr engen
Bereich möglich. Wird dieser Bereich über bzw. unterschritten, sind gesundheitliche Folgen nicht
ausgeschlossen.
Abbildung 21
Um die Wärmebilanz bei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen ausgeglichen zu halten,
verfügt der Körper über unterschiedliche Regulationsmechanismen.
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Dabei spielen eine wichtige Rolle:
• Klimafaktoren
• Wärmeabgabefähigkeit
• Kleidung
• Arbeitsschwere
• Kondition
• Konstitution
Klimafaktoren
Lufttemperatur
Ein wesentlicher Einflussfaktor auf Wohlbefinden und Behaglichkeit des Menschen ist die
Lufttemperatur. Man unterscheidet zwischen Trockentemperatur und Feuchttemperatur.
Bei der Messung der Feuchttemperatur wird die Luftfeuchte mit einbezogen. Die an einem Ort
gemessenen Feucht- und Trockentemperaturen unterscheiden sich daher in der Regel.
Messgeräte zur Erfassung der Trockentemperatur sind hauptsächlich Quecksilberthermometer,
Widerstandsthermometer und Thermoelement.
Messgeräte zur Erfassung der Feuchttemperatur sind Aspirations-Psychrometer und Feuchttemperaturthermometer.
Luftfeuchtigkeit
Die relative Luftfeuchtigkeit bezeichnet den prozentualen Anteil der Feuchtigkeitssättigung der Luft
bei einer gegebenen Temperatur.
Die Luftfeuchtigkeit wird messtechnisch mit Hygrometern, z. B. Haarhygrometer, oder Taupunktmessgeräten erfasst.
Luftgeschwindigkeit
Für die Wärmeaufnahme und -abgabe des menschlichen Körpers an die Umgebung, spielt die
Luftgeschwindigkeit (m/s) eine große Rolle.
Messgeräte sind hier Flügelradanemometer (bei hohen Luftgeschwindigkeiten) und Thermische
Anemometer (bei niedrigen Luftgeschwindigkeiten < 3 m/s).
Wärmestrahlung
Mit zunehmender Erwärmung steigt auch die abgegebene Wärmestrahlung eines Körpers.
Energiereiche Strahlungsquellen, wie sie z. B. in Stahlwerken vorkommen, können das Klima
erheblich beeinflussen.
Messgeräte sind Delta-Radiometer (elektronisches Verfahren) und Globe-Thermometer (schwarze
Holzkugel, in deren Mitte sich ein Trockenthermometer befindet).
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Wärmeabgabefähigkeit des Menschen
Für eine ausgeglichene Wärmebilanz ist es notwendig, die aufgenommene oder im Körper erzeugte
Wärme an die Umgebung abzugeben. Diese wird gewährleistet durch:
• Konvektion
• Wärmeleitung
• Wärmestrahlung
• Verdunstung
Die folgende Abbildung zeigt das Schema der Wärmeabgabe des menschlichen Körpers.
Abbildung 22
Konvektion
Die über die Haut streichende Luft nimmt im Verhältnis zur Temperaturdifferenz Wärme von der
Haut auf oder gibt Wärme an sie ab. Das Ausmaß dieses Wärmeaustausches ist abhängig von der
Luftgeschwindigkeit, der Temperaturdifferenz und der Körperdeckung. Die Luftbewegung kann
künstlich erzeugt werden oder natürlich erfolgen, z. B. durch Aufsteigen der leichteren erwärmten
Luft am Körper.
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Wärmeleitung
Aufgrund der geringen Kontaktflächen zwischen Haut und festen Stoffen besitzt die Wärmeleitung
einen fast zu vernachlässigenden Einfluss auf die Wärmeregulation des menschlichen Körpers.
Wärmestrahlung
Die Wärmestrahlung überträgt die Wärme ohne leitendes Medium. Die Wärmeübertragung ist
abhängig von der Oberflächentemperatur und der Fläche der Strahlungsquelle sowie deren Abstand
vom Strahlungsempfänger. die Strahlung verläuft vom wärmeren zum kälteren Niveau. In unseren
gemäßigten Breiten haben Strahlungsquellen normalerweise niedrigere Temperaturen als die
Hautoberfläche. Daher gibt normalerweise der Mensch an die Umgebung Wärme ab. An
Hitzearbeitsplätzen, z. B. in Gießereien, besteht jedoch eine Einstrahlung. Dies führt zur Aufheizung
des Körpers.
Je niedriger die Umgebungstemperatur ist, desto höher ist die Wärmeabgabe an die Umgebung. Je
höher die Umgebungstemperatur ist, desto weniger Wärme kann durch Strahlung und Konvektion
abgegeben werden. So kann z. B. ab ca. 26 °C durch Strahlung, ab ca. 33 °C durch Konvektion
keine Wärme mehr abgegeben werden. Ab diesen Temperaturen nimmt der Körper durch Strahlung
bzw. Konvektion Wärme aus der Umgebung auf.
Verdunstung
Kann die Wärmebilanz durch Konvektion und Strahlung nicht mehr ausgeglichen werden, muss die
überschüssige Wärme durch Verdunstung abgegeben werden. Verdunstung bedeutet langsame
Verdampfung unter Wärmeabgabe (Verdunstungskälte). Damit die Haut Wärme abgeben kann, wird
sie mit Schweiß befeuchtet. Die zum Verdampfen dieses Wasser notwendige Wärmemenge wird
dem Körper bzw. der Umgebung entzogen. Durch Steigerung der Schweißbildung kann die
Verdunstung und damit die Wärmeabfuhr erhöht werden.
Die Intensität der Verdunstung hängt ab
• von der relativen Luftfeuchte
• von der Verdunstungsfläche
• von der Geschwindigkeit der an der Haut vorbeistreifenden Luft
Gute Verdunstung ist möglich bei trockener Luft und freier Beweglichkeit der Luft am Körper. Mit
zunehmender Luftfeuchte verringert sich die Verdunstung. Bei 100 % Luftfeuchte ist eine
Verdunstung nicht mehr möglich. Hohe Lufttemperaturen und Luftfeuchte von ca. 100 % behindern
die Wärmeabgabe stark bzw. machen sie u. U. unmöglich.
Unter solchen Voraussetzungen kann keine Schwerarbeit verrichtet werden, da sonst die Körpertemperatur zu stark ansteigen würde (Hitzekollaps, Hitzschlag).
Kleidung
Die Bekleidung spielt beim Wärmeaustausch zwischen Körperoberfläche und der Umgebung eine
wesentliche Rolle. Der Wärmeaustausch ist abhängig vom Isolationswert der Kleidung. Dieser wird
meist als trockene Wärmedurchgangszahl oder auch in sogenannten clo-Werten angegeben. Der
Isolationswert erstreckt sich von 0 (unbekleidet) bis 3 (Polarkleidung).
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In diesem Zusammenhang soll auf einen häufig gemachten Fehler - vor allem in kalter Arbeitsumgebung wie z. B. Kühlhäusern - hingewiesen werden. Kleidung schützt vor Kälte nicht wegen des
verwendeten Stoffmaterials selbst, sondern durch die sich bildende Luftschicht, die als Isolation
wirkt. Darauf ist auch der Effekt langfloriger Unterwäsche zurückzuführen, die auch zur Unterstützung von therapeutischen Maßnahmen insbesondere bei rheumatischen Erkrankungen empfohlen wird. Bei eng anliegender Kleidung geht der Isolationseffekt größtenteils verloren.
Arbeitsschwere
Je schwerer die körperliche Arbeit ist und je stärker die damit verbundene Stoffwechseltätigkeit, um
so kühler muss die Umgebung sein, in der der arbeitende Mensch sich wohl fühlt. Dieser
Zusammenhang ist darauf zurückzuführen, dass der mit Muskelarbeit verbundene Stoffwechsel
einen großen Teil seiner Energie in Form vom Wärme freisetzt.
Wann ist das Klima behaglich?
Zur Beurteilung der Behaglichkeit müssen alle o. g. Einflussfaktoren des Klimas einbezogen werden.
Zur Vereinfachung werden dabei drei der vier Grundgrößen des Klimas (Temperatur, Feuchte,
Luftgeschwindigkeit) zu einem einzigen Maß - dem Klimasummenmaß - verknüpft. Die Wärmestrahlung wird, da sie nur in bestimmten Situationen, z. B. im Walzwerk, eine Rolle spielt, nicht mit
einbezogen.
Dieses Klimasummenmaß wird als Effektivtemperatur bezeichnet. Erst durch die Effektivtemperatur
wird es möglich, unterschiedliche klimatische Bedingungen direkt miteinander zu vergleichen.
In der folgenden Tabelle 1 wird der Behaglichkeits- und Unzumutbarkeitsbereich der Effektivtemperatur in Abhängigkeit von der Arbeitsschwere dargestellt.
Tabelle 1
Arbeitsschwere
Behaglichkeitsbereich
Zumutbarkeitsbereich
kcal/h
kJ/h
Bewertung
der Arbeit
°C eff.
°C eff.
120 - 190
500 - 800
leicht
19 - 23
32 - 35
190 - 260
800 - 1100
mittelschwer
16 - 19
29 - 32
260 - 330
1100 - 1400
schwer
14 - 16
25 - 29
Wichtig:
Angaben der Effektivtemperatur (°C eff) dürfen keinesfalls mit der Lufttemperatur (°C) verwechselt
werden.
Da die Effektivtemperatur ein aufwendigeres Messverfahren erfordert, können die Klimafaktoren, die
zur thermischen Behaglichkeit beitragen auch separat gemessen werden.
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Von Bedeutung sind dabei:
• Lufttemperatur
• Luftfeuchte
• Luftbewegung
In Tabelle 2 sind die empfohlenen Klimawerte angegeben.
Vorgeschriebene Klimabedingungen
Aufgabe der Arbeitsplatzgestaltung ist es, die klimabedingte Beanspruchung möglichst gering zu
halten. Die beschriebenen Betrachtungen über Klima und Behaglichkeit finden ihren Niederschlag in
der Arbeitsstättenverordnung, die folgende Raumtemperaturen fordert:
• Bei überwiegend sitzender Tätigkeit
+ 19 °C
• Bei überwiegend nicht sitzender Tätigkeit
+ 17 °C
• Bei schwerer körperlicher Tätigkeit
+ 12 °C
• In Büroräumen
+ 20 °C
• In Verkaufsräumen
+ 19 °C
Die Raumtemperatur in Arbeitsräumen soll 26 °C nicht überschreiten, ausgenommen Arbeitsräume
mit Hitzearbeitsplätzen.
Tabelle 2: Beispiele empfohlener Klimawerte
Art der Tätigkeit
Lufttemperatur
°C
rel. Luftfeuchte
%
Luftbewegung
m/s
Min.
Opt.
Max.
Min.
Opt.
Max.
Max.
Büroarbeit
18
21
24
30
50
70
0,1
leichte Handarbeit
im Sitzen
18
20
24
30
50
70
0,1
leichte Handarbeit
im Stehen
17
18
22
30
50
70
0,2
Schwerarbeit
15
17
21
30
50
70
0,4
Schwerstarbeit
14
16
20
30
50
70
0,5
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Ergonomie
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Gesundheitliche Folgen klimatischer Belastung
Die Thermoregulation gewährleistet eine konstante Körperkerntemperatur (Gehirn, Herz, MagenDarm), die bei etwa 37 °C liegt. Abweichungen von wenigen Graden können zu gesundheitlichen
Einschränkungen, in extremen Fällen sogar zum Tode führen.
Tabelle 3: Symptome bei unterschiedlichen Körpertemperaturen
Kerntemperatur
Folgen
42 - 44
Tod
41 - 42
Hitzschlag
39 - 40
hohe Schweißabsonderung, Kreislaufversagen
37
normal
35
Verzögern zerebraler Vorgänge, Zittern
34
Gedächtnisverlust
32
noch ansprechbar, sehr verzögerte Reaktionen
30
Bewusstseinsverlust
27 - 25
Tod
Als Körperkerntemperatur wird die Temperatur verstanden, die unabhängig von den Außentemperaturen im Körperinneren aufrecht erhalten werden muss.
In Abbildung 23 ist dieser Bereich für zwei unterschiedliche Außentemperaturen dargestellt.
Abbildung 23
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Ungünstige klimatische Bedingungen können bei entsprechend langer Expositionszeit zu
Befindlichkeits- und Gesundheitsstörungen und somit zu Fehlzeiten führen:
• Erkältungskrankheiten treten häufig bei schnell wechselnden klimatischen Bedingungen auf, z. B.
Arbeiten inner- und außerhalb von Kühlhäusern, oder falsche Einstellung von Klimaanlagen in
Bürogebäuden.
• Hitzebeschwerden/Hitzeerkrankungen, wie z. B. Hitzekollaps, Sonnenstich und Hitzschlag.
Letzterer führt ohne ärztliche Behandlung häufig zum Tod.
• Nachlassende Konzentrationsfähigkeit insbesondere bei hohen Temperaturen
• Weißfingerkrankheit (BK-Nr. 2104), bei der sich Kälte-Expositionen mit gleichzeitiger Vibrationseinwirkung als Schadmechanismen addieren und so zu irreversiblen Durchblutungsstörungen im
Bereich der Hände und Finger führen können. Vorkommen z. B. bei Waldarbeitern und
Steinmetzen und in seltenen Fällen auch bei Gussputzern.
• Feuerstar kann als Augenerkrankung (BK-Nr. 2401) durch langfristige Einwirkung intensiver
Wärmestrahlung , z. B. bei Stahlwerkern, entstehen.
Schutzmaßnahmen gegen ungünstige klimatische Bedingungen
Aufgabe der Klimatechnik ist es, die klimatischen Bedingungen am Arbeitsplatz so zu gestalten, dass
in Abhängigkeit von der Arbeitsschwere das Klima von den Mitarbeitern als behaglich empfunden
wird.
Liegen ungünstige klimatische Bedingungen vor, die sich nicht oder kaum regulieren lassen, müssen
besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Deren Realisierung sollte sich, wie generell bei
Schutzmaßnahmen, am TOP-Modell orientieren.
Folgende Maßnahmen kommen dabei in Betracht:
Technische Schutzmaßnahmen, wie z. B.
• Schutzanstrich bzw. Schutzverkleidung von Strahlungsquellen
• Tragen besonderer Schutzanzüge (z. B. gegen intensive Wärmestrahlung)
• Klimatisierung von Arbeitsräumen (siehe auch die o. g. empfohlenen Klimawerte)
• Evtl. Einsatz von Industrierobotern bei extremen Hitzearbeiten
• Vermeiden zu hoher Windgeschwindigkeit
• Klimatisierung von Einzelarbeitsplätzen durch Heizstrahler
• Vermeiden zu großer kalter Umschließungsflächen, da diese zur Wärmeabgabe bei Mitarbeitern
führen können.
Organisatorische Schutzmaßnahmen, wie z. B.
• Verkürzen der Expositionszeit bei extremen Kälte- und Hitzearbeiten
• Verkürzen der Arbeitszeiten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen
• Verlängern der Pausenzeiten bzw. mehrere Kurzpausen
• Systematischer Arbeitsplatzwechsel
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• Kostenlose Bereitstellung geeigneter Getränke (keine alkoholischen oder koffeinhaltigen
Getränke)
• Pausenräume mit behaglichen thermisch neutralen Temperaturen
Zweckmäßiges Verhalten, wie z. B.
• Tragen angemessener Bekleidung
• Aufsuchen günstiger Klimata in den Arbeitspausen
• Angemessenes Trinkverhalten
Arbeitsmedizinische Vorsorge, wie z. B.
• Mitarbeiter müssen den gesundheitlichen Anforderungen nach G 30 Hitzearbeit bzw. G 21
Kältearbeit entsprechen.
Beleuchtung am Arbeitsplatz
• Das Auge - unser wichtigstes Sinnesorgan
• Beleuchtungsniveau
• Blendungsbegrenzung
• Lichtrichtung und Schattigkeit
• Lichtfarbe und Farbwiedergabe
Gute Beleuchtung am Arbeitsplatz wirkt sich in vielfältiger Weise positiv auf das Arbeitsleben aus.
Abbildung 24
Im Gegensatz dazu wirkt Lichtmangel einschläfernd und führt sehr häufig zu unangenehmen
Nebenerscheinungen wie z. B. Brennen der Augen, Kopfschmerzen, Unlust und Unwohlsein.
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Das Auge - unser wichtigstes Sinnesorgan
Den größten Teil, nämlich ca. 80 % der Umweltinformationen nimmt der Mensch mit dem Auge
wahr. Das Licht gelangt auf drei verschiedenen Wegen in das Auge:
• direkt
• durch Reflexion am Sehobjekt
• durch Reflexion an der Umgebung
Maßgebend für den Sehvorgang ist in erster Linie das vom Sehobjekt reflektierte Licht. Es erzeugt
auf der Netzhaut des Auges ein Bild, das dort von lichtempfindlichen Zellen aufgenommen, in
elektrische Impulse umgewandelt und über den Sehnerv ins Sehzentrum geleitet wird. Das Auge
kann seinen Sehaufgaben nur gerecht werden, wenn
• das Sehobjekt die notwendige Helligkeit hat und
• der Sehapparat funktionstüchtig ist.
Gute Sehbedingungen sind nur durch optimale Beleuchtungs- und Lichtverhältnisse möglich. Am
Arbeitsplatz ist eine ausreichende Beleuchtung daher zwingend erforderlich. Diese kann durch
Tageslicht oder durch künstliches Licht erreicht werden.
Grundlegende Forderungen nach einer ausreichenden Innenraumbeleuchtung sind in der ArbStättV
und in der UVV „Allgemeine Vorschriften“ (VBG 1) enthalten.
Was ist unter der Beleuchtungsstärke zu verstehen?
Die Beleuchtungsstärke ist ein Maß für das auf eine Fläche auftreffende Licht.
Maßeinheit: Lux (lx).
Abbildung 25
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Die Beleuchtungsstärke beträgt im Freien bei Tageslicht bis zu 100 000 Lux und selbst im Schatten
unter einem Baum noch immer etwa 10 000 Lux, also das Zehnfache der Beleuchtungsstärke in
einem modernen Büro. Das menschliche Auge orientiert sich an den Beleuchtungsstärken im Freien.
Kennzeichen guter Beleuchtung
Gute Beleuchtung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
• Beleuchtungsniveau
• Blendungsbegrenzung
• Lichtrichtung
• Lichtfarbe und Farbwiedergabe
• Harmonische Helligkeitsverteilung
Beleuchtungsniveau
Wesentliches Merkmal für gutes Licht ist das Beleuchtungsniveau. Es wird bestimmt durch die
• Beleuchtungsstärke
• Reflexionseigenschaften von Decken, Wänden, Fußböden und Einrichtungsgegenständen
Das Beleuchtungsniveau beeinflusst nicht nur die Sehleistung des Menschen, sondern auch seine
Stimmung, seine Leistungsbereitschaft und seine Fähigkeit zur Entspannung. Eine Erhöhung der
Beleuchtungsstärke führt zur Verbesserung der Sehbedingungen und damit zu einer Leistungssteigerung. Sie
• verringert Ermüdungserscheinungen durch leichteres, weniger anstrengendes Arbeiten,
• vermindert Ausschuss bei der Produktion durch bessere Sehbedingungen,
• senkt Unfallzahlen,
was in der Praxis bewiesen werden konnte.
In einer vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung durchgeführten Erhebung
(„Wo drückt uns der Schuh?“) äußert jeder Dritte seine Unzufriedenheit über die Beleuchtungsverhältnisse. Aufgeschlüsselt nach Gewerbezweigen zeigt sich folgendes Bild.
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Abbildung 26
Von großer Bedeutung sind auch die psychischen Einflüsse des Beleuchtungsniveaus auf den
arbeitenden Menschen. Das subjektive Gefühl unter angenehmen Bedingungen in einem hellen
Raum zu arbeiten, beeinflusst Leistungsbereitschaft, Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer. Im
Freien bei Tageslicht ist es nicht anders. Ein düsterer Tag, grau in grau, bedrückt, während ein
heller, sonniger Tag Energien weckt.
Tabelle 4: Beispiele
120 Lux
•
•
•
•
Treppenhäuser
Lagerräume
Eisengießen
Gussputzen
250 Lux
•
•
•
•
•
Sägen
Hobeln
Fräsen
Drehen
Formen
1000 Lux
•
•
•
•
Werkzeug, Lehren- und •
Vorrichtungsbau
•
Justieren
•
Eichen
Technisches Zeichnen
500 Lux
•
•
•
•
•
•
1500 Lux
Farbprüfen
Edelsteinschleifen
Kunststopfen
Montieren
Polieren
feine Dreh- und
Hobelarbeiten
Stanzen
Büroarbeiten
Schaltwarten
750 Lux
•
•
•
Sortieren
Kontrollieren
Schleifen optischer
Gläser
2000 Lux
•
•
•
Stahl- und Kupferstich
Ziselieren
Gravieren von Subminiaturteilen
Blendungsbegrenzung
Eine zu hohe Beleuchtungsstärke führt zu Blendungserscheinungen. Blendung setzt die Sehleistung
herab, verursacht bei längerer Einwirkung Unbehagen und Ermüdung und vermindert das Wohlbefinden. Eine direkte Blendung kann von falschen oder falsch angebrachten Lampen, die im Blickfeld
liegen, hervorgerufen werden.
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Das Blendempfinden hängt u. a. ab von
• den Leuchtdichten
• der Größe der gesehenen leuchtenden Fläche
• der Lage im Gesichtsfeld
• vom Beleuchtungsniveau
• der Leuchtdichte der Umgebung oder des Hintergrundes
Blendung wird vor allem hervorgerufen durch Flächen mit relativ großer Leuchtdichte im
Gesichtsfeld. Blendung durch Lampen oder Leuchten (Direktblendung) muss ebenso wie Blendung
durch Reflexe auf glänzenden Flächen (Reflexblendung) vermieden werden. Reflexblendung wird
verursacht durch Spiegelung hoher Leuchtdichten auf glänzenden Oberflächen.
Abbildung 27
Mit zunehmendem Alter werden immer geringere Beleuchtungsdichten vertragen. Ältere Menschen
sind daher blendungsempfindlicher und werden durch helle Leuchten oder helle Reflexe auf der
Arbeitsfläche sehr viel stärker gestört als junge.
Abbildung 28
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Diese zunehmende Blendungsempfindlichkeit ist auf das zunehmende Streulicht, das durch
altersbedingte Eintrübungen verursacht wird, zurückzuführen.
Abbildung 29
Beispiele zur Blendungsbegrenzung
Freistrahlende Leuchten sind in Räumen mit ständig besetzten Arbeitsplätzen nur zulässig, wenn die
geforderte Güteklasse nach DIN 5035 eingehalten wird. Leuchten für Einzelplatzbeleuchtung sind
gegen direkten Einblick abzuschirmen.
Wegen der starken Blendung ist die Anordnung der Leuchten quer zum Betrachter ungünstig, wenn
Leuchtstofflampen ohne seitliche Verblendung verwendet werden. Besser ist die Montage in
Längsrichtung parallel zur Fensterfläche.
Die Leuchtdichte einer klaren oder mattierten Glühlampe ist infolge der geringen Oberfläche
wesentlich höher als die Leuchtdichte von Leuchtstofflampen. Daher ist die Blendung von
Leuchtstofflampen geringer als die von Glühlampen.
Lichtrichtung und Schattigkeit
Lichtrichtung und Schattigkeit beeinflussen in starkem Maße die Erkennbarkeit räumlicher
Gegenstände und deren Formen. Unnatürliche Lichtrichtung verursacht die Gefahr der falschen
Wiedergabe der räumlichen Form. Durch entstehende Schattenmuster und Glanzeffekte trägt die
Verteilung des einfallenden Lichtes jedoch auch maßgeblich zum stimmungsbetonten Charakter
eines Innenraumes bei. Durch genügend großen von oben kommenden Anteil der Gesamtbeleuchtung kann der sog. Silhouetteneffekt gemindert oder verhindert werden. Dieser Effekt entsteht,
wenn Gegenstände oder Personen vor hell beleuchteten Flächen beobachtet werden.
Ein Verhältnis der vertikalen zur horizontalen Beleuchtungsstärke von 1:3 sollte angestrebt werden.
Ist der vertikale Anteil zu hoch, gibt das Licht starke Schlagschatten. Ist das Verhältnis der vertikalen
zur horizontalen Beleuchtungsstärke 1:1, ist die Beleuchtung ohne Schattigkeit, man fühlt sich
unbehaglich.
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Abbildung 30
Besondere Bedeutung hat die gezielte Beleuchtung von Gefahrstellen, um diese von der Umgebung
abzuheben, z. B. bei Fußgänger- und Bahnüberwegen, bei Treppen.
Raumzonen können gegenüber anderen Teilen eines Raumes durch entsprechende Beleuchtung
hervorgehoben werden. Auch kann durch die planmäßige Beachtung der Schattenbildung die
sichere Handhabung von Werkzeugen sowie das gefahrlose Bedienen von Maschinen erleichtert
werden. Mit Hilfe eines streifenden Lichteinfalls kann die Rauhigkeit oder Struktur einer Oberfläche
besser erkennbar gemacht und kontrolliert werden.
Lichtfarbe und Farbwiedergabe
Das Sehen beruht auf der Wahrnehmung von Helligkeits- und Farbunterschieden. Licht und Farbe
beeinflussen das Wohlbefinden und die Stimmung des Menschen. Die Lichtfarbe - d. h. der Farbeindruck der Lichtquelle - ist von ihrer spektralen Strahlenverteilung abhängig. Elektrische Lampen
werden bezüglich ihres Farbeindrucks in drei Lichtfarben eingeteilt:
• ww - warmweiß: ähnlichste Farbtemperatur: bis 3300 K
• nw - neutralweiß: ähnlichste Farbtemperatur: 3300 K - 5000 K
• tw - tageslichtweiß: ähnlichste Farbtemperatur: ab 5000 K
Für Arbeitsstätten wird allgemein die Lichtfarbe neutralweiß bevorzugt. In Büro- und
Verwaltungsgebäuden werden dagegen in immer stärkeren Maße warmweiße Lichtquellen
eingesetzt. Die tageslichtweißen Lampen werden häufig bei Arbeitsplätzen verwendet, die der
Erkennung von Farben dienen. Sie sind aber nur in Verbindung mit hohen Beleuchtungsstärken
verträglich. In DIN 5035, Teil 2 werden zu diesem Gütekriterium Empfehlungen ausgesprochen.
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Psychische Belastungen
Bisher wurden Belastungsarten besprochen, die messbar und in ihren Auswirkungen auf den
Menschen beurteilbar sind.
Daneben gibt es noch eine ganze Reihe von Belastungsfaktoren, die messtechnisch nur noch
schlecht erfasst werden können, da sie auf die Psyche und das vegetative Nervensystem des
Mitarbeiters wirken.
Dies sind vor allem:
• Reizüberflutung und Reizarmut
• Leistungsdruck, Zeitdruck
• Zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz
• Angst vor Veränderungen am Arbeitsplatz
Diese psychischen Belastungsfaktoren bezeichnet man auch als Stressauslöser oder Stressoren im
eigentlichen Sinne. Aber auch alle anderen bereits genannten Belastungsarten können zu
Stressreaktionen führen (z. B. bei Lärm), da sie direkt oder indirekt auch auf die Psyche des
Menschen wirken. Nach Frieling und Sonntag (1987) lassen sich die Beanspruchungsfolgen von
Stress folgendermaßen klassifizieren.
Betrachtungsebene
Auswirkungen
Kurzfristige Beanspruchungsfolgen
(Auswahl)
Mittel- bis langfristige Beanspruchungsfolgen (Auswahl)
Physische/somatische Reaktionen
•
•
•
•
•
•
Ansteigen der Herzfrequenz
Blutdrucksteigerung
Schweißausbruch
Muskelschmerzen
Durchfall
erhöhte Atemfrequenz
•
•
•
•
•
•
•
Bluthochdruck
Infarkt/Koronarerkrankungen
Magen-/Darmerkrankungen
Erkrankungen des Stütz- und Halteapparates
Rheumatische Erkrankungen
Infektionen
Hautallergien
Beobachtbares Verhalten
•
•
•
•
•
Leistungsschwankungen
Konzentrationsmängel
Fehler in der Arbeitsausführung
Verschlechterung der Feinmotorik
Unfreundlichkeit
•
•
•
•
Chronischer Leistungsabfall
Nikotin-, Alkohol-, Drogenmissbrauch
Gehäufte Fehlzeiten, Arztbesuche
Soziale Isolierung
Psychische Empfindungen
•
•
•
•
•
•
•
•
Misserfolgsgefühl, Enttäuschung, Frustration
Ärger
Aufgeregtsein
Gereiztsein
Aggressivität
Monotonie
Sättigung
Ermüdung
•
•
•
•
•
Depression
Angst, Ängstlichkeit
Permanente Erschöpfung
Unzufriedenheit
Schmerzen, körperliches Unwohlsein
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Reizüberflutung und Reizarmut
Bei einer das Fassungsvermögen der Sinnesorgane oder des informationsverarbeitenden Systems
übersteigenden Anzahl von Reizen kann eine psychische Überbeanspruchung mit negativen
Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit auftreten.
Eine solche Reizüberflutung kann z. B. vorliegen, wenn an einem Steuerstand eine zu große Anzahl
von Instrumenten überwacht werden muss.
Als Folgen dieser Belastung treten Ermüdungserscheinungen und entsprechende Einbußen der
Konzentrationsfähigkeit auf.
Gestaltungsmaßnahmen:
Durch zweckentsprechende ergonomische Gestaltung kann die Reizvielfalt herabgesetzt werden.
Dabei ist auch die Frage zu klären, welche Reize (Signale, Information) für die Arbeit unbedingt
erforderlich sind. Die Probleme der Reizarmut und Vigilanz bei Arbeitstätigkeiten können durch
vermehrte Pausen oder auch durch Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen, wie z. B. systematischen
Arbeitsplatzwechsel oder Arbeitsplatzerweiterung, vermieden oder zumindest reduziert werden.
Leistungsdruck, Zeitdruck
Leistungsdruck als Belastungsfaktor ist dann gegeben, wenn die Arbeitsaufgabe bezüglich der
Menge und/oder Art der Arbeit die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters übersteigt.
Quantitativer Leistungsdruck (Zeitdruck) liegt häufig bei kurzzyklischen und repetitiven Arbeitstätigkeiten wie beispielsweise der Fließbandarbeit vor, während qualitativer Leistungsdruck eher durch
komplexe Arbeitstätigkeiten, die bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen, ausgelöst wird.
Ursächlich kann dieser Leistungsdruck sowohl auf das Qualifikationsniveau des Mitarbeiters als
auch auf die inhaltliche und zeitliche Gestaltung der Arbeitstätigkeit zurückzuführen sein.
Mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von Zeit- und Leistungsdruck:
• Die Arbeitstätigkeit anhand der Bewertungsebenen (Ausführbarkeit,
Zumutbarkeit überprüfen (siehe Bewertungsebenen der Arbeit).
Erträglichkeit
und
• Zeit-/Stückvorgaben oder Taktzeiten bei quantitativer Überforderung überprüfen.
• Eventuelle Qualifizierungsmaßnahmen bei Mitarbeitern.
• Eignungsgerechter Einsatz des Mitarbeiters.
• Wenn möglich, Mitarbeiterbeteiligung bei Entscheidungen und Zielfestlegungen.
Zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz
Der Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten und Untergebenen kann das psychische Erleben der Arbeit
positiv oder negativ erheblich beeinflussen.
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Von Bedeutung sind insbesondere:
• Vorgesetztenverhalten
• Mobbing, d. h gezieltes Ausgrenzen und Provozieren einzelner Mitarbeiter
• Cliquenbildung
• Kommunikationsmöglichkeiten unter Mitarbeitern sowie zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten
• Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten
Sollten im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen Probleme bestehen, die über das
„normale“ Maß hinausgehen, sind Führungskräfte gefordert auf das Mitarbeiterverhalten Einfluss zu
nehmen. In manchen Situationen können auch verschiedene Maßnahmen zur Organisationsentwicklung bzw. Personalentwicklung angewendet werden. Diese Maßnahmen werden in der Regel
durch externe, unvoreingenommene und eigens dafür geschulte Berater vorgenommen.
Zum Schluss soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die zwischenmenschlichen
Beziehungen auch immer als eine Folge der gesamten Arbeitsbedingungen zu sehen sind.
Ergonomische Gestaltungsmaßnahmen wie sie oben dargestellt wurden, wirken auch auf die Güte
der zwischenmenschlichen Beziehungen.
Angst vor Veränderungen am Arbeitsplatz
Jeder Arbeitsplatz unterliegt, bedingt durch den allgemeinen Innovationsprozess, von Zeit zu Zeit
verschiedenen Änderungen technischer und organisatorischer Art.
Diese Änderungen wirken sich mehr oder weniger stark auch auf die Tätigkeit der Mitarbeiter aus.
Im Extremfall kann dies dazu führen, dass nach einer Veränderung grundlegend neue Qualifikationen von den gleichen Mitarbeitern gefordert werden.
Der Wechsel von konventionellen Werkzeugmaschinen zur CNC-Technik ist dafür ein gutes
Beispiel.
Veränderungen am Arbeitsplatz, die sich auch auf die jeweiligen Tätigkeiten der Mitarbeiter auswirken, haben häufig stressauslösenden Charakter. Als Gründe sind hier insbesondere zu nennen
• Angst, in der neuen Situation zu versagen.
• Angst, die gewohnte Position oder den Arbeitsplatz zu verlieren.
• Angst vor finanziellen Einbußen, z. B. Streichung von Prämien.
Zwei unterschiedliche Maßnahmen können hier Abhilfe schaffen:
• Beteiligung der Mitarbeiter bei Entscheidungsvorgängen, die ihre Arbeit betreffen. Aktive
Beteiligung der Mitarbeiter bei notwendigen Veränderungsprozessen.
• Mitarbeiterinformation, Unterweisung sowie innerbetriebliche Fort- und Weiterbildung.
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Glossar
Arbeitsplatzbereicherung:
Maßnahme der Arbeitsplatzgestaltung. Es kommen an einem Arbeitsplatz neue, qualitativ verschiedene
Tätigkeiten hinzu.
Arbeitsplatzerweiterung:
Maßnahme der Arbeitsplatzgestaltung. Es kommen an einem Arbeitsplatz neue, nicht qualitativ verschiedene
Tätigkeiten hinzu, z. B. werden zwei Bandstationen zu einer zusammengefasst.
Arbeitsplatzrotation:
Maßnahme der Arbeitsplatzgestaltung. Die Beschäftigten in einer Gruppe tauschen in regelmäßigen Abständen ihre Arbeitsplätze.
Beanspruchung:
Subjektive (für jeden Menschen einzigartige) Reaktion auf Belastung
Belastung:
Physikalisch objektiv messbare Einwirkung auf einen Menschen, z. B. Schwere eines zu hebenden Gewichts.
clo:
Maßeinheit für die Isolationsgüte von Kleidung, kann zwischen 0 (unbekleidet) und 3 (Polarkleidung) liegen.
Effektivtemperatur:
Messgröße, die Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit zusammenfasst.
Ergonomie:
Anpassung des Arbeitsplatzes und der Arbeit an die Fähigkeiten und Eigenschaften des Menschen.
Expositionszeit:
Dauer, die ein Mensch einer Einwirkung ausgesetzt ist.
Klima:
Sammelbegriff derjenigen physikalischen Größen, die den Wärmeaustausch des Körpers mit seiner Umgebung beeinflussen.
Konvektion:
Wärmeübergang von der Haut an die Umgebung.
Leuchtdichte:
Helligkeitseindruck einer Fläche − wird in Candela pro Quadratmeter angegeben (8 cd/m²)
Beleuchtungsstärke:
Menge des Lichts, das auf eine bestimmte Fläche auftrifft − wird in Lux angegeben.
Monotonie:
Eintönigkeit
Organisationsentwicklung:
Umfassender, strategisch geplanter Prozess der Veränderung einer Organisation, bei dem eine Vielzahl
einzelner Methoden eingesetzt wird.
Vigilanz:
Eigentl. Wachsamkeit, hier: Die Problematik, bei einer durch Eintönigkeit ermüdenden Über-wachungstätigkeit
dennoch auf ein plötzlich eintretendes Ereignis schnell zu reagieren.
Wärmebilanz:
Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion, Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe des menschlichen Körpers.
Eine ausgeglichene Wärmebilanz führt zu einem Gefühl der Behaglichkeit.
Wärmeleitung:
Wärme fließt durch direkten Kontakt zwischen einem warmen und einem weniger warmen Gegenstand.
Wärmestrahlung:
Wärme wird, obwohl kein direkter Kontakt besteht, übertragen, z. B. bei glühenden Gegenständen.
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