Feuer und Asche: Sexuelle Aufklärung

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Feuer und Asche: Sexuelle Aufklärung - oder Lieben anwärmen 2011?
Es gibt in unserer Zeit keinen anderen Weg zu Gott als über den Feind.“ *1)
Ich lese für Gott „Heilung der Welt“, und dann sagt dieser Spruch auch,
Sexualität nicht zuvorderst als „Feind“ oder Bedrohung zur Sprache zu
bringen oder, wie „Missbrauchs-Opfer“zu vermeiden seien, sondern von
vorneherein als positives Potential für die jugendliche Entwicklung
einzuschätzen. Jung Sein bedeutet keine Schonzeit, welche durch sexuelle Lust
(Jung mit Jung o. allein mit sich) verdorben würde.
Hier sollte in jedem Alter niemand sich selbst überlassen bleiben. um frühzeitig
eine positive Einstellung zur Sexualität zu gewinnen
„Aufgabe der Kirche in der Sexualerziehung ist es, alle jungen Menschen in ihren unterschiedlichen Situationen
zu verstehen und ihnen Hilfen zur sinnvollen Gestaltung ihres sexuellen Lebens zu geben.
Die Einrichtung eines besonderen Unterrichtsfaches Sexualkunde genügt nicht.“*2)
Ich kann nicht erkennen, wie das mit einer verengenden Sexualmoral der katholischen Kirchenlehre zu erreichen wäre.
Es gibt bereits Kinder und junge Jugendliche, die werden nicht mit sich allein gelassen. Erfahrene
Erwachsene kümmern sich darum, was die Kinder wohl fühlen, was sie wohl spüren, was sie wohl
fantasieren, und dazu kommt noch etwas: Wie wackelig und unsicher sie zwischen Neugier und
Scheu leben und wie sie dem Neuen wohl näher kommen können. (Das verraten z.B. ihre LiebesGedichte.*1a)
Zwischen 10/11 und 15/17 hat eine der stärksten Lebenskrisen die Kinder und Jugendlichen ereilt.
Das wird gemeinhin Pubertät genannt. Jedoch ist Pubertär Sein leider kein Begriff, welcher
ehrfürchtig macht, sondern einer, welcher Eltern und Erzieher in Ungeduld bringt, verlegen macht
oder sie Überlegenheit spielen lässt. Üblicherweise warten Erwachsene dann darauf, dass diese
„Unberechenbarkeits-Phase“ doch möglichst bald ein Ende nähme. Weil sie mit diesen Kindern und
Jugendlichen, welche vom Mädchen zur Frau und vom Junge zum Mann heranreifen, nicht mehr das
anfangen können, wie es ihnen bisher geläufig war.
Diese Krise ist als heilsame eine der Wichtigsten des Lebens: Sie bewirkt einen Umbau des
einheitlichen kindlichen Denkens und Wissens in ein unbegrenzt wachsendes Feld, das eigene Leben
und Lieben mittels Bewährungsproben aus eigenen Ansichten und Bedürfnissen zu suchen.
Der Vorschlag des Pädagogen Hartmut von Hentig*3) besteht darin, junge Jugendliche raus aus dem
Schulsystem zu nehmen, weil sie dort ihre persönliche Lebensführung nicht entwickeln können, und
sie gleichzeitig aus der Familie zu entlassen, weil die Kleinfamilie die breiten Wege ins vielfältige
Leben nicht eröffnen kann.
Raus. Raus in die Wildnis der Natur oder in die Wildnis der Gefühle, gemeinsam mit Anderen samt
dem dazugehörigen sich verdeutlichenden Für und Wider, unter Anderen und auch einmal ohne
einen einzigen Anderen, beispielsweise
eine Nacht ganz allein im Wald zu verbringen.
Wer zu solchen Ritualen ermutigt, dazu herausfordert und verhilft, der hat
Kinder und ihre Krisensituation verstanden und erfährt Genugtuung, an diesem zeitweisen „Chaos“
schöpferisch mitwirken zu können.
Schule zu betrachten bedeutet zur Zeit, festzustellen, dass das starre Schulsystem das nicht be- oder
er-griffen hat. Es geht auch anders*4.)
Es legt nach wie vor Wert auf binomische Formeln und Grammatik und schiebt das Pubertätsdrama
ins Privatleben ab.
Familie zu betrachten zeigt an, dass die bisher vertraute Nähe zwischen Eltern und Kind ganz
allmählich nicht mehr deren innersten oder geheimen Bedürfnissen entspricht, was unweigerlich in
Konflikte mündet.
Indianer wussten das nicht, aber sie gaben ihre 12-Jährigen in andere Familien, wo sie andere Eltern
und darüber hinaus neue Namen bekamen, Eltern wie Kinder. Andere Umgebung, andere
Auffassungen. Frische Luft also.
Wir brauchen Gerald Hüther*5) und andere Neurobiologen, die uns erklären, dass alles das, was
unsere Erziehung ins Kindergehirn eingesät hat (da konnte die Welt und das Leben noch als Einheit
empfunden werden, es passte alles,) dass nun diese Prägungen: brav, sittsam, ordentlich, “du bist ja
schon groß!“ zusammenbricht und sich auflöst.
Hatte Kind endlich gelernt, worauf es sich verlassen konnte oder sollte, ausgerechnet das geht nun
auf einmal flöten.
Mit dem anderen Geschlecht wird nicht mehr gespielt, sondern herabgeschaut, und als „blöde
Ziegen“, oder „doof“ entwertet. Eltern werden zu Problemen. („Der 12jährige Jesus im Tempel“.)
Was einheitlich war, wird unübersichtlich vielfältig. Früher: „himmelhoch jauchzend - zu Tode
betrübt“, heute: „Cool“,
„geil“ oder „porno.“
Neue Idole (Stars), neue Gruppenstile wie Tatoos. Oder gepierct. Oder unter-schiedliche Socken.
Oder „meine Musik muss so laut!“. Oder Gel im bunten Haar. (Damals, lange her, waren es die
„langen Haare“ der Jungen und die Mini-Röcke der Mädchen, welche zeigten, wer sich an einen
neuen Gruppenstil hielt.)
Dann doch wieder Mädchen und Jungen in neugierigen Annäherungen, aber wie? Und auf welche
Weise dem eigenen sexuellen Sinn welche Form geben? Sexualität ist doch viel mehr als genitaler
Sex. Schwärmen macht Lust wie Zärtlichkeiten auch. Haut und Hände sind die größten
Geschlechtsorgane.
Oder Liebesgedichte machen. Oder: Die Große Liebe fällt ein, die erste, - und vergeht wieder.
Liebesleid. Aus Treue einen Dauerbesitz zu machen, klappt meist nicht. Nur in guter Begleitung,
nämlich da, wo zugehört wird, zu verkraften.
Auf einmal wird dann mit „sexueller Aufklärung“ angefangen, sortiert in Wissens-wertes über
Verhütung, „Mutterkuchen“ und „Samenzellen“ anzubieten. Allerdings ohne über die Situationen
und Erlebnisse zu sprechen, wie das sogenannte Wissenswerte, was zur Bildung gehörte, tatsächlich
erlebt wurde.
Und dazu noch alle die „Unfallverhütungsvorschriften“, sozusagen etwas wie „Asche“ der Sexualität.
Sexualität: Ein Feind? Dann gib es keinen Weg zur Lust.
Besser ist, dem zuvor zu kommen mit der Wärme ihres lodernden „Feuers“.
Ziel der Bildung ist Handeln, nicht Wissen.
Und wie Handeln sein kann, vermag gleichwürdiges Sprechen zwischen Jung und Alt von Angesicht zu
Angesicht zu fördern. Was nur in einem geeigneten Ambiente gelingt, kaum im Klassen- oder
Wohnzimmer, eher am Lagerfeuer und mit Menschen, die sich ohne Vorbehalte dieser Vertrauen
weckenden Begegnung stellen. Erlebnis also, Zuhören aller Fragen, gegenseitig persönliche
Geheimnisse lüften. Und alles wertfrei, straflos und zwanglos. Und selbstverständlich freiwillig.
Das kann die Krise fruchtbar werden lassen. Lauschen und Mitfühlen stehen höher als Lösungen zu
finden, dafür ein Entdecken „wie fühle denn ich mich dabei?“ Und dass Andere auch fühlen, nur wie?
Leben und Lieben lernen in Begegnung, Austausch, Staunen, Wagen, Gemeinsinn. Bewähren.
Es gibt noch ein „Auf einmal . .“, nämlich das Internet. Mit eigenem PC zu surfen macht möglich, die
pornografischen Zumutungen*7), welche Agenturen im Internet absondern, zu betrachten und
welche gesichtslos glauben machen:
„So also soll das gehen.“ Darauf ein 11jähriger Junge: „Was muss ich beim ersten Mal alles richtig
machen?“
Ich halte taktvolle einfühlende Begleitung ins Erwachsenwerden für eine national-weite Aufgabe,
welche immer noch unerfüllt bleibt. Stattdessen verlässt man sich auf sogen. „Experten“, auf
Mediziner, als ginge es um etwas Krankes, auf Psychologen, als brauche es Experten, auf Internet, auf
Schweigen oder auf Unkenntnis.
Sexualität als stärkster Impuls, sich ohne zu vergleichen selbst Wert zu schätzen („Ich kann Lust und
Freundschaft geben und nehmen“) und Gemeinsinn mit dem noch fremd anmutenden anderen
Geschlecht zu entwickeln. Zunächst ohne genitalen Sex („darauf wirst du auch noch zugehen“,) dafür
mit gemeinschaftlichen Vorhaben: „Ihr: Feuerholz; wir: kochen.“ - „Lasst uns unseren
Besprechungskreis. Ihr wolltet euch doch gegenseitig massieren.“ Körperbemalung: Nackt und doch
nicht nackt. Wirklich, so EineR bin ich?“ Noch nie erlebt vorher. Dies jetzt, und jenes für später
erhoffen, Wagnisse werden gewagt, vielleicht auch Scheiße gebaut und daraus Besser Machen
gelernt.
Hauptsache: Die Einschätzung „Ich seh Scheiße aus“ verlernen und entlassen.
Weisheit entsteht aus Erfahrung. Erfahrung entsteht aus Fehlern. (In der Schule dürfen keine Fehler gemacht
werden.)
Angewandte Erlebnispädagogik, Initiationspädagogik und aktives Zuhören*6)
mit ergebnisoffenem Probieren verwirklichen legitim die verfassungsrechtlich geschützte
Subjektstellung des Kindes entsprechend Art. 1 GG und der Kinderrechtskonvention der UN 1989 u.
BRD 1992“ „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“, nämlich sein Recht auf Beteiligung
hinsichtlich einer aktiven Rolle in der Gesellschaft (Beteiligungsrechte) zu schützen, wörtlich: „Sein
Recht, sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört und zu werden und sich zu versammeln.“
Und als Abschluß dann das Fest: Die Initiation, welche zusammen mit Eltern, selbstgewählten Paten
und beteiligten Frauen und Männern bestätigt:
„Ihr seid als unsere Kinder ausgeflogen und nun als unsere jugendlichen sexuell selbstbestimmten
Erwachsenen heimgekehrt, und wir anerkennen euch darin.“
Damit ist ein bedeutender Schritt im Sinne der hochaktuellen öffentlichen Aufgabe
der Integration von Menschen in die Gemeinschaft aller getan.
© Martin Goldstein*8) Edelfalter 37 41564 Kaarst T. 02131 - 2012700
Diese Beschreibung auf den Seiten 1-3 ist regional schon weiter gediehen als eine reale Utopie. Sie geschieht
bereits und bietet ihre jahrelang bewährten Erfahrungen an *6).
Jugendlichen steht das offen, doch das Problem liegt bei Eltern und Erziehern, die aus Scheu oder Verlegenheit
und Ängstlichkeit sehr zögerlich bleiben, auf ihre sexuell erwachenden Kinder stolz zu sein.
Literatur:
*1) Walter Wink (evgl. Theologe): „Angesichts des Feindes.“ Der dritte Weg Jesu.
Claudius, München 1988. (Vergriffen, noch zu beziehen s. Unterzeichnenden)
*1a) „Ich fühl dich“ Liebesgedichte von Kindern 9-13 J. Freie Schule Potsdam 2002, vergriffen
*2) Aus „Denkschrift der Evgl.Kirche i.D. zu „Fragen der Sexualethik“ 1971
*3) Hartmut von Hentig: „Bewährung. Von der nützlichen Erfahrung, nützlich zu sein.“
Carl Hanser, München, Wien 2006 108 S.
*4) Ulrike Kegler: „In Zukunft lernen wir anders. Wenn die Schule schön wird.“
Beltz Weinheim u. Basel, 2009 256 S.
*5) Gerald Hüther: „Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn“
Sammlung Vandenhoeck, Göttingen 2009
*6) www.wildnisschulepotsdam.de/Drachinzeit
http://www.mannepotsdam.de/Phoenixzeit
*7) Johannes Gernert: „Generation Porno“. Fackelträger-V. Köln 2010 385 S. E 19.90
*8) Martin Goldstein: „TEENAGERLIEBE. Von der Aufklärung zur Initiation.“
Archiv d. Jugendkulturen Verlag, Berlin, 2009 184 S. E 15:00
9) Erwin In het Panhuis: „Aufklärung und Aufregung“ 50 Jahre Schwule und Lesben in der BRAVO.
Archiv der Jugendkulturen Verlag. Berlin 2010 194 S. E 19.90
10) Hans Peter Dürr: „Das Lebende lebendiger werden lassen.“ Wie uns neues Denken aus der
Krise führt. /III oecom 2011, 161 S. EUR 17.95
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