Schmallenbergvirus-Infektion und deren aktueller Stand in

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Schmallenbergvirus-Infektion
und deren aktueller Stand
in Rheinland-Pfalz
Karl Zimmer
Landesuntersuchungsamt
Institut für Tierseuchendiagnostik
Fortbildungsveranstaltung der Vereinigung der beamteten Tierärzte
des Landes Rheinland-Pfalz
Koblenz, 16.05.2012
Schmallenbergvirus-Infektion
 Geschichte
Zeit
Ort
Ereignis
Feststellung
August
2011
NL
D
(NRW, …)
Auftreten eines unbekannten Krankheitsbildes bei
Rindern
klinische Beobachtung von
Landwirten, prakt. Tierärzten,
Rindergesundheitsdienst
19. Nov.
2011
Insel
Riems
Nachweis des Schmallenberg-Virus (SBV)
Genom-Sequenzierung
Dezember
2011
NL
D
(NRW, …)
Nachweis von SBV-Genom bei missgebildeten
Schaflämmern
Sektion, PCR
Januar
2012
RLP
Nachweis von SBV bei einer trächtigen Bisonkuh
und deren missgebildeten Fetus
Sektion, PCR
2
Schmallenbergvirus-Infektion
 Klinik, Rind
akute Form
•
reduziertes Allgemeinbefinden
•
Inappetenz
•
Fieber > 40°C
•
Rückgang der Milchleistung um > 50 %
•
Diarrhoe
 Dauer, bezogen auf das Einzeltier: wenige Tage
bezogen auf die Herde:
2 – 3 Wochen
 meist inapparenter Verlauf!
3
Schmallenbergvirus-Infektion
 Klinik, Rind, Schaf, Ziege
Spätfolgen
•
Geburt lebensschwacher Tiere
mit / ohne Missbildungen
•
Totgeburten
•
Frühgeburten
•
Aborte, teilw. mit mumifizierten Feten
 bis 15 % der trächtigen Schafe
bis 30 % der neugeborenen Lämmer
einer Herde betroffen
4
Schmallenbergvirus-Infektion
 Pathologie, Feten von Rind, Schaf, Ziege
•
komplexe Missbildungen
Arthrogrypose-Hydranzephalie-Syndrom
•
mononukleäre Enzephalitis
•
mononukleäre Myositis
 vulnerable Phase:
-
Schaf / Ziege: 28. – 35. (56.)
-
Rind:
Tag der Trächtigkeit
75. – 110. (150.) Tag der Trächtigkeit
5
Schmallenbergvirus-Infektion
 Arthrogryposen, Schaflamm
Foto: LUA
6
Schmallenbergvirus-Infektion
 Arthrogrypose, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Arthrogryposen und Rotation von Gelenken, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Arthrogryposen und Rotation von Gelenken, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen an den Gliedmaßen,
Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Hydranzephalie, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Hydranzephalie, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Kleinhirn-Hypoplasie, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Hirnmissbildungen, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Deformation des Gesichtsschädels, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Deformation des Gesichtsschädels, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Deformation des Gesichtsschädels, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Trübung der Kornea, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Brachygnathia inferior, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen, Kalb
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 komplexe Missbildungen, Schaflamm
Foto: LUA
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Missbildungen
Feten
mit Missbildungen
davon mit Missbildungen an
Gliedmaßen
Wirbelsäule
Brustkorb
Kiefer
ZNS
Gesichtsschädel
Augen
Sonstige
Gesamt
Rind
52
40
20
3
3
9
34
1
7
117
225,0 %
Schaf
72
62
35
12
22
28
53
13
1
226
313,9 %
Ziege
8
8
5
2
4
4
7
2
0
32
400 %
132
110
83,3 %
60
45,5 %
17
2,9 %
29
22,0 %
41
31,1 %
94
71,2 %
16
12,1 %
8
6,1 %
375
284,1 %
gesamt
 Meist treten Mehrfach-Missbildungen auf.
 Kleine Wiederkäuer haben häufiger Mehrfach-Missbildungen als Rinder.
 Die häufigsten Missbildungen finden sich an den Gliedmaßen und im ZNS.
 Bei Mehrlingsgeburten treten Missbildungen in unterschiedlicher Ausprägung auf.
25
Schmallenbergvirus-Infektion
 Matrix des Erregernachweises
Matrix
Rinderfeten
n = 30
Schaffeten
n = 60
Ziegenfeten
n=7
Feten
gesamt
n = 97
Organpool*
24
57
7
88
90,7 %
Blut
17
50
4
71
73,2 %
Mekonium
22
41
3
66
68,0 %
* sofern vorhanden: Großhirn, Kleinhirn, Milz
 Ein Organpool aus Großhirn, Kleinhirn und Milz weist SBV am häufigsten
(und zudem mit hoher Erregerlast) auf.
 Die Untersuchung von Blut oder Mekonium allein kann zu falsch
negativen Ergebnissen führen.
 Für den Erregernachweis ist die Einsendung des gesamten Tierkörpers
erforderlich.
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Schmallenbergvirus-Infektion
 Häufigkeit des Erregernachweises
Feten
Rind
Schaf
pathologischanatomische
Veränderungen
positiv
fraglich
negativ
46
27
58,7 %
1
2,2 %
18
39,1 %
ohne
47
3
2
42
gesamt
93
30
3
60
mit
80
59
73,8 %
2
2,5 %
19
23,7 %
ohne
27
1
3
23
107
60
5
42
10
7
0
3
8
0
0
8
18
7
0
11
136
93
68,4 %
3
2,2 %
40
29,4%
82
4
4,9 %
5
6,1 %
73
89,0 %
218
97
44,5 %
8
3,7 %
113
51,8 %
mit
ohne
gesamt
gesamt
SBV-Genom
mit
gesamt
Ziege
n
mit
ohne
gesamt
 Bei Feten ohne
pathologisch-anatomische
Veränderungen ist der SBVNachweis selten.
Der SBV-Nachweis ist auch
bei Feten mit pathologischanatomischen Veränderungen
nicht immer möglich.
 Der Erregernachweis wird
bei Kleinen Wiederkäuern
häufiger geführt als beim Rind.
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Schmallenbergvirus-Infektion
 mögliche Gründe für einen nicht erfolgten
Erregernachweis
•
tierartspezifische Faktoren
•
Eliminierung des Erregers durch Immunreaktionen
•
selbst-limitierende Infektion
•
Nicht-Vorhandensein der Zielorgane des Erregers bei der
Untersuchung
•
ungeeignete Probenmatrix
•
andere Ätiologie
 Auch beim Vorliegen der als typisch angesehenen pathologischanatomischen Veränderungen ist der Nachweis von SBV-Genom
nicht immer möglich.
28
Schmallenbergvirus-Infektion
 Nachweis von Antikörpern
Fetus
SBV
Genom
Antikörper
positiv
positiv
mit
86
51
negativ
35
pathologischanatomische
Veränderungen
positiv
ohne
38
negativ
41
10
80,4 %
19,6 %
4
31
11,4 %
88,6 %
0
1
12
25
32,4 %
67,6 %
1
negativ
37
 Der Nachweis von SBV-Genom und –Antikörpern korreliert positiv.
29
Schmallenbergvirus-Infektion
 Meldepflicht
•bei klinisch auffälligen und unauffälligen Tieren
Nachweis des Virus(genoms)
•bei klinisch auffälligen Tieren
Nachweis präkolostraler Antikörper
Einstellen in TSN
30
Schmallenbergvirus-Infektion
 Nachweise in Europa, Stand: 30.03.2012
Quelle: EFSA
31
Schmallenbergvirus-Infektion
 Nachweise in Deutschland
n = 1.472
davon Schaf 57,5 %,
Ziege 3,1 %
Rind 39,4 %
West – Ost- /
Nord – Süd- Gefälle
Quelle: FLI
32
Schmallenbergvirus-Infektion
 Nachweise in Rheinland-Pfalz, Stand 11.05.2012
n = 82 in 19 von 24 Kreisen
 Serologisches Monitoring
Januar 2012
 Nachweis von Antikörpern
in 21 von 22 einbezogenen Kreisen
bei 48 von 60 Rinderbeständen (80 %)
Quelle: TSN
33
Schmallenbergvirus-Infektion
 Zeitverlauf der Nachweise, Stand 15.04.2012
Quelle: TSN
 Die Infektion erfolgte im Zeitraum von Mitte September bis Ende Oktober 2011
34
Schmallenbergvirus-Infektion
 Wie geht es weiter?
• Auftreten von Missbildungen bei
Kleinen Wiederkäuern
Rindern
Bedeckung
15.07.2011
15.10.2011
Bedeckung
15.05.2011
15.08.2011
Infektion*
15.08.2011
15.11.2011
Infektion*
15.08.2011
15.11.2011
Geburt
15.12.2011
15.03.2012
Geburt
15.02.2012
15.05.2012
* unter Berücksichtigung der vulnerablen Phase für die Entstehung von Missbildungen
 derzeit keine Ausbreitungs- sondern Nachweisdynamik
• Auftreten von Neuinfektionen im Zusammenhang
mit der Aktivität der Vektoren ab April 2012?
35
Schmallenbergvirus
 Übertragung
Vektor-assoziiert
•
Gnitzen (Culicoides obsoletus, dewulfi und pulicaris)
•
Stechmücken*
•
Zecken*
 saisonale Infektion
von Tier zu Tier
•
vertikal
•
horizontal
* abgeleitet aus Eigenschaften anderer Orthobunyaviren
36
Schmallenbergvirus
 Wirtsspektrum
Erregernachweis
Antikörpernachweis
•
Gnitzen
•
Rind, Bison
Rind, Bison
Kamel
•
Schaf
Schaf
Lama
•
Ziege
Ziege
Rothirsch
Reh
Damtier
Alpaka
37
Schmallenbergvirus-Infektion
 zoonotisches Potenzial*
•
Risikobewertung des European Center for Disease Prevention and Control, 22.12.2011
 Nach bisherigem Kenntnisstand ist vermutlich nicht von einem
Risiko für den Menschen auszugehen.
„Es handelt sich nicht um einen Zoonose-Erreger.“
•
RKI, 02.04.2012
 Es ist unwahrscheinlich, dass SBV zu Infektionen beim Menschen
führt.
* abgeleitet aus ersten Studien und den bisherigen Beobachtungen sowie
den Eigenschaften anderer Orthobunyaviren und der Verwandtschaft zu diesen
 persönliche Schutzausrüstung, Hygiene
38
Schmallenbergvirus et al.
 offene Fragen
• Herkunft der Erreger?
• Eintragsroute in die Population?
• weiterer Verlauf?
• was kommt auf uns zu?
39
Arbovirus-Infektionen
 ausgewählte Beispiele
Erkrankung
Reservoir-Wirt
Überträger
Vorkommen
in Dtl
Blauzungenkrankheit
Wiederkäuer
Gnitzen
Enzephalomyelitiden
Pferd, Vögel
Stechmücken
ja
Nager, Vögel
Stechmücken
ja
Schweine, Vögel
Stechmücken
ja
Krim Kongo
Hämorrhag. Fieber
Wiederkäuer,
Vögel
Zecken
ja
Rift Valley Fieber
Wiederkäuer
Stechmücken
ja
Schmallenbergvirus
Wiederkäuer
Gnitzen
St. Louis Enzephalitis
Vögel
Stechmücken
Usutu-Virus
Vögel
Stechmücken
Vögel, Pferd
Stechmücken
Hämorrhag. Fieber
Japan B Enzephalitis
West Nile Fever
2006 - 2010
ZoonoseErreger
seit 2011
nein
nein
ja
seit 2010
(ja)
ja
40
Arbovirus-Infektionen
 Maßnahmen zur Früherkennung
•
Mückenatlas
 Verbreitung einheimischer Arten
 Auftreten nicht-einheimischer Arten
•
Monitoringprogramm
 Sentineltiere
•
diagnostische Untersuchungen
 ungezielt
 gezielt
41
Schmallenbergvirus-Infektion
 Zusammenfassung 1
•
Auftreten eines neuen Krankheitsbildes bei Rindern im Sommer
2011
•
Klinische Erscheinungen der akuten Infektion beim Rind sind
Fieber, Rückgang der Milchleistung und Diarrhoe.
•
Der Erreger ist ein bis dato unbekanntes Orthobunyavirus, und
wird vorläufig als Schmallenbergvirus bezeichnet.
•
Als Spätfolge der Infektion treten Missbildungen auf:
Arthrogrypose – Hydranzephalie-Syndrom
•
Der Erregernachweis ist nicht in allen Fällen möglich.
•
Konkrete und prophylaktische Maßnahmen sind nur beschränkt
möglich.
•
Der Nachweis des Erregers sowie von präkolostralen Antikörpern
bei klinisch auffälligen Tieren unterliegt der Meldepflicht.
•
Kostenübernahme für diagnostische Untersuchungen durch das
Land
42
Schmallenbergvirus-Infektion
 Zusammenfassung 2
•
Die Übertragung erfolgt durch Insekten.
•
Das Wirtsspektrum umfasst Rinder, Schafe, Ziegen und
Wildwiederkäuer sowie Kameliden.
•
Kein Zoonose-Erreger
•
Die Entstehung von Missbildungen an den Gelenken geht von
neurologischen Veränderungen aus.
•
Differenzialdiagnostisch ist eine Reihe von Erkrankungen
in Betracht zu ziehen.
•
Untersuchungen zum Nachweis von SBV-Genom und –
Antikörper werden im LUA durchgeführt.
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Danksagung
an
- Sektionshelfer
- technische Kräfte
- Tierärzte/Innen
- Verwaltungsmitarbeiter/Innen
des Landesuntersuchungsamts, Institut für Tierseuchendiagnostik
für die Durchführung der Untersuchungen
- Sie
für Ihre Aufmerksamkeit!
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