Mag. Simone Pfandl-Pichler LKH-Univ. Klinikum Graz Auenbruggerplatz 19, 8036 Graz [email protected] Tel. Nr.: + 43 (316) 385-87791 Presseinformation zur sofortigen Veröffentlichung Graz, 15. Juli 2016 Mit Eigenfett zu neuer Beweglichkeit Bisher waren Patienten mit einer Rhizarthrose, der häufigsten Gelenkserkrankung der Hand, auf regelmäßige Behandlungen angewiesen. Mit Hilfe einer völlig neuen Methode – der Injektion von Eigenfett – möchte die Klinische Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie die Erkrankung komplett heilen. Zuerst hatte Ingeborg P. nur leichte Schmerzen. Da hat es zum Beispiel gezwickt, wenn sie bei einer Getränkeflasche den Schraubverschluss geöffnet oder geschlossen hat. Dann wurden die Schmerzen rund um den Daumen stärker, sobald der Finger nur ein wenig gedreht oder belastet wurde. Schließlich haben sich Daumen und Hand instabil angefühlt. „Ich hatte plötzlich Schwierigkeiten, ganz normale Dinge zu tun, so Sachen wie den Schlüssel im Türschloss umzudrehen.“ Da ahnte Ingeborg P., dass etwas nicht stimmt. Und tatsächlich: Genau diese Symptome (Schmerz, Kraftverlust, Einschränkung der Beweglichkeit) schildern den klassischen Krankheitsverlauf einer Rhizarthrose, also einer Arthrose des Daumensattelgelenks. Dabei kommt es zum Gelenksverschleiß an der Stelle, wo der Daumenknochen mit dem Mittelhandknochen verbunden ist. Die Rhizarthrose ist die häufigste Gelenkserkrankung der Hand, allein am LKH-Univ. Klinikum Graz werden jährlich an die einhundert Patienten behandelt. Eine neue minimal-invasive Therapie der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie macht diese Behandlungen jetzt nicht nur schonender, auch die Regenerationszeit wird für die Betroffenen deutlich kürzer. Und: Der Eingriff, bei dem eine Injektion ins Gelenk verabreicht wird, kommt ganz ohne körperfremde Substanzen aus. Stattdessen verwenden die Ärzte Eigenfett der Patienten. Bisher gab es zwei Möglichkeiten, eine Rhizarthrose zu behandeln. War die Erkrankung bereits weit fortgeschritten – und daran ändert sich nichts – erfolgt die Behandlung operativ. Konservativ wurde bisher Hyaluronsäure injiziert. Diese hat sich im Gelenk verteilt und quasi als Schmiermittel gewirkt. Allerdings wurden die Symptome dabei nur temporär besser. Eigenfettinjektionen, die im Grunde dieselbe Funktion erfüllen sollen, können hingegen viel mehr, wie Abteilungsleiter Univ.-Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz und sein Team herausgefunden haben. „Unser Fettgewebe hat einen hohen Anteil an Stammzellen und daher die Möglichkeit, sich in verschiedenste Gewebe wie eben Knorpel umzuwandeln“, sagt Kamolz. „Das heißt, die Fettstammzellen wirken nicht nur entzündungshemmend und knorpelschützend sondern sie haben auch das Potenzial, Knorpeldefekte zu heilen.“ Und das ist der große Unterschied. Als erster Patientin überhaupt wurde Ingeborg P. das eigene Fettgewebe in das abgenutzte Gelenk gespritzt. Fett und Blut für die Injektion kommen von dort, wo sich eventuell sowieso überschüssiges Fettgewebe befindet. „Es ist schon etwas komisch, wenn man weiß, da wird jetzt Fett entnommen, um es an der Hand einzusetzen“, so die 62-Jährige. „Ich war auch zuerst etwas skeptisch, gleichzeitig habe ich aber die Chance gesehen, meine linke Hand endlich wieder normal zu bewegen.“ In den meisten Fällen sind die Patienten zudem noch im berufsfähigen Alter und darauf angewiesen, die Hand zu benutzen und zu belasten. Kamolz: „Ein Problem bei der bisherigen Behandlung war auch, dass die Patienten durchschnittlich 16 Wochen ausgefallen sind – so lange dauerten Ruhigstellung des Gelenks und Physiotherapie. Wenn wir sie im fortgeschrittenen Stadium operiert haben, mussten wir das Gelenk sogar oft versteifen.“ Das Ziel der Behandlung mit Eigenfett ist, dass die Betroffenen ihre Hand schon nach wenigen Tagen bis Wochen wieder verwenden können – und dass der Verlauf der Rhizarthrose künftig nicht nur gestoppt wird, sondern dass die Patienten nach der Behandlung gesund nach Hause gehen. Zahlen, Fakten, Daten: Die Rhizarthrose beschreibt den Verschleiß des Daumensattelgelenks. Bis zu 25 Prozent aller Frauen in der Postmenopause leiden an der Gelenkserkrankung (hormonbedingt), insgesamt sind etwa 15 Prozent aller Personen über 30 Jahre betroffen. Der Gelenksknorpel wird dabei stetig abgenutzt, bis er die Knochenenden nicht mehr schützen kann und Schmerzen entstehen. Zusätzlich kommt es zu einer Entzündung des Gewebes. Daher werden als Behandlung zuerst schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente verschrieben, danach folgen Injektionen mit Hyaluronsäure beziehungsweise eine Operation (Teilentfernung des Gelenks und Einsatz von Prothesen oder Versteifung). An der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am LKH-Univ. Klinikum Graz gibt es jetzt die Möglichkeit, Eigenfett ins Gelenk zu injizieren, um den Gleit- und Heileffekt eines Fetttransplantats zu nutzen. Das soll die Schmerzen lindern, die Kraft und das Bewegungsausmaß verbessern, Knorpelschäden korrigieren und so die Arthrose des Gelenks in Zukunft heilen, derzeit eine eventuelle Operation aber auf alle Fälle hinauszögern.