“ Wer, wie, was ...” ­ Kommunikation von Bakterien und deren Bedeutung, untersucht mit mathematischen Modellen Viele Bakterien haben eine Möglichkeit entwickelt, durch chemische Signale, Autoinducer (AI) genannt, Aspekte ihrer Umwelt zu erfassen oder mit anderen Bakterien zu kommunizieren. Ein wichtiger Fall ist das sogenannte Quorum Sensing (QS), ein Regulationsmechanismus für die Gen­Expression. Im allgemeinen geht man davon aus, dass die Bakterien ihre Zelldichte mit Hilfe dieses Signalwegs messen. Ein typisches Beispiel für einen Organismus mit einem solchen Regulationsmechnismus ist das marine Leuchtbakterium Vibrio fischeri. Diese Bakterien leben nicht nur im offenen Meer, sondern auch im Leuchtorgan von Tintenfischen. Nur in diesem Leuchtorgan erreichen sie Dichten, die ihr gemeinsames Leuchten sichtbar machen – hier ist also der QS Mechanismus eine Art “E nergiesparen” : das Leuchten wird nur bei hoher Zelldichte eingeschaltet. Was zuerst als ein Sonderfall unter Bakterien schien, wird nun bei immer mehr Bakterienarten gefunden, die ganz unterschiedliche Dinge, wie z.B. Virulenz und Biofilmbildung, auf diese Weise regulieren. Die Dynamik der wichtigsten Regulationspfade kann durch ein System gewöhnlicher Differentialgleichungen modelliert werden. Spezialfälle dieses Modellierungsansatzes können an experimentelle Daten angepasst und dadurch Modellparameter bestimmt werden. Das Modell kann das beobachtete Verhalten, auch verschiedener Bakterienstämme und Mutanten, qualitativ nachbilden und stellt daher eine Validierung des Regulationssystems dar. Außerdem erlaubt das mathematische Modell die Betrachtung intrazellulärer Bausteine des Regulationssystems im zeitlichen Verlauf, die experimentell nicht zugänglich sind, und liefert damit weitere biologisch interessante Informationen. Eine andere Interpretation dieses intrazellulären Regulationsmechanismus ist das sogenannte Diffusion Sensing (DS): Ein einzelnes Bakterium “ möchte” Informationen über die Diffusionseigenschaften des umgebenden Raumes gewinnen, um abzuschätzen, wie effizient die Produktion von chemischen Substanzen ist. Mit einem räumlichen Modell (mit Hilfe einer partiellen Differentialgleichung) für inhomogene Bakterienverteilungen können wir Informationen über die AI Konzentration im Raum erhalten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Einflüssen von bakteriellen Clustern und einer räumlichen inhomogenen Umgebung, wie sie in vielen natürlichen Situationen auftritt (z.B. in der Rhizosphäre, dem Raum in der Umgebung von Pflanzenwurzeln). Die AI Konzentration liefert eine Information nur über eine Kombination von Zelldichte, Massentransfer­Limitierungen und Auswirkungen der Zellverteilungen. Dies führt zum Konzept des “ Efficiency sensing” (ES), welches besagt, dass die AI­Moleküle produziert und in die Umgebung abgegeben werden, um zu testen, ob ein “U mschalten” (des Stoffwechsels o.ä.) effizient ist. Dieses Umschalten betrifft oft auch die Produktion von extrazellulären Effektoren, d.h. Substanzen, die in der Umgebung der Zellen etwas bewirken sollen; diese unterliegen natürlich ähnlichen Einflüssen wie die (“gün stiger” herzustellenden) AI Moleküle, so dass dies ein realistischer Test ist. Effizienz kann durch eine große Anzahl an Bakterien, starke Diffusionslimitierung oder eine günstige räumliche Verteilung erreicht werden. Mit Hilfe mathematischer Modellierung können all diese Faktoren gründlich untersucht und ihre relative Bedeutung eingeordnet werden. So findet man zum Beispiel, dass insbesondere bakterielle Mikrokolonien eine wichtige Rolle für die Kommunikation spielen. Die neue Interpretationsweise des ES beinhaltet Quorum Sensing und Diffusion Sensing als Spezialfälle und kann auch Probleme mit evolutionärer Stabilität und betrügenden Zellen (Cheater), die bei reinem Quorum Sensing auftreten können, lösen.