Fernlehrgang Technik für Kaufleute (EBZ) 2013 I Studienbrief 1 Gebäudetechnik (Teil 1) GEBÄUDETECHNIK 1 (Studienbrief 1) GEBÄUDETECHNIK 2 (Studienbrief 2) GEBÄUDETECHNIK 4 (Studienbrief 4) TECHNIK FÜR KAUFLEUTE WOHNUNGSABNAHME (Studienbrief 5) MIETRECHTLICHE BEHANDLUNG VON BAUMÄNGELN (Studienbrief 6) GEBÄUDETECHNIK 3 (Studienbrief 3) Autor Dirk Ehrlichmann Akademie im Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Springorumallee 20 | 44795 Bochum E-Mail: [email protected] | Internet: www.e-b-z.de FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 AThemeneinführung 5 B Fachliche Informationen und Grundlagen 5 1 5 1.1 51.2 51.2.1 5 1.2.2 6 1.2.3 6 1.2.4 6 1.3 7 1.4 7 1.5 Bodenarten und Baugrund Entstehung des Bodens Bodenarten Fels Nicht bindige Böden Bindige Böden Organische Böden Nutzung als Baugrund Arten der Bodenerkundung Bei Erdarbeiten zu beachten 92 92.1 102.2 Gründungen Flachgründungen Tiefgründungen 12 3 12 3.1 153.2 15 3.3 153.4 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Abdichtung erdberührter Bauteile Tauwasserbildung Feuchtigkeitsschäden im Keller und ihre Ursachen Instandsetzungsmaßnahmen 194 20 4.1 21 4.2 21 4.2.1 22 4.2.2 244.2.3 264.4 Deckenkonstruktionen Konstruktionsprinzip von Holzbalkendecken Schäden an Holzbalkendecken Echter Hausschwamm Hausbock und Nagekäfer Nassfäule Massivdecken 305 30 5.1 315.2 315.3 32 5.4 32 5.5 Fußbodenaufbauten Schwimmende Estriche Verbundestrich Trennestrich Materialien: Zementestrich, Anhydritestrich und Gussasphaltestrich Feuchtigkeitsisolierung in Nassräumen 35 6 36 6.1 36 6.2 37 6.3 376.4 Balkone – Abdichtung und Fußbodenaufbauten Plattenbelag auf Stelzlagern Plattenbelag auf Kiesschüttung Fußbodenaufbau bei keramischem Belag Beschichtungssysteme 2 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) Inhaltsverzeichnis 39 39 40 40 41 7 7.1 7.2 7.3 7.4 Außenwände, Fassaden und Witterungsschutz Einschalige Wandkonstruktion Mehrschaliges Mauerwerk Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem (WDVS) Vorgehängte Fassaden 43 8 Innenwände in Trockenbauweise 459 459.1 469.2 469.3 469.4 479.5 Fenster Holzfenster Aluminiumfenster Holz-Aluminium-Verbundfenster Kunststofffenster Verglasung 49C Trainingsaufgaben 50D Fallsituationen 0 5 Fallsituation 1: Fassadensanierung 51 Fallsituation 2: Deckenkonstruktion und Fußbodenaufbauten 52E Lösungshinweise 54F Anhang 54 1Index 562 Abbildungsverzeichnis 58 3 Weiterführende Literatur/Links 3 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) A Themeneinführung AThemeneinführung Die Studienbriefe 1 – 4 bieten Ihnen einen Überblick über die Themen Bautechnik und technische Gebäudeausstattung. Der erste Studienbrief beginnt in Teil B mit Grundlagenwissen über die Gebäudehülle und startet mit Bodenarten und ihrer Eignung als Baugrund. Je nach Baugrund und Baukonstruktion wird die Gründung eines Gebäudes gewählt – dies ist Thema des zweiten Kapitels. Danach erfahren Sie das Wichtigste über Keller, Deckenkonstruktion und Fußbodenaufbauten, Außen- und Innenwänden sowie Balkone und Fenster. Teil C des Studienbriefs gibt Ihnen Gelegenheit, Ihr Wissen über die Gebäudehülle mithilfe einiger Trainingsaufgaben zu überprüfen. Lösungshinweise zu den Trainingsaufgaben gibt es in Teil E. Teil D enthält die Fallsituationen zu diesem Studienbrief. In der ersten Fallsituation beschäftigen Sie sich mit der Fassadensanierung eines Wohnhauses der Springorum Immobilien AG. Fallsituation 2 dreht sich um Deckenkonstruktion und Fußbodenaufbauten, speziell um die Trittschallproblematik in einem anderen Mietshaus im Bestand der Springorum Immobilien AG. Diese Fallsituation ist eine Einsendeaufgabe, d. h., Sie geben Ihre Lösung über den eCampus zur Korrektur an das EBZ. 4 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 1 Bodenarten und Baugrund B Fachliche Informationen und Grundlagen 1 Bodenarten und Baugrund Bei der Errichtung von Neubauten aber auch bei Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden ist die richtige Beurteilung des Baugrunds wichtig. Dessen Eigenschaften bestimmen die Auswahl der Fundamente, der Feuchtigkeitsabdichtung der erdberührten Bauteile sowie in durch Erdbeben oder Bergsenkung gefährdeten Lagen auch die Statik des Hauses. Die Kosten des Aushubs für die Baugrube, wie auch häufig die Entscheidung über den Bau eines Kellers, hängen maßgeblich von der Bodenbeschaffenheit ab. 1.1 Entstehung des Bodens Der Boden ist ein Naturkörper, der insbesondere in Abhängigkeit von folgenden bodenbildenden Faktoren entstanden ist: Bodenbildende Faktoren • • • • • • • • Ausgangsgestein, Klima, Relief, Bodenwasser, Vegetation, Bodenlebewesen, Zeitdauer, Nutzung durch den Menschen. 1.2Bodenarten 1.2.1Fels Festgesteine Unter Fels versteht man die verschiedenartigsten Festgesteine, die sich nach ihrer Entstehung wie folgt einteilen lassen: • aus Schmelzen entstandene magmatische Gesteine, z. B. Granit, Basalt; • durch hohe Temperaturen und Drücke umgewandelte Gesteine (metamorphe Gesteine), z. B. Gneis, Glimmerschiefer; • durch Ablagerungen entstandene Sedimentgesteine. 1.2.2 Keine Verkittung – wasserdurchlässig Nicht bindige Böden Zu den nicht bindigen Böden gehören Steine, Kies und Sand mit Korngrößen von mehr als 0,063 mm. Kies und Sand werden noch in die Gruppen fein, mittel und grob unterteilt. In der Natur treten häufig Mischungen verschiedener Korngrößen auf, z. B. als sandiger Kies oder als kiesiger Sand. Nicht bindige Böden besitzen keine Verkittung (Köhäsion) der Einzelkörner und sind wasserdurchlässig. 5 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 1 Bodenarten und Baugrund 1.2.3 Kohärente Erdstoffe - wasserundurchlässig Bindige Böden Bei rein bindigen Böden sind die einzelnen Bestandteile im Unterschied zu den nicht bindigen Böden nicht mehr mit dem Auge sichtbar. Man unterteilt sie in Schluff und Ton. Bindige Böden bestehen aus kohärenten Erdstoffen. Die Kohäsion beruht auf der Verkittung der Körner miteinander und vergrößert sich mit zunehmenden Tongehalt. Bindige Böden setzen dem Eindringen von Wasser erheblichen Widerstand entgegen. Bindige Böden kommen häufig zusammen mit Sand und Kies als gemischtkörnige Böden vor, z. B. als Lehm, lehmiger Sand oder lehmiger Kies. Diese Verunreinigungen können die Wasserundurchlässigkeit erheblich vermindern. 1.2.4 Organische Böden Bei der Entstehung der organischen Böden sind abgestorbene Pflanzen oder Tiere beteiligt gewesen. 1.3 Setzungen Einsinken der Fundamente, beziehungsweise Gründung in den darunter befindlichen Baugrund infolge von Bodenpressung. Nutzung als Baugrund Die Errichtung eines Bauwerks stört den Gleichgewichtszustand des Bodens. Es ist Aufgabe der Bodenmechanik, die Wechselwirkungen zwischen Baugrund und Bauwerk zu erfassen, um Schäden durch zu große oder unregelmäßige Setzungen zu verhüten bzw. die Voraussetzungen für die Standsicherheit zu gewährleisten. Man unterscheidet folgende Bodenarten, die jeweils ihre spezifische Eignung als Baugrund haben: Merke: 1 kN = 1 dicker Mann = 100 kg Guter Baugrund 300 – 800 kN/m² Fels bis 4.000 kN/m² Nicht bindige Böden Kies, Kiessand, Grobsand Feinsand, Mittelsand Bindige Böden trockener Ton, trockener Lehm, trockener Mergel feuchter Ton, Feuchter Lehm, Mergel Schlechter Baugrund 0 – 150 kN/m² Muttererde, Löß, Schlamm, Torf, Moorerde, aufgeschütteter Boden, Mehlsand Tabelle (Quelle): Schmitt, H. (1984): Hochbaukonstruktion. 10. Auflage, Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg & Sohn. Beratung zum Baugrund Mittelguter Baugrund 150 – 300 kN/m² Zu Fragen des Baugrunds beraten Erdbaulaboratorien und Bodengutachter sowie Tragwerksplaner und Architekten. 6 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 1 Bodenarten und Baugrund 1.4 Arten der Bodenerkundung Als direkte Verfahren der Bodenerkundung werden • • • • ausgeführt. Aus den gewonnenen Ergebnissen wird ein sogenanntes Bohrprofil erstellt, dass Auskunft über den Schichtenaufbau des Bodens gibt. Ansatzpunkt: GOK 0.00m 0.00m Oberkante Gelände 0.30m Mutterboden dunkelbraun –1.00m 1.50m Kies, sandig, schluffig grau –2.00m Eindringtiefe in den Baugrund Bohrprofil: Schichtenaufbau des Bodens Rotationskernbohrungen, Rammkernbohrungen/Rammkernsondierung, Schürfe und Diamantkernbohrungen Schluff, tonig, schwach sandig, breiig, grün bis grau –3.00m 3.50m –4.00m Kst Kalkstein, fest, grau –5.00m –6.00m (angetroffene Bodenschicht) 5.90m Endtiefe Abb. 1: Bohrprofil 1.5 Bei Erdarbeiten zu beachten Im Erdboden können viele Dinge verborgen sein, die die Erdarbeiten beeinflussen, z. B.: 1. Kampfmittelrückstände und Bomben, 2. Strom-, Gas-, Fernmelde-, Wasser- und Abwasserleitungen, 3. Verunreinigungen und Gifte aus industrieller Nutzung. 7 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 1 Bodenarten und Baugrund Ferner ist zu beachten, ob das Grundstück in einem Bergsenkungsgebiet liegt. Grundsätzlich sollte immer der Grundwasserstand ermittelt werden. Bodenarten und Baugrund Bodenbildende Faktoren • • • • • • • • Ausgangsgestein Klima Relief Bodenwasser Vegetation Bodenlebewesen Zeitdauer Nutzung durch den Menschen Bodenarten und Nutzung als Baugrund guter Baugrund mittelguter Baugrund Fels bis 4.000 kN/m² nicht bindige Böden Kies Kiessand Grobsand Feinsand Mittelsand bindige Böden trockener Ton trockener Lehm trockener Mergel feuchter Ton feuchter Lehm Mergel schlechter Baugrund Muttererde, Löß, Schlamm, Torf, Moorerde, aufgeschütteter Boden, Mehlsand Verfahren der Bodenerkundung • • • • Rotationskernbohrungen Rammkernbohrungen/Rammkernsondierung Schürfe Diamantkernbohrung Das Bohrprofil zeigt den Schichtenaufbau des Bodens. Abb. 2: Zusammenfassung Kap. 1 – Bodenarten und Baugrund 8 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 2 Gründungen 2 Die technischen Regeln sind in der DIN 10542010-12 und dem Eurocode EC7-1 beschrieben (DIN: Deutsches Institut für Normung) »DIN-Normen bilden einen Maßstab für einwandfreies technisches Verhalten und sind im Rahmen der Rechtsordnung von Bedeutung. DIN-Normen stehen jedermann zur Anwendung frei. Das heißt, man kann sie anwenden, muss es aber nicht. DIN-Normen werden verbindlich durch Bezugnahme, z. B. in einem Vertrag zwischen privaten Parteien oder in Gesetzen und Verordnungen.« Quelle: t http://www.din.de Im Jahr 1975 beschloss die Europäische Kommission ein Aktionsprogramm zur Beseitigung von Handelshemmnissen im Baubereich. In den 80er Jahren entstand die erste Generation der Eurocodes für den konstruktiven Ingenieurbau. 1989 übertrug die Kommission diese Aufgabe an CEN, die Europäische Normungsorganisation. Quelle: t http://www.eurocode-online.de Gründungen Durch die Gründung oder auch Fundamentation werden die Lasten eines Gebäudes auf tragfähigen Baugrund eingeleitet (das Fundament trägt das auf ihm lastende Gewicht auf den Baugrund ab). Je nachdem in welcher Tiefe tragfähiger Baugrund vorhanden ist, kommen Flach- oder Tiefgründungen zum Einsatz. Da die Belastbarkeit des Baugrunds meist geringer ausfällt als die der tragenden Bauteile, müssen die anfallenden Gebäudelasten über Verbreiterungen oder Platten auf eine größere Fläche im Baugrund verteilt werden. Je nach Baugrundverhältnissen oder Baukonstruktion werden unterschiedliche Gründungen angewendet. Gründung/Fundamentation Flachgründung Tiefgründung Abb. 3: Flachgründung und Tiefgründung In den folgenenden Abschnitten erfahren Sie, welche Gründung bei welchen Bauverhältnissen geeignet ist. 2.1 Flachgründungen Zu den Flachgründungen zählen • Streifenfundamente, • Einzelfundamente und • Fundamentplatten. Streifenfundamente Streifenfundamente werden meist unter Wänden angeordnet. Sie dienen der linienförmigen Abtragung der auftretenden Gebäudelasten und werden in unbewehrtem (d. h. ohne Beigabe von Stahl) oder bewehrtem Beton (d. h. mit Beigabe von Stahl) ausgeführt. Die Beigabe von Stahl ist heute üblich. Einzelfundamente Einzelfundamente sind blockförmige Fundamente und werden üblicherweise bei punktförmiger Belastung einer Gründung, z. B. unter Stützen oder Pfeilern, eingesetzt. Fundamentplatten Fundamentplatten sind Stahlbetonplatten, die die anfallenden Gebäudelasten gleichmäßig in den Baugrund leiten. Eingesetzt werden diese bei geringer Tragfähigkeit des Baugrunds und bei unterschiedlichen Bodenarten. 9 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 2 Gründungen 2.2 Tief gelegener Baugrund Tiefgründungen Sollte tragfähiger Baugrund erst in größeren Tiefen anzutreffen sein, werden Tiefgründungen, sogenannte Pfahlgründungen, verwendet. Alle Pfahlgründungen werden zur Aufnahme des Gebäudes durch einen Pfahlbalken (Streifenfundament) oder durch eine Pfahlrostplatte (Fundamentplatte) verbunden. aufgehende Wand Gebäude Fundament Streifenfundament Fundamentplatte Gebäude Gebäude schlecht tragende Bodenschichten Pfähle tragfähiger Boden Wannengründung (weiße Wanne) Pfahlgründung Abb. 4: Gründungen 10 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 2 Gründungen Gründungen Gründung/Fundamentation Flachgründung • Streifenfundamente • Einzelfundamente • Fundamentplatten Tiefgründung Auch Pfahlgründung genannt. Die Gründung ist in Abhängigkeit der Tragfähigkeit des Baugrunds einzusetzen. Abb. 5: Zusammenfassung Kap. 2 – Gründungen 11 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung 3.1 Abdichtung erdberührter Bauteile Unterkellerung Bei der Planung und Ausführung von unterkellerten Gebäuden spielt die Abdichtung der erdberührten Bauteile eine wesentliche Rolle. Zu beachten Zunächst müssen die • Geländeform, • Bodenart und • die Höhe des Grundwasserspiegels des Baugeländes festgestellt werden. So kann die Abdichtungsmaßnahme den tatsächlich vorhandenen Feuchtigkeitsbeanspruchungen entsprechen. Wichtige Richtlinien und Normen Im Bereich der Bauwerksabdichtungen gibt es verschiedene Richtlinien und Normen. Die in der Praxis wichtigsten Normen sind die DIN 18195-1:2011-12 Bauwerksabdichtungen – Teil 1: Grundsätze, Definitionen, Zuordnung der Abdichtungsarten und die DIN 18195-2:2009-04 Bauwerksabdichtungen Teil 2: Stoffe. Verschiedene Abdichtungen Die Richtlinie zur Abdichtung erdberührter Bauteile unterscheidet zwischen Dichtungsbahn: Wasserdichtes Bahnenmaterial für die Abdichtung von Bauwerken Schwarzabdichtung und Weiße Wanne Kapillarität Taucht man ein sehr enges Röhrchen, ein sogenanntes Haarröhrchen, mit dem einen Ende in Wasser, so steigt dieses in dem Röhrchen empor, und zwar um so höher, je enger das Röhrchen ist. Diese Erscheinung nennt man Kapillarität. Sie ist auf die Haftkraft der Moleküle (Adhäsion) zurückzuführen. In porigen Baustoffen, z. B. künstlichen Bausteinen, kann durch Kapillarität Wasser aufsteigen, wenn sehr kleine Poren untereinander so zusammenhängen, daß sie röhrenähnliche Ketten bilden. Die »kapillaren Steighöhen« betragen bis zu mehreren Metern. Aufsteigende Feuchtigkeit (auch kapillare Mauerfeuchtigkeit genannt) ist die Feuchte, die aus dem Boden in den Mauern, beziehungsweise kapillarsaugfähigen Bauteilen, eines Gebäudes aufsteigt. Es können sowohl Außen- wie auch Innenwände betroffen sein. • einer Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit (DIN 18195 – Teil 4), • einer Abdichtung gegen nicht drückendes Wasser (DIN 18195 – Teil 5) und • einer Abdichtung gegen drückendes Wasser (mit Dichtungsbahnen DIN 18195 – Teil 6). Grundsätzlich wird bei der Abdichtung von Kellern zwischen der sogenannten Schwarzabdichtung und der "weißen Wanne" unterschieden. Bei der Schwarzabdichtung wird auf die Kelleraußenwände und die Bodenplatte eine wasserdichte Sperre mittels bituminöser Abdichtungsbahnen oder Spachtelmassen aufgebracht. Bei der weißen Wanne, die nur in Stahlbeton ausgeführt werden kann, ist das Bauteil selbst wasserdicht, d. h., über einen erhöhten Anteil an Bewehrungsstahl, besondere Fugenausbildung und Formgebung wird verhindert, dass im Stahlbeton Risse auftreten, die einen Wassertransport zulassen würden. Durch eine kapillarbrechende (d. h. Wasserlauf unterbrechende), grobkörnige Schüttung (meist Kies) kann die Kellersohle – bei geringen Anforderungen an die Nutzung der Kellerräume – geschützt werden, da das Wasser nicht mehr oder nur in geringem Maße an die Unterseite der Kellersohle gelangen kann. Ansonsten ist der Kellerfußboden durch eine auf dem Betonboden verlegte Abdichtung, die an die Wandsperrschichten angeschlossen ist, gegen aufsteigende Feuchtigkeit zu schützen. 12 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Spritzwasserbeanspruchte Zone Der Bereich der Außenwand, der von aufspritzendem Regenwasser beansprucht wird. In der Regel werden die ersten 30 cm über dem an das Gebäude anschließenden Gelände als spritzwasserbeansprucht angenommen. Die vertikale Abdichtung aller erdberührten Außenwände muss an die waagerechte Abdichtung anschließen. Sie ist vom oberen Fundamentbereich bis zur spritzwasserbeanspruchten Zone zu führen. Horizontale Abdichtung in der Wand Vertikale Abdichtung ca. 30 cm Erdgeschoss Erdreich Keller Horizontale Abdichtung in der Wand ca. 15 cm Horizontale Abdichtung auf Kellerfußboden Kapillarbrechende Schicht (ca. 15 cm Kies) Abb. 6: Kellerabdichtung Für horizontale Abdichtungen kommen lose verlegte Bitumenbahnen, Kunststoffdichtungsbahnen (sogenannte KDB) und zementgebundene Dichtungsschlämme in Frage. Bitumen ist ein aus Erdöl gewonnenes Gemisch aus verschiedenen organischen Stoffen und wird zur Abdichtung von Bauwerken verwendet. Für die vertikale Abdichtung kann je nach Beanspruchung mit bituminösen Spachtelmassen, Bitumen- oder Kunststoffdichtungsbahnen sowie zementgebundenen Dichtungsschlämmen gearbeitet werden. Abdichtungen Vertikal • bituminöse Spachtelmassen • Bitumen- oder Kunststoffdichtungsbahnen • zementgebundene Dichtungsschlämme Abb. 7: Materialien zur Abdichtung 13 Horizontal • lose verlegte Bitumenbahnen • Kunststoffdichtungsbahnen (KDB) • zementgebundene Dichtungsschlämme FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Dränung des Baugrunds Eine Dränung des Baugrunds (d. h. unterirdische Ableitung von Wasser) wird erforderlich, wenn Stau- und Sickerwasser in schwach durchlässigen Böden auftritt. Kellerwände aus Stahlbeton können wie Mauerwerkswände mit oben genannten waagerechten und vertikalen Abdichtungen abgedichtet werden. Besondere Bedeutung aber hat die Konstruktion mit wasserundurchlässigem (wu) Beton (Beton gemäß DIN 1045) beziehungsweise als »weiße Wanne«. WU-Beton »WU-Beton« bezeichnet einen Baustoff WU-Beton ist die Abkürzung für wasserundurchlässigen Beton. Wasserundurchlässig heißt: Die Kapillarporosität ist so niedrig, dass flüssiges Wasser nicht und Wasserdampf nur gering hindurch dringt. Weiße Wanne »Weiße Wanne« bezeichnet eine Baukonstruktion Rissbreitenbeschränkung Die Breite der im Bauteil immer auftretenden Risse wird durch konstruktive Maßnahmen, d. h., in der Regel durch mehr Stahlbewehrung, auf ein Maß beschränkt, dass die Durchdringung von Wasser verhindert. Der Ausdruck »weiße Wanne« bezeichnet einen im Grundwasserbereich liegenden Baukörper aus wasserundurchlässigem Beton und einer deutlich höheren Stahlbewehrung zur Rissbreitenbeschränkung aber ohne zusätzliche Dichtungsschicht. Die Bezeichnung hebt auf den Unterschied des hellen Betons zur schwarzfarbenen, bituminösen Abdichtungshaut ab. Bei der "weißen Wanne" ist der Beton in Wand und Sohle zugleich tragendes Element und Abdichtung. Zusätzliche Schutzschichten oder Abdichtungsmaßnahmen sind überflüssig. Die Bauart stellt hohe Anforderungen an die fachgerechte Ausführung, bietet aber beachtliche wirtschaftliche Vorteile gegenüber den komplizierten und aufwendigen Hautabdichtungen. Weiße Wannen sind dennoch kostenintensive Bauteile. 6 4 3 2 1 5 7 1Sauberkeitsschicht 2 Stahlbeton-Platte (mindestens 30 cm) 3Aufsatzfuge 4Fugenband 5Stahl-Bewehrung 6 Stahlbeton-Kellerwand (mindestens 30 cm) Abb. 8: Weiße Wanne 14 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung 3.2Tauwasserbildung Außenliegende Wärmedämmung gegen Tauwasser Kelleraußenwände müssen grundsätzlich mit einer außenliegenden Wärmedämmung aus extrudierten Polystyrol-Hartschaumplatten (sogenannte "Perimeterdämmung") ausgeführt sein, da andernfalls, vor allem bei beheizten Kellerräumen, Tauwasserbildungen durch das bestehende Temperaturgefälle (kalte Außenluft – warme Innenraumtemperatur) zu erwarten sind. Grundsätzlich gilt, dass bei dem Auftreffen feuchtigkeitsgesättigter warmer Luft auf ein kaltes Bauteil eine Kondensatbildung stattfindet. 3.3 Fehler in der Planung und Ausführung Fehlerhafte Durchdringungen finden sich bei der Durchführung von Rohrleitungen oder Kabeln durch das Außenmauerwerk. Feuchtigkeitsschäden im Keller und ihre Ursachen Häufige Ursachen für Feuchtigkeitsschäden im Keller sind Planungs- und Ausführungsfehler. Solche können sein: • • • • Wassereinbrüche im Bereich der Fundament- und Sockelanschlüsse, fehlerhafte Durchdringungen (Durchführungen), schad- oder fehlerhafte Fugenausbildungen oder Beschädigungen der Abdichtung bei unsachgemäßer Verfüllung des Arbeitsraumes (d. h. Beimengungen von Steinen, die bei Verdichten des Erdreichs die weiche bituminöse Abdichtung durchstechen). Dies kann zu aufsteigender Mauerfeuchte und den damit einhergehenden Folgeschäden führen. Je nach Feuchtigkeitseinwirkung kann es notwendig werden, Durchdringungen mit Manschetten (um die Durchführung, z. B. eines Rohres, gelegter Dichtring) oder Flanschen (kreisringförmige Dichtflächen am Rohr) auszubilden. Feuchtigkeit im Keller: Neben der Abdichtung auch außen liegende Kellerabgänge und Anschlüsse analysieren. Schwellenhöhe beachten, sonst besteht die Gefahr der kompletten Durchfeuchtung Für Feuchtigkeitsschäden im Keller können nicht nur Mängel an der Außenabdichtung verantwortlich sein. Auch die Ausführung von außen liegenden Kellerabgängen und Anschlüssen an vorhandene Kellerfenster ist kritisch und häufig mangelhaft. Im Fall der Kellerabgänge ist vor allem darauf zu achten, dass Schwellen entsprechend DIN 18195 Teil 5 mit einer Mindesthöhe von 15 cm über der wasserführenden Schicht ausgeführt werden müssen. Liegt die Schwellenhöhe unter den geforderten 15 cm, kann das, insbesondere bei den heutzutage immer stärker werdenden Niederschlägen, zu einer kompletten Durchfeuchtung von Kellergeschossen führen. 3.4Instandsetzungsmaßnahmen Mit Mangel behaftete Stellen ausbessern! Soweit möglich, sollte bei Mängeln an der Bauwerksabdichtung eine Instandsetzungsmaßnahme an der Stelle, von der aus die Feuchtebeanspruchung erfolgt, vollzogen werden. Grundsätzlich wird zwischen Maßnahmen zur Reparatur der horizontalen Abdichtung gegen aufsteigende Feuchte von unten und zur Reparatur der vertikalen Abdichtung gegen seitlich eindringende Feuchte unterschieden. 15 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Außen oder innen? Ist eine Instandsetzung von außen, z. B. aufgrund von angrenzender Bebauung, nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich, muss eine innenseitige Ausbesserung der Abdichtung erfolgen. Undichte Stellen im Keller Bei Kellern aus Beton ist die Undichtigkeit unmittelbar an der Stelle der Rissbildung festzustellen. Die Rissart und ihre Ursache sind gründlich zu analysieren. Rissinjektion (Rissabdichtung) Ausbesserung mittels Kunstharz Eine Rissinjektion wird mit einem Kunstharz auf Polyurethanbasis ausgeführt. Dabei wird ein spezielles Kunstharz in die Risse eines Bauwerks injiziert, das flexibel, wasserundurchlässig und beständig gegen jede Art von Feuchtigkeit ist. Dazu werden links und rechts des Risses wechselseitig Löcher in einem Winkel von 45 Grad gebohrt. Dadurch wird der Riss in der Bauteilmitte durchstoßen. Spezielle Packer ermöglichen dann ein Befüllen mit Kunstharz. Das Verfahren dient dazu, einzelne Risse wasserdicht zu schließen, wird jedoch nicht genutzt, um eine Wand komplett gegen Feuchtigkeit abzudichten. Paraffininjektionsverfahren (horizontale Sperre) Paraffininjektion Aufsteigende Feuchtigkeit siehe Kapitel 3.1 Beim Paraffininjektionsverfahren wird eine waagerechte Reihe von schräg abwärts verlaufenden Bohrungen angelegt, die den gesamten Mauerwerksbereich erfassen müssen. Über Heizstäbe in den Bohrungen wird das Mauerwerk ausgetrocknet und über mehrere Stunden auf 200 – 250°C aufgeheizt. Danach wird das ebenfalls heiße, flüssige Paraffin eingegossen bis keine Isoliermasse mehr aufgenommen werden kann. Nach dem Abkühlen und Erhärten des Paraffins ist eine zusammenhängende Kapillarsperre (d. h. wasserabsperrende Schicht) ausgebildet, deren Verteilung in der Wand leicht über eine geringfügige Dunkelfärbung des Wandmaterials kontrolliert werden kann. Das Paraffininjektionsverfahren wird genutzt, um Wände im gesamten Querschnitt gegen aufsteigende Feuchte abzudichten. 16 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Paraffininjektion Paraffininjektion Fast Aufsteigende vollständig Feuchtigkeit gefüllte Baustoffpore 1.Herstellen der Bohrlochinjektionskanäle im durchfeuchteten Mauerwerk. Heizstab Austrocknen der Baustoffpore Vollständig mit Spezialparaffin gefüllte Baustoffpore 2.Austrocknen des zu injizierenden 3.Verfüllen des vom Wasser befreiten Mauerwerkquerschnitts mittels tempe- Porenraums mit Spezialparaffin raturgeregelter elektrischer Spezialheizmittels Behälterverfahren. stäbe. Abb. 9: Paraffininjektion Schleierinjektionsverfahren (vertikale Sperre) Schleierinjektion Bei der Schleierinjektion wird von der Innenseite durch Injektion ein abdichtender Schleier zwischen Erdreich und Bauwerk oder Bauteil gelegt und somit gegen rückwärtige Feuchteeinwirkung abgedichtet. Das Injektionsgel ermöglicht eine gute Materialverteilung, verhindert gleichzeitig einen unkontrollierten Materialabfluss und ist beständig gegenüber bauüblichen Salzlösungen, Säuren und Basen. Des Weiteren sind die Injektionsgele im ausreagierten Zustand bis – 20°C froststabil und haften gut auf mineralischen Untergründen. Das Schleierinjektionsverfahren wird genutzt, wenn die vertikale Wandabdichtung schadhaft ist und eine Freilegung der Außenwand nicht möglich ist. Es hilft nicht bei vertikal aufsteigender Feuchte (Paraffininjektion erforderlich), sondern bei Feuchte, die seitlich vom Erdreich in das Außenmauerwerk dringt. Der »Schleier« legt sich zwischen Wand und Erdreich. Das Schleierinjektionsverfahren verursacht mit circa 350,00 € pro m² hohe Kosten. Aber auch die Paraffinsperre mit circa 180,00 € pro Meter ist eine sehr kostenintensive Sanierungsmöglichkeit. So ist hinsichtlich der Kosten zwischen diesen Verfahren und einer konventionellen bituminösen Außenabdichtung trotz aller Folgeleistungen (Erd- und Pflasterarbeiten) gründlich abzuwägen. Sanierputz Sanierputz bei Restfeuchte Sanierputz wird in Verbindung mehrschichtiger Abdichtungskomponenten eingesetzt, um Restfeuchtigkeit zu regulieren. Sanierputz zeichnet sich durch großvolumige Kapillaren aus, in denen Salze eingelagert werden sollen. Ist die Wand dauerdurchfeuchtet, ist kein Einsatz von Sanierputz möglich. Der Sanierputz ist also ausschließlich für die Beanspruchung von Restfeuchte geeignet. 17 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 3 Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung Abdichtung erdberührter Bauteile Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit DIN 18195 - 4 Abdichtung gegen nicht drückendes Wasser DIN 18195 - 5 Abdichtung gegen drückendes Wasser DIN 18195-6 verschiedene Abdichtungen Vertikal Horizontal • bituminöse Spachtelmassen • Bitumen- oder Kunststoffdichtungsbahnen • zementgebundene Dichtungsschlämme • lose verlegte Bitumenbahnen • Kunststoffdichtungsbahnen (KDB) • zementgebundene Dichtungsschlämme Feuchtigkeitsschäden im Keller Ursachen für Feuchtigkeit im Keller sind häufig (neben Mängeln in der Außenabdichtung): Wassereinbrüche im Bereich der Fundament- und Sockelanschlüsse, fehlerhafte Durchdringungen, schad- oder fehlerhafte Fugenausbildungen, Beschädigung der Abdichtung bei unsachgemäßer Verfüllung des Arbeitsraumes (dadurch aufsteigende Mauerfeuchte und damit einhergehende Folgeschäden), • mangelhafte Ausführung von Schwellen (Mindesthöhe: 15 cm) • • • • Instandsetzungsverfahren bei Feuchtigkeit Paraffininjektion • Reihe von Bohrungen (Bohrlöcher Ø 25 mm, Abstand ca. 100 mm) • Einführung von Heizstäben (200–250°Celsius) • Einguss von heißem, flüssigen Paraffin • 180,00 € pro Meter Schleierinjektion • Injektion von Gel zwischen Erdreich und Bauwerk gegen rückwärtige Feuchteeinwirkung • beständig gegenüber Salzlösungen, Säuren und Basen • froststabil bis -20°C • 350,00 € pro m² Sollten auch nach der Instandsetzung Feuchtigkeitsmerkmale auftreten, ist Sanierputz eine mögliche Lösung. Abb. 10: Zusammenfassung Kap.3 – Kellerabdichtung, Feuchtigkeitsschäden und Instandsetzung 18 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen 4Deckenkonstruktionen Decken können nicht für sich alleine betrachtet werden. Sie sind im Zusammenhang mit den sie umgebenden Bauteilen, wie Wände und Dächer, zu sehen. Decken trennen die einzelnen Geschosse und schützen vor Wärme und Kälte, Lärm, Brand und auch Feuchte. Sie müssen ihr Eigengewicht und die notwendigen Verkehrslasten (z. B. Personen, Möbel, Waren usw.) tragen und begehbar sein, d. h. sie müssen eben sein und dürfen nicht übermäßig schwingen. Darüber hinaus dienen sie in der Regel auch noch zur Gebäudeaussteifung, d. h. sie halten die Wandoberkanten in einer stabilen Lage zueinander. Bei den Decken unterscheidet man zwischen Massivdecken und Holzbalkendecken. Deckenkonstruktionen Holzbalkendecken Bestandsobjekte, Altbau Massivdecken heutiger Standard als Stahlbetondecken • Schallschutzanforderungen (DIN 4109) und • Brandschutzanforderungen (DIN 4102) beachten Abb. 11: Holzbalken- und Massivdecken Art der Decken Je nach Lage müssen Decken dem Wärmeschutz gemäß DIN 4108 und der Energieeinsparverordnung (EnEV) gerecht werden. Es wird unterschieden zwischen • • • • • Wohnungstrenndecken, Kellerdecken, Decken, die den Abschluss nicht unterkellerter Räume bilden, Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen, Decken, die Aufenthaltsräume gegen die Außenluft abgrenzen. Bei den Schallschutz-Anforderungen an Decken gem. DIN 4109 wird zwischen Luftschallschutz und Trittschallschutz unterschieden. Massivdecken bieten guten Luftschallschutz, doch nur in Verbindung mit Deckenauflagen (Estrichen) sind insbesondere die Trittschallschutzanforderungen zu erfüllen. Die Brandschutzanforderungen sind in der jeweiligen Landesbauordnung (LBO) und sonstigen bauaufsichtlichen Bestimmungen (DIN 4102) festgelegt. Eine Hauptunterscheidung erfolgt in Bauwerke mit • bis zu zwei Vollgeschossen, • drei bis fünf Vollgeschossen, • mehr als fünf Vollgeschossen. 19 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Diese Anforderungen müssen bei der Wahl der Konstruktionsart einer Decke berücksichtigt werden. Holzbalkendecken genügen nur bei sehr sorgfältiger Ausführung den Anforderungen an den Schallschutz und kommen allenfalls noch für kleinere Bauvorhaben mit zwei Geschossen infrage oder für Decken in Verbindung mit einem Dachstuhl aus Holz. Da Holzbalkendecken aber häufig in bestehenden Gebäuden vorkommen, wird im nächsten Abschnitt auf ihren Aufbau eingegangen. 4.1 Der gängige Aufbau einer Holzbalkendecke besteht aus Holzbalken mit Abmessungen von üblicherweise 18 × 24 cm oder 18 × 26 cm und einem Achsabstand (Abstand Mitte Holzbalken zu Mitte Holzbalken) von ca. 80 cm, mit Auflagern im tragenden Außenwand- und Mittelwandmauerwerk. 1 2 4 3 5 1Dielung/Parkett 2 Schüttung auf Ölpapier 3Stakung 4Holzbalken 5 Schalung mit Putz/Putzträger Schilfmatten 36,5 Abb. 12: Schematische Zeichnung eines Holzbalkendeckenaufbaus 36,5 3,76 11,5 75 4,01 3,76 80 5 Holzbalkenlage c 24 f e 5 f d a 5 a.Giebelbalken b.Streichbalken c.Wandbalken d.Zwischenbalken e.Stichbalken f.Wechsel f 4,51 3,22 90 e d 2,51 b b e 14 / 20 11,5 5,26 8,37 Abb. 13: Holzbalken 20 d b 36,5 f 1,15 Aufbau Bis in die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Holzbalkendecke die am häufigsten verwendete Bauform. Sie war billiger und wohnlicher als zum Beispiel eine gewölbte Massivdecke, die fast ausschließlich über den Kellern der Wohnhäuser zum Einsatz kam. Holzbalkendecken trifft man heutzutage hauptsächlich im Bestand, Altbau an. 9,24 Holzbalkendecke im Bestand, Altbau Konstruktionsprinzip von Holzbalkendecken b FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen 4.2 Schäden im Überblick: • Echter Hausschwamm • Hausbock und Nagekäfer Schäden an Holzbalkendecken Die aus holzschutztechnischer Sicht notwendige Sanierung von Bauschäden durch Nassfäulepilze oder den echten Hausschwamm sind in Deutschland in der DIN 68800 Teil 4 geregelt. 4.2.1 Echter Hausschwamm Echter Hausschwamm kommt in der Regel nur in älteren Gebäuden vor und findet sich überwiegend nahe dem Mauerwerk beziehungsweise Kalkmörtel oder in Feuchtbereichen. Verstecktes Auftreten Da der echte Hausschwamm im Verborgenen wächst, wird er oft erst mit dem ersten Auftreten von Fruchtkörpern entdeckt. Ansonsten wächst und verbreitet sich der echte Hausschwamm, dem menschlichen Auge gänzlich verborgen, hinter Putz und Bauteilverkleidungen und im Mauerwerk versteckt, weil er jedwede Zugluft nicht vertragen kann. Zugluft stoppt sein Wachstum auf der Stelle. Das Myzel (die fadenförmigen Zellen des Pilzes) des echten Hausschwamms überlebt auch ohne Einwirkung von Feuchtigkeit Jahrzehnte und wird bei auftretender Feuchtigkeit wieder aktiviert. Deshalb ist es wichtig, neben einer sofortigen Trocknung eines Wasserschadens auch eine nachhaltig trockene und luftumspülte Baukonstruktion herzustellen. Sie ist die beste Gewähr gegen einen Befall. Sanierungsmaßnahmen Bei der Sanierung eines mit Hausschwamm befallenen Holzbalkens ist Folgendes zu beachten. Das Holz muss bis mindestens zwei Meter nach Befall ausgetauscht und durch Anlaschung mit Holz oder Stahl wieder ergänzt werden. Das Myzel befindet sich nicht nur im Holz sondern auch im Mauerwerk. Dieses muss durch Abflammen und anschließendes Injizieren von Holzschutzmitteln saniert werden. 21 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Experten hinzuziehen Eine weitere Möglichkeit ist das dauerhafte Erhitzen der Baukonstruktion, ein sogenanntes Heißluftverfahren, durch eine darauf spezialisierte Fachfirma. Echter Hausschwamm • in älteren Gebäuden • nahe Mauerwerk, Kalkmörtel und in Feuchtgebieten • verträgt keine Zugluft Sanierung • sofortige Trocknung von Wasserschäden • Austausch des befallenen Holzbereichs • Abflammen und Injektion von Holzschutzmitteln Abb. 14: Echter Hausschwamm Meldepflicht!? Der Befall durch Hausschwamm ist in einigen Bundesländern meldepflichtig! Abb. 15: Befall durch den echter Hausschwamm 4.2.2 Hausbock und Nagekäfer Hausbock Befällt trockenes Nadelholz Der Hausbockkäfer ist das gefährlichste holzzerstörende Insekt. Er befällt nur trockenes Nadelholz, davon in erster Linie Bauholz. Er ist in der Lage, die statische Festigkeit einer Holzkonstruktion so zu schwächen, dass Einsturzgefahr besteht. Die eigentlichen Schädlinge sind die Larven des Hausbockkäfers. Ein weibliches Exemplar legt in mehreren Gelegen bis zu 300 Eier in feine Haarrisse im 22 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Holz ab. Sobald die Larven geschlüpft sind, beginnen sie ihr Zerstörungswerk. Sie fressen täglich die Menge Holz, die ihrem Körpervolumen entspricht und bleiben 4 bis 15 Jahre im Holz, ohne die Oberfläche zu zerstören. Erst dann verpuppen sie sich, um als Käfer aus dem Holz zu schlüpfen. Dabei hinterlassen sie ein ovales, an den Rändern ausgefranstes Flugloch. Schwer feststellbar Dieses Flugloch ist das einzige, äußerlich sichtbare Zeichen eines Hausbockbefalls. Fraßmehl wird nicht ausgestoßen, sodass der Befall schwer sichtbar ist und nur von einem Fachmann festgestellt werden kann. Die Sanierungsmaßnahmen bei Hausbockbefall hängen im Wesentlichen vom Grad der Zerstörung der Holzkonstruktion ab. Tragfähigkeit ermitteln Geschädigte Holzkonstruktionen müssen statisch bewertet werden, inwieweit der verbliebene Holzquerschnitt noch ausreichend tragfähig ist, und dann ggf. verstärkt oder ergänzt werden. Drei Sanierungsmethoden Sollte die betroffene Holzkonstruktion weiterhin Hausbockbefall aufweisen, gibt es drei Möglichkeiten zur Bekämpfung: • die chemische Behandlung (Gifte), • die Heißluftmethode oder • die Begasung. Abb. 16: Hausbock Nagekäfer Im Gegensatz zum Hausbock stößt der nur ca. 5 mm kleine Nagekäfer das Fraßmehl aus. Daher ist ein Befall erkennbar an nadelgroßen Bohrlöchern mit typischen, kleinen Mehlhäufchen. Befällt Laub- und Nadelholz Der Käfer frisst Laub- und Nadelholz und kann über einen längeren Zeitraum schwere Holzzerstörungen anrichten. 23 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen 4.2.3 Holzzerstörende Pilze Nassfäule Nassfäule ist eine Holzfäule, die durch holzzerstörende Pilze hervorgerufen wird. Nassfäulepilze sind zum Beispiel der Braune Kellerschwamm oder der Weiße Porenschwamm. Das typische Erscheinungsbild der Nassfäule ist der Würfelbruch des zerstörten Holzes (siehe Abbildung 17). Abb. 17: Nassfäule (Brauner Kellerschwamm) Sanierung Zur Sanierung von betroffenen Holzkonstruktionen muss zuerst die Feuchtigkeit der Konstruktion eingedämmt werden. Anschließend können zerstörte Bereiche des Holzes abgebeilt und ggf. durch neue Holz- oder Stahlkonstruktionen ergänzt oder verstärkt werden. 24 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Schäden an Holzdecken und Sanierung Schaden Merkmale Befall Sanierung Echter Hausschwamm • wächst versteckt • erkennbar als Fruchtkörper • ältere Gebäude • wächst nahe dem Mauerwerk, Kalkmörtel, in Feuchtgebieten • sofortige Trocknung von Wasserschäden • Austausch des befallenen Holzbereichs • abflammen und Injektion von Holzschutzmitteln Nassfäule • Holzfäule, erkennbar als: – Brauner Kellerschwamm – Weißer Porenschwamm • Würfelbruch am Holz • Holzdecken • Feuchtigkeit eindämmen • befallenes Holz abbeilen • Holz- und Stahlkonstruktionen ergänzen Hausbock • ovales, an den Rändern ausgefranstes Flugloch • bleibt 4 bis 15 Jahre im Holz • Trockenes Nadelholz statische Bewertung, dann chemische Behandlung (Gifte), Heißluftmethode oder Begasung. Nagekäfer • nadelgroße Bohrlöcher mit typischen, kleinen Mehlhäufchen • 5 mm groß • Laub- und Nadelholz Statische Bewertung, dann chemische Behandlung (Gifte), Heißluftmethode oder Begasung. Abb. 18: Schäden an Holzdecken und Sanierung 25 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen 4.4Massivdecken Massivdecken im Altbau Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden gewölbte Massivdecken über den Kellern im Wohnungsbau eingesetzt. Eine auch heute noch in Altbauten oft anzutreffende Variante ist die Preußische Kappendecke, bei der Stahlträger die Ziegelsteingewölbe halten. Preußische Kappendecke Sand Beton 30 mm Dielen 100 70/100 Lagerholz 1000 Abb. 19: Preußische Klappendecke Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Massivdecke patentiert, die aus Hohlsteinen und einer Bewehrung aus Flachstahl bestand. Sie wurde nach ihrem Erfinder als »Kleine'sche Decke« bezeichnet. »Kleine'sche Decke« Anfängerstein Beton Abb. 20: »Kleine'sche Decke« Massivdecken: unproblematisch hinsichtlich Schäden Im Unterschied zu den Holzbalkendecken sind die Massivdecken deutlich weniger anfällig für Schäden. 26 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Heute üblich: Stahlbetondecke (als Filigrandecke oder komplette Fertigteildecke) Massivdecken werden heute in der Regel als Stahlbetondecken ausgeführt, wobei diese meist nicht mehr als sogenannte Ortbetondecke, sondern als Filigrandecke (Teilfertigdecke) oder als komplette Fertigteildecke hergestellt werden. Die Ziegelstein- beziehungsweise Stahlsteindecken stellen in der heutigen Zeit keine üblichen Konstruktionen mehr dar. Schalung: Fläche zur Aufnahme der Betondecke im Bauzustand Filigrandecke: Schalung nicht nötig Für Ortbetondecken wird eine Schalung – heutzutage in der Regel Systemschalungen – erstellt, auf die die zweilagige Bewehrung auf Abstandshaltern aufgebracht wird. Nach Abnahme der Bewehrung durch einen Prüfstatiker wird dann Beton eingebrannt und mit einem sogenannten Rüttler verdichtet. Der Rüttler versetzt die Stahlbewehrung in Vibration, so dass der Beton durch das Stahlgeflecht durchsackt und sich verdichtet. Die Filigrandecke ist eine Teilfertigdecke, die im Betonwerk hergestellt wird. Hierbei wird die untere Bewehrung (Stahleinlage) im Betonwerk mit einer hohen Oberflächenqualität hergestellt. Die einzelnen Filigrandeckenelemente werden dann mithilfe eines Krans in den einzelnen Geschossebenen verlegt. Eine Schalung ist bei dieser Decke nicht nötig. Es wird nur eine Absteifung (Aufstellen von Stützen) zur Entlastung der Decke ausgeführt. Auf die verlegte Filigrandecke wird die sogenannte Oberbewehrung (im oberen Bereich der Decke liegende Stahleinlage) eingebracht und dann aufbetoniert. Abb. 21: Filigrandecke Fertigteildecke Bei der Fertigteildecke werden ausschließlich im Betonwerk hergestellte Betonplatten inklusive Aussparungen und Durchbrüchen auf die Baustelle gebracht und mittels Kran verlegt. Lediglich im Fugenbereich erfolgt der sogenannte Fugenverguss. 27 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Vorteile der Filigran-/Fertigteildecke Die Filigran- wie auch die Fertigteildecke bringen hinsichtlich Kosten, Ausführungszeit und notwendiger Nachbearbeitung, wie Verputzen etc., deutliche Vorteile gegenüber der konventionellen Ortbetondecke. Massivdecken Ortbetondecke • Erstellung mittels Schalung • Anbringen des Betons vor Ort • Verdichtung mittels Rüttler Filigrandecke Teilfertigdecke • Wird im Betonwerk erstellt. • Wird mittels Kran verlegt und vor Ort aufbetoniert. Fertigteildecke • Betonplatten (im Betonwerk hergestellt) • Fugeverguss vor Ort Die Filigran- wie auch die Fertigteildecke bringen hinsichtlich Kosten, Ausführungszeit und notwendiger Nachbearbeitung, wie Verputzen etc., deutliche Vorteile gegenüber der konventionellen Ortbetondecke. Abb. 22: Massivdecken 28 FU TfK 2013 I | Studienbrief 1: Gebäudetechnik (Teil 1) B Fachliche Informationen und Grundlagen | 4 Deckenkonstruktionen Decken Holzdecken • Holzbalkendecken sind üblicherweise im Bestand (Altbau) anzutreffen. • Sie sind in der Regel so aufgebaut: 1Dielung/Parkett 2 Schüttung auf Ölpapier 3Stakung 4Holzbalken 5 Schalung mit Putz/Putzträger Schilfmatten • Holzdecken sind anfällig für verschiedene Schäden: – Echter Hausschwamm –Nassfäule Vergleichen Sie dazu Abb. 18 –Hausbock »Schäden an Holzdecken und Sanierung«. –Nagekäfer j Diese Schäden bedürfen häufig aufwendiger Sanierungsarbeiten. Heute ist daher die Verwendung von Massivdecken in Wohnobjekten üblicher Standard. Massivdecken Ortbetondecke • Erstellung mittels Schalung • Bei solchen Decken wird der Beton vor Ort angebracht. • Verdichtung mittels Rüttler Filigrandecke Teilfertigdecke • Wird im Betonwerk erstellt. • Wird mittels Kran verlegt und vor Ort aufbetoniert Fertigteildecke • Betonplatten (im Betonwerk hergestellt) • Fugeverguss vor Ort Die Filigran- wie auch die Fertigteildecke bringen hinsichtlich Kosten, Ausführungszeit und notwendiger Nachbearbeitung, wie Verputzen etc., deutliche Vorteile gegenüber der konventionellen Ortbetondecke. Abb. 23: Zusammenfassung Kap. 4 – Deckenkonstruktionen 29