A L L I A N Z D R E S D N E R E CO N O M I C R E S E ARC H Working Paper 13.08.2008 M A K R O Ö KO N O M I E FINANZMÄRKTE 112 WIRTSCHAFTSPOLITIK George Joseph & Dr. Rainer Schäfer China: Gehen nach Olympia die Lichter aus? BRANCHEN ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Working Paper Nr. 112 1. Aktuelle Wirtschaftsentwicklung ...........................................3 2. Inflation außer Kontrolle? .....................................................4 3. Keine Änderung der Geld-und Wechselkurspolitik ..................5 4. Schwieriges Umfeld für Chinas Exportwirtschaft .....................6 5. Platzen der Spekulationsblasen ..............................................7 6. Kein Hard Landing ................................................................9 2 Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 AUTOREN: GEORGE JOSEPH Tel.: +49.69.263-5 39 10 [email protected] DR. RAINER W. SCHÄFER Tel.: +49.69.263-5 25 74 [email protected] ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Die chinesische Wirtschaft boomt seit Jahren. Sowohl die Binnen- als auch die Außenwirtschaft entwickelte sich auch im Vergleich mit den meisten anderen Schwellenländern sehr dynamisch. In einigen Teilbereichen der Wirtschaft gab es Überhitzungserscheinungen. Die Börse erreichte bis Oktober letzten Jahres einen Rekord nach dem anderen und die Immobilienpreise schossen in die Höhe. Doch für manche Marktbeobachter Chinas ist das Jahr 2008 ein Wendepunkt in der chinesischen Wirtschaftsentwicklung. Gehen die Lichter in China nach Olympia aus? Welche Auswirkungen haben die Korrekturen der Vermögenspreise im Aktien- und Immobilienbereich? Und schließlich: Kommt es zum Hard Landing der chinesischen Wirtschaft? 1. AKTUELLE WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG Nach dem starken Wachstum von 11,9 % im letzten Jahr blieb Chinas Konjunkturentwicklung auch Anfang 2008 sehr lebhaft. Trotz der Schneestürme im Frühjahr in Südchina ist die Wirtschaft im ersten Quartal um 10,6 % (J/J) gewachsen (4. Quartal 2007: + 11 %). Auch im zweiten Quartal hat die Wirtschaft zweistellig zugelegt. Vor allem der private Verbrauch entwickelt sich schwungvoll. Immerhin stieg der Einzelhandelsumsatz in den ersten fünf Monaten um 21 % (J/J). Nach wie vor boomen auch die Investitionen. Zudem hat sich die Auslandsnachfrage in diesem Jahr trotz der schwachen US-Konjunktur recht gut gehalten. Geringer Einfluss der Olympiade auf Wirtschaft Einzelereignisse, wie das verheerende Erdbeben in der Provinz Sichuan, so tragisch sie für die Betroffenen sind, haben die Wirtschaftsdynamik des Landes kaum gebremst. Die Wirtschaftskraft Sichuans macht lediglich 4 % am Gesamt-BIP des Landes aus. Hinzu kommt, dass die industrielle Produktion dort kaum ins Gewicht fällt. Umgekehrt darf man die positiven Auswirkungen der Olympiade auf die chinesische Wirtschaft nicht überbewerten. Sicherlich profitiert die Olympia-Stadt Beijing vom Bauboom, ansonsten ist jedoch das Gesamtprojekt Olympiade im Vergleich zu Chinas Wirtschaftsgröße von geringerem Einfluss. Wir teilen deshalb nicht die Auffassung, dass die Binnennachfrage in China nach den Olympischen Spielen einbrechen wird. So ist der private Konsum in erster Linie von den Reallöhnen und verfügbaren Einkommen abhängig, die nach wie vor kräftig steigen. Aber auch bei einem deutlichen Rückgang der Investitionen im Raum Beijing hätte dies wenig Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Denn diese machen lediglich 3 % der chinesischen Gesamtinvestitionen aus. Dazu kommt, dass die Hauptstadtverwaltung einige langfristige Projekte wegen der Olympiade aufgeschoben hat, die sie später wieder reaktivieren kann. 3 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Abbildung 1 Industrieproduktion und Einzelhandelsumsatz (gl. 12-Monatsdurchschnitt, %) Jan 00 Ju l0 0 Jan 01 Ju l0 1 Jan 02 Ju l0 Jan 2 03 Ju l0 Jan 3 04 Ju l0 Jan 4 05 Ju l0 Jan 5 06 Ju l0 6 Jan 07 Ju l0 7 Jan 08 Ju l0 8 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 Einzelhandelsumsatz Industrieproduktion 2. INFLATION AUSSER KONTROLLE ? Hohe Nahrungsmittelpreise Jahrelang blieb die Inflation in China trotz des hohen Wirtschaftswachstums relativ niedrig. Unter anderem verhinderten Kapazitätsüberhänge im Verarbeitenden Gewerbe sowie die staatlich fixierten Preise z.B. für Benzin einen stärkeren Preisdruck. Vor fünf Jahren ging sogar das Gespenst der Deflation um. Allerdings hat sich der Preisauftrieb seit Sommer 2007 deutlich beschleunigt. Mit 8,7 % im Februar dieses Jahres erreichte die Inflation den höchsten Stand seit zwölf Jahren (inzwischen hat sie sich leicht abgeschwächt). Hierzu hat primär die kräftige Verteuerung der Lebensmittel um über 20 % beigetragen. Mit 45 % haben sich Fleischprodukte am stärksten verteuert. Jedoch zeichnet sich inzwischen eine Verbesserung des inländischen Angebots im Nahrungsmittelsbereich ab. Dennoch ist China bei vielen Lebensmitteln bereits jetzt schon Nettoimporteur, dieser Trend wird sich in der Zukunft sogar verstärken. Abbildung 2 Preisentwicklung (%, ggü. Vorjahr) 30 25 20 15 10 5 0 -5 -10 -15 00 l 00 01 l 01 02 l 02 03 l 03 04 l 04 05 l 05 06 l 06 07 l 07 08 l 08 Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Jan Ju Nahrungsmittel 4 Verbraucherpreise ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Inflation kein großes Problem Die chinesische Regierung hat im letzten Monat überraschend die Benzinpreise deutlich erhöht. Die Auswirkungen dieser Anhebung auf die Inflation dürften sich dennoch eher in Grenzen halten. Erstens fällt dieser Anteil im Warenkorb nicht so stark ins Gewicht und zweitens fahren nicht mal 5 % der Chinesen Auto. Dagegen machen die Nahrungsmittel ein Drittel des Warenkorbs für den Verbraucherpreisindex aus. Dies bedeutet, dass die Teuerungsrate ohne Lebensmittel unter 2 % liegt. Sogar die kräftigen Lohnzuwächse in den letzten Jahren haben keinen großen Preisdruck ausgelöst, auch weil Teilbereiche der Industrie entsprechende Produktivitätsfortschritte erzielten. Wir gehen davon aus, dass die kräftigsten Anstiege bei den Verbraucherpreisen bald hinter uns liegen und die Inflation im Verlauf der zweiten Jahreshälfte geringer ausfallen wird. Vor allem für das nächste Jahr erwarten wir eine deutliche Beruhigung an der Preisfront. Dennoch gibt es Inflationsrisiken; diese sind abhängig von der Entscheidung der Regierung, wie sie sich bei den staatlich kontrollierten Preisen künftig verhält. 3. KEINE ÄNDERUNG DER GELD - UND WECHSELKURSPOLITIK Kreditsteuerung Hauptinstrument der Geldpolitik Die Zentralbank hat in diesem Jahr die geldpolitischen Zügel weiter angezogen. Die Mindestreservesätze für die Bankeinlagen wurden in mehreren Schritten um 300 Basispunkte auf 17,5 % angehoben. Die Kreditzinsen belaufen sich auf 7,5 % und die Depositenzinsen auf 4,15 %. Dennoch messen wir diesen Maßnahmen keine große Wirksamkeit bei. Denn die Kreditnachnachfrage ist wenig zinsreagibel. Zudem ist das reale Zinsniveau in China aufgrund der gestiegenen Inflation negativ. Mit anderen Worten: Kreditsteuerung bleibt nach wie vor das wichtigste wirtschafts- und geldpolitische Instrument in China. Und diese ist seit gut neun Monaten sehr restriktiv angelegt. Angesichts des nach wie vor laufenden Booms in der Bauwirtschaft rechnen wir nicht damit, dass die Zentralbank im weiteren Jahresverlauf eine raschere Kreditexpansion zulassen wird. Abbildung 3 Wechselkursentwicklung 12 11 10 9 8 7 6 01 .0 1 01 .200 .0 4 5 01 .200 .0 7 5 01 .200 .1 0 5 01 .200 .0 1 5 01 .200 .0 4 6 01 .200 .0 7 6 01 .200 .1 0 6 01 .200 .0 1 6 01 .200 .0 4 7 01 .200 .0 7 7 01 .200 .1 0 7 01 .200 .0 1 7 01 .200 .0 4 8 01 .200 .0 7 8 .20 08 5 RMB pro EUR Renminbi weiterhin unterbewertet RMB pro USD Der Renminbi hat sich seit der offiziellen Aufgabe der Wechselkursbindung vor drei Jahren um 18 % gegenüber dem US-Dollar aufgewertet. Dagegen hat er gegenüber dem Euro und Yen an Wert verloren. Angesichts des hohen Leistungsbilanzüberschusses 5 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 und starker Kapitalzuflüsse steht die chinesische Währung nach wie vor unter Aufwertungsdruck, was auch die weiter steigenden Devisenreserven dokumentieren. Die massiven Interventionen der Zentralbank auf dem Devisenmarkt führen zu einer ausgeweiteten Liquidität am inländischen Geldmarkt, die sie, mehr schlecht als recht, durch die Emission sogenannter „Sterilisationsanleihen“ wieder absorbiert Eine flexiblere Wechselkurspolitik könnte zur Entspannung der Situation beitragen. Auch könnte die gesamte Volkswirtschaft von den dann verbesserten terms of trade profitieren und einen Teil des Inflationsdrucks abfangen. Trotz dieser offenkundigen Vorteile erwarten wir keine nennenswerte Änderung der Wechselkurspolitik, schon gar nicht in Zeiten einer deutlichen Abkühlung der Weltkonjunktur, wie wir sie gegenwärtig erleben. Für die Regierung ist die unterbewertete Währung ein Weg, die Exportwirtschaft zu stützen und höherer Arbeitslosigkeit vorzubeugen. 4. SCHWIERIGES UMFELD FÜR CHINAS EXPORTWIRTSCHAFT Regional diversifizierte Exportstruktur Seit nunmehr knapp zwei Jahren bilden sich die Zuwachsraten beim in US-Dollar gerechneten Exportwert graduell zurück, wozu sicher auch der gestiegene reale Außenwert des Renminbi beigetragen hat. Nach wie vor liegt die Expansion aber auf hohem Niveau, wie untenstehende Grafik zeigt. Die Exporteure konnten stärkere Rückgänge durch eine Umlenkung der Exportströme umgehen. Immerhin nahmen die Exporte in die USA im ersten Halbjahr 2008 lediglich um 6 % zu, während die EU 21 % mehr Waren aus China importierte. Ging im Jahr 2000 ein Drittel aller chinesischen Waren in die USA, so macht dieser Anteil mittlerweile nur noch knapp 18 % aus. Seit letztem Jahr ist die EU Chinas zweitwichtigste Exportdestination (21 %) nach Asien. Auch Osteuropa gewinnt zunehmend an Bedeutung, vor allem die Exporte nach Russland nahmen in diesem Jahr bislang um 50 % zu. Den Nachfragerückgang aus den USA kann China aufgrund der mittlerweile regional diversifizierten Exportstruktur einigermaßen gut wegstecken. Der gegenüber dem US-Dollar starke Euro hat hier sicher auch mit geholfen. Trotz dieses Erfolgs dürfte eine weltweite Verlangsamung der Konjunktur und des Welthandels Chinas Exportperformance deutlich beeinträchtigen. Abbildung 4 Realer Wechselkurs (REER) und Export (glt.12-Monatsdurchschnitt, %) 40 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 -10 120 115 110 105 100 95 90 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 REER (linke Skala) 6 Export (rechte Skala) Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Weitere Verlangsamung des Export- Eine wichtige Frage ist, inwieweit es den chinesischen Exporteuren gelingt, die gestiegenen Produktionskosten an die Abnehmer weiterzugeben. Nach jahrelanger Stagnation sind die Exportpreise seit Mitte 2006 wieder gestiegen. Ein Teil des Anstiegs geht mit der Verbesserung der Produktqualität einher. Hinzu kommt, dass die Löhne in China in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Zwar kann das hohe Produktivitätswachstum einen guten Teil der Lohnzuwächse kompensieren, aber allmählich wird es dennoch eng für die chinesische Exportindustrie, die steigenden Kosten aufzufangen. Ansonsten müssten die Exporteure niedrigere Margen in Kauf nehmen. Ferner könnten die Exportfirmen ihre Fabriken ins Hinterland verlegen, wo die Löhne im Vergleich zu den Küstenregionen noch deutlich niedriger sind. Dennoch gehen wir davon aus, dass die chinesische Exportwirtschaft vor allem wegen der stark steigenden Lohnkosten in den nächsten Jahren wettbewerbsbedingte Einbussen auf dem Weltmarkt hinnehmen muss. wachstums erwartet 5. PLATZEN DER SPEKULATIONSBLASEN In Asien gab es Spekulationsblasen, die laut platzten. Am lautesten war der Knall der japanischen Blase vor fast 20 Jahren am dortigen Aktien- und Immobilienmarkt gewesen. Immerhin hatte Japan mehr als zehn Jahre an den Folgen dieser Korrektur vorausgegangener Übertreibungen zu tragen. Etwas moderater ging es dann schon bei der sogenannten Asienkrise 1997/98 zu, in die die meisten südostasiatischen Staaten und Südkorea gerieten. Aber auch hier folgten harsche realwirtschaftliche Anpassungen. Befürchtungen, derartige Entwicklungen könnten sich wiederholen, sind sicher nicht von der Hand zu weisen. Vor allem China gerät immer wieder in den Verdacht sich aufblasender Vermögenspreise, deren nachfolgender Zusammenbruch den Wirtschaftsfortschritt in Frage stellen könnte. Warum ausgerechnet China? Erstens weil im riesigen Reich der Mitte die Transparenz nicht im gleichen Maß wie bei anderen Schwellenländern gegeben ist und sich das Informationsvakuum seinerseits durch Spekulationen füllt. Zweitens weil das galoppierende Wirtschaftswachstum immer wieder zu der Befürchtung führt, dass das doch nicht gut gehen könne. Und drittens weil Anlagenotstand herrscht und der chinesische Finanzmarkt nicht mit der realen Entwicklung mithalten kann. Starke Kurskorrektur am Aktienmarkt Vor allem der letztgenannte Gesichtspunkt spielte eine tragende Rolle für die Übertreibungen am chinesischen Aktienmarkt. Immerhin waren die Kurse am inländischen A-Share-Markt bis Oktober 2007 im Schnitt auf über das 50-fache des Gewinns der notierten Firmen gestiegen. Bei der real negativen Verzinsung von Bankdepositen fehlen in China attraktive Anlagemöglichkeiten für die privaten Haushalte. Dazu kommt dass nur 30 % des Aktienkapitals der gelisteten Unternehmen an der Börse gehandelt werden, der Rest befindet sich nach wie vor in staatlicher Hand. Zudem haben die Chinesen aufgrund der Kapitalverkehrskontrollen kaum Möglichkeiten, ihr Geld im Ausland zu investieren. Die hohe Nachfrage traf also auf ein geringes Angebot, was die Kurse in unrealistische Dimensionen explodieren ließ. 7 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Abbildung 5 Aktienmarkt (Shanghai Composite Index) 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 .06 .06 .06 .06 .06 .06 .07 .07 .07 .07 .07 .07 .08 .08 .08 .08 .1 01 1.03 1.05 1.07 1.09 1.11 1.01 1.03 1.05 1.07 1.09 1.11 1.01 1.03 1.05 1.07 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Der unvermeidliche Crash nahm dann im letzten Oktober seinen Lauf. Mittlerweile liegen die Notierungen um mehr als 50 % unter den Höchstwerten vom letzten Herbst. Was aber ausblieb, war der Crash in der realen Wirtschaftsentwicklung. Dies darf nicht verwundern. Denn der mit dem Kursrückgang verbundene Vermögensverlust erreicht noch nicht einmal das Sparaufkommen der privaten chinesischen Haushalte eines einzigen Jahres. Zudem geht die hohe Ersparnis weiterhin zum Großteil in Bankeinlagen; der Anteil der Aktien am Geldvermögen der chinesischen Haushalte ist nicht sonderlich groß. Konsolidierung des Immobilienmarktes 8 Auch am chinesischen Immobilienmarkt gab es in der Vergangenheit Übertreibungen und Korrekturen, die aber ebenso wie die beschriebene Kurskorrektur am Aktienmarkt entgegen vieler Prognosen die Wirtschaftsdynamik unberührt ließen. Nachdem die Immobilienpreise in den letzten zwei Jahren vor allem in den Großstädten stark gestiegen waren, gibt es wieder Anzeichen einer Preiskorrektur. In Shenzhen sind die Zuwachsraten der Wohnimmobilienpreise in diesem Jahr bereits stark gefallen. Auch in Peking dürfte eine Korrektur der durch die Olympischen Spiele in die Höhe getriebenen Immobilienpreise unvermeidlich sein. Zudem zeigen die Maßnahmen der Regierung, der Überhitzung entgegenzusteuern, Wirkung. Sie will vor allem die spekulativen Investitionen im Immobilienbereich begrenzen. So wurde z.B. die Eigenbeteiligung der Hausbesitzer deutlich erhöht (von 20 % auf 40 %), auch für Ausländer gibt es mehr Beschränkungen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Angebotsschwemme der letzten Jahre dürfte eine Konsolidierung des chinesischen Immobilienmarktes kurzfristig unvermeidlich sein. ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Abbildung 6 China: Veränderung der Hauspreise (gegenüber Vorjahr) % 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 -10 -15 1998 1999 Beijing 2000 2001 Shanghai 2002 2003 Shenzhen 2004 2005 2006 2007 2008 Chongquing Nach spätestens zwei Jahren dürfte sich die Lage jedoch wieder entspannen. Der Wohnungsmarkt macht ca. 70 % des gesamten Immobilienmarktes in China aus. Und die Nachfrage nach Wohnraum im bevölkerungsreichsten Land der Welt ist sehr groß, da das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte in den Städten stetig steigt und zudem nach wie vor viele Menschen aus den Provinzen in die prosperierenden Küstenregionen abwandern. Außerdem kann man von einer Immobilienblase für Gesamtchina nicht sprechen, denn die Entwicklung verläuft in den einzelnen Zentren durchaus unterschiedlich. Alles in allem wird eine Konsolidierung des Immobilienmarkts die Wirtschaft nicht in den Abgrund reißen. 6. KEIN HARD LANDING Wachstumsfaktoren weiterhin intakt Seit der Öffnung der chinesischen Wirtschaft 1978 expandierte das reale BIP durchschnittlich um gut 9 % pro Jahr. Vor allem die hohe Kapitalbildung in China (die inländische Sparquote liegt derzeit bei 50 % des BIP) sowie die Migration von Arbeit und Kapital ermöglichen eine rasche Expansion der Produktionskapazitäten. Zudem ist das Land mit seiner starken Außenhandelsorientierung sehr attraktiv für ausländische Direktinvestitionen. Diese Faktoren bleiben für die längerfristige Wirtschaftsentwicklung auch weiterhin intakt und werden, auch im Vergleich mit anderen Emerging Markets, für eine überdurchschnittlich laufende Wirtschaftsdynamik sorgen (zu den längerfristigen Perspektiven siehe unsere China-Studie in der Publikation „Wirtschaft & Märkte“, Ausgabe März 2008). Trotz der alles in allem positiven Entwicklung sind die derzeitigen Risiken für Chinas Konjunktur nicht von der Hand zu weisen. Von den galloppierenden Energiepreisen und der Inflation ist die gesamte Weltwirtschaft betroffen. Die Verlangsamung des Welthandels, vor allem des intraasiatischen Handels, wird auch Chinas Wirtschaft hart treffen. Obwohl wir im ersten Halbjahr keine Ausfuhrschwäche Chinas gesehen haben, ist in der zweiten Jahreshälfte mit einer Verlangsamung des Exportwachstums zu rechnen. Die gegenwärtige Korrektur der Vermögenspreise dürfte auch leichte Spuren in der Binnenkonjunktur hinterlassen. Vor allem erwarten wir nachlassende Investitionen im Immobilienbereich. 9 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH Verlangsamung der Wirtschaftsaktivitäten, aber kein Wachstumseinbruch Working Paper / Nr. 112 / 13.08.2008 Allerdings dürfte die chinesische Regierung – wie in der Vergangenheit – die fehlende Auslands- und inländische private Nachfrage durch eine Aktivierung der staatlichen Infrastrukturinvestitionen teilweise kompensieren, was aufgrund der stark gestiegenen Staatseinnahmen der letzen Jahre ohne weiteres möglich ist. Chinas Staatsverschuldung ist relativ niedrig und der Staatshaushalt erzielte im letzten Jahr sogar einen leichten Überschuss. Zudem kann die Kreditvergabepolitik jederzeit deutlich gelockert werden. Mit anderen Worten: die Regierung ist in der Lage, bei einem starken Konjunktureinbruch gegenzusteuern. Dass sie das tun wird, steht für uns angesichts der immensen sozialen Herausforderungen außer Frage. Immerhin muss das Land jedes Jahr 25 Millionen Arbeitsplätze zusätzlich schaffen, um Erwerbspersonen aus der Landwirtschaft und den staatseigenen Betrieben herauszuholen. Ohnehin genießen hohes Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen nach wie vor höchste Priorität bei der politischen Führung in China. Alles in allem erwarten wir ein Soft Landing der chinesischen Wirtschaft. Das Wirtschaftswachstum wird sich in diesem Jahr auf 10 % und im nächsten Jahr auf 8-9 % zurückbilden. Damit schwenkt die Wachstumsrate in China auf ein eher tragbares Terrain ein. Diese Abkühlung der chinesischen Konjunktur dürfte auch zur Beruhigung der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt beitragen. CHINA | Kennzahlen und Prognosen Binnenwirtschaft Veränderung des BIP in % (real) BIP (in Mrd. USD) Inflationsrate in % (Jahresdurchschnitt) Öffentlicher Budgetsaldo in % des BIP Außenwirtschaft Export von Gütern (in Mrd. USD) Import von Gütern Leistungsbilanzsaldo Leistungsbilanzsaldo in % des BIP Ausländische Netto-Direktinvestitionen Brutto-Auslandsverschuldung Kurzfristige Auslandsverschuldung Auslandsverschuldung in % der Exporte* Auslandsschuldendienst in % der Exporte* Devisenreserven zum Jahresende exkl. Gold Importdeckung in Monaten* Zinsen Termingeld (1 Jahr, Jahresdurchschnitt) Spread (Bp, USD, 7 1/2 %, 30J, 2027; Jahresende, 2008: 12.08.) Börse Shanghai Composite Index (Jahresende, 2008: 12.08.) Wechselkurs Jahresendkurs (Renminbi pro USD) Jahresdurchschnittskurs (Renmibi pro USD) * Güter, Dienstleistungen und Zinsen 10 2005 2006 2007 2008s 2009p 10,4 2279,6 1,8 -1,2 762,3 628 160,3 7,0 67 283 135 31,8 2,9 822 13,0 2,3 120 1161 8,0 8,1 11,6 2653,4 1,5 -0,7 970 791 249 9,3 60 320 160 28,0 2,2 1070 13,9 2,5 49 2670 7,8 7,9 11,9 3258,9 4,8 -1,1 1218 960 366 11,2 90 380 200 26,6 1,9 1530 16,4 3,9 91 5261 7,3 7,6 10,0 4210,7 6,5 -1,3 1430 1200 355 8,4 110 430 250 25,2 1,7 2000 17,0 4,5 134 2246 6,7 6,9 8,5 5029,3 4,5 -1,5 1650 1400 385 7,6 130 480 300 24 2 2400 17,2 4,8 6,4 6,5 s = Schätzung; p = Prognose.