MIKROBIOLOGIE UMWELTBIOTECHNOLOGIE

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mittel“ bekannt, ist sehr vielfältig. In Deutschland sind rund 8.000 verschiedene Biozid-Produkte auf dem Markt, die
einen oder mehrere der ca. 900 auf dem europäischen Markt zugelassenen bioziden Wirkstoffe enthalten. Bei der
Anwendung bzw. dem Gebrauch der Produkte können die enthaltenen Biozide in das Abwasser und, falls in der Kläranlage keine vollständige Elimination stattfindet, in die aquatische Umwelt gelangen und möglicherweise auch die Rohwässer von Wasserversorgungsunternehmen belasten. Aufgrund fehlender Analysenverfahren für die Bestimmung dieser Verbindungen aus wässrigen Proben ist das Wissen zu ihrem Vorkommen und ihrem Verhalten in der aquatischen
Umwelt derzeit allerdings noch sehr begrenzt.
In der Abteilung Analytik des TZW wurden in den vergangenen Monaten verschiedene Studien- und Diplomarbeiten
durchgeführt, in denen Analysenverfahren zum empfindlichen Nachweis ausgewählter Klassen von Bioziden in wässrigen Proben entwickelt wurden. Anschließend wurden diese Analysenverfahren eingesetzt, um Informationen zum Vorkommen der Biozid-Wirkstoffe in der aquatischen Umwelt zu erhalten. So wurden Analysenverfahren für die Bestimmung von Isothiazolinonen und Hydantoinen entwickelt, die in vielen Produkten des täglichen Lebens eingesetzt
werden. Verbindungen wie die Isothiazolinone 2-Methyl-4-isothiazolin-3-on (MI), 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazolin-3-on
(MCI), 2-n-Octyl-4-isothiazolin-3-on (OI), 1,2-Benzisothiazolin-3-on (BIT) oder 4,5-Dichlor-2-octylisothiazolin-3-on (COIT)
oder die Hydantoine 1-Brom-3-chlor-5,5-dimethylhydantoin, 1,3-Dibrom-5,5-di­methyl­hydantoin, 1,3-Dimethylol-5,5dimethylhydantoin sowie 5,5-Dimethylhydantoin sind beispielsweise aufgrund ihrer bakteriziden und desinfizierenden
Eigenschaften in Seifen, Shampoos, Hautcremes, Haargelen, Flüssigwaschmitteln, Haushaltsreinigern, Farben und
Leimen auf Wasserbasis sowie in Kühlschmiermitteln enthalten und sollen dort den mikrobiellen Abbau wichtiger
Inhaltsstoffe verhindern. Hydantoine werden zudem als Schleimizide in der Papierindustrie und als „Keimtöter“ in
Kühlwasserkreisläufen von Kraftwerken verwendet.
Die neu entwickelten Analysenverfahren sowohl für die Isothiazolinone als auch für die Vertreter aus der Klasse der
Hydantoine basieren auf einer Festphasenanreicherung auf einem Polymermaterial und anschließenden Detektion
mittels GC/MS-Kopplung. Mit diesen Analysenverfahren lassen sich beide Klassen von Bioziden in Oberflächen-, Grundund Trinkwässern bis in Konzentrationen von 0,1 µg/L nachweisen. Erste Untersuchungen zum Vorkommen der Verbindungen zeigten eine gute Eliminierbarkeit sowohl der Isothiazolinone als auch der Hydantoine bereits in der Kläranlage.
So wurde beispielsweise das Isothiazolinon BIT im Zulauf einer kommunalen Kläranlage in Konzentrationen von mehreren µg/L nachgewiesen, im Kläranlagenablauf war die Verbindung jedoch zu keiner Zeit nachweisbar. Auch Untersuchungen in Oberflächenwässern und Trinkwässern ergaben keine positiven Befunde, so dass die Bedeutung dieser
beiden Klassen von Biozid-Wirkstoffen für die Trinkwasserversorgung nur gering zu sein scheint.
Dipl.-Geoökol. A. Thoma, Dr. F. Sacher ([email protected])
UMWELTBIOTECHNOLOGIE
Aerober Abbau und 13C-Isotopenfraktionierung von cis-1,2-Dichlorethen (cDCE) und Vinylchlorid (VC)
An mehreren LCKW-kontaminierten Standorten hat sich gezeigt, dass aerobe Abbauprozesse wesentlich zur Elimination
der Schadstoffe beitragen. Beim aeroben Abbau von Chlorethenen entstehen unter Feldbedingungen - im Gegensatz
zum anaeroben Abbau - keine spezifisch messbaren Metabolite wie z.B. Ethen. Für Abbauvorgänge, bei denen keine
am Standort nachweisbaren Abbauprodukte entstehen, stellt die Messung der Isotopensignaturen der Schadstoffe ein
neues Instrument dar, um den mikrobiellen Abbau in Feldproben nachzuweisen.
Unsere Arbeiten belegen die Praxistauglichkeit dieses neuen Ansatzes, mit dem natürliche Schadstoffminderungsprozesse
(Natural Attenuation, NA) an kontaminierten Standorten nachgewiesen und quantifiziert werden können. Erstmals gelang
der Nachweis signifikanter Isotopenfraktionierungseffekte beim aeroben cometabolischen Abbau von cDCE mit VC als
Wachstumssubstrat. Die Ergebnisse sind in folgender Veröffentlichung im Detail beschrieben:
Tiehm A., Schmidt K. R., Pfeifer B., Heidinger M., Ertl S. (2008) Growth kinetics and carbon isotope fractionation
during aerobic degradation of cis-1,2-dichloroethene and vinyl chloride. Water Research: in press (doi:10.1016/
j.watres.2008.01.029).
Dr. A. Tiehm, Dipl.-Biotechnol. K. Schmidt ([email protected])
MIKROBIOLOGIE
Abschluss des Forschungsvorhabens zu coliformen Bakterien
Im Rahmen des DVGW-Forschungsprojektes W06/03/04 wurden umfangreiche Untersuchungen zum Vorkommen
coliformer Bakterien in Trinkwasserverteilungssystemen und den Wachstumsansprüchen dieser Bakteriengruppen
durchgeführt (gemeinsam bearbeitet durch TZW Außenstelle Dresden und TZW Karlsruhe).
Untersuchungen in Behältersedimenten und Spülwässern aus der Praxis ergaben einen hohen Prozentsatz positiver
Befunde an coliformen Bakterien. Von 10 verschiedenen Verteilungsnetzen, in denen Spülwasserproben auf coliforme
Bakterien untersucht wurden, traten in 6 Netzen positive Befunde an coliformen Bakterien auf. Außerdem wurden aus 9
verschiedenen Behältern Sedimente entnommen, von denen 7 positive Befunde aufwiesen.
Ausgabe 24 (Mai 2008)
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Enterobacter asburiae/100 mL
Enterobacter asburiae/100 mL
Durch die Laborversuche konnte gezeigt werden, dass sich coliforme Bakterien in Reinkultur bereits bei geringen
Nährstoffgehalten im Wasser vermehren können, allerdings i. d. R. nur bei höheren Temperaturen von 20°C und darüber.
War allerdings gleichzeitig eine natürliche (autochthone) Mischbiozönose vorhanden, wurde die Vermehrung auch bei
höheren Temperaturen weitgehend unterdrückt. Ein Beispiel dieses Effektes der Substratkonkurrenz bei dem Stamm
Enterobacter asburiae ist in nebenstehendem Bild aufgeführt.
1E+9
1E+9
Reinkultur
Diese Substratkonkurrenz verhinmit
Mischbiozönose
1E+8
1E+8
TW ausTalsperrenwasser
TW aus Talsperrenwasser
dert auch ein Wachstum im Bio1E+7
1E+7
film.
1E+6
1E+5
1E+4
0,00 mg C/l
1E+3
0,05 mg C/l
1E+2
0,10 mg C/l
1E+1
0,15 mg C/l
1E+0
1E+6
0,00 mg C/l
1E+5
0,05 mg C/l
1E+4
0,10 mg C/l
1E+3
0,15 mg C/l
1E+2
1E+1
1E+0
0
7
14
21
Tage (d)
28
0
7
14
21
Tage (d)
28
Bild: Wachstum von Enterobacter asburiae bei 22°C in Reinkultur (links) und
mit Mischbiozönose (rechts)
Lediglich bei Laborversuchen mit
Sedimenten aus Behältern oder
Spülwässern unter anaeroben
Bedingungen kam es zu einer
Vermehrung von coliformen Bakterien auch in Anwesenheit der
autochthonen Mischbiozönose.
Bei Abwesenheit von Sauerstoff
wurde das Wachstum der fakultativ anaeroben coliformen Bakterien gegenüber der autochthonen Flora begünstigt. Dies erklärt
den hohen Prozentsatz von
Positivbefunden in den untersuchen Spülwässern und Sedimenten.
Für die Praxis der Wasserversorgung in Deutschland kann geschlossen werden, dass unter den hier i. d. R. vorliegenden Bedingungen (Trinkwasser
ohne Chlorrestgehalte, niedrige Temperaturen und Nährstoffkonzentrationen) keine Vermehrung coliformer Bakterien im
Wasserkörper oder im Biofilm zu erwarten ist, da durch die Anwesenheit der autochthonen Mischbiozönose eine
Substratkonkurrenz gegeben ist, die das Wachstum verhindert. Lediglich in Sedimenten und Ablagerungen können
Bedingungen auftreten, die eine Vermehrung coliformer Bakterien ermöglichen.
Die Zielsetzung muss daher sein, zum einen den Eintrag coliformer Bakterien zu verhindern und zum anderen, die
Bildung und Ablagerung von Sedimenten zu minimieren.
Dr. B. Hambsch, Dr. K. Böckle, Dr. H. Petzoldt, Dr. A. Korth ([email protected])
Coliforme Bakterien in Behältersedimenten
Treten coliforme Bakterien sporadisch in niedriger Konzentration auf, kann nach den Ergebnissen des DVGW-Forschungsvorhabens zu coliformen Bakterien neben einem Eintrag von außen auch die Freisetzung aus Ablagerungen oder
Sedimenten in Frage kommen, z. B. als Folge einer plötzlichen Veränderung der hydraulischen Verhältnisse.
Tab.: Untersuchung von Behältersedimenten auf coliforme Bakterien im
Herbst 2007
WVU
Art des
Rohw assers
Anzahl untersuchter
Behälterkammern
A n za h l
Behälterkammern mit
positiven Befunden
1
Grundw asser
6
5
2
Uferfiltrat
5
5
3
Quellw asser
4
4
15
14
Gesamt
Bei drei Wasserversorgungsunternehmen, bei denen solche gelegentlichen Befunde an coliformen Bakterien
ohne Bestätigung in der Nachprobe in
Behälterentnahmestellen beobachtet
wurden, wurden deshalb in der Behälterreinigungssaison 2007 nach Entleerung
jeweils Sedimentproben entnommen
und auf coliforme Bakterien untersucht.
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse. In fast
allen Sedimentproben waren coliforme
Bakterien nachweisbar, obwohl die
Sedimentmengen sehr unterschiedlich
und zum Teil nur sehr gering waren.
Zur Vermeidung einer Ansiedlung der
coliformen Bakterien in Ablagerungen ist
neben der Verhinderung des Eintrages der coliformen Bakterien eine regelmäßige Entfernung von Sedimenten erforderlich. Der Reinigungszyklus sollte der Geschwindigkeit der Sedimentbildung angepasst werden. Vor diesem Hintergrund
wäre es zielführend, Kriterien für eine zustandsorientierte Behälterreinigung zu definieren.
Dr. B. Hambsch ([email protected])
Ausgabe 24 (Mai 2008)
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