Sind Maßstäbe überall gleich lang? Wir haben in der Vorlesung stillschweigen vorausgesetzt, dass Maßstäbe in ein und demselben Inertialsystem überall gleich lang sind. Wir haben auch gesehen, dass die Länge der Maßstäbe von der Geschwindigkeit der Relativbewegung von zwei Inertialsystemen abhängen kann. Wie steht es aber nun in einem “realen” Bezugssystem, z. B. der Erde? Träge Masse = schwere Masse Gold M P Aluminium Eötvös (ein ungarischer Baron) hat 1889 und 1922 die lange Zeit beste experimentelle Über2 a = 0, 0059 m/s prüfung durchgeführt, dass alle Körper derselben Gravitationsbeschleunigung ausgesetzt sind. Mit einem moderneren Experiment von Roll, Krotkov und Dicke, links schematisch abgebildet, konnZur Sonne te gezeigt werden, dass verschiedene Substanzen a = 0, 0059 m/s2 gleich stark durch die Sonne angezogen werden. Würde z. B. Gold stärker von der Sonne angezogen als Aluminium, so würde sich die Torsionswaage drehen. Um den störenden Einfluss des Experimentators zu minimieren, wurde der Versuchsaufbau auf der nächsten Seite verwendet. a = 0, 0059 m/s2 Das Roll-Krotkov-Dicke Experiment Photomultiplier Draht Aluminium Lichtstrahl Aluminium Spiegel P Gold In Ihrem Experiment haben Roll, Krotkov und Dicke 1964 in Princeton sehr genau nachweisen können, dass verschiea = 0, 0059 m/s2 dene Substanzen mit verschiedenen Anteilen von Neutronen und Protonen dieselbe Schwerebeschleunigung durch die SonZur Sonne ne erfahren. Die Winkelgenauiga = 0, 0059 m/s2 keit in der Ablesung des reflektierten Lichtstrahles war durch die Genauigkeit der Intensitätsmessung gegeben und betrug 3 × 10−5 rad. a = 0, 0059 m/s2 Das Roll-Krotkov-Dicke Experiment II Roll, Krotkov und Dicke haben mit ihrem Experiment die Größe " (M/m)A − (M/m)B η= 1 2 ((M/m)A + (M/m)B ) # bestimmt. Sie fanden für folgende Stoffe im Vergleich zu Kupfer: ηP b ≤ (0 ± 4.0) × 10−10, ηO ≤ (0 ± 4.8) × 10−10, ηSi ≤ (0±7.1)×10−10, ηCl ≤ (0±11.6)×10−10. Das Äquivalenzprinzip Die Äquivalenz von schwerer und träger Masse legen den Schluss nahe, dass Messungen in einem irdischen Labor dieselben Resultate ergeben, wie in einem Labor, welches z.B. mit einer Rakete mit der Beschleunigung g durch den Weltraum rast. Dies ist das Äquivalenzprinzip. Prozesse in beschleunigten Bezugssystemen und in einem Gravitationsfeld sind einander äquivalent. Allein durch Messungen in einem Labor kann nicht unterschieden werden, ob dieses konstant beschleunigt bewegt wird oder sich in einem Gravitationsfeld befindet. Die allgemeine Relativitätstheorie Ausgehend von diesem einfachen Gedanken hat Einstein ein Jahrzehnt lang nach Geleichungen gesucht, die das Gravitationsfeld beschreiben, den sog. Feldgleichungen der Gravitation. Die mathematisch anspruchsvolle Theorie verwendet Begriffe aus der (Riemannschen) Differentialgeometrie. Die Feldleichungen sind die einfachsten, die die Gravitation beschreiben können, sie folgen nicht zwingend aus dem Äquivalenzprinzip. Länge von Maßstäben Ein weitere Frage, die sich Einstein gestellt hat und die auf dem Weg zur allgemeinen relativitätstheorie wichtig war, ist die Frage nach der Länge von Maßstäben. Im Folgenden besprechen wir zwei der drei klassischen Tests der allgemeinen Relativitätstheorie. Die Rotverschiebung In der Atom- und Molekülphysik (3. Semester) werden wir lernen, dass die Photonenenergie E = hν, wo ν die Frequenz des Lichtes ist und h das sog. Plancksche Wirkungsquantum ist. Dieser Energie entspricht nach der berühmten formel E = mc2 formal eine Masse m= E hν = c2 c2 Die Arbeit, die verrichtet werden muss, um das Photon um einen Höhe h über den Erdboden zu heben ist A = mgh und das Photon hat oben folglich eine verminderte Energie E ′ = E − A. Dieser verminderten Energie entspricht nach den vorigen Überlegungen eine verringerte Frequenz, gh ν′ = ν 1 − 2 . c Eigentlich ist der Ausdruck gh falsch, er muss durch die Potentialdifferenz ∆U ersetzt werden (siehe Stoff der nächsten Wochen). An der Erdoberfläche lautet der Ausdruck für das Gravitationspotential U (R) = − GM , R und unendlich weit weg ist u = 0, damit haben wir GM ∆ν = . 2 ν Rc Die Größe ∈GM R= ⌋∈ heisst Schwarzschildradius der Masse M und spielt in der allgemeinen Relativitätstheorie eine wichtige Rolle. Die Frequenzverschiebung ist gegeben durch das Verhältnis Schwarzschildradius zu Radius der Erde, ∆ν R = . ν 2R Dieser Effekt kann im Erdgravitationsfeld gemessen werden, die Verschiebung beträgt ca. 2.5 · 10−15. Die Lichtablenkung Das vorherige fast exakte Resultat können wir für die Lichtablenkung nicht wiederholen. Wir werden uns mit eiSterne ner Näherung begnügen Sonne Beobachter müssen, die um einen Faktor 2 nicht mit δ dem Resultat der allscheinbare Position des gemeinen RelativitätsSterns theorie übereinstimmt. Wir nehmen zunächst einmal an, dass sich das Licht nahe an der Sonnenoberfläche scheinbare Position des Sterns δ vorbeibewegt in einem konstanten Gravitationsfeld, welches der Beschleunigung g = GM/R2 entspricht. Dabei soll sich der Lichtstrahl bevor er zur Sonne kommt geradlinig bewegen, und wenn er die Sonne verlässt auch, nur entlang einer Strecke 2R soll er die Gravitation spüren. Dann gilt die Formel einer Wurfparabel g y = t2 , 2 x = ct. Die Lichtablenkung δ ist dann gegeben durch y(x) = δN = GM 2 g 2 x = x 2 2 2 2c 2R c dy R 2GM = . = dx Rc2 R Wieder ist das Resultat Schwarzschildradius durch Radius gegeben. Das exakte Resultat ist doppelt so groß, 2R . δE = R Verhalten von Uhren Licht Atom B Licht Überprügung durch Hafele und Keating 1971 mit 4 Cs−Uhren West Flugzeug B Ost Flugzeug A Atom A Uhren im Schwerefeld gehen langsamer Erddrehung