Umweltschutz und Nachhaltigkeit Umweltschutz und Nachhaltigkeit – Anzeige – Klimawandel und Luftqualität im Mittelmeerraum – Das Climate Service Center informiert von Prof. Dr. Guy Brasseur, Alberto Elizalde, Dr. Irene Fischer-Bruns und Prof. Dr. Daniela Jacob I n der Klimaforschung ist der Mittelmeerraum als eine Region bekannt, die sehr empfindlich auf den Klimawandel reagiert. Dies erkennt man an deutlichen Änderungen der Lufttemperatur und des Niederschlags in sogenannten Klimaprojektionen. Hierunter versteht man Modellrechnungen auf Basis von angenommenen Zukunftsszenarien, die unter anderem das Emissionsverhalten der Weltbevölkerung beschreiben. So weisen wissenschaftliche Klimastudien darauf hin, dass im Zuge des zu erwartenden Klimawandels, im Mittelmeerraum mit einem deutlichen Rückgang der Niederschläge und einer signifikanten Erwärmung zu rechnen ist. 1,2,3,4,5,6 Basis ist das sogenannte A1B-Szenario; ein moderates, häufig verwendetes Szenario, das sich speziell durch eine ausgewogene Nutzung aller Energiequellen auszeichnet. Das Temperaturmuster ist stark durch die unterschiedliche Erwärmung von Land und Meer geprägt, denn generell erwärmen sich die Landmassen stärker als der Ozean. Über Marokko, Teilen von Algerien, Spanien, Südfrankreich, Italien, Albanien, weiten Teilen der Türkei, Teilen Syriens und Jordaniens, aber auch über Sardinien und Korsika ist nach die- sem Szenario in den nächsten Jahrzehnten eine Erwärmung von zwei bis drei Grad Celsius zu erwarten. In Spanien und Marokko kann es sogar noch wärmer werden. Gleichzeitig werden die Regenfälle zurückgehen. Auch hinsichtlich der Niederschlagsänderungen sind die Auswirkungen über Land am stärksten. Ein Rückgang von mindestens 20 Prozent, möglicherweise noch viel stärker, könnte in nahezu allen Anrainerstaaten des Mittelmeeres Realität werden. Hohe Änderungswerte über trockenen Klimaänderungen Mögliche Veränderungen der Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse im Sommer für weite Teile von Europa und für die Mittelmeerregion zeigt beispielhaft Abbildung 1 als Ergebnis von Klimasimulationen, die mit einem regionalen Erdsystem-Modell durchgeführt wurden 7. Es enthält als atmosphärische Komponente das regionale Klimamodell REMO.8 Seite 28 Abbildung 2: Mit dem chemischen Transportmodell GEOSCHEM modellierte, globale Verteilung des troposphärischen Ozons (in Dobson units, 1 DU = 2.69 x 10 x 6 Moleküle/cm2) für Juli 199710. Abbildung aus Li et al (2001). © Geophysical Research Letters / Harvard Atmospheric Chemistry Modeling Group Regionen wie im südlichen Teil der Modellregion sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, denn schon geringe Niederschlagsmengen können hier zu großen prozentualen, aber irreführenden Änderungsraten führen. Die aus der globalen Erwärmung resultierenden großräumigen Klimaänderungen werden eine Intensivierung des Wasserdampftransports von niedrigen zu hohen Breiten hervorrufen mit signifikanten Auswirkungen auf den Wasserkreislauf in der Mittelmeerregion9. Der zu erwartende Temperaturanstieg wird die dort in weiten Regionen ohnehin geringe Bodenfeuchte mehr und mehr verdunsten lassen. Da auch die Niederschläge abnehmen werden, werden die bereits jetzt unter starker Trockenheit im Sommer leidenden Gebiete zunehmend verdorren. Dies wird starke negative Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit und –qualität haben und die regionale Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen stellen, damit die Sicherung der Wasserressourcen gewährleistet bleibt. Tagen Sie im Haus der Wirtschaft Citynah in exklusiver Atmosphäre 10 Minuten vom Flughafen, 15 Minuten vom Hauptbahnhof und ausreichend Parkraum direkt am Gebäude und in der Umgebung: Das ist das „Haus der Wirtschaft“ in Hamburg. Unsere Tagungsräume sind mit modernster Präsentations- und Kommunikationstechnik ausgestattet und bieten aufgrund variabler Raumzuschnitte höchsten Komfort für Gruppen von 20 bis 180 Teilnehmern. Auf Wunsch steht die gesamte Bandbreite an Konferenzund Präsentationsmaterial zur Verfügung. Raumfunktionen wie Lichtszenarien, Lüftung und Beschallung werden über eine digitale Technik gesteuert. In der exklusiven „Rotunde“ im 5. Obergeschoss befinden sich ein Videokonferenzsystem und Flachbildschirme in der Tischplatte, die sich nach Bedarf jederzeit elektronisch ausfahren lassen. Der Bar- und Bistro-Bereich ermöglicht Entspannung und Gespräche in den Tagungspausen. Ein Caterer befindet sich im Haus. Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel. (040) 63 78-4902. Wir freuen uns auf Sie! Luftqualität Abbildung 1: Modellierte Änderung der bodennahen Lufttemperatur (links, in °C) und des Niederschlags (rechts, in %) im Sommer für weite Teile von Europa und für die Mittelmeerregion. Die Auflösung beträgt ungefähr 25 km x 25 km. Dargestellt ist die Differenz der Mittelwerte über die Periode (2021-2050) und die Referenzperiode (1961-1990) © Max-Planck-Institut für Meteorologie Schwerpunkt: Umwelt und Erneuerbare Energie Der Klimawandel wird jedoch nicht nur den Wasserhaushalt dieser empfindlichen Region verändern. Auch hohe Ozonkonzentrationen und die zunehmend großräumige Luftverschmutzung werden, gerade im Zusammenhang mit den geringer werdenden Niederschlägen, immer Mediterranes 2/2011 Haus der Wirtschaft Dienstleistungs- und Service GmbH Kapstadtring 10 · 22297 Hamburg · Telefon (040) 63 78-4902 · Fax (040) 63 78-4999 E-Mail: [email protected] · Internet: www.haus-der-wirtschaft.de HdW-Tagung_AZ.indd 1 Seite 29 24.05.2011 14:52:10 Uhr Umweltschutz und Nachhaltigkeit mehr zum Problem werden. Verstädterung und Industrialisierung verursachen bekanntermaßen generell eine bedeutende Verschlechterung der Luftqualität. Aber die Luftverschmutzung ist nicht nur für Stadtgebiete zu einem gravierenden Umweltproblem geworden, sondern – wegen des Ferntransports – auch für relativ abgelegene Regionen. Im Mittelmeerraum ist im Sommer, bei stabiler Schichtung und geringem Luftaustausch, der Aerosolgehalt Umweltschutz und Nachhaltigkeit der Atmosphäre so hoch, dass eine starke, teilweise beträchtliche Reduzierung der Sichtweite die Folge ist. Die Schadstoffe reichern sich in der Luft an und beeinträchtigen die menschliche Gesundheit durch das Hervorrufen von Atemwegsproblemen und Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems. Gleichzeitig werden hohe sommerliche Ozonkonzentrationen beobachtet. Und dies nicht nur in Bodennähe, wo sie sich ebenfalls gesundheitsschädi- gend auf die Augen, Lunge und das Herz auswirken, sondern auch in der Höhe, typischerweise zwischen vier und acht Kilometern. Dieses Maximum und die generell über dem Mittelmeer und den Wüsten des Nahen Ostens und der Golfregionen hohen beobachteten Ozonkonzentrationen haben die Wissenschaftler überrascht. Mittlerweise wurden dafür plausible Erklärungen auf der Basis von Beobachtungen und Modellsimulationen erbracht. Das Climate Service Center – Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Anwendung D ie anthropogenen Klimänderungen und ihre Auswirkungen auf die verschiedenen Sektoren und Branchen in unserer Gesellschaft spielen eine wichtige Rolle bei Entscheidungen in Wirtschaft und Politik. Daher wächst auf Seiten der Entscheidungsträger der Informationsbedarf zu den vielfältigen Fragen möglicher zukünftiger Klimaentwicklungen. Gleichzeitig werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse über unser Klima immer umfangreicher. Um den wachsenden Beratungsbedarf zu decken und eine effiziente, problembezogene Umsetzung des vorhandenen Wissens voranzutreiben, hat die Bundesregierung im Jahr 2009 eine nationale Dienstleistungseinrichtung mit dem Namen Climate Service Center (CSC) am Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material- und Küstenforschung gegründet. Das CSC hat seinen Sitz aber in Hamburg. Obwohl die Klimawissenschaften in den letzten zwei Jahrzehnten große Fortschritte gemacht haben, sind die verfügbaren wissenschaftlichen Informationen im Allgemeinen weder anwendungsorientiert aufbereitet, noch routinemäßig in der Praxis verwendbar. Die Rolle des CSC ist, wissenschaftsbasierte, verlässliche und bedarfsorientiert aufbereitete Klimainformationen für Entscheidungsträger des öffentlichen und privaten Sektors bereitzustellen. Diese sollen damit in die Lage versetzt werden, die möglichen Auswirkungen des Klimawandels zu erfassen, damit Anpassungsmaßnahmen in ihren Planungen berücksichtigt werden können. In seiner Funktion als Schnittstelle zwischen den Klimawissenschaften und Seite 30 entscheidungsrelevanten Fragestellungen unterstützt das CSC die Gesellschaft, Klimaveränderungen zu erkennen und sich an ihre Auswirkungen anzupassen (Abbildung 3). Zur Erfüllung seines Auftrags kooperiert es mit einem Netzwerk, das alle in Deutschland vorhandenen wichtigen Institutionen der Klima- und Klimafolgenforschung, die Klimadaten und Modellergebnisse erzeugen und verfügbar machen, umfasst. Mit in dieses Netzwerk einbezogen werden zunehmend auch die unterschiedlichsten Nutzer von Klimainformationen. Abbildung 3: Das CSC, als Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung, schließt die Lücke zwischen dem Angebot wissenschaftlicher Ergebnisse und der Nachfrage seiner Zielgruppen an bedarfsorientierten Produkten und Dienstleistungen. Die fünf Elemente der CSC-Strategie sind in grau eingetragen. © CSC Schwerpunkt: Umwelt und Erneuerbare Energie Ozon wird nicht, wie andere anthropogene Schadstoffe, an der Erdoberfläche freigesetzt. Es entsteht erst in der Atmosphäre als Folge komplexer photochemischer Reaktionen unter Beteiligung primärer Schadstoffe wie Kohlenwasserstoffe und Stickoxide. Natürliche (biogene) Kohlenwasserstoffe werden von der Vegetation, im Mittelmeerraum insbesondere von den Bäumen, produziert. Gleichzeitig werden in den Städten durch Autoverkehr oder Kraftwerke große Mengen von Stickoxiden emittiert, die sich mit den natürlich und anthropogen freigesetzten Kohlenwasserstoffen vermischen und unter Einfluss der Sonnenstrahlung große Mengen von Ozon produzieren. Dieses Ozon wird mit der atmosphärischen Strömung in andere Regionen transportiert, teilweise sehr weit von den Quellen der primären Schadstoffe entfernt, vorwiegend in den Nahen Osten. Hier können dann, bei geringem Luftaustausch, die hohen Ozonkonzentrationen sehr lange andauern. Aber es spielen auch noch andere Prozesse im komplexen Wechselspiel zwischen den meteorologischen und chemischen Prozessen eine Rolle. So trägt auch der Ferntransport von Ozon, das in den Industriegebieten Nordeuropas entsteht, zu den hohen bodennahen Ozonkonzentrationen im Nahen Osten bei. Erhöhte Konzentrationen in einigen Kilometern Höhe wiederum können zu großen Anteilen dem Ferntransport von verschmutzter Luft aus Nordamerika zugeschrieben werden. Ozon entsteht auch über Indien, wo in der Monsunsaison der Ozonvorläufer Stickoxid in großen Mengen durch Blitzschläge entsteht. Zu den hohen Ozonwerten, die im östlichen Mittelmeerraum und in der Golfregion beobachtet werden, trägt möglicherweise auch Ozon bei, das in der Stratosphäre oberhalb von zwölf Kilometern Höhe entsteht. Neben Aufschlüssen aus Beobachtungen tragen auch Modellergebnisse zu diesen Erkenntnissen bei. Ein Beispiel dafür ist die modellierte globale Verteilung des troposphärischen Ozons in Abbildung 2 im Sommer. Hier lassen die hohen Konzentrationen im Nahen Osten (in rot) die Auswirkungen lokaler Emissionen von Ozonvorläufern Mediterranes 2/2011 wie Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden erkennen. Die erhöhten Werte über Afrika sind die Folge der Emissionen von Vorläufergasen durch die Verbrennung von Biomasse. Ebenso hohe Werte treten über der Ost- und Westküste Nordamerikas und über China auf. Gibelin AL and Déqué M (2003): Anthropogenic 1 Climate Change over the Mediterranean region simulated by a global variable resolution model. Clim Dyn 20: 327-339. 2 Giorgi F and Lionello P (2008): Climate change pro- Prof. Dr. Guy Brasseur seit 2009 Direktor des Climate Service Center (CSC). Er arbeitete zuvor als Forschungsdirektor und Leiter des Labors für das Erd- und Sonnensystem am National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder, Colorado und leitete von 1999 bis 2005 in Hamburg das MaxPlanck-Institut für Meteorologie sowie das Deutsche Klimarechenzentrum. jections for the Mediterranean region Glob. Planet. Change 63 90-104. 3 Mariotti A et al. (2008): Mediterranean water cycle changes: transition to drier 21st century conditions in observations and CMIP3 simulations. Environ. Res. Lett. 3 (October-December 2008) 044001, doi:10. Sheffield J and Wood EF (2008): Projected chan- 4 ges in drought occurrence under future global warming from multi-model, multi-scenario, IPCC AR4 simulations, Climate Dynamics, 13 (1), 79-105, doi:10.1007/s00382-007-0340-z. 5 Somot S et al. (2008): 21st century climate change scenario for the Mediterranean using a coupled atmosphere–ocean regional climate model. Global and Alberto Elizalde ist Physiker und arbeitet im Bereich Klimaforschung im Mittelmeerraum mit dem CSC zusammen. Seine Spezialgebiete sind der Wasserkreislauf und die Wechselwirkung Ozean/ Atmosphäre. Zurzeit fertigt er seine Disseration am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg an. Planetary Change 63: 112–126. Ulbrich, U et al. (2006): The Mediterranean cli- 6 mate change under global warming. In: P. Lionello, P. Malanotte-Rizzoli & R. Boscolo (Eds), Mediterranean Climate Variability, Amsterdam: Elsevier, pp. 398—415. Elizalde A et al. (2010): Technical Report: Atmos- 7 phere-ocean-hydrology coupled regional climate model. Max Planck Institute for Meteorology. Available on-line at: http://www.remo-rcm.de/fileadmin/ user_upload/remo/UBA/pdf/TechnicalReport.pdf 8 Jacob D et al. (2007): An inter-comparison of regio- nal climate models for Europe: Design of the experi- Dr. Irene Fischer-Bruns die Diplom-Meteorologin arbeitet seit der Gründung mit am Auf bau des Climate Service Center (CSC). Als wissenschaftliche Referentin unterstützt Sie den Direktor in seinen Managementaufgaben, in wissenschaftlichen und vielen anderen Bereichen. ments and model performance. Climatic Change 81, 31-52. DOI 10.1007/s10584-006-9213-4. 9 IPCC (2007): Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment. Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon, S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M. Tignor and H.L. Miller (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 996 pp. 10 Abbildung aus: Li, Q, et al. (2001): A tropospheric ozone maximum over the Middle East, Geophys. Res. Lett., 28(17), 3235–3238, doi:10.1029/2001GL013134. Prof. Dr. Daniela Jacob ist Diplom-Meteorologin und leitet die Abteilung Klimasystem im Climate Service Center (CSC). Vorher forschte sie u.a. seit 1993 am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie und entwickelte das regionale Klimamodell REMO. Seite 31