report - moneris de - Leibniz-Institut für Gewässerökologie und

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REPORT
5. RADOST JAHRESBERICHT
Februar 2013-Januar 2014
Berlin, April 2014
Kooperationspartner
REPORT
5. RADOST JAHRESBERICHT
Februar 2013-Januar 2014
Berlin, April 2014
Inhalt
1
Einleitung .................................................................................................................... 9
2
Ergebnisse und Bearbeitungsstand ........................................................................11
Modul 1: Netzwerkbildung und Dialog zur Entwicklung von Anpassungsstrategien ....11
Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und
Dialogprozesses ..............................................................................................12
Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen .....................................14
Beteiligung im RADOST-Netzwerk ..............................................................................19
Fokusthema 1: Küstenschutz ...........................................................................................23
Aktueller Stand der Netzwerkbildung ...........................................................................23
Arbeitspaket 1.2.1: Strategien und Optionen der Küstenschutzplanung für die deutsche
Ostseeküste ....................................................................................................24
Arbeitspaket 1.2.2: Monitoring der Umweltbedingungen im Küstenvorfeld ..................26
Arbeitspaket 1.2.3: Bearbeitung von Fallstudien in den Fokusgebieten .......................31
Anwendungsprojekt 1: Vorarbeiten für einen Fachplan Schutz sandiger Küsten 2050 34
Anwendungsprojekt 2: Beratung der Hansestadt Rostock: Hochwasserschutz im sich
ändernden Klima .............................................................................................38
Anwendungsprojekt 3: Innovative Technologien für den Küstenschutz: Einsatz von
Geokunststoffen ..............................................................................................43
Anwendungsprojekt 4: Unterhaltung von Schifffahrtswegen und Küstenschutz: Nutzung
von Synergien .................................................................................................51
Anwendungsprojekt 5: Innovative Verfahren zur Klimaanpassung im Küstenschutz –
Fokusgebiet Kieler Förde.................................................................................53
Fokusthema 2: Tourismus und Strandmanagement .........................................................59
Arbeitspaket 1.3.4: Entwicklung von Anpassungsstrategien ........................................59
Anwendungsprojekt 6: Infopavillon Schönberger Strand..............................................60
Anwendungsprojekt 7: Tourismus im Klimawandel – Regionale Anpassungsstrategien
62
Anwendungsprojekt 8: Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren (Standortplanung im
Klimawandel) ...................................................................................................63
Fokusthema 3: Gewässermanagement und Landwirtschaft .............................................65
Aktueller Stand der Netzwerkbildung ...........................................................................65
Arbeitspaket 1.4.3: Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in Gegenwart und
Zukunft ............................................................................................................66
5
Arbeitspaket 1.4.4: Anpassungsempfehlungen bezüglich Nährstoffmanagement im
Einzugsgebiet ..................................................................................................72
Anwendungsprojekt 10: Entwicklung angepasster Pflanzensorten ..............................74
Anwendungsprojekt 11: Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie:
Bestandsunterstützung Seegras und Blasentang ............................................78
Anwendungsprojekt 12: Zukunftsstrategien für die Aquakultur – Fokusgebiet Kieler
Bucht ...............................................................................................................89
Anwendungsprojekt 13: Steuerung von Nährstoffeinträgen durch Retentionsbecken ..90
Fokusthema 4: Häfen und maritime Wirtschaft ...............................................................100
Aktueller Stand der Netzwerkbildung .........................................................................100
Arbeitspaket 1.5: Koordination der Erarbeitung von Anpassungskonzepten für Häfen
und Infrastruktur ............................................................................................100
Anwendungsprojekt 14 „Anpassungsstrategie für den Lübecker Hafen“ ....................107
Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die
routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen .....................................110
Fokusthema 5: Naturschutz und Nutzungen...................................................................112
Aktueller Stand der Netzwerkbildung .........................................................................112
Arbeitspaket 1.6.2: Ökologische Untersuchungen .....................................................112
Arbeitspaket 1.6.3: Naturschutzfachliche Aspekte und Nutzungen ............................113
Arbeitspaket 1.6.4: Interpretation, Folgenabschätzungen ..........................................117
Fokusthema 6: Erneuerbare Energien............................................................................119
Arbeitspaket 1.7.3: Analyse und Prognose der Entwicklung von Geothermie,
Photovoltaik, Windenergie und Biogas ..........................................................119
Anwendungsprojekt 16: Küstenschutz und Geothermie ............................................123
Modul 2: Natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung .......................................127
Teilmodul/Arbeitspaket 2.1: Klimadatenbedarf und Analyse (Klimadatenmanagement) .127
Teilmodul 2.2: Wasserstände, Seegang, Strömungen und Sedimenttransporte .............131
Arbeitspaket 2.2.2: Großräumige Strömungsveränderungen .....................................131
Arbeitspaket 2.2.3: Strömung und Seegang in kleinräumigen Küstenbereichen ........131
Arbeitspaket 2.2.4: Sedimenttransport und Morphologie ...........................................133
Teilmodul 2.3: Fluss-Küste-Meer: Gewässerqualität und Klimawandel...........................134
Arbeitspaket 2.3.1: Gewässerqualität in Flüssen .......................................................134
Arbeitspaket 2.3.2: Gewässerqualität in äußeren Küstengewässern und Ostsee ......134
Teilmodul 2.4: Ökologie und biologische Vielfalt ............................................................135
Arbeitspaket 2.4.1: Mögliche klimabedingte Änderungen Makrozoobenthos .............135
Arbeitspaket 2.4.2: Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel .......................137
6
Arbeitspaket 2.4.3: Klimainduzierte ökosystemare Interaktionen ...............................140
Modul 3: Sozio-ökonomische Analyse............................................................................144
Arbeitspaket 3.1: Regionalwirtschaftliche Analyse..........................................................144
Arbeitspaket 3.4: Agrarsektormodellierung .....................................................................147
Arbeitspaket 3.5: Input-Output-Modellierung ..................................................................150
Arbeitspaket 3.6: Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse .....................................................154
Modul 4: Nationaler und europäischer Politikrahmen / nationaler und internationaler
Austausch ................................................................................................................156
Arbeitspaket 4.2: Bestandsaufnahme und Auswertung regionaler Anpassungsprojekte und
-maßnahmen in Deutschland und Europa .............................................................156
Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene ...........................157
Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse ..........................................160
Arbeitspaket 5.1: Website und Newsletter ......................................................................160
Arbeitspaket 5.2: Publikationen ......................................................................................161
Arbeitspaket 5.3: Vorträge..............................................................................................164
Arbeitspaket 5.4: Medienarbeit .......................................................................................167
Arbeitspaket 5.5: Geografisches Informationssystem .....................................................167
3
Vergleich des Vorhabensstandes mit der ursprünglichen Arbeits- und
Zeitplanung ..............................................................................................................169
4
Geänderte Aussichten für die Erreichung der Vorhabensziele ............................170
5
Neu bekannt gewordene Ergebnisse anderer Forschungsvorhaben ..................171
6
Fortschreibung des Verwertungsplans .................................................................172
7
8
RADOST-Jahresbericht 2014
1
Einleitung
Das Projekt RADOST (Regionale Anpassungsstrategien für die deutsche Ostseeküste) wird
im Rahmen der Fördermaßnahme KLIMZUG „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig
gestalten“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Projektlaufzeit
ist vom 1.7.2009 bis zum 30.6.2014. Mit dem vorliegenden Dokument wird der dritte
Jahresbericht für das Gesamtprojekt (Verbundprojektbericht) an den Projektträger im DLR
vorgelegt. Er dokumentiert die Aktivitäten im Projekt von Februar 2013 bis Januar 2014 und
damit in den Projektmonaten 44 bis 55. Das Kernteam der RADOST-Projektpartner hat sich
gegenüber dem vorigen Berichtszeitraum nicht geändert.
Als Übersicht über die Struktur des Projektes seien an dieser Stelle nochmals die Grafiken
zum Projektaufbau (Abbildung 1) und zur Lage der Fokusgebiete (Abbildung 2)
wiedergegeben. Für textliche Erläuterungen wird auf den ersten Jahresbericht verwiesen.
Abbildung 1: Darstellung des RADOST-Projektaufbaus nach Inhalten und Zuständigkeiten
9
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 2: Fokusgebiete in RADOST mit zugeordneten Fokusthemen
10
RADOST-Jahresbericht 2014
2
Ergebnisse und Bearbeitungsstand
Modul 1: Netzwerkbildung und Dialog zur Entwicklung von
Anpassungsstrategien
Federführung: Ecologic
Ansprechpartnerin:
Dr. Grit Martinez
E-Mail: [email protected]
Ecologic Institut, Berlin
Forschungsinhalte und -ergebnisse des Projektes RADOST zu Klimawandel und
Klimaanpassung
werden
seit
Projektbeginn
kontinuierlich
an
Fachexperten,
Entscheidungsträger
aus
Politik
und
Verwaltung,
Wirtschaftsunternehmen,
Nichtregierungsorganisationen und die allgemeine Öffentlichkeit kommuniziert. Im
Vordergrund des gegenseitigen Austauschs stehen die Informationsbedürfnisse der Akteure
und die Implikationen der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Praxis. Im Vordergrund des
gegenseitigen Austauschs stehen die Informationsbedürfnisse der Akteure und die
Implikationen der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Praxis. Zu diesem Zweck wurde ein
die Akteursgruppen übergreifendes offenes und lernendes Netzwerk entlang der sechs
RADOST-Fokusthemen aufgebaut und beständig erweitert, das gegenwärtig über 150
Partner umfasst.
Die Einbindung von Netzwerkpartnern erstreckt sich vom punktuellen Informationsaustausch
bis zur regelmäßigen Beteiligung an Veranstaltungen und Arbeitstreffen sowie der
Mitwirkung in Anwendungsprojekten. Bei themenübergreifenden Veranstaltungen können
Akteure aus unterschiedlichen Bereichen konkurrierende Interessen diskutieren und mit dem
gemeinsamen Ziel der Anpassung an den Klimawandel Synergiemöglichkeiten erarbeiten.
Um Projektinformationen und Forschungsergebnisse an einen weiteren Kreis von Akteuren
zu verbreiten, kooperiert RADOST auch mit Einrichtungen auf überregionaler Ebene und
präsentiert sich auf unterschiedlichen Plattformen (vgl. auch Tabelle 2). Besonders
hervorzuheben ist hier die Kooperation mit dem Climate Service Center (CSC, www.climateservice-center.de), das es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Wissen aus der
Klimaforschung praxisorientiert aufzubereiten und Entscheidungsträgern in Politik,
Verwaltung und Wirtschaft sowie einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Webplattform
„Klimanavigator“ (www.klimanavigator.net) des CSC vermittelt einen Überblick über die
klimarelevante Forschung sowie über Klimawandel und Klimaanpassungsinitiativen in
Deutschland. RADOST unterstützt die Aktivitäten als Portalpartner.
Des Weiteren steht RADOST in regelmäßigem Austausch mit den sechs weiteren KLIMZUGVerbünden. Im letzten Jahr galt ein besonderes Augenmerk der Verstetigung der gebildeten
regionalen Netzwerke und der Fortführung des KLIMZUG-Informationsangebots nach
Beendigung der Forschungsvorhaben.
11
RADOST-Jahresbericht 2014
Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und
Dialogprozesses
Federführung: Ecologic
Koordinationsaufgaben der Netzwerkbildung in RADOST betrafen insbesondere die
Durchführung informeller Treffen, u.a. zur Vorbereitung von Veranstaltungen (siehe unten
Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen) und die regelmäßige
Beantwortung von Anfragen von außen. RADOST beteiligte sich weiterhin aktiv am Netzwerk
der KLIMZUG-Verbünde. Im Rahmen der KLIMZUG-Publikationsreihe (siehe unten) fand
eine wissenschaftliche Auswertung des Netzwerkprozesses am Beispiel des
Veranstaltungsformats der „RADOST-Tour“ statt. Außerdem wurde eine Gesamtauswertung
der in RADOST durchgeführten Befragungen vorgenommen.
Am 23. und 24. Mai 2013 fand an der Technischen Universität Hamburg-Harburg ein
internes Treffen der RADOST-Verbundpartner statt. Es diente der Vorstellung und
Diskussion von Forschungsergebnissen sowie der Planung von RADOST-Veranstaltungen
und -Veröffentlichungen.
Übergreifende regionale Netzwerkaktivitäten
Am 16. April 2013 stellten zwei Mitarbeiter des Ecologic Instituts das Projekt RADOST dem
Ausschuss für Wirtschafts- und Strukturförderung, öffentliche Einrichtungen, Energie und
Umwelt des Städte- und Gemeindetags Mecklenburg-Vorpommern e. V. vor. Neben der
Information über das Projekt wurden die Möglichkeiten für gemeinsame Veranstaltungen mit
RADOST sondiert.
Am 24. Juni 2013 fand beim Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung
eine ressortübergreifende Abstimmung zu weiteren Aktivitäten zur Anpassung an den
Klimawandel in Mecklenburg-Vorpommern statt. Teil der Veranstaltung war eine ausführliche
Vorstellung des RADOST-Projektes durch einen Vertreter des Ecologic Instituts.
Im Mai/Juni 2013 unterstützte RADOST die zuständigen Landesministerien MecklenburgVorpommerns und Schleswig-Holsteins bei der Bearbeitung einer Abfrage des
Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt (UBA) zu
Aktivitäten der Bundesländer in Bezug auf Klimawandelfolgen und Anpassung. Ziel der
Abfrage war die Bereitstellung von länderspezifischen Informationen auf der UBA-Website.
Aus RADOST konnten wesentliche Informationen insbesondere zu den Bereichen
„Länderspezifische
Klimafolgen
und
Vulnerabilität“1
und
„Länderspezifische
Anpassungsmaßnahmen“2 beigetragen werden.
1
Siehe www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-desklimawandels/klimafolgen-deutschland/regionale-klimafolgen-in-mecklenburg-vorpommern und
www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-desklimawandels/klimafolgen-deutschland/regionale-klimafolgen-in-schleswig-holstein
2
Siehe www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/anpassung-regionalsektoral/regionale-anpassung-in-mecklenburg-vorpommern und www.umweltbundesamt.de/themen/klimaenergie/klimafolgen-anpassung/anpassung-regional-sektoral/regionale-anpassung-in-schleswig-holstein
12
RADOST-Jahresbericht 2014
Beteiligung von RADOST am Netzwerk der KLIMZUG-Verbünde
„Wege zur Klimaanpassung – Mit regionalen Netzwerken zum Erfolg.“ KLIMZUGAbschlusskonferenz, Berlin
Auf der KLIMZUG-Abschlusskonferenz präsentierte sich RADOST am 26. und 27. November
2013 in Berlin zusammen mit den anderen sechs KLIMZUG-Verbünden. Im Vordergrund
standen Forschungsergebnisse aus den Bereichen Logistik und Hafenwirtschaft, Energie
sowie Küsten- und Hochwasserschutz. Björn Oldorf vom H.S.W. Ingenieurbüro machte
deutlich, dass es verschiedene wirtschaftlich aussichtsreiche Optionen gibt, um den
Strandbereich geothermisch zur Beheizung oder Kühlung von Gebäuden zu nutzen. André
Schröder vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung stellte Erkenntnisse zu
Herausforderungen des Klimawandels und Anpassungsoptionen für die deutschen
Ostseehäfen vor, die anhand von Befragungen der Hafenbehörden gewonnen wurden.
Als Vertreter des Küstenschutzes, aber ebenso aus einer sektorübergreifenden Sicht
bekräftigte Hans-Joachim Meier, Leiter des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt
Mittleres Mecklenburg (StALU MM), dass es in den vergangenen Jahren mit Hilfe von
RADOST gelungen sei, ein Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren an der Ostseeküste zu
knüpfen. Dieses Netzwerk müsse auch weiterhin unterstützt werden, um aktiv und lebendig
zu bleiben. Aus der Perspektive der kommunalen Umsetzungspraxis berichtete Jens-Peter
Koopmann, Klimaschutzbeauftragter der Stadt Kiel, von der Zusammenarbeit mit dem
Klimabündnis
Kieler
Bucht
bei
der
Erarbeitung
einer
kommunalen
Klimaanpassungsstrategie. Er wies darauf hin, dass Anpassung bis jetzt nur eine freiwillige
Aufgabe der Kommunen sei und daher den Beteiligten deutlich gemacht werden müsse,
warum eine solche Strategie sinnvoll ist. Hier sei besonders die Wissenschaft aufgefordert,
die Notwendigkeit der Anpassung an den Klimawandel herauszustellen.
Audit der KLIMZUG-Verbünde
RADOST beteiligte sich an dem „Audit-Tag“ der einzelnen KLIMZUG-Verbünde, der im
Anschluss an die KLIMZUG-Abschlusskonferenz am 28.11.2013 stattfand. Nach der
Vorstellung der Verbünde wurde anhand von unterschiedlichen Bewertungskriterien und
Leitfragen eine erste Evaluation der Projekte unternommen. Themen wie Inter- und
Transdisziplinarität, Umsetzung von Forschungsergebnissen oder Internationalisierung
wurden dabei diskutiert.
KLIMZUG-Publikationsreihe
Nachdem im vorherigen Projektjahr von den Koordinatoren der KLIMZUG-Verbünde
beschlossen wurde, eine Reihe von Sammelbändern mit den Ergebnissen aus den
Forschungsprojekten zu veröffentlichen, wurde im aktuellen Projektzeitraum intensiv an
Beiträgen aus RADOST für einzelne Bände gearbeitet. An zwei der Sammelbände wirken
RADOST-Mitarbeiter als Herausgeber mit. Inhaltliche Beiträge des RADOST-Projektes zu
dem Band „Anpassung an regionale Klimafolgen kommunizieren“ umfassen eine
zusammenfassende Auswertung der Akteursbefragungen zur Wahrnehmung des
Klimawandels, eine vergleichende Untersuchung der Küstengemeinden Timmendorfer
Strand und Ummanz sowie eine Auswertung der im Herbst 2012 durchgeführten „RADOSTTour“ in Hinblick auf die Kommunikationseffekte.
13
RADOST-Jahresbericht 2014
Der KLIMZUG-Sammelband „Social dynamics in adaptation to a changing climate in coastal
regions – An interdisciplinary perspective on findings from the KLIMZUG-Projects“ wird von
RADOST zusammen mit KLIMZUG-NORD herausgegeben. In dem einzigen
englischsprachen Sammelband der Reihe mit ca. 16 Beiträgen wird neben technischadministrativen und raumplanerischen Fragestellungen insbesondere auch die Bedeutung
von sozioökonomischen Entwicklungspfaden und kulturellen Werten für die Umsetzung von
Anpassungsmaßnahmen erörtert. Die Veröffentlichung des Bandes ist für den Sommer 2014
geplant.
KLIMZUG-Wissensarchiv
Um das Wissen aus KLIMZUG-Forschungsprojekten nachhaltig nutzbar zu machen, wird ein
Wissensarchiv eingerichtet und auf dem Internetportal www.klimanavigator.de etabliert. In
einer Kooperation zwischen dem Climate Service Center (CSC) und der Staats- und
Universitätsbibliothek Hamburg wurde ein Dokumentenserver eingerichtet, auf dem die
unterschiedlichen Publikationen der KLIMZUG-Verbünde abgelegt werden und per
Volltextsuche recherchierbar sein werden. Zu Feinabstimmung der Konzeption und
Vorbereitung der Dokumentenlieferung an das CSC fand am 24. 1. 2014 ein Treffen mit den
KLIMZUG-Verbünden RADOST, INKA-BB und dynaklim beim CSC in Hamburg statt.
Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen
Anknüpfend an die erfolgreiche RADOST-Tour 2012 präsentierte sich das RADOST-Projekt
auch im Herbst 2013 auf unterschiedlichen fokusthemenübergreifenden Veranstaltungen in
der Region, um seine Forschungsergebnisse sowohl einem Fachpublikum als auch der
breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Besonders hervorzuheben ist die Kooperation mit dem
Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag, dessen 5. Klima- und Energiekonferenz RADOST
maßgeblich inhaltlich gestaltete, wodurch erstmalig ein Schwerpunkt auf das Thema
Klimafolgen und Anpassung gelegt wurde. Ebenfalls nutzte RADOST die Gelegenheit des in
der Projektregion stattfindenden Kongresses des Bundes der Ingenieure für
Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK), um Ergebnisse aus
unterschiedlichen Teilprojekten vorzustellen. Des Weiteren organisierte RADOST eine
Abendveranstaltung für ein breiteres Publikum in Kooperation mit dem regionalen
Veranstaltungszentrum Darßer Arche.
„Anpassung an den Klimawandel – Von der Forschung zur Praxis“ – Darßer Arche
Am 9. September 2013 präsentierte sich das RADOST-Projekt in der Darßer Arche, dem
Nationalparkzentrum in Wieck auf der Ostseehalbinsel Darß, der interessierten Öffentlichkeit.
Ziel der Veranstaltung war es, regionale Klimaveränderungen, ihre Folgen und
diesbezügliche Handlungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Facetten zu beleuchten. Die
Veranstaltung richtete sich an Bevölkerung und Urlauber ebenso wie an Experten. Unter den
Teilnehmern befanden sich Vertreter einschlägiger Institutionen wie des Bundesamtes für
Naturschutz, des Nationalparkamtes Vorpommern und des Ministeriums für Landwirtschaft,
Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern.
Das Programm des Abends spiegelte die Vielfältigkeit des Projektes wider. Einen
Schwerpunkt bildeten die regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf den Küstenschutz
(Abbildung 3). Zu den weiteren Themen der Veranstaltung zählten die Rolle und Gefährdung
14
RADOST-Jahresbericht 2014
von Seegraswiesen als „Ökosystemdienstleister“, die Kohlenstoff und Nährstoffe binden und
gleichzeitig die Küsten stabilisieren, sowie die Auswirkungen von Klimawandel und OffshoreWindenergie auf den Vogelzug über der Ostsee. Ebenso wurden Ergebnisse der sozioökonomischen Analysen zum Wirtschaftsfaktor Tourismus und des Anwendungsprojektes zu
Küstenschutz und Geothermie vorgestellt. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem
das Thema Küstenschutz vertieft. Die Präsentationen sind abrufbar unter: http://klimzugradost.de/termine/von-der-klimaforschung-zur-anpassungspraxis
Abbildung 3: Vortrag Darßer Arche, Christian Schlamkow (Universität Rostock)
28. BWK-Bundeskongress „Nix bliwwt bin ollen – Chancen und Risiken für den Küstenraum“
Von besonderer Bedeutung für die Netzwerkbildung in RADOST war der vom
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft,
Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V. (BWK) organisierte 28. BWK-Bundeskongress vom 19.21. September 2013 in der Hansestadt Stralsund. Durch aktive Beteiligung des RADOSTPartners StALU MM wurde gemeinsam mit dem Verband eine umfangreiche Fachtagung
unter dem Leitthema „Chancen und Risiken im Küstenraum“ entwickelt. Vielseitige Vorträge
zu aktuellen wasserwirtschaftlichen und umwelttechnischen Fragestellungen wurden in vier
Fachforen, in einen Fachausstellung sowie einer Fachexkursion präsentiert. In den drei
Fachforen „Risiko und Anpassung im Küstenraum“, „Innovative Technologien im
Ingenieurwesen“ und „Der Küstenraum als maritimer Wirtschaftsstandort“ wurden jeweils
RADOST-Themen präsentiert. Bei der Posterpräsentation in der Fachausstellung war
RADOST ebenfalls vertreten. Als Exkurs gegenüber der ingenieurwissenschaftlichen
Hauptausrichtung der Veranstaltung berichtete Projektleiterin Grit Martinez von einer
vergleichenden Untersuchung des Umgangs mit dem Klimawandel in den zwei
Küstengemeinden Timmendorf und Ummanz, bei der historische und soziale Aspekte im
Vordergrund standen. Als Teil des internationalen Austauschprogramms von RADOST
besuchte eine Delegation der Universität Maryland den Kongress (siehe Arbeitspaket 4.3:
Austausch auf nationaler und internationaler Ebene in Modul 4). Unter der Schirmherrschaft
des Umweltministers Dr. Till Backhaus und mit vortragenden Ehrengästen wie
15
RADOST-Jahresbericht 2014
beispielsweise dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), Prof.
Dr.-Ing. Martin Faulstich, zählte der Kongress etwa 250 Teilnehmer aus ganz Deutschland.
„Klimafolgen in unseren Gemeinden: Anpassungsstrategien für Schleswig-Holstein“ –
Forschungszentrum Kiel
Am 30. September 2013 trat RADOST als Mitveranstalter der 5. Klima- und
Energiekonferenz des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages auf. Die Veranstaltung
unter dem Titel „Klimafolgen in unseren Gemeinden: Anpassungsstrategien für SchleswigHolstein“ fand im Wissenschaftszentrum Kiel statt. Unter Anwesenheit von rund 80
Teilnehmenden aus Kommunen, Wirtschaft, Forschungs- und Beratungseinrichtungen
wurden insbesondere die Themen Klimaanpassung in Küstenregionen sowie Anpassung in
Land- und Wasserwirtschaft auf zwei Foren näher beleuchtet.
Die Konferenz wurde eröffnet von dem schleswig-holsteinischen Minister für Energiewende,
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Robert Habeck. In Plenumsvorträgen wurde
neben Einführungen in das RADOST-Projekt und den Wissensstand zum Klimawandel in
Schleswig-Holstein auch ein breiterer Bogen über die RADOST-Themen hinaus gespannt:
Zum einen wurde über die Erfahrungen der neun Modellkommunen aus sieben deutschen
Bundesländern in dem Vorhaben „Urbane Strategien zum Klimawandel: Kommunale
Strategien und Potenziale“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
berichtet; zum anderen erläuterte das Service- und Kompetenzzentrum: Kommunaler
Klimaschutz beim Deutschen Institut für Urbanistik Fördermöglichkeiten für
Anpassungsmaßnahmen von Kommunen. Im Fokus standen dabei die „Kommunalrichtlinie“
und die „Anpassungsrichtlinie“.
Im dem Forum „Klimaanpassung in Land- und Wasserwirtschaft“ wurden durch das LLUR
Hochwassergefahrenund
Hochwasserrisikokarten
unter
der
europäischen
Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie vorgestellt. Der Klimawandel wird dabei insofern
berücksichtigt, als die Karten und Pläne alle sechs Jahre fortzuschreiben sind und erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Hochwasserstände sich in der Risikobewertung
niederschlagen werden. Rüdiger Schulz von der Universität Kiel stellte Möglichkeiten vor,
Mikroalgen in Dränageteichen als Nährstoff-Fänger einzusetzen, die gleichzeitig große
Mengen verwertbarer Biomasse produzieren und in entsprechendem Maße Kohlendioxid
binden. Das Thünen-Institut präsentierte Ergebnisse zu „Nährstoffbilanzen und
Nährstoffmanagement in den Gemeinden Schleswig-Holsteins“ aus RADOST und
thematisch verwandten Forschungsarbeiten. Ebenfalls wurden Aktivitäten des KLIMZUGProjektes INKA-BB mit einer Modellkommune zur Siedlungswasserwirtschaft vorgestellt.
Das zweite Forum konzentrierte sich auf die Klimaanpassung in Küstenregionen. Jacobus
Hofstede (MELUR SH) präsentierte die Klimaanpassungsstrategie Schleswig-Holsteins für
den Küstenschutz. Peter Fröhle von der Technischen Universität Hamburg-Harburg stellte
anschließend die RADOST-Arbeiten zum Thema Küstenschutz zur Diskussion.
Abschließend wurde das Klimabündnis Kieler Bucht als ein Modellprojekt zum Umgang von
Küstengemeinden mit dem Klimawandel vorgestellt.
Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung sind zu finden unter: http://klimzugradost.de/termine/gemeindetag-SH
16
RADOST-Jahresbericht 2014
Beteiligung an regionalen Veranstaltungen
Am 2. 6. 2013 unterstützte RADOST im Rahmen der Lübecker Aktionstage „Artenvielfalt
erleben“ die Aktion „SailingLab Artenvielfalt“ in Travemünde. Drei Schülerteams
untersuchten an Bord des Forschungs- und Medienschiffes ALDEBARAN die
Lebensgemeinschaften entlang der Trave und in der Lübecker Bucht. Die Ausfahrt sollte auf
die durch den Klimawandel bedrohte biologische Vielfalt aufmerksam machen und die
jungen Nachwuchsforscher für diese Problematik sensibilisieren.
Mit einem Klima-Info-Stand präsentierte sich RADOST beim Open Ship auf dem Mess- und
Laborschiff Haithabu des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
Schleswig-Holstein am 28. 6. 2013 auf der Kieler Woche. Neben einem reichen Angebot an
Info-Material zum Klimawandel bestand die Gelegenheit, das Projekt RADOST genauer
kennen zu lernen sowie mit Vertretern des Landesamtes über regionale Anpassungen an
den Klimawandel im Bereich Küstenschutz und Naturschutz zu diskutieren.
Auf der Tour „Forschung vor Anker 2013“ vom 7. 7 bis 11. 7 informierten Wissenschaftlern
des Helmholtz-Zentrums Geesthacht die Öffentlichkeit über ihre Forschungsarbeiten u.a. mit
dem Schwerpunkt Klimawandel in der Ostsee. In den Häfen von Flensburg, Kappeln,
Schleswig und Eckernförde präsentierten Vertreter des LLUR Ergebnisse aus dem
RADOST-Projekt. Im Mittelpunkt des Interesses standen die Arbeiten zum Thema
Naturschutz mit den möglichen klimabedingten Änderungen der Seegras- und
Blasentangbestände in der Ostsee.
Tabelle 1: Chronologische Veranstaltungsübersicht Februar 2013 – Januar 2014
Termin / Ort
Veranstaltung
Zielsetzung
23.–24. 5. 2013
Hamburg
RADOST-Teamtreffen
Projektinterner Informationsaustausch
9. 9. 2013
Wieck a. Darß
RADOSTDiskussionsveranstaltung
„Anpassung an den Klimawandel:
Von der Forschung zur Praxis“
Öffentliche Abendveranstaltung:
Präsentation von RADOSTForschungsergebnissen und Beispielen
aus der Praxis
30. 9. 2013
Kiel
Klimafolgen in unseren
Gemeinden:
Anpassungsstrategien für
Schleswig-Holstein
5. Klima- und Energiekonferenz des
Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages
RADOST als Mitveranstalter, Schwerpunkt
auf Anpassung an den Klimawandel
Tabelle 2: Vernetzungstreffen von RADOST und anderen Anpassungsprojekten und –akteuren
Termin / Ort
Veranstaltung
Zielsetzung
5.–6. 2. 2013
Warnemünde
HELCOM climate change
workshop am IOW
Vorstellung und Diskussion von
Ergebnissen
4.-6. 3. 2013
Hamburg
Dialog zur Küstenforschung,
Küstennutzung und Küstenschutz
Wissensaustausch u. a. zu den
Schwerpunkten Windenergienutzung und
Interessenkonflikte im Küstenraum
Mitveranstalter HZG und TUHH,
Fachbeiträge weiterer RADOST-Partner
13. 3. 2013
Kiel
EU-WRRL-Workshop
Begutachtung angewandter
Bewertungsverfahren und Monitorings für
Küsten- und Übergangsgewässer sowie
Diskussion zur Gesamtbewertung aus
17
RADOST-Jahresbericht 2014
den vorliegenden Datensätzen (Leitlinien)
Teilnahme und Beitrag IfAÖ
19. 3. 2013
Flintbek
Marines Monitoring in SchleswigHolstein 2013 (Minisymposium),
LLUR
Präsentation der Ergebnisse der
RADOST-Auftragsvergaben vor
Fachpublikum (Vortragsblock zum
Themenkomplex Naturschutz,
Blasentang und Klima)
26. 3. 2013
Hamburg
Ad-hoc-AG
„Nährstoffreduktionsziele und
Eutrophierung Ostsee“ – 2.
Sitzung, BSH
Diskussion des Modellierungsansatzes
9. 4. 2013
Lauterbach/Rügen
BiKliTour-Workshop (IÖR in
Kooperation mit RADOST und
Baltadapt)
Diskussion mit regionalen
Entscheidungsträgern über mögliche
Tourismusentwicklungen unter den
Vorzeichen des Klimawandels und die
damit verbundenen Herausforderungen
für das Biosphärenreservat SüdostRügen
16. 4. 2013
Altentreptow
Sitzung des Ausschusses für
Wirtschafts- und
Strukturförderung, öffentliche
Einrichtungen, Energie und
Umwelt des Städte- und
Gemeindetags MecklenburgVorpommern
Projektvorstellung RADOST, sondierung
von Möglichkeiten für gemeinsame
Veranstaltungen mit dem Städte- und
Gemeindetag M-V
3. 5. 2013
Hamburg
Arbeitstreffen mit Förderverein für
Meeresforschung und
Umweltjournalismus e.V.
Planung der Beteiligung (RADOST
Wissenschaftspate) zur Aktion
„SailingLab Artenvielfalt“ auf der
Aldebaran
11. 6. 2013
Hamburg
23. Meeresumwelt-Symposium
des Bundesamtes für
Seeschifffahrt und Hydrographie
IfAÖ: Abstimmung über künftige
gemeinsame Projekte des UBA zum
Programmpunkt Meeresmüll, u. a. zum
Vorkommen von Mikroplastik in
Organismen
16. 6.2013
Flintbek
1. Treffen “Runder Tisch
Seegraswiese”
Zusammenarbeit und Abstimmung mit
Vertretern aus Forschung, Behörden und
Auftragsbüros zum Thema
Seegraswiesen und Beeinträchtigungen
24. 6. 2013
Schwerin
Ressortübergreifende
Abstimmung zu weiteren
Aktivitäten zur Anpassung an den
Klimawandel in M-V beim
Ministerium für Energie,
Infrastruktur und
Landesentwicklung
Bekanntmachung des RADOSTProjektes bei Vertretern unterschiedlicher
Landesministerien
25. 6. 2013
Kiel
Treffen UAG „Runder Tisch
Seegraswiese“
Abstimmung, Austausch und Diskussion
über Datengrundlagen und weiteres
Vorgehen
5. 7. 2013
Kiel
Treffen UAG „Runder Tisch
Seegraswiese“
Ergänzungen und Kriterien für
Kartierungsschlüssel zusammenstellen
und entwickeln
9. 7. 2013
Warnemünde
Workshop im Rahmen Ad-hocAG „Nährstoffreduktionsziele und
Eutrophierung Ostsee“, 3.
Sitzung, IOW
Diskussion des Modellierungsansatzes
und erster Ergebnisse
18
RADOST-Jahresbericht 2014
28.8.2013
Kiel
Veranstaltung Klimabündnis
Kieler Bucht (KBKB):
"Kommunale
Klimaanpassungsstrategie"
Auftaktveranstaltung des KBKB zur
neuen Förderperiode, Netzwerktreffen
mit Beteiligten aus dem Bündnis und
Vorträgen (u.a. HZG zum Klimawandel)
19.–21. 9. 2013
Stralsund
28. BWK-Bundeskongress „Nix
bliwwt bin ollen – Chancen und
Risiken für den Küstenraum“
Fachtagung zu wasserwirtschaftlichen
und umwelttechnischen Fragestellungen
Mitorganisation durch das StALU MM,
Vorträge und Ausstellungsbeiträge
weiterer RADOST-Partner
10. 10. 2013
Dessau
Workshop des UBA zu
Meeresmüll
Erarbeitung von Konzepten/Methoden für
das Monitoring von Meeresmüll im
Rahmen der MSRL. IfAÖ: Mitwirkung in
Arbeitsgruppen zur Entwicklung von
Empfehlungen für das Monitoring von
Strandmüll, treibenden Müll, Mikroplastik
etc.
14. 10. 2013
Dessau
Workshop am UBA
Vorstellung der Ergebnisse der
MONERIS-Szenarien
16. 10. 2013
Köln
KLIMZUG-Workshop
„Klimaanpassung im
internationalen Kontext:
Erfahrungen, Netzwerke und
Potenziale“
Erfahrungsaustausch der KLIMZUGVerbünde zur internationalen
Zusammenarbeit
28. 10. 2013
Güstrow
Ad-hoc-AG
„Nährstoffreduktionsziele und
Eutrophierung Ostsee“ - 4.
Sitzung, LUNG M-V
Ergebnisdiskussion
26.–27. 11. 2013
Berlin
KLIMZUG-Abschlusskonferenz
„Wege zur Klimaanpassung – mit
regionalen Netzwerken zum
Erfolg“
Öffentlichkeitswirksame Präsentation und
Diskussion von Ergebnissen der
KLIMZUG-Verbünde
Vorträge, Diskussions- und
Ausstellungsbeiträge zahlreicher
RADOST-Partner
28. 11. 2013
Berlin
KLIMZUG-Audit
Evaluierung der Fördermaßnahme
KLIMZUG
15. 1. 2014
Kiel
2. Treffen „Runder Tisch
Seegraswiese“
Klärung und Abstimmung behördlicher
Erfordernisse sowie wissenschaftlicher
und methodischer Standards
24. 1. 2014
Hamburg
Koordinationstreffen KLIMZUGWissensarchiv, CSC
Absprache über die Einrichtung eines
KLIMZUG-Wissensarchiv am CSC
Beteiligung im RADOST-Netzwerk
Über den engeren Projektverbund hinaus sind rund 150 Netzwerkpartner in
unterschiedlichen Formen am RADOST-Projekt beteiligt – sie es über regelmäßigen
Informationsaustausch, die Beteiligung an Veranstaltungen oder in Anwendungsprojekten.
Eine aktuelle Liste der Netzwerkpartner enthält die folgende Tabelle 3.
19
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 3: Übersicht der RADOST-Netzwerkpartner
Name des Netzwerkpartners
Geologie (LUNG) Mecklenburg-Vorpommern
Öffentliche Verwaltung:
Landeshauptstadt Kiel *
Amt Hüttener Berge *
Landesumweltamt Brandenburg
Amt Dänischenhagen *
Landkreis Bad Doberan
Amt Klützer Winkel
Landkreis Nordvorpommern
Amt Probstei *
Landkreis Rügen
Amt Schlei-Ostsee *
Lübeck Port Authority
Amt Schrevenborn *
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft,
Umwelt und ländliche Räume SchleswigHolstein
Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL)
Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und
Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
Ministerium für Energie, Infrastruktur und
Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern
Gemeinde Altenhof *
Gemeinde Altenholz *
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und
Technologie Schleswig-Holstein
Gemeinde Behrensdorf *
Nationalparkamt Vorpommern
Gemeinde Blekendorf *
Gemeinde Heikendorf *
Niedersächsischer Landesbetrieb für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
(NLWKN)
Gemeinde Hohenfelde *
Ortsbeirat Markgrafenheide
Gemeinde Hohwacht *
Regionaler Planungsverband Mittleres
Mecklenburg/Rostock
Gemeinde Laboe *
Regionaler Planungsverband Westmecklenburg
Gemeinde Mönkeberg *
Regionaler Planungsverband Vorpommern
Gemeinde Noer *
Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt
Westmecklenburg (StALU WM)
Gemeinde Ostseebad Strande *
Gemeinde Scharbeutz
Gemeinde Schönberg *
Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt
Vorpommern (StALU VP)
Gemeinde Schwedeneck *
Stadt Eckernförde *
Gemeinde Stakendorf *
Stadt Kappeln *
Gemeinde Stein *
Umweltbundesamt
Gemeinde Timmendorfer Strand
Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Lübeck
Gemeinde Wendtorf *
Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund
Gemeinde Wisch/Heidkate *
Hansestadt Lübeck
Wirtschaft:
Hansestadt Rostock, Amt für Umweltschutz
50 Hertz Transmission GmbH
Innenministerium Schleswig-Holstein
Amrumbank West GmbH
Kreis Plön *
AQUAZOSTA MB Marine Plant Technology
Kurbetrieb Kellenhusen
Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Kurverwaltung Ostseebad Göhren
BIOPARK e.V.
Landesamt für Umwelt, Naturschutz und
b&o Ingenieure
20
RADOST-Jahresbericht 2014
Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE)
STRABAG AG
CPL Competence in Ports and Logistics Wenzel,
Heine & Kollegen GbR
style-KÜSTE
Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH) *
EGOH Entwicklungsgesellschaft Ostholstein
mbH
Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern
e.V.
EURAWASSER Nord
Tourismusverband Schleswig-Holstein e.V.
(TVSH) *
European Cargo Logistics ECL Lübeck
Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co.
KG
Tourist-Info Behrensdorf *
Tourist-Info Stein *
Fresemann Projektleitung *
Tourist-Info Wendtorf *
Gebr. Friedrich GmbH Schiffswerft Kiel
Tourismusservice Fehmarn *
Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock
Tourist-Service Ostseebad Schönberg *
Hanseatische Umwelt GmbH
Tourismusverband Probstei e. V. *
Haus Lilienthal, Hohwacht *
UmweltPlan GmbH Stralsund
Heinrich Hirdes GmbH
utility competence berlin GmbH
Hohwachter Bucht Touristik GmbH *
Holzhandel Lehmann UG & Co.KG
VMO – Verband Mecklenburgischer
Ostseebäder e.V.
Industrie- und Handelskammer zu Kiel *
Wasser- und Bodenverband Warnow/Beke
Industrie- und Handelskammer zu Rostock
Wastra-Plan Rostock
Ingenieurbüro Mohn Kiel/Husum
Wind Energy Network Rostock e.V.
Invest in Mecklenburg-Vorpommern GmbH
Wirtschaftsförderung und Technologietransfer
Schleswig-Holstein GmbH (WTSH)
Kreishandwerkerschaft Rügen
wdp offshore solutions GmbH
KuFra Werft Lübeck
Kurbetrieb Ostseebad Laboe *
Wissenschaft und Bildung:
Küsten-Kontor / Prognos AG
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und
Meeresforschung (AWI), Bremerhaven
Land & Bau Kommunalgeräte GmbH
Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH
MariLim - Gewässeruntersuchung und
Forschung
Bildungszentrum für Natur, Umwelt und
ländliche Räume des Landes SchleswigHolstein*
Maritimes Cluster Schleswig-Holstein
Deutscher Wetterdienst
movelo Repräsentanz MecklenburgVorpommern
Deutsches Meeresmuseum
FH Flensburg *
Naue Fasertechnik GmbH
Forschungsinstitut Senckenberg, Deutsches
Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung,
Wilhelmshaven
oceanBASIS GmbH
Ostseebad Eckernförde *
HafenCity Universität Hamburg
Ostseebad Heikendorf e. V. *
GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für
Ozeanforschung Kiel
Ostsee Holstein Tourismus e. V. *
Seehafen Kiel GmbH & Co. KG
Seehafen Rostock Umschlagsgesellschaft
Institut für Tourismus- und Bäderforschung in
Nordeuropa GmbH *
Stadtwerke Kiel AG
Institut Raum und Energie *
Stadtwerke Lübeck GmbH
Kuratorium für Forschung im
Küsteningenieurwesen (KFKI)
Steigenberger Hotelgruppe
21
RADOST-Jahresbericht 2014
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung
(ZALF) e. V.
Meeresbiologische Station Laboe *
Museumshafen Probstei Freunde alter Schiffe
Wendtorf e.V. *
Ostsee Info-Center
Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK),
Forschungsbereich II – Klimawirkung und
Vulnerabilität UAG Umweltplanung und Regionalentwicklung
GmbH *
Universität Leuphana *
Universität Rostock, Professur
Ressourcenschutz und Bodenphysik
Nichtregierungsorganisationen:
AktivRegion Ostseeküste e. V. *
Bioenergieregion Rügen
Biosphärenreservat Südost-Rügen
BUND Landesverband Schleswig-Holstein *
Bürgerinitiative "Gegen Deichrückbau im
Inselnorden e.V."
Klimabüro Küstenpower (Heinrich-Böll-Stiftung
Schleswig-Holstein) *
LAG AktivRegion Hügelland am Ostseestrand e.
V. *
Landesnaturschutzverband *
Lighthouse Foundation Stiftung für die Meere
und Ozeane
Solar Initiative Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Stiftung Deutscher Küstenschutz
Stiftung Naturschutz SH *
Umweltbildungsstätte „Naturfreundehaus
Kalifornien“ *
Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein *
WWF-Projektbüro Ostsee
* Netzwerkpartner über das KlimaBündnis Kieler
Bucht - KBKB
22
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 1: Küstenschutz
Federführung: TU HH, StALU MM
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter Fröhle
E-Mail: [email protected]
Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau
Ulrich Floth
E-Mail: [email protected]
Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (StALU MM)
Im aktuellen Berichtszeitraum wurden die in den vorherigen Projektjahren gemeinsam von
den Verbundpartnern im Fokusthema Küstenschutz entwickelten Strategien und
Anpassungsoptionen für Küstenschutzbauwerke an der deutschen Ostseeküste auf einer
Reihe von internen sowie externen Veranstaltungen einem Fachpublikum sowie der
Öffentlichkeit vorgestellt und eine mögliche Bewertung lokaler Anpassungsoptionen in den
Fokusgebieten gemeinsam mit den Küstenschutzbehörden vorgenommen und diskutiert.
Die Fallstudien in den Fokusgebieten zu Fragestellungen des Küsten- und
Hochwasserschutzes wurden planmäßig fortgeführt. Die Erkenntnisse aus den
Untersuchungen tragen dazu bei den lokalen Akteuren (z. B. Küstenschutzbehörden sowie
Gemeinden und Städten) Empfehlungen für die Planung zukünftiger Küsten- und
Hochwasserschutzmaßnahmen auf lokaler Ebene zu geben. Gleichzeitig werden Prioritäten
sowie der Handlungsbedarf für Küsten- bzw. Hochwasserschutzmaßnahmen vor dem
Hintergrund des Klimawandels aufgezeigt.
Aktueller Stand der Netzwerkbildung
Im Fokusthema Küstenschutz bestehen Netzwerkverbindungen mit Verwaltungen der Städte
und Gemeinden, wissenschaftlichen Einrichtungen, Ingenieur- und Planungsbüros sowie mit
Tourismus- und Bäderverbänden. Außerdem werden seit Projektbeginn die Arbeiten im
Fokusthema Küstenschutz in regelmäßigen Arbeitsgruppentreffen mit den für Küstenschutz
zuständigen Behörden LKN-SH und StALU MM, der Universität Rostock und der
Technischen Universität Hamburg-Harburg vorgestellt und diskutiert sowie die weitere
Vorgehensweise abgestimmt. Ein Austausch zum aktuellen Stand der Klimafolgenforschung
im Bereich Küstenschutz erfolgte darüber hinaus auf einer Reihe von nationalen sowie
internationalen Veranstaltungen (siehe Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der
Ergebnisse, Tabelle 17: Beiträge von RADOST-Partnern bei externen Veranstaltungen). Auf
kommunaler Ebene wurden Vertretern der Stadt Eckernförde zu Beginn diesen Jahres die
Untersuchungen in den Fokusgebieten bzw. des Anwendungsprojekts 1 zum Thema des
Hochwasserschutzes der Altstadt Eckernförde vorgestellt und über mögliche
Anpassungsoptionen diskutiert.
Von besonderer Bedeutung für die Netzwerkbildung im Fokusthema Küstenschutz war der
vom StALU MM mitorganisierte 28. BWK-Bundeskongress vom 19.-21. September 2013
23
RADOST-Jahresbericht 2014
in Stralsund (siehe Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen). Am 2.
Mai 2013 veranstaltete das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg
einen Workshop zur Operationellen Seegangsmessung – Stand, Anwendungen und
Perspektiven 2013 (Forschungsprojekt RAVE) für verschiedene Bundes- und
Landesbehörden und andere Institutionen. Das StALU MM wurde eingeladen, das
Monitoring des Küstenvorfeldes (siehe Arbeitspaket 1.2.2) vorzustellen und über Erfolge und
auch Schwierigkeiten insbesondere mit den ADCP-Sonden zu berichten. Der Workshop bot
einen Überblick aktueller operationeller In-situ-Seegangsmessungen, Datenanalysen und
Datenverfügbarkeiten, deren Anwendungen in der Deutschen Bucht und den deutschen
Ostseegewässern
sowie
Zukunftsperspektiven
hinsichtlich
zunehmender
Nutzeranforderungen.
Arbeitspaket 1.2.1: Strategien und Optionen der Küstenschutzplanung für die
deutsche Ostseeküste
Überarbeitung der Strategien für den zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz
Federführung: TU HH
Zur Empfehlung von Strategien und Maßnahmen für den zukünftigen Küsten- und
Hochwasserschutz auf lokaler Ebene ist es erforderlich, die in den vergangenen
Projektjahren entwickelten Anpassungsmaßnahmen für typische an der deutschen
Ostseeküste eingesetzte Küstenschutzbauwerke wie z.B. Küstenschutzdünen (vergleiche
Abbildung 4) qualitativ zu bewerten. Hierzu wurden verschiedene Bewertungskriterien
diskutiert (vergleiche Tabelle 4) und es wurde eine erste qualitative Einschätzung der
Anpassungsmaßnahmen gemeinsam mit der Uni Rostock und dem StALU MM
vorgenommen.
Ähnliche Bewertungskriterien werden auch zur Empfehlung von Küstenschutzmaßnahmen
für die nordfriesischen Inseln (z.B. Amrum und Föhr) im Rahmen der Fachplanungen zum
Küstenschutz durch das LKN-SH angewendet3.
Zur Empfehlung von Vorzugsvarianten für die Anpassung ist es erforderlich, eine
Priorisierung bzw. Gewichtung der unterschiedlichen Kriterien vorzunehmen. Eine weitere
Möglichkeit zu einer Empfehlung zu gelangen besteht darin, die abschließende Bewertung
basierend auf einer Befragung von Experten im Küsten- und Hochwasserschutz
durchzuführen (Abfrage von „Expertenwissen“).
1) Do nothing
3
3b) Linie halten (Erhöhung)
www.schleswig-holstein.de/KuestenSchutz
24
RADOST-Jahresbericht 2014
2) Rückzug
4a) Beschränktes Eingreifen (Sicherung)
3a) Linie halten (Sicherung)
4b) Beschränktes Eingreifen (Vorfeldmaßnahmen)
Abbildung 4: Beispielhafte Umsetzung der Strategien zum zukünftigen Küsten- und
Hochwasserschutz für Küstenschutzdünen
Tabelle 4: Einschätzung ausgewählter Anpassungsmaßnahmen für Küstenschutzdünen
anhand einer 5-stufigen Skala
(++ sehr gut, + gut, o befriedigend, - genügend, -- nicht genügend)
Strategie / Bewertung
1)
Technische
Machbarkeit
/
o
+
+
+
+
Akzeptanz
--
--
-
+
+
+
Wirksamkeit
--
+
++
++
+
++
Kosten der
Maßnahmen
++
--
o
-
-
--
Eingriff Umwelt
+
--
o
-
o
+
Attraktivität Tourismus
-
-
--
++
o
o
2)
3a)
3b)
4a)
4b)
Nach derzeitiger Einschätzung bieten die Anpassungsstrategien „Linie halten – Erhöhung“
(vgl. Abbildung 4, 3b) bzw. „Beschränktes Eingreifen – Sicherung“ (vgl. Abbildung 4, 4a) für
die mit Küstenschutzdünen geschützten Küstenabschnitte in den Fokusgebieten RostockMarkgrafenheide sowie Fischland-Darß-Zingst die meisten Vorteile. Es ist darauf
hinzuweisen, dass diese vorläufige Bewertung die Verfügbarkeit von Sand für Vorspülungen
zunächst nicht mit umfasst.
Bei der Anpassungsstrategie „Linie halten (Erhöhung)“ wird das gesamte Profil des
Küstenschutzbauwerks um das Maß eines projizierten Meeresspiegelanstiegs angehoben.
Hierfür werden umfangreiche Sandmengen benötigt, die mit einem hohen Kostenaufwand
eingebaut werden. Ökologische Bedenken sollten bei größeren Entnahmemengen von
marinen Sanden für die Aufspülmaßnahmen geprüft werden. Vorteile dieser
Anpassungsstrategie sind der Erhalt des Strandes für die touristische Nutzung sowie weitere
Nutzungen wie z.B. durch die Berufsfischerei, als auch die wirksame Reduzierung der
hydrodynamischen Einwirkungen auf die Bauwerke durch die Energiedissipation im
Strandbereich und -vorfeld. Ein weiterer Vorteil ist, dass der ins System eingebrachte
25
RADOST-Jahresbericht 2014
natürliche Baustoff Sand durch die hydrodynamischen Transportprozesse für den
Küstenausgleich (Erosion und Akkumulation von Sedimenten) in benachbarten
Küstenabschnitten zur Verfügung steht.
Ist die Anpassungsstrategie „Linie halten“ nicht umsetzbar, z. B. bei beengten
Platzverhältnissen oder nicht zur Verfügung stehenden Sandmengen bietet sich als
Alternative die Anpassungsstrategie „Beschränktes Eingreifen (Sicherung)“ an. Hauptvorteil
dieser Anpassungsstrategie ist der geringe Eingriff in die Umwelt und die im Vergleich zu
Vorfeldmaßnahmen geringeren Kosten. Jedoch kann es zu einem höheren
Unterhaltungsaufwand der Küstenschutzanlage bei zunehmender Erosion des Strandes bzw.
Wellenüberlauf am Bauwerk im Sturmflutfall kommen.
Berechnung von Schadenspotentialen in den Fokusgebieten
Federführung: StALU MM
Die 2012 für Mecklenburg-Vorpommern entwickelte Methodik zur mesoskaligen
Untersuchung von Schadenspotentialen und Risiken, die bei Eintritt von sehr schweren
Sturmfluten zu erwarten sind, mündete in 2013 in der Berechnung der Schadenspotentiale
für die sturmflutgefährdeten Gebiete von ganz M-V. Die Berechnung befindet sich in
Bearbeitung und hat sich verzögert, da eine sehr hohe Auflösung gewählt wurde. Anfang
2014 wird das Ergebnis voraussichtlich vorliegen und kann für die Überprüfung, Bestätigung
und gegebenenfalls Überarbeitung der Küstenschutzstrategie von M-V genutzt werden.
Arbeitspaket 1.2.2: Monitoring der Umweltbedingungen im Küstenvorfeld
Federführung: StALU MM
Seit Mai 2011 wird in der Ostsee vor Warnemünde ein umfangreiches Monitoring der
Seegangs- und Strömungsverhältnisse im Küstenvorfeld durchgeführt. An der 10 mWassertiefenlinie werden mit der Waveriderboje (Firma Datawell) die Seegangsverhältnisse
erfasst. Im Übergangsbereich zwischen Tiefwasser und Flachwasser werden mit vier
akustischen AWAC-Sonden (Firma Nortek) Seegangs- sowie Strömungsverhältnisse
gemessen (siehe Abbildung 5).
26
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 5: RADOST Messkette am Standort Warnemünde
Die Messgeräte sind mit dem Ziel der permanenten Datenlieferung installiert worden.
Entlang der Messkette erfolgen außerdem regelmäßige Vermessungen der Bathymetrie.
Einen Überblick über den Messdatenbestand seit Inbetriebnahme zeigt Abbildung 7.
Die versandete Sonde AWAC 1 blieb über den beobachteten Zeitraum hinweg unterhalb der
Geländeoberfläche und wurde nicht durch weitere Sedimentbewegungen wieder freigelegt.
Eine
Fächerecholot-Vermessung
des
Messstreckenumfeldes
ergab
eine
Sedimentüberdeckung von 0,5 m. Alle anderen AWAC-Sonden wurden Ende Dezember
2012 zu Wartungszwecken geborgen, zwei davon wiesen erheblichen Verschleiß an der
Steckverbindung auf.
Die Waveriderboje verdriftete bereits Mitte Dezember und wurde unmittelbar darauf
geborgen. Nach einer folgenden Wartung wurde sie Anfang Februar wieder ausgebracht. Im
Juli 2013 musste ein weiterer Wechsel der Batterien erfolgen, da diese bereits nach wenigen
Monaten wieder erschöpft waren. Weitere Datenlücken im Jahre 2013 erklären sich durch
das Losreißen und Verdriften der Boje im August und im Oktober. Für ersteres Ereignis
muss trotz ausreichender Bojenmarkierung auf Grund der Beschädigungen an der oberen
Schale eine Kollision mit einem Wasserfahrzeg verantwortlich gemacht werden. Eine
notwendig gewordene Dichtigkeitsprüfung ergab jedoch keine Hinweise auf gravierende
Schäden. Die Ursachen für die Entfernung vom Standort im Oktober sind unklar. In beiden
Fällen konnte die Waveriderboje nach Wartungsarbeiten mit Unterstützung des Wasser- und
Schifffahrtsamtes wieder ausgebracht werden.
27
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 6: Datenreihen des Monitoring vor Warnemünde
Abbildung 7: Seegangsmessungen der Waveriderboje
Abbildung 8: Seegangsmessungen von AWAC 4
28
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 9: Seegangsmessungen von AWAC 3
Abbildung 10: Seegangsmessungen von AWAC 2
Zuvor wurden im Mai ebenfalls die drei gewarteten AWAC-Sonden wieder an den
ursprünglichen Standorten installiert
Die Geräte der Messkette unterliegen einer ständigen Überwachung. Eingegangene
Datensätze wurden regelmäßig automatisch als auch manuell auf ihre Plausibilität überprüft
und in eine Datenbank eingepflegt. Diese Messdaten waren auch Gegenstand einer
Masterarbeit an der Universität Rostock zur vergleichenden Untersuchung von
Seegangsmodellen und Langzeitmessungen.
Abbildung 7 bis Abbildung 10 zeigen die im Jahr 2013 erfassten Messwerte mit Hinblick auf
Wellenhöhe und –periode. Für die Waveriderboje konnte hierbei eine Datenverfügbarkeit von
insgesamt 61 % für das Jahr 2013 verzeichnet werden. Bedingt durch die lange
Wartungsdauer liegt die Datenverfügbarkeit für die AWAC-Sonden bei 53 % im Falle von
AWAC 4, 45 % im Falle von AWAC 3 und 27 % im Falle von AWAC 2. Von versandeten
AWAC 1 konnten naturgemäß keine Werte aufgezeichnet werden.
Eine Übersicht über die Häufigkeitsverteilung von Wellenhöhe und Welleneinlaufrichtung ist
mit Abbildung 11 gegeben. Es wird ersichtlich dass Wellen aus südlichen Richtungen nur
vergleichsweise selten auftreten und in diesem Fall wegen der geringen Windangriffslänge
(Fetch) auch nur schwach ausgeprägt sind. Die größten Wellenhöhen sind für Wellen aus
nordwestlicher Richtung zu erwarten. Dies ist bedingt durch die deutlich höheren
Windgeschwindigkeiten aus ebendieser Richtung. Generell liegen hierfür auch deutlich
höhere Häufigkeiten vor. Deutlich vorherrschend sind jedoch Wellen mit einer Höhe
zwischen 0,25 m und 0,5 m aus NNO. Für diese Windrichtung liegen auch die größten
Fetchlängen vor.
29
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 11: Häufigkeitsverteilung der mittleren Wellenhöhe an der Waveriderboje, d=10m
Wassertiefe
Im Jahr 2013 wurden in den Monaten Februar und Mai ebenfalls zwei Vermessungen der
Unterwassermorphologie mittels Fächerecholot durchgeführt. Die Ergebnisse hieraus sind an
Hand einer küstennormalen Profillinie durch das Umfeld der Messkette in Abbildung 12
dargestellt. Es ist zu sehen, dass sich im Zeitraum des ersten Halbjahres 2013 keine
deutlichen Veränderungen in der Gestalt der Schorre zugetragen haben. Diese Erkenntnis ist
insbesondere für Modellierungsaufgaben und die zeitliche Vergleichbarkeit der
Seegangsmessdaten von Bedeutung, da über längere Zeiträume von ähnlichen ShoalingEffekten, also Transformation von einlaufenden Wellen durch sich verringernde Wassertiefe
ausgegangen werden kann.
Abbildung 12: Profillinien der Unterwassermorphologie im ersten Halbjahr 2013
Einen detaillierteren Blick in die Umlagerungsvorgänge im Zeitraum von Januar bis Mai 2013
gibt Abbildung 10. Es wird ersichtlich, dass mit wenigen Ausnahmen vor allem diejenigen
Bereiche die seeseits des Sandriffs gelegen sind und ohnehin nur eine geringe
Sedimentbedeckung aufweisen von Abtragung betroffen sind. Gleiches gilt für die Krone des
Sandriffes und für einige Abschnitte in Strandnähe. Akkumulation von Sedimenten fand vor
allem an den Randbereichen des Sandriffes und des landseitig anschließenden Tales statt.
30
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 13: Häufigkeitsverteilung der mittleren Welleneinlaufrichtung an der Waveriderboje
Arbeitspaket 1.2.3: Bearbeitung von Fallstudien in den Fokusgebieten
Federführung: TU HH
Fokusgebiet Lübecker Bucht und Eckernförder Bucht
Die Untersuchungen zu Fragestellungen des Küsten- und Hochwasserschutzes in den
RADOST-Fokusgebieten der Lübecker Bucht und Eckernförder Bucht wurden im
vergangenen Projektjahr fortgeführt und vertieft. Die Arbeiten zur Veränderung von
Betroffenheiten im Hochwasserschutz infolge des Klimawandels im Rahmen einer
Masterarbeit4 am Institut für Wasserbau der TUHH dokumentiert.
Im Bereich der Eckernförder Bucht wurde die Veränderung der Hochwassergefährdung der
Altstadt Eckernförde (siehe rot umrandetes Gebiet in Abbildung 2) unter Verwendung der
RADOST-Szenarien zum regionalen Meeresspiegelanstieg am Ende des 21. Jahrhunderts
(30 cm, 60 cm und 90 cm) ausgehend von einem statistisch ermittelten Hochwasserstand mit
einem Wiederkehrintervall von 200 Jahren (HW 200) auf Grundlage digitaler
Geländemodelldaten
sowie
Bauwerksinformationen
untersucht.
Die
digitalen
Geländemodelldaten wurden vom Landesvermessungsamt S-H zur Verfügung gestellt5. Das
Gebiet
der
Altstadt
Eckernförde
wurde
im
Rahmen
Umsetzung
der
Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (EU-HWRM-RL) durch das LKN-SH als potentiell
signifikantes Überflutungsgebiet klassifiziert (vergleiche Abbildung 14).
4
Masterarbeit Christian Brunsendorf (in Bearbeitung): Vergleichende Bewertung des Hochwasserschutzes an
ausgewählten Standorten der schleswig-holsteinischen Ostseeküste unter Nutzung aktueller Szenarien zum
klimawandelbedingten, regionalen Meeresspiegelanstieg. Technische Universität Hamburg-Harburg.
5
Landesamt für Vermessung und Geoinformation Schleswig-Holstein (2012): ATKIS®-DGM1, Gitterweite 1x1m
31
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 14: Potentiell signifikantes Überflutungsgebiet (LKN-SH) sowie Abgrenzung
des Untersuchungsraumes (links) und digitales Geländemodell (rechts) für die
Eckernförder Altstadt
Bei Eintritt des Sturmflutwasserstands HW 200 = +2,45m ü. NN wird etwas mehr als die Hälfte
der gesamten abgegrenzten Fläche überflutet und es stellen sich unterschiedliche
Einstauhöhen ein (hier nicht dargestellt). Die Einstauhöhen wurden durch statische
Verschneidung des ruhenden Wasserspiegels mit den Höhen des digitalen Geländemodells
ermittelt und beinhalten keine Effekte durch Wellenauflauf bzw. Wellenüberlauf.
Der Anteil der überfluteten Fläche an der Gesamtfläche ist aufgrund der hauptsächlich
vorhandenen niedrigen Geländehöhen unterhalb von +3m ü. NN besonders hoch (vergleiche
Abbildung 14).
Weiterhin stellt der Stadthafen in Verbindung mit dem an das Stadtgebiet angrenzenden
Binnensee „Windebyer Noor“ eine potentielle Schwachstelle für die Überflutungsausbreitung
dar, da im Bereich des Stadthafens kaum markante Geländehöhen vorhanden sind.
Lediglich eine höher gelegene Bahntrasse verläuft durch das ansonsten tiefliegende Gebiet
im Bereich des Hafens und bietet nur einen eingeschränkten Schutz gegen einen möglichen
Durchbruch von Außenwasserständen in das Windebyer Noor. Im Bereich des Hafens
besteht daher erhöhter Anpassungsbedarf.
Die Veränderung der Überflutungsflächen und der Betroffenheit wurden in einem
differenzierten Bewertungsschema für die RADOST-Szenarien zum regionalen
Meeresspiegelanstieg am Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich zur Ausgangvariante
(HW 200) erfasst. In dem Bewertungsschema werden beispielsweise die örtlichen
Gegebenheiten wie z.B. die vorhandene Bebauung und die Regenwasserkanalisation
berücksichtigt.
Im höchsten Szenario (HW 200+90 cm) steigt der Anteil der insgesamt überfluteten Fläche an
der Gesamtfläche im betrachteten Bereich der Eckernförder Altstadt von 50% in der
Ausgangsvariante auf ca. 90% an. In diesem Szenario verdoppelt sich der Anteil der Flächen
mit einer Einstauhöhe zwischen 81-120 cm über Gelände, einem Bereich in dem
weitreichende Schäden an der Bausubstanz und dem Inventar zu erwarten sind. In dem
32
RADOST-Jahresbericht 2014
Bereich ab dem ein Totalschaden droht und die Statik des Gebäudes gefährdet sein kann
(Einstauhöhe ≥1,21 m über Gelände) nimmt die betroffene Fläche um fast die Hälfte zu.
Die begonnenen Untersuchungen zum Hochwasserschutz werden bis zum Projektende
fortgeführt und das entwickelte Verfahren wird zur Bewertung der Betroffenheit infolge des
Klimawandels auf zwei weitere Teilregionen im Fokusgebiet der Lübecker Bucht
(Neustadt-Pelzerhaken und die Altstadt von Travemünde) übertragen. Gleichzeitig werden
Vorschläge für lokale Anpassungsmaßnahmen erarbeitet.
Fokusgebiet Rostock-Markgrafenheide und Fischland-Darß-Zingst
Ziel der Arbeiten in den Fokusgebieten Rostock-Markgrafenheide und Fischland-Darß-Zingst
ist es die Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit von Küstenschutzdünen unter Anwendung der
im Projekt RADOST entwickelten Szenarien zum regionalen Meeresspiegelanstieg und zur
Veränderung des Seegangs unter Sturmflutbedingungen zu bewerten.
Hierzu wurden beispielhaft im Fokusgebiet Fischland-Darß-Zingst der Küstenabschnitt
südlich der Ortschaft Wustrow (Landenge zum Permin) ausgewählt. In diesem
Küstenabschnitt ist ein kombiniertes Küstenschutzsystem bestehend aus Buhnen, Strand
sowie einer Systemschutzdüne mit dahinter liegendem Deich vorhanden (vgl. Abbildung 15).
Ein weiterer Untersuchungsabschnitt befindet sich an der Küste von Dierhagen (vgl.
Abbildung 15).
Abbildung 15: Untersuchungsabschnitte im Fokusgebiet Fischland-Darß-Zingst.
Links: Landenge zum Permin südlich von Wustrow. Rechts: Dierhagen Campingplatz
und Privatbebauung
Quelle: Google Earth
Im Untersuchungsabschnitt Dierhagen ist ebenfalls ein kombiniertes Küstenschutzsystem
vorhanden jedoch mit dem Unterschied, dass der Deich in geringer Entfernung parallel zur
Düne verläuft. Im Bereich zwischen der Systemschutzdüne und dem Deich eines
kombinierten Küstenschutzsystems befindet sich häufig der sogenannte "Küstenschutzwald".
In dem betrachteten Bereich befinden sich anstelle des Küstenschutzwaldes, touristische(Campingsplatz) sowie private Bebauung (Ferienhäuser etc.), welche durch zukünftige
Sturmfluten gefährdet sein könnte.
Im Berichtszeitraum wurden das Verfahren zur Überprüfung der funktionellen Eigenschaften
der Dünen festgelegt sowie die erforderlichen Eingangsdaten (hydrodynamische
Eingangsparameter sowie Vermessungsdaten) zusammengestellt. Die Eingangsdaten sowie
33
RADOST-Jahresbericht 2014
das Verfahren basieren dabei auf der derzeitigen Konzeption zur Festlegung von
Eingangsdaten und zur Sicherheitsüberprüfung von Küstenschutzanlagen zum
Hochwasserschutz in M-V6.
Als Kriterium zur Beurteilung der Sicherheit und der Wirksamkeit der Küstenschutzdüne wird
die verbleibende Restdünenkronenbreite nach Einwirkung von Seegang, Wasserstand und
Wind anhand des numerischen Dünenabbruchmodells SBEACH7 ermittelt. Die
Landesküstenschutzdünen in M-V werden derzeit so bemessen, dass beim
Bemessungsereignis
(Sturmflutganglinie
mit
Bemessungswasserstand
sowie
Bemessungsseegang) im Sicherheitsteil der Düne eine Restdünenkronenbreite von
mindestens 5 m verbleibt (siehe Abbildung 16). Der Verschleißteil der Düne wird
entsprechend dem natürlichen, jährlichen Küstenrückgang dimensioniert und der Reserveteil
der Düne wird so bemessen, dass das Bemessungsereignis der Düne gekehrt wird.
Abbildung 16: Regelprofil einer Vollschutzdüne
Quelle: Regelwerk Küstenschutz M-V, StALU MM, Dezernat Küste
Nach Abschluss der numerischen Simulationen, wird die Durchbruchsgefährdung von
Außenwasserständen in den Permin (Saaler Bodden) bewertet und lokale
Anpassungsmaßnahmen empfohlen.
Das Verfahren wird in gleicher Weise zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit der
Dünen des Küstenschutzsystems Markgrafenheide im Fokusgebiet RostockMarkgrafenheide angewendet.
Anwendungsprojekt 1: Vorarbeiten für einen Fachplan Schutz sandiger Küsten 2050
Das Anwendungsprojekt ist eng mit den Fallstudien in den RADOST-Fokusgebieten zum
Thema Küstenschutz verknüpft. Im Berichtszeitraum fanden zwei Arbeitsgruppentreffen
zwischen den Küstenschutzbehörden LKN-SH, StALU MM, der Universität Rostock sowie
der Technischen Universität Hamburg-Harburg statt. Die Treffen dienten u.a. dazu den Stand
der Arbeiten zum Thema Küstenschutz in den Fokusgebieten zu präsentieren und die
Untersuchungsergebnisse zu diskutieren. Abschließend wurde die weitere Vorgehensweise
für die Untersuchungen zu Fragestellungen des Küsten- und Hochwasserschutzes
gemeinsam abgestimmt.
6
Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, 2012: Hydrodynamische Eingangsparameter
für den Entwurf, die Bemessung und die Sicherheitsüberprüfung von Küstenschutzanlagen in M-V. In:
Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern, Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres
Mecklenburg (StALU MM), Dezernat Küste, Rostock, August 2012.
7
LARSON, M. and KRAUS, N.C., 1989. SBEACH. Numerical Model for Simulating Storm-induced Beach
Change; Report 1. Empirical Foundation and Model Development. Technical Report CERC-89-9, Vicksburg,
Mississippi: U.S. Army Engineer Waterways Experiment Station, Coastal Engineering Research Center, 267p.
34
RADOST-Jahresbericht 2014
Untersuchung des Küsten- und Steiluferrückgangs am Küstenabschnitt Jellenbek und
Eckernholm (Surendorf)
Abbildung 17: Steiluferabschnitt Jellenbek-Eckernholm (Surendorf)
Quelle: LKN-SH
In Teilregionen der Fokusgebiete Eckernförder Bucht und Lübecker Bucht werden zusätzlich
zu den Fragestellungen des Hochwasserschutzes (siehe Fallstudien in den Fokusgebieten)
auch der Küsten- und Steiluferrückgang, zur Klärung der Frage des Umgangs mit zukünftiger
Bebauung von Steilufern vor dem Hintergrund des Klimawandels, betrachtet. Hier ergibt sich
eine direkte Schnittstelle zu morphologischen und hydrologischen Untersuchungen durch
das LKN-SH, die im Rahmen der Erarbeitung des Fachplans Küstenschutz Ostseeküste
erfolgten. „Der Fachplan Küstenschutz Ostseeküste dient als fachliche Grundlage für
Planungen im Küstenbereich“8.
Beispielsweise
wurde
auf
Grundlage
von
digitalisierten
Uferlinien
sowie
Steiluferabbruchkanten einzelner Jahre in einem Zeitraum von 1872 bis 2010, welche vom
LKN-SH bereit gestellt wurden, der Küsten- und Steiluferrückgang entlang des
Küstenabschnitts zwischen Jellenbek und Eckernholm (Surendorf) am Eingang zur
Eckernförder Bucht im Rahmen einer studentischen Arbeit9 untersucht.
Der Steiluferabschnitt Surendorf (Abbildung 17) ist hauptsächlich von einer fortschreitenden
Erosion betroffen. Insbesondere im Zeitraum 2007 bis 2010 ergaben sich größere
Rückverlagerungen der Abbruchoberkante des Steilufers. Der Rückgang der
Abbruchoberkante beträgt im Mittel 28 cm/Jahr und kann im Vergleich zu anderen
Rückgangsraten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste als starker Rückgang
eingestuft werden (der Wert liegt oberhalb des 75%-Quantils der Rückgangsraten sämtlicher
oberer Steiluferabbruchkanten in S-H). Weiterhin treten starke Schwankungen des
Rückgangs in vereinzelten Zeiträumen auf. Beispielsweise betrug die Rückgangsrate
zwischen 2007 bis 2010 nahezu doppelt so viel (ca. 53 cm/a). Der Trend des Rückgangs an
diesem Steiluferabschnitt ist positiv und ein Teil des Steiluferabschnitts wurde ebenfalls vom
8
http://www.schleswigholstein.de/KuestenSchutz/DE/06_Ostseekueste/05_Zusammenfassung/Zusammenfassung_node.html
9
Bachelorarbeit Hanna Gerull (2014): Analyse und Bewertung der morphodynamischen Entwicklung von
Steilufern an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg.
35
RADOST-Jahresbericht 2014
LKN-SH als aktives Steilufer, d. h. als ein Sedimentlieferant (bzw. eine Sedimentquelle),
klassifiziert.
Der
Steiluferabschnitt
Surendorf
ist
weiterhin
durch
eine
Bebauung
mit
Wochenendhaussiedlungen geprägt (vgl. Abbildung 18), die von einem starken
Küstenrückgang zukünftig betroffen sein könnten, sodass Sicherungsmaßnahmen
erforderlich wären. Der zukünftige Trend der Küstenentwicklung ist jedoch schwer
vorhersagbar, da die Morphologie der Küste von der zukünftigen Entwicklung von
Wasserstand, Seegang und Sedimenttransport abhängig ist. Infolge des projizierten
regionalen mittleren Meeresspiegelanstiegs kann man annehmen, dass die Häufigkeit von
Sturmflutwasserständen, aufgrund des höheren Ausgangsniveaus des Wasserstands,
zunimmt. Somit laufen zukünftige Sturmfluten generell höher auf, als in der Vergangenheit
und können mögliche Erosionstrends von Steilufern beschleunigen.
Abbildung 18: Private Bebauung am Steiluferabschnitt
Jellenbek-Eckernholm (Surendorf)
Quelle: LKN-SH
Ein höherer Wasserstand allein bewirkt jedoch noch keine Intensivierung von
Steiluferabbrüchen. Eine Zunahme des Energieeintrags durch den Seegang auf die Küste
und der Abtransport des abgebrochenen Materials durch den natürlichen Quer- sowie
Längstransport von Sedimenten wären hierfür weitere Vorraussetzungen. Zu einer Zunahme
der mittleren signifikanten Wellenhöhen kann es für die im Projekt untersuchten
Emissionsszenarien A1B und B1 vor allem an den Westwind exponierten Küstenabschnitten
kommen (siehe Ergebnisse Modul 2). Der Steiluferabschnitt Surendorf ist dagegen Nord
bzw. Nordost-Wind exponiert, sodaß hier mit keinen signfikanten Änderungen der mittleren
Wellenhöhen sowie Wellenanlaufrichtungen und damit auch des Energieeintrags auf die
Küste für die untersuchten Szenarien zu rechnen ist. Mögliche zukünftige Veränderung der
extremen Seegangsverhältnisse sowie die windbedingten Veränderungen des
küstenparallelen Sedimenttransports an diesem Küstenabschnitt sind zurzeit noch
unbekannt. Abschließend kann daher noch keine Abschätzung gegeben werden, wie sich
der Trend der Küstenerosion an diesem Abschnitt in Zukunft entwickelt.
Untersuchung der Entwicklung von Strandbreiten im Bereich Scharbeutz-Timmendorfer
Strand
Eine weitere Fragestellung hinsichtlich der zukünftigen morphologischen Entwicklung von
Küstenabschnitten in Schleswig-Holstein ist die Entwicklung von Flachküsten. Hierfür wurde
36
RADOST-Jahresbericht 2014
stellvertretend der Küstenabschnitt Scharbeutz-Timmendorfer Strand in der Lübecker Bucht
betrachtet. Die morphologischen Veränderungen wurden im Rahmen von zwei
Projektarbeiten an der TUHH dokumentiert und bewertet10, die in Kooperation mit dem LKNSH durchgeführt wurden.
Der Küstenabschnitt zwischen Scharbeutz und Timmendorfer Strand ist hauptsächlich
Nordost-Wind exponiert und wurde im letzten Jahrhundert durch Maßnahmen zum Küstenbzw. Hochwasserschutz wie z. B. den Bau von Buhnen, Deckwerken und Ufermauern aber
auch
Sandaufspülungen
stark
anthropogen
beeinflusst.
Der
küstenparallele
Sedimenttransport ist an diesem Abschnitt hauptsächlich nach Nordwest gerichtet. Die
Durchführung der zuvor genannten Küstenschutzmaßnahmen im vorigen Jahrhundert hat
sich positiv auf die Anlandungsprozesse in dem Bereich ausgewirkt. Die Anlandungsraten
haben sich im Vergleich zur morphodynamischen Entwicklung vor der Anlage der Bauwerke
(mit Beginn in den 1930er Jahren) jeweils verzehnfacht11 und die Erosionsraten haben sich
ebenfalls signifikant reduziert, sodass es sich hier um einen morphodynamisch aktiven
Bereich handelt. Der Bereich weißt insbesondere am Ende des letzten Jahrzehnts (20072010) großräumige Anlandungen auf12, die nicht zuletzt Resultat der in diesem Zeitraum
durchgeführten Küstenschutzmaßnahmen sein dürften. Die Strandbreiten haben sich somit
insgesamt sehr positiv in der jüngsten Vergangenheit an diesem Küstenabschnitt entwickelt,
was für die touristische Nutzung der Strände sehr vorteilhaft ist.
Die mögliche zukünftigen Entwicklung der Strandbreiten ist in Analogie zur Entwicklung von
Steiluferabschnitten (siehe Abschnitt zuvor) von den jeweiligen Veränderungen der
Wasserstände, sowie der Seegangs- und Sedimenttransportverhältnisse abhängig. Die
klimawandelbedingten Veränderungen der hydrodynamischen Verhältnisse und des
Sedimenttransports können anhand von sogenannten Impaktmodellen (z. B. Seegangs- und
Sedimenttransportmodelle) basierend auf Projektionen zukünftiger Klimaverhältnisse, welche
durch regionale Klimamodelle für bestimmte Emissionsszenarien abgebildet werden,
ermittelt werden. Untersuchungen zu möglichen Veränderungen der mittleren
Seegangsverhältnisse ergaben für den Bereich Timmendorfer Strand i) eine Abnahme der
mittleren signifikanten Wellenhöhe um bis zu 3 % und ii) weniger Seegangsereignissen aus
Nordöstlichen Richtungen, was zu iii) einer Veränderung der mittleren Wellenanlaufrichtung
um bis zu 5° hin zu östlichen Richtungen führt. Die Veränderungen der Häufigkeiten sowie
der mittleren signifikanten Wellenhöhe und Wellenanlaufrichtungen wurden bereits im
Jahresbericht 2012 dokumentiert.
Die geringfügig erscheinenden Veränderungen der mittleren Seegangsverhältnisse können
Auswirkungen auf den seegangsinduzierten küstenparallelen Sedimenttransport haben, wie
Untersuchungen zu möglichen Veränderungen der Sedimenttransportkapazitäten ergaben.
Demzufolge kann es im Abschnitt Timmendorfer Strand zu einer Abnahme der nach
Nordwest als auch Südost gerichteten Sedimenttransportkapazitäten kommen. Die NettoSedimenttransportkapazität, welche sich aus der Bilanzierung der gerichteten
Transportkapazitäten ergibt, kann in diesem Abschnitt bis zu 20 % geringer werden (siehe
Jahresbericht 2012).
10
Projektarbeit Karlotta-Franziska Seitz (2013): Bestimmung morphodynamisch aktiver Gebiete der SchleswigHolsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg;
Projektarbeit Eva Weisner (in Bearbeitung): Anthropogene Einflüsse auf die morphodynamische Entwicklung
an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg.
11
Projektarbeit Karlotta-Franziska Seitz, a.a.O.
12
Projektarbeit Eva Weisner, a.a.O.
37
RADOST-Jahresbericht 2014
Zusammenfassend kann bei einem geringen mittleren Meeresspiegelanstieg von positiven
Effekten auf die Entwicklung der Strandbreiten ausgegangen werden, vorrausgesetzt es wird
weiterhin genug Material durch küstenparallele Sedimenttransportprozesse aus
angrenzenden Abschnitten zur Verfügung gestellt.
Anwendungsprojekt 2: Beratung der Hansestadt Rostock: Hochwasserschutz im sich
ändernden Klima
Federführung: StALU MM
Allgemeines
Die Untersuchung zum Hochwasserschutz der Hansestadt Rostock ist inhaltlich mit der
Bearbeitung von Fallstudien im Fokusgebiet Rostock-Markgrafenheide (siehe Arbeitspaket
1.2.3) eng verknüpft.
Abbildung 19: Bemessungshochwasserstände im Stadtgebiet Rostock
Die Hansestadt Rostock liegt etwa 20 km südlich von der Ostseeküste an der Warnow. Die
Ostseewasserstände beeinflussen den Wasserstand in der Warnow maßgeblich. Eine
Fläche von 45 km² des Stadtgebietes ist potentiell überflutungsgefährdet, das bedeutet, dass
diese Fläche bei nicht vorhandenen bzw. versagenden Anlagen des Küsten- und
Hochwasserschutzes betroffen ist. Einen Überblick über diese Flächen bietet Abbildung 20.
Hochwasser im Gebiet der Hansestadt Rostock sind i. d. R. durch das Auftreten von
Sturmfluten bedingt. Ein solches Ereignis ist für den Fall definiert, dass der Wasserspiegel
1 m über dem des NMW (Normalmittelwasser) liegt. Sollte er über 1,5 m liegen, spricht man
von einer schweren Sturmflut. In den vergangenen 20 Jahren haben sich insgesamt drei
38
RADOST-Jahresbericht 2014
davon ereignet (1995, 2002, 2006). Die Wasserstände während des Orkantiefs Xaver im
Dezember 2013 erreichten nur näherungsweise die einer leichten Sturmflut.
Um bestehende und neue Küsten- und Hochwasserschutzanlagen adäquat entwerfen und
bemessen zu können werden zwei Bezugsgrößen herangezogen:
Der
Referenzhochwasserstand
(RHW)
dient
der
Überprüfung
bestehender
Küstenschutzbauwerke und wird aus dem Hochwasserstand ermittelt, der statistisch einmal
in 200 Jahren auftritt und setzt sich aus einem beobachteten sowie extrapoliertem
Meeresspiegelanstieg zusammen.
Der Bemessungshochwasserstand (BHW) dient dem Entwurf und der Bemessung von
neuen Küstenschutzanlagen. Er setzt sich aus dem RHW sowie aus einem Klimazuschlag
von 0,5 m zusammen.
Für das Gebiet der Hansestadt Rostock sind verschiedene BHW festgelegt. So beträgt
dieser entlang der Außenküste, im Bereich von Warnemünde und Hohe Düne sowie im
Umfeld des Breitlings und des Überseehafen bis zur Mündung des Schmarler Bachs in die
Unterwarnow 2,80 m ü. NHN. Entlang des Westufers bis zum Werftdreieck sowie entlang
des Ostufers bis zum Gewerbegebiet Dierkow bzw. Osthafen beläuft sich der BHW auf 2,90
m ü. NHN. Der höchste BHW von 3,00 m ü. NHN gilt für die Stadtbereiche von der Mündung
der Oberwarnow über den Stadthafen bis zum Werftdreieck.
Schutzabschnitte der Hansestadt Rostock
Das Hochwasserschutzsystem Rostock ist mit seinen bestehenden Bauwerken, derzeit
geplanten Bauvorhaben und Maßnahmen, sowie kurzfristig geplanten Bauwerken und
Maßnahmen der Hochwasserschutzanlagen erfasst und verbleibende Defizite in
Teilbereichen des Stadtgebietes sind größtenteils identifiziert.
Bezüglich des Hochwasserschutzes weist das Gebiet der Hansestadt Rostock mehrere
Schutzabschnitte auf.
Ausgenommen davon ist im Nordosten des Stadtgebiets die Ortschaft Markgrafenheide. Hier
wurde bis 2006 ein Buhnensystem errichtet bzw. verlängert. Seeseitig ist der Ort durch eine
Vollschutzdüne und ein Deckwerk gesichert. Zudem wurden ca. 1,1 Mio. m³ Sand zur
verstärkung der Düne und der Schorre aufgespült. Landseitig schließt sich inklusive zwei
Spundwandabschnitten ein Ringdeich mit 2,5 km Länge an
Der Schutzabschnitt 1 beinhaltet die Ortschaft Hohe Düne. Ebenfalls bis 2006 wurde hier ein
Buhnensystem errichtet sowie Schorre und Düne durch Aufspülungen verstärkt. Ein
verklammertes Deckwerk befindet sich entlang des Ostufers des Seekanals. Zusätzlich
sichert ein Deich die Ortschaft vor Überflutungen von Süden und Osten her. Komplettiert
wird der Sturmflutschutz in diesem Ort von zwei Fluttoren für die Durchgangsstraße am
Fähranleger und am nördlichen Deichende.
Warnowaufwärts des Überseehafens befindet sich der Schutzabschnitt 2 von Langenort bis
zur Deponie Dierkow, der auch die Ortschaft Gehlsdorf umfasst. Hier sind vor allem die
Niederungen zwischen Toitenwinkel, Dierkow und Gehlsdorf betroffen. Die Analyse des
Gefährdungspotentials, vor allem hinsichtlich der Deponie Dierkow, ist auf Grund der
Dringlichkeit anderer Schutzabschnitte noch nicht abgeschlossen.
39
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 20: Überflutungsbereiche im Gebiet der Hansestadt Rostock im Falle eines BHW.
Schutzabschnitte im Gebiet der Hansestadt Rostock
Grafik: A. Klee, verändert
Südlich daran anschließend befindet sich der Schutzabschnitt 3: Osthafen, der vor allem von
mittelständischem Gewerbe geprägt ist, aber auch Wohnflächen beinhaltet. Zusätzlich zur
Überflutungsgefahr von der Warnowseite ist hier der Rückstau in die Carbäck zu
berücksichtigen.
40
RADOST-Jahresbericht 2014
Im Übergangsbereich von Oberwarnow zu Unterwarnow befindet sich der Schutzabschnitt 4:
Weißes Kreuz-Mühlendamm. Hier bildet momentan die Staustufe des Mühlendamm den
wesentlichen Teil des Sturmflut- und Hochwasserschutzes.
Entlang des westlichen Warnowufers liegt mit dem Petriviertel der Schutzabschnitt 5. Dieses
Gebiet ist momentan von starker Bauaktivität geprägt und im Falle von
Hochwasserereignissen auf Grund seiner geringen Höhenlage früh betroffen. Ebenfalls zu
diesem Schutzabschnitt zählt die Holzhalbinsel. Hier wurden in den letzten Jahren Gewerbeund Wohngebäude errichtet, die im Hinblick auf Hochwasserrisiken mit angepassten
Gründungen Uferbefestigungen und Fußbodenhöhen der bewohntet Areale realisiert
wurden.
Zwischen den beiden Teilbereichen des Schutzabschnittes 5 beginnt mit Ende des
Petridammes und der Vorpommernbrücke der Schutzabschnitt 6 des Stadthafens. Dieser
gestaltet sich in Hinblick auf den Hochwasserschutz schwierig was in seiner Länger von 2,6
km und der dichten Bebauung begründet ist. Zudem sind im Bereich des Stadthafens
mehrere Regenwasserentwässerungsleitungen vorhanden, die in den meisten fällen nicht
über Hochwasserschutzeinrichtungen verfügen und somit Überflutungen im Stadtbereich
begünstigen. Größtenteils wird hier auf die Errichtung von Sandsackbarrieren vertraut.
Südlich und westlich der Mündung des Schmarler Baches befinden sich Schutzabschnitt 7
und 8 mit den Ortsteilen Lütten Klein, Groß Klein und Schmarl. Hier wurden bis 2008 an
besagtem Fließgewässer ein Sperrwerk und eine Hochwasserschutzmauer errichtet.
Weiterhin wurden an zwei Stellen Geländeerhöhungen mit einer Gesamtlänge von 420 m
vorgenommen. Als schützenswerter Punkt ist hier weiterhin das Fernwärmewerk der der
Stadtwerke Rostock anzuführen.
Für den Ort Warnemünde besteht sowohl von See als auch von der Warnow die Gefahr der
großräumigen Überflutung im Falle eines BHW. Bedingt durch die Länge des hier zu
errichtenden
Sturmflutsystems
wurden
die
ursprünglich
veranschlagten
zwei
Schutzabschnitte in vier Teilbereiche untergliedert. Im seeseitig gewandten Bereich von
Warnemünde wurden bis 2006 ein Buhnensystem installiert sowie Dünenverstärkungen
vorgenommen. Wo räumlich bedingt eine Vergrößerung des Querschnittes nicht möglich war
wurde die Vollschutzdüne durch Dämme aus Geotextilcontainern und Deckwerke ergänzt.
Entlang des Alten Stromes (Teil A) befindet sich bereits eine Ufermauer, die jedoch lediglich
über eine Höhe von 2,70 m ü. NHN verfügt aber die Sicherheitsprüfung aus statisch
konstruktiver Sicht nicht besteht. Teil B befindet sich im Anschluss an die Ufermauer des
alten Stroms und behandelt den Bereich der Mittelmole.
Die nach Süden hin anknüpfenden Teile C und D umfassen die Straßen Am Passagierkai
und Werftalle Warnemünde. Im Süden von Teil D verläuft der Laakkanal, der im
Hochwasserfall für die Überflutung Warnemündes mitverantwortlich ist.
Geplante Hochwasserschutzmaßnahmen im Gebiet der Hansestadt Rostock
Für die Schutzabschnitte Markgrafenheide und 1: Hohe Düne liegen bis auf
Wiederholungsaufspülungen auf 2 km Küstenlänge mittelfristig keine Planungen für
weiterführende Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes vor.
Für den Schutzabschnitt 2 gilt es momentan zu ergründen in wie weit in diesem Gebiet
Gefährdungspotential im Hochwasserfall vorliegt und in welchem Maße die hier befindliche
Deponie eine zusätzliche Gefahrenquelle darstellt.
Im Schutzabschnitt 3: Osthafen sind prinzipiell zwei Schutztrassen denkbar, die beide
sowohl Rücksicht auf mögliche Überflutungsszenarien, sowohl von Seiten der Warnow, als
41
RADOST-Jahresbericht 2014
auch von Seiten der Carbäck nehmen. Hierbei schließt eine Trasse die gewerblich genutzten
Grundstücke in direkter Warnownähe mit ein, die andere begrenzt sich auf die bewohnten
Areale. Als Entscheidungskriterium für die Auswahl einer Trasse wird eine Kosten-NutzenAnalyse
in
Betracht
gezogen.
Als
Alternative
zu
einer
umfassenden
Hochwasserschutzmaßnahme sind Insellösungen denkbar.
Für den Schutzabschnitt 4 im Bereich Weißes Kreuz ist die Errichtung von Spundwänden
(320 m) sowie Straßendämmen und Geländeerhöhungen (ca. 500 m) vorgesehen. Weiterhin
ist im Bebauungsplan festgelegt, dass die Mindesthöhe für Fußböden von Wohnraum
mindestens 20 cm über dem BHW zu liegen hat. Die vorhandenen Anlagen am
Mühlendamm gilt es zu modernisieren und in Einklang mit den Bedürfnissen der Wasserund Schifffahrtsverwaltung, des Hochwasserschutzes und des Trinkwasserschutzes zu
bringen. Geplant ist eine Straßenerhöhung im Bereich zwischen Wehr und Schleusenbrücke
sowie eine Hochwasserschutzwand mit mobilen Elementen und Einbeziehung von
Neubauten vom Wehr bis zur Straßenbahntrasse.
Im Schutzabschnitt 5 wurden im Bereich der Holzhalbinsel mittlerweile alle wesentlichen
Bauvorhaben abgeschlossen. Im Bereich des Petriviertels steht dies noch aus.
Hochwasserschutzmaßnahmen werden entsprechend den Festsetzungenin den jeweiligen
Bebauungsplänen umgesetzt.
Für den Schutzabschnitt 6 entlang des Stadthafens sind vor allem Schutztrassen entlang der
Hauptverkehrslinie Am Strande denkbar, die jedoch selbst möglichst wenig beeinträchtigt
werden sollte. Hauptproblem in diesem Bereich ist das geringe Raumdargebot. Alternativ zu
einer umfassenden Schutztrasse sind Quartierlösungen denkbar.
Bis auf die Sicherung der Anlagen der Stadtwerke in Eigenverantwortung sind im
Schutzabschnitt 7 die Vorhaben abgeschlossen. Gleiches gilt für Schutzabschnitt 8.
Für den Bereich von Warnemünde und damit für die Schutzabschnitte 9 und 10 stehen
Baumaßnahmen zur Vervollständigung des Sturmflutschutzsystems an. So ist geplant
entlang der Werftallee (TV D) über 1 km Straßenerhöhungen und 750 m
Geländeerhöhungen vorzunehmen. Auf der Mittelmole sollen weitere Straßenerhöhungen
und Hochwasserschutzwände Hochwassersicherheit schaffen. Für die Bereiche entlang des
Alten Stromes ist die Errichtung einer neuen auf den BHW konzipierten Ufermauer mit
zusätzlichen 20 cm Freibord vorgesehen. Auf einer Länge von ca. 500 m werden im Sinne
der Anpassungsstrategie für die Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren verschiedene
Ausbaustufen vorgesehen, die Erste für die nächsten 40 Jahre.
Trinkwasserversorgung der Hansestadt Rostock
Der Träger der Wasserversorgung und die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft für
das Gebiet der Hansestadt Rostock und der Gemeinden des Zweckverbandes WasserAbwasser Rostock-Land ist der Warnow-Wasser- und Abwasserverband (WWAV). Ihm
obliegt es u.a. Trinkwasser zu beschaffen und bereitzustellen. Die Durchführung der
Aufgaben wurde dabei der Eurawasser Nord GmbH als Erfüllungsgehilfen anvertraut, die
das Wasserwerk Rostock betreibt.
Das Trinkwasser für die Hansestadt Rostock wurde traditionell aus umgebungsnahen
Oberflächenwasser gewonnen. So wurden deren Bürger bis in die zweite Hälfte des 19.
Jahrhunderts über Freileiten versorgt, die erst 1867 vom ersten städtischen Wasserwerk
abgelöst wurden. Eine Versorgung mit Trinkwasser aus Grundwasser, wie vielerorts üblich,
war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, vor allem vor dem Hintergrund der
42
RADOST-Jahresbericht 2014
Gewährleistung der Trinkwasserqualität, projektiert, wurde aber durch die Erweiterung des
Wasserwerks Rostock in den 1990er Jahren nicht umgesetzt.
Abbildung 21:
Mühlendamms
Lage
der
Wasserentnahmestelle
des
Wasserwerk
Rostock
und
des
Quelle: Google Maps
Heute werden aus der Warnow durchschnittlich 32.000 m³ Wasser täglich gefördert. Diese
verfügt über ein Einzugsgebiet von ca. 3.200 km² von denen mehr als die Hälfte als
Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen sind. Die Entnahmestelle befindet sich oberhalb des
Mühlendammes und ist über einen Zuleitungsgraben mit der Warnow verbunden. Entlang
des Mühlendammes befindet sich eine Schleuse und ein Wehr als Staustufe, die Ende des
19. Jahrhunderts errichtet wurde. Ursprünglich zur Bewirtschaftung des Schifffahrtsweges
konzipiert, dient sie heute vor allem dem Hochwasser- und Trinkwasserschutz, da mit ihr der
Einstrom von Brackwasser der Unterwarnow behindert werden kann. Sowohl Schleuse als
auch Wehr unterliegen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.
Die Reinigung des Warnowwassers im Wasserwerk Rostock erfolgt über eine siebenstufige
Anlage über die Grobteile, Schwebstoffe, Keime und gelöste Stoffe mittels mechanischer
Verfahren, Ozonung und Aktivkohlefilter herausgesondert werden. Über ein 980 km langes
Netz aus Hauptleitungen werden die Hansestadt Rostock sowie weitere 17 Gemeinden und
somit ca. 230.000 Einwohner mit Trinkwasser versorgt.
Fazit
Gemeinsame Bedürfnisse von Hochwasserschutz und Trinkwasserschutz konzentrieren sich
im Bereich der Hansestadt Rostock räumlich auf wenige Bereiche um den Mühlendamm. Bei
der gegenwärtigen Strategie der Trinkwassergewinnung aus dem Oberflächenwasser der
Warnow ist eine Aufrechterhaltung der Wehr- und Schleusenanlagen oder einer
gleichwertigen Anlage am Mühlendamm erforderlich aus der sich ebenfalls Synergieeffekte
mit dem Hochwasserschutz ableiten lassen.
Anwendungsprojekt 3: Innovative Technologien für den Küstenschutz: Einsatz von
Geokunststoffen
Grundsätze
Die Anwendung von unterschiedlichen Technologien im Küstenschutz unterliegt im
Bundesland Mecklenburg-Vorpommern einer Reihe von Vorbedingungen.
43
RADOST-Jahresbericht 2014
Neben sowohl land- als auch seeseitigen naturräumlichen Gegebenheiten schränken die
raumplanerischen Ziele der Entscheidungsträger, bereits existierende Anlagen zum
Küstenschutz als auch der zur Verfügung stehende pekuniäre Rahmen die Wahl der
möglichen technischen Lösungen für existierende Herausforderungen im Küstenschutz ein.
Daneben bestehen rechtliche Vorgaben, aus denen sich Begrenzungen in der Wahl der
technischen Mittel ableiten lassen.
Neben übergeordnetem Europa- und Bundesrecht begrenzen vor allem
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Naturschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern Wahl und Größenordnung
anwendbaren Technologien die grundsätzlich als Instrumente des Küstenschutzes
Verfügung stehen. Weiterhin sind denkmalschutzrechtliche und stromschifffahrtspolizeiliche Regelungen zu berücksichtigen.
das
und
von
zur
und
Eine zusätzliche bedeutsame Einschränkung erwächst aus der Empfehlung 16-3 der
Helsinki-Kommission (HELCOM) aus dem Jahre 1995. Diese enthält die Vorgabe eine
natürliche Küstendynamik möglichst zu erhalten. Dies geht einher mit dem Bestandsschutz
von aktiven Kliffen als Sedimentlieferant sowie von küstennahen Überflutungsflächen. Somit
sollen neuangelegte Küstenschutzmaßnahmen örtlich auf besonders schützenswerte,
besiedelte Areale begrenzt bleiben.
Der methodisch weitaus relevanteste Teil ist die Maßgabe dass, wann immer möglich,
natürliche Baustoffe wie Steine, Sand, Erde oder Holz den Vorzug gegenüber künstlichen
Materialien wie Beton oder Kunststoffen erhalten sollen.
Hierdurch wird verdeutlicht, dass sich entlang der Küste von Mecklenburg-Vorpommern eine
Reihe von Faktoren auf die Wahl von Art und Dimension von Küstenschutzmaßnahmen
auswirken, wodurch nicht nur die Anwendbarkeit von Technologien, die dem derzeitigen
Stand der Technik entsprechen eine Limitierung erfährt, sondern auch Innovationen in der
Methodik des Küstenschutzes auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft werden müssen.
Stand der Technik
Um technische Innovationen für den Küstenschutz zu beleuchten, erscheint es sinnvoll hier
kurz auf den gegenwärtigen Stand der Technik und auf seine Anwendung an Hand der
deutschen Ostseeküste einzugehen.
Landesküstenschutzdünen bildeten über viele Jahre hinweg das effektivste Instrument in der
Sicherung des Hinterlandes bei Sturmflutereignissen. Nach ihrer Aufgabenstellung hin
können diese Sandkörper in Systemdünen, die in Kombination mit anderen
Küstenschutzelementen wirken und Vollschutzdünen, die die Schutzfunktionen alleine
übernehmen, unterschieden werden. Da letztere zu einem nicht unerheblichen Teil aus
einem seeseitigem Verschleißkörper bestehen, sind v.a. nach normalen Sturmflutereignissen
Erneuerungsmaßnahmen erforderlich, die im Regelfall durch Sandaufspülungen unter
Verwendung mariner Sande von Statten gehen. Ein ingenieurbiologischer Aspekt der
Dünensicherung ist die Bepflanzung mit Vegetation (z.B. Strandhafer Ammophila arenaria)
zum Zwecke des Sandfanges.
Landseitig der Küstenschutzdünen befinden sich nicht selten Küstenschutzwälder, die im
Versagensfall der Dünen zur Aufgabe haben den Wellen weiter Energie zu entziehen und
somit die Belastungen auf eventuell anschließende Landesküstenschutzdeiche zu mildern.
Letztere stellen als vom Menschen aufgeschüttete Dämme aus Erdreich, bestehend aus
einem Deichkern und Abdeckschichten ein bedeutendes Instrument zum Schutz von
besiedelten Gebieten vor Sturmflutereignissen dar.
44
RADOST-Jahresbericht 2014
Als seewärts gerichtete Querbauwerke dienen Buhnen dazu den ufernahen
Küstenlängstransport von Sedimenten zu bremsen und die Akkumulation von Lockermaterial
zu fördern. Entlang der deutschen Ostseeküste werden Buhnen vor allem in MecklenburgVorpommern als einfache gestreckte Körper in Holzbauweise verwendet, wohingegen in
Schleswig- Holstein Buhnen in Schüttsteinbauweise vorherrschen, die auch T-förmig
ausgebildet sein können. International finden sich vielfältige Variationen an Baumaterial
(Stahlspundwand, Betonpfeiler etc.) oder Formgebung.
Uferparallele Längswerke haben zum Ziel die Erosion der Küstenlinie zu verhindern oder zu
verzögern. Sie dienen dazu, bei einem begrenzten räumlichen Dargebot, welches
dahingehend anspruchsvollere Bauwerke nicht zulässt, die Sicherheit für schützenswerte
Objekte zu gewährleisten. Längswerke sind oftmals als Deckwerke, also als Schutzschichten
aus groben Steinlagen auf Uferböschungen mit möglichst hoher Oberflächenrauigkeit, als
Geröllwälle oder Steinwälle ausgebildet. Eine weitere Bauform sind Ufermauern, die
Uferabbrüche und Überflutungen verhindern sollen und i.d.R. aus Stein, Beton oder
Stahlspundwand errichtet werden. Seit einigen Jahren besteht aber auch die Möglichkeit
diese durch mobile Elemente ergänzen zu können.
Steinwällen in der Bauweise nicht unähnlich sind steinerne Wellenbrecher, die die Energie
der einlaufenden Wellen dämpfen und somit für den Schutz des leeseitigen Küstenabschnitts
sorgen oder, je nach Bemessung, gar eine Akkumulation von Sediment in Ihrem Hinterland
verursachen.
An Standorten mit unterdimensionierten Küstenschutzdünen an denen eine landwärtige
Verbreiterung nicht möglich ist können diese durch Geotextilien in Container- oder
Lamellenbauweise verstärkt werden, wodurch sich die Durchbruchssicherheit für diese
Dünenkörper erhöht. Der Einsatz von Geotextilien im Küstenwasserbau ist zwar eine noch
vergleichsweise junge Technologie, erfährt aber bereits weltweit eine breite Anwendung, so
dass er generell nicht mehr als innovativ sondern bereits als etabliert betrachtet werden
kann.
Innovative Technologien für den Küstenschutz und ihre Vereinbarkeit mit HELCOM
Recommendation 16-3
Als zusätzlicher Schutz von Küstenschutzdünen zu den bereits genannten Anpflanzungen
dienen bereits in vielen Ländern (z.B. USA, Niederlande, Frankreich) Windzäune, die eine
ähnliche Wirkung entfalten sollen wie die o.g. Dünenvegetation. Diese Zäune werden z. B.
palisaden- oder schachbrettartig angeordnet und bestehen aus Holz, Gräsern oder
Kunststoff.
Zur Sicherung des Dünenfußes bieten sich beispielsweise gefüllte geotextile Container oder
Säcke aus Kokosfaser an. Eine weitere Option hierzu ist die Stabilisierung des seeseitigen
Dünenendes mit Hilfe von Flechtwerk welches durch Holzpfähle verankert ist. Zur Sicherung
des Dünenfußes können ebenfalls Faschinen aus Reisig eingesetzt werden, deren
Wirksamkeit jedoch an eine gewisse Strandbreite gebunden ist.
45
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 22: Faschinen zur Dünensicherung, Heidkate
Quelle: Christian Albrecht Universität Kiel
Abbildung 23: Sandfangzäune zur Dünensicherung, Massachusetts
Quelle: Safe Harbor
Diese Instrumente sind generell in Einklang mit HELCOM Rec. 16-3 exklusiv von künstlichen
Geotextilien oder Kunststofffangzäunen, außer für den Fall, dass hierfür keine natürlichen
Baustoffe Alternativen darstellen. Inwieweit diese Techniken als innovativ bezeichnet werden
können ist allerdings fraglich. Zwar finden sie entlang der deutschen Ostseeküste keine
weitflächige und generelle Verbreitung, ihre Verwendung entlang anderer Küsten seit
mehreren Jahren ist jedoch unstrittig. Der Umstand, dass bereits im Mittelalter und der
frühen Neuzeit entlang der deutschen Ostseeküste Anpflanzungen und Zäune zum
Sandfang eingesetzt wurden, lässt einen innovativen Charakter dieser Maßnahmen
sicherlich als zweifelhaft erscheinen.
Als
Ersatzoder
Ergänzungsmaßnahme
für
Strandaufspülungen
und
Dünenwiederherstellung wurde in den Niederlanden durch Rijkswaterstaat und BAM Civiel
ein System erfolgreich erprobt (Ecobeach), welches mit Hilfe von senkrechten
Drainagerohren eine Erosion von Lockermaterial entlang sandiger Küsten verringert oder gar
zu einer Akkumulation führt. Pilotprojekte zu Ecobeach gibt es weiterhin in Dänemark,
Ghana, Malaysia und Australien.
Um die Standfestigkeit von Deichen zu erhöhen, ist es sinnvoll sie widerstandsfähiger
gegenüber Overtopping zu machen. Dies kann erreicht werden indem man den Winkel der
landseitigen Flanke verringert. Hierdurch wird einerseits mehr Fläche verbraucht,
andererseits ergibt sich eine größere Deichmächtigkeit. Eine weitere Methode dem Problem
von Overtopping zu begegnen ist der Einsatz von erosionsverhindernden Geotextilien.
Seeseitig kann man der Overtoppinggefahr ebenfalls durch eine Verbreiterung des
Deichquerschnittes oder der gezielten Erhöhung der Oberflächenrauigkeit begegnen.
46
RADOST-Jahresbericht 2014
Eine Strategie kann sein, Überläufe in gewissen Maßen einzukalkulieren und zuzulassen. In
diesem Fall müssen die Deichoberfläche und der landseitige Abfluss jedoch entsprechend
angepasst werden. Als konstruktive Innovationen hierzu sind derzeit Deiche mit einem
Kronenbecken (Crest Drainage Dike) und einer integrierten Drainage in der Erprobung.
Durch das Becken soll das Wasser des Wellenauflaufs abgeführt werden können bevor es
die Binnenböschung erreichen kann. Als Mittel um die Wellenenergie schon vor dem
Auftreffen auf Deiche oder Küstenlängswerke zu verringern eignen sich sog. Stilling Wave
Basins, die sich aus zwei Reihen von Wänden zusammen setzen, wobei die landseitige
durchgehend ist und Wellen möglichst aufhalten soll und die seeseitige geschlitzt ist um
Wellenenergie zu verringern und ein Ablaufen des im Becken befindlichen Wassers zu
gewährleisten. Diese Lösung wurde beispielsweise für die Sicherung der Hafeneinfahrt von
Oostende in Betracht gezogen.
Abbildung 24: Funktionsweise eines Crest Drainage Dike
Abbildung 25: Schema eines Stilling Wave Basins
Um aufwändig zu gewinnenden Mergel künftig im Deichbau ersetzen zu können widmet sich
derzeit das Projekt DredgDikes der Erforschung der Verwendbarkeit von Baggergut aus
Flussmündungen und Bodden zu diesem Zweck. Weitere Ansätze um eine Abdichtung von
Deichkörpern zu erreichen bieten ebenfalls Geotextilien, die mit quellfähigem Bentonit
versehen sind (z.B. NaBento, TektoSeal). Neben diesen Vorschlägen ist die Errichtung eines
zweiten Deiches eine, wenn auch flächen- und kostenintensive, Option.
Es wird als schwierig erachtet Konstruktionen wie Stilling Wave Basins oder Crest Drainage
Dikes in Übereinstimmung mit HELCOM Rec. 16-3 zu bringen, da Erstere vorzüglich in
Betonbauweise zu errichten sind und bei Letzteren das Deichkronenbecken mit Beton oder
Spundwand gefasst werden muss.
Wo Küstenlängswerke wie Deckwerke oder Geröllwälle vonnöten sind um besonderen
Schutz zu gewährleisten, kommen gelegentlich Verklammerungstechniken zu Einsatz.
Bislang wurden hierfür Beton oder Asphalt verwendet. Alternativ zu diesen Baustoffen
kommt seit wenigen Jahren in einigen Pilotprojekten (z.B. Elastocoast von BASF) auch
47
RADOST-Jahresbericht 2014
Polyurethan (PUR) als Bindemittel zum Einsatz. Eine Übereinstimmung mit HELCOM Rec.
16-3 ist hierbei ebenso wenig ersichtlich wie bei den herkömmlichen Verklammerungsmitteln.
Um die Energie von Wellen bereits abzudämpfen bevor diese auf Küstenschutzdünen oder deiche auftreffen, gibt es bereits Ansätze herkömmliche Wellenbrecher in
Schuttsteinbauweise zu ersetzen. Eine Alternative dazu stellen sog. Floating Breakwaters
da, welche z. B. aus Kunststoffelementen oder aus Betonpontons aufgebaut sein können
und an der Oberfläche schwimmen. Letztere verdanken ihre wellenenergiedämpfende
Wirkung vor allem ihrer Massenträgheit. Sie sind über Ketten oder Kabel fest am Boden
verankert und können somit ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie konventionelle
Wellenbrecher. Ihre Vorteile bestehen darin, dass sie vergleichsweise schnell und
kostengünstig installiert und wieder beräumt werden können. Daneben kann ihr Standort
leicht gewechselt werden und sie weisen eine große Anpassungsfähigkeit gegenüber
wechselnden Wasserspiegeln auf. Es bleibt allerdings zu betonen, dass Floating
Breakwaters nicht dasselbe Maß an Abschirmung schützenswerter Küstenabschnitte bieten
können, wie dies konventionelle Wellenbrecher vermögen.
Abbildung 26: Schwimender PontonWellenbrecher
Abbildung 27: Schwimmendes WellenbrecherSystem, Texas
Quelle: Inland & Coastal Marina Systems Ltd.
Quelle: Wave Eater
Als Alternative zu Wellenbrechern sind zunehmend künstliche Riffe im Gespräch. Diese
werden bereits seit mehreren Jahren als sandbefüllte geotextile Container oder Röhren
errichtet. Sonstige Konstruktionsmöglichkeiten bietet eine Vielzahl an unterschiedlich
geformter Tetrapodenvariationen (Accropode, Core-Loc, Xbloc etc.), Dolosse oder sog.
Bioblocks aus Beton oder Waschbeton die zusätzlich eine Besiedlung von
hartsubstratbesiedelnden Organismen fördern sollen. Einige künstliche Riffe entstanden gar
durch das gezielte Versenken von Schiffen oder Landfahrzeugen. In diesen Fällen tritt die
Küstenschutzfunktion aber deutlich in den Hintergrund bzw. ist nicht beabsichtigt. Hier liegt
der Fokus vielmehr in der Erhöhung der Biodiversität, kann aber auch als Ziel der
Freizeitgestaltung angelegt sein. Eine Kombination aus Küstenschutzbauwerk und
touristischer Attraktion können künstlich angelegte Surfriffe (Artificial Surfing Reefs ARF),
zumeist in geotextiler Containerbauweise errichtet, darstellen.
48
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 28: Riffelemente und Tetrapoden
Abbildung 29: Künstliches Narrowneck Reef,
Australien
Quelle: Riff Nienhagen
Quelle: Deltares
Sowohl für Floating Breakwaters als auch für künstliche Riffe sind Konflikte mit HELCOM
Rec. 16-3 ersichtlich, da es sich bei den Baustoffen i.d.R. um künstliche Erzeugnisse
handelt. Ob es natürliche Alternativen dazu gibt bleibt zu prüfen.
Offshore/Nearshore-Häfen bzw. Inselhäfen wie sie bereits auf Bornholm (Dänemark)
existieren können dazu dienen die Seegansbelastungen an den Ihnen nachgelagerten
Küstenabschnitten zu verringern. Sie sind insofern als innovativ zu betrachten, dass ihre
grundlegende Idee zwar schon länger existiert, diese jedoch erst an wenigen Standorten
umgesetzt wurde. Dies ist vor allem in der Besorgnis um eine mangelnde Landanbindung zu
begründen. Da diese Bauwerke in erster Linie nicht als Küstenschutzanlagen gedacht sind,
sind Widersprüche zu HELCOM Rec. 16-3 fraglich.
Abbildung 30: Beispiele für Nearshore-Häfen (oben: Snogebaek, Bornholm; unten: Arnager,
Bornholm)
Quelle: Google Maps
49
RADOST-Jahresbericht 2014
Seit den 1970er Jahren werden zunehmend Projekte verfolgt Wellenenergie in Elektrizität
umzuwandeln (Wave Energy Converter WEC). Diese können dem Küstenschutz dienlich
sein wenn sie in der Lage sind Wellenenergie deutlich zu minimieren. Entscheidend ist
hierbei jedoch, dass sie Ihre Funktionsfähigkeit auch dann noch beibehalten wenn, wie z.B.
im Falle einer Sturmflut, hohe Belastungen auf sie einwirken, da sie andernfalls auch zur
Gefahrenquelle werden könnten. Weil sie nicht primär als Mittel zum Küstenschutz konzipiert
sind, ist es fraglich ob Konfliktpotential mit HELCOM Rec. 16-3 besteht.
Abbildung 31: Beispiele für Wave Energy Converter (oben: Aquamarine Power Oyster, unten:
Wave Dragon
Quellen: www.aquamarinepower.com (oben), www.maritimejournal.com (unten)
Ein recht junges Fach, das auch Fragestellungen des Küstenschutzes thematisiert, ist das
sog. Ecological Engineering. Die Hauptmotivation dieser Disziplin bildet der Anspruch,
nachhaltige innovative und kostengünstige Lösungen für Probleme des Küstenschutzes zu
entwickeln, die aber zeitgleich den menschlichen Einfluss auf Ökosysteme minimieren oder
für diese gar förderlich sein sollen. Die Bandbreite der Arbeitsfelder im Ecological
Engineering ist dementsprechend groß und reicht von dem Design bewuchsfreundlicher
Oberflächen, über die Förderung biogener Riffe bis zur Bewirtschaftung von küstennahen
Feuchtgebieten oder Küstenschutzwäldern.
Fazit
Die hier vorgestellten technischen Konstruktionsvorschläge stellen weitestgehend
Erweiterungen dar und basieren auf bereits etablierten Techniken. Dies gilt etwa für den
Entwurf und Sicherung von Küstenschutzdeichen. Wirkliche Innovationen sind vor allem in
den Bereichen absehbar wo Wellenbrecher ersetzt oder ergänzt werden können. Dies ist
weiterhin gültig für beschriebene Techniken die nicht vorrangig den Küstenschutz im Fokus
haben, sich aber potentiell durchaus positiv daraus auswirken.
Für viele der vorgestellten Technologien ist festzustellen, dass eine Vereinbarkeit mit
HELCOM Rec. 16-3 als problematisch angesehen wird, da ihrer Implementierung die
50
RADOST-Jahresbericht 2014
Verwendung von nicht-natürlichen Baustoffen zu Grunde liegt. Demzufolge erscheint eine
generelle Anwendbarkeit entlang der deutschen Ostseeküsste als fraglich.
Anwendungsprojekt 4: Unterhaltung von Schifffahrtswegen und Küstenschutz:
Nutzung von Synergien
Federführung: StALU MM
Ziel dieses Anwendungsprojektes ist Schaffung und Förderung von Synergien in der
Nutzung der im Geschäftsbereich der Wasser- und Schifffahrtsämter (WSÄ) anfallenden
Sande aus Baggerungen und dem benötigten Sand für den Küstenschutz.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund ist für die Unterhaltung des Seekanals
Rostock zuständig. Mit einer Regelmäßigkeit von etwa 5-10 Jahren werden sowohl die
zugehörige Sandfalle geleert als auch die Untiefen in der Bundeswasserstraße beseitigt.
Notwendig sind diese Unterhaltungsmaßnahmen, weil die vorrangig ostwärts gerichtete
küstenparallele Strömung unmittelbar im Bereich der Westmole unterbrochen ist und der
mitgeführte Sand nicht weiter transportiert wird. Im November 2013 wurden mit einem
Baggerschiff ca. 30.000 m³ Sand aus der Sandfalle und ca. 27.000 m³ Sand aus dem
Seekanal gebaggert. Das Baggergut wird in der Regel auf die eigens dafür vorgesehenen
Klappstellen weit vor der Küste verbracht, kann aber auch für gewerbliche Bauvorhaben oder
für Küstenschutzmaßnahmen verwendet werden.
Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg ist für den
Küstenschutz im Bereich der Hansestadt und des Landkreises Rostock verantwortlich. Eine
wesentliche Aufgabe ist der Schutz sandiger Rückgangsküsten sowie die Erhaltung der dort
befindlichen Küstenschutzanlagen. In Warnemünde, Hohe Düne und Markgrafenheide
übernehmen Düne, Strand und Schorre die Funktion des Hochwasserschutzes, während die
Buhnen der Küstensicherung dienen.
Durch die Wirkung der Westmole entsteht in Warnemünde ein Überschuss an Sand. Im
Bereich von Hohe Düne und Markgrafenheide kann der vorhandene Sand aufgrund des
fehlenden natürlichen Nachschubs sowie der Leewirkung der Hafenmolen langfristig nicht
gehalten werden.
Mit annähernd gleicher Regelmäßigkeit der Unterhaltungsbaggerungen im Seekanal sind auf
der Ostseite der Hafenmolen Wiederholungsaufspülungen gegen die Sedimentverluste auf
Düne, Strand und Schorre erforderlich. Durch die Aufspülung im küstennahen Bereich vor
Hohe Düne wird der Sand der küstenparallelen Strömung wieder zugeführt. Die dafür
benötigten Sandmengen werden im Allgemeinen kostenaufwendig aus festgelegten
Sandlagerstätten in der Ostsee entnommen.
Die gemeinsame Durchführung der Unterhaltungsbaggerung seitens des WSA Stralsund und
der Aufspülung seitens des StALU MM ist ein hervorzuhebendes Beispiel für ein effizientes
Zusammenwirken einer Bundesbehörde und einer Landesbehörde in MecklenburgVorpommern.
Die Maßnahme stellt insgesamt eine Küstenschutzmaßnahme dar, die mit geringstmöglichen
Störungen der Umwelt und Ressourcenverbrauch verbunden ist.
Durch die Nutzung des unmittelbar an der Einbaustelle vorhandenen überschüssigen
Sandes aus der Sandfalle vor Warnemünde werden sowohl Sandlagerstätten der Ostsee, als
auch die Sandklappstelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung geschont. Die
baubedingten Beunruhigungen werden durch kurze Transportwege minimiert. Durch
natürlichen Sedimenttransport in Richtung Osten können auch Wiederholungsaufspülungen
51
RADOST-Jahresbericht 2014
vor Markgrafenheide mengenmäßig bzw. in der Anzahl der Wiederholungsaufspülungen
reduziert werden.
Im Rahmen eines nachhaltigen
gemeinsame Vorhaben folgen.
Küstenzonenmanagements
sollen
künftig
weitere
Abbildung 32: Gemeinschaftsvorhaben WSA – StALU MM im Gebiet Markgrafenheide-Hohe
Düne
Quelle: Google Maps
52
RADOST-Jahresbericht 2014
Anwendungsprojekt 5: Innovative Verfahren zur Klimaanpassung im Küstenschutz –
Fokusgebiet Kieler Förde
Federführung: BfUK
Ansprechpartner:
Dr. Kai Ahrendt
E-Mail: [email protected]
Büro für Umwelt und Küste, Kiel
Als letzter Schritt des Anwendungsprojektes wurde im Berichtszeitraum ein Verbundsystem
für den Bereich Schwedeneck bis Probstei ausgearbeitet. Neben der Ermittlung der
Sedimenttransporte (siehe Abbildung 33) und der Beschreibung der zugehörigen
Tauchreviere wurde hierfür der Ansatz der Ecosystem Services (ESS) angewandt.
Abbildung 33: Sedimenttransportkapazitäten
53
RADOST-Jahresbericht 2014
Nach dem Millennium Ecosystem Assessment (2005)13 werden folgende Services
unterschieden:14
Provisioning Services
These are the products obtained from ecosystems, including:
P1: Food. This includes the vast range of food products derived from plants, animals, and
microbes.
P2: Fiber. Materials included here are wood, jute, cotton, hemp, silk, and wool.
P3: Genetic resources. This includes the genes and genetic information used for animal and
plant breeding and biotechnology, bio-chemicals, natural medicines, and pharmaceuticals.
Many medicines, biocides, food additives such as alginates, and biological materials are
derived from ecosystems.
P4: Eigene Ergänzung: mineralische Rohstoffe (Sand, Kies, Steine etc.), Wellen- oder
Thermoenergie
Regulating Services
These are the benefits obtained from the regulation of ecosystem processes, including:
R1: Climate regulation. Ecosystems influence climate both locally and globally. At a local
scale, for example, changes in land cover can affect both temperature and precipitation. At
the global scale, ecosystems play an important role in climate by either sequestering or
emitting greenhouse gases.
R2: Water regulation. The timing and magnitude of runoff, flooding, and aquifer recharge can
be strongly influenced by changes in land cover, including, in particular, alterations that
change the water storage potential of the system, such as the conversion of wetlands or the
replacement of forests with croplands or croplands with urban areas.
R3: Erosion regulation. Vegetative cover plays an important role in soil retention and the
prevention of landslides.
R4: Water purification and waste treatment. Ecosystems can be a source of impurities (for
instance, in fresh water) but also can help filter out and decompose organic wastes
introduced into inland waters and coastal and marine ecosystems and can assimilate and
detoxify compounds through soil and subsoil processes.
R5: Natural hazard regulation. The presence of coastal ecosystems such as mangroves and
coral reefs can reduce the damage caused by hurricanes or large waves. Eigene Ergänzung:
Sandriffe/bänke, aktive Kliffs, Erosionsplattform (Geschiebemergelrücken), Geröll/Steine
(Strand/Vorstrand), Strandwall, Nehrung etc.
Cultural Services
C1: Aesthetic values. Many people find beauty or aesthetic value in various aspects of
ecosystems, as reflected in the support for parks, scenic drives, and the selection of housing
locations.
13
Millennium Ecosystem Assessment (2005): Ecosystems and Human Well-being: Synthesis. Island Press,
Washington, DC., S. 40. www.maweb.org/documents/document.356.aspx.pdf
14
Englischsprachige Beschreibungen aus der angegebenen Quelle unter Verwendung eigener Nomenklatur
(P1, P2, R1 etc.).
54
RADOST-Jahresbericht 2014
C2: Cultural heritage values. Many societies place high value on the maintenance of either
historically important landscapes (“cultural landscapes”) or culturally significant species.
C3: Recreation and ecotourism. People often choose where to spend their leisure time based
in part on the characteristics of the natural or cultivated landscapes in a particular area.
Eigene Ergänzung: Hierzu gehört auch Tauchen, Angeln, Segeln etc.
Diese ESS wurden tabellarisch betrachtet (siehe Tabelle 5) und anschließend in Kartenform
gebracht (Abbildung 34 und Abbildung 35). Unter den zahlreichen insgesamt bestehenden
ESS wurden für die vorliegende Darstellung entsprechend dem Aufgabenschwerpunkt des
Arbeitspaketes die ESS für den Küstenschutz und den Tourismus ausgewählt. In weiteren
Schritten werden diese Informationen im Rahmen des Projektes Klimabündnis Kieler Bucht
zu einem „Planungsatlas“ für die Kieler Bucht weiter ausgebaut, der auch die Auswirkungen
der Klimaänderung berücksichtigt, da sich neben einem „Regime Shift“ auch die Bedeutung
der ESS verändern können. Hierbei kann es zu einer Verschiebung der Gewichtung von
ESS kommen. Klimaanpassungsstrategien sollten dies berücksichtigen.
55
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 5: Beispiel der Gewichtung von Ecosystem Services (ESS) in der Kieler Bucht
g = gering, m = mittel, h = hoch, sh = sehr hoch
Funktionsbezeichnung
1
Art
Funktion
2
2
ESS
heute
(originär)
ESS 2050
ESS
genutzt
(heute)
ESS
genutzt/
zugelassen
(2050)
sh
sh
g
Sh
m, g, m
m, g, m
g, g, g
g, g, g
Steilküste
 aktiv
R5
 inaktiv
C3, P3, R3
3
Sandstrand
C3
sh
sh
m
sh
Kiesufer/Geröll
R5
h
h
g
g
Strandwall
R5
h
h
g
g
Spülsaum
P2, P3, R5
g, g, g
g, m, g
g, g, g
m, g, g
Nehrung
C1, C3, R5
sh, m, m
sh, m, m
g, g, g
g, g, m
Salzwiese
P3, C1
g, m
h, m
g, g
m, m
Düne
C1, C3, R5
m, m, h
m, m, sh
g, g, m
g, g, h
Lagune/Strandsee
R4, C1, P3
g, h, g
sh, h, m
g, m, g
h, h, m
Sandriff
R5
sh
sh
g
sh
Sand
P4
h
sh
g
g
Erosionsplattform
R5
m
g
-
-
Geröll/Steine
P3, P4, R5
m, h, h
h, g, g
g, g, g
g, h, g
Seegras
R5, P3, P3
g, m, m
g, m, m
g, m, m
m, m, m
Algen
P1, P2, R4
g, g, m
g, m, m
g, g, g
g, m, g
Muschelbank
R5, P3, P1,
R3
m, m, h, sh
h, m, sh, sh
g, g, g, g
m, g, sh, sh
Wasserkörper
C1, C3, P1,
P3, R1, R4
sh, sh, sh,
sh, sh, sh
sh, sh, sh,
sh, sh, sh
sh, sh, sh,
sh, sh, sh
sh, sh, sh,
sh, sh, sh
Vorstrandsedimente
 Aquakultur
P1
sh
sh
g
m
 Tauchen
C3
sh
sh
m
h
 Angeln
C3, P1
sh
sh
h
h
 Fischen
C3, P1
sh
sh
sh
sh
 Segeln etc.
C3
sh
sh
sh
sh
 Energie
P4
g
m
g
m
 Baden
C3
sh
sh
sh
sh
1
Nomenklatur (C1, C3 etc.) siehe Text.
2
aktiv! Also z. B. Aquakultur
3
Wenn Erosion zugelassen wird!
56
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 34: Touristische Ecosystem Services
57
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 35: Küstenschutztechnische Ecosystem Services
58
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 2: Tourismus und Strandmanagement
Federführung: EUCC-D
Ansprechpartnerin:
Rieke Scholz
E-Mail: [email protected]
Die Küsten Union Deutschland (EUCC-D), Warnemünde
Nach den vorangegangenen Analysen von Klimawahrnehmung und Klimafolgen für den
Küstentourismus lag der Schwerpunkt dieses Projektjahres auf dem Thema
(Bewusstseins-)Bildung – einerseits von touristischen Nachwuchskräften und Lehrpersonal,
andererseits von Akteuren und Verantwortlichen im Tourismus. Als Werkzeuge hierfür wurde
ein von EUCC-D konzipiertes Planspiel eingesetzt sowie die Anwendung von
Nachhaltigkeitsindikatoren und Labeln diskutiert. Dafür wurden die vorhandenen Netzwerke
zu Tourismusverbänden, wie dem Projektpartner Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern,
genutzt und neue Kooperationen mit Lehranstalten aufgebaut.
Arbeitspaket 1.3.4: Entwicklung von Anpassungsstrategien
Die Entwicklung neuer Anpassungsstrategien wurde auch in diesem Projektjahr weiter
fortgesetzt. In Kooperation mit dem Klimawandelanpassungsprojekt BiKliTour
(Tourismusregionen als Modellregionen zur Entwicklung von Anpassungsstrategien im
Kontext Biologische Vielfalt, Tourismus und Klimawandel) des Leibniz-Instituts für
ökologische Raumentwicklung (IÖR) wurde im April 2013 im Biosphärenreservat SüdostRügen ein Workshop mit Akteuren aus Tourismus und Naturschutz durchgeführt. Mithilfe von
Szenarien zu unterschiedlichen touristischen und klimatischen Entwicklungen wurden
mögliche Anpassungsstrategien und -maßnahmen für den Tourismussektor diskutiert. Für
die Mehrzahl der Workshopteilnehmer stand fest, dass sich die touristische Entwicklung von
Rügen in Richtung Wellness und Erholung ausrichtet und Familien sowie ältere Gäste die
primäre Zielgruppe sein werden, im Gegensatz zu jungen Gästen, die Aktivurlaub suchen.
Wenn es also um die Entwicklung von neuen Strategien geht, muss auch die touristische
Ausrichtung der Region berücksichtigt werden. Großen Zuspruch fanden Lösungen, die
unterschiedliche Bereiche verknüpfen und dabei den Nachhaltigkeitsaspekt und den
Gedanken des Naturschutzes in den Fokus rücken, beispielsweise eine touristische Nutzung
von Flächen, die auch der Landwirtschaft oder der Erzeugung regenerativer Energien
dienen. Auch die thematische Verknüpfung der Anpassung an den demographischen
Wandel und den Klimawandel spielt bei neuen touristischen Angeboten eine wichtige Rolle.
Ein notwendiger Schritt, um derartige Anpassung zu ermöglichen, ist die vorherige Analyse
der Vulnerabilität einer Gemeinde oder Region in Bezug auf den Klimawandel. So können
mögliche Klimawandelfolgen und ein entsprechender Anpassungsbedarf einer Region
ermittelt werden. Dies wird derzeit für zwei Beispielgemeinden durchgeführt, um
Anpassungsbedarf und -möglichkeiten auf lokaler Ebene aufzeigen zu können.
Eine Übersicht von bereits angewandten Anpassungsstrategien und möglichen Strategien
wurde in RADOST-Factsheets zusammengefasst. Des Weiteren ist in der RADOSTSonderreihe des englischsprachigen Magazins Coastal & Marine im Frühjahr 2013 eine
59
RADOST-Jahresbericht 2014
Ausgabe zum Thema Häfen und Erneuerbare Energien erschienen (vgl. Arbeitspaket 5.2
„Publikationen“ in Modul 5). In den thematischen Sonderausgaben werden nationale und
internationale Projektergebnisse aus der Forschung zu Klimawandelfolgen und -anpassung
illustriert. 2014 werden zwei weitere Ausgaben zu den Themen Strand- und
Gewässermanagement sowie Biodiversität und Naturschutz erscheinen.
Anwendungsprojekt 6: Infopavillon Schönberger Strand
Federführung: CAU
Ansprechpartner/in:
Prof. Dr. Horst Sterr
E-Mail: [email protected]
Sandra Enderwitz
E-Mail: [email protected]
Geographisches Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
Evaluierung des Klimapavillons im Ostseebad Schönberg
Abbildung 36: Der Klimapavillon
Foto: Sandra Enderwitz
Bei dem Klimapavillon Schönberg handelt es sich um ein durch das Klimabündnis Kieler
Bucht initiiertes wissenschaftliches Kooperationsprojekt der Gemeinde Schönberg und der
Universität Kiel. Mit dem Ziel, der Öffentlichkeit Informationen zu Ursachen und
Auswirkungen des Klimawandels im Ostseeraum auf unterhaltsame Weise bereitzustellen,
wurde der Plan 2011 umgesetzt. Die Einweihung des Klimapavillons erfolgte im September
2012. Highlight der kleinen Ausstellung ist ein etwa 6 m² großes, an die Küstenlandschaft der
Probstei angelehntes Modell, das von der Miniatur Wunderland Hamburg GmbH realisiert
wurde. Es veranschaulicht die Auswirkungen eines veränderten Klimas und entsprechende
Anpassungsmaßnahmen auf eindrucksvolle, leicht zugängliche Art. In der Saison 2013
wurde die reguläre Ausstellung durch Kurzvorträge an Einzelterminen im Juli und August
ergänzt. Im Rahmen dieser Aktion wurde der Klimapavillon erstmalig anhand von
Fragebögen evaluiert. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.
Die Spanne der Herkunftsbundesländer der Pavillonbesucher ist recht weit. Neben
Besuchern aus Nordrhein-Westfalen stellen Touristen aus Baden-Württemberg die größte
Gruppe (Abbildung 37). Durch seinen Standort in dem Ferienort Kalifornien erreicht und
sensibilisiert der Pavillon Personen, die in ihrer Heimat in gewissem Maße als
60
RADOST-Jahresbericht 2014
Klimabotschafter wirken können. Der überwiegende Teil der Befragten (34 von 47 Personen)
hat den Klimapavillon besucht, weil sie zufällig vorbeikamen. Hinzu kamen Personen, die
aus der Zeitung, dem Radio oder dem Fernsehen von dem Pavillon erfahren hatten. Hier
besteht noch Potential, durch verstärkte Medienarbeit die Besucherzahl weiter zu erhöhen.
Abbildung 37: Aufteilung der Befragten nach Herkunftsbundesländern
(N.A. = keine Angabe)
Optimierung könnten in dieser Hinsicht auch Änderungen an der Außengestaltung bringen,
indem beispielsweise Aufsteller und Hinweistafeln rund um den Pavillon zu einem Besuch
einladen. Sämtliche inhaltliche Bestandteile haben von den Besuchern Höchstnoten
erhalten. An der Spitze liegt das Modell des Miniatur Wunderlands, dessen Anziehungskraft
ebenfalls gezielter genutzt werden sollte (alle Befragten bewerteten es mit Sehr gut oder
Gut). Die Mängel sind demgegenüber marginal. Auf die Frage, ob die Befragten ihren
Freunden/Bekannten von dem Pavillon berichten würden, antworteten 32 von 47 Besuchern
mit den zwei höchsten Wahrscheinlichkeitsgraden.
Dass die Besucher den Klimapavillon zu schätzen wissen, zeigt sich insbesondere in der
abschließenden Bewertung. Die durchschnittliche Antwort auf die Frage „Alles zusammen
genommen: Welche Gesamtnote geben Sie dem Klimapavillon?“ liegt bei der Note 1,5
(Abbildung 38). Mit diesem Ergebnis kann das Pilotprojekt des Klimapavillons als Erfolg mit
geringem Verbesserungsbedarf bewertet werden. Aktuell erarbeitet das Klimabündnis mit
Studierenden eine Erweiterung des Angebots, wie etwa die Verknüpfung mit einem
Audioguide, Klimamottotouren und Vorträgen im Rahmen der 2014 erstmalig stattfindenden
Mottotage KunstKlima.
61
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 38: Bewertung des Klimapavillons
(Frage: „Alles zusammen genommen: welche Gesamtnote geben sie dem Klimapavillon?“ Skala: 1=sehr
empfehlenswert, 6= nicht empfehlenswert, N.A. = keine Angabe)
Anwendungsprojekt 7: Tourismus im Klimawandel – Regionale Anpassungsstrategien
Federführung: EUCC-D
Anpassung durch (Bewusstseins-)Bildung
Touristische Nachwuchskräfte müssen sich frühzeitig mit dem Thema Klimawandel und
dessen Folgen auseinandersetzen, denn sie werden in ihrer beruflichen Laufbahn mit
Ereignissen und Problemen konfrontiert werden, die durch den Klimawandel hervorgerufen
wurden. Um diese Zielgruppe anzusprechen, wurde von EUCC-D ein Planspiel entwickelt,
welches Berufsschüler auf spielerische Weise und möglichst praxisbezogen an das Thema
Klimawandel heranführt.
Unter der Überschrift „Klima, Küste und Tourismus“ widmeten sich Auszubildende der
Beruflichen Schule des Kreises Ostholstein in Malente der nachhaltigen Entwicklung von
touristisch genutzten Küstenregionen im Zeichen aktueller und noch bevorstehender
Klimaveränderungen. Im Rahmen des Planspiels „Klimamanager“ diskutierten die
zukünftigen Kauffrauen und -männer für Tourismus und Freizeit mögliche
Anpassungsstrategien für betroffene Küstenregionen. Das Planspiel ist so konzipiert, dass
Schüler gruppenweise fiktive Gemeinden durch die kommenden Jahrzehnte führen müssen,
die mit unterschiedlichen durch den Klimawandel hervorgerufenen Herausforderungen
konfrontiert sind. Die Schüler zeigten großes Interesse an dem Themenkomplex und viel
Kreativität in der Entwicklung von Anpassungsideen. Zum Beispiel erdachten sie Netze, die
die Strände vor Quallen schützen, kostenlose Busse zum Strand, um den Verkehr zu
reduzieren, Indooraktivitäten und vieles mehr. Das Planspiel wird in Zukunft weiterentwickelt,
sodass es auch in Schulen mit anderer inhaltlicher Ausrichtung und weiteren Altersklassen
durchgeführt werden kann.
62
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 39: Unterrichtstag mit Berufsschülern zum Thema Klimawandel (Januar 2014)
Quelle: EUCC-D
Um auch andere Berufsgruppen anzusprechen, steht EUCC-D in Kontakt zu Ausbildern im
erzieherischen Bereich. Auf einem Kennenlern-Workshop in Kooperation mit dem
Klimabündnis Kieler Bucht wurde deutlich, dass ein Bedarf besteht, klimawandelrelevante
Themen in die Ausbildung mit aufzunehmen. Ausgebildete Erzieher stellen wichtige
Multiplikatoren dar, die bei der Bewusstseinsbildung von Kindern eine wichtige Rolle spielen
können.
Die Weiterbildung von Lehrpersonal wurde im Jahr 2013 ebenfalls fortgesetzt. Unter dem
Titel „Wie kommt die Ostsee in die Schule“ bot EUCC-D in Kooperation mit dem LeibnizInstitut für Ostseeforschung Warnemünde im Februar 2013 einen Workshop an. Hierbei
wurde den teilnehmenden Lehrkräften die Thematik „Meer und Küste“ mit dem Schwerpunkt
Ostsee nähergebracht. Anhand von Vorträgen, praktischen Arbeitsaufträgen, Experimenten
und Kartenarbeit wurden die hydrographischen und ozeanographischen Besonderheiten der
Ostsee sowie ausgewählte Schwerpunktthemen wie Klimawandel, Eutrophierung und
Verschmutzung der Meere vorgestellt und erörtert.
Anwendungsprojekt 8: Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren (Standortplanung
im Klimawandel)
Federführung: EUCC-D
Mit Flaggen und Auszeichnungen werden Qualitätsmerkmale von Destinationen an den Gast
kommuniziert. Dies wurde unter der Überschrift „Gut geflaggt ist halb gewonnen?“ im
Rahmen eines Kurdirektorentalks in Kooperation zwischen EUCC-D und dem Bäderverband
Mecklenburg-Vorpommern im Sommer 2013 in Graal-Müritz diskutiert.
Im Bereich Strandmanagement spielen Qualitätslabel für den Gast als Signal regelmäßiger
Überprüfung/Kontrolluntersuchungen eine große Rolle, wie beispielsweise die Blaue Flagge
in puncto Wasserqualität. Neuartige Auszeichnungen setzen auf eine ganzheitliche
Bewertung, die nicht nur einen Strand oder ein Hotel auszeichnen, sondern helfen, die
Nachhaltigkeit einer ganzen Destination zu bewerten. Ein Beispiel hierfür ist das Label
„QualityCoast“, das, in den Niederlanden entwickelt, mittlerweile europaweit Anwendung
findet. Neben der Außenwirkung, die das Label auf Touristen hat, liegt bei dessen
Anwendung der Schwerpunkt auf der gemeindeinternen Auseinandersetzung mit dem
Thema Nachhaltigkeit. Es kann im Sinne eines anwendungsorientierten Planungswerkzeugs
genutzt werden, indem einer Gemeinde die Datenaufnahme und anschließende Analyse
selbst überlassen werden. So können Probleme erkannt und selbstständig bewältigt werden,
63
RADOST-Jahresbericht 2014
etwa durch Änderungen in Managementplänen. Die Indikatoren decken dabei die Bereiche
Ökonomie, Ökologie, Soziales sowie Politik ab und berücksichtigen erstmalig auch den
Teilaspekt der Anpassung an den Klimawandel. Ob auch (möglicherweise durch
Anpassungsmaßnahmen) eingeleitete Veränderungen in der Gemeinde/Region dargestellt
werden können, wird derzeit wissenschaftlich untersucht.
Der Workshop hat deutlich gezeigt, dass der Bedarf, die Kommunikation zwischen Akteuren
wie Kurverwaltungen und Ämtern zu verbessern, groß ist, um insbesondere in
Notfallsituationen besser handeln zu können. Das angesprochene Indikatorinstrument kann
zur Identifikation derartiger Probleme (mangelnde Kommunikation) und möglicher Lösungen
dienen. Daher wird dieser Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung über das Projektende
hinaus mit dem Kooperationspartner Verband Mecklenburgischer Ostseebäder weiter
verfolgt werden.
64
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 3: Gewässermanagement und Landwirtschaft
Federführung: IOW
Ansprechpartner:
Dr. habil. Gerald Schernewski
E-Mail: [email protected]
Dr. Rene Friedland
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Zuverlässige und realistische Qualitätsziele in allen Oberflächengewässern sind die
Grundvoraussetzung für die Ableitung von Managementmaßnahmen zu deren Erreichung.
Im Laufe der Kooperation mit den Praxispartnern wurde deutlich, dass die bestehenden
Gewässerqualitätsziele in Küstengewässern und Ostsee vielfach ungeeignet und
unzureichend räumlich differenziert sind. Es wurde zudem deutlich, dass die Konsequenzen
des Klimawandels für die Qualitätsziele, vor dem Hintergrund der bestehenden
Unsicherheiten, vernachlässigbar sind. Unter Einbeziehung aller Entscheidungsträger wurde
deshalb eine vollständige Überarbeitung der Gewässerqualitätsziele vorgenommen. Die
Ergebnisse bilden die Grundlage für die Revision der Oberflächengewässerverordnung. Um
ausreichende Arbeitskapazität bereitstellen zu können, wurden ergänzende Arbeiten im
Rahmen eines Nachfolgeprojektes, des BMBF-FONA-Projektes SECOS, beantragt und
bewilligt.
Aktueller Stand der Netzwerkbildung
Wie bereits im vorigen Jahresbericht berichtet, wurde Ende 2012 eine Ad-hocUnterarbeitsgruppe „Nährstoffreduktionsziele und Eutrophierung Ostsee“ des BundLänderausschusses Nord-Ostsee (BLANO) einberufen. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus
Vertretern des Umweltbundesamtes, des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
(BSH) sowie der Landesämter und Ministerien Schleswig-Holsteins und MecklenburgVorpommerns zusammen. Damit wurde eine Struktur geschaffen, die alle wesentliche
Akteure und Multiplikatoren umfasst und einen geeigneten Rahmen bildet, um
Projektergebnisse zu präsentieren, zu diskutieren, einer breiten Fachöffentlichkeit zugänglich
zu machen und sie in politische Prozesse sowie die Umsetzung europäischer Richtlinien
einfließen zu lassen. Im Jahr 2013 fanden insgesamt vier Treffen statt, die sich vor allem mit
der Entwicklung neuer Gewässerqualitätsziele befassten.
65
RADOST-Jahresbericht 2014
Arbeitspaket 1.4.3: Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in Gegenwart und
Zukunft
Federführung: IOW
Ansprechpartner/in:
Dr. Rene Friedland
E-Mail: [email protected]
Dr. habil. Gerald Schernewski
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Dr. Markus Venohr
E-Mail: [email protected]
Judith Mahnkopf
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB)
Modellierung von Nährstoffeinträgen und -frachten
Mit dem Modell MONERIS15 berechnete das IGB für verschiedene Zeitscheiben
Nährstoffeinträge und -frachten sowohl für Stickstoff (Total Nitrogen=TN, Dissolved Inorganic
Nitrogen =DIN) als auch Phosphor (Total Phosphorus=TP, Soluble Reactive
Phosphorus=SRP) auf Analysegebietsebene berechnet.
Der Modellierungszeitraum im Rahmen von RADOST besteht aus vier verschiedenen
Zeitscheiben und umfasst:

1880: Referenzbedingungen16 (siehe hierzu auch Hirt et al., 2013),

die Jahre 1983-2007: Gegenwart mit dem BSAP17-Referenzzeitraum 1997-2003, das
Jahr 2007 für den IST-Zustand und die Maßnahmenberechnungen,

das Jahr 2021: Baseline-Szenario, Zieljahr für WRRL18 und MSRL19 und entsprechende
Zielwertanalyse,
15
zur Modellbeschreibung siehe VENOHR, M., HIRT, U., HOFMANN, J., OPITZ, D., GERICKE, A., WETZIG, A.,
NATHO, S., NEUMANN, F., HÜRDLER, J., MATRANGA, M., MAHNKOPF, J., GADEGAST, M., BEHRENDT,
H. (2011): MODELLING OF NUTRIENT EMISSIONS IN RIVER SYSTEMS – MONERIS – METHODS AND
BACKGROUND. INT REV HYDROBIOL 96(5):435–483.
16
Siehe hierzu auch Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Gadegast, L. Czudowski, U. Mischke, C. Heidecke, G.
Schernewski, M. Venohr (2013): Reference conditions for rivers of the German Baltic Sea catchment:
reconstructing nutrient regimes using the Model MONERIS. Reg Environ Change DOI 10.1007/s10113-0130559-7.
17
Baltic Sea Action Plan.
18
Wasserrahmenrichtlinie.
19
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
66
RADOST-Jahresbericht 2014

die Jahre 2010-2100: Einfluss des Klimawandels auf Einträge und Frachten.
Für die Referenzbedingungen von 1880 wurden jährliche Einträge und Frachten modelliert,
für alle anderen Zeitscheiben monatliche Einträge und Frachten.
Abbildung 40: Mittlere Stickstoff-Überschüsse für Bezugsjahre
Daten nach: Bach, OECD und TI für RADOST-Gebiete
Die Berechnungsergebnisse wurden in die Software StatPlanet überführt und werden über
die MONERIS-Website20 auf Analysegebietsebene online zur Verfügung gestellt. Außerdem
werden hier auch die wichtigsten Eingangsdaten dargestellt.
Einer der wichtigsten Eingangsdatensätze sind die Stickstoffüberschüsse auf
landwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese wurden im Rahmen des RADOST-Projektes vom
Thünen-Institut mit dem Modell RAUMIS berechnet und zur Verfügung gestellt. Die
Berechnung erfolgte für die Jahre 1999, 2003, 2007 und 2021 auf Kreis- bzw.
Gemeindeebene und wurde anschließend auf Analysegebietsebene umgerechnet. Abbildung
40 zeigt auf Bundeslandebene die mittleren Stickstoffüberschüsse für die einzelnen
Bezugsjahre.
20
www.moneris.igb-berlin.de/index.php/statplanet.html, Freischaltung für Mai 2014 geplant.
67
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 41: Spezifische Stickstoff- (obere Reihe, in kg/ha und Jahr) und Phosphoreinträge
(untere Reihe, in kg/km² und Jahr) für den BSAP-Referenzzeitraum 1997-2003.
Abbildung 41 zeigt für die aktuellen Bedingungen die spezifischen Stickstoff- und
Phosphoreinträge unterschieden nach Bundesländern und Eintragspfaden. Es wird deutlich,
dass der aktuell dominierende Eintragspfad in den deutschen Ostsee Einzugsgebieten
sowohl für TN als auch TP der Dränagepfad ist.
Ein Vergleich der berechneten ‚MONERIS-Frachten‘ mit jenen, durch die HELCOM
publizierten, ergibt eine nur geringe Abweichung (siehe Tabelle 6), so dass Zielwertanalysen
mit MONERIS ausgehend vom BSAP-Referenzzeitraum (1997-2003) durchgeführt werden
konnten21.
Tabelle 6: Vergleich der mit MONERIS berechneten Frachten mit jenen aus dem BSAP
(HELCOM 2013)
Frachten MONERIS ´97-´03
Differenz zu BSAP Angaben
SH
MV
gesamt
t/a
%
TN
8.977
10.852
19.829
140
1
TP
186
361
546
20
4
21
HELCOM (2013): Updated Fifth Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC-5.5) – An Extended Summary.
Balt. Sea Environ. Proc. No. 128.
68
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 42: Spezifische Stickstoff- (obere Reihe, in kg/ha und Jahr) und Phosphoreinträge
(untere Reihe, in kg/km² und Jahr) für die 4 Modellierungszeiträume.
Ansatz für die Festlegung von neuen Referenz- und Schwellenwerten für die deutsche
Ostsee
Es wurden zwei Simulationen mit dem ostseeweiten Ökosystemmodell ERGOM-MOM des
IOW durchgeführt, um die relative Änderung zwischen der historischen und der heutigen
Situation zu berechnen. ERGOM-MOM benötigt als eine zentrale Inputgröße die
flussgebundenen wie auch die atmosphärischen Nährstofffrachten. Für die historische
Simulation wurden die für die Situation von 1880 rekonstruierten Frachten verwendet, die mit
MONERIS berechnet wurden, während für die restliche Ostsee die Rekonstruktion von
Gustafsson et al. (2012)22 benutzt wurde.
Zur Simulation der heutigen Situation wurden die Flussfrachten entsprechend PLC-523 für
2001–2008 verwendet. Für den Zeitraum davor wurden die vom Baltic Nest Institute zur
Verfügung gestellten Frachten genutzt, so dass der Zeitraum 1970 bis 2008 simuliert werden
konnte. Für die nachfolgend vorgestellten Berechnungen wurden aber nur die
Simulationsergebnisse ab 2000 verwendet, da ein längerer Zeitraum die Veränderungen der
Flussfrachten in den 1990er Jahren beinhaltet hätte, was zu einer Verfälschung der
Ergebnisse der heutigen Situation geführt hätte. Für die atmosphärischen Einträge wurde
sowohl für die historische als auch die heutige Situation die Rekonstruktion von Ruoho-Airola
et al. (2012)24 verwendet.
Um den Qualitätsansprüchen an die berechneten Referenzwerte Genüge zu tun, wurden
nicht die reinen Modellergebnisse aus der historischen Simulation verwendet, da sowohl die
rekonstruierten Nährstofffrachten wie auch das Ökosystemmodell mit großen Unsicherheiten
22
Gustafsson BG, Schenk F, Blenckner T, Eilola K, Meier HEM, Müller-Karulis B, Neumann T, Ruoho-Airola T.
(2012): Reconstructing the development of Baltic Sea eutrophication 1850–2006. AMBIO 2012; 41, 6:
534-548.
23
HELCOM (2011): Fifth Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC-5). Baltic Sea Environment Proceedings
No. 128, www.helcom.fi/Lists/Publications/BSEP128.pdf
24
Ruoho-Airola T, Eilola K, Savchuk OP, Parviainen M, Tarvainen V. (2012): Atmospheric nutrient input to the
Baltic Sea from 1850–2006: A reconstruction from modeling results and historical data. AMBIO 2012; 41, 6:
549-557.
69
RADOST-Jahresbericht 2014
behaftet sind. Stattdessen wurde der relative Unterschied zwischen den Konzentrationen der
historischen und der heutigen Simulation berechnet, indem die simulierten historischen durch
die gegenwärtigen Konzentrationen dividiert wurden (Abbildung 43). Dieser Transferfaktor
wurde für jeden Gitterpunkt des numerischen Modells und jeden Parameter (Chlorophyll a,
TN, TP) berechnet, da sich die relativen Änderungen zwischen den Parametern teilweise
deutlich unterscheiden und sehr starke Gradienten von den inneren Küstengewässern zu der
offenen Ostsee vorliegen (Abbildung 44). Dabei gilt, dass die historische Konzentration im
Verhältnis zu der gegenwärtigen umso geringer ist, je kleiner der Transferfaktor ist.
Abschließend die historischen Referenzkonzentrationen mit dem gegenwärtigen Zustand in
Verbindung gesetzt, in dem der Median der gemessenen Konzentrationen über die Jahre
2001 bis 2012 aus den Jahresmittelwerten (für TN und TP) bzw. den saisonalen Mittelwerten
(für Chlorophyll a) für jede Monitoring-Station berechnet wurde. Dabei konnte auch auf die
letzten vier Jahre zurückgegriffen werden – im Gegensatz zu den Modellsimulationen, da für
diese die Nährstofffrachten außerhalb Deutschlands nach 2008 nicht verfügbar waren. Aus
den berechneten Medianen der Messwerte wurde dann durch Multiplikation mit den
Transferfaktoren die Referenzkonzentration bestimmt. Somit ermöglicht dieser Ansatz die
Projektion des gegenwärtigen Gewässerzustandes in die Vergangenheit.
Anschließend wurden die Zielwerte, die die Grenze zwischen dem guten und dem
moderaten ökologischen Status darstellen, durch einen Aufschlag von 50 % auf die
Referenzkonzentrationen berechnet.25
Da die Bathymetrie des Ostsee-Ökosystemmodells nicht alle inneren deutschen
Küstengewässer auflöst, ist für einige Station die Bestimmung der Transferfaktoren nicht
direkt möglich. Stattdessen wurde für diese Stationen der Mittelwert der Transferfaktoren der
vom Modell erfassten Stationen desselben Wasserkörpertyps verwendet.
Wenn mehr als eine Station in einem Wasserkörper lag, wurde die Zielkonzentration dieses
Wasserkörpers durch die Mittelung der Zielwerte aller Stationen darin berechnet. Lag nur
eine Station in einem Wasserkörper, wurde diesem der Zielwert der einzelnen Station
zugewiesen. Damit ergab sich ein Set von jeweils drei Zielwerten für die 45 deutschen
Wasserkörper der Ostsee (Abbildung 45).
Abbildung 43: Die mit dem Ostsee-Ökosystemmodell ERGOM-MOM berechneten ChlorophyllKonzentrationen (mg/l, gemittelt über Mai bis September) für die historische (links) und die
heutige Situation (Mitte).
Die Division der historischen Konzentration durch die heutige liefert mit dem Transferfaktor ein Maß für die
relative Änderung.
25
CIS-COAST (2003): Transitional and Coastal Waters Typology, Reference Conditions and Classification
Systems, Common Implementation Strategy for the Water Framework Directive (2000/60/EC), Guidance
document No 5, European Communities.
70
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 44: Die berechneten relativen Änderungen für Chlorophyll a, Gesamt-Stickstoff und
Gesamt-Phosphor (von links nach rechts)
Abbildung 45: Die berechneten Zielwerte für Chlorophyll a (mg/l), Gesamt-Stickstoff und
Gesamt-Phosphor (µmol/l) auf Wasserkörperebene
Das vorgestellte Verfahren lieferte insbesondere für die inneren Wasserkörper vom Typ B1
(oligohalines inneres Küstengewässer) und B2 (mesohalines inneres Küstengewässer) keine
überzeugenden Ergebnisse, wenn es auf die Winter-DIN- bzw. DIP-Konzentrationen
angewandt wurde. Hierfür wurde in Absprache mit den Praxispartnern ein ergänzender
Regressions-Ansatz verfolgt.
Ableitung von Nährstoffreduktionszielen für die Ostseezuflüsse
Ausgehend von dem berechneten Zielwert für die mittlere Chlorophyll-Konzentration soll in
diesem Abschnitt vorgestellt werden, wie mit einem stark vereinfachten Ansatz die maximal
zulässige deutsche Stickstofffracht in die Ostsee berechnet werden kann, die es ermöglicht,
den Zielwert und somit den guten ökologischen Zustand zu erreichen. Dazu wurden die
Nährstofffrachten und die Chlorophyll-Konzentration (Mai bis September) für die
südwestliche Ostsee (9,5°–14,8° Ost bzw. 53,6°–55,35° Nord) gemittelt. Dadurch wurden
auch nicht-deutsche Nährstofffrachten erfasst, von denen im Folgenden angenommen wird,
dass sie im gleichen Maße wie die deutschen reduziert werden.
Nimmt man an, dass die Stickstofffrachten aller Anrainerstaaten des betrachteten Gebiets
gleichmäßig reduziert werden, genügt es, im Folgenden nur die deutschen Frachten zu
berücksichtigen. Wendet man das statistische Modell auf die heutigen und die historischen
Frachten (29.900 bzw. 9.027 t TN/a sowie 474 bzw. 227 t TP/a) an, ergeben sich mittlere
Chlorophyll-Konzentrationen von 4,5 mg/m3, bzw. 2,4 mg/m3 (vgl. Tabelle 7). Erhöht man die
historische (Referenz-)Konzentration um 50 %, ergibt sich der abgeleitete ChlorophyllZielwert mit 3,6 mg/m3 (als Mittelwert für die südwestliche Ostsee).
Um den Chlorophyll-Zielwert von 3,6 mg/m3 zu erreichen, kann mit dem statistischen Modell
berechnet werden, dass eine Verringerung der deutschen Stickstofffrachten auf 19.644 t
TN/a notwendig ist (wenn die TP-Frachten konstant bleiben), dies entspricht einer Reduktion
um 34 %. Um eine Senkung der Chlorohyll-Konzentration um 20 % zu erreichen, ist somit
eine überproportionale Frachtreduktion notwendig. Es gibt verschiedene Optionen, wie die
notwendige Reduktion von 10.256 t TN/a zwischen atmosphärischer Deposition und
71
RADOST-Jahresbericht 2014
flussgebundenen Einträgen aufgeteilt werden kann. Entsprechend ändert sich die zulässige
Stickstoff-Konzentration in den Flüssen (vgl. Tabelle 7).
Tabelle 7: Ableitung zulässiger Stickstoffkonzentrationen in Flüssen für den ChlorophyllZielwert 3,6 in Abhängigkeit des Verhältnisses zwischen atmosphärischer Deposition und
flussgebundenen Einträgen unter Annahme gleichbleibender Phosphorfrachten
Stickstofffracht [t TN/a]
Konz. in
Flüssen
gesamt atmosphärischer flussgebunden [mg TN/l]*
Eintrag
Phosphor- berechnete
fracht
Chlorophyll[t TP/a]
Konz.
3
[mg/m ]
Mittelwert
2000–2008
29.900
13.000
16.900
4,9
474
4,5
Reduktion nur in
den Flüssen
19.644
13.000
6.644
1,9
474
3,6
Reduktion
entsprechend
dem GöteborgProtokoll
19.644
10.400
9.244
2,7
474
3,6
Reduktion
gleichmäßig um
34 %
19.644
8.541
11.103
3,2
474
3,6
Reduktion
atmosphärische
Deposition um
50 %
19.644
6.500
13.144
3,8
474
3,6
9.027
3.900
5.127
1,46
227
2,4
Referenzsituation
1880
3
* bei einem Abfluss von 110 m /s
Die neuen Gewässerqualitätsziele besitzen auch in einem zukünftigen Klima Gültigkeit. Die
Arbeiten sind vollständig dokumentiert in den Artikeln von Schernewski/Friedland/Carstens et
al. (submitted) sowie Hirt/Mahnkopf/Gadegast et al. (2013) (siehe „Zeitschriftenbeiträge“
unter Modul 5).
Arbeitspaket 1.4.4: Anpassungsempfehlungen bezüglich Nährstoffmanagement im
Einzugsgebiet
Federführung: IGB
Ansprechpartner/in:
Dr. Markus Venohr
E-Mail: [email protected]
Judith Mahnkopf
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB)
Ausgehend von den Reduktionszielen des BSAP und der MSRL wurde der Reduktionsbedarf
der Frachten in die Ostsee unterschieden nach den Bundesländern Schleswig-Holstein und
72
RADOST-Jahresbericht 2014
Mecklenburg Vorpommern ermittelt. Auf Basis des Reduktionsbedarfs für die Frachten wurde
unter Verwendung des Zielwert-Reduktionsansatz die nötige Reduktion der Einträge und
(anteilig) der N-Bilanzüberschüsse auf Analysegebietsebene ermittelt.
Die Einträge eines Analysegebietes unterliegen während des Transports bis zur Küste immer
einer Retention. Die gesamte Retention vom Ort des Eintrags bis zur Küste wird
akkumulative Retention genannt. Diese wurde für jedes Analysegebiet individuell ermittelt.
Unter Berücksichtigung der akkumulativen Retention kann der Anteil der Einträge aus einem
Analysegebiet an den Frachten am Übergabepunkt zur Küste (Mündungsfracht) berechnet
werden. Der Anteil eines Analysegebietes an der Mündungsfracht wird somit durch die Höhe
der Einträge, das Wasserdargebot und der akkumulativen Retention bestimmt.
Zur Ermittlung der Analysegebiete mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an der
Mündungsfracht wurde die Nährstoffkonzentration in den Nebengewässern eines
Analysegebietes zu Grunde gelegt. Die Zielwertkonzentration beschreibt die Konzentration in
den Nebengewässern, die nicht überschritten werden dürfen, um unter Berücksichtigung der
akkumulativen Retention und des Transports in einem Flusssystem das Reduktionsziel der
Mündungsfracht zu erreichen (Abbildung 46).
Abbildung 46: Schematische
Reduktionsbedarfs
Darstellung
der
Vorgehensweise
zur
Ermittlung
des
Beim Zugrundelegen der Zielwerte des BSAP ergeben sich für die beiden Bundesländer
Reduktionen der TN- und TP-Frachten von 2364 tN/a (115 tP/a) für Schleswig Holstein und
3256 tN/a (125 tP/a) für Mecklenburg-Vorpommern. Abbildung 47 zeigt die prozentuale
monatliche Reduktion der Frachten, die zur Erreichung der Reduktionsziele laut BSAP nötig
wären. Auf dieser Grundlage können Anpassungsempfehlungen erarbeitet werden.
73
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 47: Reduktion der TN- (links) und TP-Frachten (rechts) für Schleswig-Holstein (in
blauen Balken) und Mecklenburg-Vorpommern (in roten Balken)
Anwendungsprojekt 10: Entwicklung angepasster Pflanzensorten
Federführung: TI
Ansprechpartnerin:
Andrea Wagner
E-Mail: [email protected]
Dr. Claudia Heidecke
E-Mail: [email protected]
Thünen-Institut für Ländliche Räume (TI-LR)
Biomasseproduktion und Klimaschutz
Es zeigt sich bereits heute, dass durch die Substitution von traditionellen durch neue
Pflanzensorten eine Anpassung an den Klimawandel stattfindet. Der damit einhergehende
Beitrag zum Klimaschutz ist jedoch gering. Im Zuge der Förderung erneuerbarer Energien
wurde unter anderem die energetische Nutzung von Biomasse forciert. Über acht Prozent
des Energieverbrauchs in Deutschland werden bereits heute durch Biomasse gedeckt.26
Dieser Anteil soll bis 2050 auf 23 Prozent gesteigert werden. Insbesondere Energiemais hat
ein großes Anbaupotenzial bei hoher Energieausbeute. Die fortschreitende Zunahme der
Anbauflächen kann, durch den damit einhergehenden Anfall von Gärresten und deren
Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Flächen, durch hohe Stickstoffeinträge zu
Nährstoffbelastung und Eutrophierung führen.
Im Fokus aktueller Studien stehen zunehmend Alternativkulturen zum Energiemais, wie zum
Beispiel die Durchwachsene Silphie (Silphie) und das Riesenweizengras (Szarvasi). Diese
Kulturen sind für den Anbau im Ostseeraum geeignet, weisen ein hohes
Anpassungspotenzial an die erwarteten Klimaänderungen auf und können weitgehend mit
etablierten Verfahren angebaut werden. Sie zeigen somit für die Zukunft marktwirtschaftliche
Potenziale. Als Dauerkulturen mit vergleichsweise niedrigen Emissionen sind sie zudem für
den Klima- und Gewässerschutz relevant. Die Anbauoptionen im Ostseeraum sowie die bis
2021 erwartbaren ökonomischen und ökologischen Potenziale dieser Kulturen werden in
26
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) (Hrsg.) (2013): Basisdaten Bioenergie Deutschland – August
2013, Bestell-Nr. 469, Rostock.
74
RADOST-Jahresbericht 2014
Szenario-Berechnungen ermittelt und im Vergleich zur Entwicklung anderer Kulturen, wie
Silomais und Weizen, bewertet.
Als Anbauoption mit sehr hohem Klima- und Naturschutzpotenzial werden zudem
Kurzumtriebsplantagen (KUPs) und Paludikulturen (u. a. Schilf, Rohrglanzgras, GroßSeggen) in die Analysen integriert. Sie bieten alternative Nutzungsoptionen zur
Brennstoffgewinnung auf trockenen oder feuchten Standorten, wie weitere Projekte am
Thünen-Institut für Ländliche Räume zeigen, z. B. SynaKli und CC-LandStraD. Darüber
hinaus können die Paludikulturen zur Reduktion der bis 2020 tendenziell ansteigenden
Lachgas(N2O)-Emissionen27 beitragen.
Abbildung 48: Mais auf dränierten Moorböden
Abbildung 49: Kurzumtriebsplantage auf
Acker
Anbauflächenpotenziale der neuen Biomassekulturen
Für die neuen Kulturen wurden anhand der Standortansprüche an den Boden und die
Wasserversorgung
sowie
klimatischer
Empfindlichkeiten
die
maximalen
Anbauflächenpotenziale ermittelt.
Die Eignungs- sowie Ausschlusskriterien für den Anbau von Silphie und Paludikulturen mit
guten Ertragsaussichten sind beispielsweise:
Silphie
Paludikulturen
Flächen aktuell unter Ackernutzung
Niederschlag: > 350 mm/a
Höhe: < 450 m ü NN
Ackerzahl: >25 (auch ertragsarme Böden)
sandige bis lehmige Böden mit mäßig bis guter
Wasserversorgung, keine Staunässe
Flächen aktuell landwirtschaftlich genutzt
Niedermoorböden
Flächen nicht in folgenden Schutzkulissen:
Nationalparks, Naturschutz-, Fauna-FloraHabitat-, Ramsar (Feuchtgebietsschutz)-,
Europäische Vogelschutz-Gebiete
Die Silphie ist als Dauerkulturen mit niedrigen Standortansprüchen bereits heute für den
Anbau auf Grenzertragsstandorten sowie verwinkelten Schlägen und sonstigen Restflächen
27
Henseler, Martin und Rene Dechow (2014): Simulation of regional nitrous oxide emissions from German
agricultural mineral soils: A linkage between an agro-economic model and an empirical emission model, In:
Agricultural Systems, 124, 70-82.
75
RADOST-Jahresbericht 2014
prädestiniert. Die Bestände vertragen nach der Etablierungsphase zudem ausgeprägte
Spätfroste und Hagel sowie Frühsommertrockenheit, die in traditionellen Anbaukulturen
erhebliche Ertragseinbußen verursachen können. Aufgrund des geringen Nährstoffbedarfs
und des zugleich hohen Nährstoffaufnahmepotenzials ist sie auch für den Anbau auf
ökologischen Vorrangflächen, Gewässerrandstreifen und Trinkwasserschutzgebieten
geeignet. Der niedrige Pflegeaufwand nach der Etablierung und die Bodenruhe reduzieren
zudem Treibhausgasemissionen. Den positiven ökologischen Effekten der langfristigen
Nutzung stehen jedoch die langjährige Flächenbindung und Rentabilitätsperiode gegenüber.
Letztere wirken hemmend auf die Flexibilität und kurzfristigen Gewinnaussichten und somit
negativ auf die Akzeptanz der Flächeneigentümer und -Nutzer ein.
Es ist davon auszugehen, dass die Silphie zunächst auf ertragsarmen bis mittleren
Ackerböden angebaut wird, deren verfügbares Flächenpotenzial 0,63 Millionen Hektar (16 %
des Ostseeraumes) beträgt. Das Gesamtflächenpotenzial der ertragreicheren Standorte liegt
bei 0,25 Millionen Hektar (6 % des Ostseeraumes) ist nur etwa halb so groß. Auf
Marginalstandorten, wie zum Beispiel auf dem Mittelrücken in Schleswig-Holstein (6 % des
Ostseeraumes) erbringt die Silphie nur sehr niedrige Erträge, sie könnte jedoch positive
ökologische Funktionen erfüllen. Die standortbedingten Anbaupotenziale für Szarvasi sind
ähnlich hoch. In welchem Umfang die Flächenpotenziale zukünftig genutzt werden können
ist unter vom regionalen Ertragspotenzial sowie der Weiterentwicklung des Saatguts und der
Anbautechniken abhängig.
Die Anbauflächenpotenziale für Kurzumtriebsplantagen und Paludikulturen sind ebenfalls als
gut einzuordnen, ein großer Teil dieser Flächen wird jedoch aktuell als Grünland genutzt.
Anbauverfahren, Ertragspotenzial und Kosten
Es werden aktuell effiziente Anbau- und Ernteverfahren für den Anbau und die Ernte der
neuen Energiepflanzen entwickelt. Auf den bisher meist kleinen Anbauflächen werden aktuell
noch unterschiedliche Verfahren erprobt. Die erfolgversprechendsten Verfahrenstechniken
wurden als Testverfahren für die Szenario-Analysen ausgewählt und die aufzuwendenden
Kosten ermittelt (Tabelle 8).
Tabelle 8: Relevante Anbauverfahren der Silphie und Kosten
Kosten (€)
Anbauphase
Verfahren
Spezifizierung und eingesetzte Technik
Etablierung
Anpflanzung mit
Becherpflanzmaschine
7 000
Becherpflanzmaschine und Initialbewässerung
7 300
Bänderpflanzmaschine
6 700
Bänderpflanzmaschine und Initialbewässerung
7 000
Direktsaat
1 500
Drillen
1 500
Aussaat durch
Anbau im Erntejahr
Flächenberäumung
Düngung
mineralisch
700
organisch
800
reguläre Verfahren
140
In Relation zu den Produktionskosten sind die Ertragspotenziale ein wichtiger Faktor für die
ökonomisch Bewertung der jeweiligen Kultur und die damit einhergehenden Einkommensaussichten sowie die Einkommenssicherheit der Landwirte. Die Ertragsbildung kann anhand
der ertragswirksamen Standort- und Bewirtschaftungsfaktoren abgeleitet werden. Die die
76
RADOST-Jahresbericht 2014
Silphie kann bei optimaler Bewirtschaftung vergleichbare Erträge wie der Silomais erbringen
(Tabelle 9).
Tabelle 9: Ertragspotenziale von Energiemais und Silphie im Vergleich
Energiemais
Ertragspotenzial
Silphie
niedrig
mittel
hoch
niedrig
mittel
hoch
38
48
58
43
48
58
Methanertrag
(mᵌ/ha)
3 956
4 945
5 934
2
1
3 509
3 832
Stromertrag
(kWh/ha)
14 593
18 241
22 890
10 622
12 982
14 163
Wärmeertrag
(kWh/ha)
19 129
23 911
28 693
13 923
17 018
18 565
Biomasseertrag
(t FM/ha)
Datenquelle: KTBL-Datensammlung Energiepflanzen 2012
28
Szenario-Analysen
Die Anbauflächenpotenziale sowie die Ertragsaussichten und die Anbauverfahren werden in
das
Agrarsektormodell
RAUMIS
integriert.
RAUMIS
ist
ein
Agrarund
Umweltinformationssystem, das die regionale landwirtschaftliche Landnutzung und
Produktion sowie die Effekte politischer Maßnahmen in Deutschland abbildet. Es können
darüber hinaus die regionale Anpassung der landwirtschaftlichen Bodennutzung sowie die
Einkommensbildung und Nährstoffemissionstrends prognostiziert und bewertet werden.
Auch die Wirkungen bestehender politischer Maßnahmen und Strategien sowie neuer
Handlungskonzepte können analysiert werden, wie z. B. Maßnahmen zur Erreichung der
Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und Meeresschutzrichtlinie bis 2021, oder verschiedene
Klimaschutzstrategien.
Anhand eines Basis-Szenarios werden die absehbaren Weltagrarmarktentwicklungen sowie
die politischen Rahmenbedingungen im Jahr 2021 als Referenzsituation abgebildet.
Szenario-Analysen dienen der regional differenzierten Abschätzung der ökonomischen und
ökologischen Potenziale. Im Fokus liegen dabei die Effekte auf die Stickstoff- und
Phosphoreinträge sowie Treibhausgasemissionen. Hier können durch Synergien zu weiteren
Projekten am Thünen-Institut für Ländliche Räume weitere Erkenntnisse zum Klimaschutz
genutzt werden.
In Anbetracht der Nutzungskonkurrenzen in der Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion
gewinnen die Effizienzsteigerung und der Ressourcenschutz zunehmend an Bedeutung. In
diesem Kontext können die Alternativkulturen neue Nutzungspotenziale und -konzepte
eröffnen. Sie sind aufgrund ihres ökologischen Mehrwertes beispielsweise für den Anbau auf
ökologischen Vorrangflächen geeignet. Es wird zudem geprüft, ob sie zukünftig bestehende
Maßnahmenprogramme zum Umweltschutz ergänzen könnten. Darüber hinaus bieten sie
die Möglichkeit den Vorgaben zur Reduktion des Maisanteils in der Biogasproduktion gerecht
zu werden und können so das Anbauspektrum erweitern.
28
Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) (Hrsg.) (2012): Energiepflanzen – Daten
für die Planung des Energiepflanzenbaus, KTBL-Datensammlung, 2. Auflage, Darmstadt.
77
RADOST-Jahresbericht 2014
Anwendungsprojekt 11: Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie:
Bestandsunterstützung Seegras und Blasentang
Federführung: LLUR
Ansprechpartner:
Dr. Ivo Bobsien
E-Mail: [email protected]
Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein
(LLUR)
In den letzten Jahrzehnten haben die Bestände des Blasentangs (Fucus vesiculosus) und
des Gewöhnlichen Seegrases (Zostera marina) an der deutschen Ostseeküste massiv
abgenommen. Die Bestandsrückgänge werden vorwiegend auf eine Abnahme der
maximalen Tiefenverbreitung zurückgeführt und meist mit reduzierten Lichtverhältnissen als
Folge der Überdüngung erklärt. Trotz abnehmender Nährstoffbelastungen und verbesserter
Lichtbedingungen hat sich die Bestandssituation des Blasentangs in der südwestlichen
Ostsee jedoch nicht verbessert. Die Ursachen dafür sind nicht bekannt. Klimatische
Veränderungen könnten für aktuelle Rückgange in der Mecklenburger Bucht verantwortlich
sein und eine natürliche Wiederansiedlung der ehemaligen Verbreitungsgebiete verhindern.
Innerhalb des Anwendungsprojektes des LLUR wurde der Schwerpunkt der
wissenschaftlichen Untersuchungen zur Bestandsituation, Bestandsstützung und
Wiederansiedlung auf den Blasentang und auf das RADOST-Fokusgebiet Lübecker Bucht
ausgerichtet. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen umfassten die bekannten
Blasentangbestände nur wenige kleine Restvorkommen in direkter Ufernähe bis in maximal
1,5 m Wassertiefe und Informationen über die Pflanzenbesiedlung beschränkten sich meist
auf Wassertiefen unter 3 m. Zudem lagen keine Daten bezüglich der
Makrophytenverbreitung im Bereich der südlichen Lübecker Bucht vor. Vom Steinriff vor dem
Brodtener Steilufer existieren dagegen historische Nachweise des Blasentangs aus
Wassertiefen bis 10 m (siehe 2. RADOST-Jahresbericht). Zum anderen wurden im Zuge der
Steinfischerei große Mengen Hartsubstrate aus der Lübecker Bucht, insbesondere vom
Steinriff vor Brodten, entnommen29. Deshalb war nicht bekannt, ob ausreichende Dichten
geeigneter Siedlungssubstrate auch in größeren Tiefen für den Blasentang vorhanden
waren.
Der folgende Text verknüpft die wesentlichen Resultate der bereits erfolgten
Untersuchungen mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Arbeiten von
Februar 2013 bis Januar 2014. Die Darstellungen umfassen abschließende Auswertungen
erhobener Daten, Video-Kartierungen in der Lübecker Bucht, Laboruntersuchungen zu
klimatischen Einflüssen auf die Blasentangbestände in der Ostsee sowie
Freilandexperimente zur Wiederansiedlung des Blasentangs und zu den Ursachen der
Bestandsrückgänge in der Lübecker Bucht.
29
Bock, G (2003): Quantifizierung und Lokalisation der entnommenen Hartsubstrate vor der Ostseeküste
Schleswig-Holsteins. – Landesamt für Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein, unveröffentlichter
Bericht, pp. 31
78
RADOST-Jahresbericht 2014
Bestandssituation des Blasentangs und Habitatcharakteristika in der Lübecker Bucht
Zunächst kartierte die Firma MariLim die Pflanzenbestände und Sedimente der südlichen
Lübecker Bucht bis in 3 m Wassertiefe (RADOST-Veröffentlichung: Wilken und Meyer
2010)30. In der Untersuchung wurden ausgedehnte küstenparallele Seegraswiesen und
verschiedene Makroalgen gefunden. Blasentange konnten jedoch nicht nachgewiesen
waren, obwohl ausreichende Mengen und Dichten geeigneter Siedlungssubstrate vorhanden
waren. Die rezenten Verbreitungsdaten von Seegras und Blasentang wurden dann für die
Lübecker Bucht neu zusammengestellt und ausgewertet (siehe 3. RADOST-Jahresbericht).
In einem weiteren Schritt untersuchte das Geologische Institut der Christian-AlbrechtsUniversität zu Kiel die Sediment-Beschaffenheit des Meeresbodens vor dem Brodtener Ufer
in der Lübecker Bucht mit einem Side-Scan Sonar. Ziel war es, die Vorkommen, Verteilung
und Menge an geeigneten Siedlungssubstraten für den Blasentang zu ermitteln. Die
Sedimentstruktur wurde auf einer Fläche von 18 km2 im Tiefenbereich zwischen 4,0 m und
12,0 m aufgenommen. Ergänzend wurden Daten über Hartsubstratvorkommen entlang der
deutschen Ostseeküste ausgewertet und in GIS-Anwendungen eingebunden. Zusammen mit
ökologisch
relevanten
Parametern
(Wasserqualitätskomponenten
nach
der
Wasserrahmenrichtlinie) wurden die Daten im projekteigenen GIS veröffentlicht (siehe 4.
RADOST-Jahresbericht und http://www.vpsserver1.de/tatukgis_is/radost_webgis/gis.aspx).
Entgegen den Erwartungen konnten auf der Abrasionsplattform vor dem Brodtener Ufer
Gerölle (Durchmesser 6,3 bis 20 cm) und Blöcke (Durchmesser > 20 cm) unterschiedlicher
Dichten nachgewiesen werden. Erosionsprozesse hatten eiszeitliches Gesteinsmaterial aus
dem Sedimenten freispült und so zu einer Regeneration der Steinfelder beitragen (siehe
auch 2. RADOST-Bericht und RADOST-Veröffentlichung: Schwarzer und Feldens 2010)31.
Video-Inspektion ausgewählter Hartsubstrate im Fokusgebiet Lübecker Bucht
Abschließend wurden gezielt Hartsubstratvorkommen als mögliche Orte für eine zukünftige
Besiedlung durch Blasentange in der Lübecker Bucht visuell inspiziert und beurteilt. Ferner
bestand dadurch die Möglichkeit, unbekannte Blasentangbestände in Wassertiefen >3 m
ausfindig zu machen. Dazu wurden aus den Seitensichtsonar-Aufnahmen 63 geographische
Positionen mit dichten Vorkommen von großen Steinen und Blöcken in 4 bis 12 m
Wassertiefe
identifiziert
(http://klimzug-radost.de/fakten/daten/karten/indikatoren-zurgewaesserqualitaet und RADOST-GIS). Am 28. und 29. Mai 2013 wurden dann im Rahmen
einer Ausfahrt mit der MS Haithabu, dem Mess- und Laborschiff des LLUR, 21 Positionen mit
besonders umfangreichen Steinvorkommen angefahren und mit einem Video-Tauchroboter
näher inspiziert (Abbildung 50).
30
Wilken, H., Meyer,, T., 2010.Kartierung mariner Pflanzenbestände im Flachwasser der Lübecker Bucht (2010).
RADOST-Abschlussbericht für das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes
Schleswig-Holstein, pp. 23
31
Schwarzer, K., Feldens, P., 2010. Seitensichtsonar-Kartierung der Abrasionsplattform seewärts des Brodtener
Ufers (Lübecker Bucht). RADOST-Abschlussbericht für das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und
ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, pp. 20
79
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 50: Seitensichtsonaraufnahme der Sedimentbeschaffenheit vor dem Brodtener Ufer
in der Lübecker Bucht.
Die dunkleren Bereiche repräsentieren festere, die helleren Bereiche weichere Sedimente. Die Positionen und
Häufigkeitsangaben von Hartsubstraten (Blöcke) sind durch Dreiecke gekennzeichnet. Die roten Kreise markieren
die Positionen die 2013 eingehender untersucht wurden. Schiffsdrift und Videospur sind schwarz eingezeichnet.
Der Tauchroboter des LLUR (ROV – Remotely operated vehicle) verfügt über einen eigenen
Antrieb und eine integrierte Videokamera. Über ein Versorgungs- und Steuerungskabel
wurde das ROV vom driftenden Schiff über (oder möglichst dicht an) die ausgesuchten
Positionen gesteuert (Abbildung 50). Besonderes Interesse galt weitläufigen möglichst
dichtliegenden Steinvorkommen. Gleichzeitig wurden Filmaufnahmen angefertigt und wenn
möglich mit einer Lasermessvorrichtung die Ausmaße einzelner Blöcke bestimmt. Mithilfe
der Videoaufnahmen konnte auch die Bedeckung des Meeresbodens mit Steinen
abgeschätzt und der Bewuchs des Sedimentes charakterisiert werden. Als Geröllfelder bzw.
Blockfelder wurden Flächen bezeichnet, bei denen der Abstand der einzelnen Steine
zueinander weniger als 10 m beträgt. Die maximale Bedeckung wurde mithilfe einer
fünfstufigen Schätzskala abgeschätzt (<10%; 10%-25%; 25%-50%; 50%-75%; >75%
Bedeckung).
Auswertung der Videoaufnahmen
Zwischen 4 und 8 Wassertiefe dominierten zum Zeitpunkt der Untersuchung fädige Algen,
meist Braun und Grünalgen (Eutrophierungsanzeiger). Sie bedeckten in einigen Abschnitten
den gesamten Meeresboden und wuchsen auch zwischen Seegraspflanzen und auf
Miesmuschelbänken (Abbildung 51 und Abbildung 52). Die Beurteilung der Sedimente und
der Besiedlung des Meeresbodens wurde durch den dichten Fadenalgenbewuchs erschwert
und teilweise unmöglich gemacht. Miesmuscheln waren besonders zahlreich. Sie siedelten
vorwiegend auf Steinblöcken, teilweise aber auch direkt auf sandigem Untergrund
(Abbildung 52).
80
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 51: Block von ca. 60 cm Durchmesser mit Miesmuschel und Fadenalgen bewachsen
auf Kies-Sandboden mit Schill (links). Seegraswiese mit dichtem Bewuchs fädiger Algen
(rechts). Station 5, ca. 4,5 m Wassertiefe
Abbildung 52: Blöcke von ca. 50 cm Durchmesser dicht mit Miesmuschel bewachsen auf
Sandsediment mit Schill (links). Miesmuschelbank von fädigen Algen überwachsen (rechts).
Station 3, ca. 6,0 m Wassertiefe
Ab 8 m Tiefe nahmen die Besiedlungsdichten der Miesmuscheln und der fädigen Algen
deutlich ab. Rotalgen bestimmten hier zunehmend den Bewuchs auf den Steinen (Abbildung
53 und Abbildung 54). Ab 9 m Tiefe überdeckten artenreichen Rotalgengemeinschaften die
Steine. Vereinzelt siedelten in dieser Tiefe auch große Zucker- und Fingertange auf grobem
Kies oder auf Muschelschalen (Abbildung 54).
Abbildung 53: Sehr dichtes Blockfeld mit diversen Rotalgen. Blöcke teilweise bis 70 cm
Durchmesser (links). Lockeres Geröll- und Blockfeld mit Rotalgen und fädigen Braunalgen.
Davor Miesmuscheln auf sandigen bis kiesigen Sedimenten mit Schill (rechts). Station 14, ca.
6,7 m Wassertiefe
81
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 54: Lockeres Geröll mit Rotalgen und Zuckertang auf sandig bis grobkiesigem
Untergrund (links). Dichtes Blockfeld mit diversem Rotalgenbewuchs. Durchmesser der Blöcke
bis ca. 50 cm (rechts). Station 19, ca. 11,5 m Wassertiefe
Blasentange konnten an keiner der untersuchten Stationen nachgewiesen werden, obwohl
geeignete und ausreichend dichte Siedlungssubstrate bis in 12 m Tiefen vorhanden sind.
Blockfelder mit maximal 25% bis >75% Bedeckung wurden auf 9 Stationen festgestellt. Auf 7
Stationen betrugen die Bedeckungen 10% bis 25% und auf 5 Stationen unter 10% (Tabelle
10). Die flächige Ausdehnung einzelner Steinfelder konnten nicht quantifiziert werden. Unter
der Annahme, dass sich die Fortpflanzungsstadien des Blasentangs maximal nur 10 m von
den Elternpflanzen entfernt ansiedeln können, lagen die Steine an der Mehrzahl der
untersuchten Positionen ausreichend dicht, um eine natürliche Vermehrung zu
gewährleisten. Zwischen den Steinfeldern schränken ausgedehnte Sandflächen eine
natürliche Ausbreitung ein. Die ufernahen Stationen zwischen 2 m und 6 m Wassertiefe,
kommen primär für eine Wiederansiedlung in Betracht, weil hier dichte Steinfelder vorhanden
sind, die genügend Licht für gute Wachstumsbedingungen versprechen.
82
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 10: Charakterisierung der mit Video untersuchten Stationen seewärts des Brodtener
Ufers in der Lübecker Bucht.
Sediment: Geröll (G); Geröllfelder (GF); Blöcke (B); Blockfelder (BF); Sand (S). Kies (K), Mergel (M), Schill (SCH).
Pflanzen: Gewöhnliches Seegras (Z); Faden-Algen (FA); thallöse Grünalgen (GA); thallöse Rotalgen (RA):
Delesseria (D), Furcellaria (F), Phylophora (P); thallöse Braunalgen: Zuckertang (SL), Fingertang (LD).
Tiere: Miesmuschel (M); Wattwurm (A), Schwämm (H), Fische (F).
häufig (>); sehr häufig (>>); selten (<)
Hartsubstrate
Tiefe
[m]
Max.
Größe
[cm]
Bedeckung
[%]
1
8,1
60
10-25%
>S; GF; BF
2
7,7
40
10-25%
>S; lockere
vereinz. B
GF;
3
6,5
50
10-25%
>S; lockere
vereinz. B
GF;
4
5,0
50
25-50%
Dichtes BF; GF;
5
5,4
60
10-25%
BF
6
5,3
50
50-75%
7
5,7
50
8
5,6
9
Position
Max.
Sediment
Pflanzen
Tiere
>FA; RA
M
>FA
M
>FA
>M
>>FA; Z
>M; F
>FA; GA; Z
>M
Sehr dichtes, gr.
BF
>FA; Z
M
10-25%
Sand; vereinz. gr.
B
>>FA
M
60
25-50%
Gr. B; dichte BF u.
GF
>>FA
M
4,9
50
<10%
Vereinz. gr. B
>>FA; GA
<M
10
4,6
50
<10%
S; vereinz. B
>>FA
<M
11
10,0
60
<10%
lockeres BF; S; M
>FA; GA; SL
M
12
7,6
40
>75%
Sehr dichtes BF;
>S; Sch
RA; FA
<M; A;
H;
13
8,0
70
25-50%
weites, dichtes BF;
gr. B; >S
>RA; FA
<M; A;
H;
14
8,3
70
>75%
Sehr dichtes BF; S;
Sch; gr. B
div. Bewuchs; RA;
<FA
M; A;
H; F
15
9,6
50
<10%
>S; < gr. B u. G;
Sch
div. Bewuchs; RA;
SL; <FA
M
16
9,7
40
50-75%
Gr. Sehr dichte BF
u. GF; >S
div. Bewuchs; SL;
>RA; <FA
M
17
11,2
40
<10%
<G; vereinz. gr. B;
>S
div. RA; >SL; LD
M; H
18
12,0
50
25-50%
GF; dichte BF; >S
SL; div. RA: P; D
<M; H;
A
19
12,0
50
10-25%
GF; vereinz. BF;
>S; K; M
SL; div. RA: P; F
<M
20
12,2
70
10-25%
GF; BF; vereinz.
gr. B; S; K
SL; div. RA: F; P
<M
21
12,0
30
25-50%
GF; dichte BF; >S;
K
SL; Div. RA: F; P
<M; H;
F
83
RADOST-Jahresbericht 2014
Auswirkungen
sequentieller
Stressoren
auf
das
Entwicklungsstadien des Blasentangs (Fucus vesiculosus)
Überleben
junger
Freilandbeobachtungen deuten darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen den
Bestandsabnahmen des Blasentangs und hohen Wassertemperaturen insbesondere in
Kombination mit Fraß besteht. Fraß induziert bei erwachsenen Blasentangen die Bildung von
Fraßhemmstoffen. Bei jungen Blasentangen (<5 cm) ist die chemischen Abwehr von
Fressfeinden nicht bekannt. Sie werden generell als sehr empfindlich gegenüber Fraß im
Vergleich mit erwachsenen Blasentangen eingestuft.
Die Toleranzen und Auswirkungen hoher Wassertemperaturen auf erwachsene Blasentange
sind wissenschaftlich relativ gut untersucht (siehe RADOST-Bericht Nr. 25). Innerhalb des
RADOST-Projektes wurde deshalb der wissenschaftliche Fokus auf die jungen
Entwicklungsstadien des Blasentangs gerichtet. Die Auswirkungen singulärer und
sequentieller
Kombinationen
gleicher
oder
verschiedener
Stressfaktoren
auf
Blasentangkeimlinge sollten geprüft werden. In einem ersten Versuchsansatz konnte gezeigt
werden, dass sich hohe Wassertemperaturen nachteilig auf die Sommerreproduktion der
Blasentange auswirken. Eine Hitzewelle über 4 Tage mit Wassertemperaturen über 25°C
erhöhte die Sterblichkeit von Keimlingen gegenüber einer Kontrollgruppe (15°C) fast um das
Dreifache. Eine zweite, nachfolgende Hitzewelle veränderte dagegen nicht die
Temperaturtoleranz der Überlebenden einer ersten Hitzewelle (siehe 3. RADOSTJahresbericht).
In Folgeexperimenten wurde der Frage nachgegangen, ob Fraß eine chemische Abwehr von
Fressfeinden bei Jugendstadien des Blasentangs induziert und hohe Wassertemperaturen
generell die Bereitschaft zur Fraßabwehr schwächen. Dazu wurden im Labor erzeugte
Jugendstadien des Blasentangs (Abbildung 55) bei 15°C und bei 25°C Wassertemperatur
gehalten.
Abbildung 55: Künstlich reproduzierter Blasentang auf einem Sandsteinwürfel
Größe etwa 1 cm.
Jeweils eine Hälfte der Keimlingsgruppen kamen kurzfristig mit der Baltischen Meerassel
(Idotea baltica), einem in der Ostsee häufigen Fressfeind, in Kontakt. Ein nachfolgender
Präferenzversuch sollte Klarheit verschaffen, ob Unterschiede in der „Schmackhaftigkeit“
zwischen den Algen aus vier unterschiedlichen Versuchsansätzen bestehen (Abbildung 56).
84
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 56: Experimenteller Versuchsaufbau
T: Pellets mit Blasentangkeimlingen, C: Pellets mit erwachsenen Blasentangen
In Präferenzexperimenten wählten die Meerasseln zwischen Nahrungspellets, hergestellt
aus den Jugendstadien des Blasentangs der vier Versuchsansätze (15°C und 25°C sowie
jeweils mit und ohne vorherigen Räuberkontakt) und erwachsenen Blasentangen (Abbildung
57).
Abbildung 57: Fraß-Präferenzversuch mit der Baltischen Meerassel
Mit gerasterten Pellets (rechts aus Blasentangkeimlingen, links aus erwachsenen Blasentangen) kann die
gefressene Nahrungsmenge quantifiziert werden.
Die relativen Fraß-Präferenzen wurden als Chancen-Verhältnis (w) kalkuliert und als
Logarithmus von w dargestellt (Abb. 4). Die Ergebnisse zeigten, dass weder der alleinige
Temperaturstress noch der sequentiell kombinierte Stress von Temperatur und Fraß
bedeutenden Einfluss auf die Fraßpräferenz der Baltischen Meerassel hatte. Erstaunlich war,
dass die Meerasseln die Pellets aus Blasentangkeimlingen mieden und fast ausschließlich
die Pellets aus erwachsenen Blasentangen konsumierten. Von den Pellets aus
temperaturgestressten Keimlingen, die vorher nicht mit Asseln in Kontakt waren, wurden
jedoch geringe Anteile konsumiert (Abbildung 58).
85
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 58: Mittelwerte (±95% Vertrauensintervall) der relativen Fraß-Präferenz der
Baltischen Meerassel für Nahrungspellets aus Blasentangkeimlingen vier verschiedener
Behandlungen und erwachsenen Blasentangen
Werte größer Null bedeuten, dass Keimlinge präferiert, Werte unter Null, dass die erwachsenen Blasentange
bevorzugt gefressen wurden.
Eine Induktion von Fraßhemmstoffen bei Blasentangkeimlingen durch vorherigen Fraß
konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Vielmehr scheinen die frühen
Entwicklungsstadien grundsätzlich gegen Fraß der Meerassel geschützt zu sein. Die
Ergebnisse widersprechen der vorherrschenden wissenschaftlichen Ansicht, dass junge
Keimlingsstadien aufgrund geringerer Gehalte fraßhemmender Substanzen erhöhtem
Fraßdruck im Vergleich mit erwachsenen Blasentangen ausgesetzt sind.
Eine detailliertere und umfassende englischsprachige Darstellung der Versuche ist in der
RADOST-Berichtsreihe 25 erschienen.
Bestandsstützung und Wiederansiedlung des
Fokusgebieten Kieler Bucht und Lübecker Bucht
Blasentangs
in
den
RADOST-
Aufgrund der enormen ökologischen und ökonomischen Bedeutung sind bestandsstützende
Maßnahmen und Initiativen zur Wiederansiedlung des Blasentangs erforderlich. Im Rahmen
des RADOST-Projektes wurden Versetzungen mit erwachsenen Blasentangen und
Ansiedlungsversuche mit im Labor reproduzierten Blasentangkeimlingen vorgenommen.
Ziele war es, das Potential der verschiedenen Entwicklungsstadien für eine
Wiederansiedlung an unterschiedlichen Standorten zu testen und den für die
Bestandsrückgänge ursächlichen Umweltfaktoren auf die Spur zu kommen.
Dazu wurden Blasentange an vier Positionen in der Kieler Förde und an zwei Positionen in
der Lübecker Bucht in jeweils ca. 2 m Wassertiefe ausgebracht. In der Kieler Förde lagen die
Versuchsstandorte in einem vom Kraftwerk ausgehenden Temperaturgradienten; im näheren
Umfeld existierten natürliche Blasentangbestände. Die Standorte in der Lübecker Bucht
lagen wind- und wellenexponiert. In direkter Nähe kamen keine Blasentange vor (Abbildung
59).
86
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 59: Positionen der versetzten Blasentange [1-6] und der Keimlinge [4; 5; 6] an den
Standorten Kieler Förde (A) und der Lübecker Bucht (B).
F: Entnahme Blasentange. S: Entnahme Kontrollsteine
An jeder Position wurden je 10 mit Blasentangen bewachsene Steine, 10 nicht bewachsene
Kontrollsteine und Backsteine mit Blasentangkeimlingen ausgebracht. Datenlogger
zeichneten kontinuierlich Wassertemperatur, Salzgehalt und Lichtintensität auf. Taucher
registrierten regelmäßig Überleben, Wachstum, Fraßspuren, Aufwuchs, das Vorkommen von
Fressfeinden, natürliche Reproduktion und Sedimentablagerungen. Die Sedimentdynamik
(Sandmobilität) wurde mit im Untergrund verankerten Peilstäben abgeschätzt.
Unterschiede zwischen den Standorten
Die Sterberaten der Blasentange in der Kieler Förde waren deutlich geringer als in der
Lübecker Bucht. Positives Wachstum wurde lediglich in der Kieler Förde bei der ersten
Kontrolle im Sommer festgestellt. Die erwachsenen Blasentange wurden dort vermehrt von
Organismen bewachsen und waren oft mit dünnen Sedimentschichten überzogen. Zudem
zeigten Wachstum, Aufwuchs und Sedimentation eine graduelle Tendenz mit einer Zunahme
entlang der Positionen 1-4 von der Kieler Innenförde in Richtung Außenförde. In der
Lübecker Bucht wurden die versetzten erwachsenen Blasentange nach kurzer Zeit
vollständig abgefressen (Brodau) oder komplett von Sand überdeckt (Brodten).
Die im Labor erzeugten Keimlinge wuchsen an beiden Standorten gut, wurden dann aber in
der Lübecker Bucht vollständig abgefressen. An den Positionen Mönkeberg und Ölberg in
der Kieler Förde wird die weitere Entwicklung der juvenilen Blasentange noch bis Sommer
2014 verfolgt.
87
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 11: Fraß, Aufwuchs, Sedimentation, Sedimentdynamik, „Aussaat“ und Wachstum
adulter und juveniler Blasentange in der Kieler Förde und der Lübecker Bucht
0=unbedeutend; 1=gering; 2=mäßig; 3=hoch; +=nachgewiesen; -=nicht nachgewiesen, ?=noch unbekannt
Aufwuchs
Standorte
Fraß
Pflanzen
Tiere
Sedimentation
Sedimentdynamik
natürliche
Reproduktion
Wachstum
2012
2013
adult
juvenil
Kieler Bucht
GKK Tunnel [1]
1-2
2
2
3
0
-
+
1-2
?
Hasselfelde [2]
1-2
3
3
2-3
0
-
+
1-2
?
Ölberg [3]
1-2
1
1
1-2
0
+
+
2-3
3
Mönkeberg [4]
1-2
2
2
0
0
+
+
2-3
3
Brodten[5]
1-2
2
1-2
0
3
-
-
1-2
3
Brodau [6]
3
2
1-2
0
1
-
+
1-2
2
Lübecker Bucht
Einflussfaktoren und saisonale Aspekte
- Fraß Die Algen wurden durch Fraß geschädigt und teilweise gänzlich abgefressen. Hautsächlich
trat Fraß vom Spätsommer bis in den Winter auf. Die Baltische Meerassel, die Gemeine
Strandschnecke und verschiedene Flohkrebsarten wurden als mögliche Verursacher
identifiziert. Meerasseln können Blasentange durch Fraß nachhaltig schädigen, wenn andere
Nahrung knapp ist.
- Aufwuchs Starker Aufwuchs wurde von April bis August mit einem Maximum im Mai und Juni
festgestellt. Verschiedene schnellwüchsige Fadenalgen überwucherten die Blasentange.
Schwämme, Polypen und Seepocken siedelten auf den Algenoberflächen. Ab August
hafteten auch häufiger große Miesmuscheln an den Tangen. Lichtmangel und reduzierter
Stoffaustausch hemmen dann das Wachstum und schwächen die Pflanzen.
- Sedimentation und Sandmobilität Vom Frühjahr bis in den Sommer lagerten sich die meisten Sedimentpartikel ab. Dünne
Schichten bedeckten dann Algen und Substrate. Wachstum und Ansiedlung der befruchteten
Keimzellen werden eingeschränkt. Sandumlagerungen waren an extreme Wind- und
Wetterereignisse gekoppelt. Komplett von Sand zugedeckt starben die Pflanzen ab.
Fazit und Ausblick
Fraß, Aufwuchs, Sedimentation und Sandmobilität sind wesentliche Umweltfaktoren, die das
Überleben der erwachsenen und juvenilen Blasentange beeinflussen. An den untersuchten
Positionen in der Lübecker Bucht wurde die Ansiedlung vornehmlich durch hohe
Sedimentdynamik bzw. Fraß verhindert, in der Kieler Förde beschränkten dagegen
Aufwuchsorganismen und Sedimentation die Überlebenschancen. Die in Richtung KielerAußenförde abnehmenden Nährstoffbelastungen und der vom Kraftwerk ausgehende
88
RADOST-Jahresbericht 2014
Temperaturgradient könnten die graduelle Tendenz einiger untersuchter Faktoren erklären.
Die globale Erwärmung, die hydrologische Veränderungen mit zunehmender
Sedimentdynamik an den Küsten verursacht, könnte die Sedimentumlagerungen vor dem
Brodtener Ufer forciert haben und damit größere Bereiche mit ungünstige
Lebensbedingungen geschaffen haben. Zudem unterstützen hohe Wassertemperturen die
negativen Effekte der Überdüngung und fördert u.a. Massenvermehrungen von
Konsumenten. An den stärker exponierten Positionen der Lübecker Bucht erscheinen
bestandsunterstützende Ansiedlungen demnach weniger erfolgversprechend als in
geschützteren Bereichen. Generell erscheinen künstlich erzeugte Keimlinge besser für
Bestandsunterstützende Maßnahmen geeignet, weil sie relativ einfach in großer Anzahl
reproduziert werden können und bestehende Blasentangpopulationen geschont werden.
Ansiedlungen im (Spät-)Herbst erhöhen möglicherweise die Überlebensraten von
Blasentangen, weil pflanzlicher und tierischer Aufwuchs zu dieser Jahreszeit abnimmt. Zu
diesem Zeitpunkt kann jedoch der Fraßdruck besonders hoch sein, da Fressfeinde sich
vornehmlich in den Sommermonaten reproduzieren.
Abschließend wird in einem Versuchsansatz mit höher aufgelöster Untersuchungsfrequenz
bis Sommer 2014 Zeitpunkt und Ausmaß der Faktoren Aufwuchs und Fraß eingehender
beurteilt. Zudem soll der Einfluss der Versetzung selbst (Salzgehaltsänderungen) auf die
Konstitution der Blasentange geklärt werden.
Anwendungsprojekt 12: Zukunftsstrategien für die Aquakultur – Fokusgebiet Kieler
Bucht
Federführung: CRM
Ansprechpartner:
Dr. Peter Krost
E-Mail: [email protected]
CRM Coastal Research & Management (CRM)
Die Arbeitspakete „Zukunftskompass für Fischerei und Aquakultur“ und „Detailplanung für
eine zukunftsweisende Aquakultur in der Kieler Förde“ sind abgeschlossen. Eine
zusammenfassende Darstellung unter dem Titel „Aquakultur und Klimawandel in der Ostsee“
wurde erstellt und befindet sich in Vorbereitung zur Veröffentlichung in der RADOSTBerichtsreihe.
89
RADOST-Jahresbericht 2014
Anwendungsprojekt 13: Steuerung von Nährstoffeinträgen durch Retentionsbecken
Federführung: IGB
Ansprechpartner/in:
Dr.-Ing. Jörg Steidl
E-Mail: [email protected]
Dr. rer. nat. Thomas Kalettka
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V.
Dr. Markus Venohr
E-Mail: [email protected]
Judith Mahnkopf
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB)
Bereits zu Anfang des Jahres 2010 wurde ein Dränsystem unter Ackerflächen ausgewählt,
um dort einen Dränteich als RADOST-Anwendungsprojekt für Mecklenburg Vorpommern zu
installieren. Ein Dränteich ist ein Retentionsbecken, das zwischen einer Dränanlage und dem
Gewässer, das dieser Anlage als Vorflut dient, möglichst landschaftsadäquat angeordnet
wird. Bereits vorhandene Geländedepressionen oder Kleingewässer können ebenfalls dafür
genutzt bzw. in das Rückhaltesystem einbezogen werden. Das Wasser aus dem Dränabfluss
soll mit einer möglichst langen Verweildauer im Teich zurückgehalten werden, um Prozesse
der Sedimentation, der Nährstoffakkumulation in der Biomasse sowie der biogeochemischen
Stoffumsetzungen für die Nährstoffaufnahme bzw. die Nährstoffentnahme aus den
Dränwässern nutzen und fördern zu können.
Durchgeführte Arbeiten
Die Einrichtung dieses Dränteiches wurde mit dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und
Geologie Mecklenburg Vorpommerns, Abteilung Wasser und dem Wasser- und dem
Bodenverband Warnow-Beke, dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und
Binnenfischerei und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V. (ZALF)
vorbereitet. Die Organisation dieser Vorbereitung sowie die Planung selbst oblag dem
Ingenieurbüro LAWA Güstrow. Im Rahmen des RADOST-Projektes begleiteten die
genannten Leibniz-Einrichtungen die Vorbereitung und Planung wissenschaftlich. Dabei
konnte auch auf die Erfahrungen von Brandenburger Pilotanlagen zu Dränteichen
zurückgegriffen werden.32
Die für den Dränteich geeignete Fläche wurde an dem ausgewählten Standort bei
Jürgenshagen als Grünland genutzt. Das Land Mecklenburg Vorpommern bot den
Eigentümern dieser Grünlandflächen über die Bodenverwertungs- und Verwaltungs-GmbH
32
AUGUSTIN, J., EHLERT, V., KALETTKA, T., SALTZMANN, J., STEIDL, J., ZANDER, P. (2011):
Funktionsnachweise und Bemessungsgrundlagen für naturraumangepasste Anlagen zum Rückhalt von
Nährstoffen aus Abflüssen von landwirtschaftlichen Dränsystemen : Schlussbericht 2011, BLE Aktenzeichen
514-33.81/04HS039
[Elektronische
Ressource],
Müncheberg
(Leibniz-Zentrum
für
Agrarlandschaftsforschung).
90
RADOST-Jahresbericht 2014
(BVVG) Ackerflächen zum Flächentausch mit einem Wertausgleich an. Nach Einwilligung
der Flächeneigner nahm der Zeitraum bis zur Rechtskräftigung dieses Tausches den
längsten Zeitraum in der Vorbereitung in Anspruch. Dadurch konnten die konkreten
Ausführungsplanungen erst im dritten Quartal 2013 durch den Wasser -und Bodenverband
Warnow-Beke veranlasst werden. Für die Umsetzung standen Fördermittel des Landes
Mecklenburg-Vorpommern und des RADOST-Projektes bereit. Neben dem Bau des
Dränteiches ging es dabei ebenfalls um die Installation eines Messsystems, das
Untersuchungen zur Entwicklung und zur Wirksamkeit des Dränteiches ermöglichen soll.
Der Dränteiche wurde mit einer Wiederoffenlegung und Erweiterung eines Teils des im
Dränsystem unterirdisch verlegten Baches ermöglicht. Dieser Bach entwässert inzwischen
als Rohrleitung eine 92 ha große Dränfläche und hat ein Einzugsgebiet von etwa 130 ha
(Abbildung 61). Das Dränsystem wurde Ende der 1980er Jahre installiert. Der Wasser -und
Bodenverband Warnow-Beke konnte den Dränteich schließlich im Frühjahr 2013 der
Öffentlichkeit vorstellen und bis zum Sommer 2013 mit Restarbeiten fertigstellen (Abbildung
60).
Abbildung 60: Blick auf den Dränteich Jürgenshagen. Im Vordergrund ist eine mehrerer
Pfahlreihen zu erkennen, die zur Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Dränwässer dienen.
Quelle: Steidl et al. 2013
33
33
STEIDL, J., KALETTKA, TH., EHLERT, V., AUGUSTIN, J., ZANDER, P., SALTZMANN, J. E. (2013): Zur
Wirkung und Effizienz von Dränteichen auf die Reduktion von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlichen
Dränsystemen in Gewässer an Beispielen aus Brandenburg und Vorstellung des Retentionsbeckens
Jürgenshagen. Vortrag: 18. Gewässersymposium Landwirtschaft und Gewässerschutz. Landesamt für
Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Güstrow. URL: http://www.lung.mvregierung.de/dateien/13_steidl_retentionsteiche.pdf
91
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 61: Schematischer Lageplan der Dränanlage mit verrohrtem Gewässer und dem
Dränteich Jürgenshagen
Quelle: Steidl et al. 2013
34
Im Juli 2013 wurden die Untersuchungen zur Entwicklung und Wirksamkeit des Dränteiches
begonnen. Dabei werden Messungen durchgeführt, die eine Analyse der ankommenden und
abgehenden Nährstofffrachten ermöglichen sollen. Aber auch ausgewählte teichinterne
Prozesse werden beobachtet, um die hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Nährstoffhaushalt
des Teiches bewerten zu können. Daraus lassen sich später auch Empfehlungen für die
Bewirtschaftung des Teiches ableiten. Diese Untersuchungen werden im Auftrag der
Wasser- und Bodenverband Warnow-Beke von der Firma Agrathaer, einer ZALF-Tochter,
ausgeführt. Das Land Mecklenburg Vorpommern übernimmt die dabei anfallenden
chemischen Analysen ausgewählter Wasserinhaltsstoffe in den Wasserproben aus
Landesmitteln (Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Dezernat 600:
Wasseranalytik).
Am Dränteich werden insgesamt 19 physikalische Größen, wie z. B. Wasserstand,
Temperatur und Niederschlag erfasst und in einem Messcontainer vor Ort mittels
Datenlogger automatisch registriert. Die ermittelten Durchflüsse am Teichzulauf und
Teichablauf werden zur Steuerung von zwei automatischen Wasserprobensammlern
genutzt, die jeweils tägliche Mischproben aus dem Drän- und Teichabflusses herstellen. Die
Fa. Kiwa Control GmbH nimmt vor Ort in einem Abstand von einer Woche am Zu- und Ablauf
des Teiches sowie an den Grundwassermessstellen Wasserproben als Stichproben. Bei
jeder Stichprobe werden ebenfalls die physikochemischen Parameter ermittelt. Diese
Wasserproben
werden
zusammen
mit
denen
aus
den
automatischen
Wasserprobensammlern an das Landeslabor übergeben.
Ergebnisse
Bislang konnte nur ein geringer Teil der Wasserproben hinsichtlich der Wasserinhaltsstoffe
und dabei auch nur ein Teil der Parameter analysiert werden. Die Analysen sind in dem
normalen Turnus des Labors des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie,
Dezernat 600: Wasseranalytik eingeordnet. Erschwerend kamen Analysegeräteausfälle im
Labor im Jahre 2013 hinzu, die erst im folgenden Haushaltsjahr ersetzt werden konnten.
34
STEIDL, J., KALETTKA, TH., EHLERT, V., AUGUSTIN, J., ZANDER, P., SALTZMANN, J. E. (2013): Zur
Wirkung und Effizienz von Dränteichen auf die Reduktion von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlichen
Dränsystemen in Gewässer an Beispielen aus Brandenburg und Vorstellung des Retentionsbeckens
Jürgenshagen. Vortrag: 18. Gewässersymposium Landwirtschaft und Gewässerschutz. Landesamt für
Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Güstrow. URL: http://www.lung.mvregierung.de/dateien/13_steidl_retentionsteiche.pdf
92
RADOST-Jahresbericht 2014
Deshalb war nur die Verwendung lückenhaft vorliegender Analyseergebnisse für die
folgende Ergebnisdarstellung möglich.
Stickstoff
Die Analyseergebnisse der gewonnenen Wasserproben am Teichzulauf und Teichablauf
sind für Nitrat-Stickstoff und Gesamtstickstoff in Abbildung 62 dargestellt. Bis zu den ab Mitte
Oktober ansteigenden Dränabflüssen lagen die Stickstoffkonzentrationen zwischen 5 und
8 mg/l. Anschließend waren mit über 12 mg/l deutlich höhere Stickstoffkonzentrationen zu
verzeichnen. Trotz der unvollständigen Analyseergebnisse ist dabei bereits eine enge
Korrelation zwischen Stickstoffkonzentration und Abfluss erkennbar. Anfänglich konnten
Differenzen zwischen den Stickstoffkonzentrationen im Dränabfluss und denen im
Teichabfluss von bis zu 6 mg/l bei Nitrat-Stickstoff bzw. 7 mg/l bei Gesamtstickstoff
beobachtet werden. Die Stickstoffkonzentrationen im Teichabfluss lagen meist unter 2 mg/l.
Durch die geringen Dränabflüsse waren langen Aufenthaltszeiten des Dränwassers im Teich
möglich, wobei mit den Wassertemperaturen von deutlich über 15 °C gute Bedingungen für
die Entwicklung der Teichvegetation und damit für den Stickstoffverbrauch durch die
Pflanzen und die Denitrifikation sowie für die Sedimentation stickstoffhaltiger Schwebstoffe
gegeben waren. Die Sedimentation größerer Partikel kann ausgeschlossen werden, da die
Wasserprobenentnahme am Ablauf des zwischen dem Dränauslauf und dem Teicheinlauf
geschalteten Sandfangs erfolgt. Beim Rückgang der Wassertemperatur unter 15 °C ab Ende
September reduzierte sich der Stickstoffverbrauch durch Aufnahme in Makrophyten und die
Denitrifikation offensichtlich, so dass die Differenzen zwischen den Stickstoffkonzentrationen
im Dränabfluss und denen im Teichabfluss deutlich abnahmen.
Abbildung 62: Nitrat-Stickstoff (ln) und Gesamtstickstoff (re) im Dränabfluss (ZuSampler –
tägliche Mischproben, ZuTeich – Stichproben) und im Teichabfluss (AbSampler – tägliche
Mischproben,
AbTeich
–
Stichproben)
sowie
Dränabfluss
und
mittlere
Teichwassertemperaturen
Phosphor
Die bislang vorliegenden Analysenergebnisse der gewonnenen Wasserproben am
Teichzulauf und Teichablauf für Orthophosphat-Phosphor und Gesamtphosphor sind in der
Abbildung 63 dargestellt.
93
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 63: Ortho-Phosphat-Phosphor (ln) und Gesamt-Phosphor (re) im Dränabfluss
(ZuSampler – tägliche Mischproben, ZuTeich – Stichproben) und im Teichabfluss (AbSampler –
tägliche Mischproben, AbTeich – Stichproben) sowie Dränabfluss und mittlere
Teichwassertemperaturen
War anfänglich noch ein Rückgang bis Ende September zu verzeichnen, erreichten die
Ortho-Phosphat-Phosphor-Konzentrationen mit steigenden Dränabflüssen ab Oktober
wieder das Niveau zu Beginn der Untersuchungen. Die des Gesamtphophors blieb jedoch
etwas darunter. Die Phosphorkonzentrationen im Teichabfluss lagen ebenso wie des
Stickstoffs unter denen im Dränabfluss, was ebenfalls mit der Aufnahme des Phosphors
durch die Teichpflanzen und der Sedimentation phophorhaltiger Schwebstoffe im Teich
erklärt werden kann.
Abfiltrierbare Stoffe
Wie zu erwarten trat nach Fertigstellung des Dränteiches eine Trübung des Wassers durch
suspendierte Partikel auf. Der daran gebundene Phosphor rief eine Algenblüte hervor. Diese
als abfiltrierbare Stoffe gemessene Trübung ging bis Ende Juli schnell zurück (Abbildung
64). Die im Weiteren beobachtete Konzentration der abfiltrierbaren Stoffe weist eine
Korrelation mit dem Gesamt-Phosphor auf. Am 24.9.2013 zeigte sich eine starke Erhöhung
der Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen im Zufluss aus der Dränung, die kurzzeitig zum
01.10.2013 zu einer Erhöhung der Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen und Phosphor im
Abfluss aus dem Teich führte. Dieses Ereignis korrelierte jedoch nicht mit einer Erhöhung
des Durchflusses aus der Dränung. Im weiteren Verlauf zeigten sich noch weitere
kurzzeitige, wenn auch deutlich geringere Erhöhungen der gemessenen Konzentrationen
von abfiltrierbaren Stoffen und Phosphor im Zu- und Ablauf des Teiches. Diese gingen in
diesen Fällen mit einer Erhöhung der Durchflüsse einher. Überwiegend waren jedoch die
Konzentrationen im Abfluss des Teiches geringer als im Zufluss.
Am 22.10.2013 wurde ein Extremereignis der Trübung des Wassers im Dränteich durch
Stoffeinträge aus der Dränung beobachtet (Abbildung 65). Die an diesem Tag mit 2,2 mg/l im
Zufluss und 1,4 mg/l im Abfluss des Teiches gemessenen Konzentrationen an abfiltrierbaren
Stoffen waren jedoch noch nicht die höchsten der gemessenen Konzentrationen.
Offensichtlich ist der Dränzufluss durch kurzzeitig sehr hohe Stoffeinträge aus Bodenerosion
durch Anschluss von offenen Nassstellen und Gräben an das Dränsystem beeinflusst.
94
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 64: a) Abfiltrierbare Stoffe im Dränabfluss (ZuTeich – Stichproben) und im
Teichabfluss
(AbTeich
–
Stichproben)
sowie
Dränabfluss
und
mittlere
Teichwassertemperaturen b) Abfiltrierbare Stoffe und Gesamt-Phosphor im Teichzufluss und
Teichabfluss
Abbildung 65: Trübung durch Stoffeinträge aus dem Dränzufluss am 22.10.2013
Fotos: Kiwa Control GmbH
Makrophyten-Vegetation
Zu den zwei Terminen der Kartierung der Makrophyten am 7.-8.8.2013 und 26.11.2013
wurden 16 Arten erfasst. Die Liste der ermittelten Arten und ihre Herkunft ist in Tabelle 12
dargestellt. Die Anzahl der erfassten Arten war zu beiden Terminen fast identisch. Beim
zweiten Termin fehlten der Gewöhnliche Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis), die
Große Teichrose (Nuphar lutea) und die Kleine Wasserlinse (Lemna minor). Neu hinzu
kamen der Gewöhnliche Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica) und die Brunnenkresse
(Nasturtium officinale). Bis auf den Wasserhahnenfuß hatten die Arten einen sehr geringen
Deckungsgrad. Der Wasserhahnenfuß hat sein Optimum im Frühjahr bis Sommer und war
daher im Herbst nicht zu beobachten.
Bis zur Kartierung des Ausgangsstatus am 7.-8.8.2013 hatte sich die gepflanzte aquatische
Makrophyten-Vegetation im vorderen, tieferen Teil des Dränteiches bereits sehr gut
entwickelt (Abbildung 66).
Das Einsetzen von Schilf (Phragmites australis) aus einem Torfstich zur Etablierung einer
Schilfzone im hinteren, flacheren Teil des Dränteiches war dagegen nicht erfolgreich. Die
Pflanzdichte war zu gering und die Schilfwurzeln schwammen auf, weshalb sie mit
Querbalken gegen Abtreiben gesichert werden mussten (Abbildung 67). Bis zum Herbst
starb jedoch ein großer Teil der Triebe der schwimmenden Schilfwurzeln ab.
95
RADOST-Jahresbericht 2014
Die amphibische Vegetation war im August zum größeren Teil noch gering entwickelt.
Stellenweise zeigten sich jedoch schon dichtere Bestände von Rohr-Glanzgras (Phalaris
arundinacea) und Flutendem Schwaden (Glyceria fluitans) (Abbildung 68).
Bis zum zweiten Kartierungstermin am 26.11.2013 entwickelten sich bereits deutliche
flächenhafte Bestände sowohl in der aquatischen als auch in der amphibischen Zone.
Hierbei stieg der gesamte Deckungsgrad der Makrophyten von 4,16 % auf 26,59 % (Tabelle
13).
08.23.2013
08.08.2013
.10.2013
.10.2013
29.10.2013
29.10.2013
.10.2013
.10.2013
08.08.2013
04.09.2013
.10.2013
.10.2013
Abbildung 66: Entwicklung der gepflanzten aquatischen Vegetation
96
RADOST-Jahresbericht 2014
12.12.2013
24.09.2013
.10.2013
Abbildung 67: Entwicklung des gepflanzten Schilfes
08.08.2013
08.08.2013
.10.2013
.10.2013
29.10.2013
12.12.2013
.10.2013
.10.2013
Abbildung 68: Entwicklung der amphibischen Vegetation
97
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 12: Liste und Herkunft der kartierten Makrophyten
Kartierungs-Nr.
Wiss. Artname
Deutscher Artname
Zone
Herkunft
1
Persicaria amphibium (L.) Delarbre
Wasserknöterich
aq
Pflanzung aus Anzucht
UTL
110
9x9
2
Potamogeton lucens L.
Spiegelndes Laichkraut
aq
Pflanzung aus Anzucht
UTL
110
lose
a Myriophyllum verticillatum L.
Quirliges Tausendblatt
aq
Pflanzung aus Anzucht
UTL
110
lose
b Myriophyllum spicatum
Ähriges Tausendblatt
aq
Pflanzung aus Anzucht
UTL
110
lose
UTL
110
9x9
3
4
Phalaris arundinacea L.
Rohr-Glanzgras
am
natürlich (Standort), Ansaat?
5
Chara spec.
Armleuchteralge
aq
natürlich (Standort)
6
Glyceria fluitans (L.) R. Br.
Flutender Schwaden
am
natürlich (Standort), Ansaat?
7
Ranunculus aquatilis L.
Gew. Wasserhahnenfuß
aq
Pflanzung aus Anzucht
8
Phragmites australis (Cav.) Trin. ex
Steud.
Gew. Schilf
am,
aq
natürlich (Standort),
Pflanzung aus Torfstich
9
Carex acutiformis Ehrh.
Sumpf-Segge
am
natürlich (Standort), Ansaat?
10
Sparganium emersum Rehmann
Einfacher Igelkolben
aq
natürlich (Standort),
Pflanzung aus Torfstich
11
Alisma plantago-aquatica L.
Gew. Froschlöffel
am,
aq
natürlich (Standort),
Pflanzung aus Torfstich
12
Nuphar lutea (L.) Sibth. et Sm.
Große Teichrose
aq
Pflanzung aus Torfstich
13
Potamogeton crispus L.
Krauses Laichkraut
aq
Pflanzung aus Torfstich
14
Elodea canadensis Michx.
Kanadische Wasserpest
aq
Pflanzung aus Torfstich
15
Lemna minor L.
Kleine Wasserlinse
aq
natürlich (Standort),
Pflanzung aus Torfstich
16
Nasturtium officinale
Brunnenkresse
am
natürlich (Standort)
98
Firma
Anzahl Größe
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 13: Berechnung des Deckungsgrades der Makrophyten
Gesamtfläche = 3725 m²
KartierungsNr.
Wiss. Artname
Kartierung 7.8.2013
Deutscher
Artname
Zone
Anzahl
Punkte
Kartierung 26.11.2013
Fläche
Punkte
a 0,25 m2
Deckungsgrad
m²
Anzahl
Punkte
Fläche
Punkte
% a 0,25 m2
Anzahl
Polygone
Fläche
Punkte +
Polygone
Fläche
Polygone
m²
Deckungsgrad
m²
m²
%
1
Persicaria amphibium (L.) Delarbre
Wasserknöterich
aq
164
41,00
1,10
159
39,75
49
3,06
42,81
1,15
2
Potamogeton lucens L.
Spiegelndes
Laichkraut
aq
43
10,75
0,29
1
0,25
3151
196,94
197,19
5,29
3
Myriophyllum spec.
Tausendblatt
aq
46
11,50
0,31
3
0,75
1912
119,50
120,25
3,23
4
Phalaris arundinacea L.
Rohr-Glanzgras
am
66
16,50
0,44
2
0,50
660
41,25
41,75
1,12
5
Chara spec.
Armleuchteralge
aq
7
1,75
0,05
0
0,00
383
23,94
23,94
0,64
6
Glyceria fluitans (L.) R. Br.
Flutender
Schwaden
am
116
29,00
0,78
4
1,00
6704
419,00
420,00
11,28
7
Ranunculus aquatilis L.
Gew. Wasserhahnenfuß
aq
23
5,75
0,15
18
4,50
0
0,00
4,50
0,12
8
Phragmites australis (Cav.) Trin. ex
Steud.
Gew. Schilf
am, aq
87
21,75
0,58
6
1,50
769
48,06
49,56
1,33
9
Carex acutiformis Ehrh.
Sumpf-Segge
am
27
6,75
0,18
5
1,25
336
21,00
22,25
0,60
10
Sparganium emersum Rehmann
Einfacher Igelkolben aq
8
2,00
0,05
2
0,50
47
2,94
3,44
0,09
11
Alisma plantago-aquatica L.
Gew. Froschlöffel
am, aq
5
1,25
0,03
0
0,00
81
5,06
5,06
0,14
12
Nuphar lutea (L.) Sibth. et Sm.
Große Teichrose
aq
6
1,50
0,04
0
0,00
0
0,00
0,00
0,00
13
Potamogeton crispus L.
Krauses Laichkraut aq
17
4,25
0,11
0
0,00
60
3,75
3,75
0,10
14
Elodea canadensis Michx.
Kanadische
Wasserpest
aq
3
0,75
0,02
2
0,50
577
36,06
36,56
0,98
15
Lemna minor L.
Kleine Wasserlinse aq
2
0,50
0,01
1
0,25
0
0,00
0,25
0,01
16
Nasturtium officinale
Brunnenkresse
0
0,00
0,00
0
0,00
305
19,06
19,06
0,51
155,00
4,16
939,63
990,38
26,59
am
Summe:
99
50,75
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 4: Häfen und maritime Wirtschaft
Federführung: IÖW
Ansprechpartner:
Dr. Jesko Hirschfeld
E-Mail: [email protected]
André Schröder
E-Mail: [email protected]
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW)
Aktueller Stand der Netzwerkbildung
Zur Netzwerkbildung arbeitet das IÖW mit Vertreterinnen und Vertretern von Hafenbehörden,
Wasser- und Schifffahrtsämtern und Umschlagsunternehmen zusammen. Die Treffen mit
den Netzwerkvertretern werden genutzt, um spezifische Herausforderungen, denen sich die
Hafenstandorte stellen, zu erörtern und um Erfahrungen mit Anpassungsmaßnahmen
auszutauschen. Ein weiterer Bestandteil der Netzwerkarbeit ist die Teilnahme an und
Präsentation von Projektergebnissen in Form von Vorträgen und Postern auf Workshops und
Konferenzen zum Thema „Häfen“.
Arbeitspaket 1.5: Koordination der Erarbeitung von Anpassungskonzepten für Häfen
und Infrastruktur
Der Klimawandel wird vielfältige Auswirkungen auf die deutschen Ostseehäfen und die
Seeschifffahrt haben. Für die maritime Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist
Meeresspiegelanstieg. Dieser geht mit der Erderwärmung einher und wird sich im Laufe des
21. Jahrhunderts den aktuellen Ergebnissen der Klimamodelle zufolge weiter beschleunigen
wird. Infolge des Meeresspiegelanstieges werden auf Sturmhochwasser von einem
zunehmend höheren Ausgangsniveau auflaufen und damit in Zukunft häufiger höhere
Scheitelwasserstände erreichen. Im Zuge der Erderwärmung erscheint es zudem plausibel,
dass die Zahl der heißen Tage deutlich zu- und die Zahl der Frost- und Eistage deutlich
abnehmen werden. Mögliche Änderungen werden auch für das Niederschlagsregime
erwartet. Hier könnten ein Rückgang der sommerlichen und eine Zunahme der winterlichen
Niederschlagsmengen zu einer Verschiebungen der saisonalen Niederschlagsmengen
führen. Ebenfalls möglich erscheint die Zunahme extremer Starkregen- und Windereignisse.
Im Folgenden werden Aussagen über potenzielle Anpassungsbedarfe in den deutschen
Ostseehäfen getroffen. Daran anschließend wird der idealtypische Ablauf einer
Strategieentwicklung beschrieben. Abschließend werden Kriterien für die Entwicklung
klimaangepasster Hafenstandorte an der deutschen Ostseeküste vorgestellt. 35
35
Der hier aufgeführte Beitrag zu den potenziellen Anpassungsbedarfen in den deutschen Ostseehäfen, dem
idealtypischen Ablauf einer Strategieentwicklung und den Kriterien für die Entwicklung klimaangepasster
Hafenstandorte an der deutschen Ostseeküste wird in leicht abgeänderter Form auch veröffentlicht in:
Schröder, André und Jesko Hirschfeld (in Vorbereitung): Anpassungsbedarfe und Strategien in der
Hafenwirtschaft an der deutschen Ostseeküste. In: Mahammadzadeh et al. (Hrsg.), Anpassung an den
Klimawandel von Unternehmen – Theoretische Zugänge und empirische Befunde.
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RADOST-Jahresbericht 2014
Anpassungsbedarfe in den deutschen Ostseehäfen
Für die deutschen Ostseehäfen bergen diese potenziellen Änderungen des Klimas eine
Vielzahl von Risiken aber auch von Chancen. Diese betreffen in den Häfen u.a. die Struktur
und den Umfang der umzuschlagenden Güter, die Navigation und das Anlegen von Schiffen,
den Umschlag und die Lagerung von Gütern, die Gesundheit der sich in den Hafengebieten
aufhaltenden Menschen, die natürlichen Schutzgüter im Umfeld der Häfen, die Reputation
der Häfen sowie deren Hinterlandanbindung. Im Folgenden wird auf einige Auswirkungen die
der Klimawandel potenziell auf diese Handlungsfelder der Häfen haben kann eingegangen.
Gütervolumen und -struktur: Art und Umfang des Güterumschlags in den deutschen
Ostseehäfen sind stark von der Struktur und dem Umfang des Handels zwischen den
Staaten des Ostseeraumes abhängig. Änderungen am Volumen und der Art der gehandelten
Güter zwischen diesen Staaten führen sehr wahrscheinlich auch zu Änderungen des
Güterumschlags in den deutschen Ostseehäfen. Der Klimawandel könnte sich in den
Staaten des Ostseeraumes auf die Produktion, vor allem im land-, forst- und
fischereiwirtschaftlichen Sektor auswirken. Nachfrageseitig könnte der Klimawandel unter
anderem die Energiewirtschaft und die ihr vorgelagerten Wirtschaftsbereiche beeinflussen.
So könnten unter anderem wärmere Winter die Nachfrage nach Mineralölerzeugnissen
reduzieren.36
Der Klimawandel wird vermutlich auch Einfluss auf die Bevölkerungsbewegung nehmen.
Verschlechtern sich die klimatischen Lebensbedingungen in einer Region, könnte diese
Region zunehmend Einwohner und Kaufkraft verlieren. In der Konsequenz sinkt die
Bedeutung der Region auch als Absatzmarkt für Seegüter37.
Anpassungsbedarf kann für die Hafenstandorte somit hinsichtlich Herkunft, Umfang und
Struktur der umzuschlagenden Güter entstehen.
Navigation und Anlegen von Schiffen: Die Navigation von Schiffen in den oftmals schmalen
und im Tiefgang begrenzten Hafenzufahrten könnte durch den Klimawandel erleichtert, aber
auch erschwert werden. Positiv könnte sich der Meeresspiegelanstieg auf den zulässigen
Tiefgang der Schiffe auswirken. Es ist denkbar, dass allein durch den Meeresspiegelanstieg
zukünftig Schiffe mit einem größeren Tiefgang die deutschen Ostseehäfen anlaufen
können38, wohingegen hinsichtlich der Passierbarkeit von Brücken durch den
Einschränkungen durch den zunehmenden Meeresspiegelanstieg zu erwarten sind39. Auch
die potenzielle Zunahme von Stürmen und hohem Wellengang kann die Navigation sowie
das Anlegen der Schiffe erschweren. Um eine Zunahme von Havarien und Verzögerungen
im Betriebsablauf zu vermeiden, könnten sowohl bauliche wie organisatorische Maßnahmen
in den Häfen und auf ihren seeseitigen Zufahrten erforderlich werden.
Umschlag und Lagerung von Gütern: Der Umschlag und die Lagerung von Gütern in den
Häfen können vom Klimawandel vielfältig beeinflusst werden. Positive Auswirkungen auf den
Güterumschlag können von der Reduktion der Frost- und Eistage sowie der sommerlichen
Regentage ausgehen. Auch die tendenziell sinkende Eis- und Schneelast auf den Dächern
von Lagerhallen und auf den Freilagerflächen können sich positiv auf den Hafenbetrieb
36
Stenek, Vladimir, Jean-Christophe Amado, Stewart Wright, Richard Washington, Hope Sherwin, Carlos
Andrade und Pedroza Arias (2011): Climate Risk and Business Port - Terminal Marítimo Muelles el Bosque
Cartagena, Colombia, S. 16.
37
Bailey, Kathleen (2008): Planning for Climate Change Impacts at U.S. Ports. White Paper, S. 8.
38
Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 17.
39
USCCSP (U.S. Climate Change Science Program) (2009): Coastal Sensitivity to Sea-Level Rise: A Focus on
the Mid-Atlantic Region – Synthesis and Assessment Product 4.1, S. 17.
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RADOST-Jahresbericht 2014
auswirken. Hingegen könnten durch den Meeresspiegelanstieg Laderampen außerhalb ihres
zulässigen Anstellwinkels geraten und tiefergelegene Kaianlagen dauerhaft überschwemmt
und damit unbenutzbar werden. Eine Zunahme der winterlichen Niederschlagsmenge und
von Starkregenereignissen kann insbesondere die Verladung von nicht wasserresistenten
Gütern, wie zum Beispiel von Papiererzeugnissen, behindern40. Ein Anstieg der
Temperaturen kann zu einem schnelleren Verderben von Lebensmitteln führen und erfordern
daher einen steigenden Kühlbedarf für verderbliche Güter. Wärmere und trockenere
Sommermonate könnten zukünftig bei der Verladung und Lagerung von Kohle und anderen
Schüttgütern die Gefahr von Schwelbränden erhöhen41. Die potenzielle Zunahme von
starken Winden könnte die Einsetzbarkeit von Kränen und Verladebrücken einschränken42.
Ebenfalls droht die Zunahme von Schäden an Gütern sowie Infra- und Suprastrukturen.
Menschliche Gesundheit: Der Klimawandel wird wahrscheinlich auch Auswirkungen auf die
menschliche Gesundheit haben. In den Häfen könnten vor allem Personen, die körperlich
schwere Tätigkeiten ausführen, durch die voraussichtlich steigende Zahl heißer Tage einem
erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt sein. Insgesamt ist anzunehmen, dass die
Arbeitsproduktivität während der heißen Tage in den Häfen sinkt, da Pausen häufiger und
länger genommen werden müssen. Hieraus könnte ein zunehmender Verschattungs- und
Klimatisierungsbedarf von Arbeitsplätzen in den Häfen entstehen.
Zu beachten ist ebenfalls, dass der mögliche Rückgang der sommerlichen Niederschläge die
Feinstaubbelastung in den Häfen zukünftig erhöhen kann.43 Starke Winde und Niederschläge
können ebenfalls ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die in den Häfen tätigen Personen
darstellen. Hieraus kann ein Erfordernis erwachsen, Sicherheitsmaßnahmen für die
Beschäftigten in den Hafengebieten anzupassen.
Umwelt: Die mögliche Zunahme von starken Winden und Sturmhochwassern erhöht die
Eintrittswahrscheinlichkeit von Schiffshavarien sowie Zerstörungen und Verlusten an Land.
Neben den damit verbundenen Sachschäden können bei solchen Ereignissen auch
Schadstoffe in die Umwelt gelangen.
Durch den Meeresspiegelanstieg können kontaminierte Böden mit Wasser in Kontakt
kommen, mit der Gefahr, dass Schadstoffe in das Oberflächen- und Grundwasser gelangen.
Eine ähnliche Gefahr geht ebenso von den potenziell zunehmenden Starkregenereignissen
aus. Auch diese können Bodenverunreinigungen schneller und stärker aus den Böden
waschen. Zudem können intensive Niederschläge die Abwassersysteme überlasten. In der
Folge könnten Filteranlagen überlaufen und/oder versagen.
Versicherungen: Die Verwundbarkeit von Infra- und Suprastrukturen sowie Betriebsabläufen
in den Häfen gegenüber wetterbedingten Einflüssen spielt für Versicherungsunternehmen
eine große Rolle. Nimmt diese Verwundbarkeit bedingt durch den Klimawandel zu, können
Versicherungsprämien steigen oder Risiken aus dem Versicherungsschutz ausgeschlossen
werden. Beides senkt die Attraktivität des Hafenstandortes für seine Nutzer. Gelingt es
40
Wenzel, Heiko und Niko Treptow (2013): Anpassungsstrategie an den Klimawandel für die zukünftige
Entwicklung der öffentlichen Lübecker Häfen - Teil 1: Zukunftsszenarien und Klimarisiken. RADOSTBerichtsreihe, Bericht Nr. 20, S. 34.
41
Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 20–21.
42
Chhetri, Prem, Jonathan Corcoran, Victor Gekara, Brian Corbitt, Nilmini Wickramasinghe, Gaya Jayatilleke,
Fatima Basic, Helen Scott, Alex Manzoni und Chris Maddox (2013): Functional resilience of port environs in a
changing climate - assets and operations, S. 54.
43
Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 20 ff.
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RADOST-Jahresbericht 2014
einem Hafenstandort, seine klimawandelbedingte Verwundbarkeit besser zu managen als
seine Wettbewerber, können ihm daraus konkrete ökonomische Vorteile entstehen.
Hinterlandverkehr: Der Hinterlandverkehr umfasst die Beförderung von Gütern zu und den
Abtransport von Gütern von den Seehäfen per Straße, Schiene und Binnenwasserstraße.
Die Leistungsfähigkeit dieser Verkehrsträger ist somit ein fundamentaler Faktor für die
Leistungsfähigkeit eines jeden Hafens. Störungen im Hinterlandverkehr wirken sich
unmittelbar auf die Betriebsabläufe im jeweiligen Hafen aus.
Auswirkungen des Klimawandels sind auch auf die Hinterlandverkehre der deutschen
Ostseehäfen zu erwarten. Positiv könnte sich der mögliche Rückgang von Frost- und
Eistagen auswirken, indem Hinterlandtransporte in den Wintermonaten zukünftig
zuverlässiger werden. Gleichsam könnte sich durch möglicherweise vermehrt auftretende
Sturm-, Hochwasser-, Niedrigwasser- und Starkregenereignisse sowie durch die
zunehmende Wahrscheinlichkeit für Böschungsbrände und Oberleitungsschäden infolge
häufiger auftretender Hitze- und Trockenperioden die Zuverlässigkeit der Hinterlandverkehre
reduzieren.44
Reputation: Die Reputation eines Hafens aus Sicht von Reedereien, Logistikunternehmen,
im Hafen produzierenden Unternehmen, Behörden und Verbänden sowie Anwohnern ist ein
entscheidender Faktor für die zukünftige Entwicklung des Hafenstandortes. Wie glaubwürdig
und vertrauenswürdig sind seine verantwortlichen Akteure in der Vergangenheit aufgetreten
und wie zuverlässig und verantwortungsbewusst haben sie gehandelt? Diese Erfahrungen
prägen die Reputation eines Hafenstandortes. Wie bereits gezeigt, erwachsen mit dem
Klimawandel zusätzliche Handlungserfordernisse in den deutschen Ostseehäfen. Wie die
verantwortlichen Hafenakteure mit diesen Herausforderungen umgehen, wird die Reputation
des jeweiligen Hafens positiv oder negativ beeinflussen. Die frühzeitige und gründliche
Analyse der sich einstellenden Klimarisiken und -chancen sowie ein angemessenes und
nachvollziehbares Handeln können die Reputation und die Entwicklung eines Hafens
nachhaltig verbessern.
Strategieentwicklung für die Anpassung der deutschen Ostseehäfen
Um für die oben vorgestellten potenziellen Anpassungsbedarfe konkrete und angemessene
Maßnahmen entwickeln und umsetzen zu können, bedarf es einer umsetzungsorientierten
Strategie. Eine solche Strategie gibt Methoden, Instrumente, Verfahren und Maßnahmen vor,
wie sich die Zielsetzung erreichen lässt. Soweit bekannt, berücksichtigt die Strategie auch
Faktoren und Akteure, die der Zielerreichung entgegenstehen. Nachfolgend wird der
idealtypische Ablauf einer Strategieentwicklung beschrieben.
Phasen der Strategieentwicklung
Die Entwicklung von Anpassungsstrategien für die Hafenwirtschaft lässt sich in acht Phasen
unterteilen:
Phase 1 – Akteursanalyse: Zu Beginn des Prozesses sollte eine grundlegende
Akteursanalyse durchgeführt werden, mit der zentrale Akteure identifiziert werden, die in den
Prozess der Strategieentwicklung einzubeziehen sind. Diese können über sektor/regionsspezifisches Wissen, Planungs- und Umsetzungskompetenzen verfügen. Dazu
zählen u.a. Vertreter von Hafen- und Schifffahrtsämtern und der Hafenwirtschaft. Es sollte
analysiert werden, in welcher Beziehung diese Akteure bislang stehen. Gibt es bereits
Kooperationen zwischen ihnen, die sich sinnvoll auf die Entwicklung einer gemeinsamen
44
Bailey 2008, a.a.O., S. 4.
103
RADOST-Jahresbericht 2014
Anpassungsstrategie ausweiten lassen? Liegen zwischen einzelnen Akteuren Konflikte vor,
ohne deren Lösung eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht möglich ist? Welche
Schlüsselakteure müssen in den Prozess mit eingebunden werden, da ohne sie die
Entwicklung und Umsetzung der Strategie nicht möglich wäre? Welche Ziele verfolgen die
Akteure? Welche Bedenken und Vorbehalte haben sie gegenüber der Entwicklung einer
Anpassungsstrategie?
Phase 2 – Klimafolgenanalyse: In der zweiten Phase werden alle verfügbaren Daten zur
Änderung des Klimas in der Region und die damit verbundenen Folgen gesammelt und
aufbereitet. Die vorgeschaltete Akteursanalyse kann hier Akteure benennen, die über
regionale Daten zum Klimawandel und dessen Folgen verfügen. Fehlen Daten, müssen
diese soweit möglich nacherhoben werden. Die Sammlung und Aufbereitung der regionalen
Klimadaten und -folgen ist wichtig, da möglichst konkrete Aussagen es den Akteuren im
weiteren Verlauf erleichtern, angemessene Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln.
Phase 3 – Stärken-Schwächen-Analyse: Die Analyse der Ressourcen und Fähigkeiten über
die ein Hafenstandort verfügt, bildet die Grundlage für eine Stärken-Schwächen-Analyse.
Ziel ist es, im Vergleich zu den Wettbewerbshäfen ehrlich die Kernkompetenzen, Vorteile
und Defizite des eigenen Standortes herauszuarbeiten. Neben den üblicherweise zu
betrachtenden Faktoren, wie Kapitalausstattung, Qualifikation der Mitarbeiter, Kosten,
Kapazität der Verkehrsanbindungen, regionale und Gütergruppen spezifische
Diversifizierung, sollten in dieser Analyse auch die Robustheit der Supra- und Infrastrukturen
gegenüber klimatischen Einflüssen berücksichtigt werden.
Phase 4 – Chancen-Risiken-Analyse: In dieser Phase sollten die in Phase 1 identifizierten,
für den Anpassungsprozess wichtigen Akteure auf der Grundlage der aufbereiteten
regionalen Klimadaten und -folgen Chancen und Risiken, die sich für die Hafenwirtschaft/
den Hafenstandort aus den möglichen Klimaänderungen ergeben können, identifizieren und
bewerten. Nach ihrer Identifizierung folgt die Bewertung der Chancen und Risiken. Hier
bietet sich ein strukturiertes Vorgehen an. Zunächst sollte geprüft werden, wie hoch die
Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Chancen und Risiken sind. Anschließend sollte
abgeschätzt werden, wie hoch der Schaden bzw. der Nutzen beim Eintreten des Risikos
bzw. der Chance ist. Aus der Verbindung von Eintrittswahrscheinlichkeit mit dem Schadensbzw. Nutzenpotenzial ergibt sich für jedes bewertete Risiko und jede bewertete Chance ein
individuelles Risiko-/Chancen-Level.
Phase 5 – Leitbildentwicklung: Nun gilt es für die Beteiligten eine gemeinsame Vision von
der zukünftigen Entwicklung des Hafens unter Berücksichtigung des Klimawandels zu
schaffen. Wie widerstands- und anpassungsfähig gegenüber den potenziellen
Klimaänderungen soll der Standort sein? Welche Funktionen müssen beim Eintreten eines
Extremwetterereignisses unbedingt aufrechterhalten oder in kürzester Zeit wieder hergestellt
sein? Wie könnten sich die Quell- und Zielmärkte der umzuschlagenden Seegüter
entwickeln? Wie können sich die verschiedenen Verkehrsträger entwickeln, die den Hafen
mit seinem Hinterland verbinden bzw. in direkter Konkurrenz zur Seeschifffahrt und damit
zum Hafen stehen? Welche rechtlichen Restriktionen deuten sich für die Zukunft an? Trotz
der vielfältigen Wirkungsebenen sollte der Fokus der Leitbildentwicklung jedoch auf dem
Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels liegen.
Phase 6 – Bestimmung von Handlungsfeldern und Zielen: Auf dem Leitbild aufbauend
werden in dieser Phase zunächst die Handlungsfelder identifiziert, denen sich die
Anpassungsstrategie vertieft widmen soll. Anschließend werden für jedes Handlungsfeld
104
RADOST-Jahresbericht 2014
Ziele definiert. Sie sollten spezifisch (eindeutig), messbar, attraktiv, realistisch (umsetzbar)
und terminiert (Terminvorgabe) sein.
Phase 7 – Entwicklung und Bewertung von Maßnahmen: In dieser Phase werden aus den
Zielen heraus Maßnahmen entwickelt. Es ist ratsam, spätestens in dieser Phase alle für die
Umsetzung der Maßnahmen zuständigen Entscheidungsträger einzubinden. Die
Maßnahmen sollten anschließend bewertet, priorisiert und terminiert werden. Es sollten
außerdem Methoden, Instrumente und Verfahren benannt werden, mit denen diese
Maßnahmen umgesetzt werden sollten.
Phase 8 – Erfolgskontrolle: Diese abschließende Phase dient der Überprüfung, ob die
geplanten Maßnahmen umgesetzt wurden und ob die anvisierten Ziele mit ihnen erreicht
werden konnten.
Die Abfolge der hier vorgestellten acht Phasen der Strategieentwicklung ist nicht als
zwingend chronologischer Ablauf zu verstehen. Vielmehr wird es im Laufe der
Strategieentwicklung zwischen den einzelnen Phasen immer wieder zu Rückkopplungen
kommen. Es empfiehlt sich außerdem, die Arbeiten der Phasen 1 und 2 fortzuführen und
daraus neu hinzugewonnene Akteure und Erkenntnisse in den laufenden Prozess mit
einzubeziehen. Denkbar ist auch, dass einzelne Ziele oder gar das Leitbild neu formuliert
werden müssen, wenn sich möglicherweise in der Zwischenzeit Rahmenbedingungen
grundlegend geändert haben.
Kriterien für die Anpassung von Hafenstandorten
Im Folgenden werden Kriterien für die Gestaltung klimaangepasster Hafenstandorte
vorgestellt. Sie wurden von Godschalk 2002, 20034546; Birkmann und Fleischhauer 200947;
BMVBS und BBSR 200948 und Birkmann et al. 201249 für die Gestaltung resilienter urbaner
Systeme und Infrastrukturen entwickelt und im Rahmen dieser Arbeit auf den Bereich der
Hafenwirtschaft angepasst.
Vorausschauende Planung: Anpassungsplanung sollte vorausschauend ausgerichtet sein.
So müssen einige Anpassungen langfristig vorgenommen werden, um ihre Wirkung zu
entfalten oder weil ihre frühzeitige Umsetzung kostengünstiger ist. Ohnehin anstehende
Instandhaltungs- und Neubaumaßnahmen sollten genutzt werden, um Anpassungen
kostengünstig umzusetzen. Vorausschauende Planung beinhaltet auch den Verzicht auf
Entwicklungen in besonders vulnerablen Bereichen des Hafengeländes, so zum Beispiel auf
besonders tiefgelegenen oder windexponierten Flächen. Vorausschauende Planung
widerspricht oftmals der flexiblen Planung, die ein inkrementelles Vorgehen beinhaltet. Hier
bedarf es einer einzelfallgerechten Abwägung.
Reduktion der Exposition: Eine Verlagerung von Nutzungen und Infrastrukturen aus
besonders gefährdeten Bereichen eines Hafens in weniger gefährdete Bereiche kann die
Exposition verringern. Mit der Verlagerung von Nutzungen und Infrastrukturen entstehen
45
Godschalk, David R. (2002): Urban Hazard Mitigation: Creating Resilient Cities. Urban Hazards Forum
46
Godschalk, David R. (2003): Urban Hazard Mitigation: Creating Resilient Cities. In: Natural Hazards Review 4,
Nr. 3: 136–143
47
Birkmann, Jörn und Mark Fleischhauer (2009): Anpassungsstrategien der Raumentwicklung an den
Klimawandel: „Climate Proofing” — Konturen eines neuen Instruments. In: Raumforschung und Raumordnung
67, Nr. 2 (März): 114–127
48
BMVBS und BBSR, Hrsg. (2009): Klimawandelgerechte Stadtentwicklung - Wirkfolgen des Klimawandels
49
Birkmann, Jörn, Jochen Schanze, Peter Müller und Manfred Stock, Hrsg. (2012): Anpassung an den
Klimawandel durch räumliche Planung - Grundlagen, Strategien, Instrumente. E-Paper der ARL 12. Hannover
105
RADOST-Jahresbericht 2014
oftmals Kosten- und Akzeptanzprobleme sowie Flächennutzungskonkurrenzen. Mitunter ist
eine Verlagerung nicht realisierbar, wenn entsprechende Ersatzflächen fehlen.
Diversifizieren: Ein auf wenige Regionen und oder Gütergruppen spezialisierter Hafen trägt
ein besonders hohes Risiko. Sollten klimabedingt in Zukunft weniger Güter dieser Regionen
oder dieser Gütergruppen gehandelt werden, könnte dies die Existenz des Hafens
gefährden. Räumliche Diversifikation setzt auf die Ausbalancierung von Infrastrukturen,
Umschlags- und Lagerplätzen. Ein dezentral gegliederter Hafen mit mehreren möglichst
eigenständigen Raumeinheiten trägt ein geringeres Risiko einer vollständigen Einstellung
des Hafenbetriebes als ein zentral ausgerichteter Hafen.
Redundanzen aufbauen: Wie die Diversifikation zielt auch der Aufbau redundanter Systeme
auf die Reduktion von Abhängigkeiten. Mehrere funktional vergleichbare Elemente können
im Störfall die Störung eher untereinander ausgleichen und damit die Funktion
aufrechterhalten als ein System ohne sich im Störfall ersetzender Elemente. Der Aufbau
redundanter Strukturen ist jedoch sehr ressourcenintensiv und widerspricht somit den
Grundsätzen des effizienten Ressourceneinsatzes.
Robustheit herstellen: Generell lassen sich alle vom Menschen geschaffenen Strukturen
robuster und damit weniger anfällig gegenüber dem Klimawandel machen. So kann Schäden
an Supra- und Infrastrukturen durch veränderte Bauweise und intelligente Anordnung besser
vorgebeugt werden. Ein Beispiel hierfür sind schwimmende oder angehobene Gebäude.
Effizienter Ressourceneinsatz: Der effiziente Einsatz von Ressourcen ist in mehrerer
Hinsicht von Vorteil. Das Erreichen eines Zieles mit minimalem Mitteleinsatz ist ökonomisch
vorteilhaft, denn es bindet nur die wirklich notwendigen Ressourcen. Der Hafenstandort
behält damit möglichst viele Ressourcen zur freien Verfügung für das Erreichen weiterer
Ziele oder für die Reaktion auf plötzlich auftretende Schadensereignisse, verursacht zum
Beispiel durch extreme Wetterereignisse. Ein sparsamer Umgang mit den Ressourcen
reduziert zudem die Umweltbelastungen.
Synergien nutzen: Möglicherweise lassen sich Anpassungen kostengünstig umsetzen, wenn
sie weitere Funktionen übernehmen und sich dadurch ihr Nutzen beziehungsweise ihre
Wirtschaftlichkeit erhöht. Dachbegrünungen beispielsweise übernehmen eine Kühlfunktion
für das Gebäude sowie seine direkte Umgebung. Insbesondere in besonders warmen
Perioden kann dies die Kosten für die Raumklimatisierung dämpfen oder gar die
Arbeitsproduktivität erhalten. In niederschlagsreichen Perioden wird der Abfluss des
Niederschlags verzögert und Abflussspitzen in der Regenwasserkanalisation können
gedämpft werden.
Flexibilität bewahren: Angesichts der Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Entwicklung
des Klimas aber auch der ökonomischen, politischen und weiteren Rahmenbedingungen,
erscheint es zudem sinnvoll, eine stets ausreichende Flexibilität zu bewahren. Auf bislang
unbekannte Entwicklungen kann ein flexibles System deutlich besser reagieren als ein
System mit starren Strukturen. Durchzuführende Maßnahmen sollten somit umkehrbar sein
und nicht selbst zu Problemen werden.
Fazit und Ausblick
Die oben dargestellten potenziellen Anpassungsbedarfe machen deutlich, wie breit das
Spektrum der Handlungsmöglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten in den deutschen
Ostseehäfen im Verlauf dieses Jahrhunderts werden kann. Von einfachen Anpassungen der
Betriebsabläufe bis hin zu kostenintensiven Investitionsmaßnahmen ist vieles denkbar.
Jedoch werden die Anpassungsbedarfe nicht in allen Häfen im selben Umfang entstehen. Es
106
RADOST-Jahresbericht 2014
ist daher zwingend notwendig, die individuelle Verwundbarkeit eines jeden Hafens zu
überprüfen und eine standortspezifische Anpassungsstrategie zu entwickeln. Der
vorgestellte Ablauf einer Strategieentwicklung für die deutschen Ostseehäfen und die
Kriterien für die Gestaltung klimaangepasster Hafenstrukturen sollen im letzten Projektjahr
mit Vertretern von Infra- und Suprastrukturbetreibern in den deutschen Ostseehäfen
diskutiert
und
konkretisiert
werden.
Anschließend
sollen
Bausteine
einer
Anpassungsstrategie konzipiert werden, die der unterschiedlichen Betroffenheit und den
unterschiedlichen Ausgangssituationen in den deutschen Ostseehäfen Rechnung tragen.
Anwendungsprojekt 14 „Anpassungsstrategie für den Lübecker Hafen“
Ansprechpartner:
Heiko Wenzel
E-Mail: [email protected]
Competence in Ports and Logistics (CPL)
Nachdem in den vorangegangenen Projektphasen herausgearbeitet wurde, welche sich
ändernden Klimaparameter besonders prägnante Einflüsse auf den Hafenbetrieb in der
Region Lübeck haben werden, wurde der Anpassungsbedarf zum Abschluss der
Untersuchungen auch monetär bewertet.
Die Parameter, welche als besonders bedeutsam identifiziert wurden, waren die Zunahme
der Sturmintensitäten in den Wintermonaten und der ansteigende Meeresspiegel von 18 –
130 cm bis zum Jahr 2100.
Für die Erhöhung der Windgeschwindigkeiten weisen die Terminals des öffentlichen
Lübecker Hafens momentan eine gute Anpassung auf. Unbedeutende Schäden an Luken
und Hallentoren, die während der Stürme des Jahres 2013 zu verzeichnen waren, lassen
eine vorsorgliche Überprüfung einzelner Elemente dennoch ratsam erscheinen.
Der Anstieg des Meeresspiegels kann für einige Bereiche der öffentlichen Lübecker Häfen
negative Folgen haben. Für die drei Terminals Skandinavienkai, Vorwerker Hafen und
Schlutupkai II wurden anhand von Höhenplänen die Anfälligkeiten gegenüber einem
Meeresspiegelanstieg identifiziert.
Als Bemessungsgrundlage für die Terminals in den öffentlichen Lübecker Häfen dient die
Definition einer Sturmflut, die für den Bereich Lübeck auf eine Höhe von 1,7 m festgelegt
wurde. Zusätzlich sind Wellenhöhen von bis zu 60 cm zu berücksichtigen. Die notwendige
Mindesthöhe von Hafenbetriebsflächen sollte somit bei 2,3 m NN liegen.
Am Terminal Schlutupkai II ist eine durchgängige Höhe von über 3 m festzustellen, somit
kann das Terminal als sicher gegenüber Hochwassergefahren der nächsten Jahrzehnte
angesehen werden.
Der Skandinavienkai weist eine durchschnittliche Höhe der Kaimauern von 2,5 m auf. Eine
momentane Hochwassersicherheit ist gegeben. Je nach der Geschwindigkeit des
Meeresspiegelanstiegs sind zukünftige Anpassungen erforderlich.
Als kritisch ist hingegen die Situation des Terminals Vorwerker Hafen einzuschätzen. In der
nachfolgenden Grafik ist ersichtlich, dass sich einige Hallen auf einer Höhe von 2,3 m
befinden und die Verkehrswege zum Teil nur 2,1 m NN aufweisen.
107
RADOST-Jahresbericht 2014
2,8m
2,4m
2,5m
2,5m
2,5m
2,5m
2,3m
2,1m
2,4m
2,1m
2,3m
2,3m
2,3m
Abbildung 69: Höhenangaben des Terminals Vorwerker Hafen
Unter der Annahme eines Meeresspiegelanstiegs um 20 cm bis zum Jahr 2050 müssten
allein am Terminal Vorwerker Hafen zwischen 17,6 und 29,4 Mio. Euro in die Anpassung von
Verkehrsflächen und Hallen, insbesondere in die Erhöhung der Hallenböden, investiert
werden. Abbildung 2 zeigt die Bereiche, wo solche Anpassungen erforderlich werden. Die
Spanne der Investitionssumme ergibt sich aus der Kombination von möglichen
Hallenbodensanierungen und notwendigen Hallenneubauten.
Rot = anzupassende Verkehrswege
Grün = anzupassende Hallen
Abbildung 70: notwendige Anpassungsbereiche bei 20 cm Meeresspiegelanstieg
Allein durch einen Anstieg des Meeresspiegels um weitere 10 cm bis zum Jahr 2050 wären
am Vorwerker Hafen bereits zwischen 41,7 und 55,1 Mio. Euro für die Anpassung des
Terminals notwendig.
Abbildung 71 zeigt die Bereiche des Terminals Vorwerker Hafen, welche in diesem Fall
betroffen sind.
108
RADOST-Jahresbericht 2014
Rot = anzupassende Verkehrswege
Grün = anzupassende Hallen
Abbildung 71: notwendige Anpassungsbereiche bei 30 cm Meeresspiegelanstieg
Auch die Teilflächen auf dem Terminal Skandinavienkai (ohne Abb.) müssten mit einem
Investitionsumfang von ca. 17,9 Mio. Euro erhöht werden, um eine Hochwassersicherheit
weiterhin zu gewährleisten.
Die notwendigen Gesamtinvestitionen der öffentlichen Lübecker Hafenterminals würden bei
einem Meeresspiegelanstieg um 30 cm somit bereits bei 59,5 bis 71 Mio. Euro liegen.
In Gesprächen mit den Terminalbetreibern konnte festgestellt werden, dass die vorliegenden
Kenntnisse über die Klimaentwicklungen am Standort Lübeck bei den zukünftigen
Investitionen Beachtung finden sollen, Anpassungen weiterhin vorwiegend im Rahmen
lebenszyklischer Erneuerungsarbeiten erfolgen können. Der monetäre Anteil der
Klimaanpassung bei den Investitionen der Hafenbetreiber kann schwer bewertet werden, da
bei turnusmäßigen Erneuerungen nur ein kleiner Teil der Bausummen aus einer
verbesserten Hochwassersicherheit herrührt.
Insgesamt sind die öffentlichen Lübecker Häfen aufgrund der Art ihrer Geschäftstätigkeit
schon gut an den Klimawandel angepasst, wogegen umliegende natürliche Küstenbereiche
deutlich eher mit den Folgen der Klimaänderungen in Berührung kommen werden.
109
RADOST-Jahresbericht 2014
Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die
routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen
Federführung: HZG
Ansprechpartner:
Dr. Ralf Weisse
E-Mail: [email protected]
Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG)
Katja Wöckner-Kluwe
E-Mail: [email protected]
Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG)
Schiffe sind entsprechend ihrem Einsatzgebiet verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt.
Diese sich ändernden Umwelteinflüsse über die gesamte Nutzungsdauer der Schiffe stärker
in das Entwurfskonzept einzubinden, stellt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. An
der Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG) wurde dazu ein innovatives Konzept entwickelt
und mithilfe von Umweltdaten des HZG für die Nordsee getestet und umgesetzt. Ein
analoger Ansatz wurde nun in RADOST basierend auf den Seegangsrechnungen und
Ergebnissen des Teilmoduls 2.2 für die Ostsee entwickelt und in das operationelle
Schiffsentwurfssystem der FSG übernommen. Im Folgenden wird beispielhaft der Einsatz
des Systems für den Entwurf einer Fähre auf der Strecke Stockholm-Riga diskutiert
(Abbildung 72).
Neben der zu erwartenden Fahrplantreue spielt das Komfortempfinden der Passagiere eine
entscheidende Rolle bei der Planung des Schiffes. Hierbei werden beispielsweise das Rollen
und Stampfen des Schiffes im Seegang als unangenehm empfunden. Gewisse Grenzwerte
für Roll- und Stampfwinkel sollten deshalb möglichst nicht überschritten werden. Mit Hilfe der
in das Entwurfssystem übernommenen Seegangsdaten wurden deshalb zu erwartender Rollund Stampfwinkel in Abhängigkeit von Wellenhöhe, Periode und Begegnungswinkel
bestimmt (Abbildung 73). Aus der Statistik der Seegangsdaten kann ermittelt werden, dass
die Komfortkriterien im Großteil der Zeit eingehalten werden, jedoch bei stürmischen
Bedingungen überschritten werden können. Dies wird von der überwiegenden Zahl der
Passagiere als unangenehm empfunden.
Zur Reduzierung der Rollbewegungen in schwerem Seegang wird deshalb vorgeschlagen,
das Schiff mit Stabilisierungsflossen auszustatten. Eine Neuberechnung zeigt, dass sich
damit die Bewegungsamplituden des Schiffes im Seegang deutlich reduzieren lassen und
die Komfortkriterien der Passagiere eingehalten werden können. Da die Flossen den
Widerstand des Schiffes deutlich erhöhen, sollten sie als einschwenkbare Flossen
ausgeführt werden, damit sie nur bei entsprechenden Wetterbedingungen genutzt werden.
Da die zu erwartende Lebensdauer eines Schiffes wesentlich geringer ist als die Zeitskalen
zu erwartender Klimaänderungen infolge der anthropogenen Erwärmung, werden in dieser
Anwendung ausschließlich heutige klimatische Bedingungen betrachtet. Ändern sich die
klimatischen Bedingungen langfristig, besteht eine einfache Anpassungsmaßnahme darin,
110
RADOST-Jahresbericht 2014
neue Schiffe gemäß den dann zu erwartenden Bedingungen zu konstruieren. Weitere Details
finden sich in einem spezifischen Report auf der RADOST Website.50
Abbildung 72: Visualisierung des Schiffsrumpfes im Seegangsfeld (links) und Route der Fähre
(rechts)
Abbildung 73: Abhängigkeit des Rollwinkels (links) und des Stampfwinkels (rechts) in Grad in
Abhängigkeit von der Wellenhöhe, der Periode (blau, orange) und dem Begegnungswinkel
(mu=180, 90, 0 Grad) entsprechend vorderlichem, seitlichem und achterlichem Seegang.
Die Komfortlimits sind als schwarze waagerechte Linie eingezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fähre auf
entsprechende Umweltbedingungen entlang ihrer Route trifft, kann mit Hilfe der großräumigen Seegangsdaten
aus Teilmodul 2.2 bestimmt werden.
50
Katja Wöckner-Kluwe; Jörn Langheinrich; Thomas Stoye (2013): Anwendungsprojekt 15: Integration von
Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen. Flensburger SchiffbauGesellschaft. Flensburg. http://klimzug-radost.de/publikationen/integration-von-umweltdaten
111
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 5: Naturschutz und Nutzungen
Federführung: IfAÖ
Ansprechpartner/in:
Timothy Coppack
E-Mail: [email protected]
Claudia Möller
E-Mail: [email protected]
Institut für Angewandte Ökosystemforschung, Neu Broderstorf (IfAÖ)
Im Fokusthema „Naturschutz und Nutzungen“ wurden die naturschutzfachlichen Aspekte und
vielfältigen Nutzungen im Bereich der deutschen Ostsee und insbesondere des
Fokusgebietes Adlergrund, Greifswalder Bodden und Pommersche Bucht östlich der Insel
Rügen vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Klimaanpassung über einen
Zeitraum von viereinhalb Jahren verfolgt. Dabei bestätigte sich insbesondere die Relevanz
der beiden Nutzungskategorien Offshore-Windenergienutzung (als Klimaschutzmaßnahme)
sowie des marinen Sand- und Kiesabbaus (für den Küstenschutz als
Klimaanpassungsmaßnahme) als wichtigste Belange in diesem Arbeitspaket.
Im Berichtszeitraum 2013-2014 konzentrierte sich das IfAÖ auf die Konfliktdarstellung von
Nutzungsformen mit besonderer Bedeutung für die Umwelt- und Klimaveränderungen, und
erarbeitete konkrete Empfehlungen zur Vermeidung und Minderung von Beeinträchtigungen
mariner Schutzgüter. Im Fokus standen dabei die im Laufe des RADOST-Projektes
betrachteten Leitarten für klimatische Veränderungen in der RADOST-Projektregion, die
Eisente und ihre Nahrungsgrundlage Muscheln sowie ihre Abhängigkeit von der Präsenz und
Beschaffenheit ihrer Habitate.
Weiterhin wird derzeit ein sogenannter Atlas mit Fakten und Informationen zum Fokusthema
erstellt, die u. a. aus dem RADOST-Wiki (vgl. 4. RADOST-Jahresbericht) stammen. Der
Atlas wird „factsheets“ und dazugehörige Kartendarstellungen zu den Themen Naturschutz,
Nutzungen und Konflikte in der RADOST-Projektregion enthalten.
Aktueller Stand der Netzwerkbildung
Im RADOST-Jahr 2013/2014 nahmen Vertreter des IfAÖ an mehreren Veranstaltungen zu
Themen der Meeresumwelt und Raumplanung auch mit eigenen Beiträgen mit direktem
Bezug zum Fokusthema teil (siehe Tabelle 2 in Modul 1 und Tabelle 17 in Modul 5).
Weiterhin ist die Plattform RADOST-Wiki als lebendiges Wissensportal öffentlich zugänglich.
Ergänzungen werden auch zukünftig über den RADOST-Zeitraum hinaus vorgenommen,
wobei großer Wert auf die Kooperation mit Fachleuten des RADOST-Teams und weiteren
Partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Lehre und der Öffentlichkeit
gelegt wird, um so das über die RADOST-Jahre aufgebaute Netzwerk erhalten und festigen
sowie ein aktuelles Wissensportal anbieten zu können.
Arbeitspaket 1.6.2: Ökologische Untersuchungen
Innerhalb des Schwerpunktthemas „Ökologie und biologische Vielfalt“ lag der Fokus auf den
möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fauna und Flora im deutschen
Ostseeraum. Es ist anzunehmen, dass sich in den nächsten 100 Jahren die abiotischen
Bedingungen der Ostsee, wie z.B. Temperatur und Salzgehalt aufgrund des Klimawandels
112
RADOST-Jahresbericht 2014
ändern werden1. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob und in welche Richtung
sich das Ökosystem der Ostsee verändern wird. Im Rahmen von RADOST wurde der
Schwerpunkt auf zwei Indikatoren für Klimaveränderungen gelegt, die ein Beispiel der
ökologischen Abhängigkeit repräsentieren. Ein gewählter Indikator waren Vertreter der
Benthosgemeinschaften in der Ostsee, hier lag der Fokus auf Muschelarten, wie die
Miesmuschel
(Mytilus
edulis),
die
Sandklaffmuschel
(Mya
arenaria),
die
Lagunen-Herzmuschel (Cerastoderma glaucum) und die Baltische Plattmuschel (Macoma
balthica), die in direkter Abhängigkeit zu Salz- und Sauerstoffgehalt stehen. Als zweiter
Indikator wurde die Eisente als in der Ostsee überwinternde Art gewählt, die sich, wie
Mageninhaltsanalysen ergaben, von den genannten Muscheln ernähren (ausführlich in
Jahresbericht 2013).
Bislang können die ökologischen Beziehungen noch nicht hinreichend mit Daten belegt
werden. Weitere Untersuchungsergebnisse zur Verteilung von benthischen Organismen
(insbesondere Muschelarten) in Abhängigkeit von abiotischen Faktoren sind erforderlich und
in Beziehung zu anthropogenen Einflüssen (Kies-, Sandgewinnung und Windkraft) und
Veränderungen des Klimas zu setzen. Darauf aufbauend ist der Einfluss der benthischen
Verteilung auf das Vorkommen der Eisente weiter zu untersuchen. Die Verschneidung der
biologischen Ergebnisse mit Modelldaten des IOW (GETM und MOM/ERGOM) dienen
hierbei der Veranschaulichung der ökologischen Beziehungen im Kontext des Klimawandels.
Der bisherige Kenntnisstand zu den laufenden Untersuchungen wird in den Arbeitspaketen
2.4.1 und 2.4.2 in Modul 2 ausführlicher dargestellt.
Arbeitspaket 1.6.3: Naturschutzfachliche Aspekte und Nutzungen
Wie eingangs erwähnt, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die relevantesten
Nutzungskategorien Offshore-Windenergienutzung (als Klimaschutzmaßnahme) und marine
Sand- und Kiesgewinnung (für den Küstenschutz als Klimaanpassungsmaßnahme).
Meeresnaturschutz vor dem Hintergrund von Maßnahmen zum Klimaschutz
Im vergangenen Jahresbericht 2013 wurde der Sand- und Kiesabbau hinsichtlich seines
großen Bedarfs und seiner Folgen für die Umwelt betrachtet. Dazu gehörte auch die
Darstellung der bestehenden rechtlichen Regelungen zum Abbau und die direkten
Maßnahmen zum Schutz der Habitate für die Riff- und Weichbodenfauna, als Leitlinie für die
Planung und Durchführung des Abbaus von Kiesen und Sanden.51. Zudem wurde auf die
praktischen Probleme bei der Umsetzung von naturschutzrelevanten Gesetzen,
Verordnungen und Richtlinien hingewiesen. Weiterhin wurde die Förderung, das steigende
Interesse am Ausbau der Offshore- Windenergie mit Hintergrundinformationen zur Historie,
zum Ist-Stand der Planungen und Genehmigungen, zu rechtlichen Regelungen im
Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeit sowie zu zukünftigen Offshore-Windparks in
der Ostsee (siehe auch Fortschreibung Landesraumentwicklungsprogramm MecklenburgVorpommern, LEP M-V) betrachtet (ausführlich im Jahresbericht 2013).
51
Müncheberg, R., Gosselck, F., Coppack, T., Weidauer, A. (2012): Klimawandel an der Ostsee:
Interessenskonflikte zwischen Natur- und Küstenschutz bei der Gewinnung mariner Sande. In:
Klimaanpassung als Herausforderung für die Regional- und Stadtplanung, Mahammadzadeh M.,
Chrischilles E. (Hrsg.), KLIMZUG-Working Paper;
Weigelt, M. (2012): Naturschutzrechtliche Behandlung von Eingriffen im Küstenmeer von M-V – ein
Beitrag zum Maßnahmenprogramm der MSRL, RADOST-Tour 2012, StALU Mittleres Mecklenburg
113
RADOST-Jahresbericht 2014
Sand-, Kiesabbau für den Küstenschutz
Die Gewinnung von Erdöl, Erdgas, Sand und Kies in der Ostsee besteht seit ca. 40 Jahren.52
Zwischen 1991 und 2012 wurden jährlich zwischen 500.000 und 4 Mio. Tonnen Kies und
Sand abgebaut.53 Für gewerbliche Nutzungen dieser Rohstoffe stehen bis jetzt 14
Bewilligungsfelder (5 genehmigt) in der Ostsee zum Abbau zur Verfügung.54
Weiterhin werden Bewilligungsfelder für den Küstenschutz mit der Begründung zum Schutz
vor Abrasion und zur Bewahrung menschlich besiedelten Bodens im Zuge des Klimawandels
benötigt. Derzeit gibt es für den Bereich der Ostsee 15 Bewilligungsfelder für den
Küstenschutz (bis jetzt noch keine zugelassenen Flächen).55
In der Vergangenheit wurde auch für den Küstenschutz (für die Aufspülung) vor den Inseln
Föhr und Sylt Sand und Kies aus Schutzgebieten, z.B. dem Nationalpark SchleswigHolsteinisches Wattenmeer, abgebaut (Bsp. Westerland II).56 „Im Bereich des schleswigholsteinischen Küsten-meeres ist für den marinen Sand- und Kiesabbau das genehmigte
neun Quadratkilometer große Gebiet Westerland III westlich von Sylt zu nennen, wo bereits
seit längerer Zeit die Sandentnahme ausschließlich für Maßnahmen des Küstenschutzes
erfolgt. Vor dem Hintergrund der bestehenden Genehmigung und der besonderen
Bedeutung des Vorhabens für den Küstenschutz ist dieses in der Hauptkarte als Fläche für
Sedimententnahme
ausgewiesen.
Nach
den
Schutzbestimmungen
des
Nationalparkgesetzes sind neben der genehmigten Sandentnahme des Bewilligungsfeldes
Westerland III vor Sylt nur die Sand- und Kiesgewinnung für die Versorgung der Inseln und
Halligen für Zwecke des Küstenschutzes zulässig“.57
Der Kies- und Sandabbau für den Küstenschutz wie für den wirtschaftlichen Zweck
beeinflusst die natürlichen Gegebenheiten vor Ort. Es wurde nachgewiesen, dass die
Methode des Saugbaggerns die betroffenen Meeresgebiete beeinträchtigt, auch wenn
zunächst nur kleinräumig. Eine englische Untersuchung belegt, dass Gebiete, die 25 Jahre
lang für Sandabbau genutzt wurden, etwa 6 Jahre brauchen, um vollständig wiederbesiedelt
zu werden.58 Nach kurzfristiger oder einmaliger Baggerung stellen sich die ursprünglichen
Verhältnisse bereits nach ein bis zwei Jahren wieder ein. Weiterhin wird die
Zusammensetzung des Sediments nach dem Abbau verändert. Werden Kies oder Grobsand
abgebaut, füllen sich die vertieften Flächenbereiche häufig mit feinerem Sand, der durch die
Strömung herantreibt. Auch das beim Abbau inzwischen ebenfalls angewandte
Stechkopfverfahren führt zu einer Veränderung des Bodensubstrats. In feinkörnigen Arealen
leben andere Meeresbewohner als in grobkörnigen. Die Veränderungen können, auch wenn
nur auf lokaler Ebene, über Jahre anhalten und somit Lebensgemeinschaften und einzelne
52
Reith, T. (2001): Rohstoffgewinnung in der Ostsee – Studienarbeit, Mittelseminar „Die Ostsee:
Schutz und Nutzung“, Geographisches Institut der Universität Kiel, Pkt. 1 Einleitung
53
Festbroschüre zu „20 Jahre Bergamt Stralsund, 1990 bis 2010“, Hrsg. Bergamt Stralsund und
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Mecklenburg- Vorpommern, 2010
54
Polzin, H. (2012): mündliche Aussage, RADOST-Tour 2012, Ozeaneum Stralsund
55
Polzin, H. (2012), a.a.O.
56
BUND S-H (2009): Stellungnahme des BUND Schleswig-Holstein e.V. zur Antwort auf die große Anfrage der
Fraktion der SPD zur „Bilanz und Zukunft des Küstenschutzes in Schleswig-Holstein an Nord- und Ostsee
(Drucksache 16/ 2403).
57
Broschüre Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010, Hrsg. Innenministerium des Landes
Schleswig-Holstein.
58
WOR 3 (2014): World Ocean Review (Teil 3) – mit den Meeren leben, Rohstoffe aus dem Meer –
Chancen und Risiken, Zusatzinfo: Sand, Kies und Phosphat aus dem Meer, Hrsg. marlbus in
Kooperation mit Ozean der Zukunkt, die Kieler Meereswissenschaften, mare und International
Ocean Institute.
114
RADOST-Jahresbericht 2014
Arten verdrängen.59 Betroffen davon sind u. a. die o. g. Muscheln. Einerseits sind sie durch
die Saugbaggerung selbst gefährdet, wie z. B. die Sandklaffmuschel, die eingegraben im
Substrat lebt und sich über Siphos mit Nahrung versorgt. Werden die Muscheln rausgespült
bzw. ihr Habitat abgetragen, überleben sie dies nicht. Andere Muscheln leben auf dem
Substrat und verlieren u. a. durch den Abbau von Grobsand und Kies ihren Lebensraum.
Schließlich besteht die Möglichkeit, dass mit einer Erweiterung des Kies- und Sandabbaus
die Nahrungsquelle in Form der Muscheln für Vogelarten wie die Eisente abnimmt und somit
auch diese Art ihre jedes Jahr aufgesuchten Nahrungsgebiete verliert und letztlich zumindest
vorübergehend in andere Gebiete verdrängt wird. Da die Eisente auf bestimmte
Nahrungsgebiete spezialisiert ist, kann aufgrund der Verdrängung auch ein Artenverlust nicht
ausgeschlossen werden.60
Die Sand- und Kiesentnahme kann zudem zu einem Verlust von Fischnahrungsgebieten und
Aufwuchshabitaten führen, denn mit der Entnahme von Sand und Kies und den damit
veränderten Habitaten, gehen möglicherweise Nahrungsgrundlagen für Fische und
geschützte Bereiche für Jungfische (u. a. für Sandaale) verloren.
Offshore-Windenergie
Das Ziel, die fossilen, in absehbarer Zeit endlichen und in ihrer Nutzung umwelt- bzw.
gesundheitsschädlichen Energieressourcen durch regenerative Energien schnellstmöglich zu
ersetzen erfordert u. a. auch eine Erweiterung der Offshore-Windenergie. Die
verhältnismäßig kleine Meeresfläche der deutschen Ostsee (ca. 15.475 km²) verfügt über
einen überwiegend recht schmalen AWZ-„Streifen“ (AWZ-Fläche ca. 4.452 km², 28,8 %),
sodass zukünftigen Planungen für Offshore-Windparks (OWP) im Küstenmeer eine
besondere Bedeutung zukommt. Dies zeigt auch die derzeit laufende Fortschreibung des
Landesraumentwicklungsprogramms Mecklenburg-Vorpommern (LEP M-V), der als Entwurf
am 25. 2. 2014 vom Kabinett des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und
Landesentwicklung M-V für die erste Stufe des Beteiligungsverfahrens freigegeben wurde.
Das Beteiligungsverfahren, in dessen Rahmen sich jeder auch online zu dem Entwurf
äußern kann (siehe www.regierung-mv.de), beginnt voraussichtlich am 7. April 2014. Wie in
der Entwurfsfassung dargelegt, kommt der Windenergie unter energie- und klimapolitischen,
wirtschaftlichen und räumlichen Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung zu; ihr Anteil
soll deutlich erhöht werden. Vor dem Hintergrund, dass andere Nutzungen oder
naturschutzfachliche Anforderungen die Errichtung von WEA in bestimmten Gebieten
ausschließen, erfolgt die Festlegung mariner Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für
Windenergieanlagen (siehe Abbildung 74) anhand bestimmter Kriterien (z. B. Ausschluss in
Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung und EU-Vogelschutzgebieten).
59
BUND S-H (2009), a.a.O; WOR 3 (2014), a.a.O.
60
Sonntag, N., Garthe, S. (2011): Seevögel der Ostsee – Lebensansprüche und Bedrohung;
Forschungs- und Technologiezentrum Westküste, Universität Kiel, Büsum; Beitrag zum Seminar
"Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie MSRL – noch 10 Jahre bis zu einem guten Zustand der
Ostsee", 23.11.2011 im Konferenzzentrum der Technologiepark Warnemünde GmbH.
115
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 74: Marine Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergieanlagen
61
Quelle: Kartenauszug aus dem ersten Entwurf des LEP M-V
Während in dem LEP M-V aus dem Jahr 2005 zwei marine Eignungsgebiete für WEA
raumordnerisch festgelegt sind, weist dessen Fortschreibung im Entwurf acht marine
Vorrang- und vier Vorbehaltsgebietes für Windenergieanlagen aus. Die ausgewiesenen
Flächen liegen westlich des RADOST-Fokusgebietes Adlergrund, Greifswalder Bodden und
Pommersche Bucht.
Die Planung weiterer Offshore-Windparks ist in relativ kurzer Zeit möglich, ihre
Genehmigung dagegen ist, wie die letzten Jahre gezeigt haben, ein recht langwieriger
Prozess. So steht im RADOST- Gebiet derzeit eine größere Anzahl von in Planung
befindlichen Offshore-Windparks einer sehr geringen Anzahl an genehmigten Windparks
gegenüber. Erst zwei Offshore-Windparks sind in Betrieb („Baltic 1“ mit 21 Anlagen errichtet
auf Monopiles und „Rostock“ mit 1 Anlage). Von den drei genehmigten Offshore-Windparks
in der Ostsee befindet sich der „EnBW Windpark Baltic 2“ seit Ende 2013 in der Bauphase,
für die anderen beiden Windparks wurde die Frist des Baubeginns auf 2015 (OWP
„Wikinger“, ehemals „Ventotec Ost 2“) bzw. 2016 (OWP „Arkona-Becken Südost“) verlängert.
Die ersten Genehmigungstexte für diese Windparks stammen aus den Jahren 2005 bis
2007, denen z. T. mehrere Änderungsbescheide folgten.62 Weitere elf Windparks im Bereich
der
deutschen
Ostsee
(überwiegend
AWZ)
befinden
sich
derzeit
im
63
Genehmigungsverfahren.
Der langjährige Genehmigungsprozess, verbunden mit aufwändigen Untersuchungen zur
Charakterisierung der Naturausstattung im Vorhabens- und Referenzgebiet insbesondere
der Lebensgemeinschaften und der Erstellung der genehmigungsrelevanten Unterlagen
sowie zahlreichen Stellungnahmen aus der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange,
zeigt, dass die rasante Entwicklung der Windenergie und die großen Windparks eine hohe
Aufmerksamkeit erzeugen und kritisch betrachtet werden (siehe auch nicht genehmigte
61
http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal/de/vm/Themen/Landes_und_Regionalentwicklung/Fortschreibung_Landesraumentwicklungsprogramm/index.jsp
62
Vgl. www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/Windparks/index.jsp
63
Vgl. www.offshore-windenergie.net/windparks#ostsee
116
RADOST-Jahresbericht 2014
OWP im Bereich Adlergrund) und dass die Kenntnisse und Forschung im marinen Bereich
weiter zu vertiefen sind. Es bestehen noch viele fachspezifische Fragen bezogen auf
ökologische Veränderungen im Rahmen des Klimawandels einschließlich der ökologischen
und naturschutzrelevanten Auswirkungen, die vom Bau und Betrieb der OffshoreWindenergieanlagen ausgehen. Die inzwischen vorliegenden Monitoringdaten der
errichteten bzw. in Betrieb befindlichen OWP liefern erste Hinweise, die in den kommenden
Jahren im Blick auf das Zutreffen der prognostizierten Auswirkungen weiter zu verfolgen
sind. Beispielsweise bestätigte das baubegleitende Monitoring für einen OWP im
Wesentlichen die prognostizierten geringen Umweltauswirkungen (keine Störung
überwinternder Vögel durch Bauzeitenfenster, kein nachweisbarer Einfluss auf benthische
Artengemeinschaften und auf die Fische, Meeressäuger blieben unbeeinflusst).
Bezogen auf die im RADOST-Projekt betrachteten Leitarten stellt sich z. B. die Frage, wie
sich die vielen OWEA-Fundamente auf das Ökosystem Meer langfristig auswirken.
Einerseits bieten die Fundamente neue Habitate für Muscheln, die Hartsubstrat bevorzugen,
andererseits führt eine zu große Population, die sich in Windparks auch großflächig verteilt,
zu einer erhöhten Biomasseproduktion, womit die abiotischen (erhöhte Trophie) wie
biotischen Verhältnisse (Artendominanz und -verdrängung) und somit das ökologische
Gleichgewicht gestört werden können. Es ist nicht bekannt, wie gut das marine Ökosystem
„Ostsee“ solche Veränderungen, zusätzlich zu den klimatischen Veränderungen „abpuffern“
kann. Generell ist das Binnenmeer Ostsee aufgrund der nur sehr kleinen Verbindung zur
Nordsee und mit nur sehr geringem Austausch zwischen den beiden Meeren wenig tolerant
gegenüber Veränderungen.64
Es ist nicht hinreichend untersucht, wie groß der Verlust an Zug- und Rastvögeln sein wird,
wenn flächendeckend große Offshore-Windparks in der Nähe von Zug- oder Rastgebieten
errichtet werden. Die Erfassung von Rast- und Zugvögeln im Bereich der Ostsee ist
grundsätzlich kein abgeschlossener Prozess, sie erfolgt für Teilgebiete im Rahmen von
Genehmigungsverfahren und mit Hilfe von kontinuierlichen Radaraufnahmen auf der
Forschungsplattform FINO II. Die Auswertungen sind fachlich anspruchsvoll und zeitlich sehr
intensiv.
Arbeitspaket 1.6.4: Interpretation, Folgenabschätzungen
Aus den kritischen Betrachtungen der beiden Nutzungsformen mit den wesentlichsten
Einflüssen auf Natur und Umwelt in Arbeitspaket 1.6.3 ergeben sich folgende Empfehlungen
und Schlussfolgerungen:
Neben den bereits im vergangenen Jahresbericht (2013) genannten möglichen Maßnahmen
zur Vermeidung und Minderung von Eingriffen durch den Kies-, Sandabbau, für den
wirtschaftlichen Bedarf wie für Küstenschutzmaßnahmen, u. a. durch eine Begrenzung der
Abgrabungstiefe (auch im Blick auf die Wassertiefe im Bereich der Lagerstätte und dem
Vorkommen tauchender Enten), den Schutz vor Trübungsfahnen, Erhalt von min. 25 % des
Abbaugebietes (streifenförmiger Abbau), Rücksichtnahme auf Vögel und Robben (Rast-,
Nahrungsgebiete) mittels Lärmschutz, Abschaltzeiten, Rückgabe größerer Steine in die
Nähe des Entnahmeortes, Begrenzung von Nähr- und Schadstoffeinträgen, sollte
grundsätzlich – wie bei anderen Nutzungsformen auch – eine möglichst umweltverträgliche
Nutzung der natürlichen Ressourcen (marine Sedimente) angestrebt werden. Im Blick auf die
diesbezügliche Entwicklung in den letzten Jahren ist hervorzuheben, dass gewerbliche und
64
Hupfer, P. (2010): Die Ostsee – kleines Meer mit großen Problemen, eine allgemein-verständliche
Einführung. 5. Auflage
117
RADOST-Jahresbericht 2014
Küstenschutz-Lagerstätten mittlerweile dem gleichen Genehmigungsprozedere unterliegen
und es hier keine Unterscheidungen mehr nach dem Zweck des Abbaus gibt. In Ergänzung
zu den o. g. Maßnahmen sind weiterhin Abbauzeitenbeschränkungen während für Rastvögel
oder Meeressäuger (z. B. Schweinswal) sensibler Zeiten denkbar. Darüber hinaus könnte
grundsätzlich überlegt werden, wie der Bedarf reduziert oder das benötigte Material
anderweitig beschafft werden kann (z. B. aus Fahrwasservertiefungen).
Einige bisher gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen, z. B. zu Vogelzugkorridoren,
wichtigen Vogelzugrouten, Auswirkungen von Rammschall auf Meeressäuger und auch
Auswirkungen auf die Fischerei wurden während der RADOST-Tour 2012 (Stralsund) dem
Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung M-V gegenüber angesprochen
und wichtige Hinweise und Anregungen für die Fortschreibung des LEP gegeben
(ausführlich im Vorjahresbericht 2013), in der Hoffnung, dass so wesentliche
Beeinflussungen von Schutzgütern (Bsp. geschützte Biotoptypen, Rastgebiete,
Vogelzugkorridore) auch unter Berücksichtigung anderer Nutzungen wie Fischerei,
Schifffahrt und Militär, durch den Bau und Betrieb von Offshore-Windenergieanlagen mit
Berücksichtigung in der Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms bereits im
Vorfeld vermieden werden können.
Möglicherweise entfallen aufgrund von festgelegten marinen Vorranggebieten im
fortgeschriebenen LEP M-V auch zeitaufwändige Genehmigungsverfahren für weitere
Vorhaben wie Offshore Windparks und Rohstoffgewinnung.
118
RADOST-Jahresbericht 2014
Fokusthema 6: Erneuerbare Energien
Federführung: GICON
Ansprechpartnerin:
Cindy Dengler
E-Mail: [email protected]
GICON – Großmann Ingenieur Consult GmbH – Niederlassung Rostock
Das Fokusthema „Erneuerbare Energien“ befasst sich mit der Potenzialanalyse sowie dem
Einfluss des Klimawandels auf die Potenziale der erneuerbaren Energiequellen Geothermie,
Photovoltaik, Windenergie sowie Biogas. Im ersten Projektjahr wurden die Parameter
ermittelt, die einen Einfluss auf die Nutzung der erneuerbaren Energien ausüben. Im zweiten
und dritten Projektjahr erfolgte auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse
die genauere Analyse und Prognose der Potenziale und Perspektiven geothermischer
Energienutzungen, der Photovoltaik sowie der Windenergie an der deutschen Ostseeküste
unter dem Einfluss des Klimawandels. Im aktuellen Berichtszeitraum stand die Betrachtung
der erneuerbaren Energieform Biogas im Vordergrund. Weiterhin bilden die Netzwerkpflege
und die Vorstellung von Projektergebnissen bei Veranstaltungen einen wichtigen Bestandteil
der Arbeiten im Fokusthema.
Arbeitspaket 1.7.3: Analyse und Prognose der Entwicklung von Geothermie,
Photovoltaik, Windenergie und Biogas
Analyse und Prognose der Potenziale von Biogas unter dem Einfluss des
Klimawandels
Im Folgenden werden die unterschiedlichen Aspekte des Potenzials von Biogas (natürliches,
technisches und wirtschaftliches Potenzial) unter Aspekten des Klimawandels analysiert.
Tabelle 14 fasst die Ergebnisse zusammen.
Natürliches Potenzial
Wesentliche Grundlage für die Biogasproduktion ist derzeit die Landwirtschaft als ein
Lieferant von Ausgangssubstraten. Für die Kultivierung von Energiepflanzen wurden bereits
2012 mit 2,1 Mio. ha rund 12,6 % aller landwirtschaftlich genutzten Flächen Deutschlands
(16,7 Mio. ha) genutzt.65 In Deutschland werden hauptsächlich Raps, Mais und andere
Getreide als Energiepflanzen angebaut. Für die Produktion von Biogas wird hauptsächlich
Mais als Substrat verwendet. Daneben kommen auch Getreide- und Grassilagen sowie Gülle
zum Einsatz.
Die Ertragsleistung der Landwirtschaft und damit auch das natürliche Potenzial der
Energieform Biogas wird im Wesentlichen durch die natürliche Ertragsfunktion bestimmt.
Diese wiederum ist abhängig von Faktoren wie Bodenfruchtbarkeit, Wasserdargebot und
65
Agentur für Erneuerbare Energien e. V., Anbau
Nutzungskonkurrenzen und Potenziale (April 2013).
119
von
Energiepflanzen.
Umweltauswirkungen,
RADOST-Jahresbericht 2014
klimatischen Bedingungen. Die Landwirtschaft und auch Forstwirtschaft ist wie kaum ein
anderer Wirtschaftszweig vom Wetter und Klima abhängig und damit unmittelbar vom
Klimawandel betroffen. Die Auswirkungen des Klimawandels in diesem Bereich sind
vielfältig. Temperaturerhöhung, Veränderung der Niederschlagsverhältnisse und
zunehmende extreme Wetterereignisse bergen die Gefahr von zunehmenden
Bodenerosionen, Überflutungen und Waldbränden, um nur ein paar zu nennen.
Temperaturerhöhungen führen zu Hitzestress und damit zu Ertragsausfällen bei Pflanzen
und Tieren, die gemäßigtere Standortbedingungen gewohnt sind. In Verbindung mit
abnehmenden sommerlichen Niederschlägen besteht die erhöhte Gefahr von Dürren, welche
ebenfalls Ertragseinbußen zur Folge haben können. Nährstoffe sind bei geringer
Bodenfeuchte schlechter verfügbar und die Anfälligkeit gegenüber Winderosion nimmt zu. Im
Winter dagegen führen die zunehmenden Niederschläge zur Auswaschung von Nährstoffen
und zu einer erhöhten Erosion durch Wasser. Zudem beeinträchtigen zunehmend (stau-)
nasse Böden die Bearbeitung durch landwirtschaftliches Gerät. Obwohl in den
Küstenregionen der Nord- und Ostsee aufgrund der Nähe zum Meer und des relativ
ausgeglichenen
und
gemäßigten
Küstenklimas
ein
vergleichsweise
geringer
Temperaturanstieg zu erwarten ist, ist bei fehlender Anpassung auch hier mit verminderten
Ernteerträgen zu rechnen.
Andererseits scheint der Klimawandel auch Chancen für die Landwirtschaft zu bieten.
Voraussichtlich mildere Winter und weniger Frosttage führen im Frühjahr zu einer
Verlängerung der Vegetationsperioden. Bei einem moderaten Temperaturanstieg und
ausreichender Wasserversorgung würde dies sogar ein höheres Ertragspotenzial für viele
Pflanzensorten bedeuten. Als Beispiel ist hier Schleswig-Holstein zu nennen, wo sich im
Gegensatz zu Brandenburg durch die hohen Temperaturen im Jahr 2003
Ertragssteigerungen in Höhe von 8 % ergeben haben.66 Eine erhöhte atmosphärische CO2Konzentration kann einen positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben, da CO2 als
Dünger wirkt, der die Photosynthese anregt und damit die Biomassebildung steigert. Dieser
CO2-Düngeeffekt kommt jedoch vorwiegend bei wärmeliebenden Pflanzen wie
beispielsweise Mais zum Tragen,
Anpassungsmaßnahmen der Landwirtschaft an den Klimawandel werden voraussichtlich den
Anbau angepasster Sorten und neuer Fruchtarten sowie die Anpassung der Anbauverfahren
beinhalten. Pflanzen, die klimatisch gemäßigte Standorte bevorzugen (sogenannte C3Pflanzen) wie Sonnenblumen, Kartoffeln, Raps und Getreide müssen höchstwahrscheinlich
zukünftig durch Wärme liebende Pflanzen (sogenannte C4-Pflanzen) wie Soja, Hirse und
Mais ersetzt werden.
Seit Implementierung der Erneuerbare-Energien-Gesetze wird der Anbau von Biomasse zur
Strom- und Wärmegewinnung gefördert. Dies führt dazu, dass seit 2000 die Anbauflächen
von Energiemais zur Biogasgewinnung deutlich zugenommen haben. Allgemeinhin wird von
der „Vermaisung von Landschaften“ gesprochen. Die damit einhergehende Verdrängung
anderer extensiver Nutzungsformen sowie die Ausbringung der Gärreste auf die
landwirtschaftlich
genutzten
Flächen
führt
dazu,
dass
regional
die
Stickstoffbilanzüberschüsse und somit die Einträge von Stickstoff auf Acker- und
Grünlandstandorten zugenommen haben und auch weiter ansteigen werden. Aus Gründen
des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit ist der Anbau von Alternativkulturen zur
Bioenergiegewinnung, wie der Durchwachsenen Silphie oder des Riesenweizengrases,
66
Umweltbundesamt (2008): Anpassung an Klimaänderung in Deutschland, Themenblatt Landwirtschaft (Dez.
2008).
120
RADOST-Jahresbericht 2014
dringend notwendig (vgl. Anwendungsprojekt „Entwicklung angepasster Pflanzensorten“ im
Fokusthema Gewässermanagement und Landwirtschaft).
Der Klimawandel wird sich nach aktuellem Kenntnisstand eher nachteilig auf die
Ertragsleistung der Landwirtschaft und damit auf das natürliche Potenzial der
Biogasproduktion aus!
Technisches Potenzial: Entwicklung von Störfaktoren
Der erreichbare Wirkungsgrad einer Biogasanlage hängt zum einen vom Stand der Technik
ab. Zum anderen ist zur Erreichung des bestmöglichen Wirkungsgrades ein optimierter und
störungsfreier Betriebsablauf die Voraussetzung. Neben der Funktion aller technischen
Anlagenteile ist bei der Biogasproduktion der biochemische Prozess der Vergärung der
Substrate entscheidend. Dieser Prozess reagiert sehr empfindlich auf Störungen der
Milieubedingungen (Schwankungen von Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert, etc.) und wird
daher weitgehend von Umwelteinflüssen abgeschottet und technisch überwacht. Eine
Störung dieser Prozesse ist möglich durch die Störung des technischen Betriebsablaufs. Das
vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen stellt hier ein erhöhtes Risiko für Schäden
an der Biogasanlage sowie den damit einhergehenden Biogasertragsverlust dar.
Zunehmende Extremwetterereignisse erhöhen das Schadenspotenzial für die
technischen Anlagen. Sie können weiterhin zu Ertragsausfällen in der Landwirtschaft
und damit zu einer unzureichenden Versorgung der Biogasanlagen mit
Biogassubstraten führen!
Technisches Potenzial: Rechtliche Parameter
Sowohl bei der Planung als auch beim Betrieb von Biogasanlagen sind eine Menge
rechtlicher
Rahmenbedingungen
zu
berücksichtigen.
Baurechtliche
sowie
naturschutzrechtliche Aspekte begrenzen die potenziellen Bauflächen für Biogasanlagen. So
ist die Errichtung einer Biogasanlage innerhalb von Wasser- oder Naturschutzgebieten
ausgeschlossen bzw. stark reglementiert. Klimawandelbedingt könnten sich die Grenzen
solcher Schutzgebiete verändern und damit neue Baugebiete für Biogasanlagen eröffnen; es
könnten aber auch potenzielle Flächen wegfallen.
Die rechtlichen Möglichkeiten für die Errichtung von Biogasanlagen könnten durch
den Klimawandel sowohl eingeschränkt als auch erweitert werden.
Wirtschaftliches Potenzial
Auch aus ökonomischer Sicht ist bei der Standortauswahl auf einige Faktoren zu achten.
Von besonderer Bedeutung ist hier eine möglichst vorhandene und gut ausgebaute
Infrastruktur. Eine gute Straßenanbindung wird für die regelmäßige Anlieferung der
Substrate sowie für den Abtransport der Gärreste benötigt. Die Substratlieferanten sowie
auch die Abnehmer der Gärreste und des Biogases bzw. der aus dem Biogas mittels
Blockheizkraftwerken produzierten Wärme und Elektroenergie sollten im näheren regionalen
Umfeld der Biogasanlage angesiedelt sein. Kurze Wege wirken sich positiv auf die
Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage aus.
Ein zunehmendes Problem für Biogasanlagenbetreiber werden die steigenden Preise für die
nachwachsenden Rohstoffe. Die wachsende Nachfrage nach Energiepflanzen, aber auch
121
RADOST-Jahresbericht 2014
nach Nahrungsmitteln lässt den Bedarf an Agrarflächen steigen. Eine Konkurrenz um die nur
begrenzt zur Verfügung stehenden Anbauflächen besteht nicht nur zwischen der Bioenergie
und dem Nahrungsmittelsektor. Auch Aspekte des Naturschutzes müssen weiterhin
betrachtet werden. Die bereits jetzt angespannte Situation wird durch die Folgen des
Klimawandels voraussichtlich noch verschärft. Knapper werdende verfügbare Anbauflächen
sowie verminderte landwirtschaftliche Erträge infolge der Erderwärmung sowie durch
zunehmende Extremwetterereignisse werden die Preise für die nachwachsenden Rohstoffe
stark in die Höhe treiben und damit die Wirtschaftlichkeit der Biogasproduktion stark
beinträchtigen.
Der Klimawandel wird voraussichtlich zu Beeinträchtigungen des wirtschaftlichen
Potenzials von Biogas führen.
Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie der oberflächennahe Geothermie, der
Photovoltaik oder der Windenergie wird die Biogasproduktion am empfindlichsten auf die
Folgen des Klimawandels reagieren. Insbesondere durch die potenziellen Ertragsverluste in
der Landwirtschaft haben die Potenziale des Biogases zu leiden. Hoffnung besteht in den
Anpassungsmaßnahmen der Landwirte wie zum Beispiel dem Anbau angepasster Pflanzen.
Sinnvoll wäre auch die Erweiterung des Spektrums der Ausgangssubstrate
(Durchwachsende Silphie, Riesenweizengras) bzw. die intensivere Nutzung von Bioabfällen
und industriellen sowie landwirtschaftlichen Reststoffen.
Dem erhöhten Schadensrisiko durch zunehmende Extremwetterereignisse sollte mit der
entsprechenden Anpassung von Standfestigkeitsparametern, Sicherheitsstandards, etc.
entgegengewirkt werden. In Verbindung mit der technischen Weiterentwicklung und damit
der Optimierung der Anlageneffizienz wird die Biogasproduktion auch angesichts des
Klimawandels eine vielversprechende Option zur Nutzung erneuerbarer Energien darstellen.
122
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 14:
Natürliches
Potenzial
Parameter mit Einfluss auf die Potenziale von Biogas
Parameter
 Ertragsleistung der Biogas-Substrat-Quellen
 NaWaRo (Sorte, Standortansprüche   Standortbedingungen (Temperaturen,
Niederschläge, Boden)
 Reststoffe aus landwirtschaftlicher Produktion (Gülle, etc.)
Technisches
 Anlagenplanung:
 Leistungsfähigkeit der technischen Anlagen (Anlagenart, -dimension,
Verfahrenstechnik, etc.)
 Restriktionen:
 Standort – Transportradius, Entfernung der Substraterzeuger
 Baugesetze (BauGB, LBauG usw, Immissionsschutzgesetze (BImSchG),
Naturschutzgesetze (BNatSchG, LNatSchG usw.), Biomasseverordnung, etc.
Wirtschaftliches
 Betriebsbedingungen:
 Witterungsverhältnisse (Sturm, Temperaturschwankungen, Blitz usw.)
 Kosten (Investitions-, Nebenkosten (z.B. Reparatur, Versicherung, usw.))
 Ertrag (Fördertarife, Energieverkauf, Eigenverbrauch)
Anwendungsprojekt 16: Küstenschutz und Geothermie
Federführung: H.S.W.
Ansprechpartner:
Björn Oldorf
E-Mail: [email protected]
H.S.W. Ingenieurbüro, Rostock
Im Rahmen des Anwendungsprojektes werden technische Möglichkeiten zur Gewinnung von
Wärme oder Kälte aus dem Küstenbereich durch die thermische Nutzung von
"Strandwasser" (einem Gemisch aus Grund- und Meerwasser) oder Meerwasser betrachtet.
Es soll aufzeigt werden, wie diese Form der Energiegewinnung bei der Errichtung von
Küstenschutzmaßnahmen wie Dünen, Deichen, Wellenbrechern oder Buhnen bereits
planerisch integriert werden kann.
Die erforderlichen Grundlagendaten für eine Beurteilung des thermischen Potentials im
Küstenbereich bzw. des Meerwassers wurden über einen Zeitraum von 26 Monaten durch
eine eigens dafür von H.S.W. eingerichtete Messstrecke vor Warnemünde ermittelt. Die
Messergebnisse zeigen einige weitestgehend nur theoretisch bekannte Interaktionen von
Meer und Grundwasser sowie die jahreszeitlich schwankenden Umwelteinflüsse in
unterschiedlicher Tiefe.
123
RADOST-Jahresbericht 2014
Im Jahr 2013 stand die Auswertung der Daten und Modellierung der betrachteten
geothermische
Quellensysteme
(horizontale
Erdreichkollektoren,
vertikale
Spiralwärmetauscher und Horizontalbrunnen) im Fokus der Aktivitäten. Darauf aufbauend
wurden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchgeführt und Vorzugsvarianten für die
Umsetzung identifiziert.
Insbesondere für die vergleichsweise kostengünstig herzustellenden horizontal verlegten
Erdreichkollektoren wird gemäß der Modellberechnungen ein sehr gutes Kosten-NutzenVerhältnis prognostiziert. Tabelle 1 zeigt die prognostizierte Amortisationszeit und die jährlich
bereitgestellte Energiemenge exemplarisch für einen 2.500 m² großen horizontalen
Erdreichkollektor.
Tabelle 15: Prognose der jährlich bereitgestellten Energiemenge und Amortisationszeit für
einen 2.500 m² großen horizontalen Erdreichkollektor
Variante
Lage des
Wärmetauschers
Düne
(ca. 4,0 -5,0 m
unter Gelände)
Strand
(ca. 1,5 - 2,0 m
unter Gelände)
Prognose
Betriebsweise
Jahresertrag
[MWh]
statische Amortisation
[ca. 65.000 € NettoInvestitionskosten]
nur Heizen
70-80
ca. 19 – 24 Jahre
Heizen + Kühlen
280-320
ca. 5 - 6 Jahre
nur Heizen
130-140
ca. 11 - 13 Jahre
Heizen + Kühlen
260-280
ca. 6 - 7 Jahre
Abbildung 75 gibt einen Eindruck der Simulationsergebnisse für einen ca. 2 m unterhalb des
Strandes verbauten Erdreichkollektor.
124
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 75: Simulationsergebnisse für einen horizontalen Erdreichkollektor ca. 2 m
unterhalb des Strandes
Die
Farben
charakterisieren
die
prognostizierten
Untergrundtemperaturen
zum
Jahresende
(Heizbetrieb/Wärmeentnahme). Die dargestellten Temperaturverläufe zeigen die saisonale Schwankungsbreite
mit (rot) und ohne Kollektor (blau).
Die Untersuchungsergebnisse zeigen ein großes Potential für die thermische Nutzung von
Strand- bzw. Meerwasser zum Heizen/Kühlen von küstennaher Bebauung (u.a.
Wohnhäuser, Büros, Hotels, Gastronomie, Freizeitanlagen). Speziell touristische
Einrichtungen können durch eine nachhaltige Energiekostenreduzierung und
entsprechendes Marketing (z.B. „Green Building“-Zertifizierung oder „Plusenergiehotel“)
Wettbewerbsvorteile erlangen bzw. negative Folgen des Klimawandels kompensieren (u.a.
erhöhter Kühlbedarf).
Bei der Planung von Wärmetauschern in Küstenschutzbauwerken (u.a. Dünen, Deiche,
Strandabschnitte) sind insbesondere die küstendynamischen Vorgänge und die technischen
Regelwerke zu berücksichtigen (u.a. Verankerung der Kunststoffrohre, Vermeidung von
bauwerksparallelen Leitungen). Erste positive Betriebserfahrungen mit einem 60 m langen
Horizontalbrunnen im Strandbereich von Warnemünde liegen vor und belegen generell die
Machbarkeit einer oberflächennahen Geothermienutzung im Strandbereich.
Eine grundsätzliche Übertragbarkeit der Untersuchungsergebnisse ist für vergleichbare
Küstenregionen gegeben (hier: Ausgleichs- oder Auftragsküsten). Für spezielle
Küstenschutzmaßnahmen wie z.B. Absperrbauwerke können bereits verfügbare technische
Speziallösungen wie „thermisch aktivierte Spundwände“ zur Energiegewinnung eingesetzt
werden.
Unter Berücksichtigung genehmigungsrechtlicher und baukonstruktiver Anforderungen wird
derzeit die Herstellung von horizontalen Erdreichkollektoren (geschlossenes System) im
Bereich von Strandabschnitten favorisiert. Bei der Planung von horizontal verlegten Brunnen
125
RADOST-Jahresbericht 2014
(offenes System) im Bereich von Küstenschutzbauwerken ist u.a. die regelmäßig
durchzuführende Reinigung des Filterbereiches zu beachten.
Im Projektanschluss wird die Durchführung eines Pilotprojektes und die Publikation
praktischer Erfahrungen angestrebt.
126
RADOST-Jahresbericht 2014
Modul 2: Natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung
Federführung: IOW
Ansprechpartner:
Dr. habil. Gerald Schernewski
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Teilmodul/Arbeitspaket 2.1: Klimadatenbedarf und Analyse
(Klimadatenmanagement)
Federführung: HZG
Ansprechpartnerin:
Dr. Insa Meinke
E-Mail: [email protected]
Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG)
In diesem Arbeitspaket werden Informationen über klimatische Veränderungen in der
Projektregion fortlaufend gebündelt, aufbereitet und bereitgestellt. Zudem werden
Projektpartner über methodische Aspekte der Datenverwendung im Hinblick auf
Möglichkeiten und Grenzen von Klimaszenarien informiert.
Mit dem Norddeutschen Klimaatlas (www.norddeutscher-klimaatlas.de) hat das
Norddeutsche Klimabüro zu Projektbeginn eine interaktive Webseite geschaffen, auf der
sich Netzwerkpartner und andere Entscheidungsträger über mögliche zukünftige
Klimaänderungen und deren Spannbreite im Projektgebiet informieren können.
127
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 76: Norddeutscher Klimaatlas
Screenshot: www.norddeutscher-klimaatllas.de
Weil aufgrund des hohen Rechenzeitbedarfs nur wenige der vom Weltklimarat IPCC
vorgeschlagenen Emissionsszenarien für die regionalen Klimafolgenstudien des Projektes
RADOST zu Grunde gelegt werden können, wurde die einheitliche Verwendung von zwei
regionalen Klimaszenarien vereinbart. Diese basieren jeweils auf unterschiedlichen
gesellschaftlichen Entwicklungen, die aus heutiger Sicht plausibel erscheinen. Ein Szenario
führt bis Ende des Jahrhunderts zu einem relativ starken Anstieg der
Treibhausgaskonzentrationen (Szenario A1B), das andere beschreibt im selben Zeitraum
eine geringere Zunahme der Treibhausgaskonzentration (Szenario B1). Beide
Klimaszenarien wurden mit dem Regionalmodell COSMO_CLM berechnet. COSMO_CLM ist
das gemeinschaftliche regionale Klimarechenmodell von über 30 internationalen
Forschungseinrichtungen.
Die Beschränkung auf nur zwei von insgesamt über 40 plausiblen IPCC Emissionsszenarien
führt jedoch dazu, dass auch die im Projekt durchgeführten Klimafolgenszenarien nur einen
Ausschnitt künftig möglicher Entwicklungen aufzeigen können.
Ein wesentliches Instrument des Klimadatenmanagements bildet daher der Norddeutsche
Klimaatlas. Dort wird jeweils neben den einzelnen Ergebnissen der beiden im Projekt
ausgewählten Klimaprojektionen immer die gesamte Spannbreite möglicher zukünftiger
Änderungen angegeben. Diese Spannbreiten basieren auf einem derzeitigen Ensemble von
12 regionalen Klimaszenarien.
Übereinstimmungskarten im Norddeutschen Klimaatlas
Viele Planungsprozesse sind weiterhin auf eine definierte Zahl, einen bestimmten
Schwellenwert oder ein Jahrhundertereignis ausgelegt. Weil jedoch alle Szenarien aus
heutiger Sicht plausibel, aber unsicher sind und kein Szenario wahrscheinlicher ist als ein
anderes, erfordern Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel Planungen, die auf ein
größeres Spektrum unterschiedlicher Klimaentwicklungen ausgelegt sind. Für solche
Planungen zeigt eine Erweiterung des Norddeutschen Klimaatlanten nun, worin alle zu
Grunde liegenden Klimaszenarien übereinstimmen und für welche Größen in welchen
Regionen die Aussagen unklar sind.
128
RADOST-Jahresbericht 2014
Für die nächsten 30 Jahre stimmen beispielsweise alle zu Grunde liegenden regionalen
Klimaszenarien darin überein, dass es wärmer werden kann. Diese Übereinstimmung trifft
ebenfalls – zumindest über Land – auf die Änderung abgeleiteter thermischer Größen zu,
wie Sommertage, heiße Tage, Frosttage und Eistage. Ein anderes Bild zeigt sich bei der
Änderung des Jahresniederschlages, in der die Klimaszenarien innerhalb der nächsten 30
Jahre bundesweit nicht übereinstimmen. Einige Szenarien zeigen Zunahmen der jährlichen
Niederschlagsmengen, andere dagegen Abnahmen. Ähnliches gilt auch für die
jahreszeitlichen Niederschlagsänderungen innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Ab Mitte des
Jahrhunderts weisen jedoch alle Szenarien für einen Großteil des RADOST-Gebietes eine
sommerliche Niederschlagsabnahme und auf eine winterliche Niederschlagszunahme hin.
Für Entscheidungsträger wird somit deutlich, ob eine Aussage eines einzelnen Szenarios für
ein bestimmtes Zeitfenster robust ist, wann die Aussage robust wird oder ob sie unklar bleibt.
Abbildung 77: Mögliche Änderung des Winterniederschlages an der deutschen Ostseeküste
bis Ende des Jahrhunderts (20851-2080)
Screenshot: http://www.norddeutscher-klimaatlas.de/klimaatlas/20512080/winter/niederschlag/ostseekueste/uebereinstimmung.html
Dossier „Klimawandel in Norddeutschland“
Auf der Webplattform „www.Klimanavigator.de“ hat das Norddeutsche Klimabüro zusammen
mit dem Alfred-Wegener Institut, dem Internationalen BALTEX-Sekretariat am HelmholtzZentrum Geesthacht und der Küsten Union Deutschland (EUCC-D) Forschungsergebnisse
zum bisherigen und zukünftigen Klimawandel in Norddeutschland und dessen Auswirkungen
auf Ökosysteme, Landwirtschaft und Tourismus in einem Dossier zusammengefasst. Einen
räumlichen Schwerpunkt des Dossiers bildet die deutsche Ostseeküste mit Ergebnissen des
RADOST-Projektes. In dem Dossier werden anhand der Beispiele Tourismus und
Ökosysteme Auswirkungen des Klimawandels auf die Ostseeküste dargestellt. Das Dossier
Klimawandel in Norddeutschland wird fortlaufend aktualisiert und um weitere Aspekte des
regionalen Klimawandels erweitert. Der Klimanavigator ist eine von deutschen
Forschungseinrichtungen gemeinsam gestaltete Webseite, die Erkenntnisse zum
Klimawandel bündelt.
129
RADOST-Jahresbericht 2014
Das Dossier ist abrufbar unter: www.klimanavigator.de/klimawandel-norddeutschland
Abbildung 78: Dossier Klimawandel in Norddeutschland.
Schreenshot: www.klimanavigator.de/klimawandel-norddeutschland
130
RADOST-Jahresbericht 2014
Teilmodul 2.2: Wasserstände, Seegang, Strömungen und
Sedimenttransporte
Arbeitspaket 2.2.2: Großräumige Strömungsveränderungen
Federführung: IOW
Ansprechpartner:
Dr. Ulf Gräwe
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Die Arbeiten zur Modellierung großräumiger Strömungsveränderungen sind abgeschlossen
und publiziert (Gräwe et al. 2013, siehe „Zeitschriftenartikel“ unter Arbeitspaket 5.2 in
Modul 5).
Arbeitspaket 2.2.3: Strömung und Seegang in kleinräumigen Küstenbereichen
Federführung: TUHH
Ansprechpartner:
Norman Dreier
E-Mail: [email protected]
Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau
ChristianSchlamkow
E-Mail: [email protected]
Universität Rostock, Fachgebiet Küstenwasserbau (URCE)
Im Projektjahr 2013 wurden die numerischen Seegangssimulationen im Bereich der
südwestlichen Ostsee fortgeführt und nahezu vollständig abgeschlossen. Erste
Auswertungen der Simulationsergebnisse für das Emissionszenarios A1B bestätigen die
Erkenntnisse aus voran gegangenen Untersuchen im Projekt zu den Veränderungen des
Seegangs für mittlere Verhältnisse an ausgewählte Lokationen, die auf Grundlage von
statistischen Verfahren zur Ermittlung des Seegangs (Wind-Wellen-Korrelationen) erfolgten.
Bezogen auf die Veränderungen der signifikanten Wellenhöhen im Bereich der
südwestlichen Ostsee sind höhere mittleren Wellenhöhen (Mittelwerte der signifikanten
Wellenhöhe über 30 Jahre) an West- bzw. Nordwestwind exponierten Küstenabschnitten zu
erwarten. Die Veränderungen der Mittelwerte betragen an diesen Küstenabschnitten je nach
Vergleichszeitraum bis zu +10 %. An Ost- bzw. Nordost-Wind exponierten Küstenabschnitten
sind dagegen keine signifikanten Veränderungen der mittleren Wellenhöhe bzw. geringfügig
kleinere Mittelwerte zu erwarten. Zusätzlich zu der räumlichen Variabilität der
Veränderungen, sind die Veränderungen dekadisch als auch saisonal sehr verschieden.
Letzteres zeigt sich beispielsweise darin, dass die größtmögliche Veränderung nicht
131
RADOST-Jahresbericht 2014
zwangsläufig am Ende des 21. Jahrhunderts und während der Herbst- bzw. Wintersturmzeit
auftritt. Demnach tritt die größte Zunahme der jährlichen mittleren Wellenhöhen beim
Vergleich der beiden Szenarien 2100 (2071-2100) und 2050 (2021-2050) in der ersten
Realisation des Emissionsszenarios A1B und das Szenario 2100 auf (vergleiche Abbildung
79). Die größte Zunahme der saisonalen mittleren Wellenhöhen an den West- bzw.
Nordwest-Wind orientierten Küstenabschnitten tritt dagegen im Frühling (MAM) und für das
Szenario 2050 (2021-2050) auf (vergleiche Abbildung 80).
Abbildung 79: Relative Veränderung der jährlichen mittleren signifikanten Wellenhöhen für die
erste Realisation des Emissionsszenarios A1B im Vergleich zum Referenzlauf (1971-2000)
Links: Szenario 2100 (2071-2100), Rechts: Szenario 2050 (2021-2050)
Abbildung 80: Relative Veränderung der saisonalen mittleren signifikanten Wellenhöhen im
Frühjahr (MAM) für die erste Realisation des Emissionsszenarios A1B im Vergleich zum
Referenzlauf (1971-2000)
Links: Szenario 2100 (2071-2100), Rechts: Szenario 2050 (2021-2050)
132
RADOST-Jahresbericht 2014
Die Veränderung weiterer Seegangsparameter wie z. B. der mittleren Wellenperioden und
der mittleren Wellenanlaufrichtungen entlang der gesamten deutschen Ostseeküste wird
derzeit untersucht.
Arbeitspaket 2.2.4: Sedimenttransport und Morphologie
Federführung: TUHH
Ansprechpartner:
Norman Dreier
E-Mail: [email protected]
Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau
ChristianSchlamkow
E-Mail: [email protected]
Universität Rostock, Fachgebiet Küstenwasserbau (URCE)
Im letzten Jahr erfolgten vorbereitende Arbeiten zur Durchführung von Sedimenttransportberechnungen in Teilregionen der Fokusgebiete mit dem numerischen Modell GENESIS 67
auf Grundlage von Zeitreihen der Seegangsparameter aus den instationären numerischen
Simulationen für die südwestliche Ostsee. Durch die Veränderungen des lokalen Seegangs,
insbesondere die Veränderung der mittleren Wellenhöhen und Wellenanlaufrichtungen, kann
es an West- bzw. Nordwestwind exponierten Küstenabschnitten zu einer Intensivierung des
nach Osten bzw. Südosten gerichteten Sedimenttransports kommen (siehe Jahrebericht
2012). Um diese Erkenntnisse aus voran gegangenen Untersuchungen im Projekt, welche
auf Zeitreihen der Seegangsparameter basieren die auf Berechnungen des Seegang mit der
Methode der Wind-Wellen-Korrelation stammen, zu bestätigen, werden die Berechnungen
der Sedimenttransportraten an mehreren benachbarten Küstenabschnitten in Teilregionen
der Fokusgebiete durchgeführt. Auf Grundlage der Daten werden im Rahmen der
Untersuchungen in den Fokusgebieten bzw. im Anwendungsprojekt 1 die Auswirkungen der
Veränderungen der Sedimenttransportraten auf die morphologische Entwicklung der Küste,
wie z.B. die zukünftige Entwicklung von Strandbreiten in den Bädergemeinden Scharbeutz
und Timmendorfer Strand, bewertet.
67
Hanson, H., and Kraus, N. C. (1989) GENESIS: Generalized model for simulating shoreline change, Report 1:
Technical reference, Tech. Rep. CERC-89-19, U.S. Army Engineer Waterways Experiment Station, Vicksburg,
MS.
133
RADOST-Jahresbericht 2014
Teilmodul 2.3: Fluss-Küste-Meer: Gewässerqualität und Klimawandel
Federführung: IOW
Ansprechpartner:
Dr. habil. Gerald Schernewski
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Arbeitspaket 2.3.1: Gewässerqualität in Flüssen
Federführung: IGB
Ansprechpartner/in:
Dr. Markus Venohr
E-Mail: [email protected]
Judith Mahnkopf
E-Mail: [email protected]
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB)
Nachdem in vergangenen Berichtszeiträumen bereits Nährstoffeinträge und –frachten für
1880 und die Gegenwart mit dem Modell MONERIS berechnet wurden, liegen nun auch
modellierte Daten für das Jahr 2021 und den Zeitraum 2010-2100 in monatlicher Auflösung
vor. Näheres ist unter Arbeitspaket 1.4.3 „Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in
Gegenwart und Zukunft“ im Fokusthema 3 „Gewässermanagement und Landwirtschaft“
nachzulesen.
Arbeitspaket 2.3.2: Gewässerqualität in äußeren Küstengewässern und Ostsee
Federführung: IOW
Die Datensätze wurden durch 2 transiente Simulationen von Thomas Neumann, bzw. René
Friedland (IOW) erzeugt, die einmal den Zeitraum 1850 bis 2007 und einmal 1960 bis 2100
abdecken. Hierzu wurde jeweils das Modell ERGOM-MOM mit der 3-Seemeilen-Bathymetrie
genutzt.
134
RADOST-Jahresbericht 2014
Teilmodul 2.4: Ökologie und biologische Vielfalt
Federführung: IfAÖ
Arbeitspaket 2.4.1: Mögliche klimabedingte Änderungen Makrozoobenthos
In der Ökologie bilden Lebensraummodelle das Wechselspiel zwischen biotischen und
abiotischen Faktoren ab, um Schlüsse über vergangene oder künftige Entwicklungen in
Lebensräumen (Habitaten) und deren Verteilung treffen zu können.
Eine Kernfrage des RADOST-Schwerpunkts „Ökologie und biologische Vielfalt“ bezieht sich
auf die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fauna und Flora im deutschen
Ostseeraum. Es ist anzunehmen, dass sich in den nächsten 100 Jahren die abiotischen
Bedingungen der Ostsee, wie z.B. Temperatur und Salzgehalt aufgrund des Klimawandels
ändern werden.68 Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob und in welche Richtung
sich das Ökosystem der Ostsee verändern wird. Im Rahmen von RADOST wurde ein
Schwerpunkt auf die Entwicklung der benthischen (bodenlebenden) Artengemeinschaften
gelegt. Folgende Fragen sollen dazu beantwortet werden:

Wie wird das Ökosystem Ostsee langfristig durch klimabedingte Veränderungen
beeinflusst?

Wie wird sich die biologische Vielfalt (Biodiversität) der Ostsee verändern?

Kommt es zu Verschiebungen in der Artzusammensetzung?

Kommt es zu einer Veränderung von Abundanz und Biomasse?

Nimmt zukünftig die Anzahl nicht-heimischer Arten (Neobiota) in der Ostsee zu?
Um diese Fragen beantworten zu können, wurde zunächst der Ist-Zustand der
Umweltbedingungen und der Artengemeinschaften beschrieben. Mit Hilfe bekannter
Klimaszenarien, die die Veränderungen abiotischer Parameter in Zukunft beschreiben
(projiziert auf die Jahre 2050 und 2100), kann auf mögliche Veränderungen der
Artengemeinschaften in der Ostsee geschlossen werden.
Dazu wurde zunächst eine Bestandsaufnahme der am IfAÖ zur Verfügung stehenden Daten
zum Makrozoobenthos (bodenlebende tierische Organismen von mehr als 1 mm Größe) in
der Ostsee zwischen 1993 und 2010 durchgeführt. Neben der Präsenz, Abundanz und
Biomasse der einzelnen Arten wurden bei den Probenahmen auch sedimentbeschreibende
(Korngröße, Schluffgehalt, organischer Gehalt) und hydrologische Parameter (Temperatur,
Salzgehalt, Sauerstoffkonzentration) aufgenommen. Da die so gewonnenen hydrologischen
Daten lediglich eine Momentaufnahme der vorherrschenden Bedingungen darstellen und
geringe Aussagekraft hinsichtlich langfristiger Entwicklungstrends besitzen, wurden die
Probendaten des IfAÖ mit Modelldaten des IOW (GETM und MOM/ERGOM) gekoppelt und
den einzelnen Funden in der IfAÖ-Datenbank jeweils ein Datensatz mit hydrologischen
Parametern am Gewässergrund zugeordnet. Die anschließenden statistischen Analysen
berücksichtigen nur Arten, die im Zeitraum zwischen 1993 und 2010 mindestens 36-mal
gefunden wurden. Dieser Artenpool umfasst ca. 130 Arten.
68
Gräwe, U., Friedland, R. & Burchard, H. (2013): The future of the western Baltic Sea: two possible scenarios.
Ocean Dynamics 63 (8): 901-921.
135
RADOST-Jahresbericht 2014
Arten und Artengemeinschaften
Die Verteilung der Arten in Relation zu den hydrologischen Parametern Temperatur,
Salzgehalt und Sauerstoffgehalt sowie in Abhängigkeit von Sedimentparametern, wie
Korngröße, Schluffgehalt und organischer Gehalt wurde zunächst mit Hilfe von univariaten
statistischen Verfahren dargestellt. Auf dieser Grundlage konnten erste Informationen über
den Grad der Toleranz bzw. der Sensitivität der einzelnen Arten gegenüber der
Umweltvariation gewonnen werden. Darüber hinaus konnte die mittlere ökologische
Artenausstattung für die hydrographischen und sedimentologischen Parameter definiert
werden. Bei diesem Ansatz geht jedoch Information verloren, da die Toleranz der Arten
gegenüber einem abiotischen Faktor oft zusätzlich von anderen Umweltfaktoren (wie z. B.
dem Salzgehaltsgradienten in der deutschen Ostsee) beeinflusst wird. Deswegen wurde in
einer anschließenden, multivariaten Analyse die Umweltabhängigkeit der Artenverteilung als
Gesamtübersicht in einem MDS-Plot dargestellt (siehe 3. RADOST-Jahresbericht).
In einer Clusteranalyse wurden verschiedene Artengemeinschaften in der Ostsee
identifiziert. Jeder Artengemeinschaft wurde die abiotische Ausstattung ihres Lebensraums
zugeordnet. Im Gegensatz zu den biologischen Daten, die sich auf vergleichsweise wenige
Messstationen beziehen, liegen die abiotischen Messwerte flächiger vor. Dadurch kann die
Lebensraumausstattung der westlichen Ostsee auf die Fläche projiziert und in verschiedene
Lebensraumzonen eingeteilt werden. Die kartografische Darstellung dieser modellhaften
Verteilung von Benthosgemeinschaften dient als Grundlage für weitere Habitatmodelle, die
tauchende Vogelarten (z. B. Eisente) einschließen, die sich von benthischen Organismen
ernähren.
Abbildung 81: Boxplots für die Verteilung der Artengemeinschaften entlang abiotischer
Gradienten
Links: Geographische Länge. Die blaue Linie markiert die ungefähre Position der Darßer Schwelle. Rechts:
Salzgehalt.
Die Verteilung der Artengemeinschaften spiegelt häufig die unterschiedlichen
hydromorphologischen Bedingungen der Ostsee wieder. So bildet die Darßer Schwelle mit
einer maximalen Wassertiefe von 18 m eine natürliche Barriere, die den Wasseraustausch
zwischen dem westlichen (salzhaltigeren) und dem östlichen Teil der deutschen Ostsee
einschränkt. Dementsprechend wurden zwei Artengemeinschaften („A“ und „B“) nur an
136
RADOST-Jahresbericht 2014
Stationen westlich der Darßer Schwelle in der Mecklenburger Bucht beobachtet (Abbildung
81, links). Die Artengemeinschaft „B“ kommt auf schlickigen Sedimenten in Wassertiefen
zwischen 20 und 25 m vor und ist durch das Auftreten von Sauerstoffmangelsituationen
gekennzeichnet. Gemeinschaft „A“ besiedelt Fein- und Mittelsande überwiegend in 15 bis
20 m Tiefe und dringt bis zur Darßer Schwelle vor. Eine charakteristische Art beider
Gemeinschaften ist u.a. die sehr langlebige Islandmuschel (Arctica islandica) (Abbildung 82,
links). Demgegenüber stehen Gemeinschaften, die nur östlich der Darßer Schwelle gefunden
wurden, wie z. B. die Gemeinschaft „I“, die im Arkonabecken in Wassertiefen >30 m auf
überwiegend schlickigen Sedimenten auftritt und von der Baltischen Plattmuschel (Macoma
balthica) (Abbildung 82, rechts) dominiert wird. Andere Artengemeinschaften treten sowohl
westlich als auch östlich der Darßer Schwelle auf. Dazu gehört die Gemeinschaft „G“, die
typischerweise in den inneren Küstengewässern, wie z. B. der inneren Wismarbucht und im
Kubitzer Bodden, vorkommt.
Abbildung 82: Links: Islandmuschel (Arctica islandica). Rechts: Baltische Plattmuschel
(Macoma balthica)
In den nächsten 100 Jahren wird der Salzgehalt in der deutschen Ostsee klimabedingt
abnehmen (siehe 3. RADOST-Jahresbericht). Das Makrozoobenthos der deutschen Ostsee
setzt sich überwiegend aus marin-euryhalinen Arten zusammen, also aus Arten, die einen
großen Toleranzbereich in Bezug auf den Salzgehalt besitzen, was sich auch in der
Zusammensetzung der meisten Artengemeinschaften widerspiegelt (Abbildung 81, rechts).
Es ist noch nicht genau vorhersehbar, inwieweit sich die Artenzusammensetzung bei einer
klimabedingten Abnahme des Salzgehaltes ändern wird, aber es ist mit einer Verringerung
der Gesamtbiomasse zu rechnen, da ein geringerer Salzgehalt zu erhöhtem physiologischen
Stress führen kann und die meisten Organismen somit langsamer wachsen würden. Es
wurden jedoch auch Artengemeinschaften, wie die Gemeinschaft „K“ (Vorkommen u.a. am
Adlergrund) mit einem relativ schmalen Toleranzbereich bezüglich Salzgehalt identifiziert.
Diese Gemeinschaften werden voraussichtlich deutlich sensibler auf die klimabedingte
Abnahme des Salzgehaltes reagieren.
Arbeitspaket 2.4.2: Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel
Die Eisente (Clangula hyemalis) als Indikator des Umweltzustandes der Ostsee
Zu den möglichen Auswirkungen des globalen Klimawandels auf Seevögel zählen räumliche
und zeitliche Verschiebungen von Nahrungsgrundlagen relativ zu den Brut- und
Überwinterungsarealen. Ziel der Analysen im Rahmen von RADOST war die Projektion von
Klimaszenarien (für die Jahre 2050 und 2100) auf Abundanz und Verbreitung von Seevögeln
137
RADOST-Jahresbericht 2014
in der westlichen Ostsee. Überwinternde Meeresenten, wie die weltweitweit verbreitete
Eisente (Clangula hyemalis), sind in ihrer Nahrungswahl hoch spezialisiert und ernähren sich
zu einem hohen Anteil von benthischen (bodenlebenden) Organismen. Ändert sich die
marine Umwelt und die Zusammensetzung des Benthos im Zuge des globalen
Klimawandels, können sich Räuber-Beute-Beziehungen ändern, wodurch Brut- und
Überwinterungsbestände von Seevögeln nachhaltig beeinflusst werden würden. Darüber
hinaus führt der globale Wandel zu Verschiebungen in der marinen Nutzungslandschaft. Die
Einstufung dieser Entwicklungen war ein Ziel von RADOST.
Im Projektverlauf wurde zunächst der abiotische Rahmen, innerhalb dessen die Eisente
ökologisch eingenischt ist, analysiert. Wassertiefe (bis etwa 20 m) und Eisbedeckung setzen
die Grenzen der möglichen Eisentenverteilung in der westlichen Ostsee. Wie
Modellrechnungen zeigten, wird im Zuge der Klimaerwärmung der Eisbedeckungsgrad in der
Ostsee drastisch abnehmen. Auf der Grundlage von Klimaszenarien für den gesamten
Wasserkörper der Ostsee (unter Einbeziehung der Modelle GETM und ERGOM/MOM des
Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, IOW) zeigte sich, dass potentielle
Nahrungsgründe der Eisente im Zuge der Klimaerwärmung für überwinternde Eisenten
zunehmend verfügbar werden. Die Prognose bis zum Jahr 2100 ergab eine Abnahme der
Eisdicke um durchschnittlich 17,5 cm, was mit einem drastischen Rückzug der
geschlossenen Eisdecke einhergeht. Diese Entwicklung wird bereits in den nächsten
Jahrzehnten deutlich zutage treten. Gemessen an den heute zur Verfügung stehenden
Überwinterungsgebieten wäre der Lebensraumgewinn durch den Rückgang des Eises
hauptsächlich in der südwestlichen Ostsee zu erwarten (siehe Abbildung 84).
Abbildung 83: Eisente (Clangula hyemalis)
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clangula-hyemalis-011.jpg
138
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 84: Modellierter Rückzug der Eiskante in der Ostsee für das Jahr 2060 ausgehend
von den Verhältnissen um 1970
Dargestellt sind Eisprofile für den Monat März. Rote Bereiche geben Gebiete mit Wassertiefen bis 20 Meter an,
die für Eisenten als Nahrungsgebiete potenziell zur Verfügung stehen; nicht berücksichtigt ist die biotische
Ausstattung dieser Flächen.
Abbildung 85: Boxplots für die Verteilung der Artengemeinschaften entlang des Gradienten der
Wassertiefe. Die blaue Linie markiert die für tauchende Eisenten relevante 20-Meter-Tiefenlinie.
Im nächsten Schritt erfolgte die Analyse der Lebensraumansprüche der Eisente. Denn neben
den abiotischen Rahmenbedingungen spielt die belebte Umwelt, d.h. das Nahrungsangebot
für Eisenten, für die Habitatbeschreibung eine zentrale Rolle. Hierzu wurden die Ergebnisse
aus der Makrozoobenthos-Modellierung integriert. Zusätzliche Berücksichtigung fanden
Muschellängenverteilungen, da Eisenten sind bezüglich der Beutegröße an bestimmte
Optima adaptiert.
Generell lässt sich festhalten: mit Ausnahme der zwei Benthos-Gemeinschaften „I“ (im
Arkonabecken) und „B“ (in den tieferen Bereichen der Mecklenburger Bucht) kommen alle
Artengemeinschaften zumindest teilweise in Wassertiefen <20 m vor, d.h. im bevorzugten
Tauchtiefenbereich der Eisente. Die für Eisenten relevanten Artengemeinschaften, in denen
geeignete Muschelarten in hohen Anteilen vorkommen (C, E, H und insbesondere J), können
bestimmten Gebieten der westlichen Ostsee zugeordnet werden. Die Artengemeinschaft „C“
ist dabei am weitesten verbreitet und deckt einen breiten Wassertiefenbereich ab; „E“
139
RADOST-Jahresbericht 2014
beschränkt sich auf den Greifswalder Bodden; die Artengemeinschaft „H“ ist entlang der
Küste Rügens und Usedoms sowie in der Pommerschen Bucht zu finden; „J“ ist in
Küstenzonen im gesamten Betrachtungsraum zu finden.
Neben diesen korrelativen Analysen müssen begleitend neue methodische Ansätze verfolgt
werden, um Vorhersagen aus Habitatmodellen überprüfen zu können. Die geographische
Präzision bisheriger benthischer und avifaunistischer Erfassungsmethoden sind
grundsätzlich unterschiedlicher Natur: Benthosdaten zu Artenzusammensetzung und
Biomasse werden an vordefinierten, festen Stationen wiederholt durch bestimmte Greifer
erhoben (hohe Präzision bei geringe räumlicher Abdeckung); die Verteilungsmuster von
Eisenten werden durch großräumige Befliegungen ermittelt (geringe Präzision bei hoher
räumlicher Abdeckung). Die Verschneidung dieser Geodaten ist daher problematisch. Eine
Möglichkeit, die geographische Genauigkeit der Vogelerfassungen zu erhöhen ist die
Verwendung hoch aufgelöster, georeferenzierter Digitalfotografien. Das IfAÖ hat im Rahmen
von RADOST in Zusammenarbeit mit der Universität Rostock erste Pilotstudien zur
Erfassung von Eisenten mithilfe digitaler Methoden in der Pommerschen Bucht und über
anderen „Hot-Spots der Biodiversität“ durchgeführt (Abbildung 86). Mit der Einführung
digitaler Methoden, lassen sich künftig bestimmte Fokusgebiete gezielt anfliegen, um mit
erhöhter Präzision die Abundanz und Verteilung von Seevögeln in Abhängigkeit definierter
Habitatbedingungen zu erfassen.
Abbildung 86: Sitzende (links) und fliegende Eisenten aufgenommen
Luftbildtechnik aus einer Höhe von 420 m in der Pommerschen Bucht
mit
digitaler
Arbeitspaket 2.4.3: Klimainduzierte ökosystemare Interaktionen
Im Rahmen des Arbeitspaketes 2.4.3 werden klimainduzierte ökosystemare Interaktionen
sowohl für Makrozoobenthos und Seevögel als auch für Makrophyten betrachtet.
Makrozoobenthos und Seevögel
Federführung: IfAÖ
Ausblick ökologische Untersuchungen Benthos – abiotische Faktoren und klimatische
Veränderungen
Die nachgewiesenen Artengemeinschaften werden im weiteren Forschungsverlauf genauer
charakterisiert, damit sie mit Ergebnissen bisheriger Untersuchungen verglichen sowie zu
etablierten Habitat-Klassifikations-Systemen in Beziehung gesetzt werden können. Die am
140
RADOST-Jahresbericht 2014
Institut für Angewandte Ökosystemforschung (IfAÖ) identifizierten Artengemeinschaften
decken sich größtenteils mit den Ergebnissen einer kürzlich erschienenen Studie des
Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW)69. Um über abiotische Parameter auch auf
Artengemeinschafen in Bereichen ohne Datengrundlage besser schließen zu können, und
somit eine möglichst flächendeckende Karte der Biotop- und Lebensraumtypen der
deutschen Ostsee zu erstellen, sind weitere Analysen erforderlich. Darüber hinaus kann mit
Hilfe von Klimamodellen die zukünftigen Veränderungen der MakrozoobenthosGemeinschaften in der deutschen Ostsee räumlich und zeitlich genauer prognostiziert
werden. Dabei werden mögliche Änderungen des Schutzgebietsstatus, z. B. der
Gemeinschaften im FFH-Gebiet „Adlergrund“, eine Rolle spielen. Abschließend sollen
Empfehlungen für Entscheidungsträger insbesondere im Kontext von EU-WRRL und EUMSRL gegeben werden.
Ökoystemare Auswirkungen des Klimawandels unter Einbezug des anthropogenen
Einflusses
Neben Veränderungen von ökologischen Zusammenhängen muss die zunehmende
Intensivierung der Meeresnutzung (Windkraft, Kiesabbau) berücksichtigt werden.
Flachgründe in Bereichen unter 20 Meter Wassertiefe werden zunehmend im Brennpunkt
von Konflikten zwischen den Belangen des Naturschutzes und Nutzung durch den
Menschen stehen, denn die erreichbare Muschelnahrung für Tauchenten befindet sich
hauptsächlich auf diesen „Kuppen“. Der Ausbau der Offshore-Windenergienutzung ist zwar
als Klimaschutzstrategie nicht zuletzt umweltpolitisch motiviert, steht aber im potentiellen
Konflikt zu den Lebensraumansprüchen von Seevögeln. In Kombination mit Schifffahrt,
Fischerei
und
Kiesabbau
würden
in
bestimmten
Gebieten
störungsfreie
Überwinterungsgebiete immer seltener werden. Es bleibt daher eine wichtige
naturschutzfachliche Aufgabe, die Konsequenzen des anthropogenen Klimawandels
integrativ zu betrachten, um ökologische Gesamtbilanzen des globalen Wandels ziehen zu
können.
Makrophyten
Federführung: LLUR
Hohe Schwankungen oder extreme Ausprägungen physikalischer Umweltfaktoren, wie sie
aufgrund des Klimawandels erwartet werden, stellen für Organismen physiologische StressSituationen dar. Neben direkten Auswirkungen können auch indirekt die Wechselwirkungen
innerhalb der Seegras- und Blasentanglebensgemeinschaften gestört und damit wichtige
ökologische Regulationsmechanismen außer Kraft gesetzt werden. Die folgenden Beispiele
zeigen, dass Änderungen abiotischer Umweltfaktoren sogar zu Verhaltensänderungen von
Tieren führen können, was sich dann rückwirkend über die Nahrungsnetzbeziehungen auf
das gesamte Ökosystem auswirkt. Zudem wird deutlich wie sich die verschiedenen
Einflussfaktoren gegenseitig beeinflussen, rückkoppeln und verstärken können. In vielen
Fällen sind die resultierenden Effekte nicht vorhersehbar. Außerdem sind große regionale
Unterschiede zu erwarten.
69
Schiele, K.S., Darr, A. & Zettler, M.L. (2014): Verifying a biotope classification using benthic
communities – An analysis towards the implementation of the European Marine Strategy
Framework Directive. Marine Pollution Bulletin 78 (1–2): 181-189.
141
RADOST-Jahresbericht 2014
Blasentang
Strandschnecken (Littorina littorea) sind in der Lage, den Aufwuchs auf erwachsenen
Blasentangen abzuweiden, sodass ausreichend Licht für eine positive Photosynthese zur
Verfügung steht. Wird diese Weidegänger-Aufwuchs-Wechselbeziehung gestört kann sich
dies nachteilig auf die Blasentangbestände auswirken. Strandschnecken bilden in
Anwesenheit von Räubern wie der Strandkrabbe (Carcinus maenas) dickere Schalen.
Niedrige pH-Werte stören jedoch die Schalenbildung und die Schnecken werden anfälliger
gegenüber Fressfeinden. Die Strandschnecken scheinen den Nachteil dünnerer Gehäuse
durch Verhaltensänderungen zu kompensieren. Sie halten sich häufiger an für
Strandkrabben nicht erreichbaren Orten auf. Diese Räuber-Vermeidungsstrategie führt
jedoch dazu, dass sie weniger Zeit für die Nahrungsaufnahme aufwenden und ihre
regulierende Funktion als Weidegänger eingeschränkt wird. Bedeutende Auswirkungen
niedriger pH-Werte auf die Räuber-Beute-Beziehungen zwischen Strandkrabben und
Strandschnecken konnten bisher für die Ostsee nicht nachgewiesen werden.
Auch Baltische Meerasseln (Idotea baltica) können wie die Strandschnecken den Aufwuchs
auf Blasentangen effektiv entfernen, was sich positiv auf das Wachstum der Alge auswirkt.
Andererseits fressen sie bei Nahrungsmangel das Gewebe des Blasentangs und können
dadurch die Bestände nachhaltig schädigen. Eine starke Vermehrung der Meerassel durch
veränderte Umweltfaktoren (z. B. hohe Wassertemperaturen) kann den Fraßdruck auf den
Blasentang selbst erhöhen. Erhöhte Wassertemperaturen wirken sich jedoch in Abhängigkeit
von anderen Faktoren regional unterschiedlich aus. Zum einen kann die Lebensspanne der
Asseln verkürzt werden und die Anfälligkeit gegenüber pathogenen Keimen zunehmen. Auf
der anderen Seite dehnen milde Winter die Brutperiode aus und führen zu mehr
Nachkommen pro Jahr. Zudem fördern hohe Wassertemperaturen das Wachstum der
Aufwuchsalgen. Zusätzlich können hohe Wassertemperaturen und Lichtlimitation durch
Eutrophierung die Abwehrbereitschaft des Blasentangs gegenüber Fressfeinden noch
herabsetzen.
Seegras
Klimatische Veränderungen können die Wechselbeziehungen zwischen den Organismen
beeinflussen und sich damit direkt auf Seegraswiesen auswirken. Das „mutualistic
mesograzer model“ im Seegrasnahrungsnetz beschreibt die bedeutende regulatorische
Funktion kleiner Krebstiere und Schnecken (Meso-Grazer), die den pflanzlichen Aufwuchs
auf den Seegrasblättern abweiden und so ein Überwuchern mit schneller wachsenden Algen
verhindern. In einem vereinfachten Nahrungsnetz lassen sich Veränderungen der
Nahrungsbeziehungen unter dem Einfluss anthropogener Faktoren beispielhaft erläutern
(Abbildung 87A). Fressen beispielsweise kleine Fische vermehrt die wirbellosen MesoGrazer, weil sie selbst aufgrund der Überfischung nicht von größeren Räubern erbeutet
werden, können Aufwuchsalgen die Seegraspflanzen überwachsen und negativ
beeinträchtigen (Top-down-Effekt, trophische Kaskade). Die Eutrophierung verstärkt das
Wachstum der Aufwuchsalgen (Bottom-up-Effekt). Werden die regulierenden Algengrazer
aufgrund klimatisch bedingter Veränderungen reduziert oder das Wachstum der Epiphyten
(Aufwuchspflanzen) intensiviert, können die negativen Auswirkungen auf das Seegras
verstärkt werden (Abbildung 87B).
142
RADOST-Jahresbericht 2014
A
B
Abbildung 87: Vereinfachte Darstellung, wie sich Überfischung und Eutrophierung auf
Seegraswiesen auswirken können (A).
Die Pfeile kennzeichnen die Richtung, die Plus- und Minuszeichen die positiven und negativen Effekte. Erhöhte
Wassertemperaturen, sinkende pH-Werte und Sauerstoffmangel können direkt das Seegras schädigen, aber
auch die Auswirkungen von Eutrophierung und Überfischung indirekt verstärken (B)
Hohe Wassertemperaturen können einerseits direkt Seegras und Epiphyten beeinträchtigen,
aber auch indirekt wirken, weil dann das Wachstum der Algen stärker ansteigt als die
Konsumptionsraten der Meso-Grazer. Gleichzeitig sinkt die Sauerstoffsättigung im Wasser.
Eine hohe Artendiversität der Krebstier-Grazergemeinschaft stärkt dagegen die Resilienz
des Seegrasökosystems gegenüber den negativen Effekten der Eutrophierung und erhöhter
Wassertemperaturen.
143
RADOST-Jahresbericht 2014
Modul 3: Sozio-ökonomische Analyse
Federführung: IÖW
Ansprechpartner:
Dr. Jesko Hirschfeld
E-Mail: [email protected]
André Schröder
E-Mail: [email protected]
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW)
In der sozioökonomischen Analyse wurden in der Anfangsphase des Projektes zunächst
eine regionalwirtschaftliche Analyse, eine Akteursanalyse sowie Zukunftsszenarien für
zentrale Wirtschaftsbereiche erarbeitet. Aufgrund des Ausmaßes des durch die weltweite
Banken- und Wirtschaftskrise ausgelösten Konjunktureinbruchs, der sich auch in der
Ostseeregion deutlich bemerkbar machte, wurde die im ersten Projektjahr erstellte
regionalwirtschaftliche Bestandsaufnahme noch einmal aktualisiert und überarbeitet. Darauf
aufbauend wurden die Input-Output-Modellierung, die agrarökonomische Modellierung sowie
die Kosten-Nutzen-Analyse vorangetrieben. Die Arbeiten an diesen Arbeitspaketen werden
im Jahre 2014 abgeschlossen und die Ergebnisse daraus publiziert.
Arbeitspaket 3.1: Regionalwirtschaftliche Analyse
Federführung: IÖW
Die regionalwirtschaftliche Analyse ist eine wichtige Voraussetzung zur Identifikation der in
der Region maßgeblichen wirtschaftlichen Nutzungen des Küstenraumes und gibt Hinweise
auf Konfliktlinien zwischen verschiedenen Nutzungen in der Region. In den ersten beiden
Projektjahren wurde u. a. die Entwicklung und Struktur der Bevölkerung, die Flächennutzung,
der Ausbildungsstand, die Erwerbstätigkeit, sowie die wirtschaftliche Entwicklung und
Struktur in der Projektregion untersucht. Darüber hinaus wurden mit der Landwirtschaft, der
Fischerei, der Bauwirtschaft, der Tourismuswirtschaft und der Maritimen Wirtschaft fünf für
die Projektregion bedeutende Wirtschaftsbereiche hinsichtlich ihrer Struktur und Entwicklung
detailliert analysiert. Im vergangenen Projektjahr wurde die Lage der kommunalen
Finanzhaushalte in der Ostseeregion betrachtet. Die finanzielle Handlungsfähigkeit einer
Kommune ist Grundlage für die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben, zu denen bislang im
größeren Umfang auch die Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an Klimawandel
zählt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden im Folgenden vorgestellt.
Kommunale Finanzen
Die Kommunen70 nehmen in Deutschland ergänzend zum Bund und den Bundesländern
wichtige öffentliche Aufgaben wahr. Als Trägerinnen der kommunalen Selbstverwaltung sind
sie dem öffentlichen Wohl verpflichtet. Ihre Tätigkeit dient dem öffentlichen Zweck und der
70
Die unterste Ebene des föderalen Systems bilden in Deutschland 2013 rund 11.000 Gemeinden. Sie sind in
rund 450 Landkreisen organisiert. 110 größere deutsche Städte sind gegenwärtig kreisfrei, darunter vier in
Schleswig-Holstein und seit der Kreisgebietsreform vom 4.9.2011 noch zwei in Mecklenburg-Vorpommern. Im
Folgenden werden unter Kommunen sowohl Gemeinden und Landkreise als auch kreisfreie Städte
zusammengefasst.
144
RADOST-Jahresbericht 2014
Daseinsvorsorge. Neben zahlreichen gesetzlich auferlegten Pflichtaufgaben übernimmt die
Kommune auch freiwillige Aufgaben. Freiwillige Aufgaben betreffen vor allem das
wirtschaftliche (z. B. Wirtschaftsförderung, Verkehrsladeplätze), das kulturelle (z. B.
Bibliotheken, Sportstätten) und das soziale (z. B. Altenpflege, Krankenhäuser) Wohl der
Einwohner. In welchem Umfang die Kommune freiwillige Aufgaben wahrnimmt hängt von
ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit und den Anliegen der örtlichen Politik ab. Im Folgenden
soll ein Überblick über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen in der deutschen
Ostseeregion gegeben werden.
Einnahmen der Kommunen
Die Kommunen der Ostseeregion erzielten im Jahr 2009 Bruttoeinnahmen71 in Höhe von
zusammen 6,3 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anstieg der kommunalen Einnahmen
gegenüber dem Jahr 1999 von 14,7%. Bundesweit stiegen die kommunalen Einnahmen im
Mittel jedoch etwas stärker an (+ 16,7%). Der Grund für die schwächere Entwicklung der
Einnahmesituation der Kommunen in der Ostseeregion begründet sich vor allem in der
schwächeren Entwicklung der kommunalen Einnahmen im schleswig-holsteinischen Teil der
Ostseeregion (+ 13,9%). Pro-Kopf standen den Kommunen in der Ostseeregion 2. 33 € in
2009 zur Verfügung und damit 2 € mehr pro Einwohner als im Bundesdurchschnitt. Dieses
sehr positive Abschneiden der Ostseeregion begründet sich in dem mit 2. 6 €
vergleichsweise hohen Pro-Kopf-Einnahmen der Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil der Ostseeregion. Der schleswig-holsteinische Teil lag mit 2. 0 € pro
Einwohner hingegen auf Bundesniveau.
Aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen der Gemeinden stammten in 2009 20,4% der
Bruttoeinnahmen der Kommunen in der Ostseeregion. Pro Kopf waren dies 574 Euro.
Jedoch bestanden hier deutliche Unterschiede zwischen den Gemeinden in SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern. So nahmen die Ostseegemeinden in SchleswigHolstein pro Kopf 662 Euro, die Ostseegemeinden in Mecklenburg-Vorpommern lediglich
449 Euro an Steuern und steuerähnlichen Geldern ein. Letzterer Wert entsprach lediglich
59% des Bundesdurchschnitts (762 Euro pro Einwohner) und belegt eindrucksvoll die
wirtschaftliche Schwäche der nordostdeutschen Gemeinden. Mit einem Anstieg des ProKopf-Steueraufkommens um 63,3% konnten sich die Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil der Ostseeregion zwischen 1999 und 2009 jedoch deutlich dem
Bundesdurchschnitt annähern, welcher im selben Zeitraum lediglich um 23,1% zunahm. Im
schleswig-holsteinischen Teil der Ostseeregion legte das Pro-Kopf-Steueraufkommen jedoch
nur 10,7% zu und entwickelte sich deutlich unterdurchschnittlich.
Ausgaben der Kommunen
Den Einnahmen der Kommunen stehen deren Ausgaben gegenüber. Im Jahr 2009 beliefen
sich die Bruttoausgaben der Kommunen in der deutschen Ostseeregion auf 6,8 Milliarden
Euro und überstiegen damit die Bruttoeinnahmen um rund 500 Millionen Euro. Im Vergleich
zum Jahr 1999 sind die Bruttoausgaben um 25,8% gestiegen. Die Ausgaben der
Ostseekommunen sind damit schneller als im Bundesdurchschnitt (+ 21,3%) gestiegen.
Noch deutlicher fällt der Anstieg der kommunalen Ausgaben (+ 25,8%) gegenüber dem
Anstieg der kommunalen Einnahmen in der Ostseeregion aus (14,7%, siehe Abschnitt
„Einnahmen der Kommunen“.
71
Einnahmen der Kommunen stammen unter anderem aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen der
Gemeinden, aus Gebühren, Abgaben und Beiträgen sowie Zuweisungen von Bund und Ländern, Krediten und
inneren Darlehen.
145
RADOST-Jahresbericht 2014
Die Pro-Kopf-Ausgaben der Kommunen in der Ostseeregion beliefen sich in 2009 auf 2.966
€. Damit lagen die Pro-Kopf-Ausgaben der Kommunen in der Ostseeregion 110 € über dem
Bundesdurchschnitt. Besonders hohe Pro-Kopf-Ausgaben hatten mit 2.985 Euro pro
Einwohner die Kommunen im mecklenburg-vorpommerschen Teil der Ostseeregion.
Verschuldung der Kommunen
Das Übersteigen der Einnahmen durch die Ausgaben zwingt die Kommunen zur Aufnahme
von Krediten. 2009 belief sich die Verschuldung der Kommunen in der Ostseeregion auf
insgesamt 2,6 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung der
kommunalen Haushalte in der Ostseeregion von 1.134 Euro. Gegenüber dem Jahr 1999 ist
dies ein Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte um 3,1%.
Bundesweit sank die Pro-Kopf-Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte im selben
Zeitraum sogar um 8,2% auf 987 Euro pro Einwohner.
Doch es kam nur scheinbar zu einem Abbau der kommunalen Verschuldung. Tatsächlich
kam es in den vergangenen Jahren zu einer Auslagerung von Schulden auf
Unternehmungen der öffentlichen Hand und zu einer verstärkten Aufnahme von
Kassenkrediten, welche nicht in der hier verwendeten amtlichen Schuldenstatistik enthalten
sind. Kassenkredite dienen nicht der Finanzierung konkreter Investitionsvorhaben und
werden in der Regel von der Kommunalaufsicht nicht geprüft. Ursprünglich diente sie dem
Ausgleich unterjähriger Zahlungsschwankungen. Jedoch setzen die Kommunen
Kassenkredite zunehmend für die dauerhafte Finanzierung von Finanzierungslücken der
Verwaltungshaushalte ein.72. So hat sich die Inanspruchnahme von Kassenkrediten durch
die Kommunen zwischen 1998 und 2011 in etwa versechsfacht.73 Nach den Berechnungen
des DIW betrug der Anteil der Kassenkredite an den kommunalen Schulden in Deutschland
in 2011 32%74. Die kommunale Verschuldung lag in 2009 einschließlich der Kassenkredite in
Mecklenburg-Vorpommern bei 1.536 € pro Kopf (davon Kassenkredite: 293 € pro Kopf) und
in Schleswig-Holstein bei 1.113 € pro Kopf (davon Kassenkredite: 1 3 € pro Kopf).
Gegenüber dem Jahr 1999 ist die kommunale Pro-Kopf-Verschuldung unter
Berücksichtigung der Kassenkredite in Mecklenburg-Vorpommern um 24% und in SchleswigHolstein um 10% gestiegen. Von diesen Relationen ausgehend, lag die kommunale ProKopf-Verschuldung in der Ostseeregion einschließlich der Kassenkredite in 2009 bei rund
1.400 €.
Bezogen auf ihre Bruttoeinnahmen betrug der durchschnittliche Verschuldungsgrad der
Kommunen in der Ostseeregion in 2009 zirka 51%. Damit waren die Kommunen in der
Ostseeregion gemessen an ihren Bruttoeinnahmen etwas geringer verschuldet als der
Durchschnitt der deutschen Kommunen (53%). Jedoch ergeben sich auch hier teilräumliche
Unterschiede. So lag der Verschuldungsgrad der Kommunen im schleswig-holsteinischen
Teil der Ostseeregion bei durchschnittlich 47% und jener der Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil bei durchschnittlich 55%.
Zwischenfazit
Zwar wuchsen im untersuchten Zeitraum von 1999 bis 2009 die kommunalen Einnahmen
deutlich, die Ausgaben der Kommunen wuchsen im selben Zeitraum jedoch noch stärker.
72
Freier, Ronny and Verena Grass Kommunale Verschuldung in Deutschland: Struktur verstehen – Risiken
abschätzen. DIW Wochenbericht Nr. 16.2013, S. 16.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.419356.de/13-16-3.pdf
73
Ebd.
74
Freier und Grass 2013, a.a.O., S. 15.
146
RADOST-Jahresbericht 2014
Die Bruttoausgaben der Kommunen in der Ostseeregion überstiegen deren Bruttoeinnahmen
in 2009 um rund 500 Millionen Euro und ließen die Pro-Kopf-Verschuldung auf rund 1.400 €
ansteigen. Mit einem Verschuldungsgrad von zirka 51% gemessen an den Bruttoeinnahmen
sind die Ostseekommunen jedoch nicht stärker verschuldet als der Bundesdurchschnitt.
Dennoch führt die steigende Verschuldung der Kommunen zwangsläufig zu einer
Ausgabenkürzung bei den freiwilligen Aufgaben, zu denen unter anderem das Angebot an
Bibliotheken, Sportstätten, Altenpflege und Krankenhäusern gehört. Auch die Anpassung an
den Klimawandel zählt bislang zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen und droht somit
ebenfalls den Sparzwängen der Kommunen zum Opfer zu fallen. Besorgniserregend ist
zudem der stark steigende Anteil der Kassenkredite. Diese kurzlaufenden Kreditlinien
machen die Kommunen verwundbar für Zinssteigerungen und Liquiditätsprobleme der
Kreditgeber.
Arbeitspaket 3.4: Agrarsektormodellierung
Federführung: TI
Ansprechpartnerin:
Andrea Wagner
E-Mail: [email protected]
Dr. Claudia Heidecke
E-Mail: [email protected]
Thünen-Institut für Ländliche Räume (TI-LR)
In den letzten Projektjahren wurden die Landnutzung und die Tierhaltung im Ostseeraum
hinsichtlich ihrer Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel und negativer
Umwelteffekte untersucht. Auch aktuell wird ein Großteil der gewässerrelevanten
Stickstoffeinträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen über das Grundwasser und die
Oberflächengewässer in die Ostsee eingetragen. Auf den Analysen des Basisjahres 2007
aufbauend wurde die zukünftige Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion und
Bodennutzung im Jahr 2021 mit dem Modell RAUMIS prognostiziert. Die Prognosen wurden
im Projektverlauf anhand der Entwicklungen der Agrarmärkte sowie der Agrarpolitik
aktualisiert, wobei bislang die erwarteten Trends und Entwicklungen bestätigt werden
konnten.
Entwicklung der landwirtschaftlichen Nährstoffeinträge
Die Prognose zeigt, dass sich der bisherige deutschlandweite Trend abnehmender
landwirtschaftlicher Nährstoffüberschüsse und -einträge sich im Ostseeraum auch in der
Periode 2007 bis 2021 fortsetzen wird. Wichtige Faktoren sind hierbei die
marktwirtschaftliche Entwicklung und Anpassungsprozesse sowie agrarpolitische
Minderungsmaßnahmen,
wie
beispielsweise
die
Düngeverordnung
und
die
Agrarumweltprogramme. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Reduktionen nicht in
allen Regionen ausreichen, um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und der
Meeresschutzrichtlinie (MSRL) im Jahr 2021 zu erreichen. Es sind darüber hinaus weitere
Anstrengungen notwendig.
147
RADOST-Jahresbericht 2014
Umweltqualitätsziele und Minderungsbedarf
Im Rahmen von RADOST wird ein interdisziplinärer Modellverbund eingesetzt, mit dem die
landwirtschaftliche Bodennutzung und die resultierenden Nährstoffüberschüsse sowie der
Einfluss des Klimawandels auf die Nährstoffeinträge in die Gewässer und die Eutrophierung
abgebildet werden. Als Grundlage für die Entwicklungstrends bis 2021 wird das Jahr 2007
verwendet. Für die Prognose des Jahres 2021 werden aktuelle am IGB die daraus
resultierenden Nährstoffeinträge und -Konzentrationen im Jahr 2021 simuliert und in Relation
zu den gesetzten Umweltqualitätszielen der WRRL und MRSL gesetzt. Die sich daraus
ergebenden Defizite zeigen den über die bisherigen Maßnahmen hinaus bestehenden
regionalen Reduktionsbedarf an.
Um abzuschätzen, ob und wie diese Reduktionsanforderungen erfüllt werden könnten, sollen
beispielhaft,
unter
Berücksichtigung
der
regionalen
Landnutzungsstrukturen,
regionsspezifische Handlungsoptionen in Form von Agrarumweltmaßnahmen ermittelt
werden.
Maßnahmen und Handlungsoptionen zur Eintragsminderung
Für Agrarumweltmaßnahmen werden seit 2000 finanzielle Mittel im Rahmen der
Gemeinsamen Agrarpolitik der EU bereitgestellt, um die Umsetzung umweltpolitischer Ziele
zu fördern. Ein Teil dieser Maßnahmen ist auf den Gewässerschutz ausgerichtet, wie
beispielsweise die Reduktion des Einsatzes von Mineraldünger, der Anbau von
Zwischenfrüchten und Untersaaten sowie die umweltfreundliche Ausbringung von
Wirtschaftsdünger. Wichtige Einflussfaktoren für die Effizienz dieser Maßnahmen sind neben
der potenziellen Wirkung auf die Gewässer die maßnahmenspezifischen Fördersummen, die
Einsatzkriterien und auch ihre Umsetzbarkeit und Akzeptanz durch die landwirtschaftlichen
Betriebe.
Für die weiteren Analysen werden Agrarumweltmaßnahmen berücksichtigt, die in den
Programmen der Länder angeboten werden und effizient zur Reduktion der
landwirtschaftlichen Nährstoffüberschüsse und der Verbesserung der Wasserqualität
beitragen können. Die betreffenden Maßnahmen sind inkluse der jeweiligen Kriterien, der
erwarteten Wirkung und mittleren Fördersummen in Tabelle 16 aufgelistet.
148
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 16: Agrarumweltmaßnahmen zur Reduktion landwirtschaftlicher Stickstoffüberschüsse
Wirkung
(kg N/ha)
Kosten
(€/ha)
Maßnahme
Beschreibung
Keine Wirtschaftsdüngerausbringung nach Ernte
(M34)
Keine Ausbringung von Wirtschaftsdünger
nach der Ernte der Hauptfrucht
15
15
Zwischenfruchtanbau
(M1/M2)
Einsaat einer leguminosefreien
Zwischenfrucht bis 01.09.; Umbruch ab dem
15.01./15.02..
20
80
Anbau von Untersaaten (M5)
Einsaat einer leguminosefreien Untersaat in
Deckfrucht; keine Düngung nach Ernte;
Umbruch ab dem 15.02.
7,5
70
Förderung von
Extensivkulturen (M14)
Anbau von Früchten mit geringer
Stickstoffdüngung: Winterbraugerste,
Keksweizen, Öllein, etc.
40
70
Grünlandextensivierung
(M21)
Durchschnittlicher jährliche unter 1,4 Rauhfuttergroßvieheinheiten je Hektar
Futterfläche; keine mineralische
Stickstoffdüngung
30
100
Reduzierte Mineraldüngung
in Getreide (M24)
Sollwert-Düngung minus 10 bzw. 20 %; keine
Spätgabe in Getreide
30
80
Grundwasser schonende
Ausbringungstechnik Gülle
und Festmist (M32/M33)
Schleppschlauch-, Schleppschuh-, oder
Schlitztechnik bzw. Exaktstreutechnik; Wirtschaftsdüngeruntersuchung
15
30
Brache (M6 bis M8)
Einsaat oder Erhalt leguminosefreier, winterharter Gräser, keine Beweidung und
Stickstoffdüngung
60
127
Quelle: Auszüge aus Osterburg und Runge (2007)
75
Abbildung 88: Extensiv genutztes Grünland
75
Abbildung 89: Weißklee geeignet als
Untersaat
Osterburg, Bernhard und Runge, Tanja (Hrsg.) (2007): Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen
in Gewässer – eine wasserschutzorientierte Landwirtschaft zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, In:
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 305
149
RADOST-Jahresbericht 2014
Ist der Handlungsbedarf für die Erreichung der Ziele der WRRL und MSRL im Ostseeraum
2021 ermittelt, werden unter Anwendung der aufgeführten Maßnahmen die regionalen
Einsatz- und Wirkungspotenziale der Maßnahmen zur Nährstoffreduktion analysiert. Anhand
dieser werden zudem die regionalen Handlungspotenziale und die Zielerreichung betrachtet.
Zusätzlich reglementieren Agrarumweltmaßnahmen meist die Flächennutzung und
schränken somit die Flexibilität der landwirtschaftlichen Betriebe sowie deren
Gewinnaussichten ein. Die Inanspruchnahme und Umsetzung der Maßnahmen ist für die
landwirtschaftlichen Betriebe freiwillig. Der Förderumfang der jeweiligen Maßnahme und der
Managementaufwand sind daher entscheidend für die Anwendung der Maßnahme und
müssen im Kontext der Agrarpreisentwicklung und der Ausdehnung des
Energiepflanzenanbaus
sowie
der
aktuell
stattfindenden
Intensivierung
der
landwirtschaftlichen Produktion betrachtet werden.
Wie in vorangegangenen Berichten dargelegt, wurde aufgrund der Förderung erneuerbarer
Energien der Silomaisanbau im Ostseeraum deutlich ausgedehnt, zum Großteil wird der
geerntete Mais zur Vergärung und Energiegewinnung eingesetzt. Die anfallenden Gärreste
werden auf die landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht und tragen häufig zu regional
ansteigenden Nährstoffüberschüssen bei, die nach Niederschlagsereignissen in das
Grundwasser und die Oberflächengewässer eingetragen werden können. In diesen und
anderen Fällen können Agrarumweltmaßnahmen positive Reduktionseffekte zeigen. Ist dies
nicht möglich, sind alternative Handlungsoptionen notwendig. Daher werden im
Anwendungsprojekt 10 auch die zukünftigen Anbau- und Wirkungspotenziale alternativer
Energiepflanzenkulturen untersucht.
Arbeitspaket 3.5: Input-Output-Modellierung
Federführung: IÖW
Ansprechpartner:
Dr. Jesko Hirschfeld
E-Mail: [email protected]
André Schröder
E-Mail: [email protected]
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW)
Die in den sechs Fokusthemen zu erarbeitenden Anpassungsstrategien werden mit ihrer
Umsetzung unterschiedliche Wirkungen auf die regionale Wirtschaft entfalten. Inhalt dieses
Arbeitspaketes ist es, basierend auf einem Input-Output-Ansatz, die Wirkungen der
Anpassungsstrategien auf die Zielgrößen Bruttoproduktionswert, Bruttowertschöpfung und
Beschäftigung in der Projektregion bis in das Jahr 2030 abzuschätzen. Von Interesse sind
dabei neben den Anstoßeffekten (direkte Effekte) auch alle Mitzieheffekte (indirekte Effekte)
sowie kapazitätsbedingte Rückkopplungseffekte (induzierte Effekte), die im Zuge der
Umsetzung und der Fortführung von Anpassungsmaßnahmen von der Nachfrage nach
Waren und Dienstleistungen ausgehen und in der Untersuchungsregion auf die drei
Zielgrößen wirken. Im Folgenden werden Ergebnisse aus der IO-Modellierung zu den
regionalökonomischen Effekten touristischer Nachfrage unter Berücksichtigung klimatischer
Veränderungen vorgestellt.
150
RADOST-Jahresbericht 2014
Entwicklung der touristischen Nachfrage in der Ostseeregion unter Berücksichtigung
klimatischer Veränderungen und daraus resultierende regionalwirtschaftliche Effekte
Die hier beschriebene Wirkungsanalyse dient dem Ziel, die regionalwirtschaftlichen
Wirkungen von touristischer Nachfrage in der Ostseeregion (bestehend aus den direkt an die
Ostsee angrenzenden Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern) unter sich ändernden Rahmenbedingungen und der besonderen
Berücksichtigung des Klimawandels abzuschätzen. Untersucht wurde der Zeitraum von 2000
bis 2030. Für die Untersuchung wurde ein dynamisches regionales Input-Output-Modell mit
einer endogenen Bestimmung der intermediären Produktion und einer kapazitätsinduzierten
Investitionsgüternachfrage angewendet. Eine detaillierte Darstellung des verwendeten
Modells und weiterer Modellierungsergebnisse findet sich in Zimmermann et al. (2013)76. Die
Analyse beruht auf der Entwicklung der Tages- und Übernachtungsgäste und deren
Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen in der Ostseeregion. Angaben zur Anzahl der
Übernachtungen in der Ostseeregion bis 2012 stammen von den Statistischen Ämtern der
Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein/Hamburg. Angaben zur
Höhe und Struktur der Ausgaben von Übernachtungsgästen in Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern stammen aus Harrer und Scherr (2002)77 sowie Harrer und
Scherr (2010)78. Sie wurden ergänzt um Angaben zur Anzahl und zu Ausgaben der
Tagestouristen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in Maschke (2005)79
und Maschke (2007)80. Die touristische Nachfrage ab dem Jahr 2012 fließt Szenarien
gestützt in die Analyse ein. Die Grundlage bilden drei Szenarien zur Entwicklung der Anzahl
der Tages- und Übernachtungsgäste in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer
Berücksichtigung des Klimawandels, die vom IÖW im Rahmen von RADOST erstellt wurden
(siehe 2. RADOST-Jahresbericht).
Die Ergebnisse der Input-Output-Analyse weisen auf die hohe regionalwirtschaftliche
Bedeutung des Tourismus für die Ostseeregion hin. So waren im Jahr 2000 in der deutschen
Ostseeregion 72 Tsd. erwerbstätige Personen von der direkten, indirekten und
kapazitätsinduzierten Bereitstellung von Waren und Gütern für den Tourismus in der
Ostseeregion abhängig (siehe Abbildung 90). Dies entsprach einem Anteil an den insgesamt
in der Region Erwerbstätigen von knapp 7 %. Nach einem vorläufigen Höhepunkt mit 100
Tsd. Erwerbstätigen im Jahr 2009 und einem leichten Rückgang in den beiden Folgejahren
nahm die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2013 wieder zu und erreichte einen Wert von
knapp 98 Tsd. Damit erhöhte sich in 2011 auch der Anteil der vom Tourismus abhängigen
Erwerbstätigen an den insgesamt in der Region erwerbstätigen Personen auf knapp 9 %.
Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei der touristisch induzierten Bruttowertschöpfung in der
Region zu erkennen. Ihr Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung nahm von 5 % (2,2
Mrd. €) im Jahr 2000 auf 6 % (3,2 Mrd. €) im Jahr 2011 ebenfalls zu.
76
Zimmermann, Karl, André Schröder und Jesko Hirschfeld (2013): A Regional Dynamic Input-Output Model of
Tourism Development in the Light of Climate Change. In: Neuere Anwendungsfelder der Input-OutputAnalyse- Tagungsband. Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012.
77
Harrer, Bernhard und Silvia Scherr (2002): Ausgaben der Übernachtungsgäste in Deutschland. Deutsches
Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr.
78
Harrer, Bernhard und Silvia Scherr (2010): Ausgaben der Übernachtungsgäste in Deutschland. Hg. v.
Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München.
79
Maschke, Joachim (2005): Tagesreisen der Deutschen. Hg. v. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut
für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München.
80
Maschke, Joachim (2007): Tagesreisen der Deutschen. Hg. v. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut
für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München.
151
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 90: Von touristischer Nachfrage in der Ostseeregion abhängige Erwerbstätige
2000-2013
Beginnend mit dem Jahr 2014 zeichnet die Szenarien basierte Fortschreibung der
tourismusinduzierten Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigkeit über alle drei Szenarien
hinweg eine positive Entwicklung dieser beiden regionalökonomischen Größen. So könnte
bis zum Ende des Betrachtungszeitraumes im Jahr 2030 im Szenario „business as usual“,
welches von einer gleichbleibenden touristischen Attraktivität der deutschen Ostseeregion
ausgeht, die tourismusinduzierte Bruttowertschöpfung einen Umfang von gut 4,1 Mrd. €
erreichen (siehe Abbildung 91). Nimmt, vor allem klimatisch bedingt, die touristische
Attraktivität des Mittelmeerraums ab und gelingt es gleichzeitig die Umweltqualität in der
Ostseeregion zu bewahren sowie die touristische Infrastruktur verstärkt auszubauen
(Szenario „starkes Wachstum“), könnte in 2030 allein die durch den Tourismus generierte
Bruttowertschöpfung rund 4,5 Mrd. € betragen. Im Falle ausbleibender Investitionen und
einer sinkenden Umweltqualität (Szenario „schwaches Wachstum“) würde die touristisch
induzierte Bruttowertschöpfung deutlich langsamer anwachsen und im Jahr 2030 3, Mrd. €
betragen.
152
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 91: Touristisch induzierte Bruttowertschöpfung in der deutschen Ostseeregion
2000-2030, 3 Szenarien
Abbildung 92 stellt die Verteilung der im Jahr 2013 touristisch induzierten
Bruttowertschöpfung in der deutschen Ostseeregion nach Wirtschaftsbereichen dar. Es zeigt
sich, dass das Beherbergungs- und Gaststättengewerbe sowie Handels- und VerkehrsDienstleister mit einem Anteil an der tourismusinduzierten Wertschöpfung von zusammen
76 % am weitaus stärksten vom Tourismus profitierten. Ebenfalls stark an der touristisch
induzierten Bruttowertschöpfung partizipierten der Textil- und Bekleidungs-Sektor (9 %) und
der Sektor Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen (7 %).
153
RADOST-Jahresbericht 2014
Abbildung 92: Touristisch induzierte Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen in der
deutschen Ostseeregion 2013
Die Zahl der touristisch induzierten Erwerbstätigen könnte im Jahr 2030 abhängig vom
jeweiligen Szenario zwischen 113 und 138 Tsd. betragen.
Arbeitspaket 3.6: Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse
Federführung: IÖW
Ansprechpartner:
Dr. Jesko Hirschfeld
E-Mail: [email protected]
Julian Sagebiel
E-Mail: [email protected]
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW)
Im Rahmen dieses Arbeitspaketes wurde eine Vorstudie zur Vorbereitung eines Choice
Experiments durchgeführt. Ziel der Studie war es, die Relevanz der Attribute und Levels
sowie die Zahlungsbereitschaften für die Effekte von Anpassungsmaßnahmen
annährungsweise zu ermitteln. Die Studie umfasste Fokusgruppen Diskussionen und
Fragebogeninterviews. Somit wurden qualitative und quantitative Daten erhoben. Die Daten
wurden anschließend mit STATA und MAXQDA ausgewertet. Die Feldarbeit erfolgte
innerhalb von vier Tagen an verschiedenen Urlaubsorten zwischen Warnemünde und Rügen
(Mecklenburg-Vorpommern), durchgeführt im Oktober 2013. Insgesamt fanden acht
Fokusgruppen Diskussionen statt. Ca. 100 Interviews wurden durchgeführt. Die Ergebnisse
werden in einem Projektbericht veröffentlicht und sind bereits in das Design des Choice
Experiments integriert.
154
RADOST-Jahresbericht 2014
Darüber hinaus wurde eine ausführliche Literaturrecherche zu bereits durchgeführten
Studien zur Bewertung von relevanten Attributen für Ostseeurlauber durchgeführt.
Diskussionen mit Partnern und Stakeholdern zur Auswahl von relevanten
Anpassungsmaßnahmen fanden statt um die Effekte systematisch in dem Choice
Experiment darzustellen.
In Zusammenarbeit mit dem Unterauftragnehmer NIT wurde ein Fragebogen für die
Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse entwickelt. Dieser enthält neben Einstellungen zum
Klimawandel und Reiseverhalten ein Choice Experiment für Ostseeurlaube und eine
Kontingente Bewertungsfrage für Personen, die keinen Urlaub an der Ostsee verbringen.
Letztere dient der Ermittlung der sogenannten Non-Use Values.
Die erhobenen Daten werden im Jahr 2014 systematisch ausgewertet und gehen als ein
wichtiger Bestandteil in die 2014 abzuschließende Kosten-Nutzen-Analyse mit ein.
155
RADOST-Jahresbericht 2014
Modul 4: Nationaler und europäischer Politikrahmen /
nationaler und internationaler Austausch
Federführung: Ecologic
Ansprechpartner/in:
Dr. Grit Martinez
E-Mail: [email protected]
Dr. Nico Stelljes
E-Mail: [email protected]
Ecologic Institut, Berlin
Der internationale Austausch zu Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen – vor allem
mit der Partnerregion an der Ostseeküste der USA – wurde im aktuellen Berichtszeitraum
fortgeführt. Eine Reihe von Veranstaltungen im Ostseeraum und den USA ermöglichten
diesen Prozess. Intensiv gearbeitet wurde im Rahmen der KLIMZUG-Publikationen an einer
Veröffentlichung ein Sammelbandes mit dem Titel „Social dynamics in adaptation to a
changing climate in coastal regions – An interdisciplinary perspective on findings from the
KLIMZUG-Projects“ (vgl. die Ausführungen unter „Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und
wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und Dialogprozesses“ in Modul 1). Des
Weiteren wurde eine Broschüre zu Beispielen der Klimaanpassung veröffentlicht.
Arbeitspaket 4.2: Bestandsaufnahme und Auswertung regionaler
Anpassungsprojekte und -maßnahmen in Deutschland und Europa
In den vorherigen Projektjahren fand eine Recherche zu erfolgreichen Anpassungsbeispielen
statt. Unterstützend wurde hierzu eine Reihe von Interviews mit Akteuren der deutschen
Ostseeküstenregion aus unterschiedlichen Verwaltungsebenen durchgeführt. Die Ergebnisse
der Befragung wurden als RADOST-Bericht Nr. 13 „Anpassungsmaßnahmen an der
deutschen Ostseeküste – Auswertung einer qualitativen Befragung von Akteuren auf
unterschiedlichen Verwaltungsebenen“ veröffentlicht. Die Befragungen zeigen den Bedarf an
Informationen zu ‚Best-practice‘ Beispielen.
Mit dem RADOST-Bericht Nr. 19 wurde daraufhin ein Leitfaden zu guten Beispielen der
Klimaanpassung veröffentlicht. Dieser Bericht ist seit Juni 2013 auf der RADOST-Homepage
abrufbar. Entlang den sechs RADOST-Fokusthemen Küstenschutz, Tourismus &
Strandmanagement, Gewässermanagement & Landwirtschaft, Häfen & Maritime Wirtschaft,
Naturschutz & Nutzungen sowie Erneuerbare Energien, ergänzt um die Themen Planung
und Partizipation, werden jeweils drei Anpassungsbeispiele aufbereitet. Insgesamt werden
24 Beispiele aus Ländern wie Dänemark, Schweden, Großbritannien, USA oder Japan
vorgestellt. Dabei wird zwischen Anpassungsprozessen und Anpassungsmaßnahmen
unterschieden. Zu den Anpassungsmaßnahmen können Beispiele wie eine Deichöffnung in
Großbritannien oder Forschungsaktivitäten zur Nutzung von Wellenenergie in Litauen
gezählt werden. Anpassungsprozesse werden dagegen beispielhaft anhand einer Kommune
in Neuseeland oder der Erarbeitung einer Anpassungsstrategie für den Hafen von San
Diego, USA dargestellt. Anhand von acht Kriterien wurden diese Anpassungsbeispiele
ausgewählt und bewertet. Mit dem in dieser Broschüre beschriebenen Spektrum von
156
RADOST-Jahresbericht 2014
Anpassungsmöglichkeiten soll als Anregung für Akteure an der Ostsee aufgezeigt werden,
wie in anderen Regionen mit Klimawandel, Klimaanpassung und verwandten Themen
umgegangen wird. Vorgestellt wurde der Leitfaden auf der RADOST Veranstaltung
„Anpassung an den Klimawandel – Von der Forschung zur Praxis“ am 9.9.2013 in der
Darßer Arche in Wieck. Eine Zusammenfassung des Berichts wird in der KLIMZUGPublikation „Klimaanpassung in der Stadt- und Regionalplanung“ veröffentlicht.
Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene
Der Erfahrungsaustausch unterschiedlicher Akteure zum Thema Klimaanpassung auch über
die Projektregion hinaus, ist seit Projektbeginn ein fester Bestandteil von RADOST. In den
vorherigen Berichtzeiträumen begonnene Kooperationen konnten fortgeführt werden.
Besonders intensiv hat sich die Zusammenarbeit mit Partnern in den USA entwickelt, die
durch verschiedene Veranstaltungen im aktuellen Berichtszeitraum fortgeführt wurde.
Austausch mit Ostseeanrainerstaaten
Anfang Februar 2013 fand in Warnemünde am IOW ein Workshop mit rund 50 Teilnehmern
statt, um auf Einladung der Helsinki-Kommission (HELCOM) und des Forschungsprogramms
„Baltic Sea Experiment“ (BALTEX) über dringend notwendige Anpassungen des Baltic Sea
Action Plan zu beraten. RADOST-Projektleiterin Grit Martinez betonte in ihrem Beitrag, dass
auf der lokalen und regionalen Ebene die Verortung des Handelns aus dem lokalspezifischen Umfeld heraus zu betrachten ist. Im Ergebnis des Workshops einigten sich die
Teilnehmer auf ein Positionspapier mit Handlungsempfehlungen zur Vorlage an die
Umweltminister der Ostseestaaten.
Austausch mit der Partnerregion in den USA
Mitveranstaltet vom Ecologic-Institut fand 2013 ein transatlantischer Dialog zu Anpassung in
Gebirgs- und Küstenregionen statt. Vier unterschiedliche Regionen standen dabei im
Blickpunkt. Neben der RADOST-Region umfasst dieser Austausch auch den
schweizerischen Grindelwald, den Skiort Aspen in Colorado (USA) sowie Küstenregionen in
North Carolina und an der Chesapeake Bay in Maryland (USA).
Der erste Workshop dieses Dialoges fand im April 2013 am CSC in Hamburg statt. Aus
RADOST wurden die Beispiele Klimabündnis Kieler Bucht, Timmendorfer Strand und
Ummanz bei Rügen vorgestellt.
Neben den offensichtlichen Unterschieden zwischen Gebirgs- und Küstenregionen wurden
auf dem Dialog auch Gemeinsamkeiten deutlich. In beiden Fällen handelt es sich um
touristisch geprägte Regionen, die bereits heute von Herausforderungen betroffen sind, die
sich im Zuge des Klimawandels voraussichtlich verstärken werden. Entwicklungen wie eine
Abnahme des Schneefalls oder die zunehmende Erosion von Sandstränden stellen ein
großes Risiko für das wirtschaftliche Potential der Regionen dar. Die jeweiligen Gemeinden
sind darauf angewiesen, Antworten auf diese Veränderungen zu finden, so werden
beispielsweise technische Maßnahmen wie Sandvorspülungen oder Schneekanonen
eingesetzt.
Teil des Workshops war eine Exkursion nach Timmendorfer Strand, wo die Teilnehmenden
ausführliche Einblicke in die Planung und Umsetzung des als vorbildlich geltenden
Küstenschutzkonzeptes erhielten.
157
RADOST-Jahresbericht 2014
Die Fortsetzung des Dialogs fand im August 2013 am Global Change Institute in Aspen,
Colorado statt. Mitveranstalter der Reihe waren das Ecologic Institut und die Duke University
im Rahmen des internationalen Austauschprogramms des RADOST-Projektes. Wiederum
waren lokale Akteure aus Gemeinden, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft aus
verschiedenen geographischen und kulturellen Regionen zu dem Dialog anwesend. Dabei
wurden Anpassungsmaßnahmen aus den unterschiedlichen beteiligten Regionen vorgestellt
und bezüglich ihrer Erfolgsfaktoren und möglicher Übertragbarkeit in die jeweils andere
Region erörtert. Auf einer Exkursion besuchten die rund 40 Teilnehmer das „Roaring Fork
Valley“ in Colorado und diskutierten mit Experten darüber, wie sich der Skitourismus auf
zukünftig veränderte Schneeverhältnisse einstellen kann.
Veranstaltungen in Kooperation mit der US-Botschaft Berlin
Ergebnisse der gemeinsam mit der Duke University durchgeführten Untersuchungen über
kulturelle Wahrnehmung von Klimawandel und Anpassungstrategien in Küstenregionen
wurden am 22. April 2013 bei einem Mittagsseminar in der Botschaft der Vereinigten Staaten
in Berlin vorgestellt. Die Veranstaltung umfasste Vorträge von Experten der Duke University
und der Chesapeake Conservancy sowie von RADOST-Projektleiterin Grit Martinez. Die
Sprecher betonten, dass bei der Entwicklung von Anpassungsstrategien die Bedeutung von
historischen und kulturellen Werten gegenüber den geophysikalischen Eigenschaften eines
Ortes von besonderer Wichtigkeit sein kann. Sie waren sich über die Wichtigkeit von
'Kümmerer'
oder
'Schlüsselpersonen'
auf
dem
Weg
zu
erfolgreichen
Anpassungsmaßnahmen einig. Im Anschluss an die Präsentationen diskutierten die
Teilnehmer, welche Rolle Heimat, Wahrnehmung und Politik in den unterschiedlichen
Küstenschutzansätzen der Regionen in den USA und Deutschland spielen.
Vom 18. bis 22. September 2013 fand ein transatlantischer Austausch zum Thema
Klimaanpassungsstrategien mit Station in Berlin, Stralsund und auf der Insel Ummanz statt,
der von der US-amerikanischen Botschaft in Berlin gefördert wurde. Im Rahmen des
Besuchsprogramms
konnten
Forscher
der
Universität
Maryland
deutsche
Klimaanpassungsstrategien im nationalen, lokalen und internationalen Kontext
kennenlernen. Teil des Programms waren eine Besichtigung der Insel Ummanz, bei der
Treffen mit ansässigen Fischern, Bauern und der Ortschronistin stattfanden, sowie der
Besuch des 28. BWK-Bundeskongresses in Stralsund (siehe Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3:
Workshopreihen und Konferenzen in Modul 1)
Veröffentlichung „Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change”
Eine Masterarbeit, die im Kontext des RADOST-Projektes entstanden ist, untersucht die
sozio-kulturelle Konstruktion von Werten und Praktiken, die Risikowahrnehmung und
Handlungsbereitschaft in Bezug auf Küstenschutz und Anpassung an den Klimawandel
beeinflussen, am Beispiel von drei US-Staaten entlang der Atlantikküste. Bourdieus
Feldtheorie wird operationalisiert, um den Diskurs in drei lokalen Zeitungen zu analysieren.
Basierend auf einer Literaturrecherche sowie der Auswertung einer Umfrage unter
Entscheidungsträgern werden kulturelle Unterschiede im Umgang mit Küstenschutz
identifiziert. Die Umfrage ist während drei Workshops in Annapolis (Maryland), Beaufort
(North Carolina) und Charleston (South Carolina) im Frühjahr 2012 von der Nicolas School of
the Environment an der Duke University und dem Ecologic Institut durchgeführt worden.
Die Ergebnisse zeigen, dass es in der Diskussion um Klimawandel und Küstenmanagement
vier große Bereiche gibt, in denen unterschiedliche Auffassungen aufeinandertreffen: die
Wahrnehmung von Risiken, das Wissen über den Klimawandel, das Vertrauen in
Wissenschaft und Politik sowie Wertvorstellungen. Diese Auseinandersetzungen werden
158
RADOST-Jahresbericht 2014
lokal auf unterschiedliche Weise geführt. Insgesamt wird im Ergebnis der Studie allerdings
festgestellt, dass derzeit dominierende Werte und Praktiken die Umsetzung von Strategien
zur Anpassung an den Klimawandel im Untersuchungsgebiet verhindern. Wenngleich in der
Bevölkerung auch Einstellungen vorhanden sind, die der Anpassung an den Klimawandel
förderlich sein können, finden diese im bestehenden Planungssystem kaum Beachtung.
Die Studie „Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change. The
role of socio-cultural construction in decision making for adaptation to climate change and
sea level rise in three US states” wurde von Juni bis September 2012 unter Mit-Betreuung
von RADOST-Projektleiterin Grit Martinez an der Development Planning Unit des University
College London angefertigt. Sie wurde als Band 18 der RADOST-Berichtsreihe veröffentlicht.
Weitere Veranstaltungen zum Austausch auf nationaler und internationaler Ebene
Im März 2013 fand die erste European Adaptation Conference (ECCA) in Hamburg statt. Mit
dem übergreifenden Thema „Integrating Climate into Action“ hatte die Konferenz zum Ziel,
mögliche Handlungsoptionen zur Anpassung an den Klimawandel auszutauschen und zu
diskutieren. Für RADOST nahm Projektleiterin Grit Martinez an der Konferenz teil. Ihr
Vortrag beschäftigte sich mit der Frage, wie sich lokal unterschiedliche Herangehensweisen
und Einstellungen im Umgang mit dem Klimawandel herausbilden.
Ebenfalls im März 2013 fand ein Dialog zur Küstenforschung, Küstennutzung und
Küstenschutz in Hamburg statt, das von den RADOST-Partnern Helmholtz-Zentrum
Geesthacht und Technische Universität Hamburg-Harburg zusammen mit dem AlfredWegener-Institut für Polar-und Meeresforschung veranstaltet wurde. Verschiedene
RADOST-Partner waren mit Beiträgen auf dem Dialog präsent, das Ecologic Institut
beteiligte sich mit einem Poster. Thematische Schwerpunkte bildeten die zukünftige
Windenergienutzung in den küstennahen Meeren, Interessenskonflikte im Küstenraum sowie
die Anpassung an den Klimawandel.
Von den RADOST-Erfahrungen im internationalen Austausch wurde auch auf einem
KLIMZUG-Workshop „Klimaanpassung im internationalen Kontext: Erfahrungen, Netzwerke
und Potenziale“ berichtet, der am 16. Oktober 2013 in Köln stattfand.
159
RADOST-Jahresbericht 2014
Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse
Federführung: Ecologic
Ansprechpartner:
Daniel Blobel
E-Mail: [email protected]
Ecologic Institut, Berlin
Auch im vergangenen Projektjahr wurden Aktivitäten und Ergebnisse des RADOSTProjektes in vielfältiger Form öffentlich bekannt gemacht. Zentrale Elemente bilden dabei
weiterhin eigene und externe Veranstaltungen, die RADOST-Website, der Newsletter und
die RADOST-Berichtsreihe.
Arbeitspaket 5.1: Website und Newsletter
Federführung: Ecologic
RADOST-Website
Die RADOST-Website (http://klimzug-radost.de) bildet seit Projektbeginn sowohl ein Forum
der projektinternen Kommunikation als auch das zentrale Instrument der Außendarstellung
des Projektes. Im Berichtszeitraum wurden vor allem die Rubriken „Veranstaltungen“ und
„Publikationen“ kontinuierlich ergänzt.
Statistik
Im Berichtszeitraum wurden auf der RADOST-Website 5.078 Besuche registriert, die
durchschnittlich 2:51 Minuten verweilten. Insgesamt wurde 17.231 Mal auf RADOST-Seiten
zugegriffen. Ein Viertel der Besucher (25 %) öffneten die Website wiederholte Male im
Berichtszeitraum. 33 % der Besucher besuchten die RADOST-Website direkt. Knapp 54 %
fanden über Suchmaschinen zur Website und ca. 13 % kamen über andere VerweisWebsites auf die Seite.
Die Besucher der RADOST-Website kommen aus über 70 verschiedenen Ländern von
sechs Kontinenten, wobei Besucher aus Europa bzw. Deutschland die stark überwiegende
Mehrheit ausmachen.
Newsletter
Der RADOST-Newsletter erscheint seit März 2010 dreimal jährlich in deutscher und
englischer Sprache und berichtet in knapper, allgemeinverständlicher Form über aktuelle
Forschungsarbeiten und Netzwerkaktivitäten des Projektes. Der Newsletter wird per E-Mail
an Abonnenten verschickt und als pdf-Datei zum Herunterladen auf der RADOST-Website
bereitgestellt. Im Berichtszeitraum erschienen im März, Juni und November 2013 Ausgaben
des RADOST-Newsletters.
160
RADOST-Jahresbericht 2014
Von der deutschsprachigen Ausgabe wurden jeweils 500 Druckexemplare angefertigt und
standen so zur Auslage bei RADOST-Partnern sowie bei Veranstaltungen zur Verfügung.
Von der Ausgabe 1/2013 (März) wurden außerdem 250 Exemplare der englischsprachigen
Version gedruckt, um sie bei internationalen Anlässen, insbesondere der ECCA-Konferenz
(siehe Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene) zu verteilen.
6-mal jährlich werden darüber hinaus Nachrichten aus RADOST über den „Küsten
Newsletter“ des EUCC-D mit über 1300 Abonnenten verbreitet. Folgende Ausgaben sind im
Berichtszeitraum erschienen: 1-2013 (Februar 2013), 2-2013 (April 2013), 3-2013 (Juni
2013), 4-2013 (August 2013), 5-2013 (Oktober 2013), 6-2013 (Dezember 2013).
RADOST berichtete weiterhin an die Redaktionen externer Newsletter, wie insbesondere des
KLIMZUG-Newsletters.
Arbeitspaket 5.2: Publikationen
Die Projektergebnisse von RADOST werden kontinuierlich in eigenen und externen
Publikationen veröffentlicht.
RADOST-Berichte
Seit der Beginn der Herausgabe der RADOST-Berichtsreihe im Februar 2011 werden unter
der dazugehörigen ISSN-Nummer 2192-3140 regelmäßig Projektergebnisse aus RADOST in
einem einheitlichen Design online vorgestellt.
Im Berichtszeitraum sind folgende Berichte im Rahmen der RADOST-Berichtsreihe
erschienen:
Frick, Fanny (2013): Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change. Berlin.
RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 18.
Stelljes, Nico; Martinez, Grit (2013): Internationale Beispiele der Klimaanpassung. Berlin. RADOSTBerichtsreihe, Bericht Nr. 19.
Wenzel, Heiko; Treptow, Niko (2013): Anpassungsstrategie an den Klimawandel für die zukünftige
Entwicklung der öffentlichen Lübecker Häfen - Teil 1: Zukunftsszenarien und Klimarisiken. CPL
Competence in Ports and Logistics. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 20.
RADOST-Verbund (2013): 4.
Berichtsreihe, Bericht Nr. 21.
RADOST
Jahresbericht.
Ecologic
Institut
(Hrsg.),
RADOST-
Neumann, Tim; Ahrendt, Kai (2013): Comparing the “Bathtub Method” with MIKE 21 HD Flow Model
for Modelling Storm Surge Indundation. Case Study Kiel Fjord. Geographisches Institut der
Universität Kiel. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 22.
Schröder, André; Hirschfeld, Jesko; Fritz, Sabine (2013): Auswirkungen des Klimawandels auf die
deutschen Ostseehäfen. Ergebnisse einer Befragung der Hafenbehörden. Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 23.
Bobsien, Ivo (2014): Mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf den Blasentang (Fucus
Vesiculosus) und das Gewöhnliche Seegras (Zostera Marina) in der Ostsee. Landesamt für
161
RADOST-Jahresbericht 2014
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. RADOST-Berichtsreihe, Bericht
Nr. 24.
Als weitere Veröffentlichung ist aus dem Anwendungsprojekt 15 „Integration von
Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen“ der
Bericht erschienen:
Katja Wöckner-Kluwe; Jörn Langheinrich; Thomas Stoye (2013): Anwendungsprojekt 15: Integration
von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen.
Flensburger Schiffbau-Gesellschaft. Flensburg.
Magazin der EUCC: „Coastal & Marine“
Herausforderungen durch den Klimawandel für Häfen und die
Entwicklung Erneuerbarer Energien bilden den Schwerpunkt der
zweiten Ausgabe der „Coastal & Marine“-Sonderreihe zur
Klimaanpassung. Die Ausgabe berichtet über Herausforderungen
und Anpassungsstrategien für die Hafenentwicklung, z. B. in
Lübeck, die Möglichkeiten geothermischer Energiegewinnung im
Strandbereich und stellt die Einflüsse der Offshore-Windenergie
auf Vogelzüge dar. Beiträge aus RADOST werden ergänzt durch
Beiträge aus weiteren KLIMZUG-Projekten sowie internationalen
Projekten im Ostseeraum.
Herausgeber der Sonderreihe ist der Projektpartner EUCC – Die
Küsten Union Deutschland e.V. gemeinsam mit seiner
internationalen Dachorganisation Coastal & Marine Union. Eine pdf-Version ist über
http://www.eucc-d.de/coastal-and-marine.html verfügbar.
'Coastal & Marine' Sonderreihe ‘Coastal Climate Change – Protecting and adapting maritime
regions’, Ausgabe Nr. 2 ‘Ports and renewable energies: impacts, vulnerabilities and
adaptation’ (Heft 2013-1)
RADOST-Beiträge:
Coppack, Timothy; Dittmann, Tobias; Schulz, Axel; Weidauer, Alexander: Birds and offshore wind
farms – a double-edged sword?, S. 18
Dengler, Cindy: How climate change influences the potentials of renewable energy, S. 14
Dengler, Cindy; Oldort, Björn; Kulhmann, Jan: Coastal underground as a thermal energy source, S. 15
Friedland, René; Hiller, Anne; Janßen, Holger: Melting Sea ice in the Baltic Sea – Changes and
Possible Effects, S. 9
Schröder, André; Hirschfeld, Jesko (2013): Climate Change in the Baltic Sea Region: The Vulnerability
of German Ports, S. 6-7
Schröder, André; Hirschfeld, Jesko (2013): Survey Results on the Vulnerability of German Baltic Ports
due to Climate Change, S. 8
162
RADOST-Jahresbericht 2014
Climate Change Adaptation in Practice
Im Mai 2013 erschien das bereits im vorigen Jahresbericht angekündigte Buch „Climate
Change Adaptation in Practice“, das mehrere Beiträge aus dem RADOST-Projekt enthält
(Auflistung siehe 4. Jahresbericht):
Schmidt-Thomé, P.;Klein, J. (2013): Climate Change Adaptation in Practice: From Strategy
Development to Implementation. Wile-Blackwell, ISBN 978-0-470-97700-2.
Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern
Auch im aktuellen Berichtsjahr präsentierte sich RADOST in dem jährlich erscheinenden
„Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern“. Eine von dem Projekt gestaltete Doppelseite
informiert über die Themen „Klimawandel an der deutschen Ostseeküste“, „Strategien für
den zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz“, „Analyse alternativer Pflanzensorten“,
„Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel“ und „Tourismus im Klimawandel“. Der
Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern informiert seit dem Jahr 2000 über Unternehmen
und Projekte aus Mecklenburg-Vorpommern und wird kostenfrei über die Landesregierung,
Umweltämter, Informationsständer in Stadt- und Kreisverwaltungen, Kurverwaltungen und
als Informationsbroschüre in der Landesvertretung in Berlin angeboten.
Liste von weiteren Publikationen im Rahmen von RADOST im Berichtszeitraum (inkl.
Publikationen im Druck oder in Begutachtung)
Buchbeiträge
Dreier, N., Schlamkow, C., Fröhle, P. and Salecker, D., 2013. Changes of 21st Century's average and
extreme wave conditions at the German Baltic Sea Coast due to global climate change. In: Conley,
D.C., Masselink, G., Russell, P.E. and O’Hare, T.J. (eds.), Proceedings 12th International Coastal
Symposium (Plymouth, England), Journal of Coastal Research, Special Issue No. 65, pp. 19211926, ISSN 0749-0208.
Dreier, N., Schlamkow, C., Fröhle, P. and Salecker, D., 2013. Climate Change and Corresponding
Changes of Wave Conditions at the German Baltic Sea Coast. In: Wang Zhaoyin, Joseph Hun-wei
Lee, Gao Jizhang & Cao Shuyou (eds), Proceedings of 2013 IAHR World Congress (Chengdu,
China), Volume 6: Maritime Hydraulics and Coastal Engineering, Tsingha University Press, Beijing,
Sept. 2013.
Hennemuth, B., Bender, S., Bülow, K., Dreier, N., Keup-Thiel, E., Krüger, O., Mudersbach, C.,
Rademacher, C., Schoetter, R. (2013): Statistische Verfahren zur Auswertung von Klimadaten aus
Modell und Beobachtung, eingesetzt in Projekten und Institutionen, die sich mit Klimafolgen und
Anpassung befassen, CSC Report 13, Climate Service Center, Germany.
Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Venohr, P. Kreins, C. Heidecke & G. Schernewski (2012): How can German
river basins contribute to reach the nutrient emission targets of the Baltic Sea Action Plan? In: G.A.
Sorial & J. Hong (eds.): Environmental Science and Technology (II). American Science Press,
ISBN 9780976885344: 421-427
Schröder, André und Jesko Hirschfeld (in Begutachtung): Anpassungsbedarfe und Strategien in der
Hafenwirtschaft an der deutschen Ostseeküste. In: Mahammadzadeh et al. (Hrsg.), Anpassung an
den Klimawandel von Unternehmen – Theoretische Zugänge und empirische Befunde
163
RADOST-Jahresbericht 2014
Zimmermann, Karl, André Schröder und Jesko Hirschfeld (2013): A Regional Dynamic Input-Output
Model of Tourism Development in the Light of Climate Change. In: Neuere Anwendungsfelder der
Input-Output-Analyse- Tagungsband. Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012.
Zeitschriftenbeiträge
Gräwe, U., Friedland, R., Burchard, H. (2013): The future of the western Baltic Sea: two possible
scenarios, Ocean Dynamics, Volume 63 (8), 901-921, DOI 10.1007/s10236-013-0634-0
Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Gadegast, L. Czudowski, U. Mischke, C. Heidecke, G. Schernewski, M.
Venohr (2013): Reference conditions for rivers of the German Baltic Sea catchment: reconstructing
nutrient regimes using the Model MONERIS. Reg Environ Change DOI 10.1007/s10113-013-05597
McFadden, L. & G. Schernewski (2013): Critical reflections on a systems approach application in
practice: a Baltic lagoon case study. Regional Environmental Change DOI 10.1007/s10113-0120337-y
Newton, A., Icely, J., Cristina, S., Brito, A., Cardoso, A.C., Colijn, F., Dalla Riva, S., Gertz, F., Hansen,
J., Holmer , M., Ivanova, K., Leppäkoski, E., Melaku Canu, D., Mocennim, C., Mudge, S., Murray,
N., Pejrup, M., Razinkovas, A., Reizopoulou, S., Pérez-Ruzafa, A., Schernewski, G., Schubert, H.,
Seeramu, L., Solidoro, C.,Viaroli, P. & Zaldívar, J.-M. (2013): An overview of ecological status,
vulnerability and future perspectives of European large shallow, semi-enclosed coastal systems,
lagoons and transitional waters. Estuarine, Coastal and Shelf Science: 1-28
Schernewski G., R. Friedland, M. Carstens, U. Hirt, W. Leujak, G. Nausch, T. Neumann, T. Petenati,
S. Sagert, N. Wasmund & M. von Weber (submitted): Implementation of European marine policy:
New water quality targets for German Baltic waters. Marine Policy
Schippmann, B., G. Schernewski & U. Gräwe (2013): Escherichia coli pollution in a Baltic Sea lagoon:
A model-based source and spatial risk assessment. International Journal of Hygiene and
Environmental Health 216,4: 408-420
Schippmann, B., G. Schernewski, U. Graewe, H. Burchard, T. Walczykiewicz (2013): A model tool for
bathing water quality management: A case study on Salmonella occurrence at the southern Baltic
coast. Ocean & Coastal Management 82: 71-84, DOI 10.1016/j.ocecoaman.2013.05.006
Weisner, E. & G. Schernewski (2013). Adaptation to climate change: A combined coastal protection
and re-alignment scheme in a southern Baltic tourism region. Journal of Coastal Research, SI 65:
1963-1968
Poster
RADOST-Forschungsinhalte wurden auch im aktuellen Berichtszeitraum auf zahlreichen
Fachpostern präsentiert, insbesondere auf dem BWK-Bundeskongress im September 2013
in Stralsund und der KLIMZUG-Abschlusskonferenz im November 2013 in Berlin.
Arbeitspaket 5.3: Vorträge
Wie in den vorigen Berichtszeiträumen wurden Inhalte des RADOST-Projekts durch
verschiedene Projektpartner auf zahlreichen externen Veranstaltungen im nationalen und
internationalen Rahmen vorgestellt. Tabelle 17 enthält eine Übersicht dieser Beiträge.
164
RADOST-Jahresbericht 2014
Tabelle 17: Beiträge von RADOST-Partnern bei externen Veranstaltungen
Termin / Ort
Veranstaltung
RADOST-Beitrag
21. 3. 2013
Hamburg
Vorstellung Auswertungen
von Winddaten regionaler
Klimamodelle im Rahmen
von RADOST und KLIWAS
beim Bundesamt für
Seeschifffahrt und
Hydrografie (BSH)
Vortrag TUHH/URCE: „Stationsbezogene
Untersuchungen zu möglichen Veränderungen
der Wind- und Seegangsverhältnisse im Bereich
der südwestlichen deutschen Ostseeküste auf
Grundlage von Klimadaten des regionalen
Klimamodells CLM“
19. 3. 2013
Hamburg
European Climate Change
Adaptation Conference
(ECCA-Conference)
Ecologic: Vortrag “The influence of local cultural
values on the governance of adaptation. A
comparison between two coastal communities at
the German Baltic Sea”
8.-11. 4. 2013
Plymouth, UK
International Coastal
Symposium
IOW: Vortrag „Climate change and coastal
realignment: Public participation in a Baltic
scheme”
Vortrag TUHH/URCE: “Changes of 21st
Century’s average and extreme wave conditions
at the German Baltic Sea Coast due to global
climate change”
29.–30. 4. 2013
Hamburg
Kickoff-Meeting
Küstenmeerforschung in
Nord- und Ostsee (KüNO)
IOW: Vortrag „Einsatz von Modellen in der
Praxis: Beispiele und Herausforderungen“
02. 5. 2013
Hamburg
RAVE Workshop
Operationelle
Seegangsmessungen:
Stand, Anwendungen und
Perspektiven 2013, BSH
Vortrag StALUMM/URCE/TUHH: „Monitoring der
Umweltbedingungen an der Küste MecklenburgVorpommerns“
16. 5. 2013
Warnemünde
Symposium
WissenschaftsCampus
„Rostocker
Phosphorforschung“ am
IOW
IOW: Vortrag „Phosphorflüsse zwischen Land
und Meer: Relevanz und Management“
17. 5. 2013
Flintbek
Hydrologisches Gespräch
beim LLUR
Vortrag TUHH/URCE/StALUMM: “Hydrologische
Untersuchungen an der Ostseeküste im Rahmen
des Projektes RADOST“
2. 6. 2013
Travemünde
Lübecker Aktionstage
„Artenvielfalt erleben“
LLUR: Unterstützung der Aktion „SailingLab
Artenvielfalt“
10.-14. 6. 2013
Borgholm,
Schweden
7th Study Conference on
BALTEX
Posterpräsentation TUHH/URCE: “The Influence
of Regional Climate Change on the Local Wave
Climate and the Longshore Sediment Transport
at the German Baltic Sea Coast”
17.6.2013
Lüneburg
Ringvorlesung "Mensch
braucht Meer – Nachhaltige
Nutzung oder Raubbau";
Leuphana Universität
Lüneburg
HZG: Vortrag „Konsequenzen des Klimawandels
für die Ostsee und ihre Küsten.“
20.6.2013
Kiel
Vorstandssitzung
Tourismusverband
Schleswig-Holstein
HZG: Vortrag „Klimawandel in SchleswigHolstein - bisherige Entwicklungen und mögliche
Änderungen in naher und fernerer Zukunft.“
28. 6. 2013
Kiel
Kieler Woche: Open Ship
der Haithabu
Klima-Info-Stand: Präsentation von RADOST
(Poster, Broschüren, Info-Material zum
Klimawandel und zur Klimaanpassung)
3.–7. 7. 2013
6th International
IOW: Vorträge “Consequences of Climate
165
RADOST-Jahresbericht 2014
Koblenz
Conference on Water
Resources and
Environment Research
„Water and Environmental
Dynamics“
Change on Bathing Water Quality in the Baltic”
und “Integrated modeling and management of
river basin – coastal sea systems: A southern
Baltic Sea case study”
7.–11. 7. 2013
Flensburg /
Kappeln /
Schleswig /
Eckernförde
„Forschung vor Anker
2013“ Open ship der
Ludwig Prandtl
Ausstellung von RADOST-Postern, RADOSTBroschüren und Präsentation des LLUR-ROV
und des Norddeutschen Klimabüros
10.–14. 8. 2013
Borgholm,
Schweden
7th Study Conference on
BALTEX
IOW: Vortrag “Simulations of eutrophication
scenarios with an improved version of ERGOM”
26–30. 8. 2013
Klaipeda,
Litauen
Baltic Sea Science
Conference
IOW/IGB/TI: Vorträge “EU policy implementation
in Germany: Baltic Sea water quality”, „Water
quality management in coastal lagoons: Future
challenges” und “New Simulations of
eutrophication scenarios using an improved
version of ERGOM”
2. 9. 2013
Bad Malente
Bildungsurlaubsseminar
"Alles im Fluss - Ökonomie,
Ökologie und Kultur einer
Region mit dem Kanu
erfahren" der Gustav
Heinemann Bildungsstätte.
HZG: Vortrag „Klimawandel in Norddeutschland
und Auswirkungen auf den Tourismus.“
3.–4. 9.2013
Riga, Lettland
Baltadapt AbschlußKonferenz
HZG: Vortrag "Adaptation to Climate Change in
the Baltic Sea Region": BACC results: climate
change and impacts.
5.–7. 9. 2013
Nanjing, China
4 Research Sim.COAST
Seminar, Hohai University
Vortrag TUHH/URCE: “Assessment of the
effectiveness of coastal and flood protection
structures at the German Baltic Sea coast under
climate change”
8.–13. 9. 2013
Chengdu, China
35th IAHR World Congress
Vortrag TUHH/URCE: “Climate Change and
Corresponding Changes of Wave Conditions At
the German Baltic Sea Coast”
18. 9. 2013
Flintbek
Vortrag im Rahmen des
Seminars der Reihe Natur,
Umwelt und Tourismus in
Schleswig-Holstein am
LLUR.
HZG: Vortrag „Klimawandel in SchleswigHolstein - Entwicklungen und mögliche
Änderungen.“
7.–8. 10. 2013
Warnemünde
Workshop “Ecosystem
Services”
IOW/EUCC-D: Vortrag “Regulating Ecosystem
Services: Developments and Applications in the
Baltic”
8. 10. 2013
Lissabon,
Portugal
BASE-Konferenz “Too
Much, Too Little – The Role
of Water in Adaptation to
Climate Change”
Ecologic: Vortrag „Storm Surges and Coastal
Erosion and Their Social-cultural Dimension. A
Perspective from Coastal Regions in Germany“
25. 10. 2013
Tianjing, China
Austausch zum Thema
Klimawandelfolgen beim
Tianjin Research Institute
of Water Transport
Engineering of Ministry of
Transport, China
Vortrag TUHH/URCE/StALUMM: “Selected
Aspects of Climate Change Research in the field
of River and Coastal Engineering in Germany”
1. 11. 2103
Nanjing, China
Vorstellung aktueller
Forschungsarbeiten an der
Vortrag TUHH/URCE: „Effects of Climate
Change on the Wave Conditions at the German
th
166
RADOST-Jahresbericht 2014
Hohai University, Nanjing
Baltic Sea Coast”
3. 12. 2013
Greifswald
Vortrag im Rahmen der
Vortragsreihe „Technik.
Umwelt. Klima“ der ErnstMoritz-Arndt- Universität
Greifswald und dem Alfried
Krupp Wissenschaftskolleg
Greifswald
HZG: Rezenter und erwarteter Klimawandel im
Ostseebereich – was wissen wir, was wissen wir
nicht? Vorstellung der Prozesse und Ergebnisse
des Ostseeforschungsprogramm BALTEX
11.-12. 12. 2013
Hamburg
13. Forum
Katastrophenvorsorge. ,
Haus der Patriotischen
Gesellschaft Hamburg
Vortrag URCE/TUHH/StALUMM: „Küsten- und
Hochwasserschutz unter veränderten
klimatischen Bedingungen“
16.–19. 12. 2013
Lecce, Italien
VI EUROLAG Conference
IOW/IGB/EUCC-D: Vorträge „Integrated
modelling and management of river basinlagoon-sea systems“ und “Internal measures to
manage eutrophication in lagoons: Mussel
farming
Arbeitspaket 5.4: Medienarbeit
Überregionale Aufmerksamkeit bekam das RADOST-Projekt im Berichtszeitraum durch eine
Verlagsbeilage „Spitzenforschung“, die der Wochenzeitung „Die Zeit“ in der Ausgabe vom
17. Oktober 2013 beilag.81 Auf Basis von Gesprächen mit Projektleiterin Grit Martinez sowie
Tim Staufenberger von CRM wird hier RADOST als ein beispielhaftes Projekt vorgestellt.
Hervorgehoben wird die Verbindung von Grundlagenforschung und Anwendungsnähe in der
Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen, Fachbehörden und
Ingenieurbüros. Als Beispiele werden Anwendungsprojekte wie die Entwicklung von
Zukunftsstrategien für die Aquakultur oder die Konzeption künstlicher Riffe angeführt.
Ebenso würdigt der Beitrag die zentrale Stellung, die der fortgesetzte Dialog mit
Entscheidungsträgern und der Bevölkerung vor Ort in dem Projekt einnimmt.
Pressemitteilungen, Pressefotos und einen Pressespiegel sind auf der RADOST-Website
unter www.klimzug-radost.de/presse zu finden.
Arbeitspaket 5.5: Geografisches Informationssystem
Federführung: GICON
In dem internetbasierten Geographischen Informationssystem (GIS) des RADOST-Projektes
(http://klimzug-radost.de/fakten/daten/karten) sind bisher Daten aus dem Anwendungsprojekt
„Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie: Bestandsunterstützung Seegras und
Blasentang“ verfügbar (vgl. den vorigen RADOST-Jahresbericht).
Im vergangenen Projektjahr wurden zwischen den Projektpartnern Möglichkeiten einer
Erweiterung des Datenbestandes sowie insbesondere der Weiterführung des RADOST-GIS
nach Projektende erörtert. Um die Datenpflege und Nachnutzung zu gewährleisten, wurde es
als erforderlich angesehen, das RADOST-GIS in ein bestehendes, kontinuierlich
weitergeführtes Web-Portal zu überführen. Hierzu wurde die Möglichkeit einer Kooperation
mit dem vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) betriebenen Portal MDI-
81
Online unter: www.tempuscorporate.zeitverlag.de/referenz/spitzenforschung
167
RADOST-Jahresbericht 2014
DE („Marine Dateninfrastruktur“)82 eruiert. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass der für
Einbindung in dieses Portal erforderliche Aufwand der Datenaufbereitung die für
RADOST-GIS vorgesehenen Ressourcen der einzelnen Partner deutlich übersteigt
daher nicht leistbar ist. Derzeit wird geprüft, ob unter den aktuellen Bedingungen
Einbindung der RADOST-Daten in ein Web-GIS des IOW möglich und zielführend ist.
82
Siehe http://projekt.mdi-de.org/ und http://www.mdi-de.org
168
eine
das
und
eine
RADOST-Jahresbericht 2014
3
Vergleich des Vorhabensstandes mit der ursprünglichen
Arbeits- und Zeitplanung
Der in Kapitel 2 „Ergebnisse und Bearbeitungsstand“ beschriebene Arbeitsfortschritt im
Gesamtprojekt und bei der Netzwerkbildung entspricht insgesamt der Planung.
Modifikationen in der Ausrichtung einzelner Forschungsfragen, insbesondere bei
anwendungsbezogenen Fragestellungen, und in der Terminierung einzelner Produkte sind
der Dynamik des Forschungs- und Netzwerkgeschehens im Projektverlauf geschuldet und
stellen den Projekterfolg nicht in Frage. Für den Abgleich des Vorhabensstandes mit der
ursprünglichen Arbeits-, Zeit- und Kostenplanung in den einzelnen Teilprojekten wird auf die
Teilprojektberichte der Verbundpartner verwiesen.
169
RADOST-Jahresbericht 2014
4
Geänderte Aussichten für die Erreichung der
Vorhabensziele
Auch in diesem Berichtszeitraum waren die Themen „Folgen des Klimawandels“ und
„Anpassung“ in Gegenstand hoher Aufmerksamkeit in Politik (Veröffentlichung der EUAnpassungsstrategie, Vorbereitung der Fortschreibung des deutschen „Aktionsplans
Anpassung“) und Wissenschaft. Damit besteht weiterhin ein Umfeld, in dem RADOSTForschungsergebnisse vielfach mit Interesse aufgenommen werden und sich zahlreiche
unmittelbare Anknüpfungspunkte in der Netzwerkbildung bieten.
Des Weiteren konnten RADOST-Partner erneut thematische verwandte Forschungsprojekte
auf nationaler und europäischer Ebene akquirieren, wie die BMBF-Verbundprojekte
MOSSCO (Modular System for Shelves and Coasts; HZG, IOW) und SECOS (The Service of
Sediments in German Coastal Seas; IOW, IÖW), das FP7-Projekt RISC-KIT (ResilienceIncreasing Strategies for Coasts – toolKIT; Ecologic) oder das BONUS-Projekt Soils2Sea
(Reducing nutrient loadings from agricultural soils to the Baltic Sea via groundwater and
streams; Ecologic). In vielen Bereichen zeichnet sich damit eine Kontinuität der
Forschungsarbeiten und der Netzwerke über die Projektlaufzeit hinaus ab.
170
RADOST-Jahresbericht 2014
5
Neu bekannt gewordene Ergebnisse anderer
Forschungsvorhaben
Forschungsergebnisse aus thematisch relevanten Vorhaben der Projektpartner oder Dritter
werden laufend in die Projektarbeiten einbezogen. Sie machen nach derzeitigem Stand
keine Änderungen des Arbeitsplans erforderlich.
171
RADOST-Jahresbericht 2014
6
Fortschreibung des Verwertungsplans
Der im RADOST-Rahmenantrag festgehaltene Verwertungsplan ist zum gegenwärtigen
Zeitpunkt unverändert gültig.
172
RADOST-Jahresbericht 2014
173
RADOST-Jahresbericht 2014
174
Zugehörige Unterlagen
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