REPORT 5. RADOST JAHRESBERICHT Februar 2013-Januar 2014 Berlin, April 2014 Kooperationspartner REPORT 5. RADOST JAHRESBERICHT Februar 2013-Januar 2014 Berlin, April 2014 Inhalt 1 Einleitung .................................................................................................................... 9 2 Ergebnisse und Bearbeitungsstand ........................................................................11 Modul 1: Netzwerkbildung und Dialog zur Entwicklung von Anpassungsstrategien ....11 Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und Dialogprozesses ..............................................................................................12 Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen .....................................14 Beteiligung im RADOST-Netzwerk ..............................................................................19 Fokusthema 1: Küstenschutz ...........................................................................................23 Aktueller Stand der Netzwerkbildung ...........................................................................23 Arbeitspaket 1.2.1: Strategien und Optionen der Küstenschutzplanung für die deutsche Ostseeküste ....................................................................................................24 Arbeitspaket 1.2.2: Monitoring der Umweltbedingungen im Küstenvorfeld ..................26 Arbeitspaket 1.2.3: Bearbeitung von Fallstudien in den Fokusgebieten .......................31 Anwendungsprojekt 1: Vorarbeiten für einen Fachplan Schutz sandiger Küsten 2050 34 Anwendungsprojekt 2: Beratung der Hansestadt Rostock: Hochwasserschutz im sich ändernden Klima .............................................................................................38 Anwendungsprojekt 3: Innovative Technologien für den Küstenschutz: Einsatz von Geokunststoffen ..............................................................................................43 Anwendungsprojekt 4: Unterhaltung von Schifffahrtswegen und Küstenschutz: Nutzung von Synergien .................................................................................................51 Anwendungsprojekt 5: Innovative Verfahren zur Klimaanpassung im Küstenschutz – Fokusgebiet Kieler Förde.................................................................................53 Fokusthema 2: Tourismus und Strandmanagement .........................................................59 Arbeitspaket 1.3.4: Entwicklung von Anpassungsstrategien ........................................59 Anwendungsprojekt 6: Infopavillon Schönberger Strand..............................................60 Anwendungsprojekt 7: Tourismus im Klimawandel – Regionale Anpassungsstrategien 62 Anwendungsprojekt 8: Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren (Standortplanung im Klimawandel) ...................................................................................................63 Fokusthema 3: Gewässermanagement und Landwirtschaft .............................................65 Aktueller Stand der Netzwerkbildung ...........................................................................65 Arbeitspaket 1.4.3: Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in Gegenwart und Zukunft ............................................................................................................66 5 Arbeitspaket 1.4.4: Anpassungsempfehlungen bezüglich Nährstoffmanagement im Einzugsgebiet ..................................................................................................72 Anwendungsprojekt 10: Entwicklung angepasster Pflanzensorten ..............................74 Anwendungsprojekt 11: Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie: Bestandsunterstützung Seegras und Blasentang ............................................78 Anwendungsprojekt 12: Zukunftsstrategien für die Aquakultur – Fokusgebiet Kieler Bucht ...............................................................................................................89 Anwendungsprojekt 13: Steuerung von Nährstoffeinträgen durch Retentionsbecken ..90 Fokusthema 4: Häfen und maritime Wirtschaft ...............................................................100 Aktueller Stand der Netzwerkbildung .........................................................................100 Arbeitspaket 1.5: Koordination der Erarbeitung von Anpassungskonzepten für Häfen und Infrastruktur ............................................................................................100 Anwendungsprojekt 14 „Anpassungsstrategie für den Lübecker Hafen“ ....................107 Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen .....................................110 Fokusthema 5: Naturschutz und Nutzungen...................................................................112 Aktueller Stand der Netzwerkbildung .........................................................................112 Arbeitspaket 1.6.2: Ökologische Untersuchungen .....................................................112 Arbeitspaket 1.6.3: Naturschutzfachliche Aspekte und Nutzungen ............................113 Arbeitspaket 1.6.4: Interpretation, Folgenabschätzungen ..........................................117 Fokusthema 6: Erneuerbare Energien............................................................................119 Arbeitspaket 1.7.3: Analyse und Prognose der Entwicklung von Geothermie, Photovoltaik, Windenergie und Biogas ..........................................................119 Anwendungsprojekt 16: Küstenschutz und Geothermie ............................................123 Modul 2: Natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung .......................................127 Teilmodul/Arbeitspaket 2.1: Klimadatenbedarf und Analyse (Klimadatenmanagement) .127 Teilmodul 2.2: Wasserstände, Seegang, Strömungen und Sedimenttransporte .............131 Arbeitspaket 2.2.2: Großräumige Strömungsveränderungen .....................................131 Arbeitspaket 2.2.3: Strömung und Seegang in kleinräumigen Küstenbereichen ........131 Arbeitspaket 2.2.4: Sedimenttransport und Morphologie ...........................................133 Teilmodul 2.3: Fluss-Küste-Meer: Gewässerqualität und Klimawandel...........................134 Arbeitspaket 2.3.1: Gewässerqualität in Flüssen .......................................................134 Arbeitspaket 2.3.2: Gewässerqualität in äußeren Küstengewässern und Ostsee ......134 Teilmodul 2.4: Ökologie und biologische Vielfalt ............................................................135 Arbeitspaket 2.4.1: Mögliche klimabedingte Änderungen Makrozoobenthos .............135 Arbeitspaket 2.4.2: Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel .......................137 6 Arbeitspaket 2.4.3: Klimainduzierte ökosystemare Interaktionen ...............................140 Modul 3: Sozio-ökonomische Analyse............................................................................144 Arbeitspaket 3.1: Regionalwirtschaftliche Analyse..........................................................144 Arbeitspaket 3.4: Agrarsektormodellierung .....................................................................147 Arbeitspaket 3.5: Input-Output-Modellierung ..................................................................150 Arbeitspaket 3.6: Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse .....................................................154 Modul 4: Nationaler und europäischer Politikrahmen / nationaler und internationaler Austausch ................................................................................................................156 Arbeitspaket 4.2: Bestandsaufnahme und Auswertung regionaler Anpassungsprojekte und -maßnahmen in Deutschland und Europa .............................................................156 Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene ...........................157 Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse ..........................................160 Arbeitspaket 5.1: Website und Newsletter ......................................................................160 Arbeitspaket 5.2: Publikationen ......................................................................................161 Arbeitspaket 5.3: Vorträge..............................................................................................164 Arbeitspaket 5.4: Medienarbeit .......................................................................................167 Arbeitspaket 5.5: Geografisches Informationssystem .....................................................167 3 Vergleich des Vorhabensstandes mit der ursprünglichen Arbeits- und Zeitplanung ..............................................................................................................169 4 Geänderte Aussichten für die Erreichung der Vorhabensziele ............................170 5 Neu bekannt gewordene Ergebnisse anderer Forschungsvorhaben ..................171 6 Fortschreibung des Verwertungsplans .................................................................172 7 8 RADOST-Jahresbericht 2014 1 Einleitung Das Projekt RADOST (Regionale Anpassungsstrategien für die deutsche Ostseeküste) wird im Rahmen der Fördermaßnahme KLIMZUG „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Projektlaufzeit ist vom 1.7.2009 bis zum 30.6.2014. Mit dem vorliegenden Dokument wird der dritte Jahresbericht für das Gesamtprojekt (Verbundprojektbericht) an den Projektträger im DLR vorgelegt. Er dokumentiert die Aktivitäten im Projekt von Februar 2013 bis Januar 2014 und damit in den Projektmonaten 44 bis 55. Das Kernteam der RADOST-Projektpartner hat sich gegenüber dem vorigen Berichtszeitraum nicht geändert. Als Übersicht über die Struktur des Projektes seien an dieser Stelle nochmals die Grafiken zum Projektaufbau (Abbildung 1) und zur Lage der Fokusgebiete (Abbildung 2) wiedergegeben. Für textliche Erläuterungen wird auf den ersten Jahresbericht verwiesen. Abbildung 1: Darstellung des RADOST-Projektaufbaus nach Inhalten und Zuständigkeiten 9 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 2: Fokusgebiete in RADOST mit zugeordneten Fokusthemen 10 RADOST-Jahresbericht 2014 2 Ergebnisse und Bearbeitungsstand Modul 1: Netzwerkbildung und Dialog zur Entwicklung von Anpassungsstrategien Federführung: Ecologic Ansprechpartnerin: Dr. Grit Martinez E-Mail: [email protected] Ecologic Institut, Berlin Forschungsinhalte und -ergebnisse des Projektes RADOST zu Klimawandel und Klimaanpassung werden seit Projektbeginn kontinuierlich an Fachexperten, Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung, Wirtschaftsunternehmen, Nichtregierungsorganisationen und die allgemeine Öffentlichkeit kommuniziert. Im Vordergrund des gegenseitigen Austauschs stehen die Informationsbedürfnisse der Akteure und die Implikationen der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Praxis. Im Vordergrund des gegenseitigen Austauschs stehen die Informationsbedürfnisse der Akteure und die Implikationen der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Praxis. Zu diesem Zweck wurde ein die Akteursgruppen übergreifendes offenes und lernendes Netzwerk entlang der sechs RADOST-Fokusthemen aufgebaut und beständig erweitert, das gegenwärtig über 150 Partner umfasst. Die Einbindung von Netzwerkpartnern erstreckt sich vom punktuellen Informationsaustausch bis zur regelmäßigen Beteiligung an Veranstaltungen und Arbeitstreffen sowie der Mitwirkung in Anwendungsprojekten. Bei themenübergreifenden Veranstaltungen können Akteure aus unterschiedlichen Bereichen konkurrierende Interessen diskutieren und mit dem gemeinsamen Ziel der Anpassung an den Klimawandel Synergiemöglichkeiten erarbeiten. Um Projektinformationen und Forschungsergebnisse an einen weiteren Kreis von Akteuren zu verbreiten, kooperiert RADOST auch mit Einrichtungen auf überregionaler Ebene und präsentiert sich auf unterschiedlichen Plattformen (vgl. auch Tabelle 2). Besonders hervorzuheben ist hier die Kooperation mit dem Climate Service Center (CSC, www.climateservice-center.de), das es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Wissen aus der Klimaforschung praxisorientiert aufzubereiten und Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Webplattform „Klimanavigator“ (www.klimanavigator.net) des CSC vermittelt einen Überblick über die klimarelevante Forschung sowie über Klimawandel und Klimaanpassungsinitiativen in Deutschland. RADOST unterstützt die Aktivitäten als Portalpartner. Des Weiteren steht RADOST in regelmäßigem Austausch mit den sechs weiteren KLIMZUGVerbünden. Im letzten Jahr galt ein besonderes Augenmerk der Verstetigung der gebildeten regionalen Netzwerke und der Fortführung des KLIMZUG-Informationsangebots nach Beendigung der Forschungsvorhaben. 11 RADOST-Jahresbericht 2014 Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und Dialogprozesses Federführung: Ecologic Koordinationsaufgaben der Netzwerkbildung in RADOST betrafen insbesondere die Durchführung informeller Treffen, u.a. zur Vorbereitung von Veranstaltungen (siehe unten Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen) und die regelmäßige Beantwortung von Anfragen von außen. RADOST beteiligte sich weiterhin aktiv am Netzwerk der KLIMZUG-Verbünde. Im Rahmen der KLIMZUG-Publikationsreihe (siehe unten) fand eine wissenschaftliche Auswertung des Netzwerkprozesses am Beispiel des Veranstaltungsformats der „RADOST-Tour“ statt. Außerdem wurde eine Gesamtauswertung der in RADOST durchgeführten Befragungen vorgenommen. Am 23. und 24. Mai 2013 fand an der Technischen Universität Hamburg-Harburg ein internes Treffen der RADOST-Verbundpartner statt. Es diente der Vorstellung und Diskussion von Forschungsergebnissen sowie der Planung von RADOST-Veranstaltungen und -Veröffentlichungen. Übergreifende regionale Netzwerkaktivitäten Am 16. April 2013 stellten zwei Mitarbeiter des Ecologic Instituts das Projekt RADOST dem Ausschuss für Wirtschafts- und Strukturförderung, öffentliche Einrichtungen, Energie und Umwelt des Städte- und Gemeindetags Mecklenburg-Vorpommern e. V. vor. Neben der Information über das Projekt wurden die Möglichkeiten für gemeinsame Veranstaltungen mit RADOST sondiert. Am 24. Juni 2013 fand beim Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung eine ressortübergreifende Abstimmung zu weiteren Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel in Mecklenburg-Vorpommern statt. Teil der Veranstaltung war eine ausführliche Vorstellung des RADOST-Projektes durch einen Vertreter des Ecologic Instituts. Im Mai/Juni 2013 unterstützte RADOST die zuständigen Landesministerien MecklenburgVorpommerns und Schleswig-Holsteins bei der Bearbeitung einer Abfrage des Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt (UBA) zu Aktivitäten der Bundesländer in Bezug auf Klimawandelfolgen und Anpassung. Ziel der Abfrage war die Bereitstellung von länderspezifischen Informationen auf der UBA-Website. Aus RADOST konnten wesentliche Informationen insbesondere zu den Bereichen „Länderspezifische Klimafolgen und Vulnerabilität“1 und „Länderspezifische Anpassungsmaßnahmen“2 beigetragen werden. 1 Siehe www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-desklimawandels/klimafolgen-deutschland/regionale-klimafolgen-in-mecklenburg-vorpommern und www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-desklimawandels/klimafolgen-deutschland/regionale-klimafolgen-in-schleswig-holstein 2 Siehe www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/anpassung-regionalsektoral/regionale-anpassung-in-mecklenburg-vorpommern und www.umweltbundesamt.de/themen/klimaenergie/klimafolgen-anpassung/anpassung-regional-sektoral/regionale-anpassung-in-schleswig-holstein 12 RADOST-Jahresbericht 2014 Beteiligung von RADOST am Netzwerk der KLIMZUG-Verbünde „Wege zur Klimaanpassung – Mit regionalen Netzwerken zum Erfolg.“ KLIMZUGAbschlusskonferenz, Berlin Auf der KLIMZUG-Abschlusskonferenz präsentierte sich RADOST am 26. und 27. November 2013 in Berlin zusammen mit den anderen sechs KLIMZUG-Verbünden. Im Vordergrund standen Forschungsergebnisse aus den Bereichen Logistik und Hafenwirtschaft, Energie sowie Küsten- und Hochwasserschutz. Björn Oldorf vom H.S.W. Ingenieurbüro machte deutlich, dass es verschiedene wirtschaftlich aussichtsreiche Optionen gibt, um den Strandbereich geothermisch zur Beheizung oder Kühlung von Gebäuden zu nutzen. André Schröder vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung stellte Erkenntnisse zu Herausforderungen des Klimawandels und Anpassungsoptionen für die deutschen Ostseehäfen vor, die anhand von Befragungen der Hafenbehörden gewonnen wurden. Als Vertreter des Küstenschutzes, aber ebenso aus einer sektorübergreifenden Sicht bekräftigte Hans-Joachim Meier, Leiter des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (StALU MM), dass es in den vergangenen Jahren mit Hilfe von RADOST gelungen sei, ein Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren an der Ostseeküste zu knüpfen. Dieses Netzwerk müsse auch weiterhin unterstützt werden, um aktiv und lebendig zu bleiben. Aus der Perspektive der kommunalen Umsetzungspraxis berichtete Jens-Peter Koopmann, Klimaschutzbeauftragter der Stadt Kiel, von der Zusammenarbeit mit dem Klimabündnis Kieler Bucht bei der Erarbeitung einer kommunalen Klimaanpassungsstrategie. Er wies darauf hin, dass Anpassung bis jetzt nur eine freiwillige Aufgabe der Kommunen sei und daher den Beteiligten deutlich gemacht werden müsse, warum eine solche Strategie sinnvoll ist. Hier sei besonders die Wissenschaft aufgefordert, die Notwendigkeit der Anpassung an den Klimawandel herauszustellen. Audit der KLIMZUG-Verbünde RADOST beteiligte sich an dem „Audit-Tag“ der einzelnen KLIMZUG-Verbünde, der im Anschluss an die KLIMZUG-Abschlusskonferenz am 28.11.2013 stattfand. Nach der Vorstellung der Verbünde wurde anhand von unterschiedlichen Bewertungskriterien und Leitfragen eine erste Evaluation der Projekte unternommen. Themen wie Inter- und Transdisziplinarität, Umsetzung von Forschungsergebnissen oder Internationalisierung wurden dabei diskutiert. KLIMZUG-Publikationsreihe Nachdem im vorherigen Projektjahr von den Koordinatoren der KLIMZUG-Verbünde beschlossen wurde, eine Reihe von Sammelbändern mit den Ergebnissen aus den Forschungsprojekten zu veröffentlichen, wurde im aktuellen Projektzeitraum intensiv an Beiträgen aus RADOST für einzelne Bände gearbeitet. An zwei der Sammelbände wirken RADOST-Mitarbeiter als Herausgeber mit. Inhaltliche Beiträge des RADOST-Projektes zu dem Band „Anpassung an regionale Klimafolgen kommunizieren“ umfassen eine zusammenfassende Auswertung der Akteursbefragungen zur Wahrnehmung des Klimawandels, eine vergleichende Untersuchung der Küstengemeinden Timmendorfer Strand und Ummanz sowie eine Auswertung der im Herbst 2012 durchgeführten „RADOSTTour“ in Hinblick auf die Kommunikationseffekte. 13 RADOST-Jahresbericht 2014 Der KLIMZUG-Sammelband „Social dynamics in adaptation to a changing climate in coastal regions – An interdisciplinary perspective on findings from the KLIMZUG-Projects“ wird von RADOST zusammen mit KLIMZUG-NORD herausgegeben. In dem einzigen englischsprachen Sammelband der Reihe mit ca. 16 Beiträgen wird neben technischadministrativen und raumplanerischen Fragestellungen insbesondere auch die Bedeutung von sozioökonomischen Entwicklungspfaden und kulturellen Werten für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen erörtert. Die Veröffentlichung des Bandes ist für den Sommer 2014 geplant. KLIMZUG-Wissensarchiv Um das Wissen aus KLIMZUG-Forschungsprojekten nachhaltig nutzbar zu machen, wird ein Wissensarchiv eingerichtet und auf dem Internetportal www.klimanavigator.de etabliert. In einer Kooperation zwischen dem Climate Service Center (CSC) und der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg wurde ein Dokumentenserver eingerichtet, auf dem die unterschiedlichen Publikationen der KLIMZUG-Verbünde abgelegt werden und per Volltextsuche recherchierbar sein werden. Zu Feinabstimmung der Konzeption und Vorbereitung der Dokumentenlieferung an das CSC fand am 24. 1. 2014 ein Treffen mit den KLIMZUG-Verbünden RADOST, INKA-BB und dynaklim beim CSC in Hamburg statt. Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen Anknüpfend an die erfolgreiche RADOST-Tour 2012 präsentierte sich das RADOST-Projekt auch im Herbst 2013 auf unterschiedlichen fokusthemenübergreifenden Veranstaltungen in der Region, um seine Forschungsergebnisse sowohl einem Fachpublikum als auch der breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Besonders hervorzuheben ist die Kooperation mit dem Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag, dessen 5. Klima- und Energiekonferenz RADOST maßgeblich inhaltlich gestaltete, wodurch erstmalig ein Schwerpunkt auf das Thema Klimafolgen und Anpassung gelegt wurde. Ebenfalls nutzte RADOST die Gelegenheit des in der Projektregion stattfindenden Kongresses des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK), um Ergebnisse aus unterschiedlichen Teilprojekten vorzustellen. Des Weiteren organisierte RADOST eine Abendveranstaltung für ein breiteres Publikum in Kooperation mit dem regionalen Veranstaltungszentrum Darßer Arche. „Anpassung an den Klimawandel – Von der Forschung zur Praxis“ – Darßer Arche Am 9. September 2013 präsentierte sich das RADOST-Projekt in der Darßer Arche, dem Nationalparkzentrum in Wieck auf der Ostseehalbinsel Darß, der interessierten Öffentlichkeit. Ziel der Veranstaltung war es, regionale Klimaveränderungen, ihre Folgen und diesbezügliche Handlungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Facetten zu beleuchten. Die Veranstaltung richtete sich an Bevölkerung und Urlauber ebenso wie an Experten. Unter den Teilnehmern befanden sich Vertreter einschlägiger Institutionen wie des Bundesamtes für Naturschutz, des Nationalparkamtes Vorpommern und des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern. Das Programm des Abends spiegelte die Vielfältigkeit des Projektes wider. Einen Schwerpunkt bildeten die regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf den Küstenschutz (Abbildung 3). Zu den weiteren Themen der Veranstaltung zählten die Rolle und Gefährdung 14 RADOST-Jahresbericht 2014 von Seegraswiesen als „Ökosystemdienstleister“, die Kohlenstoff und Nährstoffe binden und gleichzeitig die Küsten stabilisieren, sowie die Auswirkungen von Klimawandel und OffshoreWindenergie auf den Vogelzug über der Ostsee. Ebenso wurden Ergebnisse der sozioökonomischen Analysen zum Wirtschaftsfaktor Tourismus und des Anwendungsprojektes zu Küstenschutz und Geothermie vorgestellt. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem das Thema Küstenschutz vertieft. Die Präsentationen sind abrufbar unter: http://klimzugradost.de/termine/von-der-klimaforschung-zur-anpassungspraxis Abbildung 3: Vortrag Darßer Arche, Christian Schlamkow (Universität Rostock) 28. BWK-Bundeskongress „Nix bliwwt bin ollen – Chancen und Risiken für den Küstenraum“ Von besonderer Bedeutung für die Netzwerkbildung in RADOST war der vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V. (BWK) organisierte 28. BWK-Bundeskongress vom 19.21. September 2013 in der Hansestadt Stralsund. Durch aktive Beteiligung des RADOSTPartners StALU MM wurde gemeinsam mit dem Verband eine umfangreiche Fachtagung unter dem Leitthema „Chancen und Risiken im Küstenraum“ entwickelt. Vielseitige Vorträge zu aktuellen wasserwirtschaftlichen und umwelttechnischen Fragestellungen wurden in vier Fachforen, in einen Fachausstellung sowie einer Fachexkursion präsentiert. In den drei Fachforen „Risiko und Anpassung im Küstenraum“, „Innovative Technologien im Ingenieurwesen“ und „Der Küstenraum als maritimer Wirtschaftsstandort“ wurden jeweils RADOST-Themen präsentiert. Bei der Posterpräsentation in der Fachausstellung war RADOST ebenfalls vertreten. Als Exkurs gegenüber der ingenieurwissenschaftlichen Hauptausrichtung der Veranstaltung berichtete Projektleiterin Grit Martinez von einer vergleichenden Untersuchung des Umgangs mit dem Klimawandel in den zwei Küstengemeinden Timmendorf und Ummanz, bei der historische und soziale Aspekte im Vordergrund standen. Als Teil des internationalen Austauschprogramms von RADOST besuchte eine Delegation der Universität Maryland den Kongress (siehe Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene in Modul 4). Unter der Schirmherrschaft des Umweltministers Dr. Till Backhaus und mit vortragenden Ehrengästen wie 15 RADOST-Jahresbericht 2014 beispielsweise dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich, zählte der Kongress etwa 250 Teilnehmer aus ganz Deutschland. „Klimafolgen in unseren Gemeinden: Anpassungsstrategien für Schleswig-Holstein“ – Forschungszentrum Kiel Am 30. September 2013 trat RADOST als Mitveranstalter der 5. Klima- und Energiekonferenz des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages auf. Die Veranstaltung unter dem Titel „Klimafolgen in unseren Gemeinden: Anpassungsstrategien für SchleswigHolstein“ fand im Wissenschaftszentrum Kiel statt. Unter Anwesenheit von rund 80 Teilnehmenden aus Kommunen, Wirtschaft, Forschungs- und Beratungseinrichtungen wurden insbesondere die Themen Klimaanpassung in Küstenregionen sowie Anpassung in Land- und Wasserwirtschaft auf zwei Foren näher beleuchtet. Die Konferenz wurde eröffnet von dem schleswig-holsteinischen Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Robert Habeck. In Plenumsvorträgen wurde neben Einführungen in das RADOST-Projekt und den Wissensstand zum Klimawandel in Schleswig-Holstein auch ein breiterer Bogen über die RADOST-Themen hinaus gespannt: Zum einen wurde über die Erfahrungen der neun Modellkommunen aus sieben deutschen Bundesländern in dem Vorhaben „Urbane Strategien zum Klimawandel: Kommunale Strategien und Potenziale“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung berichtet; zum anderen erläuterte das Service- und Kompetenzzentrum: Kommunaler Klimaschutz beim Deutschen Institut für Urbanistik Fördermöglichkeiten für Anpassungsmaßnahmen von Kommunen. Im Fokus standen dabei die „Kommunalrichtlinie“ und die „Anpassungsrichtlinie“. Im dem Forum „Klimaanpassung in Land- und Wasserwirtschaft“ wurden durch das LLUR Hochwassergefahrenund Hochwasserrisikokarten unter der europäischen Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie vorgestellt. Der Klimawandel wird dabei insofern berücksichtigt, als die Karten und Pläne alle sechs Jahre fortzuschreiben sind und erhöhte Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Hochwasserstände sich in der Risikobewertung niederschlagen werden. Rüdiger Schulz von der Universität Kiel stellte Möglichkeiten vor, Mikroalgen in Dränageteichen als Nährstoff-Fänger einzusetzen, die gleichzeitig große Mengen verwertbarer Biomasse produzieren und in entsprechendem Maße Kohlendioxid binden. Das Thünen-Institut präsentierte Ergebnisse zu „Nährstoffbilanzen und Nährstoffmanagement in den Gemeinden Schleswig-Holsteins“ aus RADOST und thematisch verwandten Forschungsarbeiten. Ebenfalls wurden Aktivitäten des KLIMZUGProjektes INKA-BB mit einer Modellkommune zur Siedlungswasserwirtschaft vorgestellt. Das zweite Forum konzentrierte sich auf die Klimaanpassung in Küstenregionen. Jacobus Hofstede (MELUR SH) präsentierte die Klimaanpassungsstrategie Schleswig-Holsteins für den Küstenschutz. Peter Fröhle von der Technischen Universität Hamburg-Harburg stellte anschließend die RADOST-Arbeiten zum Thema Küstenschutz zur Diskussion. Abschließend wurde das Klimabündnis Kieler Bucht als ein Modellprojekt zum Umgang von Küstengemeinden mit dem Klimawandel vorgestellt. Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung sind zu finden unter: http://klimzugradost.de/termine/gemeindetag-SH 16 RADOST-Jahresbericht 2014 Beteiligung an regionalen Veranstaltungen Am 2. 6. 2013 unterstützte RADOST im Rahmen der Lübecker Aktionstage „Artenvielfalt erleben“ die Aktion „SailingLab Artenvielfalt“ in Travemünde. Drei Schülerteams untersuchten an Bord des Forschungs- und Medienschiffes ALDEBARAN die Lebensgemeinschaften entlang der Trave und in der Lübecker Bucht. Die Ausfahrt sollte auf die durch den Klimawandel bedrohte biologische Vielfalt aufmerksam machen und die jungen Nachwuchsforscher für diese Problematik sensibilisieren. Mit einem Klima-Info-Stand präsentierte sich RADOST beim Open Ship auf dem Mess- und Laborschiff Haithabu des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein am 28. 6. 2013 auf der Kieler Woche. Neben einem reichen Angebot an Info-Material zum Klimawandel bestand die Gelegenheit, das Projekt RADOST genauer kennen zu lernen sowie mit Vertretern des Landesamtes über regionale Anpassungen an den Klimawandel im Bereich Küstenschutz und Naturschutz zu diskutieren. Auf der Tour „Forschung vor Anker 2013“ vom 7. 7 bis 11. 7 informierten Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Geesthacht die Öffentlichkeit über ihre Forschungsarbeiten u.a. mit dem Schwerpunkt Klimawandel in der Ostsee. In den Häfen von Flensburg, Kappeln, Schleswig und Eckernförde präsentierten Vertreter des LLUR Ergebnisse aus dem RADOST-Projekt. Im Mittelpunkt des Interesses standen die Arbeiten zum Thema Naturschutz mit den möglichen klimabedingten Änderungen der Seegras- und Blasentangbestände in der Ostsee. Tabelle 1: Chronologische Veranstaltungsübersicht Februar 2013 – Januar 2014 Termin / Ort Veranstaltung Zielsetzung 23.–24. 5. 2013 Hamburg RADOST-Teamtreffen Projektinterner Informationsaustausch 9. 9. 2013 Wieck a. Darß RADOSTDiskussionsveranstaltung „Anpassung an den Klimawandel: Von der Forschung zur Praxis“ Öffentliche Abendveranstaltung: Präsentation von RADOSTForschungsergebnissen und Beispielen aus der Praxis 30. 9. 2013 Kiel Klimafolgen in unseren Gemeinden: Anpassungsstrategien für Schleswig-Holstein 5. Klima- und Energiekonferenz des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages RADOST als Mitveranstalter, Schwerpunkt auf Anpassung an den Klimawandel Tabelle 2: Vernetzungstreffen von RADOST und anderen Anpassungsprojekten und –akteuren Termin / Ort Veranstaltung Zielsetzung 5.–6. 2. 2013 Warnemünde HELCOM climate change workshop am IOW Vorstellung und Diskussion von Ergebnissen 4.-6. 3. 2013 Hamburg Dialog zur Küstenforschung, Küstennutzung und Küstenschutz Wissensaustausch u. a. zu den Schwerpunkten Windenergienutzung und Interessenkonflikte im Küstenraum Mitveranstalter HZG und TUHH, Fachbeiträge weiterer RADOST-Partner 13. 3. 2013 Kiel EU-WRRL-Workshop Begutachtung angewandter Bewertungsverfahren und Monitorings für Küsten- und Übergangsgewässer sowie Diskussion zur Gesamtbewertung aus 17 RADOST-Jahresbericht 2014 den vorliegenden Datensätzen (Leitlinien) Teilnahme und Beitrag IfAÖ 19. 3. 2013 Flintbek Marines Monitoring in SchleswigHolstein 2013 (Minisymposium), LLUR Präsentation der Ergebnisse der RADOST-Auftragsvergaben vor Fachpublikum (Vortragsblock zum Themenkomplex Naturschutz, Blasentang und Klima) 26. 3. 2013 Hamburg Ad-hoc-AG „Nährstoffreduktionsziele und Eutrophierung Ostsee“ – 2. Sitzung, BSH Diskussion des Modellierungsansatzes 9. 4. 2013 Lauterbach/Rügen BiKliTour-Workshop (IÖR in Kooperation mit RADOST und Baltadapt) Diskussion mit regionalen Entscheidungsträgern über mögliche Tourismusentwicklungen unter den Vorzeichen des Klimawandels und die damit verbundenen Herausforderungen für das Biosphärenreservat SüdostRügen 16. 4. 2013 Altentreptow Sitzung des Ausschusses für Wirtschafts- und Strukturförderung, öffentliche Einrichtungen, Energie und Umwelt des Städte- und Gemeindetags MecklenburgVorpommern Projektvorstellung RADOST, sondierung von Möglichkeiten für gemeinsame Veranstaltungen mit dem Städte- und Gemeindetag M-V 3. 5. 2013 Hamburg Arbeitstreffen mit Förderverein für Meeresforschung und Umweltjournalismus e.V. Planung der Beteiligung (RADOST Wissenschaftspate) zur Aktion „SailingLab Artenvielfalt“ auf der Aldebaran 11. 6. 2013 Hamburg 23. Meeresumwelt-Symposium des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie IfAÖ: Abstimmung über künftige gemeinsame Projekte des UBA zum Programmpunkt Meeresmüll, u. a. zum Vorkommen von Mikroplastik in Organismen 16. 6.2013 Flintbek 1. Treffen “Runder Tisch Seegraswiese” Zusammenarbeit und Abstimmung mit Vertretern aus Forschung, Behörden und Auftragsbüros zum Thema Seegraswiesen und Beeinträchtigungen 24. 6. 2013 Schwerin Ressortübergreifende Abstimmung zu weiteren Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel in M-V beim Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Bekanntmachung des RADOSTProjektes bei Vertretern unterschiedlicher Landesministerien 25. 6. 2013 Kiel Treffen UAG „Runder Tisch Seegraswiese“ Abstimmung, Austausch und Diskussion über Datengrundlagen und weiteres Vorgehen 5. 7. 2013 Kiel Treffen UAG „Runder Tisch Seegraswiese“ Ergänzungen und Kriterien für Kartierungsschlüssel zusammenstellen und entwickeln 9. 7. 2013 Warnemünde Workshop im Rahmen Ad-hocAG „Nährstoffreduktionsziele und Eutrophierung Ostsee“, 3. Sitzung, IOW Diskussion des Modellierungsansatzes und erster Ergebnisse 18 RADOST-Jahresbericht 2014 28.8.2013 Kiel Veranstaltung Klimabündnis Kieler Bucht (KBKB): "Kommunale Klimaanpassungsstrategie" Auftaktveranstaltung des KBKB zur neuen Förderperiode, Netzwerktreffen mit Beteiligten aus dem Bündnis und Vorträgen (u.a. HZG zum Klimawandel) 19.–21. 9. 2013 Stralsund 28. BWK-Bundeskongress „Nix bliwwt bin ollen – Chancen und Risiken für den Küstenraum“ Fachtagung zu wasserwirtschaftlichen und umwelttechnischen Fragestellungen Mitorganisation durch das StALU MM, Vorträge und Ausstellungsbeiträge weiterer RADOST-Partner 10. 10. 2013 Dessau Workshop des UBA zu Meeresmüll Erarbeitung von Konzepten/Methoden für das Monitoring von Meeresmüll im Rahmen der MSRL. IfAÖ: Mitwirkung in Arbeitsgruppen zur Entwicklung von Empfehlungen für das Monitoring von Strandmüll, treibenden Müll, Mikroplastik etc. 14. 10. 2013 Dessau Workshop am UBA Vorstellung der Ergebnisse der MONERIS-Szenarien 16. 10. 2013 Köln KLIMZUG-Workshop „Klimaanpassung im internationalen Kontext: Erfahrungen, Netzwerke und Potenziale“ Erfahrungsaustausch der KLIMZUGVerbünde zur internationalen Zusammenarbeit 28. 10. 2013 Güstrow Ad-hoc-AG „Nährstoffreduktionsziele und Eutrophierung Ostsee“ - 4. Sitzung, LUNG M-V Ergebnisdiskussion 26.–27. 11. 2013 Berlin KLIMZUG-Abschlusskonferenz „Wege zur Klimaanpassung – mit regionalen Netzwerken zum Erfolg“ Öffentlichkeitswirksame Präsentation und Diskussion von Ergebnissen der KLIMZUG-Verbünde Vorträge, Diskussions- und Ausstellungsbeiträge zahlreicher RADOST-Partner 28. 11. 2013 Berlin KLIMZUG-Audit Evaluierung der Fördermaßnahme KLIMZUG 15. 1. 2014 Kiel 2. Treffen „Runder Tisch Seegraswiese“ Klärung und Abstimmung behördlicher Erfordernisse sowie wissenschaftlicher und methodischer Standards 24. 1. 2014 Hamburg Koordinationstreffen KLIMZUGWissensarchiv, CSC Absprache über die Einrichtung eines KLIMZUG-Wissensarchiv am CSC Beteiligung im RADOST-Netzwerk Über den engeren Projektverbund hinaus sind rund 150 Netzwerkpartner in unterschiedlichen Formen am RADOST-Projekt beteiligt – sie es über regelmäßigen Informationsaustausch, die Beteiligung an Veranstaltungen oder in Anwendungsprojekten. Eine aktuelle Liste der Netzwerkpartner enthält die folgende Tabelle 3. 19 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 3: Übersicht der RADOST-Netzwerkpartner Name des Netzwerkpartners Geologie (LUNG) Mecklenburg-Vorpommern Öffentliche Verwaltung: Landeshauptstadt Kiel * Amt Hüttener Berge * Landesumweltamt Brandenburg Amt Dänischenhagen * Landkreis Bad Doberan Amt Klützer Winkel Landkreis Nordvorpommern Amt Probstei * Landkreis Rügen Amt Schlei-Ostsee * Lübeck Port Authority Amt Schrevenborn * Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume SchleswigHolstein Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern Gemeinde Altenhof * Gemeinde Altenholz * Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Schleswig-Holstein Gemeinde Behrensdorf * Nationalparkamt Vorpommern Gemeinde Blekendorf * Gemeinde Heikendorf * Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Gemeinde Hohenfelde * Ortsbeirat Markgrafenheide Gemeinde Hohwacht * Regionaler Planungsverband Mittleres Mecklenburg/Rostock Gemeinde Laboe * Regionaler Planungsverband Westmecklenburg Gemeinde Mönkeberg * Regionaler Planungsverband Vorpommern Gemeinde Noer * Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (StALU WM) Gemeinde Ostseebad Strande * Gemeinde Scharbeutz Gemeinde Schönberg * Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (StALU VP) Gemeinde Schwedeneck * Stadt Eckernförde * Gemeinde Stakendorf * Stadt Kappeln * Gemeinde Stein * Umweltbundesamt Gemeinde Timmendorfer Strand Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Lübeck Gemeinde Wendtorf * Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund Gemeinde Wisch/Heidkate * Hansestadt Lübeck Wirtschaft: Hansestadt Rostock, Amt für Umweltschutz 50 Hertz Transmission GmbH Innenministerium Schleswig-Holstein Amrumbank West GmbH Kreis Plön * AQUAZOSTA MB Marine Plant Technology Kurbetrieb Kellenhusen Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Kurverwaltung Ostseebad Göhren BIOPARK e.V. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und b&o Ingenieure 20 RADOST-Jahresbericht 2014 Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE) STRABAG AG CPL Competence in Ports and Logistics Wenzel, Heine & Kollegen GbR style-KÜSTE Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH) * EGOH Entwicklungsgesellschaft Ostholstein mbH Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. EURAWASSER Nord Tourismusverband Schleswig-Holstein e.V. (TVSH) * European Cargo Logistics ECL Lübeck Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG Tourist-Info Behrensdorf * Tourist-Info Stein * Fresemann Projektleitung * Tourist-Info Wendtorf * Gebr. Friedrich GmbH Schiffswerft Kiel Tourismusservice Fehmarn * Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock Tourist-Service Ostseebad Schönberg * Hanseatische Umwelt GmbH Tourismusverband Probstei e. V. * Haus Lilienthal, Hohwacht * UmweltPlan GmbH Stralsund Heinrich Hirdes GmbH utility competence berlin GmbH Hohwachter Bucht Touristik GmbH * Holzhandel Lehmann UG & Co.KG VMO – Verband Mecklenburgischer Ostseebäder e.V. Industrie- und Handelskammer zu Kiel * Wasser- und Bodenverband Warnow/Beke Industrie- und Handelskammer zu Rostock Wastra-Plan Rostock Ingenieurbüro Mohn Kiel/Husum Wind Energy Network Rostock e.V. Invest in Mecklenburg-Vorpommern GmbH Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) Kreishandwerkerschaft Rügen wdp offshore solutions GmbH KuFra Werft Lübeck Kurbetrieb Ostseebad Laboe * Wissenschaft und Bildung: Küsten-Kontor / Prognos AG Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven Land & Bau Kommunalgeräte GmbH Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH MariLim - Gewässeruntersuchung und Forschung Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume des Landes SchleswigHolstein* Maritimes Cluster Schleswig-Holstein Deutscher Wetterdienst movelo Repräsentanz MecklenburgVorpommern Deutsches Meeresmuseum FH Flensburg * Naue Fasertechnik GmbH Forschungsinstitut Senckenberg, Deutsches Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung, Wilhelmshaven oceanBASIS GmbH Ostseebad Eckernförde * HafenCity Universität Hamburg Ostseebad Heikendorf e. V. * GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Ostsee Holstein Tourismus e. V. * Seehafen Kiel GmbH & Co. KG Seehafen Rostock Umschlagsgesellschaft Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH * Stadtwerke Kiel AG Institut Raum und Energie * Stadtwerke Lübeck GmbH Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesen (KFKI) Steigenberger Hotelgruppe 21 RADOST-Jahresbericht 2014 Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. Meeresbiologische Station Laboe * Museumshafen Probstei Freunde alter Schiffe Wendtorf e.V. * Ostsee Info-Center Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Forschungsbereich II – Klimawirkung und Vulnerabilität UAG Umweltplanung und Regionalentwicklung GmbH * Universität Leuphana * Universität Rostock, Professur Ressourcenschutz und Bodenphysik Nichtregierungsorganisationen: AktivRegion Ostseeküste e. V. * Bioenergieregion Rügen Biosphärenreservat Südost-Rügen BUND Landesverband Schleswig-Holstein * Bürgerinitiative "Gegen Deichrückbau im Inselnorden e.V." Klimabüro Küstenpower (Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein) * LAG AktivRegion Hügelland am Ostseestrand e. V. * Landesnaturschutzverband * Lighthouse Foundation Stiftung für die Meere und Ozeane Solar Initiative Mecklenburg-Vorpommern e.V. Stiftung Deutscher Küstenschutz Stiftung Naturschutz SH * Umweltbildungsstätte „Naturfreundehaus Kalifornien“ * Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein * WWF-Projektbüro Ostsee * Netzwerkpartner über das KlimaBündnis Kieler Bucht - KBKB 22 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 1: Küstenschutz Federführung: TU HH, StALU MM Ansprechpartner: Prof. Dr. Peter Fröhle E-Mail: [email protected] Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau Ulrich Floth E-Mail: [email protected] Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (StALU MM) Im aktuellen Berichtszeitraum wurden die in den vorherigen Projektjahren gemeinsam von den Verbundpartnern im Fokusthema Küstenschutz entwickelten Strategien und Anpassungsoptionen für Küstenschutzbauwerke an der deutschen Ostseeküste auf einer Reihe von internen sowie externen Veranstaltungen einem Fachpublikum sowie der Öffentlichkeit vorgestellt und eine mögliche Bewertung lokaler Anpassungsoptionen in den Fokusgebieten gemeinsam mit den Küstenschutzbehörden vorgenommen und diskutiert. Die Fallstudien in den Fokusgebieten zu Fragestellungen des Küsten- und Hochwasserschutzes wurden planmäßig fortgeführt. Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen tragen dazu bei den lokalen Akteuren (z. B. Küstenschutzbehörden sowie Gemeinden und Städten) Empfehlungen für die Planung zukünftiger Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen auf lokaler Ebene zu geben. Gleichzeitig werden Prioritäten sowie der Handlungsbedarf für Küsten- bzw. Hochwasserschutzmaßnahmen vor dem Hintergrund des Klimawandels aufgezeigt. Aktueller Stand der Netzwerkbildung Im Fokusthema Küstenschutz bestehen Netzwerkverbindungen mit Verwaltungen der Städte und Gemeinden, wissenschaftlichen Einrichtungen, Ingenieur- und Planungsbüros sowie mit Tourismus- und Bäderverbänden. Außerdem werden seit Projektbeginn die Arbeiten im Fokusthema Küstenschutz in regelmäßigen Arbeitsgruppentreffen mit den für Küstenschutz zuständigen Behörden LKN-SH und StALU MM, der Universität Rostock und der Technischen Universität Hamburg-Harburg vorgestellt und diskutiert sowie die weitere Vorgehensweise abgestimmt. Ein Austausch zum aktuellen Stand der Klimafolgenforschung im Bereich Küstenschutz erfolgte darüber hinaus auf einer Reihe von nationalen sowie internationalen Veranstaltungen (siehe Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse, Tabelle 17: Beiträge von RADOST-Partnern bei externen Veranstaltungen). Auf kommunaler Ebene wurden Vertretern der Stadt Eckernförde zu Beginn diesen Jahres die Untersuchungen in den Fokusgebieten bzw. des Anwendungsprojekts 1 zum Thema des Hochwasserschutzes der Altstadt Eckernförde vorgestellt und über mögliche Anpassungsoptionen diskutiert. Von besonderer Bedeutung für die Netzwerkbildung im Fokusthema Küstenschutz war der vom StALU MM mitorganisierte 28. BWK-Bundeskongress vom 19.-21. September 2013 23 RADOST-Jahresbericht 2014 in Stralsund (siehe Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen). Am 2. Mai 2013 veranstaltete das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg einen Workshop zur Operationellen Seegangsmessung – Stand, Anwendungen und Perspektiven 2013 (Forschungsprojekt RAVE) für verschiedene Bundes- und Landesbehörden und andere Institutionen. Das StALU MM wurde eingeladen, das Monitoring des Küstenvorfeldes (siehe Arbeitspaket 1.2.2) vorzustellen und über Erfolge und auch Schwierigkeiten insbesondere mit den ADCP-Sonden zu berichten. Der Workshop bot einen Überblick aktueller operationeller In-situ-Seegangsmessungen, Datenanalysen und Datenverfügbarkeiten, deren Anwendungen in der Deutschen Bucht und den deutschen Ostseegewässern sowie Zukunftsperspektiven hinsichtlich zunehmender Nutzeranforderungen. Arbeitspaket 1.2.1: Strategien und Optionen der Küstenschutzplanung für die deutsche Ostseeküste Überarbeitung der Strategien für den zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz Federführung: TU HH Zur Empfehlung von Strategien und Maßnahmen für den zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz auf lokaler Ebene ist es erforderlich, die in den vergangenen Projektjahren entwickelten Anpassungsmaßnahmen für typische an der deutschen Ostseeküste eingesetzte Küstenschutzbauwerke wie z.B. Küstenschutzdünen (vergleiche Abbildung 4) qualitativ zu bewerten. Hierzu wurden verschiedene Bewertungskriterien diskutiert (vergleiche Tabelle 4) und es wurde eine erste qualitative Einschätzung der Anpassungsmaßnahmen gemeinsam mit der Uni Rostock und dem StALU MM vorgenommen. Ähnliche Bewertungskriterien werden auch zur Empfehlung von Küstenschutzmaßnahmen für die nordfriesischen Inseln (z.B. Amrum und Föhr) im Rahmen der Fachplanungen zum Küstenschutz durch das LKN-SH angewendet3. Zur Empfehlung von Vorzugsvarianten für die Anpassung ist es erforderlich, eine Priorisierung bzw. Gewichtung der unterschiedlichen Kriterien vorzunehmen. Eine weitere Möglichkeit zu einer Empfehlung zu gelangen besteht darin, die abschließende Bewertung basierend auf einer Befragung von Experten im Küsten- und Hochwasserschutz durchzuführen (Abfrage von „Expertenwissen“). 1) Do nothing 3 3b) Linie halten (Erhöhung) www.schleswig-holstein.de/KuestenSchutz 24 RADOST-Jahresbericht 2014 2) Rückzug 4a) Beschränktes Eingreifen (Sicherung) 3a) Linie halten (Sicherung) 4b) Beschränktes Eingreifen (Vorfeldmaßnahmen) Abbildung 4: Beispielhafte Umsetzung der Strategien zum zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz für Küstenschutzdünen Tabelle 4: Einschätzung ausgewählter Anpassungsmaßnahmen für Küstenschutzdünen anhand einer 5-stufigen Skala (++ sehr gut, + gut, o befriedigend, - genügend, -- nicht genügend) Strategie / Bewertung 1) Technische Machbarkeit / o + + + + Akzeptanz -- -- - + + + Wirksamkeit -- + ++ ++ + ++ Kosten der Maßnahmen ++ -- o - - -- Eingriff Umwelt + -- o - o + Attraktivität Tourismus - - -- ++ o o 2) 3a) 3b) 4a) 4b) Nach derzeitiger Einschätzung bieten die Anpassungsstrategien „Linie halten – Erhöhung“ (vgl. Abbildung 4, 3b) bzw. „Beschränktes Eingreifen – Sicherung“ (vgl. Abbildung 4, 4a) für die mit Küstenschutzdünen geschützten Küstenabschnitte in den Fokusgebieten RostockMarkgrafenheide sowie Fischland-Darß-Zingst die meisten Vorteile. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese vorläufige Bewertung die Verfügbarkeit von Sand für Vorspülungen zunächst nicht mit umfasst. Bei der Anpassungsstrategie „Linie halten (Erhöhung)“ wird das gesamte Profil des Küstenschutzbauwerks um das Maß eines projizierten Meeresspiegelanstiegs angehoben. Hierfür werden umfangreiche Sandmengen benötigt, die mit einem hohen Kostenaufwand eingebaut werden. Ökologische Bedenken sollten bei größeren Entnahmemengen von marinen Sanden für die Aufspülmaßnahmen geprüft werden. Vorteile dieser Anpassungsstrategie sind der Erhalt des Strandes für die touristische Nutzung sowie weitere Nutzungen wie z.B. durch die Berufsfischerei, als auch die wirksame Reduzierung der hydrodynamischen Einwirkungen auf die Bauwerke durch die Energiedissipation im Strandbereich und -vorfeld. Ein weiterer Vorteil ist, dass der ins System eingebrachte 25 RADOST-Jahresbericht 2014 natürliche Baustoff Sand durch die hydrodynamischen Transportprozesse für den Küstenausgleich (Erosion und Akkumulation von Sedimenten) in benachbarten Küstenabschnitten zur Verfügung steht. Ist die Anpassungsstrategie „Linie halten“ nicht umsetzbar, z. B. bei beengten Platzverhältnissen oder nicht zur Verfügung stehenden Sandmengen bietet sich als Alternative die Anpassungsstrategie „Beschränktes Eingreifen (Sicherung)“ an. Hauptvorteil dieser Anpassungsstrategie ist der geringe Eingriff in die Umwelt und die im Vergleich zu Vorfeldmaßnahmen geringeren Kosten. Jedoch kann es zu einem höheren Unterhaltungsaufwand der Küstenschutzanlage bei zunehmender Erosion des Strandes bzw. Wellenüberlauf am Bauwerk im Sturmflutfall kommen. Berechnung von Schadenspotentialen in den Fokusgebieten Federführung: StALU MM Die 2012 für Mecklenburg-Vorpommern entwickelte Methodik zur mesoskaligen Untersuchung von Schadenspotentialen und Risiken, die bei Eintritt von sehr schweren Sturmfluten zu erwarten sind, mündete in 2013 in der Berechnung der Schadenspotentiale für die sturmflutgefährdeten Gebiete von ganz M-V. Die Berechnung befindet sich in Bearbeitung und hat sich verzögert, da eine sehr hohe Auflösung gewählt wurde. Anfang 2014 wird das Ergebnis voraussichtlich vorliegen und kann für die Überprüfung, Bestätigung und gegebenenfalls Überarbeitung der Küstenschutzstrategie von M-V genutzt werden. Arbeitspaket 1.2.2: Monitoring der Umweltbedingungen im Küstenvorfeld Federführung: StALU MM Seit Mai 2011 wird in der Ostsee vor Warnemünde ein umfangreiches Monitoring der Seegangs- und Strömungsverhältnisse im Küstenvorfeld durchgeführt. An der 10 mWassertiefenlinie werden mit der Waveriderboje (Firma Datawell) die Seegangsverhältnisse erfasst. Im Übergangsbereich zwischen Tiefwasser und Flachwasser werden mit vier akustischen AWAC-Sonden (Firma Nortek) Seegangs- sowie Strömungsverhältnisse gemessen (siehe Abbildung 5). 26 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 5: RADOST Messkette am Standort Warnemünde Die Messgeräte sind mit dem Ziel der permanenten Datenlieferung installiert worden. Entlang der Messkette erfolgen außerdem regelmäßige Vermessungen der Bathymetrie. Einen Überblick über den Messdatenbestand seit Inbetriebnahme zeigt Abbildung 7. Die versandete Sonde AWAC 1 blieb über den beobachteten Zeitraum hinweg unterhalb der Geländeoberfläche und wurde nicht durch weitere Sedimentbewegungen wieder freigelegt. Eine Fächerecholot-Vermessung des Messstreckenumfeldes ergab eine Sedimentüberdeckung von 0,5 m. Alle anderen AWAC-Sonden wurden Ende Dezember 2012 zu Wartungszwecken geborgen, zwei davon wiesen erheblichen Verschleiß an der Steckverbindung auf. Die Waveriderboje verdriftete bereits Mitte Dezember und wurde unmittelbar darauf geborgen. Nach einer folgenden Wartung wurde sie Anfang Februar wieder ausgebracht. Im Juli 2013 musste ein weiterer Wechsel der Batterien erfolgen, da diese bereits nach wenigen Monaten wieder erschöpft waren. Weitere Datenlücken im Jahre 2013 erklären sich durch das Losreißen und Verdriften der Boje im August und im Oktober. Für ersteres Ereignis muss trotz ausreichender Bojenmarkierung auf Grund der Beschädigungen an der oberen Schale eine Kollision mit einem Wasserfahrzeg verantwortlich gemacht werden. Eine notwendig gewordene Dichtigkeitsprüfung ergab jedoch keine Hinweise auf gravierende Schäden. Die Ursachen für die Entfernung vom Standort im Oktober sind unklar. In beiden Fällen konnte die Waveriderboje nach Wartungsarbeiten mit Unterstützung des Wasser- und Schifffahrtsamtes wieder ausgebracht werden. 27 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 6: Datenreihen des Monitoring vor Warnemünde Abbildung 7: Seegangsmessungen der Waveriderboje Abbildung 8: Seegangsmessungen von AWAC 4 28 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 9: Seegangsmessungen von AWAC 3 Abbildung 10: Seegangsmessungen von AWAC 2 Zuvor wurden im Mai ebenfalls die drei gewarteten AWAC-Sonden wieder an den ursprünglichen Standorten installiert Die Geräte der Messkette unterliegen einer ständigen Überwachung. Eingegangene Datensätze wurden regelmäßig automatisch als auch manuell auf ihre Plausibilität überprüft und in eine Datenbank eingepflegt. Diese Messdaten waren auch Gegenstand einer Masterarbeit an der Universität Rostock zur vergleichenden Untersuchung von Seegangsmodellen und Langzeitmessungen. Abbildung 7 bis Abbildung 10 zeigen die im Jahr 2013 erfassten Messwerte mit Hinblick auf Wellenhöhe und –periode. Für die Waveriderboje konnte hierbei eine Datenverfügbarkeit von insgesamt 61 % für das Jahr 2013 verzeichnet werden. Bedingt durch die lange Wartungsdauer liegt die Datenverfügbarkeit für die AWAC-Sonden bei 53 % im Falle von AWAC 4, 45 % im Falle von AWAC 3 und 27 % im Falle von AWAC 2. Von versandeten AWAC 1 konnten naturgemäß keine Werte aufgezeichnet werden. Eine Übersicht über die Häufigkeitsverteilung von Wellenhöhe und Welleneinlaufrichtung ist mit Abbildung 11 gegeben. Es wird ersichtlich dass Wellen aus südlichen Richtungen nur vergleichsweise selten auftreten und in diesem Fall wegen der geringen Windangriffslänge (Fetch) auch nur schwach ausgeprägt sind. Die größten Wellenhöhen sind für Wellen aus nordwestlicher Richtung zu erwarten. Dies ist bedingt durch die deutlich höheren Windgeschwindigkeiten aus ebendieser Richtung. Generell liegen hierfür auch deutlich höhere Häufigkeiten vor. Deutlich vorherrschend sind jedoch Wellen mit einer Höhe zwischen 0,25 m und 0,5 m aus NNO. Für diese Windrichtung liegen auch die größten Fetchlängen vor. 29 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 11: Häufigkeitsverteilung der mittleren Wellenhöhe an der Waveriderboje, d=10m Wassertiefe Im Jahr 2013 wurden in den Monaten Februar und Mai ebenfalls zwei Vermessungen der Unterwassermorphologie mittels Fächerecholot durchgeführt. Die Ergebnisse hieraus sind an Hand einer küstennormalen Profillinie durch das Umfeld der Messkette in Abbildung 12 dargestellt. Es ist zu sehen, dass sich im Zeitraum des ersten Halbjahres 2013 keine deutlichen Veränderungen in der Gestalt der Schorre zugetragen haben. Diese Erkenntnis ist insbesondere für Modellierungsaufgaben und die zeitliche Vergleichbarkeit der Seegangsmessdaten von Bedeutung, da über längere Zeiträume von ähnlichen ShoalingEffekten, also Transformation von einlaufenden Wellen durch sich verringernde Wassertiefe ausgegangen werden kann. Abbildung 12: Profillinien der Unterwassermorphologie im ersten Halbjahr 2013 Einen detaillierteren Blick in die Umlagerungsvorgänge im Zeitraum von Januar bis Mai 2013 gibt Abbildung 10. Es wird ersichtlich, dass mit wenigen Ausnahmen vor allem diejenigen Bereiche die seeseits des Sandriffs gelegen sind und ohnehin nur eine geringe Sedimentbedeckung aufweisen von Abtragung betroffen sind. Gleiches gilt für die Krone des Sandriffes und für einige Abschnitte in Strandnähe. Akkumulation von Sedimenten fand vor allem an den Randbereichen des Sandriffes und des landseitig anschließenden Tales statt. 30 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 13: Häufigkeitsverteilung der mittleren Welleneinlaufrichtung an der Waveriderboje Arbeitspaket 1.2.3: Bearbeitung von Fallstudien in den Fokusgebieten Federführung: TU HH Fokusgebiet Lübecker Bucht und Eckernförder Bucht Die Untersuchungen zu Fragestellungen des Küsten- und Hochwasserschutzes in den RADOST-Fokusgebieten der Lübecker Bucht und Eckernförder Bucht wurden im vergangenen Projektjahr fortgeführt und vertieft. Die Arbeiten zur Veränderung von Betroffenheiten im Hochwasserschutz infolge des Klimawandels im Rahmen einer Masterarbeit4 am Institut für Wasserbau der TUHH dokumentiert. Im Bereich der Eckernförder Bucht wurde die Veränderung der Hochwassergefährdung der Altstadt Eckernförde (siehe rot umrandetes Gebiet in Abbildung 2) unter Verwendung der RADOST-Szenarien zum regionalen Meeresspiegelanstieg am Ende des 21. Jahrhunderts (30 cm, 60 cm und 90 cm) ausgehend von einem statistisch ermittelten Hochwasserstand mit einem Wiederkehrintervall von 200 Jahren (HW 200) auf Grundlage digitaler Geländemodelldaten sowie Bauwerksinformationen untersucht. Die digitalen Geländemodelldaten wurden vom Landesvermessungsamt S-H zur Verfügung gestellt5. Das Gebiet der Altstadt Eckernförde wurde im Rahmen Umsetzung der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (EU-HWRM-RL) durch das LKN-SH als potentiell signifikantes Überflutungsgebiet klassifiziert (vergleiche Abbildung 14). 4 Masterarbeit Christian Brunsendorf (in Bearbeitung): Vergleichende Bewertung des Hochwasserschutzes an ausgewählten Standorten der schleswig-holsteinischen Ostseeküste unter Nutzung aktueller Szenarien zum klimawandelbedingten, regionalen Meeresspiegelanstieg. Technische Universität Hamburg-Harburg. 5 Landesamt für Vermessung und Geoinformation Schleswig-Holstein (2012): ATKIS®-DGM1, Gitterweite 1x1m 31 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 14: Potentiell signifikantes Überflutungsgebiet (LKN-SH) sowie Abgrenzung des Untersuchungsraumes (links) und digitales Geländemodell (rechts) für die Eckernförder Altstadt Bei Eintritt des Sturmflutwasserstands HW 200 = +2,45m ü. NN wird etwas mehr als die Hälfte der gesamten abgegrenzten Fläche überflutet und es stellen sich unterschiedliche Einstauhöhen ein (hier nicht dargestellt). Die Einstauhöhen wurden durch statische Verschneidung des ruhenden Wasserspiegels mit den Höhen des digitalen Geländemodells ermittelt und beinhalten keine Effekte durch Wellenauflauf bzw. Wellenüberlauf. Der Anteil der überfluteten Fläche an der Gesamtfläche ist aufgrund der hauptsächlich vorhandenen niedrigen Geländehöhen unterhalb von +3m ü. NN besonders hoch (vergleiche Abbildung 14). Weiterhin stellt der Stadthafen in Verbindung mit dem an das Stadtgebiet angrenzenden Binnensee „Windebyer Noor“ eine potentielle Schwachstelle für die Überflutungsausbreitung dar, da im Bereich des Stadthafens kaum markante Geländehöhen vorhanden sind. Lediglich eine höher gelegene Bahntrasse verläuft durch das ansonsten tiefliegende Gebiet im Bereich des Hafens und bietet nur einen eingeschränkten Schutz gegen einen möglichen Durchbruch von Außenwasserständen in das Windebyer Noor. Im Bereich des Hafens besteht daher erhöhter Anpassungsbedarf. Die Veränderung der Überflutungsflächen und der Betroffenheit wurden in einem differenzierten Bewertungsschema für die RADOST-Szenarien zum regionalen Meeresspiegelanstieg am Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich zur Ausgangvariante (HW 200) erfasst. In dem Bewertungsschema werden beispielsweise die örtlichen Gegebenheiten wie z.B. die vorhandene Bebauung und die Regenwasserkanalisation berücksichtigt. Im höchsten Szenario (HW 200+90 cm) steigt der Anteil der insgesamt überfluteten Fläche an der Gesamtfläche im betrachteten Bereich der Eckernförder Altstadt von 50% in der Ausgangsvariante auf ca. 90% an. In diesem Szenario verdoppelt sich der Anteil der Flächen mit einer Einstauhöhe zwischen 81-120 cm über Gelände, einem Bereich in dem weitreichende Schäden an der Bausubstanz und dem Inventar zu erwarten sind. In dem 32 RADOST-Jahresbericht 2014 Bereich ab dem ein Totalschaden droht und die Statik des Gebäudes gefährdet sein kann (Einstauhöhe ≥1,21 m über Gelände) nimmt die betroffene Fläche um fast die Hälfte zu. Die begonnenen Untersuchungen zum Hochwasserschutz werden bis zum Projektende fortgeführt und das entwickelte Verfahren wird zur Bewertung der Betroffenheit infolge des Klimawandels auf zwei weitere Teilregionen im Fokusgebiet der Lübecker Bucht (Neustadt-Pelzerhaken und die Altstadt von Travemünde) übertragen. Gleichzeitig werden Vorschläge für lokale Anpassungsmaßnahmen erarbeitet. Fokusgebiet Rostock-Markgrafenheide und Fischland-Darß-Zingst Ziel der Arbeiten in den Fokusgebieten Rostock-Markgrafenheide und Fischland-Darß-Zingst ist es die Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit von Küstenschutzdünen unter Anwendung der im Projekt RADOST entwickelten Szenarien zum regionalen Meeresspiegelanstieg und zur Veränderung des Seegangs unter Sturmflutbedingungen zu bewerten. Hierzu wurden beispielhaft im Fokusgebiet Fischland-Darß-Zingst der Küstenabschnitt südlich der Ortschaft Wustrow (Landenge zum Permin) ausgewählt. In diesem Küstenabschnitt ist ein kombiniertes Küstenschutzsystem bestehend aus Buhnen, Strand sowie einer Systemschutzdüne mit dahinter liegendem Deich vorhanden (vgl. Abbildung 15). Ein weiterer Untersuchungsabschnitt befindet sich an der Küste von Dierhagen (vgl. Abbildung 15). Abbildung 15: Untersuchungsabschnitte im Fokusgebiet Fischland-Darß-Zingst. Links: Landenge zum Permin südlich von Wustrow. Rechts: Dierhagen Campingplatz und Privatbebauung Quelle: Google Earth Im Untersuchungsabschnitt Dierhagen ist ebenfalls ein kombiniertes Küstenschutzsystem vorhanden jedoch mit dem Unterschied, dass der Deich in geringer Entfernung parallel zur Düne verläuft. Im Bereich zwischen der Systemschutzdüne und dem Deich eines kombinierten Küstenschutzsystems befindet sich häufig der sogenannte "Küstenschutzwald". In dem betrachteten Bereich befinden sich anstelle des Küstenschutzwaldes, touristische(Campingsplatz) sowie private Bebauung (Ferienhäuser etc.), welche durch zukünftige Sturmfluten gefährdet sein könnte. Im Berichtszeitraum wurden das Verfahren zur Überprüfung der funktionellen Eigenschaften der Dünen festgelegt sowie die erforderlichen Eingangsdaten (hydrodynamische Eingangsparameter sowie Vermessungsdaten) zusammengestellt. Die Eingangsdaten sowie 33 RADOST-Jahresbericht 2014 das Verfahren basieren dabei auf der derzeitigen Konzeption zur Festlegung von Eingangsdaten und zur Sicherheitsüberprüfung von Küstenschutzanlagen zum Hochwasserschutz in M-V6. Als Kriterium zur Beurteilung der Sicherheit und der Wirksamkeit der Küstenschutzdüne wird die verbleibende Restdünenkronenbreite nach Einwirkung von Seegang, Wasserstand und Wind anhand des numerischen Dünenabbruchmodells SBEACH7 ermittelt. Die Landesküstenschutzdünen in M-V werden derzeit so bemessen, dass beim Bemessungsereignis (Sturmflutganglinie mit Bemessungswasserstand sowie Bemessungsseegang) im Sicherheitsteil der Düne eine Restdünenkronenbreite von mindestens 5 m verbleibt (siehe Abbildung 16). Der Verschleißteil der Düne wird entsprechend dem natürlichen, jährlichen Küstenrückgang dimensioniert und der Reserveteil der Düne wird so bemessen, dass das Bemessungsereignis der Düne gekehrt wird. Abbildung 16: Regelprofil einer Vollschutzdüne Quelle: Regelwerk Küstenschutz M-V, StALU MM, Dezernat Küste Nach Abschluss der numerischen Simulationen, wird die Durchbruchsgefährdung von Außenwasserständen in den Permin (Saaler Bodden) bewertet und lokale Anpassungsmaßnahmen empfohlen. Das Verfahren wird in gleicher Weise zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit der Dünen des Küstenschutzsystems Markgrafenheide im Fokusgebiet RostockMarkgrafenheide angewendet. Anwendungsprojekt 1: Vorarbeiten für einen Fachplan Schutz sandiger Küsten 2050 Das Anwendungsprojekt ist eng mit den Fallstudien in den RADOST-Fokusgebieten zum Thema Küstenschutz verknüpft. Im Berichtszeitraum fanden zwei Arbeitsgruppentreffen zwischen den Küstenschutzbehörden LKN-SH, StALU MM, der Universität Rostock sowie der Technischen Universität Hamburg-Harburg statt. Die Treffen dienten u.a. dazu den Stand der Arbeiten zum Thema Küstenschutz in den Fokusgebieten zu präsentieren und die Untersuchungsergebnisse zu diskutieren. Abschließend wurde die weitere Vorgehensweise für die Untersuchungen zu Fragestellungen des Küsten- und Hochwasserschutzes gemeinsam abgestimmt. 6 Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, 2012: Hydrodynamische Eingangsparameter für den Entwurf, die Bemessung und die Sicherheitsüberprüfung von Küstenschutzanlagen in M-V. In: Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern, Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (StALU MM), Dezernat Küste, Rostock, August 2012. 7 LARSON, M. and KRAUS, N.C., 1989. SBEACH. Numerical Model for Simulating Storm-induced Beach Change; Report 1. Empirical Foundation and Model Development. Technical Report CERC-89-9, Vicksburg, Mississippi: U.S. Army Engineer Waterways Experiment Station, Coastal Engineering Research Center, 267p. 34 RADOST-Jahresbericht 2014 Untersuchung des Küsten- und Steiluferrückgangs am Küstenabschnitt Jellenbek und Eckernholm (Surendorf) Abbildung 17: Steiluferabschnitt Jellenbek-Eckernholm (Surendorf) Quelle: LKN-SH In Teilregionen der Fokusgebiete Eckernförder Bucht und Lübecker Bucht werden zusätzlich zu den Fragestellungen des Hochwasserschutzes (siehe Fallstudien in den Fokusgebieten) auch der Küsten- und Steiluferrückgang, zur Klärung der Frage des Umgangs mit zukünftiger Bebauung von Steilufern vor dem Hintergrund des Klimawandels, betrachtet. Hier ergibt sich eine direkte Schnittstelle zu morphologischen und hydrologischen Untersuchungen durch das LKN-SH, die im Rahmen der Erarbeitung des Fachplans Küstenschutz Ostseeküste erfolgten. „Der Fachplan Küstenschutz Ostseeküste dient als fachliche Grundlage für Planungen im Küstenbereich“8. Beispielsweise wurde auf Grundlage von digitalisierten Uferlinien sowie Steiluferabbruchkanten einzelner Jahre in einem Zeitraum von 1872 bis 2010, welche vom LKN-SH bereit gestellt wurden, der Küsten- und Steiluferrückgang entlang des Küstenabschnitts zwischen Jellenbek und Eckernholm (Surendorf) am Eingang zur Eckernförder Bucht im Rahmen einer studentischen Arbeit9 untersucht. Der Steiluferabschnitt Surendorf (Abbildung 17) ist hauptsächlich von einer fortschreitenden Erosion betroffen. Insbesondere im Zeitraum 2007 bis 2010 ergaben sich größere Rückverlagerungen der Abbruchoberkante des Steilufers. Der Rückgang der Abbruchoberkante beträgt im Mittel 28 cm/Jahr und kann im Vergleich zu anderen Rückgangsraten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste als starker Rückgang eingestuft werden (der Wert liegt oberhalb des 75%-Quantils der Rückgangsraten sämtlicher oberer Steiluferabbruchkanten in S-H). Weiterhin treten starke Schwankungen des Rückgangs in vereinzelten Zeiträumen auf. Beispielsweise betrug die Rückgangsrate zwischen 2007 bis 2010 nahezu doppelt so viel (ca. 53 cm/a). Der Trend des Rückgangs an diesem Steiluferabschnitt ist positiv und ein Teil des Steiluferabschnitts wurde ebenfalls vom 8 http://www.schleswigholstein.de/KuestenSchutz/DE/06_Ostseekueste/05_Zusammenfassung/Zusammenfassung_node.html 9 Bachelorarbeit Hanna Gerull (2014): Analyse und Bewertung der morphodynamischen Entwicklung von Steilufern an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg. 35 RADOST-Jahresbericht 2014 LKN-SH als aktives Steilufer, d. h. als ein Sedimentlieferant (bzw. eine Sedimentquelle), klassifiziert. Der Steiluferabschnitt Surendorf ist weiterhin durch eine Bebauung mit Wochenendhaussiedlungen geprägt (vgl. Abbildung 18), die von einem starken Küstenrückgang zukünftig betroffen sein könnten, sodass Sicherungsmaßnahmen erforderlich wären. Der zukünftige Trend der Küstenentwicklung ist jedoch schwer vorhersagbar, da die Morphologie der Küste von der zukünftigen Entwicklung von Wasserstand, Seegang und Sedimenttransport abhängig ist. Infolge des projizierten regionalen mittleren Meeresspiegelanstiegs kann man annehmen, dass die Häufigkeit von Sturmflutwasserständen, aufgrund des höheren Ausgangsniveaus des Wasserstands, zunimmt. Somit laufen zukünftige Sturmfluten generell höher auf, als in der Vergangenheit und können mögliche Erosionstrends von Steilufern beschleunigen. Abbildung 18: Private Bebauung am Steiluferabschnitt Jellenbek-Eckernholm (Surendorf) Quelle: LKN-SH Ein höherer Wasserstand allein bewirkt jedoch noch keine Intensivierung von Steiluferabbrüchen. Eine Zunahme des Energieeintrags durch den Seegang auf die Küste und der Abtransport des abgebrochenen Materials durch den natürlichen Quer- sowie Längstransport von Sedimenten wären hierfür weitere Vorraussetzungen. Zu einer Zunahme der mittleren signifikanten Wellenhöhen kann es für die im Projekt untersuchten Emissionsszenarien A1B und B1 vor allem an den Westwind exponierten Küstenabschnitten kommen (siehe Ergebnisse Modul 2). Der Steiluferabschnitt Surendorf ist dagegen Nord bzw. Nordost-Wind exponiert, sodaß hier mit keinen signfikanten Änderungen der mittleren Wellenhöhen sowie Wellenanlaufrichtungen und damit auch des Energieeintrags auf die Küste für die untersuchten Szenarien zu rechnen ist. Mögliche zukünftige Veränderung der extremen Seegangsverhältnisse sowie die windbedingten Veränderungen des küstenparallelen Sedimenttransports an diesem Küstenabschnitt sind zurzeit noch unbekannt. Abschließend kann daher noch keine Abschätzung gegeben werden, wie sich der Trend der Küstenerosion an diesem Abschnitt in Zukunft entwickelt. Untersuchung der Entwicklung von Strandbreiten im Bereich Scharbeutz-Timmendorfer Strand Eine weitere Fragestellung hinsichtlich der zukünftigen morphologischen Entwicklung von Küstenabschnitten in Schleswig-Holstein ist die Entwicklung von Flachküsten. Hierfür wurde 36 RADOST-Jahresbericht 2014 stellvertretend der Küstenabschnitt Scharbeutz-Timmendorfer Strand in der Lübecker Bucht betrachtet. Die morphologischen Veränderungen wurden im Rahmen von zwei Projektarbeiten an der TUHH dokumentiert und bewertet10, die in Kooperation mit dem LKNSH durchgeführt wurden. Der Küstenabschnitt zwischen Scharbeutz und Timmendorfer Strand ist hauptsächlich Nordost-Wind exponiert und wurde im letzten Jahrhundert durch Maßnahmen zum Küstenbzw. Hochwasserschutz wie z. B. den Bau von Buhnen, Deckwerken und Ufermauern aber auch Sandaufspülungen stark anthropogen beeinflusst. Der küstenparallele Sedimenttransport ist an diesem Abschnitt hauptsächlich nach Nordwest gerichtet. Die Durchführung der zuvor genannten Küstenschutzmaßnahmen im vorigen Jahrhundert hat sich positiv auf die Anlandungsprozesse in dem Bereich ausgewirkt. Die Anlandungsraten haben sich im Vergleich zur morphodynamischen Entwicklung vor der Anlage der Bauwerke (mit Beginn in den 1930er Jahren) jeweils verzehnfacht11 und die Erosionsraten haben sich ebenfalls signifikant reduziert, sodass es sich hier um einen morphodynamisch aktiven Bereich handelt. Der Bereich weißt insbesondere am Ende des letzten Jahrzehnts (20072010) großräumige Anlandungen auf12, die nicht zuletzt Resultat der in diesem Zeitraum durchgeführten Küstenschutzmaßnahmen sein dürften. Die Strandbreiten haben sich somit insgesamt sehr positiv in der jüngsten Vergangenheit an diesem Küstenabschnitt entwickelt, was für die touristische Nutzung der Strände sehr vorteilhaft ist. Die mögliche zukünftigen Entwicklung der Strandbreiten ist in Analogie zur Entwicklung von Steiluferabschnitten (siehe Abschnitt zuvor) von den jeweiligen Veränderungen der Wasserstände, sowie der Seegangs- und Sedimenttransportverhältnisse abhängig. Die klimawandelbedingten Veränderungen der hydrodynamischen Verhältnisse und des Sedimenttransports können anhand von sogenannten Impaktmodellen (z. B. Seegangs- und Sedimenttransportmodelle) basierend auf Projektionen zukünftiger Klimaverhältnisse, welche durch regionale Klimamodelle für bestimmte Emissionsszenarien abgebildet werden, ermittelt werden. Untersuchungen zu möglichen Veränderungen der mittleren Seegangsverhältnisse ergaben für den Bereich Timmendorfer Strand i) eine Abnahme der mittleren signifikanten Wellenhöhe um bis zu 3 % und ii) weniger Seegangsereignissen aus Nordöstlichen Richtungen, was zu iii) einer Veränderung der mittleren Wellenanlaufrichtung um bis zu 5° hin zu östlichen Richtungen führt. Die Veränderungen der Häufigkeiten sowie der mittleren signifikanten Wellenhöhe und Wellenanlaufrichtungen wurden bereits im Jahresbericht 2012 dokumentiert. Die geringfügig erscheinenden Veränderungen der mittleren Seegangsverhältnisse können Auswirkungen auf den seegangsinduzierten küstenparallelen Sedimenttransport haben, wie Untersuchungen zu möglichen Veränderungen der Sedimenttransportkapazitäten ergaben. Demzufolge kann es im Abschnitt Timmendorfer Strand zu einer Abnahme der nach Nordwest als auch Südost gerichteten Sedimenttransportkapazitäten kommen. Die NettoSedimenttransportkapazität, welche sich aus der Bilanzierung der gerichteten Transportkapazitäten ergibt, kann in diesem Abschnitt bis zu 20 % geringer werden (siehe Jahresbericht 2012). 10 Projektarbeit Karlotta-Franziska Seitz (2013): Bestimmung morphodynamisch aktiver Gebiete der SchleswigHolsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg; Projektarbeit Eva Weisner (in Bearbeitung): Anthropogene Einflüsse auf die morphodynamische Entwicklung an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste. Technische Universität Hamburg-Harburg. 11 Projektarbeit Karlotta-Franziska Seitz, a.a.O. 12 Projektarbeit Eva Weisner, a.a.O. 37 RADOST-Jahresbericht 2014 Zusammenfassend kann bei einem geringen mittleren Meeresspiegelanstieg von positiven Effekten auf die Entwicklung der Strandbreiten ausgegangen werden, vorrausgesetzt es wird weiterhin genug Material durch küstenparallele Sedimenttransportprozesse aus angrenzenden Abschnitten zur Verfügung gestellt. Anwendungsprojekt 2: Beratung der Hansestadt Rostock: Hochwasserschutz im sich ändernden Klima Federführung: StALU MM Allgemeines Die Untersuchung zum Hochwasserschutz der Hansestadt Rostock ist inhaltlich mit der Bearbeitung von Fallstudien im Fokusgebiet Rostock-Markgrafenheide (siehe Arbeitspaket 1.2.3) eng verknüpft. Abbildung 19: Bemessungshochwasserstände im Stadtgebiet Rostock Die Hansestadt Rostock liegt etwa 20 km südlich von der Ostseeküste an der Warnow. Die Ostseewasserstände beeinflussen den Wasserstand in der Warnow maßgeblich. Eine Fläche von 45 km² des Stadtgebietes ist potentiell überflutungsgefährdet, das bedeutet, dass diese Fläche bei nicht vorhandenen bzw. versagenden Anlagen des Küsten- und Hochwasserschutzes betroffen ist. Einen Überblick über diese Flächen bietet Abbildung 20. Hochwasser im Gebiet der Hansestadt Rostock sind i. d. R. durch das Auftreten von Sturmfluten bedingt. Ein solches Ereignis ist für den Fall definiert, dass der Wasserspiegel 1 m über dem des NMW (Normalmittelwasser) liegt. Sollte er über 1,5 m liegen, spricht man von einer schweren Sturmflut. In den vergangenen 20 Jahren haben sich insgesamt drei 38 RADOST-Jahresbericht 2014 davon ereignet (1995, 2002, 2006). Die Wasserstände während des Orkantiefs Xaver im Dezember 2013 erreichten nur näherungsweise die einer leichten Sturmflut. Um bestehende und neue Küsten- und Hochwasserschutzanlagen adäquat entwerfen und bemessen zu können werden zwei Bezugsgrößen herangezogen: Der Referenzhochwasserstand (RHW) dient der Überprüfung bestehender Küstenschutzbauwerke und wird aus dem Hochwasserstand ermittelt, der statistisch einmal in 200 Jahren auftritt und setzt sich aus einem beobachteten sowie extrapoliertem Meeresspiegelanstieg zusammen. Der Bemessungshochwasserstand (BHW) dient dem Entwurf und der Bemessung von neuen Küstenschutzanlagen. Er setzt sich aus dem RHW sowie aus einem Klimazuschlag von 0,5 m zusammen. Für das Gebiet der Hansestadt Rostock sind verschiedene BHW festgelegt. So beträgt dieser entlang der Außenküste, im Bereich von Warnemünde und Hohe Düne sowie im Umfeld des Breitlings und des Überseehafen bis zur Mündung des Schmarler Bachs in die Unterwarnow 2,80 m ü. NHN. Entlang des Westufers bis zum Werftdreieck sowie entlang des Ostufers bis zum Gewerbegebiet Dierkow bzw. Osthafen beläuft sich der BHW auf 2,90 m ü. NHN. Der höchste BHW von 3,00 m ü. NHN gilt für die Stadtbereiche von der Mündung der Oberwarnow über den Stadthafen bis zum Werftdreieck. Schutzabschnitte der Hansestadt Rostock Das Hochwasserschutzsystem Rostock ist mit seinen bestehenden Bauwerken, derzeit geplanten Bauvorhaben und Maßnahmen, sowie kurzfristig geplanten Bauwerken und Maßnahmen der Hochwasserschutzanlagen erfasst und verbleibende Defizite in Teilbereichen des Stadtgebietes sind größtenteils identifiziert. Bezüglich des Hochwasserschutzes weist das Gebiet der Hansestadt Rostock mehrere Schutzabschnitte auf. Ausgenommen davon ist im Nordosten des Stadtgebiets die Ortschaft Markgrafenheide. Hier wurde bis 2006 ein Buhnensystem errichtet bzw. verlängert. Seeseitig ist der Ort durch eine Vollschutzdüne und ein Deckwerk gesichert. Zudem wurden ca. 1,1 Mio. m³ Sand zur verstärkung der Düne und der Schorre aufgespült. Landseitig schließt sich inklusive zwei Spundwandabschnitten ein Ringdeich mit 2,5 km Länge an Der Schutzabschnitt 1 beinhaltet die Ortschaft Hohe Düne. Ebenfalls bis 2006 wurde hier ein Buhnensystem errichtet sowie Schorre und Düne durch Aufspülungen verstärkt. Ein verklammertes Deckwerk befindet sich entlang des Ostufers des Seekanals. Zusätzlich sichert ein Deich die Ortschaft vor Überflutungen von Süden und Osten her. Komplettiert wird der Sturmflutschutz in diesem Ort von zwei Fluttoren für die Durchgangsstraße am Fähranleger und am nördlichen Deichende. Warnowaufwärts des Überseehafens befindet sich der Schutzabschnitt 2 von Langenort bis zur Deponie Dierkow, der auch die Ortschaft Gehlsdorf umfasst. Hier sind vor allem die Niederungen zwischen Toitenwinkel, Dierkow und Gehlsdorf betroffen. Die Analyse des Gefährdungspotentials, vor allem hinsichtlich der Deponie Dierkow, ist auf Grund der Dringlichkeit anderer Schutzabschnitte noch nicht abgeschlossen. 39 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 20: Überflutungsbereiche im Gebiet der Hansestadt Rostock im Falle eines BHW. Schutzabschnitte im Gebiet der Hansestadt Rostock Grafik: A. Klee, verändert Südlich daran anschließend befindet sich der Schutzabschnitt 3: Osthafen, der vor allem von mittelständischem Gewerbe geprägt ist, aber auch Wohnflächen beinhaltet. Zusätzlich zur Überflutungsgefahr von der Warnowseite ist hier der Rückstau in die Carbäck zu berücksichtigen. 40 RADOST-Jahresbericht 2014 Im Übergangsbereich von Oberwarnow zu Unterwarnow befindet sich der Schutzabschnitt 4: Weißes Kreuz-Mühlendamm. Hier bildet momentan die Staustufe des Mühlendamm den wesentlichen Teil des Sturmflut- und Hochwasserschutzes. Entlang des westlichen Warnowufers liegt mit dem Petriviertel der Schutzabschnitt 5. Dieses Gebiet ist momentan von starker Bauaktivität geprägt und im Falle von Hochwasserereignissen auf Grund seiner geringen Höhenlage früh betroffen. Ebenfalls zu diesem Schutzabschnitt zählt die Holzhalbinsel. Hier wurden in den letzten Jahren Gewerbeund Wohngebäude errichtet, die im Hinblick auf Hochwasserrisiken mit angepassten Gründungen Uferbefestigungen und Fußbodenhöhen der bewohntet Areale realisiert wurden. Zwischen den beiden Teilbereichen des Schutzabschnittes 5 beginnt mit Ende des Petridammes und der Vorpommernbrücke der Schutzabschnitt 6 des Stadthafens. Dieser gestaltet sich in Hinblick auf den Hochwasserschutz schwierig was in seiner Länger von 2,6 km und der dichten Bebauung begründet ist. Zudem sind im Bereich des Stadthafens mehrere Regenwasserentwässerungsleitungen vorhanden, die in den meisten fällen nicht über Hochwasserschutzeinrichtungen verfügen und somit Überflutungen im Stadtbereich begünstigen. Größtenteils wird hier auf die Errichtung von Sandsackbarrieren vertraut. Südlich und westlich der Mündung des Schmarler Baches befinden sich Schutzabschnitt 7 und 8 mit den Ortsteilen Lütten Klein, Groß Klein und Schmarl. Hier wurden bis 2008 an besagtem Fließgewässer ein Sperrwerk und eine Hochwasserschutzmauer errichtet. Weiterhin wurden an zwei Stellen Geländeerhöhungen mit einer Gesamtlänge von 420 m vorgenommen. Als schützenswerter Punkt ist hier weiterhin das Fernwärmewerk der der Stadtwerke Rostock anzuführen. Für den Ort Warnemünde besteht sowohl von See als auch von der Warnow die Gefahr der großräumigen Überflutung im Falle eines BHW. Bedingt durch die Länge des hier zu errichtenden Sturmflutsystems wurden die ursprünglich veranschlagten zwei Schutzabschnitte in vier Teilbereiche untergliedert. Im seeseitig gewandten Bereich von Warnemünde wurden bis 2006 ein Buhnensystem installiert sowie Dünenverstärkungen vorgenommen. Wo räumlich bedingt eine Vergrößerung des Querschnittes nicht möglich war wurde die Vollschutzdüne durch Dämme aus Geotextilcontainern und Deckwerke ergänzt. Entlang des Alten Stromes (Teil A) befindet sich bereits eine Ufermauer, die jedoch lediglich über eine Höhe von 2,70 m ü. NHN verfügt aber die Sicherheitsprüfung aus statisch konstruktiver Sicht nicht besteht. Teil B befindet sich im Anschluss an die Ufermauer des alten Stroms und behandelt den Bereich der Mittelmole. Die nach Süden hin anknüpfenden Teile C und D umfassen die Straßen Am Passagierkai und Werftalle Warnemünde. Im Süden von Teil D verläuft der Laakkanal, der im Hochwasserfall für die Überflutung Warnemündes mitverantwortlich ist. Geplante Hochwasserschutzmaßnahmen im Gebiet der Hansestadt Rostock Für die Schutzabschnitte Markgrafenheide und 1: Hohe Düne liegen bis auf Wiederholungsaufspülungen auf 2 km Küstenlänge mittelfristig keine Planungen für weiterführende Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes vor. Für den Schutzabschnitt 2 gilt es momentan zu ergründen in wie weit in diesem Gebiet Gefährdungspotential im Hochwasserfall vorliegt und in welchem Maße die hier befindliche Deponie eine zusätzliche Gefahrenquelle darstellt. Im Schutzabschnitt 3: Osthafen sind prinzipiell zwei Schutztrassen denkbar, die beide sowohl Rücksicht auf mögliche Überflutungsszenarien, sowohl von Seiten der Warnow, als 41 RADOST-Jahresbericht 2014 auch von Seiten der Carbäck nehmen. Hierbei schließt eine Trasse die gewerblich genutzten Grundstücke in direkter Warnownähe mit ein, die andere begrenzt sich auf die bewohnten Areale. Als Entscheidungskriterium für die Auswahl einer Trasse wird eine Kosten-NutzenAnalyse in Betracht gezogen. Als Alternative zu einer umfassenden Hochwasserschutzmaßnahme sind Insellösungen denkbar. Für den Schutzabschnitt 4 im Bereich Weißes Kreuz ist die Errichtung von Spundwänden (320 m) sowie Straßendämmen und Geländeerhöhungen (ca. 500 m) vorgesehen. Weiterhin ist im Bebauungsplan festgelegt, dass die Mindesthöhe für Fußböden von Wohnraum mindestens 20 cm über dem BHW zu liegen hat. Die vorhandenen Anlagen am Mühlendamm gilt es zu modernisieren und in Einklang mit den Bedürfnissen der Wasserund Schifffahrtsverwaltung, des Hochwasserschutzes und des Trinkwasserschutzes zu bringen. Geplant ist eine Straßenerhöhung im Bereich zwischen Wehr und Schleusenbrücke sowie eine Hochwasserschutzwand mit mobilen Elementen und Einbeziehung von Neubauten vom Wehr bis zur Straßenbahntrasse. Im Schutzabschnitt 5 wurden im Bereich der Holzhalbinsel mittlerweile alle wesentlichen Bauvorhaben abgeschlossen. Im Bereich des Petriviertels steht dies noch aus. Hochwasserschutzmaßnahmen werden entsprechend den Festsetzungenin den jeweiligen Bebauungsplänen umgesetzt. Für den Schutzabschnitt 6 entlang des Stadthafens sind vor allem Schutztrassen entlang der Hauptverkehrslinie Am Strande denkbar, die jedoch selbst möglichst wenig beeinträchtigt werden sollte. Hauptproblem in diesem Bereich ist das geringe Raumdargebot. Alternativ zu einer umfassenden Schutztrasse sind Quartierlösungen denkbar. Bis auf die Sicherung der Anlagen der Stadtwerke in Eigenverantwortung sind im Schutzabschnitt 7 die Vorhaben abgeschlossen. Gleiches gilt für Schutzabschnitt 8. Für den Bereich von Warnemünde und damit für die Schutzabschnitte 9 und 10 stehen Baumaßnahmen zur Vervollständigung des Sturmflutschutzsystems an. So ist geplant entlang der Werftallee (TV D) über 1 km Straßenerhöhungen und 750 m Geländeerhöhungen vorzunehmen. Auf der Mittelmole sollen weitere Straßenerhöhungen und Hochwasserschutzwände Hochwassersicherheit schaffen. Für die Bereiche entlang des Alten Stromes ist die Errichtung einer neuen auf den BHW konzipierten Ufermauer mit zusätzlichen 20 cm Freibord vorgesehen. Auf einer Länge von ca. 500 m werden im Sinne der Anpassungsstrategie für die Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren verschiedene Ausbaustufen vorgesehen, die Erste für die nächsten 40 Jahre. Trinkwasserversorgung der Hansestadt Rostock Der Träger der Wasserversorgung und die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft für das Gebiet der Hansestadt Rostock und der Gemeinden des Zweckverbandes WasserAbwasser Rostock-Land ist der Warnow-Wasser- und Abwasserverband (WWAV). Ihm obliegt es u.a. Trinkwasser zu beschaffen und bereitzustellen. Die Durchführung der Aufgaben wurde dabei der Eurawasser Nord GmbH als Erfüllungsgehilfen anvertraut, die das Wasserwerk Rostock betreibt. Das Trinkwasser für die Hansestadt Rostock wurde traditionell aus umgebungsnahen Oberflächenwasser gewonnen. So wurden deren Bürger bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts über Freileiten versorgt, die erst 1867 vom ersten städtischen Wasserwerk abgelöst wurden. Eine Versorgung mit Trinkwasser aus Grundwasser, wie vielerorts üblich, war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, vor allem vor dem Hintergrund der 42 RADOST-Jahresbericht 2014 Gewährleistung der Trinkwasserqualität, projektiert, wurde aber durch die Erweiterung des Wasserwerks Rostock in den 1990er Jahren nicht umgesetzt. Abbildung 21: Mühlendamms Lage der Wasserentnahmestelle des Wasserwerk Rostock und des Quelle: Google Maps Heute werden aus der Warnow durchschnittlich 32.000 m³ Wasser täglich gefördert. Diese verfügt über ein Einzugsgebiet von ca. 3.200 km² von denen mehr als die Hälfte als Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen sind. Die Entnahmestelle befindet sich oberhalb des Mühlendammes und ist über einen Zuleitungsgraben mit der Warnow verbunden. Entlang des Mühlendammes befindet sich eine Schleuse und ein Wehr als Staustufe, die Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Ursprünglich zur Bewirtschaftung des Schifffahrtsweges konzipiert, dient sie heute vor allem dem Hochwasser- und Trinkwasserschutz, da mit ihr der Einstrom von Brackwasser der Unterwarnow behindert werden kann. Sowohl Schleuse als auch Wehr unterliegen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Die Reinigung des Warnowwassers im Wasserwerk Rostock erfolgt über eine siebenstufige Anlage über die Grobteile, Schwebstoffe, Keime und gelöste Stoffe mittels mechanischer Verfahren, Ozonung und Aktivkohlefilter herausgesondert werden. Über ein 980 km langes Netz aus Hauptleitungen werden die Hansestadt Rostock sowie weitere 17 Gemeinden und somit ca. 230.000 Einwohner mit Trinkwasser versorgt. Fazit Gemeinsame Bedürfnisse von Hochwasserschutz und Trinkwasserschutz konzentrieren sich im Bereich der Hansestadt Rostock räumlich auf wenige Bereiche um den Mühlendamm. Bei der gegenwärtigen Strategie der Trinkwassergewinnung aus dem Oberflächenwasser der Warnow ist eine Aufrechterhaltung der Wehr- und Schleusenanlagen oder einer gleichwertigen Anlage am Mühlendamm erforderlich aus der sich ebenfalls Synergieeffekte mit dem Hochwasserschutz ableiten lassen. Anwendungsprojekt 3: Innovative Technologien für den Küstenschutz: Einsatz von Geokunststoffen Grundsätze Die Anwendung von unterschiedlichen Technologien im Küstenschutz unterliegt im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern einer Reihe von Vorbedingungen. 43 RADOST-Jahresbericht 2014 Neben sowohl land- als auch seeseitigen naturräumlichen Gegebenheiten schränken die raumplanerischen Ziele der Entscheidungsträger, bereits existierende Anlagen zum Küstenschutz als auch der zur Verfügung stehende pekuniäre Rahmen die Wahl der möglichen technischen Lösungen für existierende Herausforderungen im Küstenschutz ein. Daneben bestehen rechtliche Vorgaben, aus denen sich Begrenzungen in der Wahl der technischen Mittel ableiten lassen. Neben übergeordnetem Europa- und Bundesrecht begrenzen vor allem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern Naturschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern Wahl und Größenordnung anwendbaren Technologien die grundsätzlich als Instrumente des Küstenschutzes Verfügung stehen. Weiterhin sind denkmalschutzrechtliche und stromschifffahrtspolizeiliche Regelungen zu berücksichtigen. das und von zur und Eine zusätzliche bedeutsame Einschränkung erwächst aus der Empfehlung 16-3 der Helsinki-Kommission (HELCOM) aus dem Jahre 1995. Diese enthält die Vorgabe eine natürliche Küstendynamik möglichst zu erhalten. Dies geht einher mit dem Bestandsschutz von aktiven Kliffen als Sedimentlieferant sowie von küstennahen Überflutungsflächen. Somit sollen neuangelegte Küstenschutzmaßnahmen örtlich auf besonders schützenswerte, besiedelte Areale begrenzt bleiben. Der methodisch weitaus relevanteste Teil ist die Maßgabe dass, wann immer möglich, natürliche Baustoffe wie Steine, Sand, Erde oder Holz den Vorzug gegenüber künstlichen Materialien wie Beton oder Kunststoffen erhalten sollen. Hierdurch wird verdeutlicht, dass sich entlang der Küste von Mecklenburg-Vorpommern eine Reihe von Faktoren auf die Wahl von Art und Dimension von Küstenschutzmaßnahmen auswirken, wodurch nicht nur die Anwendbarkeit von Technologien, die dem derzeitigen Stand der Technik entsprechen eine Limitierung erfährt, sondern auch Innovationen in der Methodik des Küstenschutzes auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft werden müssen. Stand der Technik Um technische Innovationen für den Küstenschutz zu beleuchten, erscheint es sinnvoll hier kurz auf den gegenwärtigen Stand der Technik und auf seine Anwendung an Hand der deutschen Ostseeküste einzugehen. Landesküstenschutzdünen bildeten über viele Jahre hinweg das effektivste Instrument in der Sicherung des Hinterlandes bei Sturmflutereignissen. Nach ihrer Aufgabenstellung hin können diese Sandkörper in Systemdünen, die in Kombination mit anderen Küstenschutzelementen wirken und Vollschutzdünen, die die Schutzfunktionen alleine übernehmen, unterschieden werden. Da letztere zu einem nicht unerheblichen Teil aus einem seeseitigem Verschleißkörper bestehen, sind v.a. nach normalen Sturmflutereignissen Erneuerungsmaßnahmen erforderlich, die im Regelfall durch Sandaufspülungen unter Verwendung mariner Sande von Statten gehen. Ein ingenieurbiologischer Aspekt der Dünensicherung ist die Bepflanzung mit Vegetation (z.B. Strandhafer Ammophila arenaria) zum Zwecke des Sandfanges. Landseitig der Küstenschutzdünen befinden sich nicht selten Küstenschutzwälder, die im Versagensfall der Dünen zur Aufgabe haben den Wellen weiter Energie zu entziehen und somit die Belastungen auf eventuell anschließende Landesküstenschutzdeiche zu mildern. Letztere stellen als vom Menschen aufgeschüttete Dämme aus Erdreich, bestehend aus einem Deichkern und Abdeckschichten ein bedeutendes Instrument zum Schutz von besiedelten Gebieten vor Sturmflutereignissen dar. 44 RADOST-Jahresbericht 2014 Als seewärts gerichtete Querbauwerke dienen Buhnen dazu den ufernahen Küstenlängstransport von Sedimenten zu bremsen und die Akkumulation von Lockermaterial zu fördern. Entlang der deutschen Ostseeküste werden Buhnen vor allem in MecklenburgVorpommern als einfache gestreckte Körper in Holzbauweise verwendet, wohingegen in Schleswig- Holstein Buhnen in Schüttsteinbauweise vorherrschen, die auch T-förmig ausgebildet sein können. International finden sich vielfältige Variationen an Baumaterial (Stahlspundwand, Betonpfeiler etc.) oder Formgebung. Uferparallele Längswerke haben zum Ziel die Erosion der Küstenlinie zu verhindern oder zu verzögern. Sie dienen dazu, bei einem begrenzten räumlichen Dargebot, welches dahingehend anspruchsvollere Bauwerke nicht zulässt, die Sicherheit für schützenswerte Objekte zu gewährleisten. Längswerke sind oftmals als Deckwerke, also als Schutzschichten aus groben Steinlagen auf Uferböschungen mit möglichst hoher Oberflächenrauigkeit, als Geröllwälle oder Steinwälle ausgebildet. Eine weitere Bauform sind Ufermauern, die Uferabbrüche und Überflutungen verhindern sollen und i.d.R. aus Stein, Beton oder Stahlspundwand errichtet werden. Seit einigen Jahren besteht aber auch die Möglichkeit diese durch mobile Elemente ergänzen zu können. Steinwällen in der Bauweise nicht unähnlich sind steinerne Wellenbrecher, die die Energie der einlaufenden Wellen dämpfen und somit für den Schutz des leeseitigen Küstenabschnitts sorgen oder, je nach Bemessung, gar eine Akkumulation von Sediment in Ihrem Hinterland verursachen. An Standorten mit unterdimensionierten Küstenschutzdünen an denen eine landwärtige Verbreiterung nicht möglich ist können diese durch Geotextilien in Container- oder Lamellenbauweise verstärkt werden, wodurch sich die Durchbruchssicherheit für diese Dünenkörper erhöht. Der Einsatz von Geotextilien im Küstenwasserbau ist zwar eine noch vergleichsweise junge Technologie, erfährt aber bereits weltweit eine breite Anwendung, so dass er generell nicht mehr als innovativ sondern bereits als etabliert betrachtet werden kann. Innovative Technologien für den Küstenschutz und ihre Vereinbarkeit mit HELCOM Recommendation 16-3 Als zusätzlicher Schutz von Küstenschutzdünen zu den bereits genannten Anpflanzungen dienen bereits in vielen Ländern (z.B. USA, Niederlande, Frankreich) Windzäune, die eine ähnliche Wirkung entfalten sollen wie die o.g. Dünenvegetation. Diese Zäune werden z. B. palisaden- oder schachbrettartig angeordnet und bestehen aus Holz, Gräsern oder Kunststoff. Zur Sicherung des Dünenfußes bieten sich beispielsweise gefüllte geotextile Container oder Säcke aus Kokosfaser an. Eine weitere Option hierzu ist die Stabilisierung des seeseitigen Dünenendes mit Hilfe von Flechtwerk welches durch Holzpfähle verankert ist. Zur Sicherung des Dünenfußes können ebenfalls Faschinen aus Reisig eingesetzt werden, deren Wirksamkeit jedoch an eine gewisse Strandbreite gebunden ist. 45 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 22: Faschinen zur Dünensicherung, Heidkate Quelle: Christian Albrecht Universität Kiel Abbildung 23: Sandfangzäune zur Dünensicherung, Massachusetts Quelle: Safe Harbor Diese Instrumente sind generell in Einklang mit HELCOM Rec. 16-3 exklusiv von künstlichen Geotextilien oder Kunststofffangzäunen, außer für den Fall, dass hierfür keine natürlichen Baustoffe Alternativen darstellen. Inwieweit diese Techniken als innovativ bezeichnet werden können ist allerdings fraglich. Zwar finden sie entlang der deutschen Ostseeküste keine weitflächige und generelle Verbreitung, ihre Verwendung entlang anderer Küsten seit mehreren Jahren ist jedoch unstrittig. Der Umstand, dass bereits im Mittelalter und der frühen Neuzeit entlang der deutschen Ostseeküste Anpflanzungen und Zäune zum Sandfang eingesetzt wurden, lässt einen innovativen Charakter dieser Maßnahmen sicherlich als zweifelhaft erscheinen. Als Ersatzoder Ergänzungsmaßnahme für Strandaufspülungen und Dünenwiederherstellung wurde in den Niederlanden durch Rijkswaterstaat und BAM Civiel ein System erfolgreich erprobt (Ecobeach), welches mit Hilfe von senkrechten Drainagerohren eine Erosion von Lockermaterial entlang sandiger Küsten verringert oder gar zu einer Akkumulation führt. Pilotprojekte zu Ecobeach gibt es weiterhin in Dänemark, Ghana, Malaysia und Australien. Um die Standfestigkeit von Deichen zu erhöhen, ist es sinnvoll sie widerstandsfähiger gegenüber Overtopping zu machen. Dies kann erreicht werden indem man den Winkel der landseitigen Flanke verringert. Hierdurch wird einerseits mehr Fläche verbraucht, andererseits ergibt sich eine größere Deichmächtigkeit. Eine weitere Methode dem Problem von Overtopping zu begegnen ist der Einsatz von erosionsverhindernden Geotextilien. Seeseitig kann man der Overtoppinggefahr ebenfalls durch eine Verbreiterung des Deichquerschnittes oder der gezielten Erhöhung der Oberflächenrauigkeit begegnen. 46 RADOST-Jahresbericht 2014 Eine Strategie kann sein, Überläufe in gewissen Maßen einzukalkulieren und zuzulassen. In diesem Fall müssen die Deichoberfläche und der landseitige Abfluss jedoch entsprechend angepasst werden. Als konstruktive Innovationen hierzu sind derzeit Deiche mit einem Kronenbecken (Crest Drainage Dike) und einer integrierten Drainage in der Erprobung. Durch das Becken soll das Wasser des Wellenauflaufs abgeführt werden können bevor es die Binnenböschung erreichen kann. Als Mittel um die Wellenenergie schon vor dem Auftreffen auf Deiche oder Küstenlängswerke zu verringern eignen sich sog. Stilling Wave Basins, die sich aus zwei Reihen von Wänden zusammen setzen, wobei die landseitige durchgehend ist und Wellen möglichst aufhalten soll und die seeseitige geschlitzt ist um Wellenenergie zu verringern und ein Ablaufen des im Becken befindlichen Wassers zu gewährleisten. Diese Lösung wurde beispielsweise für die Sicherung der Hafeneinfahrt von Oostende in Betracht gezogen. Abbildung 24: Funktionsweise eines Crest Drainage Dike Abbildung 25: Schema eines Stilling Wave Basins Um aufwändig zu gewinnenden Mergel künftig im Deichbau ersetzen zu können widmet sich derzeit das Projekt DredgDikes der Erforschung der Verwendbarkeit von Baggergut aus Flussmündungen und Bodden zu diesem Zweck. Weitere Ansätze um eine Abdichtung von Deichkörpern zu erreichen bieten ebenfalls Geotextilien, die mit quellfähigem Bentonit versehen sind (z.B. NaBento, TektoSeal). Neben diesen Vorschlägen ist die Errichtung eines zweiten Deiches eine, wenn auch flächen- und kostenintensive, Option. Es wird als schwierig erachtet Konstruktionen wie Stilling Wave Basins oder Crest Drainage Dikes in Übereinstimmung mit HELCOM Rec. 16-3 zu bringen, da Erstere vorzüglich in Betonbauweise zu errichten sind und bei Letzteren das Deichkronenbecken mit Beton oder Spundwand gefasst werden muss. Wo Küstenlängswerke wie Deckwerke oder Geröllwälle vonnöten sind um besonderen Schutz zu gewährleisten, kommen gelegentlich Verklammerungstechniken zu Einsatz. Bislang wurden hierfür Beton oder Asphalt verwendet. Alternativ zu diesen Baustoffen kommt seit wenigen Jahren in einigen Pilotprojekten (z.B. Elastocoast von BASF) auch 47 RADOST-Jahresbericht 2014 Polyurethan (PUR) als Bindemittel zum Einsatz. Eine Übereinstimmung mit HELCOM Rec. 16-3 ist hierbei ebenso wenig ersichtlich wie bei den herkömmlichen Verklammerungsmitteln. Um die Energie von Wellen bereits abzudämpfen bevor diese auf Küstenschutzdünen oder deiche auftreffen, gibt es bereits Ansätze herkömmliche Wellenbrecher in Schuttsteinbauweise zu ersetzen. Eine Alternative dazu stellen sog. Floating Breakwaters da, welche z. B. aus Kunststoffelementen oder aus Betonpontons aufgebaut sein können und an der Oberfläche schwimmen. Letztere verdanken ihre wellenenergiedämpfende Wirkung vor allem ihrer Massenträgheit. Sie sind über Ketten oder Kabel fest am Boden verankert und können somit ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie konventionelle Wellenbrecher. Ihre Vorteile bestehen darin, dass sie vergleichsweise schnell und kostengünstig installiert und wieder beräumt werden können. Daneben kann ihr Standort leicht gewechselt werden und sie weisen eine große Anpassungsfähigkeit gegenüber wechselnden Wasserspiegeln auf. Es bleibt allerdings zu betonen, dass Floating Breakwaters nicht dasselbe Maß an Abschirmung schützenswerter Küstenabschnitte bieten können, wie dies konventionelle Wellenbrecher vermögen. Abbildung 26: Schwimender PontonWellenbrecher Abbildung 27: Schwimmendes WellenbrecherSystem, Texas Quelle: Inland & Coastal Marina Systems Ltd. Quelle: Wave Eater Als Alternative zu Wellenbrechern sind zunehmend künstliche Riffe im Gespräch. Diese werden bereits seit mehreren Jahren als sandbefüllte geotextile Container oder Röhren errichtet. Sonstige Konstruktionsmöglichkeiten bietet eine Vielzahl an unterschiedlich geformter Tetrapodenvariationen (Accropode, Core-Loc, Xbloc etc.), Dolosse oder sog. Bioblocks aus Beton oder Waschbeton die zusätzlich eine Besiedlung von hartsubstratbesiedelnden Organismen fördern sollen. Einige künstliche Riffe entstanden gar durch das gezielte Versenken von Schiffen oder Landfahrzeugen. In diesen Fällen tritt die Küstenschutzfunktion aber deutlich in den Hintergrund bzw. ist nicht beabsichtigt. Hier liegt der Fokus vielmehr in der Erhöhung der Biodiversität, kann aber auch als Ziel der Freizeitgestaltung angelegt sein. Eine Kombination aus Küstenschutzbauwerk und touristischer Attraktion können künstlich angelegte Surfriffe (Artificial Surfing Reefs ARF), zumeist in geotextiler Containerbauweise errichtet, darstellen. 48 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 28: Riffelemente und Tetrapoden Abbildung 29: Künstliches Narrowneck Reef, Australien Quelle: Riff Nienhagen Quelle: Deltares Sowohl für Floating Breakwaters als auch für künstliche Riffe sind Konflikte mit HELCOM Rec. 16-3 ersichtlich, da es sich bei den Baustoffen i.d.R. um künstliche Erzeugnisse handelt. Ob es natürliche Alternativen dazu gibt bleibt zu prüfen. Offshore/Nearshore-Häfen bzw. Inselhäfen wie sie bereits auf Bornholm (Dänemark) existieren können dazu dienen die Seegansbelastungen an den Ihnen nachgelagerten Küstenabschnitten zu verringern. Sie sind insofern als innovativ zu betrachten, dass ihre grundlegende Idee zwar schon länger existiert, diese jedoch erst an wenigen Standorten umgesetzt wurde. Dies ist vor allem in der Besorgnis um eine mangelnde Landanbindung zu begründen. Da diese Bauwerke in erster Linie nicht als Küstenschutzanlagen gedacht sind, sind Widersprüche zu HELCOM Rec. 16-3 fraglich. Abbildung 30: Beispiele für Nearshore-Häfen (oben: Snogebaek, Bornholm; unten: Arnager, Bornholm) Quelle: Google Maps 49 RADOST-Jahresbericht 2014 Seit den 1970er Jahren werden zunehmend Projekte verfolgt Wellenenergie in Elektrizität umzuwandeln (Wave Energy Converter WEC). Diese können dem Küstenschutz dienlich sein wenn sie in der Lage sind Wellenenergie deutlich zu minimieren. Entscheidend ist hierbei jedoch, dass sie Ihre Funktionsfähigkeit auch dann noch beibehalten wenn, wie z.B. im Falle einer Sturmflut, hohe Belastungen auf sie einwirken, da sie andernfalls auch zur Gefahrenquelle werden könnten. Weil sie nicht primär als Mittel zum Küstenschutz konzipiert sind, ist es fraglich ob Konfliktpotential mit HELCOM Rec. 16-3 besteht. Abbildung 31: Beispiele für Wave Energy Converter (oben: Aquamarine Power Oyster, unten: Wave Dragon Quellen: www.aquamarinepower.com (oben), www.maritimejournal.com (unten) Ein recht junges Fach, das auch Fragestellungen des Küstenschutzes thematisiert, ist das sog. Ecological Engineering. Die Hauptmotivation dieser Disziplin bildet der Anspruch, nachhaltige innovative und kostengünstige Lösungen für Probleme des Küstenschutzes zu entwickeln, die aber zeitgleich den menschlichen Einfluss auf Ökosysteme minimieren oder für diese gar förderlich sein sollen. Die Bandbreite der Arbeitsfelder im Ecological Engineering ist dementsprechend groß und reicht von dem Design bewuchsfreundlicher Oberflächen, über die Förderung biogener Riffe bis zur Bewirtschaftung von küstennahen Feuchtgebieten oder Küstenschutzwäldern. Fazit Die hier vorgestellten technischen Konstruktionsvorschläge stellen weitestgehend Erweiterungen dar und basieren auf bereits etablierten Techniken. Dies gilt etwa für den Entwurf und Sicherung von Küstenschutzdeichen. Wirkliche Innovationen sind vor allem in den Bereichen absehbar wo Wellenbrecher ersetzt oder ergänzt werden können. Dies ist weiterhin gültig für beschriebene Techniken die nicht vorrangig den Küstenschutz im Fokus haben, sich aber potentiell durchaus positiv daraus auswirken. Für viele der vorgestellten Technologien ist festzustellen, dass eine Vereinbarkeit mit HELCOM Rec. 16-3 als problematisch angesehen wird, da ihrer Implementierung die 50 RADOST-Jahresbericht 2014 Verwendung von nicht-natürlichen Baustoffen zu Grunde liegt. Demzufolge erscheint eine generelle Anwendbarkeit entlang der deutschen Ostseeküsste als fraglich. Anwendungsprojekt 4: Unterhaltung von Schifffahrtswegen und Küstenschutz: Nutzung von Synergien Federführung: StALU MM Ziel dieses Anwendungsprojektes ist Schaffung und Förderung von Synergien in der Nutzung der im Geschäftsbereich der Wasser- und Schifffahrtsämter (WSÄ) anfallenden Sande aus Baggerungen und dem benötigten Sand für den Küstenschutz. Das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund ist für die Unterhaltung des Seekanals Rostock zuständig. Mit einer Regelmäßigkeit von etwa 5-10 Jahren werden sowohl die zugehörige Sandfalle geleert als auch die Untiefen in der Bundeswasserstraße beseitigt. Notwendig sind diese Unterhaltungsmaßnahmen, weil die vorrangig ostwärts gerichtete küstenparallele Strömung unmittelbar im Bereich der Westmole unterbrochen ist und der mitgeführte Sand nicht weiter transportiert wird. Im November 2013 wurden mit einem Baggerschiff ca. 30.000 m³ Sand aus der Sandfalle und ca. 27.000 m³ Sand aus dem Seekanal gebaggert. Das Baggergut wird in der Regel auf die eigens dafür vorgesehenen Klappstellen weit vor der Küste verbracht, kann aber auch für gewerbliche Bauvorhaben oder für Küstenschutzmaßnahmen verwendet werden. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg ist für den Küstenschutz im Bereich der Hansestadt und des Landkreises Rostock verantwortlich. Eine wesentliche Aufgabe ist der Schutz sandiger Rückgangsküsten sowie die Erhaltung der dort befindlichen Küstenschutzanlagen. In Warnemünde, Hohe Düne und Markgrafenheide übernehmen Düne, Strand und Schorre die Funktion des Hochwasserschutzes, während die Buhnen der Küstensicherung dienen. Durch die Wirkung der Westmole entsteht in Warnemünde ein Überschuss an Sand. Im Bereich von Hohe Düne und Markgrafenheide kann der vorhandene Sand aufgrund des fehlenden natürlichen Nachschubs sowie der Leewirkung der Hafenmolen langfristig nicht gehalten werden. Mit annähernd gleicher Regelmäßigkeit der Unterhaltungsbaggerungen im Seekanal sind auf der Ostseite der Hafenmolen Wiederholungsaufspülungen gegen die Sedimentverluste auf Düne, Strand und Schorre erforderlich. Durch die Aufspülung im küstennahen Bereich vor Hohe Düne wird der Sand der küstenparallelen Strömung wieder zugeführt. Die dafür benötigten Sandmengen werden im Allgemeinen kostenaufwendig aus festgelegten Sandlagerstätten in der Ostsee entnommen. Die gemeinsame Durchführung der Unterhaltungsbaggerung seitens des WSA Stralsund und der Aufspülung seitens des StALU MM ist ein hervorzuhebendes Beispiel für ein effizientes Zusammenwirken einer Bundesbehörde und einer Landesbehörde in MecklenburgVorpommern. Die Maßnahme stellt insgesamt eine Küstenschutzmaßnahme dar, die mit geringstmöglichen Störungen der Umwelt und Ressourcenverbrauch verbunden ist. Durch die Nutzung des unmittelbar an der Einbaustelle vorhandenen überschüssigen Sandes aus der Sandfalle vor Warnemünde werden sowohl Sandlagerstätten der Ostsee, als auch die Sandklappstelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung geschont. Die baubedingten Beunruhigungen werden durch kurze Transportwege minimiert. Durch natürlichen Sedimenttransport in Richtung Osten können auch Wiederholungsaufspülungen 51 RADOST-Jahresbericht 2014 vor Markgrafenheide mengenmäßig bzw. in der Anzahl der Wiederholungsaufspülungen reduziert werden. Im Rahmen eines nachhaltigen gemeinsame Vorhaben folgen. Küstenzonenmanagements sollen künftig weitere Abbildung 32: Gemeinschaftsvorhaben WSA – StALU MM im Gebiet Markgrafenheide-Hohe Düne Quelle: Google Maps 52 RADOST-Jahresbericht 2014 Anwendungsprojekt 5: Innovative Verfahren zur Klimaanpassung im Küstenschutz – Fokusgebiet Kieler Förde Federführung: BfUK Ansprechpartner: Dr. Kai Ahrendt E-Mail: [email protected] Büro für Umwelt und Küste, Kiel Als letzter Schritt des Anwendungsprojektes wurde im Berichtszeitraum ein Verbundsystem für den Bereich Schwedeneck bis Probstei ausgearbeitet. Neben der Ermittlung der Sedimenttransporte (siehe Abbildung 33) und der Beschreibung der zugehörigen Tauchreviere wurde hierfür der Ansatz der Ecosystem Services (ESS) angewandt. Abbildung 33: Sedimenttransportkapazitäten 53 RADOST-Jahresbericht 2014 Nach dem Millennium Ecosystem Assessment (2005)13 werden folgende Services unterschieden:14 Provisioning Services These are the products obtained from ecosystems, including: P1: Food. This includes the vast range of food products derived from plants, animals, and microbes. P2: Fiber. Materials included here are wood, jute, cotton, hemp, silk, and wool. P3: Genetic resources. This includes the genes and genetic information used for animal and plant breeding and biotechnology, bio-chemicals, natural medicines, and pharmaceuticals. Many medicines, biocides, food additives such as alginates, and biological materials are derived from ecosystems. P4: Eigene Ergänzung: mineralische Rohstoffe (Sand, Kies, Steine etc.), Wellen- oder Thermoenergie Regulating Services These are the benefits obtained from the regulation of ecosystem processes, including: R1: Climate regulation. Ecosystems influence climate both locally and globally. At a local scale, for example, changes in land cover can affect both temperature and precipitation. At the global scale, ecosystems play an important role in climate by either sequestering or emitting greenhouse gases. R2: Water regulation. The timing and magnitude of runoff, flooding, and aquifer recharge can be strongly influenced by changes in land cover, including, in particular, alterations that change the water storage potential of the system, such as the conversion of wetlands or the replacement of forests with croplands or croplands with urban areas. R3: Erosion regulation. Vegetative cover plays an important role in soil retention and the prevention of landslides. R4: Water purification and waste treatment. Ecosystems can be a source of impurities (for instance, in fresh water) but also can help filter out and decompose organic wastes introduced into inland waters and coastal and marine ecosystems and can assimilate and detoxify compounds through soil and subsoil processes. R5: Natural hazard regulation. The presence of coastal ecosystems such as mangroves and coral reefs can reduce the damage caused by hurricanes or large waves. Eigene Ergänzung: Sandriffe/bänke, aktive Kliffs, Erosionsplattform (Geschiebemergelrücken), Geröll/Steine (Strand/Vorstrand), Strandwall, Nehrung etc. Cultural Services C1: Aesthetic values. Many people find beauty or aesthetic value in various aspects of ecosystems, as reflected in the support for parks, scenic drives, and the selection of housing locations. 13 Millennium Ecosystem Assessment (2005): Ecosystems and Human Well-being: Synthesis. Island Press, Washington, DC., S. 40. www.maweb.org/documents/document.356.aspx.pdf 14 Englischsprachige Beschreibungen aus der angegebenen Quelle unter Verwendung eigener Nomenklatur (P1, P2, R1 etc.). 54 RADOST-Jahresbericht 2014 C2: Cultural heritage values. Many societies place high value on the maintenance of either historically important landscapes (“cultural landscapes”) or culturally significant species. C3: Recreation and ecotourism. People often choose where to spend their leisure time based in part on the characteristics of the natural or cultivated landscapes in a particular area. Eigene Ergänzung: Hierzu gehört auch Tauchen, Angeln, Segeln etc. Diese ESS wurden tabellarisch betrachtet (siehe Tabelle 5) und anschließend in Kartenform gebracht (Abbildung 34 und Abbildung 35). Unter den zahlreichen insgesamt bestehenden ESS wurden für die vorliegende Darstellung entsprechend dem Aufgabenschwerpunkt des Arbeitspaketes die ESS für den Küstenschutz und den Tourismus ausgewählt. In weiteren Schritten werden diese Informationen im Rahmen des Projektes Klimabündnis Kieler Bucht zu einem „Planungsatlas“ für die Kieler Bucht weiter ausgebaut, der auch die Auswirkungen der Klimaänderung berücksichtigt, da sich neben einem „Regime Shift“ auch die Bedeutung der ESS verändern können. Hierbei kann es zu einer Verschiebung der Gewichtung von ESS kommen. Klimaanpassungsstrategien sollten dies berücksichtigen. 55 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 5: Beispiel der Gewichtung von Ecosystem Services (ESS) in der Kieler Bucht g = gering, m = mittel, h = hoch, sh = sehr hoch Funktionsbezeichnung 1 Art Funktion 2 2 ESS heute (originär) ESS 2050 ESS genutzt (heute) ESS genutzt/ zugelassen (2050) sh sh g Sh m, g, m m, g, m g, g, g g, g, g Steilküste aktiv R5 inaktiv C3, P3, R3 3 Sandstrand C3 sh sh m sh Kiesufer/Geröll R5 h h g g Strandwall R5 h h g g Spülsaum P2, P3, R5 g, g, g g, m, g g, g, g m, g, g Nehrung C1, C3, R5 sh, m, m sh, m, m g, g, g g, g, m Salzwiese P3, C1 g, m h, m g, g m, m Düne C1, C3, R5 m, m, h m, m, sh g, g, m g, g, h Lagune/Strandsee R4, C1, P3 g, h, g sh, h, m g, m, g h, h, m Sandriff R5 sh sh g sh Sand P4 h sh g g Erosionsplattform R5 m g - - Geröll/Steine P3, P4, R5 m, h, h h, g, g g, g, g g, h, g Seegras R5, P3, P3 g, m, m g, m, m g, m, m m, m, m Algen P1, P2, R4 g, g, m g, m, m g, g, g g, m, g Muschelbank R5, P3, P1, R3 m, m, h, sh h, m, sh, sh g, g, g, g m, g, sh, sh Wasserkörper C1, C3, P1, P3, R1, R4 sh, sh, sh, sh, sh, sh sh, sh, sh, sh, sh, sh sh, sh, sh, sh, sh, sh sh, sh, sh, sh, sh, sh Vorstrandsedimente Aquakultur P1 sh sh g m Tauchen C3 sh sh m h Angeln C3, P1 sh sh h h Fischen C3, P1 sh sh sh sh Segeln etc. C3 sh sh sh sh Energie P4 g m g m Baden C3 sh sh sh sh 1 Nomenklatur (C1, C3 etc.) siehe Text. 2 aktiv! Also z. B. Aquakultur 3 Wenn Erosion zugelassen wird! 56 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 34: Touristische Ecosystem Services 57 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 35: Küstenschutztechnische Ecosystem Services 58 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 2: Tourismus und Strandmanagement Federführung: EUCC-D Ansprechpartnerin: Rieke Scholz E-Mail: [email protected] Die Küsten Union Deutschland (EUCC-D), Warnemünde Nach den vorangegangenen Analysen von Klimawahrnehmung und Klimafolgen für den Küstentourismus lag der Schwerpunkt dieses Projektjahres auf dem Thema (Bewusstseins-)Bildung – einerseits von touristischen Nachwuchskräften und Lehrpersonal, andererseits von Akteuren und Verantwortlichen im Tourismus. Als Werkzeuge hierfür wurde ein von EUCC-D konzipiertes Planspiel eingesetzt sowie die Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren und Labeln diskutiert. Dafür wurden die vorhandenen Netzwerke zu Tourismusverbänden, wie dem Projektpartner Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern, genutzt und neue Kooperationen mit Lehranstalten aufgebaut. Arbeitspaket 1.3.4: Entwicklung von Anpassungsstrategien Die Entwicklung neuer Anpassungsstrategien wurde auch in diesem Projektjahr weiter fortgesetzt. In Kooperation mit dem Klimawandelanpassungsprojekt BiKliTour (Tourismusregionen als Modellregionen zur Entwicklung von Anpassungsstrategien im Kontext Biologische Vielfalt, Tourismus und Klimawandel) des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) wurde im April 2013 im Biosphärenreservat SüdostRügen ein Workshop mit Akteuren aus Tourismus und Naturschutz durchgeführt. Mithilfe von Szenarien zu unterschiedlichen touristischen und klimatischen Entwicklungen wurden mögliche Anpassungsstrategien und -maßnahmen für den Tourismussektor diskutiert. Für die Mehrzahl der Workshopteilnehmer stand fest, dass sich die touristische Entwicklung von Rügen in Richtung Wellness und Erholung ausrichtet und Familien sowie ältere Gäste die primäre Zielgruppe sein werden, im Gegensatz zu jungen Gästen, die Aktivurlaub suchen. Wenn es also um die Entwicklung von neuen Strategien geht, muss auch die touristische Ausrichtung der Region berücksichtigt werden. Großen Zuspruch fanden Lösungen, die unterschiedliche Bereiche verknüpfen und dabei den Nachhaltigkeitsaspekt und den Gedanken des Naturschutzes in den Fokus rücken, beispielsweise eine touristische Nutzung von Flächen, die auch der Landwirtschaft oder der Erzeugung regenerativer Energien dienen. Auch die thematische Verknüpfung der Anpassung an den demographischen Wandel und den Klimawandel spielt bei neuen touristischen Angeboten eine wichtige Rolle. Ein notwendiger Schritt, um derartige Anpassung zu ermöglichen, ist die vorherige Analyse der Vulnerabilität einer Gemeinde oder Region in Bezug auf den Klimawandel. So können mögliche Klimawandelfolgen und ein entsprechender Anpassungsbedarf einer Region ermittelt werden. Dies wird derzeit für zwei Beispielgemeinden durchgeführt, um Anpassungsbedarf und -möglichkeiten auf lokaler Ebene aufzeigen zu können. Eine Übersicht von bereits angewandten Anpassungsstrategien und möglichen Strategien wurde in RADOST-Factsheets zusammengefasst. Des Weiteren ist in der RADOSTSonderreihe des englischsprachigen Magazins Coastal & Marine im Frühjahr 2013 eine 59 RADOST-Jahresbericht 2014 Ausgabe zum Thema Häfen und Erneuerbare Energien erschienen (vgl. Arbeitspaket 5.2 „Publikationen“ in Modul 5). In den thematischen Sonderausgaben werden nationale und internationale Projektergebnisse aus der Forschung zu Klimawandelfolgen und -anpassung illustriert. 2014 werden zwei weitere Ausgaben zu den Themen Strand- und Gewässermanagement sowie Biodiversität und Naturschutz erscheinen. Anwendungsprojekt 6: Infopavillon Schönberger Strand Federführung: CAU Ansprechpartner/in: Prof. Dr. Horst Sterr E-Mail: [email protected] Sandra Enderwitz E-Mail: [email protected] Geographisches Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) Evaluierung des Klimapavillons im Ostseebad Schönberg Abbildung 36: Der Klimapavillon Foto: Sandra Enderwitz Bei dem Klimapavillon Schönberg handelt es sich um ein durch das Klimabündnis Kieler Bucht initiiertes wissenschaftliches Kooperationsprojekt der Gemeinde Schönberg und der Universität Kiel. Mit dem Ziel, der Öffentlichkeit Informationen zu Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels im Ostseeraum auf unterhaltsame Weise bereitzustellen, wurde der Plan 2011 umgesetzt. Die Einweihung des Klimapavillons erfolgte im September 2012. Highlight der kleinen Ausstellung ist ein etwa 6 m² großes, an die Küstenlandschaft der Probstei angelehntes Modell, das von der Miniatur Wunderland Hamburg GmbH realisiert wurde. Es veranschaulicht die Auswirkungen eines veränderten Klimas und entsprechende Anpassungsmaßnahmen auf eindrucksvolle, leicht zugängliche Art. In der Saison 2013 wurde die reguläre Ausstellung durch Kurzvorträge an Einzelterminen im Juli und August ergänzt. Im Rahmen dieser Aktion wurde der Klimapavillon erstmalig anhand von Fragebögen evaluiert. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. Die Spanne der Herkunftsbundesländer der Pavillonbesucher ist recht weit. Neben Besuchern aus Nordrhein-Westfalen stellen Touristen aus Baden-Württemberg die größte Gruppe (Abbildung 37). Durch seinen Standort in dem Ferienort Kalifornien erreicht und sensibilisiert der Pavillon Personen, die in ihrer Heimat in gewissem Maße als 60 RADOST-Jahresbericht 2014 Klimabotschafter wirken können. Der überwiegende Teil der Befragten (34 von 47 Personen) hat den Klimapavillon besucht, weil sie zufällig vorbeikamen. Hinzu kamen Personen, die aus der Zeitung, dem Radio oder dem Fernsehen von dem Pavillon erfahren hatten. Hier besteht noch Potential, durch verstärkte Medienarbeit die Besucherzahl weiter zu erhöhen. Abbildung 37: Aufteilung der Befragten nach Herkunftsbundesländern (N.A. = keine Angabe) Optimierung könnten in dieser Hinsicht auch Änderungen an der Außengestaltung bringen, indem beispielsweise Aufsteller und Hinweistafeln rund um den Pavillon zu einem Besuch einladen. Sämtliche inhaltliche Bestandteile haben von den Besuchern Höchstnoten erhalten. An der Spitze liegt das Modell des Miniatur Wunderlands, dessen Anziehungskraft ebenfalls gezielter genutzt werden sollte (alle Befragten bewerteten es mit Sehr gut oder Gut). Die Mängel sind demgegenüber marginal. Auf die Frage, ob die Befragten ihren Freunden/Bekannten von dem Pavillon berichten würden, antworteten 32 von 47 Besuchern mit den zwei höchsten Wahrscheinlichkeitsgraden. Dass die Besucher den Klimapavillon zu schätzen wissen, zeigt sich insbesondere in der abschließenden Bewertung. Die durchschnittliche Antwort auf die Frage „Alles zusammen genommen: Welche Gesamtnote geben Sie dem Klimapavillon?“ liegt bei der Note 1,5 (Abbildung 38). Mit diesem Ergebnis kann das Pilotprojekt des Klimapavillons als Erfolg mit geringem Verbesserungsbedarf bewertet werden. Aktuell erarbeitet das Klimabündnis mit Studierenden eine Erweiterung des Angebots, wie etwa die Verknüpfung mit einem Audioguide, Klimamottotouren und Vorträgen im Rahmen der 2014 erstmalig stattfindenden Mottotage KunstKlima. 61 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 38: Bewertung des Klimapavillons (Frage: „Alles zusammen genommen: welche Gesamtnote geben sie dem Klimapavillon?“ Skala: 1=sehr empfehlenswert, 6= nicht empfehlenswert, N.A. = keine Angabe) Anwendungsprojekt 7: Tourismus im Klimawandel – Regionale Anpassungsstrategien Federführung: EUCC-D Anpassung durch (Bewusstseins-)Bildung Touristische Nachwuchskräfte müssen sich frühzeitig mit dem Thema Klimawandel und dessen Folgen auseinandersetzen, denn sie werden in ihrer beruflichen Laufbahn mit Ereignissen und Problemen konfrontiert werden, die durch den Klimawandel hervorgerufen wurden. Um diese Zielgruppe anzusprechen, wurde von EUCC-D ein Planspiel entwickelt, welches Berufsschüler auf spielerische Weise und möglichst praxisbezogen an das Thema Klimawandel heranführt. Unter der Überschrift „Klima, Küste und Tourismus“ widmeten sich Auszubildende der Beruflichen Schule des Kreises Ostholstein in Malente der nachhaltigen Entwicklung von touristisch genutzten Küstenregionen im Zeichen aktueller und noch bevorstehender Klimaveränderungen. Im Rahmen des Planspiels „Klimamanager“ diskutierten die zukünftigen Kauffrauen und -männer für Tourismus und Freizeit mögliche Anpassungsstrategien für betroffene Küstenregionen. Das Planspiel ist so konzipiert, dass Schüler gruppenweise fiktive Gemeinden durch die kommenden Jahrzehnte führen müssen, die mit unterschiedlichen durch den Klimawandel hervorgerufenen Herausforderungen konfrontiert sind. Die Schüler zeigten großes Interesse an dem Themenkomplex und viel Kreativität in der Entwicklung von Anpassungsideen. Zum Beispiel erdachten sie Netze, die die Strände vor Quallen schützen, kostenlose Busse zum Strand, um den Verkehr zu reduzieren, Indooraktivitäten und vieles mehr. Das Planspiel wird in Zukunft weiterentwickelt, sodass es auch in Schulen mit anderer inhaltlicher Ausrichtung und weiteren Altersklassen durchgeführt werden kann. 62 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 39: Unterrichtstag mit Berufsschülern zum Thema Klimawandel (Januar 2014) Quelle: EUCC-D Um auch andere Berufsgruppen anzusprechen, steht EUCC-D in Kontakt zu Ausbildern im erzieherischen Bereich. Auf einem Kennenlern-Workshop in Kooperation mit dem Klimabündnis Kieler Bucht wurde deutlich, dass ein Bedarf besteht, klimawandelrelevante Themen in die Ausbildung mit aufzunehmen. Ausgebildete Erzieher stellen wichtige Multiplikatoren dar, die bei der Bewusstseinsbildung von Kindern eine wichtige Rolle spielen können. Die Weiterbildung von Lehrpersonal wurde im Jahr 2013 ebenfalls fortgesetzt. Unter dem Titel „Wie kommt die Ostsee in die Schule“ bot EUCC-D in Kooperation mit dem LeibnizInstitut für Ostseeforschung Warnemünde im Februar 2013 einen Workshop an. Hierbei wurde den teilnehmenden Lehrkräften die Thematik „Meer und Küste“ mit dem Schwerpunkt Ostsee nähergebracht. Anhand von Vorträgen, praktischen Arbeitsaufträgen, Experimenten und Kartenarbeit wurden die hydrographischen und ozeanographischen Besonderheiten der Ostsee sowie ausgewählte Schwerpunktthemen wie Klimawandel, Eutrophierung und Verschmutzung der Meere vorgestellt und erörtert. Anwendungsprojekt 8: Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren (Standortplanung im Klimawandel) Federführung: EUCC-D Mit Flaggen und Auszeichnungen werden Qualitätsmerkmale von Destinationen an den Gast kommuniziert. Dies wurde unter der Überschrift „Gut geflaggt ist halb gewonnen?“ im Rahmen eines Kurdirektorentalks in Kooperation zwischen EUCC-D und dem Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern im Sommer 2013 in Graal-Müritz diskutiert. Im Bereich Strandmanagement spielen Qualitätslabel für den Gast als Signal regelmäßiger Überprüfung/Kontrolluntersuchungen eine große Rolle, wie beispielsweise die Blaue Flagge in puncto Wasserqualität. Neuartige Auszeichnungen setzen auf eine ganzheitliche Bewertung, die nicht nur einen Strand oder ein Hotel auszeichnen, sondern helfen, die Nachhaltigkeit einer ganzen Destination zu bewerten. Ein Beispiel hierfür ist das Label „QualityCoast“, das, in den Niederlanden entwickelt, mittlerweile europaweit Anwendung findet. Neben der Außenwirkung, die das Label auf Touristen hat, liegt bei dessen Anwendung der Schwerpunkt auf der gemeindeinternen Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit. Es kann im Sinne eines anwendungsorientierten Planungswerkzeugs genutzt werden, indem einer Gemeinde die Datenaufnahme und anschließende Analyse selbst überlassen werden. So können Probleme erkannt und selbstständig bewältigt werden, 63 RADOST-Jahresbericht 2014 etwa durch Änderungen in Managementplänen. Die Indikatoren decken dabei die Bereiche Ökonomie, Ökologie, Soziales sowie Politik ab und berücksichtigen erstmalig auch den Teilaspekt der Anpassung an den Klimawandel. Ob auch (möglicherweise durch Anpassungsmaßnahmen) eingeleitete Veränderungen in der Gemeinde/Region dargestellt werden können, wird derzeit wissenschaftlich untersucht. Der Workshop hat deutlich gezeigt, dass der Bedarf, die Kommunikation zwischen Akteuren wie Kurverwaltungen und Ämtern zu verbessern, groß ist, um insbesondere in Notfallsituationen besser handeln zu können. Das angesprochene Indikatorinstrument kann zur Identifikation derartiger Probleme (mangelnde Kommunikation) und möglicher Lösungen dienen. Daher wird dieser Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung über das Projektende hinaus mit dem Kooperationspartner Verband Mecklenburgischer Ostseebäder weiter verfolgt werden. 64 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 3: Gewässermanagement und Landwirtschaft Federführung: IOW Ansprechpartner: Dr. habil. Gerald Schernewski E-Mail: [email protected] Dr. Rene Friedland E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) Zuverlässige und realistische Qualitätsziele in allen Oberflächengewässern sind die Grundvoraussetzung für die Ableitung von Managementmaßnahmen zu deren Erreichung. Im Laufe der Kooperation mit den Praxispartnern wurde deutlich, dass die bestehenden Gewässerqualitätsziele in Küstengewässern und Ostsee vielfach ungeeignet und unzureichend räumlich differenziert sind. Es wurde zudem deutlich, dass die Konsequenzen des Klimawandels für die Qualitätsziele, vor dem Hintergrund der bestehenden Unsicherheiten, vernachlässigbar sind. Unter Einbeziehung aller Entscheidungsträger wurde deshalb eine vollständige Überarbeitung der Gewässerqualitätsziele vorgenommen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Revision der Oberflächengewässerverordnung. Um ausreichende Arbeitskapazität bereitstellen zu können, wurden ergänzende Arbeiten im Rahmen eines Nachfolgeprojektes, des BMBF-FONA-Projektes SECOS, beantragt und bewilligt. Aktueller Stand der Netzwerkbildung Wie bereits im vorigen Jahresbericht berichtet, wurde Ende 2012 eine Ad-hocUnterarbeitsgruppe „Nährstoffreduktionsziele und Eutrophierung Ostsee“ des BundLänderausschusses Nord-Ostsee (BLANO) einberufen. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus Vertretern des Umweltbundesamtes, des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sowie der Landesämter und Ministerien Schleswig-Holsteins und MecklenburgVorpommerns zusammen. Damit wurde eine Struktur geschaffen, die alle wesentliche Akteure und Multiplikatoren umfasst und einen geeigneten Rahmen bildet, um Projektergebnisse zu präsentieren, zu diskutieren, einer breiten Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen und sie in politische Prozesse sowie die Umsetzung europäischer Richtlinien einfließen zu lassen. Im Jahr 2013 fanden insgesamt vier Treffen statt, die sich vor allem mit der Entwicklung neuer Gewässerqualitätsziele befassten. 65 RADOST-Jahresbericht 2014 Arbeitspaket 1.4.3: Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in Gegenwart und Zukunft Federführung: IOW Ansprechpartner/in: Dr. Rene Friedland E-Mail: [email protected] Dr. habil. Gerald Schernewski E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) Dr. Markus Venohr E-Mail: [email protected] Judith Mahnkopf E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB) Modellierung von Nährstoffeinträgen und -frachten Mit dem Modell MONERIS15 berechnete das IGB für verschiedene Zeitscheiben Nährstoffeinträge und -frachten sowohl für Stickstoff (Total Nitrogen=TN, Dissolved Inorganic Nitrogen =DIN) als auch Phosphor (Total Phosphorus=TP, Soluble Reactive Phosphorus=SRP) auf Analysegebietsebene berechnet. Der Modellierungszeitraum im Rahmen von RADOST besteht aus vier verschiedenen Zeitscheiben und umfasst: 1880: Referenzbedingungen16 (siehe hierzu auch Hirt et al., 2013), die Jahre 1983-2007: Gegenwart mit dem BSAP17-Referenzzeitraum 1997-2003, das Jahr 2007 für den IST-Zustand und die Maßnahmenberechnungen, das Jahr 2021: Baseline-Szenario, Zieljahr für WRRL18 und MSRL19 und entsprechende Zielwertanalyse, 15 zur Modellbeschreibung siehe VENOHR, M., HIRT, U., HOFMANN, J., OPITZ, D., GERICKE, A., WETZIG, A., NATHO, S., NEUMANN, F., HÜRDLER, J., MATRANGA, M., MAHNKOPF, J., GADEGAST, M., BEHRENDT, H. (2011): MODELLING OF NUTRIENT EMISSIONS IN RIVER SYSTEMS – MONERIS – METHODS AND BACKGROUND. INT REV HYDROBIOL 96(5):435–483. 16 Siehe hierzu auch Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Gadegast, L. Czudowski, U. Mischke, C. Heidecke, G. Schernewski, M. Venohr (2013): Reference conditions for rivers of the German Baltic Sea catchment: reconstructing nutrient regimes using the Model MONERIS. Reg Environ Change DOI 10.1007/s10113-0130559-7. 17 Baltic Sea Action Plan. 18 Wasserrahmenrichtlinie. 19 Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 66 RADOST-Jahresbericht 2014 die Jahre 2010-2100: Einfluss des Klimawandels auf Einträge und Frachten. Für die Referenzbedingungen von 1880 wurden jährliche Einträge und Frachten modelliert, für alle anderen Zeitscheiben monatliche Einträge und Frachten. Abbildung 40: Mittlere Stickstoff-Überschüsse für Bezugsjahre Daten nach: Bach, OECD und TI für RADOST-Gebiete Die Berechnungsergebnisse wurden in die Software StatPlanet überführt und werden über die MONERIS-Website20 auf Analysegebietsebene online zur Verfügung gestellt. Außerdem werden hier auch die wichtigsten Eingangsdaten dargestellt. Einer der wichtigsten Eingangsdatensätze sind die Stickstoffüberschüsse auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese wurden im Rahmen des RADOST-Projektes vom Thünen-Institut mit dem Modell RAUMIS berechnet und zur Verfügung gestellt. Die Berechnung erfolgte für die Jahre 1999, 2003, 2007 und 2021 auf Kreis- bzw. Gemeindeebene und wurde anschließend auf Analysegebietsebene umgerechnet. Abbildung 40 zeigt auf Bundeslandebene die mittleren Stickstoffüberschüsse für die einzelnen Bezugsjahre. 20 www.moneris.igb-berlin.de/index.php/statplanet.html, Freischaltung für Mai 2014 geplant. 67 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 41: Spezifische Stickstoff- (obere Reihe, in kg/ha und Jahr) und Phosphoreinträge (untere Reihe, in kg/km² und Jahr) für den BSAP-Referenzzeitraum 1997-2003. Abbildung 41 zeigt für die aktuellen Bedingungen die spezifischen Stickstoff- und Phosphoreinträge unterschieden nach Bundesländern und Eintragspfaden. Es wird deutlich, dass der aktuell dominierende Eintragspfad in den deutschen Ostsee Einzugsgebieten sowohl für TN als auch TP der Dränagepfad ist. Ein Vergleich der berechneten ‚MONERIS-Frachten‘ mit jenen, durch die HELCOM publizierten, ergibt eine nur geringe Abweichung (siehe Tabelle 6), so dass Zielwertanalysen mit MONERIS ausgehend vom BSAP-Referenzzeitraum (1997-2003) durchgeführt werden konnten21. Tabelle 6: Vergleich der mit MONERIS berechneten Frachten mit jenen aus dem BSAP (HELCOM 2013) Frachten MONERIS ´97-´03 Differenz zu BSAP Angaben SH MV gesamt t/a % TN 8.977 10.852 19.829 140 1 TP 186 361 546 20 4 21 HELCOM (2013): Updated Fifth Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC-5.5) – An Extended Summary. Balt. Sea Environ. Proc. No. 128. 68 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 42: Spezifische Stickstoff- (obere Reihe, in kg/ha und Jahr) und Phosphoreinträge (untere Reihe, in kg/km² und Jahr) für die 4 Modellierungszeiträume. Ansatz für die Festlegung von neuen Referenz- und Schwellenwerten für die deutsche Ostsee Es wurden zwei Simulationen mit dem ostseeweiten Ökosystemmodell ERGOM-MOM des IOW durchgeführt, um die relative Änderung zwischen der historischen und der heutigen Situation zu berechnen. ERGOM-MOM benötigt als eine zentrale Inputgröße die flussgebundenen wie auch die atmosphärischen Nährstofffrachten. Für die historische Simulation wurden die für die Situation von 1880 rekonstruierten Frachten verwendet, die mit MONERIS berechnet wurden, während für die restliche Ostsee die Rekonstruktion von Gustafsson et al. (2012)22 benutzt wurde. Zur Simulation der heutigen Situation wurden die Flussfrachten entsprechend PLC-523 für 2001–2008 verwendet. Für den Zeitraum davor wurden die vom Baltic Nest Institute zur Verfügung gestellten Frachten genutzt, so dass der Zeitraum 1970 bis 2008 simuliert werden konnte. Für die nachfolgend vorgestellten Berechnungen wurden aber nur die Simulationsergebnisse ab 2000 verwendet, da ein längerer Zeitraum die Veränderungen der Flussfrachten in den 1990er Jahren beinhaltet hätte, was zu einer Verfälschung der Ergebnisse der heutigen Situation geführt hätte. Für die atmosphärischen Einträge wurde sowohl für die historische als auch die heutige Situation die Rekonstruktion von Ruoho-Airola et al. (2012)24 verwendet. Um den Qualitätsansprüchen an die berechneten Referenzwerte Genüge zu tun, wurden nicht die reinen Modellergebnisse aus der historischen Simulation verwendet, da sowohl die rekonstruierten Nährstofffrachten wie auch das Ökosystemmodell mit großen Unsicherheiten 22 Gustafsson BG, Schenk F, Blenckner T, Eilola K, Meier HEM, Müller-Karulis B, Neumann T, Ruoho-Airola T. (2012): Reconstructing the development of Baltic Sea eutrophication 1850–2006. AMBIO 2012; 41, 6: 534-548. 23 HELCOM (2011): Fifth Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC-5). Baltic Sea Environment Proceedings No. 128, www.helcom.fi/Lists/Publications/BSEP128.pdf 24 Ruoho-Airola T, Eilola K, Savchuk OP, Parviainen M, Tarvainen V. (2012): Atmospheric nutrient input to the Baltic Sea from 1850–2006: A reconstruction from modeling results and historical data. AMBIO 2012; 41, 6: 549-557. 69 RADOST-Jahresbericht 2014 behaftet sind. Stattdessen wurde der relative Unterschied zwischen den Konzentrationen der historischen und der heutigen Simulation berechnet, indem die simulierten historischen durch die gegenwärtigen Konzentrationen dividiert wurden (Abbildung 43). Dieser Transferfaktor wurde für jeden Gitterpunkt des numerischen Modells und jeden Parameter (Chlorophyll a, TN, TP) berechnet, da sich die relativen Änderungen zwischen den Parametern teilweise deutlich unterscheiden und sehr starke Gradienten von den inneren Küstengewässern zu der offenen Ostsee vorliegen (Abbildung 44). Dabei gilt, dass die historische Konzentration im Verhältnis zu der gegenwärtigen umso geringer ist, je kleiner der Transferfaktor ist. Abschließend die historischen Referenzkonzentrationen mit dem gegenwärtigen Zustand in Verbindung gesetzt, in dem der Median der gemessenen Konzentrationen über die Jahre 2001 bis 2012 aus den Jahresmittelwerten (für TN und TP) bzw. den saisonalen Mittelwerten (für Chlorophyll a) für jede Monitoring-Station berechnet wurde. Dabei konnte auch auf die letzten vier Jahre zurückgegriffen werden – im Gegensatz zu den Modellsimulationen, da für diese die Nährstofffrachten außerhalb Deutschlands nach 2008 nicht verfügbar waren. Aus den berechneten Medianen der Messwerte wurde dann durch Multiplikation mit den Transferfaktoren die Referenzkonzentration bestimmt. Somit ermöglicht dieser Ansatz die Projektion des gegenwärtigen Gewässerzustandes in die Vergangenheit. Anschließend wurden die Zielwerte, die die Grenze zwischen dem guten und dem moderaten ökologischen Status darstellen, durch einen Aufschlag von 50 % auf die Referenzkonzentrationen berechnet.25 Da die Bathymetrie des Ostsee-Ökosystemmodells nicht alle inneren deutschen Küstengewässer auflöst, ist für einige Station die Bestimmung der Transferfaktoren nicht direkt möglich. Stattdessen wurde für diese Stationen der Mittelwert der Transferfaktoren der vom Modell erfassten Stationen desselben Wasserkörpertyps verwendet. Wenn mehr als eine Station in einem Wasserkörper lag, wurde die Zielkonzentration dieses Wasserkörpers durch die Mittelung der Zielwerte aller Stationen darin berechnet. Lag nur eine Station in einem Wasserkörper, wurde diesem der Zielwert der einzelnen Station zugewiesen. Damit ergab sich ein Set von jeweils drei Zielwerten für die 45 deutschen Wasserkörper der Ostsee (Abbildung 45). Abbildung 43: Die mit dem Ostsee-Ökosystemmodell ERGOM-MOM berechneten ChlorophyllKonzentrationen (mg/l, gemittelt über Mai bis September) für die historische (links) und die heutige Situation (Mitte). Die Division der historischen Konzentration durch die heutige liefert mit dem Transferfaktor ein Maß für die relative Änderung. 25 CIS-COAST (2003): Transitional and Coastal Waters Typology, Reference Conditions and Classification Systems, Common Implementation Strategy for the Water Framework Directive (2000/60/EC), Guidance document No 5, European Communities. 70 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 44: Die berechneten relativen Änderungen für Chlorophyll a, Gesamt-Stickstoff und Gesamt-Phosphor (von links nach rechts) Abbildung 45: Die berechneten Zielwerte für Chlorophyll a (mg/l), Gesamt-Stickstoff und Gesamt-Phosphor (µmol/l) auf Wasserkörperebene Das vorgestellte Verfahren lieferte insbesondere für die inneren Wasserkörper vom Typ B1 (oligohalines inneres Küstengewässer) und B2 (mesohalines inneres Küstengewässer) keine überzeugenden Ergebnisse, wenn es auf die Winter-DIN- bzw. DIP-Konzentrationen angewandt wurde. Hierfür wurde in Absprache mit den Praxispartnern ein ergänzender Regressions-Ansatz verfolgt. Ableitung von Nährstoffreduktionszielen für die Ostseezuflüsse Ausgehend von dem berechneten Zielwert für die mittlere Chlorophyll-Konzentration soll in diesem Abschnitt vorgestellt werden, wie mit einem stark vereinfachten Ansatz die maximal zulässige deutsche Stickstofffracht in die Ostsee berechnet werden kann, die es ermöglicht, den Zielwert und somit den guten ökologischen Zustand zu erreichen. Dazu wurden die Nährstofffrachten und die Chlorophyll-Konzentration (Mai bis September) für die südwestliche Ostsee (9,5°–14,8° Ost bzw. 53,6°–55,35° Nord) gemittelt. Dadurch wurden auch nicht-deutsche Nährstofffrachten erfasst, von denen im Folgenden angenommen wird, dass sie im gleichen Maße wie die deutschen reduziert werden. Nimmt man an, dass die Stickstofffrachten aller Anrainerstaaten des betrachteten Gebiets gleichmäßig reduziert werden, genügt es, im Folgenden nur die deutschen Frachten zu berücksichtigen. Wendet man das statistische Modell auf die heutigen und die historischen Frachten (29.900 bzw. 9.027 t TN/a sowie 474 bzw. 227 t TP/a) an, ergeben sich mittlere Chlorophyll-Konzentrationen von 4,5 mg/m3, bzw. 2,4 mg/m3 (vgl. Tabelle 7). Erhöht man die historische (Referenz-)Konzentration um 50 %, ergibt sich der abgeleitete ChlorophyllZielwert mit 3,6 mg/m3 (als Mittelwert für die südwestliche Ostsee). Um den Chlorophyll-Zielwert von 3,6 mg/m3 zu erreichen, kann mit dem statistischen Modell berechnet werden, dass eine Verringerung der deutschen Stickstofffrachten auf 19.644 t TN/a notwendig ist (wenn die TP-Frachten konstant bleiben), dies entspricht einer Reduktion um 34 %. Um eine Senkung der Chlorohyll-Konzentration um 20 % zu erreichen, ist somit eine überproportionale Frachtreduktion notwendig. Es gibt verschiedene Optionen, wie die notwendige Reduktion von 10.256 t TN/a zwischen atmosphärischer Deposition und 71 RADOST-Jahresbericht 2014 flussgebundenen Einträgen aufgeteilt werden kann. Entsprechend ändert sich die zulässige Stickstoff-Konzentration in den Flüssen (vgl. Tabelle 7). Tabelle 7: Ableitung zulässiger Stickstoffkonzentrationen in Flüssen für den ChlorophyllZielwert 3,6 in Abhängigkeit des Verhältnisses zwischen atmosphärischer Deposition und flussgebundenen Einträgen unter Annahme gleichbleibender Phosphorfrachten Stickstofffracht [t TN/a] Konz. in Flüssen gesamt atmosphärischer flussgebunden [mg TN/l]* Eintrag Phosphor- berechnete fracht Chlorophyll[t TP/a] Konz. 3 [mg/m ] Mittelwert 2000–2008 29.900 13.000 16.900 4,9 474 4,5 Reduktion nur in den Flüssen 19.644 13.000 6.644 1,9 474 3,6 Reduktion entsprechend dem GöteborgProtokoll 19.644 10.400 9.244 2,7 474 3,6 Reduktion gleichmäßig um 34 % 19.644 8.541 11.103 3,2 474 3,6 Reduktion atmosphärische Deposition um 50 % 19.644 6.500 13.144 3,8 474 3,6 9.027 3.900 5.127 1,46 227 2,4 Referenzsituation 1880 3 * bei einem Abfluss von 110 m /s Die neuen Gewässerqualitätsziele besitzen auch in einem zukünftigen Klima Gültigkeit. Die Arbeiten sind vollständig dokumentiert in den Artikeln von Schernewski/Friedland/Carstens et al. (submitted) sowie Hirt/Mahnkopf/Gadegast et al. (2013) (siehe „Zeitschriftenbeiträge“ unter Modul 5). Arbeitspaket 1.4.4: Anpassungsempfehlungen bezüglich Nährstoffmanagement im Einzugsgebiet Federführung: IGB Ansprechpartner/in: Dr. Markus Venohr E-Mail: [email protected] Judith Mahnkopf E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB) Ausgehend von den Reduktionszielen des BSAP und der MSRL wurde der Reduktionsbedarf der Frachten in die Ostsee unterschieden nach den Bundesländern Schleswig-Holstein und 72 RADOST-Jahresbericht 2014 Mecklenburg Vorpommern ermittelt. Auf Basis des Reduktionsbedarfs für die Frachten wurde unter Verwendung des Zielwert-Reduktionsansatz die nötige Reduktion der Einträge und (anteilig) der N-Bilanzüberschüsse auf Analysegebietsebene ermittelt. Die Einträge eines Analysegebietes unterliegen während des Transports bis zur Küste immer einer Retention. Die gesamte Retention vom Ort des Eintrags bis zur Küste wird akkumulative Retention genannt. Diese wurde für jedes Analysegebiet individuell ermittelt. Unter Berücksichtigung der akkumulativen Retention kann der Anteil der Einträge aus einem Analysegebiet an den Frachten am Übergabepunkt zur Küste (Mündungsfracht) berechnet werden. Der Anteil eines Analysegebietes an der Mündungsfracht wird somit durch die Höhe der Einträge, das Wasserdargebot und der akkumulativen Retention bestimmt. Zur Ermittlung der Analysegebiete mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an der Mündungsfracht wurde die Nährstoffkonzentration in den Nebengewässern eines Analysegebietes zu Grunde gelegt. Die Zielwertkonzentration beschreibt die Konzentration in den Nebengewässern, die nicht überschritten werden dürfen, um unter Berücksichtigung der akkumulativen Retention und des Transports in einem Flusssystem das Reduktionsziel der Mündungsfracht zu erreichen (Abbildung 46). Abbildung 46: Schematische Reduktionsbedarfs Darstellung der Vorgehensweise zur Ermittlung des Beim Zugrundelegen der Zielwerte des BSAP ergeben sich für die beiden Bundesländer Reduktionen der TN- und TP-Frachten von 2364 tN/a (115 tP/a) für Schleswig Holstein und 3256 tN/a (125 tP/a) für Mecklenburg-Vorpommern. Abbildung 47 zeigt die prozentuale monatliche Reduktion der Frachten, die zur Erreichung der Reduktionsziele laut BSAP nötig wären. Auf dieser Grundlage können Anpassungsempfehlungen erarbeitet werden. 73 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 47: Reduktion der TN- (links) und TP-Frachten (rechts) für Schleswig-Holstein (in blauen Balken) und Mecklenburg-Vorpommern (in roten Balken) Anwendungsprojekt 10: Entwicklung angepasster Pflanzensorten Federführung: TI Ansprechpartnerin: Andrea Wagner E-Mail: [email protected] Dr. Claudia Heidecke E-Mail: [email protected] Thünen-Institut für Ländliche Räume (TI-LR) Biomasseproduktion und Klimaschutz Es zeigt sich bereits heute, dass durch die Substitution von traditionellen durch neue Pflanzensorten eine Anpassung an den Klimawandel stattfindet. Der damit einhergehende Beitrag zum Klimaschutz ist jedoch gering. Im Zuge der Förderung erneuerbarer Energien wurde unter anderem die energetische Nutzung von Biomasse forciert. Über acht Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland werden bereits heute durch Biomasse gedeckt.26 Dieser Anteil soll bis 2050 auf 23 Prozent gesteigert werden. Insbesondere Energiemais hat ein großes Anbaupotenzial bei hoher Energieausbeute. Die fortschreitende Zunahme der Anbauflächen kann, durch den damit einhergehenden Anfall von Gärresten und deren Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Flächen, durch hohe Stickstoffeinträge zu Nährstoffbelastung und Eutrophierung führen. Im Fokus aktueller Studien stehen zunehmend Alternativkulturen zum Energiemais, wie zum Beispiel die Durchwachsene Silphie (Silphie) und das Riesenweizengras (Szarvasi). Diese Kulturen sind für den Anbau im Ostseeraum geeignet, weisen ein hohes Anpassungspotenzial an die erwarteten Klimaänderungen auf und können weitgehend mit etablierten Verfahren angebaut werden. Sie zeigen somit für die Zukunft marktwirtschaftliche Potenziale. Als Dauerkulturen mit vergleichsweise niedrigen Emissionen sind sie zudem für den Klima- und Gewässerschutz relevant. Die Anbauoptionen im Ostseeraum sowie die bis 2021 erwartbaren ökonomischen und ökologischen Potenziale dieser Kulturen werden in 26 Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) (Hrsg.) (2013): Basisdaten Bioenergie Deutschland – August 2013, Bestell-Nr. 469, Rostock. 74 RADOST-Jahresbericht 2014 Szenario-Berechnungen ermittelt und im Vergleich zur Entwicklung anderer Kulturen, wie Silomais und Weizen, bewertet. Als Anbauoption mit sehr hohem Klima- und Naturschutzpotenzial werden zudem Kurzumtriebsplantagen (KUPs) und Paludikulturen (u. a. Schilf, Rohrglanzgras, GroßSeggen) in die Analysen integriert. Sie bieten alternative Nutzungsoptionen zur Brennstoffgewinnung auf trockenen oder feuchten Standorten, wie weitere Projekte am Thünen-Institut für Ländliche Räume zeigen, z. B. SynaKli und CC-LandStraD. Darüber hinaus können die Paludikulturen zur Reduktion der bis 2020 tendenziell ansteigenden Lachgas(N2O)-Emissionen27 beitragen. Abbildung 48: Mais auf dränierten Moorböden Abbildung 49: Kurzumtriebsplantage auf Acker Anbauflächenpotenziale der neuen Biomassekulturen Für die neuen Kulturen wurden anhand der Standortansprüche an den Boden und die Wasserversorgung sowie klimatischer Empfindlichkeiten die maximalen Anbauflächenpotenziale ermittelt. Die Eignungs- sowie Ausschlusskriterien für den Anbau von Silphie und Paludikulturen mit guten Ertragsaussichten sind beispielsweise: Silphie Paludikulturen Flächen aktuell unter Ackernutzung Niederschlag: > 350 mm/a Höhe: < 450 m ü NN Ackerzahl: >25 (auch ertragsarme Böden) sandige bis lehmige Böden mit mäßig bis guter Wasserversorgung, keine Staunässe Flächen aktuell landwirtschaftlich genutzt Niedermoorböden Flächen nicht in folgenden Schutzkulissen: Nationalparks, Naturschutz-, Fauna-FloraHabitat-, Ramsar (Feuchtgebietsschutz)-, Europäische Vogelschutz-Gebiete Die Silphie ist als Dauerkulturen mit niedrigen Standortansprüchen bereits heute für den Anbau auf Grenzertragsstandorten sowie verwinkelten Schlägen und sonstigen Restflächen 27 Henseler, Martin und Rene Dechow (2014): Simulation of regional nitrous oxide emissions from German agricultural mineral soils: A linkage between an agro-economic model and an empirical emission model, In: Agricultural Systems, 124, 70-82. 75 RADOST-Jahresbericht 2014 prädestiniert. Die Bestände vertragen nach der Etablierungsphase zudem ausgeprägte Spätfroste und Hagel sowie Frühsommertrockenheit, die in traditionellen Anbaukulturen erhebliche Ertragseinbußen verursachen können. Aufgrund des geringen Nährstoffbedarfs und des zugleich hohen Nährstoffaufnahmepotenzials ist sie auch für den Anbau auf ökologischen Vorrangflächen, Gewässerrandstreifen und Trinkwasserschutzgebieten geeignet. Der niedrige Pflegeaufwand nach der Etablierung und die Bodenruhe reduzieren zudem Treibhausgasemissionen. Den positiven ökologischen Effekten der langfristigen Nutzung stehen jedoch die langjährige Flächenbindung und Rentabilitätsperiode gegenüber. Letztere wirken hemmend auf die Flexibilität und kurzfristigen Gewinnaussichten und somit negativ auf die Akzeptanz der Flächeneigentümer und -Nutzer ein. Es ist davon auszugehen, dass die Silphie zunächst auf ertragsarmen bis mittleren Ackerböden angebaut wird, deren verfügbares Flächenpotenzial 0,63 Millionen Hektar (16 % des Ostseeraumes) beträgt. Das Gesamtflächenpotenzial der ertragreicheren Standorte liegt bei 0,25 Millionen Hektar (6 % des Ostseeraumes) ist nur etwa halb so groß. Auf Marginalstandorten, wie zum Beispiel auf dem Mittelrücken in Schleswig-Holstein (6 % des Ostseeraumes) erbringt die Silphie nur sehr niedrige Erträge, sie könnte jedoch positive ökologische Funktionen erfüllen. Die standortbedingten Anbaupotenziale für Szarvasi sind ähnlich hoch. In welchem Umfang die Flächenpotenziale zukünftig genutzt werden können ist unter vom regionalen Ertragspotenzial sowie der Weiterentwicklung des Saatguts und der Anbautechniken abhängig. Die Anbauflächenpotenziale für Kurzumtriebsplantagen und Paludikulturen sind ebenfalls als gut einzuordnen, ein großer Teil dieser Flächen wird jedoch aktuell als Grünland genutzt. Anbauverfahren, Ertragspotenzial und Kosten Es werden aktuell effiziente Anbau- und Ernteverfahren für den Anbau und die Ernte der neuen Energiepflanzen entwickelt. Auf den bisher meist kleinen Anbauflächen werden aktuell noch unterschiedliche Verfahren erprobt. Die erfolgversprechendsten Verfahrenstechniken wurden als Testverfahren für die Szenario-Analysen ausgewählt und die aufzuwendenden Kosten ermittelt (Tabelle 8). Tabelle 8: Relevante Anbauverfahren der Silphie und Kosten Kosten (€) Anbauphase Verfahren Spezifizierung und eingesetzte Technik Etablierung Anpflanzung mit Becherpflanzmaschine 7 000 Becherpflanzmaschine und Initialbewässerung 7 300 Bänderpflanzmaschine 6 700 Bänderpflanzmaschine und Initialbewässerung 7 000 Direktsaat 1 500 Drillen 1 500 Aussaat durch Anbau im Erntejahr Flächenberäumung Düngung mineralisch 700 organisch 800 reguläre Verfahren 140 In Relation zu den Produktionskosten sind die Ertragspotenziale ein wichtiger Faktor für die ökonomisch Bewertung der jeweiligen Kultur und die damit einhergehenden Einkommensaussichten sowie die Einkommenssicherheit der Landwirte. Die Ertragsbildung kann anhand der ertragswirksamen Standort- und Bewirtschaftungsfaktoren abgeleitet werden. Die die 76 RADOST-Jahresbericht 2014 Silphie kann bei optimaler Bewirtschaftung vergleichbare Erträge wie der Silomais erbringen (Tabelle 9). Tabelle 9: Ertragspotenziale von Energiemais und Silphie im Vergleich Energiemais Ertragspotenzial Silphie niedrig mittel hoch niedrig mittel hoch 38 48 58 43 48 58 Methanertrag (mᵌ/ha) 3 956 4 945 5 934 2 1 3 509 3 832 Stromertrag (kWh/ha) 14 593 18 241 22 890 10 622 12 982 14 163 Wärmeertrag (kWh/ha) 19 129 23 911 28 693 13 923 17 018 18 565 Biomasseertrag (t FM/ha) Datenquelle: KTBL-Datensammlung Energiepflanzen 2012 28 Szenario-Analysen Die Anbauflächenpotenziale sowie die Ertragsaussichten und die Anbauverfahren werden in das Agrarsektormodell RAUMIS integriert. RAUMIS ist ein Agrarund Umweltinformationssystem, das die regionale landwirtschaftliche Landnutzung und Produktion sowie die Effekte politischer Maßnahmen in Deutschland abbildet. Es können darüber hinaus die regionale Anpassung der landwirtschaftlichen Bodennutzung sowie die Einkommensbildung und Nährstoffemissionstrends prognostiziert und bewertet werden. Auch die Wirkungen bestehender politischer Maßnahmen und Strategien sowie neuer Handlungskonzepte können analysiert werden, wie z. B. Maßnahmen zur Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und Meeresschutzrichtlinie bis 2021, oder verschiedene Klimaschutzstrategien. Anhand eines Basis-Szenarios werden die absehbaren Weltagrarmarktentwicklungen sowie die politischen Rahmenbedingungen im Jahr 2021 als Referenzsituation abgebildet. Szenario-Analysen dienen der regional differenzierten Abschätzung der ökonomischen und ökologischen Potenziale. Im Fokus liegen dabei die Effekte auf die Stickstoff- und Phosphoreinträge sowie Treibhausgasemissionen. Hier können durch Synergien zu weiteren Projekten am Thünen-Institut für Ländliche Räume weitere Erkenntnisse zum Klimaschutz genutzt werden. In Anbetracht der Nutzungskonkurrenzen in der Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion gewinnen die Effizienzsteigerung und der Ressourcenschutz zunehmend an Bedeutung. In diesem Kontext können die Alternativkulturen neue Nutzungspotenziale und -konzepte eröffnen. Sie sind aufgrund ihres ökologischen Mehrwertes beispielsweise für den Anbau auf ökologischen Vorrangflächen geeignet. Es wird zudem geprüft, ob sie zukünftig bestehende Maßnahmenprogramme zum Umweltschutz ergänzen könnten. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit den Vorgaben zur Reduktion des Maisanteils in der Biogasproduktion gerecht zu werden und können so das Anbauspektrum erweitern. 28 Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) (Hrsg.) (2012): Energiepflanzen – Daten für die Planung des Energiepflanzenbaus, KTBL-Datensammlung, 2. Auflage, Darmstadt. 77 RADOST-Jahresbericht 2014 Anwendungsprojekt 11: Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie: Bestandsunterstützung Seegras und Blasentang Federführung: LLUR Ansprechpartner: Dr. Ivo Bobsien E-Mail: [email protected] Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) In den letzten Jahrzehnten haben die Bestände des Blasentangs (Fucus vesiculosus) und des Gewöhnlichen Seegrases (Zostera marina) an der deutschen Ostseeküste massiv abgenommen. Die Bestandsrückgänge werden vorwiegend auf eine Abnahme der maximalen Tiefenverbreitung zurückgeführt und meist mit reduzierten Lichtverhältnissen als Folge der Überdüngung erklärt. Trotz abnehmender Nährstoffbelastungen und verbesserter Lichtbedingungen hat sich die Bestandssituation des Blasentangs in der südwestlichen Ostsee jedoch nicht verbessert. Die Ursachen dafür sind nicht bekannt. Klimatische Veränderungen könnten für aktuelle Rückgange in der Mecklenburger Bucht verantwortlich sein und eine natürliche Wiederansiedlung der ehemaligen Verbreitungsgebiete verhindern. Innerhalb des Anwendungsprojektes des LLUR wurde der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Untersuchungen zur Bestandsituation, Bestandsstützung und Wiederansiedlung auf den Blasentang und auf das RADOST-Fokusgebiet Lübecker Bucht ausgerichtet. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen umfassten die bekannten Blasentangbestände nur wenige kleine Restvorkommen in direkter Ufernähe bis in maximal 1,5 m Wassertiefe und Informationen über die Pflanzenbesiedlung beschränkten sich meist auf Wassertiefen unter 3 m. Zudem lagen keine Daten bezüglich der Makrophytenverbreitung im Bereich der südlichen Lübecker Bucht vor. Vom Steinriff vor dem Brodtener Steilufer existieren dagegen historische Nachweise des Blasentangs aus Wassertiefen bis 10 m (siehe 2. RADOST-Jahresbericht). Zum anderen wurden im Zuge der Steinfischerei große Mengen Hartsubstrate aus der Lübecker Bucht, insbesondere vom Steinriff vor Brodten, entnommen29. Deshalb war nicht bekannt, ob ausreichende Dichten geeigneter Siedlungssubstrate auch in größeren Tiefen für den Blasentang vorhanden waren. Der folgende Text verknüpft die wesentlichen Resultate der bereits erfolgten Untersuchungen mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Arbeiten von Februar 2013 bis Januar 2014. Die Darstellungen umfassen abschließende Auswertungen erhobener Daten, Video-Kartierungen in der Lübecker Bucht, Laboruntersuchungen zu klimatischen Einflüssen auf die Blasentangbestände in der Ostsee sowie Freilandexperimente zur Wiederansiedlung des Blasentangs und zu den Ursachen der Bestandsrückgänge in der Lübecker Bucht. 29 Bock, G (2003): Quantifizierung und Lokalisation der entnommenen Hartsubstrate vor der Ostseeküste Schleswig-Holsteins. – Landesamt für Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein, unveröffentlichter Bericht, pp. 31 78 RADOST-Jahresbericht 2014 Bestandssituation des Blasentangs und Habitatcharakteristika in der Lübecker Bucht Zunächst kartierte die Firma MariLim die Pflanzenbestände und Sedimente der südlichen Lübecker Bucht bis in 3 m Wassertiefe (RADOST-Veröffentlichung: Wilken und Meyer 2010)30. In der Untersuchung wurden ausgedehnte küstenparallele Seegraswiesen und verschiedene Makroalgen gefunden. Blasentange konnten jedoch nicht nachgewiesen waren, obwohl ausreichende Mengen und Dichten geeigneter Siedlungssubstrate vorhanden waren. Die rezenten Verbreitungsdaten von Seegras und Blasentang wurden dann für die Lübecker Bucht neu zusammengestellt und ausgewertet (siehe 3. RADOST-Jahresbericht). In einem weiteren Schritt untersuchte das Geologische Institut der Christian-AlbrechtsUniversität zu Kiel die Sediment-Beschaffenheit des Meeresbodens vor dem Brodtener Ufer in der Lübecker Bucht mit einem Side-Scan Sonar. Ziel war es, die Vorkommen, Verteilung und Menge an geeigneten Siedlungssubstraten für den Blasentang zu ermitteln. Die Sedimentstruktur wurde auf einer Fläche von 18 km2 im Tiefenbereich zwischen 4,0 m und 12,0 m aufgenommen. Ergänzend wurden Daten über Hartsubstratvorkommen entlang der deutschen Ostseeküste ausgewertet und in GIS-Anwendungen eingebunden. Zusammen mit ökologisch relevanten Parametern (Wasserqualitätskomponenten nach der Wasserrahmenrichtlinie) wurden die Daten im projekteigenen GIS veröffentlicht (siehe 4. RADOST-Jahresbericht und http://www.vpsserver1.de/tatukgis_is/radost_webgis/gis.aspx). Entgegen den Erwartungen konnten auf der Abrasionsplattform vor dem Brodtener Ufer Gerölle (Durchmesser 6,3 bis 20 cm) und Blöcke (Durchmesser > 20 cm) unterschiedlicher Dichten nachgewiesen werden. Erosionsprozesse hatten eiszeitliches Gesteinsmaterial aus dem Sedimenten freispült und so zu einer Regeneration der Steinfelder beitragen (siehe auch 2. RADOST-Bericht und RADOST-Veröffentlichung: Schwarzer und Feldens 2010)31. Video-Inspektion ausgewählter Hartsubstrate im Fokusgebiet Lübecker Bucht Abschließend wurden gezielt Hartsubstratvorkommen als mögliche Orte für eine zukünftige Besiedlung durch Blasentange in der Lübecker Bucht visuell inspiziert und beurteilt. Ferner bestand dadurch die Möglichkeit, unbekannte Blasentangbestände in Wassertiefen >3 m ausfindig zu machen. Dazu wurden aus den Seitensichtsonar-Aufnahmen 63 geographische Positionen mit dichten Vorkommen von großen Steinen und Blöcken in 4 bis 12 m Wassertiefe identifiziert (http://klimzug-radost.de/fakten/daten/karten/indikatoren-zurgewaesserqualitaet und RADOST-GIS). Am 28. und 29. Mai 2013 wurden dann im Rahmen einer Ausfahrt mit der MS Haithabu, dem Mess- und Laborschiff des LLUR, 21 Positionen mit besonders umfangreichen Steinvorkommen angefahren und mit einem Video-Tauchroboter näher inspiziert (Abbildung 50). 30 Wilken, H., Meyer,, T., 2010.Kartierung mariner Pflanzenbestände im Flachwasser der Lübecker Bucht (2010). RADOST-Abschlussbericht für das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, pp. 23 31 Schwarzer, K., Feldens, P., 2010. Seitensichtsonar-Kartierung der Abrasionsplattform seewärts des Brodtener Ufers (Lübecker Bucht). RADOST-Abschlussbericht für das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, pp. 20 79 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 50: Seitensichtsonaraufnahme der Sedimentbeschaffenheit vor dem Brodtener Ufer in der Lübecker Bucht. Die dunkleren Bereiche repräsentieren festere, die helleren Bereiche weichere Sedimente. Die Positionen und Häufigkeitsangaben von Hartsubstraten (Blöcke) sind durch Dreiecke gekennzeichnet. Die roten Kreise markieren die Positionen die 2013 eingehender untersucht wurden. Schiffsdrift und Videospur sind schwarz eingezeichnet. Der Tauchroboter des LLUR (ROV – Remotely operated vehicle) verfügt über einen eigenen Antrieb und eine integrierte Videokamera. Über ein Versorgungs- und Steuerungskabel wurde das ROV vom driftenden Schiff über (oder möglichst dicht an) die ausgesuchten Positionen gesteuert (Abbildung 50). Besonderes Interesse galt weitläufigen möglichst dichtliegenden Steinvorkommen. Gleichzeitig wurden Filmaufnahmen angefertigt und wenn möglich mit einer Lasermessvorrichtung die Ausmaße einzelner Blöcke bestimmt. Mithilfe der Videoaufnahmen konnte auch die Bedeckung des Meeresbodens mit Steinen abgeschätzt und der Bewuchs des Sedimentes charakterisiert werden. Als Geröllfelder bzw. Blockfelder wurden Flächen bezeichnet, bei denen der Abstand der einzelnen Steine zueinander weniger als 10 m beträgt. Die maximale Bedeckung wurde mithilfe einer fünfstufigen Schätzskala abgeschätzt (<10%; 10%-25%; 25%-50%; 50%-75%; >75% Bedeckung). Auswertung der Videoaufnahmen Zwischen 4 und 8 Wassertiefe dominierten zum Zeitpunkt der Untersuchung fädige Algen, meist Braun und Grünalgen (Eutrophierungsanzeiger). Sie bedeckten in einigen Abschnitten den gesamten Meeresboden und wuchsen auch zwischen Seegraspflanzen und auf Miesmuschelbänken (Abbildung 51 und Abbildung 52). Die Beurteilung der Sedimente und der Besiedlung des Meeresbodens wurde durch den dichten Fadenalgenbewuchs erschwert und teilweise unmöglich gemacht. Miesmuscheln waren besonders zahlreich. Sie siedelten vorwiegend auf Steinblöcken, teilweise aber auch direkt auf sandigem Untergrund (Abbildung 52). 80 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 51: Block von ca. 60 cm Durchmesser mit Miesmuschel und Fadenalgen bewachsen auf Kies-Sandboden mit Schill (links). Seegraswiese mit dichtem Bewuchs fädiger Algen (rechts). Station 5, ca. 4,5 m Wassertiefe Abbildung 52: Blöcke von ca. 50 cm Durchmesser dicht mit Miesmuschel bewachsen auf Sandsediment mit Schill (links). Miesmuschelbank von fädigen Algen überwachsen (rechts). Station 3, ca. 6,0 m Wassertiefe Ab 8 m Tiefe nahmen die Besiedlungsdichten der Miesmuscheln und der fädigen Algen deutlich ab. Rotalgen bestimmten hier zunehmend den Bewuchs auf den Steinen (Abbildung 53 und Abbildung 54). Ab 9 m Tiefe überdeckten artenreichen Rotalgengemeinschaften die Steine. Vereinzelt siedelten in dieser Tiefe auch große Zucker- und Fingertange auf grobem Kies oder auf Muschelschalen (Abbildung 54). Abbildung 53: Sehr dichtes Blockfeld mit diversen Rotalgen. Blöcke teilweise bis 70 cm Durchmesser (links). Lockeres Geröll- und Blockfeld mit Rotalgen und fädigen Braunalgen. Davor Miesmuscheln auf sandigen bis kiesigen Sedimenten mit Schill (rechts). Station 14, ca. 6,7 m Wassertiefe 81 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 54: Lockeres Geröll mit Rotalgen und Zuckertang auf sandig bis grobkiesigem Untergrund (links). Dichtes Blockfeld mit diversem Rotalgenbewuchs. Durchmesser der Blöcke bis ca. 50 cm (rechts). Station 19, ca. 11,5 m Wassertiefe Blasentange konnten an keiner der untersuchten Stationen nachgewiesen werden, obwohl geeignete und ausreichend dichte Siedlungssubstrate bis in 12 m Tiefen vorhanden sind. Blockfelder mit maximal 25% bis >75% Bedeckung wurden auf 9 Stationen festgestellt. Auf 7 Stationen betrugen die Bedeckungen 10% bis 25% und auf 5 Stationen unter 10% (Tabelle 10). Die flächige Ausdehnung einzelner Steinfelder konnten nicht quantifiziert werden. Unter der Annahme, dass sich die Fortpflanzungsstadien des Blasentangs maximal nur 10 m von den Elternpflanzen entfernt ansiedeln können, lagen die Steine an der Mehrzahl der untersuchten Positionen ausreichend dicht, um eine natürliche Vermehrung zu gewährleisten. Zwischen den Steinfeldern schränken ausgedehnte Sandflächen eine natürliche Ausbreitung ein. Die ufernahen Stationen zwischen 2 m und 6 m Wassertiefe, kommen primär für eine Wiederansiedlung in Betracht, weil hier dichte Steinfelder vorhanden sind, die genügend Licht für gute Wachstumsbedingungen versprechen. 82 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 10: Charakterisierung der mit Video untersuchten Stationen seewärts des Brodtener Ufers in der Lübecker Bucht. Sediment: Geröll (G); Geröllfelder (GF); Blöcke (B); Blockfelder (BF); Sand (S). Kies (K), Mergel (M), Schill (SCH). Pflanzen: Gewöhnliches Seegras (Z); Faden-Algen (FA); thallöse Grünalgen (GA); thallöse Rotalgen (RA): Delesseria (D), Furcellaria (F), Phylophora (P); thallöse Braunalgen: Zuckertang (SL), Fingertang (LD). Tiere: Miesmuschel (M); Wattwurm (A), Schwämm (H), Fische (F). häufig (>); sehr häufig (>>); selten (<) Hartsubstrate Tiefe [m] Max. Größe [cm] Bedeckung [%] 1 8,1 60 10-25% >S; GF; BF 2 7,7 40 10-25% >S; lockere vereinz. B GF; 3 6,5 50 10-25% >S; lockere vereinz. B GF; 4 5,0 50 25-50% Dichtes BF; GF; 5 5,4 60 10-25% BF 6 5,3 50 50-75% 7 5,7 50 8 5,6 9 Position Max. Sediment Pflanzen Tiere >FA; RA M >FA M >FA >M >>FA; Z >M; F >FA; GA; Z >M Sehr dichtes, gr. BF >FA; Z M 10-25% Sand; vereinz. gr. B >>FA M 60 25-50% Gr. B; dichte BF u. GF >>FA M 4,9 50 <10% Vereinz. gr. B >>FA; GA <M 10 4,6 50 <10% S; vereinz. B >>FA <M 11 10,0 60 <10% lockeres BF; S; M >FA; GA; SL M 12 7,6 40 >75% Sehr dichtes BF; >S; Sch RA; FA <M; A; H; 13 8,0 70 25-50% weites, dichtes BF; gr. B; >S >RA; FA <M; A; H; 14 8,3 70 >75% Sehr dichtes BF; S; Sch; gr. B div. Bewuchs; RA; <FA M; A; H; F 15 9,6 50 <10% >S; < gr. B u. G; Sch div. Bewuchs; RA; SL; <FA M 16 9,7 40 50-75% Gr. Sehr dichte BF u. GF; >S div. Bewuchs; SL; >RA; <FA M 17 11,2 40 <10% <G; vereinz. gr. B; >S div. RA; >SL; LD M; H 18 12,0 50 25-50% GF; dichte BF; >S SL; div. RA: P; D <M; H; A 19 12,0 50 10-25% GF; vereinz. BF; >S; K; M SL; div. RA: P; F <M 20 12,2 70 10-25% GF; BF; vereinz. gr. B; S; K SL; div. RA: F; P <M 21 12,0 30 25-50% GF; dichte BF; >S; K SL; Div. RA: F; P <M; H; F 83 RADOST-Jahresbericht 2014 Auswirkungen sequentieller Stressoren auf das Entwicklungsstadien des Blasentangs (Fucus vesiculosus) Überleben junger Freilandbeobachtungen deuten darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen den Bestandsabnahmen des Blasentangs und hohen Wassertemperaturen insbesondere in Kombination mit Fraß besteht. Fraß induziert bei erwachsenen Blasentangen die Bildung von Fraßhemmstoffen. Bei jungen Blasentangen (<5 cm) ist die chemischen Abwehr von Fressfeinden nicht bekannt. Sie werden generell als sehr empfindlich gegenüber Fraß im Vergleich mit erwachsenen Blasentangen eingestuft. Die Toleranzen und Auswirkungen hoher Wassertemperaturen auf erwachsene Blasentange sind wissenschaftlich relativ gut untersucht (siehe RADOST-Bericht Nr. 25). Innerhalb des RADOST-Projektes wurde deshalb der wissenschaftliche Fokus auf die jungen Entwicklungsstadien des Blasentangs gerichtet. Die Auswirkungen singulärer und sequentieller Kombinationen gleicher oder verschiedener Stressfaktoren auf Blasentangkeimlinge sollten geprüft werden. In einem ersten Versuchsansatz konnte gezeigt werden, dass sich hohe Wassertemperaturen nachteilig auf die Sommerreproduktion der Blasentange auswirken. Eine Hitzewelle über 4 Tage mit Wassertemperaturen über 25°C erhöhte die Sterblichkeit von Keimlingen gegenüber einer Kontrollgruppe (15°C) fast um das Dreifache. Eine zweite, nachfolgende Hitzewelle veränderte dagegen nicht die Temperaturtoleranz der Überlebenden einer ersten Hitzewelle (siehe 3. RADOSTJahresbericht). In Folgeexperimenten wurde der Frage nachgegangen, ob Fraß eine chemische Abwehr von Fressfeinden bei Jugendstadien des Blasentangs induziert und hohe Wassertemperaturen generell die Bereitschaft zur Fraßabwehr schwächen. Dazu wurden im Labor erzeugte Jugendstadien des Blasentangs (Abbildung 55) bei 15°C und bei 25°C Wassertemperatur gehalten. Abbildung 55: Künstlich reproduzierter Blasentang auf einem Sandsteinwürfel Größe etwa 1 cm. Jeweils eine Hälfte der Keimlingsgruppen kamen kurzfristig mit der Baltischen Meerassel (Idotea baltica), einem in der Ostsee häufigen Fressfeind, in Kontakt. Ein nachfolgender Präferenzversuch sollte Klarheit verschaffen, ob Unterschiede in der „Schmackhaftigkeit“ zwischen den Algen aus vier unterschiedlichen Versuchsansätzen bestehen (Abbildung 56). 84 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 56: Experimenteller Versuchsaufbau T: Pellets mit Blasentangkeimlingen, C: Pellets mit erwachsenen Blasentangen In Präferenzexperimenten wählten die Meerasseln zwischen Nahrungspellets, hergestellt aus den Jugendstadien des Blasentangs der vier Versuchsansätze (15°C und 25°C sowie jeweils mit und ohne vorherigen Räuberkontakt) und erwachsenen Blasentangen (Abbildung 57). Abbildung 57: Fraß-Präferenzversuch mit der Baltischen Meerassel Mit gerasterten Pellets (rechts aus Blasentangkeimlingen, links aus erwachsenen Blasentangen) kann die gefressene Nahrungsmenge quantifiziert werden. Die relativen Fraß-Präferenzen wurden als Chancen-Verhältnis (w) kalkuliert und als Logarithmus von w dargestellt (Abb. 4). Die Ergebnisse zeigten, dass weder der alleinige Temperaturstress noch der sequentiell kombinierte Stress von Temperatur und Fraß bedeutenden Einfluss auf die Fraßpräferenz der Baltischen Meerassel hatte. Erstaunlich war, dass die Meerasseln die Pellets aus Blasentangkeimlingen mieden und fast ausschließlich die Pellets aus erwachsenen Blasentangen konsumierten. Von den Pellets aus temperaturgestressten Keimlingen, die vorher nicht mit Asseln in Kontakt waren, wurden jedoch geringe Anteile konsumiert (Abbildung 58). 85 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 58: Mittelwerte (±95% Vertrauensintervall) der relativen Fraß-Präferenz der Baltischen Meerassel für Nahrungspellets aus Blasentangkeimlingen vier verschiedener Behandlungen und erwachsenen Blasentangen Werte größer Null bedeuten, dass Keimlinge präferiert, Werte unter Null, dass die erwachsenen Blasentange bevorzugt gefressen wurden. Eine Induktion von Fraßhemmstoffen bei Blasentangkeimlingen durch vorherigen Fraß konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Vielmehr scheinen die frühen Entwicklungsstadien grundsätzlich gegen Fraß der Meerassel geschützt zu sein. Die Ergebnisse widersprechen der vorherrschenden wissenschaftlichen Ansicht, dass junge Keimlingsstadien aufgrund geringerer Gehalte fraßhemmender Substanzen erhöhtem Fraßdruck im Vergleich mit erwachsenen Blasentangen ausgesetzt sind. Eine detailliertere und umfassende englischsprachige Darstellung der Versuche ist in der RADOST-Berichtsreihe 25 erschienen. Bestandsstützung und Wiederansiedlung des Fokusgebieten Kieler Bucht und Lübecker Bucht Blasentangs in den RADOST- Aufgrund der enormen ökologischen und ökonomischen Bedeutung sind bestandsstützende Maßnahmen und Initiativen zur Wiederansiedlung des Blasentangs erforderlich. Im Rahmen des RADOST-Projektes wurden Versetzungen mit erwachsenen Blasentangen und Ansiedlungsversuche mit im Labor reproduzierten Blasentangkeimlingen vorgenommen. Ziele war es, das Potential der verschiedenen Entwicklungsstadien für eine Wiederansiedlung an unterschiedlichen Standorten zu testen und den für die Bestandsrückgänge ursächlichen Umweltfaktoren auf die Spur zu kommen. Dazu wurden Blasentange an vier Positionen in der Kieler Förde und an zwei Positionen in der Lübecker Bucht in jeweils ca. 2 m Wassertiefe ausgebracht. In der Kieler Förde lagen die Versuchsstandorte in einem vom Kraftwerk ausgehenden Temperaturgradienten; im näheren Umfeld existierten natürliche Blasentangbestände. Die Standorte in der Lübecker Bucht lagen wind- und wellenexponiert. In direkter Nähe kamen keine Blasentange vor (Abbildung 59). 86 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 59: Positionen der versetzten Blasentange [1-6] und der Keimlinge [4; 5; 6] an den Standorten Kieler Förde (A) und der Lübecker Bucht (B). F: Entnahme Blasentange. S: Entnahme Kontrollsteine An jeder Position wurden je 10 mit Blasentangen bewachsene Steine, 10 nicht bewachsene Kontrollsteine und Backsteine mit Blasentangkeimlingen ausgebracht. Datenlogger zeichneten kontinuierlich Wassertemperatur, Salzgehalt und Lichtintensität auf. Taucher registrierten regelmäßig Überleben, Wachstum, Fraßspuren, Aufwuchs, das Vorkommen von Fressfeinden, natürliche Reproduktion und Sedimentablagerungen. Die Sedimentdynamik (Sandmobilität) wurde mit im Untergrund verankerten Peilstäben abgeschätzt. Unterschiede zwischen den Standorten Die Sterberaten der Blasentange in der Kieler Förde waren deutlich geringer als in der Lübecker Bucht. Positives Wachstum wurde lediglich in der Kieler Förde bei der ersten Kontrolle im Sommer festgestellt. Die erwachsenen Blasentange wurden dort vermehrt von Organismen bewachsen und waren oft mit dünnen Sedimentschichten überzogen. Zudem zeigten Wachstum, Aufwuchs und Sedimentation eine graduelle Tendenz mit einer Zunahme entlang der Positionen 1-4 von der Kieler Innenförde in Richtung Außenförde. In der Lübecker Bucht wurden die versetzten erwachsenen Blasentange nach kurzer Zeit vollständig abgefressen (Brodau) oder komplett von Sand überdeckt (Brodten). Die im Labor erzeugten Keimlinge wuchsen an beiden Standorten gut, wurden dann aber in der Lübecker Bucht vollständig abgefressen. An den Positionen Mönkeberg und Ölberg in der Kieler Förde wird die weitere Entwicklung der juvenilen Blasentange noch bis Sommer 2014 verfolgt. 87 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 11: Fraß, Aufwuchs, Sedimentation, Sedimentdynamik, „Aussaat“ und Wachstum adulter und juveniler Blasentange in der Kieler Förde und der Lübecker Bucht 0=unbedeutend; 1=gering; 2=mäßig; 3=hoch; +=nachgewiesen; -=nicht nachgewiesen, ?=noch unbekannt Aufwuchs Standorte Fraß Pflanzen Tiere Sedimentation Sedimentdynamik natürliche Reproduktion Wachstum 2012 2013 adult juvenil Kieler Bucht GKK Tunnel [1] 1-2 2 2 3 0 - + 1-2 ? Hasselfelde [2] 1-2 3 3 2-3 0 - + 1-2 ? Ölberg [3] 1-2 1 1 1-2 0 + + 2-3 3 Mönkeberg [4] 1-2 2 2 0 0 + + 2-3 3 Brodten[5] 1-2 2 1-2 0 3 - - 1-2 3 Brodau [6] 3 2 1-2 0 1 - + 1-2 2 Lübecker Bucht Einflussfaktoren und saisonale Aspekte - Fraß Die Algen wurden durch Fraß geschädigt und teilweise gänzlich abgefressen. Hautsächlich trat Fraß vom Spätsommer bis in den Winter auf. Die Baltische Meerassel, die Gemeine Strandschnecke und verschiedene Flohkrebsarten wurden als mögliche Verursacher identifiziert. Meerasseln können Blasentange durch Fraß nachhaltig schädigen, wenn andere Nahrung knapp ist. - Aufwuchs Starker Aufwuchs wurde von April bis August mit einem Maximum im Mai und Juni festgestellt. Verschiedene schnellwüchsige Fadenalgen überwucherten die Blasentange. Schwämme, Polypen und Seepocken siedelten auf den Algenoberflächen. Ab August hafteten auch häufiger große Miesmuscheln an den Tangen. Lichtmangel und reduzierter Stoffaustausch hemmen dann das Wachstum und schwächen die Pflanzen. - Sedimentation und Sandmobilität Vom Frühjahr bis in den Sommer lagerten sich die meisten Sedimentpartikel ab. Dünne Schichten bedeckten dann Algen und Substrate. Wachstum und Ansiedlung der befruchteten Keimzellen werden eingeschränkt. Sandumlagerungen waren an extreme Wind- und Wetterereignisse gekoppelt. Komplett von Sand zugedeckt starben die Pflanzen ab. Fazit und Ausblick Fraß, Aufwuchs, Sedimentation und Sandmobilität sind wesentliche Umweltfaktoren, die das Überleben der erwachsenen und juvenilen Blasentange beeinflussen. An den untersuchten Positionen in der Lübecker Bucht wurde die Ansiedlung vornehmlich durch hohe Sedimentdynamik bzw. Fraß verhindert, in der Kieler Förde beschränkten dagegen Aufwuchsorganismen und Sedimentation die Überlebenschancen. Die in Richtung KielerAußenförde abnehmenden Nährstoffbelastungen und der vom Kraftwerk ausgehende 88 RADOST-Jahresbericht 2014 Temperaturgradient könnten die graduelle Tendenz einiger untersuchter Faktoren erklären. Die globale Erwärmung, die hydrologische Veränderungen mit zunehmender Sedimentdynamik an den Küsten verursacht, könnte die Sedimentumlagerungen vor dem Brodtener Ufer forciert haben und damit größere Bereiche mit ungünstige Lebensbedingungen geschaffen haben. Zudem unterstützen hohe Wassertemperturen die negativen Effekte der Überdüngung und fördert u.a. Massenvermehrungen von Konsumenten. An den stärker exponierten Positionen der Lübecker Bucht erscheinen bestandsunterstützende Ansiedlungen demnach weniger erfolgversprechend als in geschützteren Bereichen. Generell erscheinen künstlich erzeugte Keimlinge besser für Bestandsunterstützende Maßnahmen geeignet, weil sie relativ einfach in großer Anzahl reproduziert werden können und bestehende Blasentangpopulationen geschont werden. Ansiedlungen im (Spät-)Herbst erhöhen möglicherweise die Überlebensraten von Blasentangen, weil pflanzlicher und tierischer Aufwuchs zu dieser Jahreszeit abnimmt. Zu diesem Zeitpunkt kann jedoch der Fraßdruck besonders hoch sein, da Fressfeinde sich vornehmlich in den Sommermonaten reproduzieren. Abschließend wird in einem Versuchsansatz mit höher aufgelöster Untersuchungsfrequenz bis Sommer 2014 Zeitpunkt und Ausmaß der Faktoren Aufwuchs und Fraß eingehender beurteilt. Zudem soll der Einfluss der Versetzung selbst (Salzgehaltsänderungen) auf die Konstitution der Blasentange geklärt werden. Anwendungsprojekt 12: Zukunftsstrategien für die Aquakultur – Fokusgebiet Kieler Bucht Federführung: CRM Ansprechpartner: Dr. Peter Krost E-Mail: [email protected] CRM Coastal Research & Management (CRM) Die Arbeitspakete „Zukunftskompass für Fischerei und Aquakultur“ und „Detailplanung für eine zukunftsweisende Aquakultur in der Kieler Förde“ sind abgeschlossen. Eine zusammenfassende Darstellung unter dem Titel „Aquakultur und Klimawandel in der Ostsee“ wurde erstellt und befindet sich in Vorbereitung zur Veröffentlichung in der RADOSTBerichtsreihe. 89 RADOST-Jahresbericht 2014 Anwendungsprojekt 13: Steuerung von Nährstoffeinträgen durch Retentionsbecken Federführung: IGB Ansprechpartner/in: Dr.-Ing. Jörg Steidl E-Mail: [email protected] Dr. rer. nat. Thomas Kalettka E-Mail: [email protected] Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V. Dr. Markus Venohr E-Mail: [email protected] Judith Mahnkopf E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB) Bereits zu Anfang des Jahres 2010 wurde ein Dränsystem unter Ackerflächen ausgewählt, um dort einen Dränteich als RADOST-Anwendungsprojekt für Mecklenburg Vorpommern zu installieren. Ein Dränteich ist ein Retentionsbecken, das zwischen einer Dränanlage und dem Gewässer, das dieser Anlage als Vorflut dient, möglichst landschaftsadäquat angeordnet wird. Bereits vorhandene Geländedepressionen oder Kleingewässer können ebenfalls dafür genutzt bzw. in das Rückhaltesystem einbezogen werden. Das Wasser aus dem Dränabfluss soll mit einer möglichst langen Verweildauer im Teich zurückgehalten werden, um Prozesse der Sedimentation, der Nährstoffakkumulation in der Biomasse sowie der biogeochemischen Stoffumsetzungen für die Nährstoffaufnahme bzw. die Nährstoffentnahme aus den Dränwässern nutzen und fördern zu können. Durchgeführte Arbeiten Die Einrichtung dieses Dränteiches wurde mit dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg Vorpommerns, Abteilung Wasser und dem Wasser- und dem Bodenverband Warnow-Beke, dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V. (ZALF) vorbereitet. Die Organisation dieser Vorbereitung sowie die Planung selbst oblag dem Ingenieurbüro LAWA Güstrow. Im Rahmen des RADOST-Projektes begleiteten die genannten Leibniz-Einrichtungen die Vorbereitung und Planung wissenschaftlich. Dabei konnte auch auf die Erfahrungen von Brandenburger Pilotanlagen zu Dränteichen zurückgegriffen werden.32 Die für den Dränteich geeignete Fläche wurde an dem ausgewählten Standort bei Jürgenshagen als Grünland genutzt. Das Land Mecklenburg Vorpommern bot den Eigentümern dieser Grünlandflächen über die Bodenverwertungs- und Verwaltungs-GmbH 32 AUGUSTIN, J., EHLERT, V., KALETTKA, T., SALTZMANN, J., STEIDL, J., ZANDER, P. (2011): Funktionsnachweise und Bemessungsgrundlagen für naturraumangepasste Anlagen zum Rückhalt von Nährstoffen aus Abflüssen von landwirtschaftlichen Dränsystemen : Schlussbericht 2011, BLE Aktenzeichen 514-33.81/04HS039 [Elektronische Ressource], Müncheberg (Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung). 90 RADOST-Jahresbericht 2014 (BVVG) Ackerflächen zum Flächentausch mit einem Wertausgleich an. Nach Einwilligung der Flächeneigner nahm der Zeitraum bis zur Rechtskräftigung dieses Tausches den längsten Zeitraum in der Vorbereitung in Anspruch. Dadurch konnten die konkreten Ausführungsplanungen erst im dritten Quartal 2013 durch den Wasser -und Bodenverband Warnow-Beke veranlasst werden. Für die Umsetzung standen Fördermittel des Landes Mecklenburg-Vorpommern und des RADOST-Projektes bereit. Neben dem Bau des Dränteiches ging es dabei ebenfalls um die Installation eines Messsystems, das Untersuchungen zur Entwicklung und zur Wirksamkeit des Dränteiches ermöglichen soll. Der Dränteiche wurde mit einer Wiederoffenlegung und Erweiterung eines Teils des im Dränsystem unterirdisch verlegten Baches ermöglicht. Dieser Bach entwässert inzwischen als Rohrleitung eine 92 ha große Dränfläche und hat ein Einzugsgebiet von etwa 130 ha (Abbildung 61). Das Dränsystem wurde Ende der 1980er Jahre installiert. Der Wasser -und Bodenverband Warnow-Beke konnte den Dränteich schließlich im Frühjahr 2013 der Öffentlichkeit vorstellen und bis zum Sommer 2013 mit Restarbeiten fertigstellen (Abbildung 60). Abbildung 60: Blick auf den Dränteich Jürgenshagen. Im Vordergrund ist eine mehrerer Pfahlreihen zu erkennen, die zur Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Dränwässer dienen. Quelle: Steidl et al. 2013 33 33 STEIDL, J., KALETTKA, TH., EHLERT, V., AUGUSTIN, J., ZANDER, P., SALTZMANN, J. E. (2013): Zur Wirkung und Effizienz von Dränteichen auf die Reduktion von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlichen Dränsystemen in Gewässer an Beispielen aus Brandenburg und Vorstellung des Retentionsbeckens Jürgenshagen. Vortrag: 18. Gewässersymposium Landwirtschaft und Gewässerschutz. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Güstrow. URL: http://www.lung.mvregierung.de/dateien/13_steidl_retentionsteiche.pdf 91 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 61: Schematischer Lageplan der Dränanlage mit verrohrtem Gewässer und dem Dränteich Jürgenshagen Quelle: Steidl et al. 2013 34 Im Juli 2013 wurden die Untersuchungen zur Entwicklung und Wirksamkeit des Dränteiches begonnen. Dabei werden Messungen durchgeführt, die eine Analyse der ankommenden und abgehenden Nährstofffrachten ermöglichen sollen. Aber auch ausgewählte teichinterne Prozesse werden beobachtet, um die hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Nährstoffhaushalt des Teiches bewerten zu können. Daraus lassen sich später auch Empfehlungen für die Bewirtschaftung des Teiches ableiten. Diese Untersuchungen werden im Auftrag der Wasser- und Bodenverband Warnow-Beke von der Firma Agrathaer, einer ZALF-Tochter, ausgeführt. Das Land Mecklenburg Vorpommern übernimmt die dabei anfallenden chemischen Analysen ausgewählter Wasserinhaltsstoffe in den Wasserproben aus Landesmitteln (Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Dezernat 600: Wasseranalytik). Am Dränteich werden insgesamt 19 physikalische Größen, wie z. B. Wasserstand, Temperatur und Niederschlag erfasst und in einem Messcontainer vor Ort mittels Datenlogger automatisch registriert. Die ermittelten Durchflüsse am Teichzulauf und Teichablauf werden zur Steuerung von zwei automatischen Wasserprobensammlern genutzt, die jeweils tägliche Mischproben aus dem Drän- und Teichabflusses herstellen. Die Fa. Kiwa Control GmbH nimmt vor Ort in einem Abstand von einer Woche am Zu- und Ablauf des Teiches sowie an den Grundwassermessstellen Wasserproben als Stichproben. Bei jeder Stichprobe werden ebenfalls die physikochemischen Parameter ermittelt. Diese Wasserproben werden zusammen mit denen aus den automatischen Wasserprobensammlern an das Landeslabor übergeben. Ergebnisse Bislang konnte nur ein geringer Teil der Wasserproben hinsichtlich der Wasserinhaltsstoffe und dabei auch nur ein Teil der Parameter analysiert werden. Die Analysen sind in dem normalen Turnus des Labors des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Dezernat 600: Wasseranalytik eingeordnet. Erschwerend kamen Analysegeräteausfälle im Labor im Jahre 2013 hinzu, die erst im folgenden Haushaltsjahr ersetzt werden konnten. 34 STEIDL, J., KALETTKA, TH., EHLERT, V., AUGUSTIN, J., ZANDER, P., SALTZMANN, J. E. (2013): Zur Wirkung und Effizienz von Dränteichen auf die Reduktion von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlichen Dränsystemen in Gewässer an Beispielen aus Brandenburg und Vorstellung des Retentionsbeckens Jürgenshagen. Vortrag: 18. Gewässersymposium Landwirtschaft und Gewässerschutz. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Güstrow. URL: http://www.lung.mvregierung.de/dateien/13_steidl_retentionsteiche.pdf 92 RADOST-Jahresbericht 2014 Deshalb war nur die Verwendung lückenhaft vorliegender Analyseergebnisse für die folgende Ergebnisdarstellung möglich. Stickstoff Die Analyseergebnisse der gewonnenen Wasserproben am Teichzulauf und Teichablauf sind für Nitrat-Stickstoff und Gesamtstickstoff in Abbildung 62 dargestellt. Bis zu den ab Mitte Oktober ansteigenden Dränabflüssen lagen die Stickstoffkonzentrationen zwischen 5 und 8 mg/l. Anschließend waren mit über 12 mg/l deutlich höhere Stickstoffkonzentrationen zu verzeichnen. Trotz der unvollständigen Analyseergebnisse ist dabei bereits eine enge Korrelation zwischen Stickstoffkonzentration und Abfluss erkennbar. Anfänglich konnten Differenzen zwischen den Stickstoffkonzentrationen im Dränabfluss und denen im Teichabfluss von bis zu 6 mg/l bei Nitrat-Stickstoff bzw. 7 mg/l bei Gesamtstickstoff beobachtet werden. Die Stickstoffkonzentrationen im Teichabfluss lagen meist unter 2 mg/l. Durch die geringen Dränabflüsse waren langen Aufenthaltszeiten des Dränwassers im Teich möglich, wobei mit den Wassertemperaturen von deutlich über 15 °C gute Bedingungen für die Entwicklung der Teichvegetation und damit für den Stickstoffverbrauch durch die Pflanzen und die Denitrifikation sowie für die Sedimentation stickstoffhaltiger Schwebstoffe gegeben waren. Die Sedimentation größerer Partikel kann ausgeschlossen werden, da die Wasserprobenentnahme am Ablauf des zwischen dem Dränauslauf und dem Teicheinlauf geschalteten Sandfangs erfolgt. Beim Rückgang der Wassertemperatur unter 15 °C ab Ende September reduzierte sich der Stickstoffverbrauch durch Aufnahme in Makrophyten und die Denitrifikation offensichtlich, so dass die Differenzen zwischen den Stickstoffkonzentrationen im Dränabfluss und denen im Teichabfluss deutlich abnahmen. Abbildung 62: Nitrat-Stickstoff (ln) und Gesamtstickstoff (re) im Dränabfluss (ZuSampler – tägliche Mischproben, ZuTeich – Stichproben) und im Teichabfluss (AbSampler – tägliche Mischproben, AbTeich – Stichproben) sowie Dränabfluss und mittlere Teichwassertemperaturen Phosphor Die bislang vorliegenden Analysenergebnisse der gewonnenen Wasserproben am Teichzulauf und Teichablauf für Orthophosphat-Phosphor und Gesamtphosphor sind in der Abbildung 63 dargestellt. 93 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 63: Ortho-Phosphat-Phosphor (ln) und Gesamt-Phosphor (re) im Dränabfluss (ZuSampler – tägliche Mischproben, ZuTeich – Stichproben) und im Teichabfluss (AbSampler – tägliche Mischproben, AbTeich – Stichproben) sowie Dränabfluss und mittlere Teichwassertemperaturen War anfänglich noch ein Rückgang bis Ende September zu verzeichnen, erreichten die Ortho-Phosphat-Phosphor-Konzentrationen mit steigenden Dränabflüssen ab Oktober wieder das Niveau zu Beginn der Untersuchungen. Die des Gesamtphophors blieb jedoch etwas darunter. Die Phosphorkonzentrationen im Teichabfluss lagen ebenso wie des Stickstoffs unter denen im Dränabfluss, was ebenfalls mit der Aufnahme des Phosphors durch die Teichpflanzen und der Sedimentation phophorhaltiger Schwebstoffe im Teich erklärt werden kann. Abfiltrierbare Stoffe Wie zu erwarten trat nach Fertigstellung des Dränteiches eine Trübung des Wassers durch suspendierte Partikel auf. Der daran gebundene Phosphor rief eine Algenblüte hervor. Diese als abfiltrierbare Stoffe gemessene Trübung ging bis Ende Juli schnell zurück (Abbildung 64). Die im Weiteren beobachtete Konzentration der abfiltrierbaren Stoffe weist eine Korrelation mit dem Gesamt-Phosphor auf. Am 24.9.2013 zeigte sich eine starke Erhöhung der Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen im Zufluss aus der Dränung, die kurzzeitig zum 01.10.2013 zu einer Erhöhung der Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen und Phosphor im Abfluss aus dem Teich führte. Dieses Ereignis korrelierte jedoch nicht mit einer Erhöhung des Durchflusses aus der Dränung. Im weiteren Verlauf zeigten sich noch weitere kurzzeitige, wenn auch deutlich geringere Erhöhungen der gemessenen Konzentrationen von abfiltrierbaren Stoffen und Phosphor im Zu- und Ablauf des Teiches. Diese gingen in diesen Fällen mit einer Erhöhung der Durchflüsse einher. Überwiegend waren jedoch die Konzentrationen im Abfluss des Teiches geringer als im Zufluss. Am 22.10.2013 wurde ein Extremereignis der Trübung des Wassers im Dränteich durch Stoffeinträge aus der Dränung beobachtet (Abbildung 65). Die an diesem Tag mit 2,2 mg/l im Zufluss und 1,4 mg/l im Abfluss des Teiches gemessenen Konzentrationen an abfiltrierbaren Stoffen waren jedoch noch nicht die höchsten der gemessenen Konzentrationen. Offensichtlich ist der Dränzufluss durch kurzzeitig sehr hohe Stoffeinträge aus Bodenerosion durch Anschluss von offenen Nassstellen und Gräben an das Dränsystem beeinflusst. 94 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 64: a) Abfiltrierbare Stoffe im Dränabfluss (ZuTeich – Stichproben) und im Teichabfluss (AbTeich – Stichproben) sowie Dränabfluss und mittlere Teichwassertemperaturen b) Abfiltrierbare Stoffe und Gesamt-Phosphor im Teichzufluss und Teichabfluss Abbildung 65: Trübung durch Stoffeinträge aus dem Dränzufluss am 22.10.2013 Fotos: Kiwa Control GmbH Makrophyten-Vegetation Zu den zwei Terminen der Kartierung der Makrophyten am 7.-8.8.2013 und 26.11.2013 wurden 16 Arten erfasst. Die Liste der ermittelten Arten und ihre Herkunft ist in Tabelle 12 dargestellt. Die Anzahl der erfassten Arten war zu beiden Terminen fast identisch. Beim zweiten Termin fehlten der Gewöhnliche Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis), die Große Teichrose (Nuphar lutea) und die Kleine Wasserlinse (Lemna minor). Neu hinzu kamen der Gewöhnliche Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica) und die Brunnenkresse (Nasturtium officinale). Bis auf den Wasserhahnenfuß hatten die Arten einen sehr geringen Deckungsgrad. Der Wasserhahnenfuß hat sein Optimum im Frühjahr bis Sommer und war daher im Herbst nicht zu beobachten. Bis zur Kartierung des Ausgangsstatus am 7.-8.8.2013 hatte sich die gepflanzte aquatische Makrophyten-Vegetation im vorderen, tieferen Teil des Dränteiches bereits sehr gut entwickelt (Abbildung 66). Das Einsetzen von Schilf (Phragmites australis) aus einem Torfstich zur Etablierung einer Schilfzone im hinteren, flacheren Teil des Dränteiches war dagegen nicht erfolgreich. Die Pflanzdichte war zu gering und die Schilfwurzeln schwammen auf, weshalb sie mit Querbalken gegen Abtreiben gesichert werden mussten (Abbildung 67). Bis zum Herbst starb jedoch ein großer Teil der Triebe der schwimmenden Schilfwurzeln ab. 95 RADOST-Jahresbericht 2014 Die amphibische Vegetation war im August zum größeren Teil noch gering entwickelt. Stellenweise zeigten sich jedoch schon dichtere Bestände von Rohr-Glanzgras (Phalaris arundinacea) und Flutendem Schwaden (Glyceria fluitans) (Abbildung 68). Bis zum zweiten Kartierungstermin am 26.11.2013 entwickelten sich bereits deutliche flächenhafte Bestände sowohl in der aquatischen als auch in der amphibischen Zone. Hierbei stieg der gesamte Deckungsgrad der Makrophyten von 4,16 % auf 26,59 % (Tabelle 13). 08.23.2013 08.08.2013 .10.2013 .10.2013 29.10.2013 29.10.2013 .10.2013 .10.2013 08.08.2013 04.09.2013 .10.2013 .10.2013 Abbildung 66: Entwicklung der gepflanzten aquatischen Vegetation 96 RADOST-Jahresbericht 2014 12.12.2013 24.09.2013 .10.2013 Abbildung 67: Entwicklung des gepflanzten Schilfes 08.08.2013 08.08.2013 .10.2013 .10.2013 29.10.2013 12.12.2013 .10.2013 .10.2013 Abbildung 68: Entwicklung der amphibischen Vegetation 97 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 12: Liste und Herkunft der kartierten Makrophyten Kartierungs-Nr. Wiss. Artname Deutscher Artname Zone Herkunft 1 Persicaria amphibium (L.) Delarbre Wasserknöterich aq Pflanzung aus Anzucht UTL 110 9x9 2 Potamogeton lucens L. Spiegelndes Laichkraut aq Pflanzung aus Anzucht UTL 110 lose a Myriophyllum verticillatum L. Quirliges Tausendblatt aq Pflanzung aus Anzucht UTL 110 lose b Myriophyllum spicatum Ähriges Tausendblatt aq Pflanzung aus Anzucht UTL 110 lose UTL 110 9x9 3 4 Phalaris arundinacea L. Rohr-Glanzgras am natürlich (Standort), Ansaat? 5 Chara spec. Armleuchteralge aq natürlich (Standort) 6 Glyceria fluitans (L.) R. Br. Flutender Schwaden am natürlich (Standort), Ansaat? 7 Ranunculus aquatilis L. Gew. Wasserhahnenfuß aq Pflanzung aus Anzucht 8 Phragmites australis (Cav.) Trin. ex Steud. Gew. Schilf am, aq natürlich (Standort), Pflanzung aus Torfstich 9 Carex acutiformis Ehrh. Sumpf-Segge am natürlich (Standort), Ansaat? 10 Sparganium emersum Rehmann Einfacher Igelkolben aq natürlich (Standort), Pflanzung aus Torfstich 11 Alisma plantago-aquatica L. Gew. Froschlöffel am, aq natürlich (Standort), Pflanzung aus Torfstich 12 Nuphar lutea (L.) Sibth. et Sm. Große Teichrose aq Pflanzung aus Torfstich 13 Potamogeton crispus L. Krauses Laichkraut aq Pflanzung aus Torfstich 14 Elodea canadensis Michx. Kanadische Wasserpest aq Pflanzung aus Torfstich 15 Lemna minor L. Kleine Wasserlinse aq natürlich (Standort), Pflanzung aus Torfstich 16 Nasturtium officinale Brunnenkresse am natürlich (Standort) 98 Firma Anzahl Größe RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 13: Berechnung des Deckungsgrades der Makrophyten Gesamtfläche = 3725 m² KartierungsNr. Wiss. Artname Kartierung 7.8.2013 Deutscher Artname Zone Anzahl Punkte Kartierung 26.11.2013 Fläche Punkte a 0,25 m2 Deckungsgrad m² Anzahl Punkte Fläche Punkte % a 0,25 m2 Anzahl Polygone Fläche Punkte + Polygone Fläche Polygone m² Deckungsgrad m² m² % 1 Persicaria amphibium (L.) Delarbre Wasserknöterich aq 164 41,00 1,10 159 39,75 49 3,06 42,81 1,15 2 Potamogeton lucens L. Spiegelndes Laichkraut aq 43 10,75 0,29 1 0,25 3151 196,94 197,19 5,29 3 Myriophyllum spec. Tausendblatt aq 46 11,50 0,31 3 0,75 1912 119,50 120,25 3,23 4 Phalaris arundinacea L. Rohr-Glanzgras am 66 16,50 0,44 2 0,50 660 41,25 41,75 1,12 5 Chara spec. Armleuchteralge aq 7 1,75 0,05 0 0,00 383 23,94 23,94 0,64 6 Glyceria fluitans (L.) R. Br. Flutender Schwaden am 116 29,00 0,78 4 1,00 6704 419,00 420,00 11,28 7 Ranunculus aquatilis L. Gew. Wasserhahnenfuß aq 23 5,75 0,15 18 4,50 0 0,00 4,50 0,12 8 Phragmites australis (Cav.) Trin. ex Steud. Gew. Schilf am, aq 87 21,75 0,58 6 1,50 769 48,06 49,56 1,33 9 Carex acutiformis Ehrh. Sumpf-Segge am 27 6,75 0,18 5 1,25 336 21,00 22,25 0,60 10 Sparganium emersum Rehmann Einfacher Igelkolben aq 8 2,00 0,05 2 0,50 47 2,94 3,44 0,09 11 Alisma plantago-aquatica L. Gew. Froschlöffel am, aq 5 1,25 0,03 0 0,00 81 5,06 5,06 0,14 12 Nuphar lutea (L.) Sibth. et Sm. Große Teichrose aq 6 1,50 0,04 0 0,00 0 0,00 0,00 0,00 13 Potamogeton crispus L. Krauses Laichkraut aq 17 4,25 0,11 0 0,00 60 3,75 3,75 0,10 14 Elodea canadensis Michx. Kanadische Wasserpest aq 3 0,75 0,02 2 0,50 577 36,06 36,56 0,98 15 Lemna minor L. Kleine Wasserlinse aq 2 0,50 0,01 1 0,25 0 0,00 0,25 0,01 16 Nasturtium officinale Brunnenkresse 0 0,00 0,00 0 0,00 305 19,06 19,06 0,51 155,00 4,16 939,63 990,38 26,59 am Summe: 99 50,75 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 4: Häfen und maritime Wirtschaft Federführung: IÖW Ansprechpartner: Dr. Jesko Hirschfeld E-Mail: [email protected] André Schröder E-Mail: [email protected] Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW) Aktueller Stand der Netzwerkbildung Zur Netzwerkbildung arbeitet das IÖW mit Vertreterinnen und Vertretern von Hafenbehörden, Wasser- und Schifffahrtsämtern und Umschlagsunternehmen zusammen. Die Treffen mit den Netzwerkvertretern werden genutzt, um spezifische Herausforderungen, denen sich die Hafenstandorte stellen, zu erörtern und um Erfahrungen mit Anpassungsmaßnahmen auszutauschen. Ein weiterer Bestandteil der Netzwerkarbeit ist die Teilnahme an und Präsentation von Projektergebnissen in Form von Vorträgen und Postern auf Workshops und Konferenzen zum Thema „Häfen“. Arbeitspaket 1.5: Koordination der Erarbeitung von Anpassungskonzepten für Häfen und Infrastruktur Der Klimawandel wird vielfältige Auswirkungen auf die deutschen Ostseehäfen und die Seeschifffahrt haben. Für die maritime Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist Meeresspiegelanstieg. Dieser geht mit der Erderwärmung einher und wird sich im Laufe des 21. Jahrhunderts den aktuellen Ergebnissen der Klimamodelle zufolge weiter beschleunigen wird. Infolge des Meeresspiegelanstieges werden auf Sturmhochwasser von einem zunehmend höheren Ausgangsniveau auflaufen und damit in Zukunft häufiger höhere Scheitelwasserstände erreichen. Im Zuge der Erderwärmung erscheint es zudem plausibel, dass die Zahl der heißen Tage deutlich zu- und die Zahl der Frost- und Eistage deutlich abnehmen werden. Mögliche Änderungen werden auch für das Niederschlagsregime erwartet. Hier könnten ein Rückgang der sommerlichen und eine Zunahme der winterlichen Niederschlagsmengen zu einer Verschiebungen der saisonalen Niederschlagsmengen führen. Ebenfalls möglich erscheint die Zunahme extremer Starkregen- und Windereignisse. Im Folgenden werden Aussagen über potenzielle Anpassungsbedarfe in den deutschen Ostseehäfen getroffen. Daran anschließend wird der idealtypische Ablauf einer Strategieentwicklung beschrieben. Abschließend werden Kriterien für die Entwicklung klimaangepasster Hafenstandorte an der deutschen Ostseeküste vorgestellt. 35 35 Der hier aufgeführte Beitrag zu den potenziellen Anpassungsbedarfen in den deutschen Ostseehäfen, dem idealtypischen Ablauf einer Strategieentwicklung und den Kriterien für die Entwicklung klimaangepasster Hafenstandorte an der deutschen Ostseeküste wird in leicht abgeänderter Form auch veröffentlicht in: Schröder, André und Jesko Hirschfeld (in Vorbereitung): Anpassungsbedarfe und Strategien in der Hafenwirtschaft an der deutschen Ostseeküste. In: Mahammadzadeh et al. (Hrsg.), Anpassung an den Klimawandel von Unternehmen – Theoretische Zugänge und empirische Befunde. 100 RADOST-Jahresbericht 2014 Anpassungsbedarfe in den deutschen Ostseehäfen Für die deutschen Ostseehäfen bergen diese potenziellen Änderungen des Klimas eine Vielzahl von Risiken aber auch von Chancen. Diese betreffen in den Häfen u.a. die Struktur und den Umfang der umzuschlagenden Güter, die Navigation und das Anlegen von Schiffen, den Umschlag und die Lagerung von Gütern, die Gesundheit der sich in den Hafengebieten aufhaltenden Menschen, die natürlichen Schutzgüter im Umfeld der Häfen, die Reputation der Häfen sowie deren Hinterlandanbindung. Im Folgenden wird auf einige Auswirkungen die der Klimawandel potenziell auf diese Handlungsfelder der Häfen haben kann eingegangen. Gütervolumen und -struktur: Art und Umfang des Güterumschlags in den deutschen Ostseehäfen sind stark von der Struktur und dem Umfang des Handels zwischen den Staaten des Ostseeraumes abhängig. Änderungen am Volumen und der Art der gehandelten Güter zwischen diesen Staaten führen sehr wahrscheinlich auch zu Änderungen des Güterumschlags in den deutschen Ostseehäfen. Der Klimawandel könnte sich in den Staaten des Ostseeraumes auf die Produktion, vor allem im land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Sektor auswirken. Nachfrageseitig könnte der Klimawandel unter anderem die Energiewirtschaft und die ihr vorgelagerten Wirtschaftsbereiche beeinflussen. So könnten unter anderem wärmere Winter die Nachfrage nach Mineralölerzeugnissen reduzieren.36 Der Klimawandel wird vermutlich auch Einfluss auf die Bevölkerungsbewegung nehmen. Verschlechtern sich die klimatischen Lebensbedingungen in einer Region, könnte diese Region zunehmend Einwohner und Kaufkraft verlieren. In der Konsequenz sinkt die Bedeutung der Region auch als Absatzmarkt für Seegüter37. Anpassungsbedarf kann für die Hafenstandorte somit hinsichtlich Herkunft, Umfang und Struktur der umzuschlagenden Güter entstehen. Navigation und Anlegen von Schiffen: Die Navigation von Schiffen in den oftmals schmalen und im Tiefgang begrenzten Hafenzufahrten könnte durch den Klimawandel erleichtert, aber auch erschwert werden. Positiv könnte sich der Meeresspiegelanstieg auf den zulässigen Tiefgang der Schiffe auswirken. Es ist denkbar, dass allein durch den Meeresspiegelanstieg zukünftig Schiffe mit einem größeren Tiefgang die deutschen Ostseehäfen anlaufen können38, wohingegen hinsichtlich der Passierbarkeit von Brücken durch den Einschränkungen durch den zunehmenden Meeresspiegelanstieg zu erwarten sind39. Auch die potenzielle Zunahme von Stürmen und hohem Wellengang kann die Navigation sowie das Anlegen der Schiffe erschweren. Um eine Zunahme von Havarien und Verzögerungen im Betriebsablauf zu vermeiden, könnten sowohl bauliche wie organisatorische Maßnahmen in den Häfen und auf ihren seeseitigen Zufahrten erforderlich werden. Umschlag und Lagerung von Gütern: Der Umschlag und die Lagerung von Gütern in den Häfen können vom Klimawandel vielfältig beeinflusst werden. Positive Auswirkungen auf den Güterumschlag können von der Reduktion der Frost- und Eistage sowie der sommerlichen Regentage ausgehen. Auch die tendenziell sinkende Eis- und Schneelast auf den Dächern von Lagerhallen und auf den Freilagerflächen können sich positiv auf den Hafenbetrieb 36 Stenek, Vladimir, Jean-Christophe Amado, Stewart Wright, Richard Washington, Hope Sherwin, Carlos Andrade und Pedroza Arias (2011): Climate Risk and Business Port - Terminal Marítimo Muelles el Bosque Cartagena, Colombia, S. 16. 37 Bailey, Kathleen (2008): Planning for Climate Change Impacts at U.S. Ports. White Paper, S. 8. 38 Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 17. 39 USCCSP (U.S. Climate Change Science Program) (2009): Coastal Sensitivity to Sea-Level Rise: A Focus on the Mid-Atlantic Region – Synthesis and Assessment Product 4.1, S. 17. 101 RADOST-Jahresbericht 2014 auswirken. Hingegen könnten durch den Meeresspiegelanstieg Laderampen außerhalb ihres zulässigen Anstellwinkels geraten und tiefergelegene Kaianlagen dauerhaft überschwemmt und damit unbenutzbar werden. Eine Zunahme der winterlichen Niederschlagsmenge und von Starkregenereignissen kann insbesondere die Verladung von nicht wasserresistenten Gütern, wie zum Beispiel von Papiererzeugnissen, behindern40. Ein Anstieg der Temperaturen kann zu einem schnelleren Verderben von Lebensmitteln führen und erfordern daher einen steigenden Kühlbedarf für verderbliche Güter. Wärmere und trockenere Sommermonate könnten zukünftig bei der Verladung und Lagerung von Kohle und anderen Schüttgütern die Gefahr von Schwelbränden erhöhen41. Die potenzielle Zunahme von starken Winden könnte die Einsetzbarkeit von Kränen und Verladebrücken einschränken42. Ebenfalls droht die Zunahme von Schäden an Gütern sowie Infra- und Suprastrukturen. Menschliche Gesundheit: Der Klimawandel wird wahrscheinlich auch Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. In den Häfen könnten vor allem Personen, die körperlich schwere Tätigkeiten ausführen, durch die voraussichtlich steigende Zahl heißer Tage einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt sein. Insgesamt ist anzunehmen, dass die Arbeitsproduktivität während der heißen Tage in den Häfen sinkt, da Pausen häufiger und länger genommen werden müssen. Hieraus könnte ein zunehmender Verschattungs- und Klimatisierungsbedarf von Arbeitsplätzen in den Häfen entstehen. Zu beachten ist ebenfalls, dass der mögliche Rückgang der sommerlichen Niederschläge die Feinstaubbelastung in den Häfen zukünftig erhöhen kann.43 Starke Winde und Niederschläge können ebenfalls ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die in den Häfen tätigen Personen darstellen. Hieraus kann ein Erfordernis erwachsen, Sicherheitsmaßnahmen für die Beschäftigten in den Hafengebieten anzupassen. Umwelt: Die mögliche Zunahme von starken Winden und Sturmhochwassern erhöht die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schiffshavarien sowie Zerstörungen und Verlusten an Land. Neben den damit verbundenen Sachschäden können bei solchen Ereignissen auch Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Durch den Meeresspiegelanstieg können kontaminierte Böden mit Wasser in Kontakt kommen, mit der Gefahr, dass Schadstoffe in das Oberflächen- und Grundwasser gelangen. Eine ähnliche Gefahr geht ebenso von den potenziell zunehmenden Starkregenereignissen aus. Auch diese können Bodenverunreinigungen schneller und stärker aus den Böden waschen. Zudem können intensive Niederschläge die Abwassersysteme überlasten. In der Folge könnten Filteranlagen überlaufen und/oder versagen. Versicherungen: Die Verwundbarkeit von Infra- und Suprastrukturen sowie Betriebsabläufen in den Häfen gegenüber wetterbedingten Einflüssen spielt für Versicherungsunternehmen eine große Rolle. Nimmt diese Verwundbarkeit bedingt durch den Klimawandel zu, können Versicherungsprämien steigen oder Risiken aus dem Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Beides senkt die Attraktivität des Hafenstandortes für seine Nutzer. Gelingt es 40 Wenzel, Heiko und Niko Treptow (2013): Anpassungsstrategie an den Klimawandel für die zukünftige Entwicklung der öffentlichen Lübecker Häfen - Teil 1: Zukunftsszenarien und Klimarisiken. RADOSTBerichtsreihe, Bericht Nr. 20, S. 34. 41 Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 20–21. 42 Chhetri, Prem, Jonathan Corcoran, Victor Gekara, Brian Corbitt, Nilmini Wickramasinghe, Gaya Jayatilleke, Fatima Basic, Helen Scott, Alex Manzoni und Chris Maddox (2013): Functional resilience of port environs in a changing climate - assets and operations, S. 54. 43 Stenek et al. 2011, a.a.O., S. 20 ff. 102 RADOST-Jahresbericht 2014 einem Hafenstandort, seine klimawandelbedingte Verwundbarkeit besser zu managen als seine Wettbewerber, können ihm daraus konkrete ökonomische Vorteile entstehen. Hinterlandverkehr: Der Hinterlandverkehr umfasst die Beförderung von Gütern zu und den Abtransport von Gütern von den Seehäfen per Straße, Schiene und Binnenwasserstraße. Die Leistungsfähigkeit dieser Verkehrsträger ist somit ein fundamentaler Faktor für die Leistungsfähigkeit eines jeden Hafens. Störungen im Hinterlandverkehr wirken sich unmittelbar auf die Betriebsabläufe im jeweiligen Hafen aus. Auswirkungen des Klimawandels sind auch auf die Hinterlandverkehre der deutschen Ostseehäfen zu erwarten. Positiv könnte sich der mögliche Rückgang von Frost- und Eistagen auswirken, indem Hinterlandtransporte in den Wintermonaten zukünftig zuverlässiger werden. Gleichsam könnte sich durch möglicherweise vermehrt auftretende Sturm-, Hochwasser-, Niedrigwasser- und Starkregenereignisse sowie durch die zunehmende Wahrscheinlichkeit für Böschungsbrände und Oberleitungsschäden infolge häufiger auftretender Hitze- und Trockenperioden die Zuverlässigkeit der Hinterlandverkehre reduzieren.44 Reputation: Die Reputation eines Hafens aus Sicht von Reedereien, Logistikunternehmen, im Hafen produzierenden Unternehmen, Behörden und Verbänden sowie Anwohnern ist ein entscheidender Faktor für die zukünftige Entwicklung des Hafenstandortes. Wie glaubwürdig und vertrauenswürdig sind seine verantwortlichen Akteure in der Vergangenheit aufgetreten und wie zuverlässig und verantwortungsbewusst haben sie gehandelt? Diese Erfahrungen prägen die Reputation eines Hafenstandortes. Wie bereits gezeigt, erwachsen mit dem Klimawandel zusätzliche Handlungserfordernisse in den deutschen Ostseehäfen. Wie die verantwortlichen Hafenakteure mit diesen Herausforderungen umgehen, wird die Reputation des jeweiligen Hafens positiv oder negativ beeinflussen. Die frühzeitige und gründliche Analyse der sich einstellenden Klimarisiken und -chancen sowie ein angemessenes und nachvollziehbares Handeln können die Reputation und die Entwicklung eines Hafens nachhaltig verbessern. Strategieentwicklung für die Anpassung der deutschen Ostseehäfen Um für die oben vorgestellten potenziellen Anpassungsbedarfe konkrete und angemessene Maßnahmen entwickeln und umsetzen zu können, bedarf es einer umsetzungsorientierten Strategie. Eine solche Strategie gibt Methoden, Instrumente, Verfahren und Maßnahmen vor, wie sich die Zielsetzung erreichen lässt. Soweit bekannt, berücksichtigt die Strategie auch Faktoren und Akteure, die der Zielerreichung entgegenstehen. Nachfolgend wird der idealtypische Ablauf einer Strategieentwicklung beschrieben. Phasen der Strategieentwicklung Die Entwicklung von Anpassungsstrategien für die Hafenwirtschaft lässt sich in acht Phasen unterteilen: Phase 1 – Akteursanalyse: Zu Beginn des Prozesses sollte eine grundlegende Akteursanalyse durchgeführt werden, mit der zentrale Akteure identifiziert werden, die in den Prozess der Strategieentwicklung einzubeziehen sind. Diese können über sektor/regionsspezifisches Wissen, Planungs- und Umsetzungskompetenzen verfügen. Dazu zählen u.a. Vertreter von Hafen- und Schifffahrtsämtern und der Hafenwirtschaft. Es sollte analysiert werden, in welcher Beziehung diese Akteure bislang stehen. Gibt es bereits Kooperationen zwischen ihnen, die sich sinnvoll auf die Entwicklung einer gemeinsamen 44 Bailey 2008, a.a.O., S. 4. 103 RADOST-Jahresbericht 2014 Anpassungsstrategie ausweiten lassen? Liegen zwischen einzelnen Akteuren Konflikte vor, ohne deren Lösung eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht möglich ist? Welche Schlüsselakteure müssen in den Prozess mit eingebunden werden, da ohne sie die Entwicklung und Umsetzung der Strategie nicht möglich wäre? Welche Ziele verfolgen die Akteure? Welche Bedenken und Vorbehalte haben sie gegenüber der Entwicklung einer Anpassungsstrategie? Phase 2 – Klimafolgenanalyse: In der zweiten Phase werden alle verfügbaren Daten zur Änderung des Klimas in der Region und die damit verbundenen Folgen gesammelt und aufbereitet. Die vorgeschaltete Akteursanalyse kann hier Akteure benennen, die über regionale Daten zum Klimawandel und dessen Folgen verfügen. Fehlen Daten, müssen diese soweit möglich nacherhoben werden. Die Sammlung und Aufbereitung der regionalen Klimadaten und -folgen ist wichtig, da möglichst konkrete Aussagen es den Akteuren im weiteren Verlauf erleichtern, angemessene Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Phase 3 – Stärken-Schwächen-Analyse: Die Analyse der Ressourcen und Fähigkeiten über die ein Hafenstandort verfügt, bildet die Grundlage für eine Stärken-Schwächen-Analyse. Ziel ist es, im Vergleich zu den Wettbewerbshäfen ehrlich die Kernkompetenzen, Vorteile und Defizite des eigenen Standortes herauszuarbeiten. Neben den üblicherweise zu betrachtenden Faktoren, wie Kapitalausstattung, Qualifikation der Mitarbeiter, Kosten, Kapazität der Verkehrsanbindungen, regionale und Gütergruppen spezifische Diversifizierung, sollten in dieser Analyse auch die Robustheit der Supra- und Infrastrukturen gegenüber klimatischen Einflüssen berücksichtigt werden. Phase 4 – Chancen-Risiken-Analyse: In dieser Phase sollten die in Phase 1 identifizierten, für den Anpassungsprozess wichtigen Akteure auf der Grundlage der aufbereiteten regionalen Klimadaten und -folgen Chancen und Risiken, die sich für die Hafenwirtschaft/ den Hafenstandort aus den möglichen Klimaänderungen ergeben können, identifizieren und bewerten. Nach ihrer Identifizierung folgt die Bewertung der Chancen und Risiken. Hier bietet sich ein strukturiertes Vorgehen an. Zunächst sollte geprüft werden, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Chancen und Risiken sind. Anschließend sollte abgeschätzt werden, wie hoch der Schaden bzw. der Nutzen beim Eintreten des Risikos bzw. der Chance ist. Aus der Verbindung von Eintrittswahrscheinlichkeit mit dem Schadensbzw. Nutzenpotenzial ergibt sich für jedes bewertete Risiko und jede bewertete Chance ein individuelles Risiko-/Chancen-Level. Phase 5 – Leitbildentwicklung: Nun gilt es für die Beteiligten eine gemeinsame Vision von der zukünftigen Entwicklung des Hafens unter Berücksichtigung des Klimawandels zu schaffen. Wie widerstands- und anpassungsfähig gegenüber den potenziellen Klimaänderungen soll der Standort sein? Welche Funktionen müssen beim Eintreten eines Extremwetterereignisses unbedingt aufrechterhalten oder in kürzester Zeit wieder hergestellt sein? Wie könnten sich die Quell- und Zielmärkte der umzuschlagenden Seegüter entwickeln? Wie können sich die verschiedenen Verkehrsträger entwickeln, die den Hafen mit seinem Hinterland verbinden bzw. in direkter Konkurrenz zur Seeschifffahrt und damit zum Hafen stehen? Welche rechtlichen Restriktionen deuten sich für die Zukunft an? Trotz der vielfältigen Wirkungsebenen sollte der Fokus der Leitbildentwicklung jedoch auf dem Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels liegen. Phase 6 – Bestimmung von Handlungsfeldern und Zielen: Auf dem Leitbild aufbauend werden in dieser Phase zunächst die Handlungsfelder identifiziert, denen sich die Anpassungsstrategie vertieft widmen soll. Anschließend werden für jedes Handlungsfeld 104 RADOST-Jahresbericht 2014 Ziele definiert. Sie sollten spezifisch (eindeutig), messbar, attraktiv, realistisch (umsetzbar) und terminiert (Terminvorgabe) sein. Phase 7 – Entwicklung und Bewertung von Maßnahmen: In dieser Phase werden aus den Zielen heraus Maßnahmen entwickelt. Es ist ratsam, spätestens in dieser Phase alle für die Umsetzung der Maßnahmen zuständigen Entscheidungsträger einzubinden. Die Maßnahmen sollten anschließend bewertet, priorisiert und terminiert werden. Es sollten außerdem Methoden, Instrumente und Verfahren benannt werden, mit denen diese Maßnahmen umgesetzt werden sollten. Phase 8 – Erfolgskontrolle: Diese abschließende Phase dient der Überprüfung, ob die geplanten Maßnahmen umgesetzt wurden und ob die anvisierten Ziele mit ihnen erreicht werden konnten. Die Abfolge der hier vorgestellten acht Phasen der Strategieentwicklung ist nicht als zwingend chronologischer Ablauf zu verstehen. Vielmehr wird es im Laufe der Strategieentwicklung zwischen den einzelnen Phasen immer wieder zu Rückkopplungen kommen. Es empfiehlt sich außerdem, die Arbeiten der Phasen 1 und 2 fortzuführen und daraus neu hinzugewonnene Akteure und Erkenntnisse in den laufenden Prozess mit einzubeziehen. Denkbar ist auch, dass einzelne Ziele oder gar das Leitbild neu formuliert werden müssen, wenn sich möglicherweise in der Zwischenzeit Rahmenbedingungen grundlegend geändert haben. Kriterien für die Anpassung von Hafenstandorten Im Folgenden werden Kriterien für die Gestaltung klimaangepasster Hafenstandorte vorgestellt. Sie wurden von Godschalk 2002, 20034546; Birkmann und Fleischhauer 200947; BMVBS und BBSR 200948 und Birkmann et al. 201249 für die Gestaltung resilienter urbaner Systeme und Infrastrukturen entwickelt und im Rahmen dieser Arbeit auf den Bereich der Hafenwirtschaft angepasst. Vorausschauende Planung: Anpassungsplanung sollte vorausschauend ausgerichtet sein. So müssen einige Anpassungen langfristig vorgenommen werden, um ihre Wirkung zu entfalten oder weil ihre frühzeitige Umsetzung kostengünstiger ist. Ohnehin anstehende Instandhaltungs- und Neubaumaßnahmen sollten genutzt werden, um Anpassungen kostengünstig umzusetzen. Vorausschauende Planung beinhaltet auch den Verzicht auf Entwicklungen in besonders vulnerablen Bereichen des Hafengeländes, so zum Beispiel auf besonders tiefgelegenen oder windexponierten Flächen. Vorausschauende Planung widerspricht oftmals der flexiblen Planung, die ein inkrementelles Vorgehen beinhaltet. Hier bedarf es einer einzelfallgerechten Abwägung. Reduktion der Exposition: Eine Verlagerung von Nutzungen und Infrastrukturen aus besonders gefährdeten Bereichen eines Hafens in weniger gefährdete Bereiche kann die Exposition verringern. Mit der Verlagerung von Nutzungen und Infrastrukturen entstehen 45 Godschalk, David R. (2002): Urban Hazard Mitigation: Creating Resilient Cities. Urban Hazards Forum 46 Godschalk, David R. (2003): Urban Hazard Mitigation: Creating Resilient Cities. In: Natural Hazards Review 4, Nr. 3: 136–143 47 Birkmann, Jörn und Mark Fleischhauer (2009): Anpassungsstrategien der Raumentwicklung an den Klimawandel: „Climate Proofing” — Konturen eines neuen Instruments. In: Raumforschung und Raumordnung 67, Nr. 2 (März): 114–127 48 BMVBS und BBSR, Hrsg. (2009): Klimawandelgerechte Stadtentwicklung - Wirkfolgen des Klimawandels 49 Birkmann, Jörn, Jochen Schanze, Peter Müller und Manfred Stock, Hrsg. (2012): Anpassung an den Klimawandel durch räumliche Planung - Grundlagen, Strategien, Instrumente. E-Paper der ARL 12. Hannover 105 RADOST-Jahresbericht 2014 oftmals Kosten- und Akzeptanzprobleme sowie Flächennutzungskonkurrenzen. Mitunter ist eine Verlagerung nicht realisierbar, wenn entsprechende Ersatzflächen fehlen. Diversifizieren: Ein auf wenige Regionen und oder Gütergruppen spezialisierter Hafen trägt ein besonders hohes Risiko. Sollten klimabedingt in Zukunft weniger Güter dieser Regionen oder dieser Gütergruppen gehandelt werden, könnte dies die Existenz des Hafens gefährden. Räumliche Diversifikation setzt auf die Ausbalancierung von Infrastrukturen, Umschlags- und Lagerplätzen. Ein dezentral gegliederter Hafen mit mehreren möglichst eigenständigen Raumeinheiten trägt ein geringeres Risiko einer vollständigen Einstellung des Hafenbetriebes als ein zentral ausgerichteter Hafen. Redundanzen aufbauen: Wie die Diversifikation zielt auch der Aufbau redundanter Systeme auf die Reduktion von Abhängigkeiten. Mehrere funktional vergleichbare Elemente können im Störfall die Störung eher untereinander ausgleichen und damit die Funktion aufrechterhalten als ein System ohne sich im Störfall ersetzender Elemente. Der Aufbau redundanter Strukturen ist jedoch sehr ressourcenintensiv und widerspricht somit den Grundsätzen des effizienten Ressourceneinsatzes. Robustheit herstellen: Generell lassen sich alle vom Menschen geschaffenen Strukturen robuster und damit weniger anfällig gegenüber dem Klimawandel machen. So kann Schäden an Supra- und Infrastrukturen durch veränderte Bauweise und intelligente Anordnung besser vorgebeugt werden. Ein Beispiel hierfür sind schwimmende oder angehobene Gebäude. Effizienter Ressourceneinsatz: Der effiziente Einsatz von Ressourcen ist in mehrerer Hinsicht von Vorteil. Das Erreichen eines Zieles mit minimalem Mitteleinsatz ist ökonomisch vorteilhaft, denn es bindet nur die wirklich notwendigen Ressourcen. Der Hafenstandort behält damit möglichst viele Ressourcen zur freien Verfügung für das Erreichen weiterer Ziele oder für die Reaktion auf plötzlich auftretende Schadensereignisse, verursacht zum Beispiel durch extreme Wetterereignisse. Ein sparsamer Umgang mit den Ressourcen reduziert zudem die Umweltbelastungen. Synergien nutzen: Möglicherweise lassen sich Anpassungen kostengünstig umsetzen, wenn sie weitere Funktionen übernehmen und sich dadurch ihr Nutzen beziehungsweise ihre Wirtschaftlichkeit erhöht. Dachbegrünungen beispielsweise übernehmen eine Kühlfunktion für das Gebäude sowie seine direkte Umgebung. Insbesondere in besonders warmen Perioden kann dies die Kosten für die Raumklimatisierung dämpfen oder gar die Arbeitsproduktivität erhalten. In niederschlagsreichen Perioden wird der Abfluss des Niederschlags verzögert und Abflussspitzen in der Regenwasserkanalisation können gedämpft werden. Flexibilität bewahren: Angesichts der Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Klimas aber auch der ökonomischen, politischen und weiteren Rahmenbedingungen, erscheint es zudem sinnvoll, eine stets ausreichende Flexibilität zu bewahren. Auf bislang unbekannte Entwicklungen kann ein flexibles System deutlich besser reagieren als ein System mit starren Strukturen. Durchzuführende Maßnahmen sollten somit umkehrbar sein und nicht selbst zu Problemen werden. Fazit und Ausblick Die oben dargestellten potenziellen Anpassungsbedarfe machen deutlich, wie breit das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten in den deutschen Ostseehäfen im Verlauf dieses Jahrhunderts werden kann. Von einfachen Anpassungen der Betriebsabläufe bis hin zu kostenintensiven Investitionsmaßnahmen ist vieles denkbar. Jedoch werden die Anpassungsbedarfe nicht in allen Häfen im selben Umfang entstehen. Es 106 RADOST-Jahresbericht 2014 ist daher zwingend notwendig, die individuelle Verwundbarkeit eines jeden Hafens zu überprüfen und eine standortspezifische Anpassungsstrategie zu entwickeln. Der vorgestellte Ablauf einer Strategieentwicklung für die deutschen Ostseehäfen und die Kriterien für die Gestaltung klimaangepasster Hafenstrukturen sollen im letzten Projektjahr mit Vertretern von Infra- und Suprastrukturbetreibern in den deutschen Ostseehäfen diskutiert und konkretisiert werden. Anschließend sollen Bausteine einer Anpassungsstrategie konzipiert werden, die der unterschiedlichen Betroffenheit und den unterschiedlichen Ausgangssituationen in den deutschen Ostseehäfen Rechnung tragen. Anwendungsprojekt 14 „Anpassungsstrategie für den Lübecker Hafen“ Ansprechpartner: Heiko Wenzel E-Mail: [email protected] Competence in Ports and Logistics (CPL) Nachdem in den vorangegangenen Projektphasen herausgearbeitet wurde, welche sich ändernden Klimaparameter besonders prägnante Einflüsse auf den Hafenbetrieb in der Region Lübeck haben werden, wurde der Anpassungsbedarf zum Abschluss der Untersuchungen auch monetär bewertet. Die Parameter, welche als besonders bedeutsam identifiziert wurden, waren die Zunahme der Sturmintensitäten in den Wintermonaten und der ansteigende Meeresspiegel von 18 – 130 cm bis zum Jahr 2100. Für die Erhöhung der Windgeschwindigkeiten weisen die Terminals des öffentlichen Lübecker Hafens momentan eine gute Anpassung auf. Unbedeutende Schäden an Luken und Hallentoren, die während der Stürme des Jahres 2013 zu verzeichnen waren, lassen eine vorsorgliche Überprüfung einzelner Elemente dennoch ratsam erscheinen. Der Anstieg des Meeresspiegels kann für einige Bereiche der öffentlichen Lübecker Häfen negative Folgen haben. Für die drei Terminals Skandinavienkai, Vorwerker Hafen und Schlutupkai II wurden anhand von Höhenplänen die Anfälligkeiten gegenüber einem Meeresspiegelanstieg identifiziert. Als Bemessungsgrundlage für die Terminals in den öffentlichen Lübecker Häfen dient die Definition einer Sturmflut, die für den Bereich Lübeck auf eine Höhe von 1,7 m festgelegt wurde. Zusätzlich sind Wellenhöhen von bis zu 60 cm zu berücksichtigen. Die notwendige Mindesthöhe von Hafenbetriebsflächen sollte somit bei 2,3 m NN liegen. Am Terminal Schlutupkai II ist eine durchgängige Höhe von über 3 m festzustellen, somit kann das Terminal als sicher gegenüber Hochwassergefahren der nächsten Jahrzehnte angesehen werden. Der Skandinavienkai weist eine durchschnittliche Höhe der Kaimauern von 2,5 m auf. Eine momentane Hochwassersicherheit ist gegeben. Je nach der Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs sind zukünftige Anpassungen erforderlich. Als kritisch ist hingegen die Situation des Terminals Vorwerker Hafen einzuschätzen. In der nachfolgenden Grafik ist ersichtlich, dass sich einige Hallen auf einer Höhe von 2,3 m befinden und die Verkehrswege zum Teil nur 2,1 m NN aufweisen. 107 RADOST-Jahresbericht 2014 2,8m 2,4m 2,5m 2,5m 2,5m 2,5m 2,3m 2,1m 2,4m 2,1m 2,3m 2,3m 2,3m Abbildung 69: Höhenangaben des Terminals Vorwerker Hafen Unter der Annahme eines Meeresspiegelanstiegs um 20 cm bis zum Jahr 2050 müssten allein am Terminal Vorwerker Hafen zwischen 17,6 und 29,4 Mio. Euro in die Anpassung von Verkehrsflächen und Hallen, insbesondere in die Erhöhung der Hallenböden, investiert werden. Abbildung 2 zeigt die Bereiche, wo solche Anpassungen erforderlich werden. Die Spanne der Investitionssumme ergibt sich aus der Kombination von möglichen Hallenbodensanierungen und notwendigen Hallenneubauten. Rot = anzupassende Verkehrswege Grün = anzupassende Hallen Abbildung 70: notwendige Anpassungsbereiche bei 20 cm Meeresspiegelanstieg Allein durch einen Anstieg des Meeresspiegels um weitere 10 cm bis zum Jahr 2050 wären am Vorwerker Hafen bereits zwischen 41,7 und 55,1 Mio. Euro für die Anpassung des Terminals notwendig. Abbildung 71 zeigt die Bereiche des Terminals Vorwerker Hafen, welche in diesem Fall betroffen sind. 108 RADOST-Jahresbericht 2014 Rot = anzupassende Verkehrswege Grün = anzupassende Hallen Abbildung 71: notwendige Anpassungsbereiche bei 30 cm Meeresspiegelanstieg Auch die Teilflächen auf dem Terminal Skandinavienkai (ohne Abb.) müssten mit einem Investitionsumfang von ca. 17,9 Mio. Euro erhöht werden, um eine Hochwassersicherheit weiterhin zu gewährleisten. Die notwendigen Gesamtinvestitionen der öffentlichen Lübecker Hafenterminals würden bei einem Meeresspiegelanstieg um 30 cm somit bereits bei 59,5 bis 71 Mio. Euro liegen. In Gesprächen mit den Terminalbetreibern konnte festgestellt werden, dass die vorliegenden Kenntnisse über die Klimaentwicklungen am Standort Lübeck bei den zukünftigen Investitionen Beachtung finden sollen, Anpassungen weiterhin vorwiegend im Rahmen lebenszyklischer Erneuerungsarbeiten erfolgen können. Der monetäre Anteil der Klimaanpassung bei den Investitionen der Hafenbetreiber kann schwer bewertet werden, da bei turnusmäßigen Erneuerungen nur ein kleiner Teil der Bausummen aus einer verbesserten Hochwassersicherheit herrührt. Insgesamt sind die öffentlichen Lübecker Häfen aufgrund der Art ihrer Geschäftstätigkeit schon gut an den Klimawandel angepasst, wogegen umliegende natürliche Küstenbereiche deutlich eher mit den Folgen der Klimaänderungen in Berührung kommen werden. 109 RADOST-Jahresbericht 2014 Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen Federführung: HZG Ansprechpartner: Dr. Ralf Weisse E-Mail: [email protected] Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) Katja Wöckner-Kluwe E-Mail: [email protected] Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG) Schiffe sind entsprechend ihrem Einsatzgebiet verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Diese sich ändernden Umwelteinflüsse über die gesamte Nutzungsdauer der Schiffe stärker in das Entwurfskonzept einzubinden, stellt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. An der Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG) wurde dazu ein innovatives Konzept entwickelt und mithilfe von Umweltdaten des HZG für die Nordsee getestet und umgesetzt. Ein analoger Ansatz wurde nun in RADOST basierend auf den Seegangsrechnungen und Ergebnissen des Teilmoduls 2.2 für die Ostsee entwickelt und in das operationelle Schiffsentwurfssystem der FSG übernommen. Im Folgenden wird beispielhaft der Einsatz des Systems für den Entwurf einer Fähre auf der Strecke Stockholm-Riga diskutiert (Abbildung 72). Neben der zu erwartenden Fahrplantreue spielt das Komfortempfinden der Passagiere eine entscheidende Rolle bei der Planung des Schiffes. Hierbei werden beispielsweise das Rollen und Stampfen des Schiffes im Seegang als unangenehm empfunden. Gewisse Grenzwerte für Roll- und Stampfwinkel sollten deshalb möglichst nicht überschritten werden. Mit Hilfe der in das Entwurfssystem übernommenen Seegangsdaten wurden deshalb zu erwartender Rollund Stampfwinkel in Abhängigkeit von Wellenhöhe, Periode und Begegnungswinkel bestimmt (Abbildung 73). Aus der Statistik der Seegangsdaten kann ermittelt werden, dass die Komfortkriterien im Großteil der Zeit eingehalten werden, jedoch bei stürmischen Bedingungen überschritten werden können. Dies wird von der überwiegenden Zahl der Passagiere als unangenehm empfunden. Zur Reduzierung der Rollbewegungen in schwerem Seegang wird deshalb vorgeschlagen, das Schiff mit Stabilisierungsflossen auszustatten. Eine Neuberechnung zeigt, dass sich damit die Bewegungsamplituden des Schiffes im Seegang deutlich reduzieren lassen und die Komfortkriterien der Passagiere eingehalten werden können. Da die Flossen den Widerstand des Schiffes deutlich erhöhen, sollten sie als einschwenkbare Flossen ausgeführt werden, damit sie nur bei entsprechenden Wetterbedingungen genutzt werden. Da die zu erwartende Lebensdauer eines Schiffes wesentlich geringer ist als die Zeitskalen zu erwartender Klimaänderungen infolge der anthropogenen Erwärmung, werden in dieser Anwendung ausschließlich heutige klimatische Bedingungen betrachtet. Ändern sich die klimatischen Bedingungen langfristig, besteht eine einfache Anpassungsmaßnahme darin, 110 RADOST-Jahresbericht 2014 neue Schiffe gemäß den dann zu erwartenden Bedingungen zu konstruieren. Weitere Details finden sich in einem spezifischen Report auf der RADOST Website.50 Abbildung 72: Visualisierung des Schiffsrumpfes im Seegangsfeld (links) und Route der Fähre (rechts) Abbildung 73: Abhängigkeit des Rollwinkels (links) und des Stampfwinkels (rechts) in Grad in Abhängigkeit von der Wellenhöhe, der Periode (blau, orange) und dem Begegnungswinkel (mu=180, 90, 0 Grad) entsprechend vorderlichem, seitlichem und achterlichem Seegang. Die Komfortlimits sind als schwarze waagerechte Linie eingezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fähre auf entsprechende Umweltbedingungen entlang ihrer Route trifft, kann mit Hilfe der großräumigen Seegangsdaten aus Teilmodul 2.2 bestimmt werden. 50 Katja Wöckner-Kluwe; Jörn Langheinrich; Thomas Stoye (2013): Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen. Flensburger SchiffbauGesellschaft. Flensburg. http://klimzug-radost.de/publikationen/integration-von-umweltdaten 111 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 5: Naturschutz und Nutzungen Federführung: IfAÖ Ansprechpartner/in: Timothy Coppack E-Mail: [email protected] Claudia Möller E-Mail: [email protected] Institut für Angewandte Ökosystemforschung, Neu Broderstorf (IfAÖ) Im Fokusthema „Naturschutz und Nutzungen“ wurden die naturschutzfachlichen Aspekte und vielfältigen Nutzungen im Bereich der deutschen Ostsee und insbesondere des Fokusgebietes Adlergrund, Greifswalder Bodden und Pommersche Bucht östlich der Insel Rügen vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Klimaanpassung über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren verfolgt. Dabei bestätigte sich insbesondere die Relevanz der beiden Nutzungskategorien Offshore-Windenergienutzung (als Klimaschutzmaßnahme) sowie des marinen Sand- und Kiesabbaus (für den Küstenschutz als Klimaanpassungsmaßnahme) als wichtigste Belange in diesem Arbeitspaket. Im Berichtszeitraum 2013-2014 konzentrierte sich das IfAÖ auf die Konfliktdarstellung von Nutzungsformen mit besonderer Bedeutung für die Umwelt- und Klimaveränderungen, und erarbeitete konkrete Empfehlungen zur Vermeidung und Minderung von Beeinträchtigungen mariner Schutzgüter. Im Fokus standen dabei die im Laufe des RADOST-Projektes betrachteten Leitarten für klimatische Veränderungen in der RADOST-Projektregion, die Eisente und ihre Nahrungsgrundlage Muscheln sowie ihre Abhängigkeit von der Präsenz und Beschaffenheit ihrer Habitate. Weiterhin wird derzeit ein sogenannter Atlas mit Fakten und Informationen zum Fokusthema erstellt, die u. a. aus dem RADOST-Wiki (vgl. 4. RADOST-Jahresbericht) stammen. Der Atlas wird „factsheets“ und dazugehörige Kartendarstellungen zu den Themen Naturschutz, Nutzungen und Konflikte in der RADOST-Projektregion enthalten. Aktueller Stand der Netzwerkbildung Im RADOST-Jahr 2013/2014 nahmen Vertreter des IfAÖ an mehreren Veranstaltungen zu Themen der Meeresumwelt und Raumplanung auch mit eigenen Beiträgen mit direktem Bezug zum Fokusthema teil (siehe Tabelle 2 in Modul 1 und Tabelle 17 in Modul 5). Weiterhin ist die Plattform RADOST-Wiki als lebendiges Wissensportal öffentlich zugänglich. Ergänzungen werden auch zukünftig über den RADOST-Zeitraum hinaus vorgenommen, wobei großer Wert auf die Kooperation mit Fachleuten des RADOST-Teams und weiteren Partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Lehre und der Öffentlichkeit gelegt wird, um so das über die RADOST-Jahre aufgebaute Netzwerk erhalten und festigen sowie ein aktuelles Wissensportal anbieten zu können. Arbeitspaket 1.6.2: Ökologische Untersuchungen Innerhalb des Schwerpunktthemas „Ökologie und biologische Vielfalt“ lag der Fokus auf den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fauna und Flora im deutschen Ostseeraum. Es ist anzunehmen, dass sich in den nächsten 100 Jahren die abiotischen Bedingungen der Ostsee, wie z.B. Temperatur und Salzgehalt aufgrund des Klimawandels 112 RADOST-Jahresbericht 2014 ändern werden1. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob und in welche Richtung sich das Ökosystem der Ostsee verändern wird. Im Rahmen von RADOST wurde der Schwerpunkt auf zwei Indikatoren für Klimaveränderungen gelegt, die ein Beispiel der ökologischen Abhängigkeit repräsentieren. Ein gewählter Indikator waren Vertreter der Benthosgemeinschaften in der Ostsee, hier lag der Fokus auf Muschelarten, wie die Miesmuschel (Mytilus edulis), die Sandklaffmuschel (Mya arenaria), die Lagunen-Herzmuschel (Cerastoderma glaucum) und die Baltische Plattmuschel (Macoma balthica), die in direkter Abhängigkeit zu Salz- und Sauerstoffgehalt stehen. Als zweiter Indikator wurde die Eisente als in der Ostsee überwinternde Art gewählt, die sich, wie Mageninhaltsanalysen ergaben, von den genannten Muscheln ernähren (ausführlich in Jahresbericht 2013). Bislang können die ökologischen Beziehungen noch nicht hinreichend mit Daten belegt werden. Weitere Untersuchungsergebnisse zur Verteilung von benthischen Organismen (insbesondere Muschelarten) in Abhängigkeit von abiotischen Faktoren sind erforderlich und in Beziehung zu anthropogenen Einflüssen (Kies-, Sandgewinnung und Windkraft) und Veränderungen des Klimas zu setzen. Darauf aufbauend ist der Einfluss der benthischen Verteilung auf das Vorkommen der Eisente weiter zu untersuchen. Die Verschneidung der biologischen Ergebnisse mit Modelldaten des IOW (GETM und MOM/ERGOM) dienen hierbei der Veranschaulichung der ökologischen Beziehungen im Kontext des Klimawandels. Der bisherige Kenntnisstand zu den laufenden Untersuchungen wird in den Arbeitspaketen 2.4.1 und 2.4.2 in Modul 2 ausführlicher dargestellt. Arbeitspaket 1.6.3: Naturschutzfachliche Aspekte und Nutzungen Wie eingangs erwähnt, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die relevantesten Nutzungskategorien Offshore-Windenergienutzung (als Klimaschutzmaßnahme) und marine Sand- und Kiesgewinnung (für den Küstenschutz als Klimaanpassungsmaßnahme). Meeresnaturschutz vor dem Hintergrund von Maßnahmen zum Klimaschutz Im vergangenen Jahresbericht 2013 wurde der Sand- und Kiesabbau hinsichtlich seines großen Bedarfs und seiner Folgen für die Umwelt betrachtet. Dazu gehörte auch die Darstellung der bestehenden rechtlichen Regelungen zum Abbau und die direkten Maßnahmen zum Schutz der Habitate für die Riff- und Weichbodenfauna, als Leitlinie für die Planung und Durchführung des Abbaus von Kiesen und Sanden.51. Zudem wurde auf die praktischen Probleme bei der Umsetzung von naturschutzrelevanten Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien hingewiesen. Weiterhin wurde die Förderung, das steigende Interesse am Ausbau der Offshore- Windenergie mit Hintergrundinformationen zur Historie, zum Ist-Stand der Planungen und Genehmigungen, zu rechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeit sowie zu zukünftigen Offshore-Windparks in der Ostsee (siehe auch Fortschreibung Landesraumentwicklungsprogramm MecklenburgVorpommern, LEP M-V) betrachtet (ausführlich im Jahresbericht 2013). 51 Müncheberg, R., Gosselck, F., Coppack, T., Weidauer, A. (2012): Klimawandel an der Ostsee: Interessenskonflikte zwischen Natur- und Küstenschutz bei der Gewinnung mariner Sande. In: Klimaanpassung als Herausforderung für die Regional- und Stadtplanung, Mahammadzadeh M., Chrischilles E. (Hrsg.), KLIMZUG-Working Paper; Weigelt, M. (2012): Naturschutzrechtliche Behandlung von Eingriffen im Küstenmeer von M-V – ein Beitrag zum Maßnahmenprogramm der MSRL, RADOST-Tour 2012, StALU Mittleres Mecklenburg 113 RADOST-Jahresbericht 2014 Sand-, Kiesabbau für den Küstenschutz Die Gewinnung von Erdöl, Erdgas, Sand und Kies in der Ostsee besteht seit ca. 40 Jahren.52 Zwischen 1991 und 2012 wurden jährlich zwischen 500.000 und 4 Mio. Tonnen Kies und Sand abgebaut.53 Für gewerbliche Nutzungen dieser Rohstoffe stehen bis jetzt 14 Bewilligungsfelder (5 genehmigt) in der Ostsee zum Abbau zur Verfügung.54 Weiterhin werden Bewilligungsfelder für den Küstenschutz mit der Begründung zum Schutz vor Abrasion und zur Bewahrung menschlich besiedelten Bodens im Zuge des Klimawandels benötigt. Derzeit gibt es für den Bereich der Ostsee 15 Bewilligungsfelder für den Küstenschutz (bis jetzt noch keine zugelassenen Flächen).55 In der Vergangenheit wurde auch für den Küstenschutz (für die Aufspülung) vor den Inseln Föhr und Sylt Sand und Kies aus Schutzgebieten, z.B. dem Nationalpark SchleswigHolsteinisches Wattenmeer, abgebaut (Bsp. Westerland II).56 „Im Bereich des schleswigholsteinischen Küsten-meeres ist für den marinen Sand- und Kiesabbau das genehmigte neun Quadratkilometer große Gebiet Westerland III westlich von Sylt zu nennen, wo bereits seit längerer Zeit die Sandentnahme ausschließlich für Maßnahmen des Küstenschutzes erfolgt. Vor dem Hintergrund der bestehenden Genehmigung und der besonderen Bedeutung des Vorhabens für den Küstenschutz ist dieses in der Hauptkarte als Fläche für Sedimententnahme ausgewiesen. Nach den Schutzbestimmungen des Nationalparkgesetzes sind neben der genehmigten Sandentnahme des Bewilligungsfeldes Westerland III vor Sylt nur die Sand- und Kiesgewinnung für die Versorgung der Inseln und Halligen für Zwecke des Küstenschutzes zulässig“.57 Der Kies- und Sandabbau für den Küstenschutz wie für den wirtschaftlichen Zweck beeinflusst die natürlichen Gegebenheiten vor Ort. Es wurde nachgewiesen, dass die Methode des Saugbaggerns die betroffenen Meeresgebiete beeinträchtigt, auch wenn zunächst nur kleinräumig. Eine englische Untersuchung belegt, dass Gebiete, die 25 Jahre lang für Sandabbau genutzt wurden, etwa 6 Jahre brauchen, um vollständig wiederbesiedelt zu werden.58 Nach kurzfristiger oder einmaliger Baggerung stellen sich die ursprünglichen Verhältnisse bereits nach ein bis zwei Jahren wieder ein. Weiterhin wird die Zusammensetzung des Sediments nach dem Abbau verändert. Werden Kies oder Grobsand abgebaut, füllen sich die vertieften Flächenbereiche häufig mit feinerem Sand, der durch die Strömung herantreibt. Auch das beim Abbau inzwischen ebenfalls angewandte Stechkopfverfahren führt zu einer Veränderung des Bodensubstrats. In feinkörnigen Arealen leben andere Meeresbewohner als in grobkörnigen. Die Veränderungen können, auch wenn nur auf lokaler Ebene, über Jahre anhalten und somit Lebensgemeinschaften und einzelne 52 Reith, T. (2001): Rohstoffgewinnung in der Ostsee – Studienarbeit, Mittelseminar „Die Ostsee: Schutz und Nutzung“, Geographisches Institut der Universität Kiel, Pkt. 1 Einleitung 53 Festbroschüre zu „20 Jahre Bergamt Stralsund, 1990 bis 2010“, Hrsg. Bergamt Stralsund und Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Mecklenburg- Vorpommern, 2010 54 Polzin, H. (2012): mündliche Aussage, RADOST-Tour 2012, Ozeaneum Stralsund 55 Polzin, H. (2012), a.a.O. 56 BUND S-H (2009): Stellungnahme des BUND Schleswig-Holstein e.V. zur Antwort auf die große Anfrage der Fraktion der SPD zur „Bilanz und Zukunft des Küstenschutzes in Schleswig-Holstein an Nord- und Ostsee (Drucksache 16/ 2403). 57 Broschüre Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010, Hrsg. Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein. 58 WOR 3 (2014): World Ocean Review (Teil 3) – mit den Meeren leben, Rohstoffe aus dem Meer – Chancen und Risiken, Zusatzinfo: Sand, Kies und Phosphat aus dem Meer, Hrsg. marlbus in Kooperation mit Ozean der Zukunkt, die Kieler Meereswissenschaften, mare und International Ocean Institute. 114 RADOST-Jahresbericht 2014 Arten verdrängen.59 Betroffen davon sind u. a. die o. g. Muscheln. Einerseits sind sie durch die Saugbaggerung selbst gefährdet, wie z. B. die Sandklaffmuschel, die eingegraben im Substrat lebt und sich über Siphos mit Nahrung versorgt. Werden die Muscheln rausgespült bzw. ihr Habitat abgetragen, überleben sie dies nicht. Andere Muscheln leben auf dem Substrat und verlieren u. a. durch den Abbau von Grobsand und Kies ihren Lebensraum. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass mit einer Erweiterung des Kies- und Sandabbaus die Nahrungsquelle in Form der Muscheln für Vogelarten wie die Eisente abnimmt und somit auch diese Art ihre jedes Jahr aufgesuchten Nahrungsgebiete verliert und letztlich zumindest vorübergehend in andere Gebiete verdrängt wird. Da die Eisente auf bestimmte Nahrungsgebiete spezialisiert ist, kann aufgrund der Verdrängung auch ein Artenverlust nicht ausgeschlossen werden.60 Die Sand- und Kiesentnahme kann zudem zu einem Verlust von Fischnahrungsgebieten und Aufwuchshabitaten führen, denn mit der Entnahme von Sand und Kies und den damit veränderten Habitaten, gehen möglicherweise Nahrungsgrundlagen für Fische und geschützte Bereiche für Jungfische (u. a. für Sandaale) verloren. Offshore-Windenergie Das Ziel, die fossilen, in absehbarer Zeit endlichen und in ihrer Nutzung umwelt- bzw. gesundheitsschädlichen Energieressourcen durch regenerative Energien schnellstmöglich zu ersetzen erfordert u. a. auch eine Erweiterung der Offshore-Windenergie. Die verhältnismäßig kleine Meeresfläche der deutschen Ostsee (ca. 15.475 km²) verfügt über einen überwiegend recht schmalen AWZ-„Streifen“ (AWZ-Fläche ca. 4.452 km², 28,8 %), sodass zukünftigen Planungen für Offshore-Windparks (OWP) im Küstenmeer eine besondere Bedeutung zukommt. Dies zeigt auch die derzeit laufende Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms Mecklenburg-Vorpommern (LEP M-V), der als Entwurf am 25. 2. 2014 vom Kabinett des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung M-V für die erste Stufe des Beteiligungsverfahrens freigegeben wurde. Das Beteiligungsverfahren, in dessen Rahmen sich jeder auch online zu dem Entwurf äußern kann (siehe www.regierung-mv.de), beginnt voraussichtlich am 7. April 2014. Wie in der Entwurfsfassung dargelegt, kommt der Windenergie unter energie- und klimapolitischen, wirtschaftlichen und räumlichen Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung zu; ihr Anteil soll deutlich erhöht werden. Vor dem Hintergrund, dass andere Nutzungen oder naturschutzfachliche Anforderungen die Errichtung von WEA in bestimmten Gebieten ausschließen, erfolgt die Festlegung mariner Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergieanlagen (siehe Abbildung 74) anhand bestimmter Kriterien (z. B. Ausschluss in Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung und EU-Vogelschutzgebieten). 59 BUND S-H (2009), a.a.O; WOR 3 (2014), a.a.O. 60 Sonntag, N., Garthe, S. (2011): Seevögel der Ostsee – Lebensansprüche und Bedrohung; Forschungs- und Technologiezentrum Westküste, Universität Kiel, Büsum; Beitrag zum Seminar "Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie MSRL – noch 10 Jahre bis zu einem guten Zustand der Ostsee", 23.11.2011 im Konferenzzentrum der Technologiepark Warnemünde GmbH. 115 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 74: Marine Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergieanlagen 61 Quelle: Kartenauszug aus dem ersten Entwurf des LEP M-V Während in dem LEP M-V aus dem Jahr 2005 zwei marine Eignungsgebiete für WEA raumordnerisch festgelegt sind, weist dessen Fortschreibung im Entwurf acht marine Vorrang- und vier Vorbehaltsgebietes für Windenergieanlagen aus. Die ausgewiesenen Flächen liegen westlich des RADOST-Fokusgebietes Adlergrund, Greifswalder Bodden und Pommersche Bucht. Die Planung weiterer Offshore-Windparks ist in relativ kurzer Zeit möglich, ihre Genehmigung dagegen ist, wie die letzten Jahre gezeigt haben, ein recht langwieriger Prozess. So steht im RADOST- Gebiet derzeit eine größere Anzahl von in Planung befindlichen Offshore-Windparks einer sehr geringen Anzahl an genehmigten Windparks gegenüber. Erst zwei Offshore-Windparks sind in Betrieb („Baltic 1“ mit 21 Anlagen errichtet auf Monopiles und „Rostock“ mit 1 Anlage). Von den drei genehmigten Offshore-Windparks in der Ostsee befindet sich der „EnBW Windpark Baltic 2“ seit Ende 2013 in der Bauphase, für die anderen beiden Windparks wurde die Frist des Baubeginns auf 2015 (OWP „Wikinger“, ehemals „Ventotec Ost 2“) bzw. 2016 (OWP „Arkona-Becken Südost“) verlängert. Die ersten Genehmigungstexte für diese Windparks stammen aus den Jahren 2005 bis 2007, denen z. T. mehrere Änderungsbescheide folgten.62 Weitere elf Windparks im Bereich der deutschen Ostsee (überwiegend AWZ) befinden sich derzeit im 63 Genehmigungsverfahren. Der langjährige Genehmigungsprozess, verbunden mit aufwändigen Untersuchungen zur Charakterisierung der Naturausstattung im Vorhabens- und Referenzgebiet insbesondere der Lebensgemeinschaften und der Erstellung der genehmigungsrelevanten Unterlagen sowie zahlreichen Stellungnahmen aus der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, zeigt, dass die rasante Entwicklung der Windenergie und die großen Windparks eine hohe Aufmerksamkeit erzeugen und kritisch betrachtet werden (siehe auch nicht genehmigte 61 http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal/de/vm/Themen/Landes_und_Regionalentwicklung/Fortschreibung_Landesraumentwicklungsprogramm/index.jsp 62 Vgl. www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/Windparks/index.jsp 63 Vgl. www.offshore-windenergie.net/windparks#ostsee 116 RADOST-Jahresbericht 2014 OWP im Bereich Adlergrund) und dass die Kenntnisse und Forschung im marinen Bereich weiter zu vertiefen sind. Es bestehen noch viele fachspezifische Fragen bezogen auf ökologische Veränderungen im Rahmen des Klimawandels einschließlich der ökologischen und naturschutzrelevanten Auswirkungen, die vom Bau und Betrieb der OffshoreWindenergieanlagen ausgehen. Die inzwischen vorliegenden Monitoringdaten der errichteten bzw. in Betrieb befindlichen OWP liefern erste Hinweise, die in den kommenden Jahren im Blick auf das Zutreffen der prognostizierten Auswirkungen weiter zu verfolgen sind. Beispielsweise bestätigte das baubegleitende Monitoring für einen OWP im Wesentlichen die prognostizierten geringen Umweltauswirkungen (keine Störung überwinternder Vögel durch Bauzeitenfenster, kein nachweisbarer Einfluss auf benthische Artengemeinschaften und auf die Fische, Meeressäuger blieben unbeeinflusst). Bezogen auf die im RADOST-Projekt betrachteten Leitarten stellt sich z. B. die Frage, wie sich die vielen OWEA-Fundamente auf das Ökosystem Meer langfristig auswirken. Einerseits bieten die Fundamente neue Habitate für Muscheln, die Hartsubstrat bevorzugen, andererseits führt eine zu große Population, die sich in Windparks auch großflächig verteilt, zu einer erhöhten Biomasseproduktion, womit die abiotischen (erhöhte Trophie) wie biotischen Verhältnisse (Artendominanz und -verdrängung) und somit das ökologische Gleichgewicht gestört werden können. Es ist nicht bekannt, wie gut das marine Ökosystem „Ostsee“ solche Veränderungen, zusätzlich zu den klimatischen Veränderungen „abpuffern“ kann. Generell ist das Binnenmeer Ostsee aufgrund der nur sehr kleinen Verbindung zur Nordsee und mit nur sehr geringem Austausch zwischen den beiden Meeren wenig tolerant gegenüber Veränderungen.64 Es ist nicht hinreichend untersucht, wie groß der Verlust an Zug- und Rastvögeln sein wird, wenn flächendeckend große Offshore-Windparks in der Nähe von Zug- oder Rastgebieten errichtet werden. Die Erfassung von Rast- und Zugvögeln im Bereich der Ostsee ist grundsätzlich kein abgeschlossener Prozess, sie erfolgt für Teilgebiete im Rahmen von Genehmigungsverfahren und mit Hilfe von kontinuierlichen Radaraufnahmen auf der Forschungsplattform FINO II. Die Auswertungen sind fachlich anspruchsvoll und zeitlich sehr intensiv. Arbeitspaket 1.6.4: Interpretation, Folgenabschätzungen Aus den kritischen Betrachtungen der beiden Nutzungsformen mit den wesentlichsten Einflüssen auf Natur und Umwelt in Arbeitspaket 1.6.3 ergeben sich folgende Empfehlungen und Schlussfolgerungen: Neben den bereits im vergangenen Jahresbericht (2013) genannten möglichen Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Eingriffen durch den Kies-, Sandabbau, für den wirtschaftlichen Bedarf wie für Küstenschutzmaßnahmen, u. a. durch eine Begrenzung der Abgrabungstiefe (auch im Blick auf die Wassertiefe im Bereich der Lagerstätte und dem Vorkommen tauchender Enten), den Schutz vor Trübungsfahnen, Erhalt von min. 25 % des Abbaugebietes (streifenförmiger Abbau), Rücksichtnahme auf Vögel und Robben (Rast-, Nahrungsgebiete) mittels Lärmschutz, Abschaltzeiten, Rückgabe größerer Steine in die Nähe des Entnahmeortes, Begrenzung von Nähr- und Schadstoffeinträgen, sollte grundsätzlich – wie bei anderen Nutzungsformen auch – eine möglichst umweltverträgliche Nutzung der natürlichen Ressourcen (marine Sedimente) angestrebt werden. Im Blick auf die diesbezügliche Entwicklung in den letzten Jahren ist hervorzuheben, dass gewerbliche und 64 Hupfer, P. (2010): Die Ostsee – kleines Meer mit großen Problemen, eine allgemein-verständliche Einführung. 5. Auflage 117 RADOST-Jahresbericht 2014 Küstenschutz-Lagerstätten mittlerweile dem gleichen Genehmigungsprozedere unterliegen und es hier keine Unterscheidungen mehr nach dem Zweck des Abbaus gibt. In Ergänzung zu den o. g. Maßnahmen sind weiterhin Abbauzeitenbeschränkungen während für Rastvögel oder Meeressäuger (z. B. Schweinswal) sensibler Zeiten denkbar. Darüber hinaus könnte grundsätzlich überlegt werden, wie der Bedarf reduziert oder das benötigte Material anderweitig beschafft werden kann (z. B. aus Fahrwasservertiefungen). Einige bisher gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen, z. B. zu Vogelzugkorridoren, wichtigen Vogelzugrouten, Auswirkungen von Rammschall auf Meeressäuger und auch Auswirkungen auf die Fischerei wurden während der RADOST-Tour 2012 (Stralsund) dem Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung M-V gegenüber angesprochen und wichtige Hinweise und Anregungen für die Fortschreibung des LEP gegeben (ausführlich im Vorjahresbericht 2013), in der Hoffnung, dass so wesentliche Beeinflussungen von Schutzgütern (Bsp. geschützte Biotoptypen, Rastgebiete, Vogelzugkorridore) auch unter Berücksichtigung anderer Nutzungen wie Fischerei, Schifffahrt und Militär, durch den Bau und Betrieb von Offshore-Windenergieanlagen mit Berücksichtigung in der Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms bereits im Vorfeld vermieden werden können. Möglicherweise entfallen aufgrund von festgelegten marinen Vorranggebieten im fortgeschriebenen LEP M-V auch zeitaufwändige Genehmigungsverfahren für weitere Vorhaben wie Offshore Windparks und Rohstoffgewinnung. 118 RADOST-Jahresbericht 2014 Fokusthema 6: Erneuerbare Energien Federführung: GICON Ansprechpartnerin: Cindy Dengler E-Mail: [email protected] GICON – Großmann Ingenieur Consult GmbH – Niederlassung Rostock Das Fokusthema „Erneuerbare Energien“ befasst sich mit der Potenzialanalyse sowie dem Einfluss des Klimawandels auf die Potenziale der erneuerbaren Energiequellen Geothermie, Photovoltaik, Windenergie sowie Biogas. Im ersten Projektjahr wurden die Parameter ermittelt, die einen Einfluss auf die Nutzung der erneuerbaren Energien ausüben. Im zweiten und dritten Projektjahr erfolgte auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse die genauere Analyse und Prognose der Potenziale und Perspektiven geothermischer Energienutzungen, der Photovoltaik sowie der Windenergie an der deutschen Ostseeküste unter dem Einfluss des Klimawandels. Im aktuellen Berichtszeitraum stand die Betrachtung der erneuerbaren Energieform Biogas im Vordergrund. Weiterhin bilden die Netzwerkpflege und die Vorstellung von Projektergebnissen bei Veranstaltungen einen wichtigen Bestandteil der Arbeiten im Fokusthema. Arbeitspaket 1.7.3: Analyse und Prognose der Entwicklung von Geothermie, Photovoltaik, Windenergie und Biogas Analyse und Prognose der Potenziale von Biogas unter dem Einfluss des Klimawandels Im Folgenden werden die unterschiedlichen Aspekte des Potenzials von Biogas (natürliches, technisches und wirtschaftliches Potenzial) unter Aspekten des Klimawandels analysiert. Tabelle 14 fasst die Ergebnisse zusammen. Natürliches Potenzial Wesentliche Grundlage für die Biogasproduktion ist derzeit die Landwirtschaft als ein Lieferant von Ausgangssubstraten. Für die Kultivierung von Energiepflanzen wurden bereits 2012 mit 2,1 Mio. ha rund 12,6 % aller landwirtschaftlich genutzten Flächen Deutschlands (16,7 Mio. ha) genutzt.65 In Deutschland werden hauptsächlich Raps, Mais und andere Getreide als Energiepflanzen angebaut. Für die Produktion von Biogas wird hauptsächlich Mais als Substrat verwendet. Daneben kommen auch Getreide- und Grassilagen sowie Gülle zum Einsatz. Die Ertragsleistung der Landwirtschaft und damit auch das natürliche Potenzial der Energieform Biogas wird im Wesentlichen durch die natürliche Ertragsfunktion bestimmt. Diese wiederum ist abhängig von Faktoren wie Bodenfruchtbarkeit, Wasserdargebot und 65 Agentur für Erneuerbare Energien e. V., Anbau Nutzungskonkurrenzen und Potenziale (April 2013). 119 von Energiepflanzen. Umweltauswirkungen, RADOST-Jahresbericht 2014 klimatischen Bedingungen. Die Landwirtschaft und auch Forstwirtschaft ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig vom Wetter und Klima abhängig und damit unmittelbar vom Klimawandel betroffen. Die Auswirkungen des Klimawandels in diesem Bereich sind vielfältig. Temperaturerhöhung, Veränderung der Niederschlagsverhältnisse und zunehmende extreme Wetterereignisse bergen die Gefahr von zunehmenden Bodenerosionen, Überflutungen und Waldbränden, um nur ein paar zu nennen. Temperaturerhöhungen führen zu Hitzestress und damit zu Ertragsausfällen bei Pflanzen und Tieren, die gemäßigtere Standortbedingungen gewohnt sind. In Verbindung mit abnehmenden sommerlichen Niederschlägen besteht die erhöhte Gefahr von Dürren, welche ebenfalls Ertragseinbußen zur Folge haben können. Nährstoffe sind bei geringer Bodenfeuchte schlechter verfügbar und die Anfälligkeit gegenüber Winderosion nimmt zu. Im Winter dagegen führen die zunehmenden Niederschläge zur Auswaschung von Nährstoffen und zu einer erhöhten Erosion durch Wasser. Zudem beeinträchtigen zunehmend (stau-) nasse Böden die Bearbeitung durch landwirtschaftliches Gerät. Obwohl in den Küstenregionen der Nord- und Ostsee aufgrund der Nähe zum Meer und des relativ ausgeglichenen und gemäßigten Küstenklimas ein vergleichsweise geringer Temperaturanstieg zu erwarten ist, ist bei fehlender Anpassung auch hier mit verminderten Ernteerträgen zu rechnen. Andererseits scheint der Klimawandel auch Chancen für die Landwirtschaft zu bieten. Voraussichtlich mildere Winter und weniger Frosttage führen im Frühjahr zu einer Verlängerung der Vegetationsperioden. Bei einem moderaten Temperaturanstieg und ausreichender Wasserversorgung würde dies sogar ein höheres Ertragspotenzial für viele Pflanzensorten bedeuten. Als Beispiel ist hier Schleswig-Holstein zu nennen, wo sich im Gegensatz zu Brandenburg durch die hohen Temperaturen im Jahr 2003 Ertragssteigerungen in Höhe von 8 % ergeben haben.66 Eine erhöhte atmosphärische CO2Konzentration kann einen positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben, da CO2 als Dünger wirkt, der die Photosynthese anregt und damit die Biomassebildung steigert. Dieser CO2-Düngeeffekt kommt jedoch vorwiegend bei wärmeliebenden Pflanzen wie beispielsweise Mais zum Tragen, Anpassungsmaßnahmen der Landwirtschaft an den Klimawandel werden voraussichtlich den Anbau angepasster Sorten und neuer Fruchtarten sowie die Anpassung der Anbauverfahren beinhalten. Pflanzen, die klimatisch gemäßigte Standorte bevorzugen (sogenannte C3Pflanzen) wie Sonnenblumen, Kartoffeln, Raps und Getreide müssen höchstwahrscheinlich zukünftig durch Wärme liebende Pflanzen (sogenannte C4-Pflanzen) wie Soja, Hirse und Mais ersetzt werden. Seit Implementierung der Erneuerbare-Energien-Gesetze wird der Anbau von Biomasse zur Strom- und Wärmegewinnung gefördert. Dies führt dazu, dass seit 2000 die Anbauflächen von Energiemais zur Biogasgewinnung deutlich zugenommen haben. Allgemeinhin wird von der „Vermaisung von Landschaften“ gesprochen. Die damit einhergehende Verdrängung anderer extensiver Nutzungsformen sowie die Ausbringung der Gärreste auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen führt dazu, dass regional die Stickstoffbilanzüberschüsse und somit die Einträge von Stickstoff auf Acker- und Grünlandstandorten zugenommen haben und auch weiter ansteigen werden. Aus Gründen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit ist der Anbau von Alternativkulturen zur Bioenergiegewinnung, wie der Durchwachsenen Silphie oder des Riesenweizengrases, 66 Umweltbundesamt (2008): Anpassung an Klimaänderung in Deutschland, Themenblatt Landwirtschaft (Dez. 2008). 120 RADOST-Jahresbericht 2014 dringend notwendig (vgl. Anwendungsprojekt „Entwicklung angepasster Pflanzensorten“ im Fokusthema Gewässermanagement und Landwirtschaft). Der Klimawandel wird sich nach aktuellem Kenntnisstand eher nachteilig auf die Ertragsleistung der Landwirtschaft und damit auf das natürliche Potenzial der Biogasproduktion aus! Technisches Potenzial: Entwicklung von Störfaktoren Der erreichbare Wirkungsgrad einer Biogasanlage hängt zum einen vom Stand der Technik ab. Zum anderen ist zur Erreichung des bestmöglichen Wirkungsgrades ein optimierter und störungsfreier Betriebsablauf die Voraussetzung. Neben der Funktion aller technischen Anlagenteile ist bei der Biogasproduktion der biochemische Prozess der Vergärung der Substrate entscheidend. Dieser Prozess reagiert sehr empfindlich auf Störungen der Milieubedingungen (Schwankungen von Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert, etc.) und wird daher weitgehend von Umwelteinflüssen abgeschottet und technisch überwacht. Eine Störung dieser Prozesse ist möglich durch die Störung des technischen Betriebsablaufs. Das vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen stellt hier ein erhöhtes Risiko für Schäden an der Biogasanlage sowie den damit einhergehenden Biogasertragsverlust dar. Zunehmende Extremwetterereignisse erhöhen das Schadenspotenzial für die technischen Anlagen. Sie können weiterhin zu Ertragsausfällen in der Landwirtschaft und damit zu einer unzureichenden Versorgung der Biogasanlagen mit Biogassubstraten führen! Technisches Potenzial: Rechtliche Parameter Sowohl bei der Planung als auch beim Betrieb von Biogasanlagen sind eine Menge rechtlicher Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Baurechtliche sowie naturschutzrechtliche Aspekte begrenzen die potenziellen Bauflächen für Biogasanlagen. So ist die Errichtung einer Biogasanlage innerhalb von Wasser- oder Naturschutzgebieten ausgeschlossen bzw. stark reglementiert. Klimawandelbedingt könnten sich die Grenzen solcher Schutzgebiete verändern und damit neue Baugebiete für Biogasanlagen eröffnen; es könnten aber auch potenzielle Flächen wegfallen. Die rechtlichen Möglichkeiten für die Errichtung von Biogasanlagen könnten durch den Klimawandel sowohl eingeschränkt als auch erweitert werden. Wirtschaftliches Potenzial Auch aus ökonomischer Sicht ist bei der Standortauswahl auf einige Faktoren zu achten. Von besonderer Bedeutung ist hier eine möglichst vorhandene und gut ausgebaute Infrastruktur. Eine gute Straßenanbindung wird für die regelmäßige Anlieferung der Substrate sowie für den Abtransport der Gärreste benötigt. Die Substratlieferanten sowie auch die Abnehmer der Gärreste und des Biogases bzw. der aus dem Biogas mittels Blockheizkraftwerken produzierten Wärme und Elektroenergie sollten im näheren regionalen Umfeld der Biogasanlage angesiedelt sein. Kurze Wege wirken sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage aus. Ein zunehmendes Problem für Biogasanlagenbetreiber werden die steigenden Preise für die nachwachsenden Rohstoffe. Die wachsende Nachfrage nach Energiepflanzen, aber auch 121 RADOST-Jahresbericht 2014 nach Nahrungsmitteln lässt den Bedarf an Agrarflächen steigen. Eine Konkurrenz um die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Anbauflächen besteht nicht nur zwischen der Bioenergie und dem Nahrungsmittelsektor. Auch Aspekte des Naturschutzes müssen weiterhin betrachtet werden. Die bereits jetzt angespannte Situation wird durch die Folgen des Klimawandels voraussichtlich noch verschärft. Knapper werdende verfügbare Anbauflächen sowie verminderte landwirtschaftliche Erträge infolge der Erderwärmung sowie durch zunehmende Extremwetterereignisse werden die Preise für die nachwachsenden Rohstoffe stark in die Höhe treiben und damit die Wirtschaftlichkeit der Biogasproduktion stark beinträchtigen. Der Klimawandel wird voraussichtlich zu Beeinträchtigungen des wirtschaftlichen Potenzials von Biogas führen. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie der oberflächennahe Geothermie, der Photovoltaik oder der Windenergie wird die Biogasproduktion am empfindlichsten auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Insbesondere durch die potenziellen Ertragsverluste in der Landwirtschaft haben die Potenziale des Biogases zu leiden. Hoffnung besteht in den Anpassungsmaßnahmen der Landwirte wie zum Beispiel dem Anbau angepasster Pflanzen. Sinnvoll wäre auch die Erweiterung des Spektrums der Ausgangssubstrate (Durchwachsende Silphie, Riesenweizengras) bzw. die intensivere Nutzung von Bioabfällen und industriellen sowie landwirtschaftlichen Reststoffen. Dem erhöhten Schadensrisiko durch zunehmende Extremwetterereignisse sollte mit der entsprechenden Anpassung von Standfestigkeitsparametern, Sicherheitsstandards, etc. entgegengewirkt werden. In Verbindung mit der technischen Weiterentwicklung und damit der Optimierung der Anlageneffizienz wird die Biogasproduktion auch angesichts des Klimawandels eine vielversprechende Option zur Nutzung erneuerbarer Energien darstellen. 122 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 14: Natürliches Potenzial Parameter mit Einfluss auf die Potenziale von Biogas Parameter Ertragsleistung der Biogas-Substrat-Quellen NaWaRo (Sorte, Standortansprüche Standortbedingungen (Temperaturen, Niederschläge, Boden) Reststoffe aus landwirtschaftlicher Produktion (Gülle, etc.) Technisches Anlagenplanung: Leistungsfähigkeit der technischen Anlagen (Anlagenart, -dimension, Verfahrenstechnik, etc.) Restriktionen: Standort – Transportradius, Entfernung der Substraterzeuger Baugesetze (BauGB, LBauG usw, Immissionsschutzgesetze (BImSchG), Naturschutzgesetze (BNatSchG, LNatSchG usw.), Biomasseverordnung, etc. Wirtschaftliches Betriebsbedingungen: Witterungsverhältnisse (Sturm, Temperaturschwankungen, Blitz usw.) Kosten (Investitions-, Nebenkosten (z.B. Reparatur, Versicherung, usw.)) Ertrag (Fördertarife, Energieverkauf, Eigenverbrauch) Anwendungsprojekt 16: Küstenschutz und Geothermie Federführung: H.S.W. Ansprechpartner: Björn Oldorf E-Mail: [email protected] H.S.W. Ingenieurbüro, Rostock Im Rahmen des Anwendungsprojektes werden technische Möglichkeiten zur Gewinnung von Wärme oder Kälte aus dem Küstenbereich durch die thermische Nutzung von "Strandwasser" (einem Gemisch aus Grund- und Meerwasser) oder Meerwasser betrachtet. Es soll aufzeigt werden, wie diese Form der Energiegewinnung bei der Errichtung von Küstenschutzmaßnahmen wie Dünen, Deichen, Wellenbrechern oder Buhnen bereits planerisch integriert werden kann. Die erforderlichen Grundlagendaten für eine Beurteilung des thermischen Potentials im Küstenbereich bzw. des Meerwassers wurden über einen Zeitraum von 26 Monaten durch eine eigens dafür von H.S.W. eingerichtete Messstrecke vor Warnemünde ermittelt. Die Messergebnisse zeigen einige weitestgehend nur theoretisch bekannte Interaktionen von Meer und Grundwasser sowie die jahreszeitlich schwankenden Umwelteinflüsse in unterschiedlicher Tiefe. 123 RADOST-Jahresbericht 2014 Im Jahr 2013 stand die Auswertung der Daten und Modellierung der betrachteten geothermische Quellensysteme (horizontale Erdreichkollektoren, vertikale Spiralwärmetauscher und Horizontalbrunnen) im Fokus der Aktivitäten. Darauf aufbauend wurden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchgeführt und Vorzugsvarianten für die Umsetzung identifiziert. Insbesondere für die vergleichsweise kostengünstig herzustellenden horizontal verlegten Erdreichkollektoren wird gemäß der Modellberechnungen ein sehr gutes Kosten-NutzenVerhältnis prognostiziert. Tabelle 1 zeigt die prognostizierte Amortisationszeit und die jährlich bereitgestellte Energiemenge exemplarisch für einen 2.500 m² großen horizontalen Erdreichkollektor. Tabelle 15: Prognose der jährlich bereitgestellten Energiemenge und Amortisationszeit für einen 2.500 m² großen horizontalen Erdreichkollektor Variante Lage des Wärmetauschers Düne (ca. 4,0 -5,0 m unter Gelände) Strand (ca. 1,5 - 2,0 m unter Gelände) Prognose Betriebsweise Jahresertrag [MWh] statische Amortisation [ca. 65.000 € NettoInvestitionskosten] nur Heizen 70-80 ca. 19 – 24 Jahre Heizen + Kühlen 280-320 ca. 5 - 6 Jahre nur Heizen 130-140 ca. 11 - 13 Jahre Heizen + Kühlen 260-280 ca. 6 - 7 Jahre Abbildung 75 gibt einen Eindruck der Simulationsergebnisse für einen ca. 2 m unterhalb des Strandes verbauten Erdreichkollektor. 124 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 75: Simulationsergebnisse für einen horizontalen Erdreichkollektor ca. 2 m unterhalb des Strandes Die Farben charakterisieren die prognostizierten Untergrundtemperaturen zum Jahresende (Heizbetrieb/Wärmeentnahme). Die dargestellten Temperaturverläufe zeigen die saisonale Schwankungsbreite mit (rot) und ohne Kollektor (blau). Die Untersuchungsergebnisse zeigen ein großes Potential für die thermische Nutzung von Strand- bzw. Meerwasser zum Heizen/Kühlen von küstennaher Bebauung (u.a. Wohnhäuser, Büros, Hotels, Gastronomie, Freizeitanlagen). Speziell touristische Einrichtungen können durch eine nachhaltige Energiekostenreduzierung und entsprechendes Marketing (z.B. „Green Building“-Zertifizierung oder „Plusenergiehotel“) Wettbewerbsvorteile erlangen bzw. negative Folgen des Klimawandels kompensieren (u.a. erhöhter Kühlbedarf). Bei der Planung von Wärmetauschern in Küstenschutzbauwerken (u.a. Dünen, Deiche, Strandabschnitte) sind insbesondere die küstendynamischen Vorgänge und die technischen Regelwerke zu berücksichtigen (u.a. Verankerung der Kunststoffrohre, Vermeidung von bauwerksparallelen Leitungen). Erste positive Betriebserfahrungen mit einem 60 m langen Horizontalbrunnen im Strandbereich von Warnemünde liegen vor und belegen generell die Machbarkeit einer oberflächennahen Geothermienutzung im Strandbereich. Eine grundsätzliche Übertragbarkeit der Untersuchungsergebnisse ist für vergleichbare Küstenregionen gegeben (hier: Ausgleichs- oder Auftragsküsten). Für spezielle Küstenschutzmaßnahmen wie z.B. Absperrbauwerke können bereits verfügbare technische Speziallösungen wie „thermisch aktivierte Spundwände“ zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Unter Berücksichtigung genehmigungsrechtlicher und baukonstruktiver Anforderungen wird derzeit die Herstellung von horizontalen Erdreichkollektoren (geschlossenes System) im Bereich von Strandabschnitten favorisiert. Bei der Planung von horizontal verlegten Brunnen 125 RADOST-Jahresbericht 2014 (offenes System) im Bereich von Küstenschutzbauwerken ist u.a. die regelmäßig durchzuführende Reinigung des Filterbereiches zu beachten. Im Projektanschluss wird die Durchführung eines Pilotprojektes und die Publikation praktischer Erfahrungen angestrebt. 126 RADOST-Jahresbericht 2014 Modul 2: Natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung Federführung: IOW Ansprechpartner: Dr. habil. Gerald Schernewski E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) Teilmodul/Arbeitspaket 2.1: Klimadatenbedarf und Analyse (Klimadatenmanagement) Federführung: HZG Ansprechpartnerin: Dr. Insa Meinke E-Mail: [email protected] Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) In diesem Arbeitspaket werden Informationen über klimatische Veränderungen in der Projektregion fortlaufend gebündelt, aufbereitet und bereitgestellt. Zudem werden Projektpartner über methodische Aspekte der Datenverwendung im Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen von Klimaszenarien informiert. Mit dem Norddeutschen Klimaatlas (www.norddeutscher-klimaatlas.de) hat das Norddeutsche Klimabüro zu Projektbeginn eine interaktive Webseite geschaffen, auf der sich Netzwerkpartner und andere Entscheidungsträger über mögliche zukünftige Klimaänderungen und deren Spannbreite im Projektgebiet informieren können. 127 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 76: Norddeutscher Klimaatlas Screenshot: www.norddeutscher-klimaatllas.de Weil aufgrund des hohen Rechenzeitbedarfs nur wenige der vom Weltklimarat IPCC vorgeschlagenen Emissionsszenarien für die regionalen Klimafolgenstudien des Projektes RADOST zu Grunde gelegt werden können, wurde die einheitliche Verwendung von zwei regionalen Klimaszenarien vereinbart. Diese basieren jeweils auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungen, die aus heutiger Sicht plausibel erscheinen. Ein Szenario führt bis Ende des Jahrhunderts zu einem relativ starken Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen (Szenario A1B), das andere beschreibt im selben Zeitraum eine geringere Zunahme der Treibhausgaskonzentration (Szenario B1). Beide Klimaszenarien wurden mit dem Regionalmodell COSMO_CLM berechnet. COSMO_CLM ist das gemeinschaftliche regionale Klimarechenmodell von über 30 internationalen Forschungseinrichtungen. Die Beschränkung auf nur zwei von insgesamt über 40 plausiblen IPCC Emissionsszenarien führt jedoch dazu, dass auch die im Projekt durchgeführten Klimafolgenszenarien nur einen Ausschnitt künftig möglicher Entwicklungen aufzeigen können. Ein wesentliches Instrument des Klimadatenmanagements bildet daher der Norddeutsche Klimaatlas. Dort wird jeweils neben den einzelnen Ergebnissen der beiden im Projekt ausgewählten Klimaprojektionen immer die gesamte Spannbreite möglicher zukünftiger Änderungen angegeben. Diese Spannbreiten basieren auf einem derzeitigen Ensemble von 12 regionalen Klimaszenarien. Übereinstimmungskarten im Norddeutschen Klimaatlas Viele Planungsprozesse sind weiterhin auf eine definierte Zahl, einen bestimmten Schwellenwert oder ein Jahrhundertereignis ausgelegt. Weil jedoch alle Szenarien aus heutiger Sicht plausibel, aber unsicher sind und kein Szenario wahrscheinlicher ist als ein anderes, erfordern Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel Planungen, die auf ein größeres Spektrum unterschiedlicher Klimaentwicklungen ausgelegt sind. Für solche Planungen zeigt eine Erweiterung des Norddeutschen Klimaatlanten nun, worin alle zu Grunde liegenden Klimaszenarien übereinstimmen und für welche Größen in welchen Regionen die Aussagen unklar sind. 128 RADOST-Jahresbericht 2014 Für die nächsten 30 Jahre stimmen beispielsweise alle zu Grunde liegenden regionalen Klimaszenarien darin überein, dass es wärmer werden kann. Diese Übereinstimmung trifft ebenfalls – zumindest über Land – auf die Änderung abgeleiteter thermischer Größen zu, wie Sommertage, heiße Tage, Frosttage und Eistage. Ein anderes Bild zeigt sich bei der Änderung des Jahresniederschlages, in der die Klimaszenarien innerhalb der nächsten 30 Jahre bundesweit nicht übereinstimmen. Einige Szenarien zeigen Zunahmen der jährlichen Niederschlagsmengen, andere dagegen Abnahmen. Ähnliches gilt auch für die jahreszeitlichen Niederschlagsänderungen innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Ab Mitte des Jahrhunderts weisen jedoch alle Szenarien für einen Großteil des RADOST-Gebietes eine sommerliche Niederschlagsabnahme und auf eine winterliche Niederschlagszunahme hin. Für Entscheidungsträger wird somit deutlich, ob eine Aussage eines einzelnen Szenarios für ein bestimmtes Zeitfenster robust ist, wann die Aussage robust wird oder ob sie unklar bleibt. Abbildung 77: Mögliche Änderung des Winterniederschlages an der deutschen Ostseeküste bis Ende des Jahrhunderts (20851-2080) Screenshot: http://www.norddeutscher-klimaatlas.de/klimaatlas/20512080/winter/niederschlag/ostseekueste/uebereinstimmung.html Dossier „Klimawandel in Norddeutschland“ Auf der Webplattform „www.Klimanavigator.de“ hat das Norddeutsche Klimabüro zusammen mit dem Alfred-Wegener Institut, dem Internationalen BALTEX-Sekretariat am HelmholtzZentrum Geesthacht und der Küsten Union Deutschland (EUCC-D) Forschungsergebnisse zum bisherigen und zukünftigen Klimawandel in Norddeutschland und dessen Auswirkungen auf Ökosysteme, Landwirtschaft und Tourismus in einem Dossier zusammengefasst. Einen räumlichen Schwerpunkt des Dossiers bildet die deutsche Ostseeküste mit Ergebnissen des RADOST-Projektes. In dem Dossier werden anhand der Beispiele Tourismus und Ökosysteme Auswirkungen des Klimawandels auf die Ostseeküste dargestellt. Das Dossier Klimawandel in Norddeutschland wird fortlaufend aktualisiert und um weitere Aspekte des regionalen Klimawandels erweitert. Der Klimanavigator ist eine von deutschen Forschungseinrichtungen gemeinsam gestaltete Webseite, die Erkenntnisse zum Klimawandel bündelt. 129 RADOST-Jahresbericht 2014 Das Dossier ist abrufbar unter: www.klimanavigator.de/klimawandel-norddeutschland Abbildung 78: Dossier Klimawandel in Norddeutschland. Schreenshot: www.klimanavigator.de/klimawandel-norddeutschland 130 RADOST-Jahresbericht 2014 Teilmodul 2.2: Wasserstände, Seegang, Strömungen und Sedimenttransporte Arbeitspaket 2.2.2: Großräumige Strömungsveränderungen Federführung: IOW Ansprechpartner: Dr. Ulf Gräwe E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) Die Arbeiten zur Modellierung großräumiger Strömungsveränderungen sind abgeschlossen und publiziert (Gräwe et al. 2013, siehe „Zeitschriftenartikel“ unter Arbeitspaket 5.2 in Modul 5). Arbeitspaket 2.2.3: Strömung und Seegang in kleinräumigen Küstenbereichen Federführung: TUHH Ansprechpartner: Norman Dreier E-Mail: [email protected] Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau ChristianSchlamkow E-Mail: [email protected] Universität Rostock, Fachgebiet Küstenwasserbau (URCE) Im Projektjahr 2013 wurden die numerischen Seegangssimulationen im Bereich der südwestlichen Ostsee fortgeführt und nahezu vollständig abgeschlossen. Erste Auswertungen der Simulationsergebnisse für das Emissionszenarios A1B bestätigen die Erkenntnisse aus voran gegangenen Untersuchen im Projekt zu den Veränderungen des Seegangs für mittlere Verhältnisse an ausgewählte Lokationen, die auf Grundlage von statistischen Verfahren zur Ermittlung des Seegangs (Wind-Wellen-Korrelationen) erfolgten. Bezogen auf die Veränderungen der signifikanten Wellenhöhen im Bereich der südwestlichen Ostsee sind höhere mittleren Wellenhöhen (Mittelwerte der signifikanten Wellenhöhe über 30 Jahre) an West- bzw. Nordwestwind exponierten Küstenabschnitten zu erwarten. Die Veränderungen der Mittelwerte betragen an diesen Küstenabschnitten je nach Vergleichszeitraum bis zu +10 %. An Ost- bzw. Nordost-Wind exponierten Küstenabschnitten sind dagegen keine signifikanten Veränderungen der mittleren Wellenhöhe bzw. geringfügig kleinere Mittelwerte zu erwarten. Zusätzlich zu der räumlichen Variabilität der Veränderungen, sind die Veränderungen dekadisch als auch saisonal sehr verschieden. Letzteres zeigt sich beispielsweise darin, dass die größtmögliche Veränderung nicht 131 RADOST-Jahresbericht 2014 zwangsläufig am Ende des 21. Jahrhunderts und während der Herbst- bzw. Wintersturmzeit auftritt. Demnach tritt die größte Zunahme der jährlichen mittleren Wellenhöhen beim Vergleich der beiden Szenarien 2100 (2071-2100) und 2050 (2021-2050) in der ersten Realisation des Emissionsszenarios A1B und das Szenario 2100 auf (vergleiche Abbildung 79). Die größte Zunahme der saisonalen mittleren Wellenhöhen an den West- bzw. Nordwest-Wind orientierten Küstenabschnitten tritt dagegen im Frühling (MAM) und für das Szenario 2050 (2021-2050) auf (vergleiche Abbildung 80). Abbildung 79: Relative Veränderung der jährlichen mittleren signifikanten Wellenhöhen für die erste Realisation des Emissionsszenarios A1B im Vergleich zum Referenzlauf (1971-2000) Links: Szenario 2100 (2071-2100), Rechts: Szenario 2050 (2021-2050) Abbildung 80: Relative Veränderung der saisonalen mittleren signifikanten Wellenhöhen im Frühjahr (MAM) für die erste Realisation des Emissionsszenarios A1B im Vergleich zum Referenzlauf (1971-2000) Links: Szenario 2100 (2071-2100), Rechts: Szenario 2050 (2021-2050) 132 RADOST-Jahresbericht 2014 Die Veränderung weiterer Seegangsparameter wie z. B. der mittleren Wellenperioden und der mittleren Wellenanlaufrichtungen entlang der gesamten deutschen Ostseeküste wird derzeit untersucht. Arbeitspaket 2.2.4: Sedimenttransport und Morphologie Federführung: TUHH Ansprechpartner: Norman Dreier E-Mail: [email protected] Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau ChristianSchlamkow E-Mail: [email protected] Universität Rostock, Fachgebiet Küstenwasserbau (URCE) Im letzten Jahr erfolgten vorbereitende Arbeiten zur Durchführung von Sedimenttransportberechnungen in Teilregionen der Fokusgebiete mit dem numerischen Modell GENESIS 67 auf Grundlage von Zeitreihen der Seegangsparameter aus den instationären numerischen Simulationen für die südwestliche Ostsee. Durch die Veränderungen des lokalen Seegangs, insbesondere die Veränderung der mittleren Wellenhöhen und Wellenanlaufrichtungen, kann es an West- bzw. Nordwestwind exponierten Küstenabschnitten zu einer Intensivierung des nach Osten bzw. Südosten gerichteten Sedimenttransports kommen (siehe Jahrebericht 2012). Um diese Erkenntnisse aus voran gegangenen Untersuchungen im Projekt, welche auf Zeitreihen der Seegangsparameter basieren die auf Berechnungen des Seegang mit der Methode der Wind-Wellen-Korrelation stammen, zu bestätigen, werden die Berechnungen der Sedimenttransportraten an mehreren benachbarten Küstenabschnitten in Teilregionen der Fokusgebiete durchgeführt. Auf Grundlage der Daten werden im Rahmen der Untersuchungen in den Fokusgebieten bzw. im Anwendungsprojekt 1 die Auswirkungen der Veränderungen der Sedimenttransportraten auf die morphologische Entwicklung der Küste, wie z.B. die zukünftige Entwicklung von Strandbreiten in den Bädergemeinden Scharbeutz und Timmendorfer Strand, bewertet. 67 Hanson, H., and Kraus, N. C. (1989) GENESIS: Generalized model for simulating shoreline change, Report 1: Technical reference, Tech. Rep. CERC-89-19, U.S. Army Engineer Waterways Experiment Station, Vicksburg, MS. 133 RADOST-Jahresbericht 2014 Teilmodul 2.3: Fluss-Küste-Meer: Gewässerqualität und Klimawandel Federführung: IOW Ansprechpartner: Dr. habil. Gerald Schernewski E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) Arbeitspaket 2.3.1: Gewässerqualität in Flüssen Federführung: IGB Ansprechpartner/in: Dr. Markus Venohr E-Mail: [email protected] Judith Mahnkopf E-Mail: [email protected] Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB) Nachdem in vergangenen Berichtszeiträumen bereits Nährstoffeinträge und –frachten für 1880 und die Gegenwart mit dem Modell MONERIS berechnet wurden, liegen nun auch modellierte Daten für das Jahr 2021 und den Zeitraum 2010-2100 in monatlicher Auflösung vor. Näheres ist unter Arbeitspaket 1.4.3 „Referenzwerte und guter Zustand der Gewässer in Gegenwart und Zukunft“ im Fokusthema 3 „Gewässermanagement und Landwirtschaft“ nachzulesen. Arbeitspaket 2.3.2: Gewässerqualität in äußeren Küstengewässern und Ostsee Federführung: IOW Die Datensätze wurden durch 2 transiente Simulationen von Thomas Neumann, bzw. René Friedland (IOW) erzeugt, die einmal den Zeitraum 1850 bis 2007 und einmal 1960 bis 2100 abdecken. Hierzu wurde jeweils das Modell ERGOM-MOM mit der 3-Seemeilen-Bathymetrie genutzt. 134 RADOST-Jahresbericht 2014 Teilmodul 2.4: Ökologie und biologische Vielfalt Federführung: IfAÖ Arbeitspaket 2.4.1: Mögliche klimabedingte Änderungen Makrozoobenthos In der Ökologie bilden Lebensraummodelle das Wechselspiel zwischen biotischen und abiotischen Faktoren ab, um Schlüsse über vergangene oder künftige Entwicklungen in Lebensräumen (Habitaten) und deren Verteilung treffen zu können. Eine Kernfrage des RADOST-Schwerpunkts „Ökologie und biologische Vielfalt“ bezieht sich auf die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fauna und Flora im deutschen Ostseeraum. Es ist anzunehmen, dass sich in den nächsten 100 Jahren die abiotischen Bedingungen der Ostsee, wie z.B. Temperatur und Salzgehalt aufgrund des Klimawandels ändern werden.68 Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob und in welche Richtung sich das Ökosystem der Ostsee verändern wird. Im Rahmen von RADOST wurde ein Schwerpunkt auf die Entwicklung der benthischen (bodenlebenden) Artengemeinschaften gelegt. Folgende Fragen sollen dazu beantwortet werden: Wie wird das Ökosystem Ostsee langfristig durch klimabedingte Veränderungen beeinflusst? Wie wird sich die biologische Vielfalt (Biodiversität) der Ostsee verändern? Kommt es zu Verschiebungen in der Artzusammensetzung? Kommt es zu einer Veränderung von Abundanz und Biomasse? Nimmt zukünftig die Anzahl nicht-heimischer Arten (Neobiota) in der Ostsee zu? Um diese Fragen beantworten zu können, wurde zunächst der Ist-Zustand der Umweltbedingungen und der Artengemeinschaften beschrieben. Mit Hilfe bekannter Klimaszenarien, die die Veränderungen abiotischer Parameter in Zukunft beschreiben (projiziert auf die Jahre 2050 und 2100), kann auf mögliche Veränderungen der Artengemeinschaften in der Ostsee geschlossen werden. Dazu wurde zunächst eine Bestandsaufnahme der am IfAÖ zur Verfügung stehenden Daten zum Makrozoobenthos (bodenlebende tierische Organismen von mehr als 1 mm Größe) in der Ostsee zwischen 1993 und 2010 durchgeführt. Neben der Präsenz, Abundanz und Biomasse der einzelnen Arten wurden bei den Probenahmen auch sedimentbeschreibende (Korngröße, Schluffgehalt, organischer Gehalt) und hydrologische Parameter (Temperatur, Salzgehalt, Sauerstoffkonzentration) aufgenommen. Da die so gewonnenen hydrologischen Daten lediglich eine Momentaufnahme der vorherrschenden Bedingungen darstellen und geringe Aussagekraft hinsichtlich langfristiger Entwicklungstrends besitzen, wurden die Probendaten des IfAÖ mit Modelldaten des IOW (GETM und MOM/ERGOM) gekoppelt und den einzelnen Funden in der IfAÖ-Datenbank jeweils ein Datensatz mit hydrologischen Parametern am Gewässergrund zugeordnet. Die anschließenden statistischen Analysen berücksichtigen nur Arten, die im Zeitraum zwischen 1993 und 2010 mindestens 36-mal gefunden wurden. Dieser Artenpool umfasst ca. 130 Arten. 68 Gräwe, U., Friedland, R. & Burchard, H. (2013): The future of the western Baltic Sea: two possible scenarios. Ocean Dynamics 63 (8): 901-921. 135 RADOST-Jahresbericht 2014 Arten und Artengemeinschaften Die Verteilung der Arten in Relation zu den hydrologischen Parametern Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoffgehalt sowie in Abhängigkeit von Sedimentparametern, wie Korngröße, Schluffgehalt und organischer Gehalt wurde zunächst mit Hilfe von univariaten statistischen Verfahren dargestellt. Auf dieser Grundlage konnten erste Informationen über den Grad der Toleranz bzw. der Sensitivität der einzelnen Arten gegenüber der Umweltvariation gewonnen werden. Darüber hinaus konnte die mittlere ökologische Artenausstattung für die hydrographischen und sedimentologischen Parameter definiert werden. Bei diesem Ansatz geht jedoch Information verloren, da die Toleranz der Arten gegenüber einem abiotischen Faktor oft zusätzlich von anderen Umweltfaktoren (wie z. B. dem Salzgehaltsgradienten in der deutschen Ostsee) beeinflusst wird. Deswegen wurde in einer anschließenden, multivariaten Analyse die Umweltabhängigkeit der Artenverteilung als Gesamtübersicht in einem MDS-Plot dargestellt (siehe 3. RADOST-Jahresbericht). In einer Clusteranalyse wurden verschiedene Artengemeinschaften in der Ostsee identifiziert. Jeder Artengemeinschaft wurde die abiotische Ausstattung ihres Lebensraums zugeordnet. Im Gegensatz zu den biologischen Daten, die sich auf vergleichsweise wenige Messstationen beziehen, liegen die abiotischen Messwerte flächiger vor. Dadurch kann die Lebensraumausstattung der westlichen Ostsee auf die Fläche projiziert und in verschiedene Lebensraumzonen eingeteilt werden. Die kartografische Darstellung dieser modellhaften Verteilung von Benthosgemeinschaften dient als Grundlage für weitere Habitatmodelle, die tauchende Vogelarten (z. B. Eisente) einschließen, die sich von benthischen Organismen ernähren. Abbildung 81: Boxplots für die Verteilung der Artengemeinschaften entlang abiotischer Gradienten Links: Geographische Länge. Die blaue Linie markiert die ungefähre Position der Darßer Schwelle. Rechts: Salzgehalt. Die Verteilung der Artengemeinschaften spiegelt häufig die unterschiedlichen hydromorphologischen Bedingungen der Ostsee wieder. So bildet die Darßer Schwelle mit einer maximalen Wassertiefe von 18 m eine natürliche Barriere, die den Wasseraustausch zwischen dem westlichen (salzhaltigeren) und dem östlichen Teil der deutschen Ostsee einschränkt. Dementsprechend wurden zwei Artengemeinschaften („A“ und „B“) nur an 136 RADOST-Jahresbericht 2014 Stationen westlich der Darßer Schwelle in der Mecklenburger Bucht beobachtet (Abbildung 81, links). Die Artengemeinschaft „B“ kommt auf schlickigen Sedimenten in Wassertiefen zwischen 20 und 25 m vor und ist durch das Auftreten von Sauerstoffmangelsituationen gekennzeichnet. Gemeinschaft „A“ besiedelt Fein- und Mittelsande überwiegend in 15 bis 20 m Tiefe und dringt bis zur Darßer Schwelle vor. Eine charakteristische Art beider Gemeinschaften ist u.a. die sehr langlebige Islandmuschel (Arctica islandica) (Abbildung 82, links). Demgegenüber stehen Gemeinschaften, die nur östlich der Darßer Schwelle gefunden wurden, wie z. B. die Gemeinschaft „I“, die im Arkonabecken in Wassertiefen >30 m auf überwiegend schlickigen Sedimenten auftritt und von der Baltischen Plattmuschel (Macoma balthica) (Abbildung 82, rechts) dominiert wird. Andere Artengemeinschaften treten sowohl westlich als auch östlich der Darßer Schwelle auf. Dazu gehört die Gemeinschaft „G“, die typischerweise in den inneren Küstengewässern, wie z. B. der inneren Wismarbucht und im Kubitzer Bodden, vorkommt. Abbildung 82: Links: Islandmuschel (Arctica islandica). Rechts: Baltische Plattmuschel (Macoma balthica) In den nächsten 100 Jahren wird der Salzgehalt in der deutschen Ostsee klimabedingt abnehmen (siehe 3. RADOST-Jahresbericht). Das Makrozoobenthos der deutschen Ostsee setzt sich überwiegend aus marin-euryhalinen Arten zusammen, also aus Arten, die einen großen Toleranzbereich in Bezug auf den Salzgehalt besitzen, was sich auch in der Zusammensetzung der meisten Artengemeinschaften widerspiegelt (Abbildung 81, rechts). Es ist noch nicht genau vorhersehbar, inwieweit sich die Artenzusammensetzung bei einer klimabedingten Abnahme des Salzgehaltes ändern wird, aber es ist mit einer Verringerung der Gesamtbiomasse zu rechnen, da ein geringerer Salzgehalt zu erhöhtem physiologischen Stress führen kann und die meisten Organismen somit langsamer wachsen würden. Es wurden jedoch auch Artengemeinschaften, wie die Gemeinschaft „K“ (Vorkommen u.a. am Adlergrund) mit einem relativ schmalen Toleranzbereich bezüglich Salzgehalt identifiziert. Diese Gemeinschaften werden voraussichtlich deutlich sensibler auf die klimabedingte Abnahme des Salzgehaltes reagieren. Arbeitspaket 2.4.2: Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel Die Eisente (Clangula hyemalis) als Indikator des Umweltzustandes der Ostsee Zu den möglichen Auswirkungen des globalen Klimawandels auf Seevögel zählen räumliche und zeitliche Verschiebungen von Nahrungsgrundlagen relativ zu den Brut- und Überwinterungsarealen. Ziel der Analysen im Rahmen von RADOST war die Projektion von Klimaszenarien (für die Jahre 2050 und 2100) auf Abundanz und Verbreitung von Seevögeln 137 RADOST-Jahresbericht 2014 in der westlichen Ostsee. Überwinternde Meeresenten, wie die weltweitweit verbreitete Eisente (Clangula hyemalis), sind in ihrer Nahrungswahl hoch spezialisiert und ernähren sich zu einem hohen Anteil von benthischen (bodenlebenden) Organismen. Ändert sich die marine Umwelt und die Zusammensetzung des Benthos im Zuge des globalen Klimawandels, können sich Räuber-Beute-Beziehungen ändern, wodurch Brut- und Überwinterungsbestände von Seevögeln nachhaltig beeinflusst werden würden. Darüber hinaus führt der globale Wandel zu Verschiebungen in der marinen Nutzungslandschaft. Die Einstufung dieser Entwicklungen war ein Ziel von RADOST. Im Projektverlauf wurde zunächst der abiotische Rahmen, innerhalb dessen die Eisente ökologisch eingenischt ist, analysiert. Wassertiefe (bis etwa 20 m) und Eisbedeckung setzen die Grenzen der möglichen Eisentenverteilung in der westlichen Ostsee. Wie Modellrechnungen zeigten, wird im Zuge der Klimaerwärmung der Eisbedeckungsgrad in der Ostsee drastisch abnehmen. Auf der Grundlage von Klimaszenarien für den gesamten Wasserkörper der Ostsee (unter Einbeziehung der Modelle GETM und ERGOM/MOM des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, IOW) zeigte sich, dass potentielle Nahrungsgründe der Eisente im Zuge der Klimaerwärmung für überwinternde Eisenten zunehmend verfügbar werden. Die Prognose bis zum Jahr 2100 ergab eine Abnahme der Eisdicke um durchschnittlich 17,5 cm, was mit einem drastischen Rückzug der geschlossenen Eisdecke einhergeht. Diese Entwicklung wird bereits in den nächsten Jahrzehnten deutlich zutage treten. Gemessen an den heute zur Verfügung stehenden Überwinterungsgebieten wäre der Lebensraumgewinn durch den Rückgang des Eises hauptsächlich in der südwestlichen Ostsee zu erwarten (siehe Abbildung 84). Abbildung 83: Eisente (Clangula hyemalis) Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clangula-hyemalis-011.jpg 138 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 84: Modellierter Rückzug der Eiskante in der Ostsee für das Jahr 2060 ausgehend von den Verhältnissen um 1970 Dargestellt sind Eisprofile für den Monat März. Rote Bereiche geben Gebiete mit Wassertiefen bis 20 Meter an, die für Eisenten als Nahrungsgebiete potenziell zur Verfügung stehen; nicht berücksichtigt ist die biotische Ausstattung dieser Flächen. Abbildung 85: Boxplots für die Verteilung der Artengemeinschaften entlang des Gradienten der Wassertiefe. Die blaue Linie markiert die für tauchende Eisenten relevante 20-Meter-Tiefenlinie. Im nächsten Schritt erfolgte die Analyse der Lebensraumansprüche der Eisente. Denn neben den abiotischen Rahmenbedingungen spielt die belebte Umwelt, d.h. das Nahrungsangebot für Eisenten, für die Habitatbeschreibung eine zentrale Rolle. Hierzu wurden die Ergebnisse aus der Makrozoobenthos-Modellierung integriert. Zusätzliche Berücksichtigung fanden Muschellängenverteilungen, da Eisenten sind bezüglich der Beutegröße an bestimmte Optima adaptiert. Generell lässt sich festhalten: mit Ausnahme der zwei Benthos-Gemeinschaften „I“ (im Arkonabecken) und „B“ (in den tieferen Bereichen der Mecklenburger Bucht) kommen alle Artengemeinschaften zumindest teilweise in Wassertiefen <20 m vor, d.h. im bevorzugten Tauchtiefenbereich der Eisente. Die für Eisenten relevanten Artengemeinschaften, in denen geeignete Muschelarten in hohen Anteilen vorkommen (C, E, H und insbesondere J), können bestimmten Gebieten der westlichen Ostsee zugeordnet werden. Die Artengemeinschaft „C“ ist dabei am weitesten verbreitet und deckt einen breiten Wassertiefenbereich ab; „E“ 139 RADOST-Jahresbericht 2014 beschränkt sich auf den Greifswalder Bodden; die Artengemeinschaft „H“ ist entlang der Küste Rügens und Usedoms sowie in der Pommerschen Bucht zu finden; „J“ ist in Küstenzonen im gesamten Betrachtungsraum zu finden. Neben diesen korrelativen Analysen müssen begleitend neue methodische Ansätze verfolgt werden, um Vorhersagen aus Habitatmodellen überprüfen zu können. Die geographische Präzision bisheriger benthischer und avifaunistischer Erfassungsmethoden sind grundsätzlich unterschiedlicher Natur: Benthosdaten zu Artenzusammensetzung und Biomasse werden an vordefinierten, festen Stationen wiederholt durch bestimmte Greifer erhoben (hohe Präzision bei geringe räumlicher Abdeckung); die Verteilungsmuster von Eisenten werden durch großräumige Befliegungen ermittelt (geringe Präzision bei hoher räumlicher Abdeckung). Die Verschneidung dieser Geodaten ist daher problematisch. Eine Möglichkeit, die geographische Genauigkeit der Vogelerfassungen zu erhöhen ist die Verwendung hoch aufgelöster, georeferenzierter Digitalfotografien. Das IfAÖ hat im Rahmen von RADOST in Zusammenarbeit mit der Universität Rostock erste Pilotstudien zur Erfassung von Eisenten mithilfe digitaler Methoden in der Pommerschen Bucht und über anderen „Hot-Spots der Biodiversität“ durchgeführt (Abbildung 86). Mit der Einführung digitaler Methoden, lassen sich künftig bestimmte Fokusgebiete gezielt anfliegen, um mit erhöhter Präzision die Abundanz und Verteilung von Seevögeln in Abhängigkeit definierter Habitatbedingungen zu erfassen. Abbildung 86: Sitzende (links) und fliegende Eisenten aufgenommen Luftbildtechnik aus einer Höhe von 420 m in der Pommerschen Bucht mit digitaler Arbeitspaket 2.4.3: Klimainduzierte ökosystemare Interaktionen Im Rahmen des Arbeitspaketes 2.4.3 werden klimainduzierte ökosystemare Interaktionen sowohl für Makrozoobenthos und Seevögel als auch für Makrophyten betrachtet. Makrozoobenthos und Seevögel Federführung: IfAÖ Ausblick ökologische Untersuchungen Benthos – abiotische Faktoren und klimatische Veränderungen Die nachgewiesenen Artengemeinschaften werden im weiteren Forschungsverlauf genauer charakterisiert, damit sie mit Ergebnissen bisheriger Untersuchungen verglichen sowie zu etablierten Habitat-Klassifikations-Systemen in Beziehung gesetzt werden können. Die am 140 RADOST-Jahresbericht 2014 Institut für Angewandte Ökosystemforschung (IfAÖ) identifizierten Artengemeinschaften decken sich größtenteils mit den Ergebnissen einer kürzlich erschienenen Studie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (IOW)69. Um über abiotische Parameter auch auf Artengemeinschafen in Bereichen ohne Datengrundlage besser schließen zu können, und somit eine möglichst flächendeckende Karte der Biotop- und Lebensraumtypen der deutschen Ostsee zu erstellen, sind weitere Analysen erforderlich. Darüber hinaus kann mit Hilfe von Klimamodellen die zukünftigen Veränderungen der MakrozoobenthosGemeinschaften in der deutschen Ostsee räumlich und zeitlich genauer prognostiziert werden. Dabei werden mögliche Änderungen des Schutzgebietsstatus, z. B. der Gemeinschaften im FFH-Gebiet „Adlergrund“, eine Rolle spielen. Abschließend sollen Empfehlungen für Entscheidungsträger insbesondere im Kontext von EU-WRRL und EUMSRL gegeben werden. Ökoystemare Auswirkungen des Klimawandels unter Einbezug des anthropogenen Einflusses Neben Veränderungen von ökologischen Zusammenhängen muss die zunehmende Intensivierung der Meeresnutzung (Windkraft, Kiesabbau) berücksichtigt werden. Flachgründe in Bereichen unter 20 Meter Wassertiefe werden zunehmend im Brennpunkt von Konflikten zwischen den Belangen des Naturschutzes und Nutzung durch den Menschen stehen, denn die erreichbare Muschelnahrung für Tauchenten befindet sich hauptsächlich auf diesen „Kuppen“. Der Ausbau der Offshore-Windenergienutzung ist zwar als Klimaschutzstrategie nicht zuletzt umweltpolitisch motiviert, steht aber im potentiellen Konflikt zu den Lebensraumansprüchen von Seevögeln. In Kombination mit Schifffahrt, Fischerei und Kiesabbau würden in bestimmten Gebieten störungsfreie Überwinterungsgebiete immer seltener werden. Es bleibt daher eine wichtige naturschutzfachliche Aufgabe, die Konsequenzen des anthropogenen Klimawandels integrativ zu betrachten, um ökologische Gesamtbilanzen des globalen Wandels ziehen zu können. Makrophyten Federführung: LLUR Hohe Schwankungen oder extreme Ausprägungen physikalischer Umweltfaktoren, wie sie aufgrund des Klimawandels erwartet werden, stellen für Organismen physiologische StressSituationen dar. Neben direkten Auswirkungen können auch indirekt die Wechselwirkungen innerhalb der Seegras- und Blasentanglebensgemeinschaften gestört und damit wichtige ökologische Regulationsmechanismen außer Kraft gesetzt werden. Die folgenden Beispiele zeigen, dass Änderungen abiotischer Umweltfaktoren sogar zu Verhaltensänderungen von Tieren führen können, was sich dann rückwirkend über die Nahrungsnetzbeziehungen auf das gesamte Ökosystem auswirkt. Zudem wird deutlich wie sich die verschiedenen Einflussfaktoren gegenseitig beeinflussen, rückkoppeln und verstärken können. In vielen Fällen sind die resultierenden Effekte nicht vorhersehbar. Außerdem sind große regionale Unterschiede zu erwarten. 69 Schiele, K.S., Darr, A. & Zettler, M.L. (2014): Verifying a biotope classification using benthic communities – An analysis towards the implementation of the European Marine Strategy Framework Directive. Marine Pollution Bulletin 78 (1–2): 181-189. 141 RADOST-Jahresbericht 2014 Blasentang Strandschnecken (Littorina littorea) sind in der Lage, den Aufwuchs auf erwachsenen Blasentangen abzuweiden, sodass ausreichend Licht für eine positive Photosynthese zur Verfügung steht. Wird diese Weidegänger-Aufwuchs-Wechselbeziehung gestört kann sich dies nachteilig auf die Blasentangbestände auswirken. Strandschnecken bilden in Anwesenheit von Räubern wie der Strandkrabbe (Carcinus maenas) dickere Schalen. Niedrige pH-Werte stören jedoch die Schalenbildung und die Schnecken werden anfälliger gegenüber Fressfeinden. Die Strandschnecken scheinen den Nachteil dünnerer Gehäuse durch Verhaltensänderungen zu kompensieren. Sie halten sich häufiger an für Strandkrabben nicht erreichbaren Orten auf. Diese Räuber-Vermeidungsstrategie führt jedoch dazu, dass sie weniger Zeit für die Nahrungsaufnahme aufwenden und ihre regulierende Funktion als Weidegänger eingeschränkt wird. Bedeutende Auswirkungen niedriger pH-Werte auf die Räuber-Beute-Beziehungen zwischen Strandkrabben und Strandschnecken konnten bisher für die Ostsee nicht nachgewiesen werden. Auch Baltische Meerasseln (Idotea baltica) können wie die Strandschnecken den Aufwuchs auf Blasentangen effektiv entfernen, was sich positiv auf das Wachstum der Alge auswirkt. Andererseits fressen sie bei Nahrungsmangel das Gewebe des Blasentangs und können dadurch die Bestände nachhaltig schädigen. Eine starke Vermehrung der Meerassel durch veränderte Umweltfaktoren (z. B. hohe Wassertemperaturen) kann den Fraßdruck auf den Blasentang selbst erhöhen. Erhöhte Wassertemperaturen wirken sich jedoch in Abhängigkeit von anderen Faktoren regional unterschiedlich aus. Zum einen kann die Lebensspanne der Asseln verkürzt werden und die Anfälligkeit gegenüber pathogenen Keimen zunehmen. Auf der anderen Seite dehnen milde Winter die Brutperiode aus und führen zu mehr Nachkommen pro Jahr. Zudem fördern hohe Wassertemperaturen das Wachstum der Aufwuchsalgen. Zusätzlich können hohe Wassertemperaturen und Lichtlimitation durch Eutrophierung die Abwehrbereitschaft des Blasentangs gegenüber Fressfeinden noch herabsetzen. Seegras Klimatische Veränderungen können die Wechselbeziehungen zwischen den Organismen beeinflussen und sich damit direkt auf Seegraswiesen auswirken. Das „mutualistic mesograzer model“ im Seegrasnahrungsnetz beschreibt die bedeutende regulatorische Funktion kleiner Krebstiere und Schnecken (Meso-Grazer), die den pflanzlichen Aufwuchs auf den Seegrasblättern abweiden und so ein Überwuchern mit schneller wachsenden Algen verhindern. In einem vereinfachten Nahrungsnetz lassen sich Veränderungen der Nahrungsbeziehungen unter dem Einfluss anthropogener Faktoren beispielhaft erläutern (Abbildung 87A). Fressen beispielsweise kleine Fische vermehrt die wirbellosen MesoGrazer, weil sie selbst aufgrund der Überfischung nicht von größeren Räubern erbeutet werden, können Aufwuchsalgen die Seegraspflanzen überwachsen und negativ beeinträchtigen (Top-down-Effekt, trophische Kaskade). Die Eutrophierung verstärkt das Wachstum der Aufwuchsalgen (Bottom-up-Effekt). Werden die regulierenden Algengrazer aufgrund klimatisch bedingter Veränderungen reduziert oder das Wachstum der Epiphyten (Aufwuchspflanzen) intensiviert, können die negativen Auswirkungen auf das Seegras verstärkt werden (Abbildung 87B). 142 RADOST-Jahresbericht 2014 A B Abbildung 87: Vereinfachte Darstellung, wie sich Überfischung und Eutrophierung auf Seegraswiesen auswirken können (A). Die Pfeile kennzeichnen die Richtung, die Plus- und Minuszeichen die positiven und negativen Effekte. Erhöhte Wassertemperaturen, sinkende pH-Werte und Sauerstoffmangel können direkt das Seegras schädigen, aber auch die Auswirkungen von Eutrophierung und Überfischung indirekt verstärken (B) Hohe Wassertemperaturen können einerseits direkt Seegras und Epiphyten beeinträchtigen, aber auch indirekt wirken, weil dann das Wachstum der Algen stärker ansteigt als die Konsumptionsraten der Meso-Grazer. Gleichzeitig sinkt die Sauerstoffsättigung im Wasser. Eine hohe Artendiversität der Krebstier-Grazergemeinschaft stärkt dagegen die Resilienz des Seegrasökosystems gegenüber den negativen Effekten der Eutrophierung und erhöhter Wassertemperaturen. 143 RADOST-Jahresbericht 2014 Modul 3: Sozio-ökonomische Analyse Federführung: IÖW Ansprechpartner: Dr. Jesko Hirschfeld E-Mail: [email protected] André Schröder E-Mail: [email protected] Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW) In der sozioökonomischen Analyse wurden in der Anfangsphase des Projektes zunächst eine regionalwirtschaftliche Analyse, eine Akteursanalyse sowie Zukunftsszenarien für zentrale Wirtschaftsbereiche erarbeitet. Aufgrund des Ausmaßes des durch die weltweite Banken- und Wirtschaftskrise ausgelösten Konjunktureinbruchs, der sich auch in der Ostseeregion deutlich bemerkbar machte, wurde die im ersten Projektjahr erstellte regionalwirtschaftliche Bestandsaufnahme noch einmal aktualisiert und überarbeitet. Darauf aufbauend wurden die Input-Output-Modellierung, die agrarökonomische Modellierung sowie die Kosten-Nutzen-Analyse vorangetrieben. Die Arbeiten an diesen Arbeitspaketen werden im Jahre 2014 abgeschlossen und die Ergebnisse daraus publiziert. Arbeitspaket 3.1: Regionalwirtschaftliche Analyse Federführung: IÖW Die regionalwirtschaftliche Analyse ist eine wichtige Voraussetzung zur Identifikation der in der Region maßgeblichen wirtschaftlichen Nutzungen des Küstenraumes und gibt Hinweise auf Konfliktlinien zwischen verschiedenen Nutzungen in der Region. In den ersten beiden Projektjahren wurde u. a. die Entwicklung und Struktur der Bevölkerung, die Flächennutzung, der Ausbildungsstand, die Erwerbstätigkeit, sowie die wirtschaftliche Entwicklung und Struktur in der Projektregion untersucht. Darüber hinaus wurden mit der Landwirtschaft, der Fischerei, der Bauwirtschaft, der Tourismuswirtschaft und der Maritimen Wirtschaft fünf für die Projektregion bedeutende Wirtschaftsbereiche hinsichtlich ihrer Struktur und Entwicklung detailliert analysiert. Im vergangenen Projektjahr wurde die Lage der kommunalen Finanzhaushalte in der Ostseeregion betrachtet. Die finanzielle Handlungsfähigkeit einer Kommune ist Grundlage für die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben, zu denen bislang im größeren Umfang auch die Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an Klimawandel zählt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden im Folgenden vorgestellt. Kommunale Finanzen Die Kommunen70 nehmen in Deutschland ergänzend zum Bund und den Bundesländern wichtige öffentliche Aufgaben wahr. Als Trägerinnen der kommunalen Selbstverwaltung sind sie dem öffentlichen Wohl verpflichtet. Ihre Tätigkeit dient dem öffentlichen Zweck und der 70 Die unterste Ebene des föderalen Systems bilden in Deutschland 2013 rund 11.000 Gemeinden. Sie sind in rund 450 Landkreisen organisiert. 110 größere deutsche Städte sind gegenwärtig kreisfrei, darunter vier in Schleswig-Holstein und seit der Kreisgebietsreform vom 4.9.2011 noch zwei in Mecklenburg-Vorpommern. Im Folgenden werden unter Kommunen sowohl Gemeinden und Landkreise als auch kreisfreie Städte zusammengefasst. 144 RADOST-Jahresbericht 2014 Daseinsvorsorge. Neben zahlreichen gesetzlich auferlegten Pflichtaufgaben übernimmt die Kommune auch freiwillige Aufgaben. Freiwillige Aufgaben betreffen vor allem das wirtschaftliche (z. B. Wirtschaftsförderung, Verkehrsladeplätze), das kulturelle (z. B. Bibliotheken, Sportstätten) und das soziale (z. B. Altenpflege, Krankenhäuser) Wohl der Einwohner. In welchem Umfang die Kommune freiwillige Aufgaben wahrnimmt hängt von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit und den Anliegen der örtlichen Politik ab. Im Folgenden soll ein Überblick über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen in der deutschen Ostseeregion gegeben werden. Einnahmen der Kommunen Die Kommunen der Ostseeregion erzielten im Jahr 2009 Bruttoeinnahmen71 in Höhe von zusammen 6,3 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anstieg der kommunalen Einnahmen gegenüber dem Jahr 1999 von 14,7%. Bundesweit stiegen die kommunalen Einnahmen im Mittel jedoch etwas stärker an (+ 16,7%). Der Grund für die schwächere Entwicklung der Einnahmesituation der Kommunen in der Ostseeregion begründet sich vor allem in der schwächeren Entwicklung der kommunalen Einnahmen im schleswig-holsteinischen Teil der Ostseeregion (+ 13,9%). Pro-Kopf standen den Kommunen in der Ostseeregion 2. 33 € in 2009 zur Verfügung und damit 2 € mehr pro Einwohner als im Bundesdurchschnitt. Dieses sehr positive Abschneiden der Ostseeregion begründet sich in dem mit 2. 6 € vergleichsweise hohen Pro-Kopf-Einnahmen der Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil der Ostseeregion. Der schleswig-holsteinische Teil lag mit 2. 0 € pro Einwohner hingegen auf Bundesniveau. Aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen der Gemeinden stammten in 2009 20,4% der Bruttoeinnahmen der Kommunen in der Ostseeregion. Pro Kopf waren dies 574 Euro. Jedoch bestanden hier deutliche Unterschiede zwischen den Gemeinden in SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern. So nahmen die Ostseegemeinden in SchleswigHolstein pro Kopf 662 Euro, die Ostseegemeinden in Mecklenburg-Vorpommern lediglich 449 Euro an Steuern und steuerähnlichen Geldern ein. Letzterer Wert entsprach lediglich 59% des Bundesdurchschnitts (762 Euro pro Einwohner) und belegt eindrucksvoll die wirtschaftliche Schwäche der nordostdeutschen Gemeinden. Mit einem Anstieg des ProKopf-Steueraufkommens um 63,3% konnten sich die Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil der Ostseeregion zwischen 1999 und 2009 jedoch deutlich dem Bundesdurchschnitt annähern, welcher im selben Zeitraum lediglich um 23,1% zunahm. Im schleswig-holsteinischen Teil der Ostseeregion legte das Pro-Kopf-Steueraufkommen jedoch nur 10,7% zu und entwickelte sich deutlich unterdurchschnittlich. Ausgaben der Kommunen Den Einnahmen der Kommunen stehen deren Ausgaben gegenüber. Im Jahr 2009 beliefen sich die Bruttoausgaben der Kommunen in der deutschen Ostseeregion auf 6,8 Milliarden Euro und überstiegen damit die Bruttoeinnahmen um rund 500 Millionen Euro. Im Vergleich zum Jahr 1999 sind die Bruttoausgaben um 25,8% gestiegen. Die Ausgaben der Ostseekommunen sind damit schneller als im Bundesdurchschnitt (+ 21,3%) gestiegen. Noch deutlicher fällt der Anstieg der kommunalen Ausgaben (+ 25,8%) gegenüber dem Anstieg der kommunalen Einnahmen in der Ostseeregion aus (14,7%, siehe Abschnitt „Einnahmen der Kommunen“. 71 Einnahmen der Kommunen stammen unter anderem aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen der Gemeinden, aus Gebühren, Abgaben und Beiträgen sowie Zuweisungen von Bund und Ländern, Krediten und inneren Darlehen. 145 RADOST-Jahresbericht 2014 Die Pro-Kopf-Ausgaben der Kommunen in der Ostseeregion beliefen sich in 2009 auf 2.966 €. Damit lagen die Pro-Kopf-Ausgaben der Kommunen in der Ostseeregion 110 € über dem Bundesdurchschnitt. Besonders hohe Pro-Kopf-Ausgaben hatten mit 2.985 Euro pro Einwohner die Kommunen im mecklenburg-vorpommerschen Teil der Ostseeregion. Verschuldung der Kommunen Das Übersteigen der Einnahmen durch die Ausgaben zwingt die Kommunen zur Aufnahme von Krediten. 2009 belief sich die Verschuldung der Kommunen in der Ostseeregion auf insgesamt 2,6 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung der kommunalen Haushalte in der Ostseeregion von 1.134 Euro. Gegenüber dem Jahr 1999 ist dies ein Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte um 3,1%. Bundesweit sank die Pro-Kopf-Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte im selben Zeitraum sogar um 8,2% auf 987 Euro pro Einwohner. Doch es kam nur scheinbar zu einem Abbau der kommunalen Verschuldung. Tatsächlich kam es in den vergangenen Jahren zu einer Auslagerung von Schulden auf Unternehmungen der öffentlichen Hand und zu einer verstärkten Aufnahme von Kassenkrediten, welche nicht in der hier verwendeten amtlichen Schuldenstatistik enthalten sind. Kassenkredite dienen nicht der Finanzierung konkreter Investitionsvorhaben und werden in der Regel von der Kommunalaufsicht nicht geprüft. Ursprünglich diente sie dem Ausgleich unterjähriger Zahlungsschwankungen. Jedoch setzen die Kommunen Kassenkredite zunehmend für die dauerhafte Finanzierung von Finanzierungslücken der Verwaltungshaushalte ein.72. So hat sich die Inanspruchnahme von Kassenkrediten durch die Kommunen zwischen 1998 und 2011 in etwa versechsfacht.73 Nach den Berechnungen des DIW betrug der Anteil der Kassenkredite an den kommunalen Schulden in Deutschland in 2011 32%74. Die kommunale Verschuldung lag in 2009 einschließlich der Kassenkredite in Mecklenburg-Vorpommern bei 1.536 € pro Kopf (davon Kassenkredite: 293 € pro Kopf) und in Schleswig-Holstein bei 1.113 € pro Kopf (davon Kassenkredite: 1 3 € pro Kopf). Gegenüber dem Jahr 1999 ist die kommunale Pro-Kopf-Verschuldung unter Berücksichtigung der Kassenkredite in Mecklenburg-Vorpommern um 24% und in SchleswigHolstein um 10% gestiegen. Von diesen Relationen ausgehend, lag die kommunale ProKopf-Verschuldung in der Ostseeregion einschließlich der Kassenkredite in 2009 bei rund 1.400 €. Bezogen auf ihre Bruttoeinnahmen betrug der durchschnittliche Verschuldungsgrad der Kommunen in der Ostseeregion in 2009 zirka 51%. Damit waren die Kommunen in der Ostseeregion gemessen an ihren Bruttoeinnahmen etwas geringer verschuldet als der Durchschnitt der deutschen Kommunen (53%). Jedoch ergeben sich auch hier teilräumliche Unterschiede. So lag der Verschuldungsgrad der Kommunen im schleswig-holsteinischen Teil der Ostseeregion bei durchschnittlich 47% und jener der Kommunen im mecklenburgvorpommerschen Teil bei durchschnittlich 55%. Zwischenfazit Zwar wuchsen im untersuchten Zeitraum von 1999 bis 2009 die kommunalen Einnahmen deutlich, die Ausgaben der Kommunen wuchsen im selben Zeitraum jedoch noch stärker. 72 Freier, Ronny and Verena Grass Kommunale Verschuldung in Deutschland: Struktur verstehen – Risiken abschätzen. DIW Wochenbericht Nr. 16.2013, S. 16. http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.419356.de/13-16-3.pdf 73 Ebd. 74 Freier und Grass 2013, a.a.O., S. 15. 146 RADOST-Jahresbericht 2014 Die Bruttoausgaben der Kommunen in der Ostseeregion überstiegen deren Bruttoeinnahmen in 2009 um rund 500 Millionen Euro und ließen die Pro-Kopf-Verschuldung auf rund 1.400 € ansteigen. Mit einem Verschuldungsgrad von zirka 51% gemessen an den Bruttoeinnahmen sind die Ostseekommunen jedoch nicht stärker verschuldet als der Bundesdurchschnitt. Dennoch führt die steigende Verschuldung der Kommunen zwangsläufig zu einer Ausgabenkürzung bei den freiwilligen Aufgaben, zu denen unter anderem das Angebot an Bibliotheken, Sportstätten, Altenpflege und Krankenhäusern gehört. Auch die Anpassung an den Klimawandel zählt bislang zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen und droht somit ebenfalls den Sparzwängen der Kommunen zum Opfer zu fallen. Besorgniserregend ist zudem der stark steigende Anteil der Kassenkredite. Diese kurzlaufenden Kreditlinien machen die Kommunen verwundbar für Zinssteigerungen und Liquiditätsprobleme der Kreditgeber. Arbeitspaket 3.4: Agrarsektormodellierung Federführung: TI Ansprechpartnerin: Andrea Wagner E-Mail: [email protected] Dr. Claudia Heidecke E-Mail: [email protected] Thünen-Institut für Ländliche Räume (TI-LR) In den letzten Projektjahren wurden die Landnutzung und die Tierhaltung im Ostseeraum hinsichtlich ihrer Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel und negativer Umwelteffekte untersucht. Auch aktuell wird ein Großteil der gewässerrelevanten Stickstoffeinträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen über das Grundwasser und die Oberflächengewässer in die Ostsee eingetragen. Auf den Analysen des Basisjahres 2007 aufbauend wurde die zukünftige Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion und Bodennutzung im Jahr 2021 mit dem Modell RAUMIS prognostiziert. Die Prognosen wurden im Projektverlauf anhand der Entwicklungen der Agrarmärkte sowie der Agrarpolitik aktualisiert, wobei bislang die erwarteten Trends und Entwicklungen bestätigt werden konnten. Entwicklung der landwirtschaftlichen Nährstoffeinträge Die Prognose zeigt, dass sich der bisherige deutschlandweite Trend abnehmender landwirtschaftlicher Nährstoffüberschüsse und -einträge sich im Ostseeraum auch in der Periode 2007 bis 2021 fortsetzen wird. Wichtige Faktoren sind hierbei die marktwirtschaftliche Entwicklung und Anpassungsprozesse sowie agrarpolitische Minderungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Düngeverordnung und die Agrarumweltprogramme. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Reduktionen nicht in allen Regionen ausreichen, um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und der Meeresschutzrichtlinie (MSRL) im Jahr 2021 zu erreichen. Es sind darüber hinaus weitere Anstrengungen notwendig. 147 RADOST-Jahresbericht 2014 Umweltqualitätsziele und Minderungsbedarf Im Rahmen von RADOST wird ein interdisziplinärer Modellverbund eingesetzt, mit dem die landwirtschaftliche Bodennutzung und die resultierenden Nährstoffüberschüsse sowie der Einfluss des Klimawandels auf die Nährstoffeinträge in die Gewässer und die Eutrophierung abgebildet werden. Als Grundlage für die Entwicklungstrends bis 2021 wird das Jahr 2007 verwendet. Für die Prognose des Jahres 2021 werden aktuelle am IGB die daraus resultierenden Nährstoffeinträge und -Konzentrationen im Jahr 2021 simuliert und in Relation zu den gesetzten Umweltqualitätszielen der WRRL und MRSL gesetzt. Die sich daraus ergebenden Defizite zeigen den über die bisherigen Maßnahmen hinaus bestehenden regionalen Reduktionsbedarf an. Um abzuschätzen, ob und wie diese Reduktionsanforderungen erfüllt werden könnten, sollen beispielhaft, unter Berücksichtigung der regionalen Landnutzungsstrukturen, regionsspezifische Handlungsoptionen in Form von Agrarumweltmaßnahmen ermittelt werden. Maßnahmen und Handlungsoptionen zur Eintragsminderung Für Agrarumweltmaßnahmen werden seit 2000 finanzielle Mittel im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU bereitgestellt, um die Umsetzung umweltpolitischer Ziele zu fördern. Ein Teil dieser Maßnahmen ist auf den Gewässerschutz ausgerichtet, wie beispielsweise die Reduktion des Einsatzes von Mineraldünger, der Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten sowie die umweltfreundliche Ausbringung von Wirtschaftsdünger. Wichtige Einflussfaktoren für die Effizienz dieser Maßnahmen sind neben der potenziellen Wirkung auf die Gewässer die maßnahmenspezifischen Fördersummen, die Einsatzkriterien und auch ihre Umsetzbarkeit und Akzeptanz durch die landwirtschaftlichen Betriebe. Für die weiteren Analysen werden Agrarumweltmaßnahmen berücksichtigt, die in den Programmen der Länder angeboten werden und effizient zur Reduktion der landwirtschaftlichen Nährstoffüberschüsse und der Verbesserung der Wasserqualität beitragen können. Die betreffenden Maßnahmen sind inkluse der jeweiligen Kriterien, der erwarteten Wirkung und mittleren Fördersummen in Tabelle 16 aufgelistet. 148 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 16: Agrarumweltmaßnahmen zur Reduktion landwirtschaftlicher Stickstoffüberschüsse Wirkung (kg N/ha) Kosten (€/ha) Maßnahme Beschreibung Keine Wirtschaftsdüngerausbringung nach Ernte (M34) Keine Ausbringung von Wirtschaftsdünger nach der Ernte der Hauptfrucht 15 15 Zwischenfruchtanbau (M1/M2) Einsaat einer leguminosefreien Zwischenfrucht bis 01.09.; Umbruch ab dem 15.01./15.02.. 20 80 Anbau von Untersaaten (M5) Einsaat einer leguminosefreien Untersaat in Deckfrucht; keine Düngung nach Ernte; Umbruch ab dem 15.02. 7,5 70 Förderung von Extensivkulturen (M14) Anbau von Früchten mit geringer Stickstoffdüngung: Winterbraugerste, Keksweizen, Öllein, etc. 40 70 Grünlandextensivierung (M21) Durchschnittlicher jährliche unter 1,4 Rauhfuttergroßvieheinheiten je Hektar Futterfläche; keine mineralische Stickstoffdüngung 30 100 Reduzierte Mineraldüngung in Getreide (M24) Sollwert-Düngung minus 10 bzw. 20 %; keine Spätgabe in Getreide 30 80 Grundwasser schonende Ausbringungstechnik Gülle und Festmist (M32/M33) Schleppschlauch-, Schleppschuh-, oder Schlitztechnik bzw. Exaktstreutechnik; Wirtschaftsdüngeruntersuchung 15 30 Brache (M6 bis M8) Einsaat oder Erhalt leguminosefreier, winterharter Gräser, keine Beweidung und Stickstoffdüngung 60 127 Quelle: Auszüge aus Osterburg und Runge (2007) 75 Abbildung 88: Extensiv genutztes Grünland 75 Abbildung 89: Weißklee geeignet als Untersaat Osterburg, Bernhard und Runge, Tanja (Hrsg.) (2007): Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen in Gewässer – eine wasserschutzorientierte Landwirtschaft zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, In: Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 305 149 RADOST-Jahresbericht 2014 Ist der Handlungsbedarf für die Erreichung der Ziele der WRRL und MSRL im Ostseeraum 2021 ermittelt, werden unter Anwendung der aufgeführten Maßnahmen die regionalen Einsatz- und Wirkungspotenziale der Maßnahmen zur Nährstoffreduktion analysiert. Anhand dieser werden zudem die regionalen Handlungspotenziale und die Zielerreichung betrachtet. Zusätzlich reglementieren Agrarumweltmaßnahmen meist die Flächennutzung und schränken somit die Flexibilität der landwirtschaftlichen Betriebe sowie deren Gewinnaussichten ein. Die Inanspruchnahme und Umsetzung der Maßnahmen ist für die landwirtschaftlichen Betriebe freiwillig. Der Förderumfang der jeweiligen Maßnahme und der Managementaufwand sind daher entscheidend für die Anwendung der Maßnahme und müssen im Kontext der Agrarpreisentwicklung und der Ausdehnung des Energiepflanzenanbaus sowie der aktuell stattfindenden Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion betrachtet werden. Wie in vorangegangenen Berichten dargelegt, wurde aufgrund der Förderung erneuerbarer Energien der Silomaisanbau im Ostseeraum deutlich ausgedehnt, zum Großteil wird der geerntete Mais zur Vergärung und Energiegewinnung eingesetzt. Die anfallenden Gärreste werden auf die landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht und tragen häufig zu regional ansteigenden Nährstoffüberschüssen bei, die nach Niederschlagsereignissen in das Grundwasser und die Oberflächengewässer eingetragen werden können. In diesen und anderen Fällen können Agrarumweltmaßnahmen positive Reduktionseffekte zeigen. Ist dies nicht möglich, sind alternative Handlungsoptionen notwendig. Daher werden im Anwendungsprojekt 10 auch die zukünftigen Anbau- und Wirkungspotenziale alternativer Energiepflanzenkulturen untersucht. Arbeitspaket 3.5: Input-Output-Modellierung Federführung: IÖW Ansprechpartner: Dr. Jesko Hirschfeld E-Mail: [email protected] André Schröder E-Mail: [email protected] Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW) Die in den sechs Fokusthemen zu erarbeitenden Anpassungsstrategien werden mit ihrer Umsetzung unterschiedliche Wirkungen auf die regionale Wirtschaft entfalten. Inhalt dieses Arbeitspaketes ist es, basierend auf einem Input-Output-Ansatz, die Wirkungen der Anpassungsstrategien auf die Zielgrößen Bruttoproduktionswert, Bruttowertschöpfung und Beschäftigung in der Projektregion bis in das Jahr 2030 abzuschätzen. Von Interesse sind dabei neben den Anstoßeffekten (direkte Effekte) auch alle Mitzieheffekte (indirekte Effekte) sowie kapazitätsbedingte Rückkopplungseffekte (induzierte Effekte), die im Zuge der Umsetzung und der Fortführung von Anpassungsmaßnahmen von der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ausgehen und in der Untersuchungsregion auf die drei Zielgrößen wirken. Im Folgenden werden Ergebnisse aus der IO-Modellierung zu den regionalökonomischen Effekten touristischer Nachfrage unter Berücksichtigung klimatischer Veränderungen vorgestellt. 150 RADOST-Jahresbericht 2014 Entwicklung der touristischen Nachfrage in der Ostseeregion unter Berücksichtigung klimatischer Veränderungen und daraus resultierende regionalwirtschaftliche Effekte Die hier beschriebene Wirkungsanalyse dient dem Ziel, die regionalwirtschaftlichen Wirkungen von touristischer Nachfrage in der Ostseeregion (bestehend aus den direkt an die Ostsee angrenzenden Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) unter sich ändernden Rahmenbedingungen und der besonderen Berücksichtigung des Klimawandels abzuschätzen. Untersucht wurde der Zeitraum von 2000 bis 2030. Für die Untersuchung wurde ein dynamisches regionales Input-Output-Modell mit einer endogenen Bestimmung der intermediären Produktion und einer kapazitätsinduzierten Investitionsgüternachfrage angewendet. Eine detaillierte Darstellung des verwendeten Modells und weiterer Modellierungsergebnisse findet sich in Zimmermann et al. (2013)76. Die Analyse beruht auf der Entwicklung der Tages- und Übernachtungsgäste und deren Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen in der Ostseeregion. Angaben zur Anzahl der Übernachtungen in der Ostseeregion bis 2012 stammen von den Statistischen Ämtern der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein/Hamburg. Angaben zur Höhe und Struktur der Ausgaben von Übernachtungsgästen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern stammen aus Harrer und Scherr (2002)77 sowie Harrer und Scherr (2010)78. Sie wurden ergänzt um Angaben zur Anzahl und zu Ausgaben der Tagestouristen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in Maschke (2005)79 und Maschke (2007)80. Die touristische Nachfrage ab dem Jahr 2012 fließt Szenarien gestützt in die Analyse ein. Die Grundlage bilden drei Szenarien zur Entwicklung der Anzahl der Tages- und Übernachtungsgäste in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels, die vom IÖW im Rahmen von RADOST erstellt wurden (siehe 2. RADOST-Jahresbericht). Die Ergebnisse der Input-Output-Analyse weisen auf die hohe regionalwirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für die Ostseeregion hin. So waren im Jahr 2000 in der deutschen Ostseeregion 72 Tsd. erwerbstätige Personen von der direkten, indirekten und kapazitätsinduzierten Bereitstellung von Waren und Gütern für den Tourismus in der Ostseeregion abhängig (siehe Abbildung 90). Dies entsprach einem Anteil an den insgesamt in der Region Erwerbstätigen von knapp 7 %. Nach einem vorläufigen Höhepunkt mit 100 Tsd. Erwerbstätigen im Jahr 2009 und einem leichten Rückgang in den beiden Folgejahren nahm die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2013 wieder zu und erreichte einen Wert von knapp 98 Tsd. Damit erhöhte sich in 2011 auch der Anteil der vom Tourismus abhängigen Erwerbstätigen an den insgesamt in der Region erwerbstätigen Personen auf knapp 9 %. Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei der touristisch induzierten Bruttowertschöpfung in der Region zu erkennen. Ihr Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung nahm von 5 % (2,2 Mrd. €) im Jahr 2000 auf 6 % (3,2 Mrd. €) im Jahr 2011 ebenfalls zu. 76 Zimmermann, Karl, André Schröder und Jesko Hirschfeld (2013): A Regional Dynamic Input-Output Model of Tourism Development in the Light of Climate Change. In: Neuere Anwendungsfelder der Input-OutputAnalyse- Tagungsband. Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012. 77 Harrer, Bernhard und Silvia Scherr (2002): Ausgaben der Übernachtungsgäste in Deutschland. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr. 78 Harrer, Bernhard und Silvia Scherr (2010): Ausgaben der Übernachtungsgäste in Deutschland. Hg. v. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München. 79 Maschke, Joachim (2005): Tagesreisen der Deutschen. Hg. v. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München. 80 Maschke, Joachim (2007): Tagesreisen der Deutschen. Hg. v. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München. 151 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 90: Von touristischer Nachfrage in der Ostseeregion abhängige Erwerbstätige 2000-2013 Beginnend mit dem Jahr 2014 zeichnet die Szenarien basierte Fortschreibung der tourismusinduzierten Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigkeit über alle drei Szenarien hinweg eine positive Entwicklung dieser beiden regionalökonomischen Größen. So könnte bis zum Ende des Betrachtungszeitraumes im Jahr 2030 im Szenario „business as usual“, welches von einer gleichbleibenden touristischen Attraktivität der deutschen Ostseeregion ausgeht, die tourismusinduzierte Bruttowertschöpfung einen Umfang von gut 4,1 Mrd. € erreichen (siehe Abbildung 91). Nimmt, vor allem klimatisch bedingt, die touristische Attraktivität des Mittelmeerraums ab und gelingt es gleichzeitig die Umweltqualität in der Ostseeregion zu bewahren sowie die touristische Infrastruktur verstärkt auszubauen (Szenario „starkes Wachstum“), könnte in 2030 allein die durch den Tourismus generierte Bruttowertschöpfung rund 4,5 Mrd. € betragen. Im Falle ausbleibender Investitionen und einer sinkenden Umweltqualität (Szenario „schwaches Wachstum“) würde die touristisch induzierte Bruttowertschöpfung deutlich langsamer anwachsen und im Jahr 2030 3, Mrd. € betragen. 152 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 91: Touristisch induzierte Bruttowertschöpfung in der deutschen Ostseeregion 2000-2030, 3 Szenarien Abbildung 92 stellt die Verteilung der im Jahr 2013 touristisch induzierten Bruttowertschöpfung in der deutschen Ostseeregion nach Wirtschaftsbereichen dar. Es zeigt sich, dass das Beherbergungs- und Gaststättengewerbe sowie Handels- und VerkehrsDienstleister mit einem Anteil an der tourismusinduzierten Wertschöpfung von zusammen 76 % am weitaus stärksten vom Tourismus profitierten. Ebenfalls stark an der touristisch induzierten Bruttowertschöpfung partizipierten der Textil- und Bekleidungs-Sektor (9 %) und der Sektor Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen (7 %). 153 RADOST-Jahresbericht 2014 Abbildung 92: Touristisch induzierte Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen in der deutschen Ostseeregion 2013 Die Zahl der touristisch induzierten Erwerbstätigen könnte im Jahr 2030 abhängig vom jeweiligen Szenario zwischen 113 und 138 Tsd. betragen. Arbeitspaket 3.6: Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse Federführung: IÖW Ansprechpartner: Dr. Jesko Hirschfeld E-Mail: [email protected] Julian Sagebiel E-Mail: [email protected] Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin (IÖW) Im Rahmen dieses Arbeitspaketes wurde eine Vorstudie zur Vorbereitung eines Choice Experiments durchgeführt. Ziel der Studie war es, die Relevanz der Attribute und Levels sowie die Zahlungsbereitschaften für die Effekte von Anpassungsmaßnahmen annährungsweise zu ermitteln. Die Studie umfasste Fokusgruppen Diskussionen und Fragebogeninterviews. Somit wurden qualitative und quantitative Daten erhoben. Die Daten wurden anschließend mit STATA und MAXQDA ausgewertet. Die Feldarbeit erfolgte innerhalb von vier Tagen an verschiedenen Urlaubsorten zwischen Warnemünde und Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), durchgeführt im Oktober 2013. Insgesamt fanden acht Fokusgruppen Diskussionen statt. Ca. 100 Interviews wurden durchgeführt. Die Ergebnisse werden in einem Projektbericht veröffentlicht und sind bereits in das Design des Choice Experiments integriert. 154 RADOST-Jahresbericht 2014 Darüber hinaus wurde eine ausführliche Literaturrecherche zu bereits durchgeführten Studien zur Bewertung von relevanten Attributen für Ostseeurlauber durchgeführt. Diskussionen mit Partnern und Stakeholdern zur Auswahl von relevanten Anpassungsmaßnahmen fanden statt um die Effekte systematisch in dem Choice Experiment darzustellen. In Zusammenarbeit mit dem Unterauftragnehmer NIT wurde ein Fragebogen für die Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse entwickelt. Dieser enthält neben Einstellungen zum Klimawandel und Reiseverhalten ein Choice Experiment für Ostseeurlaube und eine Kontingente Bewertungsfrage für Personen, die keinen Urlaub an der Ostsee verbringen. Letztere dient der Ermittlung der sogenannten Non-Use Values. Die erhobenen Daten werden im Jahr 2014 systematisch ausgewertet und gehen als ein wichtiger Bestandteil in die 2014 abzuschließende Kosten-Nutzen-Analyse mit ein. 155 RADOST-Jahresbericht 2014 Modul 4: Nationaler und europäischer Politikrahmen / nationaler und internationaler Austausch Federführung: Ecologic Ansprechpartner/in: Dr. Grit Martinez E-Mail: [email protected] Dr. Nico Stelljes E-Mail: [email protected] Ecologic Institut, Berlin Der internationale Austausch zu Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen – vor allem mit der Partnerregion an der Ostseeküste der USA – wurde im aktuellen Berichtszeitraum fortgeführt. Eine Reihe von Veranstaltungen im Ostseeraum und den USA ermöglichten diesen Prozess. Intensiv gearbeitet wurde im Rahmen der KLIMZUG-Publikationen an einer Veröffentlichung ein Sammelbandes mit dem Titel „Social dynamics in adaptation to a changing climate in coastal regions – An interdisciplinary perspective on findings from the KLIMZUG-Projects“ (vgl. die Ausführungen unter „Arbeitspaket 1.1.1: Koordination und wissenschaftliche Begleitung des Netzwerk- und Dialogprozesses“ in Modul 1). Des Weiteren wurde eine Broschüre zu Beispielen der Klimaanpassung veröffentlicht. Arbeitspaket 4.2: Bestandsaufnahme und Auswertung regionaler Anpassungsprojekte und -maßnahmen in Deutschland und Europa In den vorherigen Projektjahren fand eine Recherche zu erfolgreichen Anpassungsbeispielen statt. Unterstützend wurde hierzu eine Reihe von Interviews mit Akteuren der deutschen Ostseeküstenregion aus unterschiedlichen Verwaltungsebenen durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung wurden als RADOST-Bericht Nr. 13 „Anpassungsmaßnahmen an der deutschen Ostseeküste – Auswertung einer qualitativen Befragung von Akteuren auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen“ veröffentlicht. Die Befragungen zeigen den Bedarf an Informationen zu ‚Best-practice‘ Beispielen. Mit dem RADOST-Bericht Nr. 19 wurde daraufhin ein Leitfaden zu guten Beispielen der Klimaanpassung veröffentlicht. Dieser Bericht ist seit Juni 2013 auf der RADOST-Homepage abrufbar. Entlang den sechs RADOST-Fokusthemen Küstenschutz, Tourismus & Strandmanagement, Gewässermanagement & Landwirtschaft, Häfen & Maritime Wirtschaft, Naturschutz & Nutzungen sowie Erneuerbare Energien, ergänzt um die Themen Planung und Partizipation, werden jeweils drei Anpassungsbeispiele aufbereitet. Insgesamt werden 24 Beispiele aus Ländern wie Dänemark, Schweden, Großbritannien, USA oder Japan vorgestellt. Dabei wird zwischen Anpassungsprozessen und Anpassungsmaßnahmen unterschieden. Zu den Anpassungsmaßnahmen können Beispiele wie eine Deichöffnung in Großbritannien oder Forschungsaktivitäten zur Nutzung von Wellenenergie in Litauen gezählt werden. Anpassungsprozesse werden dagegen beispielhaft anhand einer Kommune in Neuseeland oder der Erarbeitung einer Anpassungsstrategie für den Hafen von San Diego, USA dargestellt. Anhand von acht Kriterien wurden diese Anpassungsbeispiele ausgewählt und bewertet. Mit dem in dieser Broschüre beschriebenen Spektrum von 156 RADOST-Jahresbericht 2014 Anpassungsmöglichkeiten soll als Anregung für Akteure an der Ostsee aufgezeigt werden, wie in anderen Regionen mit Klimawandel, Klimaanpassung und verwandten Themen umgegangen wird. Vorgestellt wurde der Leitfaden auf der RADOST Veranstaltung „Anpassung an den Klimawandel – Von der Forschung zur Praxis“ am 9.9.2013 in der Darßer Arche in Wieck. Eine Zusammenfassung des Berichts wird in der KLIMZUGPublikation „Klimaanpassung in der Stadt- und Regionalplanung“ veröffentlicht. Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene Der Erfahrungsaustausch unterschiedlicher Akteure zum Thema Klimaanpassung auch über die Projektregion hinaus, ist seit Projektbeginn ein fester Bestandteil von RADOST. In den vorherigen Berichtzeiträumen begonnene Kooperationen konnten fortgeführt werden. Besonders intensiv hat sich die Zusammenarbeit mit Partnern in den USA entwickelt, die durch verschiedene Veranstaltungen im aktuellen Berichtszeitraum fortgeführt wurde. Austausch mit Ostseeanrainerstaaten Anfang Februar 2013 fand in Warnemünde am IOW ein Workshop mit rund 50 Teilnehmern statt, um auf Einladung der Helsinki-Kommission (HELCOM) und des Forschungsprogramms „Baltic Sea Experiment“ (BALTEX) über dringend notwendige Anpassungen des Baltic Sea Action Plan zu beraten. RADOST-Projektleiterin Grit Martinez betonte in ihrem Beitrag, dass auf der lokalen und regionalen Ebene die Verortung des Handelns aus dem lokalspezifischen Umfeld heraus zu betrachten ist. Im Ergebnis des Workshops einigten sich die Teilnehmer auf ein Positionspapier mit Handlungsempfehlungen zur Vorlage an die Umweltminister der Ostseestaaten. Austausch mit der Partnerregion in den USA Mitveranstaltet vom Ecologic-Institut fand 2013 ein transatlantischer Dialog zu Anpassung in Gebirgs- und Küstenregionen statt. Vier unterschiedliche Regionen standen dabei im Blickpunkt. Neben der RADOST-Region umfasst dieser Austausch auch den schweizerischen Grindelwald, den Skiort Aspen in Colorado (USA) sowie Küstenregionen in North Carolina und an der Chesapeake Bay in Maryland (USA). Der erste Workshop dieses Dialoges fand im April 2013 am CSC in Hamburg statt. Aus RADOST wurden die Beispiele Klimabündnis Kieler Bucht, Timmendorfer Strand und Ummanz bei Rügen vorgestellt. Neben den offensichtlichen Unterschieden zwischen Gebirgs- und Küstenregionen wurden auf dem Dialog auch Gemeinsamkeiten deutlich. In beiden Fällen handelt es sich um touristisch geprägte Regionen, die bereits heute von Herausforderungen betroffen sind, die sich im Zuge des Klimawandels voraussichtlich verstärken werden. Entwicklungen wie eine Abnahme des Schneefalls oder die zunehmende Erosion von Sandstränden stellen ein großes Risiko für das wirtschaftliche Potential der Regionen dar. Die jeweiligen Gemeinden sind darauf angewiesen, Antworten auf diese Veränderungen zu finden, so werden beispielsweise technische Maßnahmen wie Sandvorspülungen oder Schneekanonen eingesetzt. Teil des Workshops war eine Exkursion nach Timmendorfer Strand, wo die Teilnehmenden ausführliche Einblicke in die Planung und Umsetzung des als vorbildlich geltenden Küstenschutzkonzeptes erhielten. 157 RADOST-Jahresbericht 2014 Die Fortsetzung des Dialogs fand im August 2013 am Global Change Institute in Aspen, Colorado statt. Mitveranstalter der Reihe waren das Ecologic Institut und die Duke University im Rahmen des internationalen Austauschprogramms des RADOST-Projektes. Wiederum waren lokale Akteure aus Gemeinden, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft aus verschiedenen geographischen und kulturellen Regionen zu dem Dialog anwesend. Dabei wurden Anpassungsmaßnahmen aus den unterschiedlichen beteiligten Regionen vorgestellt und bezüglich ihrer Erfolgsfaktoren und möglicher Übertragbarkeit in die jeweils andere Region erörtert. Auf einer Exkursion besuchten die rund 40 Teilnehmer das „Roaring Fork Valley“ in Colorado und diskutierten mit Experten darüber, wie sich der Skitourismus auf zukünftig veränderte Schneeverhältnisse einstellen kann. Veranstaltungen in Kooperation mit der US-Botschaft Berlin Ergebnisse der gemeinsam mit der Duke University durchgeführten Untersuchungen über kulturelle Wahrnehmung von Klimawandel und Anpassungstrategien in Küstenregionen wurden am 22. April 2013 bei einem Mittagsseminar in der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin vorgestellt. Die Veranstaltung umfasste Vorträge von Experten der Duke University und der Chesapeake Conservancy sowie von RADOST-Projektleiterin Grit Martinez. Die Sprecher betonten, dass bei der Entwicklung von Anpassungsstrategien die Bedeutung von historischen und kulturellen Werten gegenüber den geophysikalischen Eigenschaften eines Ortes von besonderer Wichtigkeit sein kann. Sie waren sich über die Wichtigkeit von 'Kümmerer' oder 'Schlüsselpersonen' auf dem Weg zu erfolgreichen Anpassungsmaßnahmen einig. Im Anschluss an die Präsentationen diskutierten die Teilnehmer, welche Rolle Heimat, Wahrnehmung und Politik in den unterschiedlichen Küstenschutzansätzen der Regionen in den USA und Deutschland spielen. Vom 18. bis 22. September 2013 fand ein transatlantischer Austausch zum Thema Klimaanpassungsstrategien mit Station in Berlin, Stralsund und auf der Insel Ummanz statt, der von der US-amerikanischen Botschaft in Berlin gefördert wurde. Im Rahmen des Besuchsprogramms konnten Forscher der Universität Maryland deutsche Klimaanpassungsstrategien im nationalen, lokalen und internationalen Kontext kennenlernen. Teil des Programms waren eine Besichtigung der Insel Ummanz, bei der Treffen mit ansässigen Fischern, Bauern und der Ortschronistin stattfanden, sowie der Besuch des 28. BWK-Bundeskongresses in Stralsund (siehe Arbeitspakete 1.1.2/1.1.3: Workshopreihen und Konferenzen in Modul 1) Veröffentlichung „Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change” Eine Masterarbeit, die im Kontext des RADOST-Projektes entstanden ist, untersucht die sozio-kulturelle Konstruktion von Werten und Praktiken, die Risikowahrnehmung und Handlungsbereitschaft in Bezug auf Küstenschutz und Anpassung an den Klimawandel beeinflussen, am Beispiel von drei US-Staaten entlang der Atlantikküste. Bourdieus Feldtheorie wird operationalisiert, um den Diskurs in drei lokalen Zeitungen zu analysieren. Basierend auf einer Literaturrecherche sowie der Auswertung einer Umfrage unter Entscheidungsträgern werden kulturelle Unterschiede im Umgang mit Küstenschutz identifiziert. Die Umfrage ist während drei Workshops in Annapolis (Maryland), Beaufort (North Carolina) und Charleston (South Carolina) im Frühjahr 2012 von der Nicolas School of the Environment an der Duke University und dem Ecologic Institut durchgeführt worden. Die Ergebnisse zeigen, dass es in der Diskussion um Klimawandel und Küstenmanagement vier große Bereiche gibt, in denen unterschiedliche Auffassungen aufeinandertreffen: die Wahrnehmung von Risiken, das Wissen über den Klimawandel, das Vertrauen in Wissenschaft und Politik sowie Wertvorstellungen. Diese Auseinandersetzungen werden 158 RADOST-Jahresbericht 2014 lokal auf unterschiedliche Weise geführt. Insgesamt wird im Ergebnis der Studie allerdings festgestellt, dass derzeit dominierende Werte und Praktiken die Umsetzung von Strategien zur Anpassung an den Klimawandel im Untersuchungsgebiet verhindern. Wenngleich in der Bevölkerung auch Einstellungen vorhanden sind, die der Anpassung an den Klimawandel förderlich sein können, finden diese im bestehenden Planungssystem kaum Beachtung. Die Studie „Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change. The role of socio-cultural construction in decision making for adaptation to climate change and sea level rise in three US states” wurde von Juni bis September 2012 unter Mit-Betreuung von RADOST-Projektleiterin Grit Martinez an der Development Planning Unit des University College London angefertigt. Sie wurde als Band 18 der RADOST-Berichtsreihe veröffentlicht. Weitere Veranstaltungen zum Austausch auf nationaler und internationaler Ebene Im März 2013 fand die erste European Adaptation Conference (ECCA) in Hamburg statt. Mit dem übergreifenden Thema „Integrating Climate into Action“ hatte die Konferenz zum Ziel, mögliche Handlungsoptionen zur Anpassung an den Klimawandel auszutauschen und zu diskutieren. Für RADOST nahm Projektleiterin Grit Martinez an der Konferenz teil. Ihr Vortrag beschäftigte sich mit der Frage, wie sich lokal unterschiedliche Herangehensweisen und Einstellungen im Umgang mit dem Klimawandel herausbilden. Ebenfalls im März 2013 fand ein Dialog zur Küstenforschung, Küstennutzung und Küstenschutz in Hamburg statt, das von den RADOST-Partnern Helmholtz-Zentrum Geesthacht und Technische Universität Hamburg-Harburg zusammen mit dem AlfredWegener-Institut für Polar-und Meeresforschung veranstaltet wurde. Verschiedene RADOST-Partner waren mit Beiträgen auf dem Dialog präsent, das Ecologic Institut beteiligte sich mit einem Poster. Thematische Schwerpunkte bildeten die zukünftige Windenergienutzung in den küstennahen Meeren, Interessenskonflikte im Küstenraum sowie die Anpassung an den Klimawandel. Von den RADOST-Erfahrungen im internationalen Austausch wurde auch auf einem KLIMZUG-Workshop „Klimaanpassung im internationalen Kontext: Erfahrungen, Netzwerke und Potenziale“ berichtet, der am 16. Oktober 2013 in Köln stattfand. 159 RADOST-Jahresbericht 2014 Modul 5: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse Federführung: Ecologic Ansprechpartner: Daniel Blobel E-Mail: [email protected] Ecologic Institut, Berlin Auch im vergangenen Projektjahr wurden Aktivitäten und Ergebnisse des RADOSTProjektes in vielfältiger Form öffentlich bekannt gemacht. Zentrale Elemente bilden dabei weiterhin eigene und externe Veranstaltungen, die RADOST-Website, der Newsletter und die RADOST-Berichtsreihe. Arbeitspaket 5.1: Website und Newsletter Federführung: Ecologic RADOST-Website Die RADOST-Website (http://klimzug-radost.de) bildet seit Projektbeginn sowohl ein Forum der projektinternen Kommunikation als auch das zentrale Instrument der Außendarstellung des Projektes. Im Berichtszeitraum wurden vor allem die Rubriken „Veranstaltungen“ und „Publikationen“ kontinuierlich ergänzt. Statistik Im Berichtszeitraum wurden auf der RADOST-Website 5.078 Besuche registriert, die durchschnittlich 2:51 Minuten verweilten. Insgesamt wurde 17.231 Mal auf RADOST-Seiten zugegriffen. Ein Viertel der Besucher (25 %) öffneten die Website wiederholte Male im Berichtszeitraum. 33 % der Besucher besuchten die RADOST-Website direkt. Knapp 54 % fanden über Suchmaschinen zur Website und ca. 13 % kamen über andere VerweisWebsites auf die Seite. Die Besucher der RADOST-Website kommen aus über 70 verschiedenen Ländern von sechs Kontinenten, wobei Besucher aus Europa bzw. Deutschland die stark überwiegende Mehrheit ausmachen. Newsletter Der RADOST-Newsletter erscheint seit März 2010 dreimal jährlich in deutscher und englischer Sprache und berichtet in knapper, allgemeinverständlicher Form über aktuelle Forschungsarbeiten und Netzwerkaktivitäten des Projektes. Der Newsletter wird per E-Mail an Abonnenten verschickt und als pdf-Datei zum Herunterladen auf der RADOST-Website bereitgestellt. Im Berichtszeitraum erschienen im März, Juni und November 2013 Ausgaben des RADOST-Newsletters. 160 RADOST-Jahresbericht 2014 Von der deutschsprachigen Ausgabe wurden jeweils 500 Druckexemplare angefertigt und standen so zur Auslage bei RADOST-Partnern sowie bei Veranstaltungen zur Verfügung. Von der Ausgabe 1/2013 (März) wurden außerdem 250 Exemplare der englischsprachigen Version gedruckt, um sie bei internationalen Anlässen, insbesondere der ECCA-Konferenz (siehe Arbeitspaket 4.3: Austausch auf nationaler und internationaler Ebene) zu verteilen. 6-mal jährlich werden darüber hinaus Nachrichten aus RADOST über den „Küsten Newsletter“ des EUCC-D mit über 1300 Abonnenten verbreitet. Folgende Ausgaben sind im Berichtszeitraum erschienen: 1-2013 (Februar 2013), 2-2013 (April 2013), 3-2013 (Juni 2013), 4-2013 (August 2013), 5-2013 (Oktober 2013), 6-2013 (Dezember 2013). RADOST berichtete weiterhin an die Redaktionen externer Newsletter, wie insbesondere des KLIMZUG-Newsletters. Arbeitspaket 5.2: Publikationen Die Projektergebnisse von RADOST werden kontinuierlich in eigenen und externen Publikationen veröffentlicht. RADOST-Berichte Seit der Beginn der Herausgabe der RADOST-Berichtsreihe im Februar 2011 werden unter der dazugehörigen ISSN-Nummer 2192-3140 regelmäßig Projektergebnisse aus RADOST in einem einheitlichen Design online vorgestellt. Im Berichtszeitraum sind folgende Berichte im Rahmen der RADOST-Berichtsreihe erschienen: Frick, Fanny (2013): Contested Values and Practices in Coastal Adaptation to Climate Change. Berlin. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 18. Stelljes, Nico; Martinez, Grit (2013): Internationale Beispiele der Klimaanpassung. Berlin. RADOSTBerichtsreihe, Bericht Nr. 19. Wenzel, Heiko; Treptow, Niko (2013): Anpassungsstrategie an den Klimawandel für die zukünftige Entwicklung der öffentlichen Lübecker Häfen - Teil 1: Zukunftsszenarien und Klimarisiken. CPL Competence in Ports and Logistics. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 20. RADOST-Verbund (2013): 4. Berichtsreihe, Bericht Nr. 21. RADOST Jahresbericht. Ecologic Institut (Hrsg.), RADOST- Neumann, Tim; Ahrendt, Kai (2013): Comparing the “Bathtub Method” with MIKE 21 HD Flow Model for Modelling Storm Surge Indundation. Case Study Kiel Fjord. Geographisches Institut der Universität Kiel. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 22. Schröder, André; Hirschfeld, Jesko; Fritz, Sabine (2013): Auswirkungen des Klimawandels auf die deutschen Ostseehäfen. Ergebnisse einer Befragung der Hafenbehörden. Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 23. Bobsien, Ivo (2014): Mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf den Blasentang (Fucus Vesiculosus) und das Gewöhnliche Seegras (Zostera Marina) in der Ostsee. Landesamt für 161 RADOST-Jahresbericht 2014 Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. RADOST-Berichtsreihe, Bericht Nr. 24. Als weitere Veröffentlichung ist aus dem Anwendungsprojekt 15 „Integration von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen“ der Bericht erschienen: Katja Wöckner-Kluwe; Jörn Langheinrich; Thomas Stoye (2013): Anwendungsprojekt 15: Integration von Umweltdaten der Ostsee in die routenspezifische Optimierung von Schiffsentwürfen. Flensburger Schiffbau-Gesellschaft. Flensburg. Magazin der EUCC: „Coastal & Marine“ Herausforderungen durch den Klimawandel für Häfen und die Entwicklung Erneuerbarer Energien bilden den Schwerpunkt der zweiten Ausgabe der „Coastal & Marine“-Sonderreihe zur Klimaanpassung. Die Ausgabe berichtet über Herausforderungen und Anpassungsstrategien für die Hafenentwicklung, z. B. in Lübeck, die Möglichkeiten geothermischer Energiegewinnung im Strandbereich und stellt die Einflüsse der Offshore-Windenergie auf Vogelzüge dar. Beiträge aus RADOST werden ergänzt durch Beiträge aus weiteren KLIMZUG-Projekten sowie internationalen Projekten im Ostseeraum. Herausgeber der Sonderreihe ist der Projektpartner EUCC – Die Küsten Union Deutschland e.V. gemeinsam mit seiner internationalen Dachorganisation Coastal & Marine Union. Eine pdf-Version ist über http://www.eucc-d.de/coastal-and-marine.html verfügbar. 'Coastal & Marine' Sonderreihe ‘Coastal Climate Change – Protecting and adapting maritime regions’, Ausgabe Nr. 2 ‘Ports and renewable energies: impacts, vulnerabilities and adaptation’ (Heft 2013-1) RADOST-Beiträge: Coppack, Timothy; Dittmann, Tobias; Schulz, Axel; Weidauer, Alexander: Birds and offshore wind farms – a double-edged sword?, S. 18 Dengler, Cindy: How climate change influences the potentials of renewable energy, S. 14 Dengler, Cindy; Oldort, Björn; Kulhmann, Jan: Coastal underground as a thermal energy source, S. 15 Friedland, René; Hiller, Anne; Janßen, Holger: Melting Sea ice in the Baltic Sea – Changes and Possible Effects, S. 9 Schröder, André; Hirschfeld, Jesko (2013): Climate Change in the Baltic Sea Region: The Vulnerability of German Ports, S. 6-7 Schröder, André; Hirschfeld, Jesko (2013): Survey Results on the Vulnerability of German Baltic Ports due to Climate Change, S. 8 162 RADOST-Jahresbericht 2014 Climate Change Adaptation in Practice Im Mai 2013 erschien das bereits im vorigen Jahresbericht angekündigte Buch „Climate Change Adaptation in Practice“, das mehrere Beiträge aus dem RADOST-Projekt enthält (Auflistung siehe 4. Jahresbericht): Schmidt-Thomé, P.;Klein, J. (2013): Climate Change Adaptation in Practice: From Strategy Development to Implementation. Wile-Blackwell, ISBN 978-0-470-97700-2. Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern Auch im aktuellen Berichtsjahr präsentierte sich RADOST in dem jährlich erscheinenden „Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern“. Eine von dem Projekt gestaltete Doppelseite informiert über die Themen „Klimawandel an der deutschen Ostseeküste“, „Strategien für den zukünftigen Küsten- und Hochwasserschutz“, „Analyse alternativer Pflanzensorten“, „Mögliche klimabedingte Wirkungen auf Seevögel“ und „Tourismus im Klimawandel“. Der Umweltreport Mecklenburg-Vorpommern informiert seit dem Jahr 2000 über Unternehmen und Projekte aus Mecklenburg-Vorpommern und wird kostenfrei über die Landesregierung, Umweltämter, Informationsständer in Stadt- und Kreisverwaltungen, Kurverwaltungen und als Informationsbroschüre in der Landesvertretung in Berlin angeboten. Liste von weiteren Publikationen im Rahmen von RADOST im Berichtszeitraum (inkl. Publikationen im Druck oder in Begutachtung) Buchbeiträge Dreier, N., Schlamkow, C., Fröhle, P. and Salecker, D., 2013. Changes of 21st Century's average and extreme wave conditions at the German Baltic Sea Coast due to global climate change. In: Conley, D.C., Masselink, G., Russell, P.E. and O’Hare, T.J. (eds.), Proceedings 12th International Coastal Symposium (Plymouth, England), Journal of Coastal Research, Special Issue No. 65, pp. 19211926, ISSN 0749-0208. Dreier, N., Schlamkow, C., Fröhle, P. and Salecker, D., 2013. Climate Change and Corresponding Changes of Wave Conditions at the German Baltic Sea Coast. In: Wang Zhaoyin, Joseph Hun-wei Lee, Gao Jizhang & Cao Shuyou (eds), Proceedings of 2013 IAHR World Congress (Chengdu, China), Volume 6: Maritime Hydraulics and Coastal Engineering, Tsingha University Press, Beijing, Sept. 2013. Hennemuth, B., Bender, S., Bülow, K., Dreier, N., Keup-Thiel, E., Krüger, O., Mudersbach, C., Rademacher, C., Schoetter, R. (2013): Statistische Verfahren zur Auswertung von Klimadaten aus Modell und Beobachtung, eingesetzt in Projekten und Institutionen, die sich mit Klimafolgen und Anpassung befassen, CSC Report 13, Climate Service Center, Germany. Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Venohr, P. Kreins, C. Heidecke & G. Schernewski (2012): How can German river basins contribute to reach the nutrient emission targets of the Baltic Sea Action Plan? In: G.A. Sorial & J. Hong (eds.): Environmental Science and Technology (II). American Science Press, ISBN 9780976885344: 421-427 Schröder, André und Jesko Hirschfeld (in Begutachtung): Anpassungsbedarfe und Strategien in der Hafenwirtschaft an der deutschen Ostseeküste. In: Mahammadzadeh et al. (Hrsg.), Anpassung an den Klimawandel von Unternehmen – Theoretische Zugänge und empirische Befunde 163 RADOST-Jahresbericht 2014 Zimmermann, Karl, André Schröder und Jesko Hirschfeld (2013): A Regional Dynamic Input-Output Model of Tourism Development in the Light of Climate Change. In: Neuere Anwendungsfelder der Input-Output-Analyse- Tagungsband. Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012. Zeitschriftenbeiträge Gräwe, U., Friedland, R., Burchard, H. (2013): The future of the western Baltic Sea: two possible scenarios, Ocean Dynamics, Volume 63 (8), 901-921, DOI 10.1007/s10236-013-0634-0 Hirt, U., J. Mahnkopf, M. Gadegast, L. Czudowski, U. Mischke, C. Heidecke, G. Schernewski, M. Venohr (2013): Reference conditions for rivers of the German Baltic Sea catchment: reconstructing nutrient regimes using the Model MONERIS. Reg Environ Change DOI 10.1007/s10113-013-05597 McFadden, L. & G. Schernewski (2013): Critical reflections on a systems approach application in practice: a Baltic lagoon case study. Regional Environmental Change DOI 10.1007/s10113-0120337-y Newton, A., Icely, J., Cristina, S., Brito, A., Cardoso, A.C., Colijn, F., Dalla Riva, S., Gertz, F., Hansen, J., Holmer , M., Ivanova, K., Leppäkoski, E., Melaku Canu, D., Mocennim, C., Mudge, S., Murray, N., Pejrup, M., Razinkovas, A., Reizopoulou, S., Pérez-Ruzafa, A., Schernewski, G., Schubert, H., Seeramu, L., Solidoro, C.,Viaroli, P. & Zaldívar, J.-M. (2013): An overview of ecological status, vulnerability and future perspectives of European large shallow, semi-enclosed coastal systems, lagoons and transitional waters. Estuarine, Coastal and Shelf Science: 1-28 Schernewski G., R. Friedland, M. Carstens, U. Hirt, W. Leujak, G. Nausch, T. Neumann, T. Petenati, S. Sagert, N. Wasmund & M. von Weber (submitted): Implementation of European marine policy: New water quality targets for German Baltic waters. Marine Policy Schippmann, B., G. Schernewski & U. Gräwe (2013): Escherichia coli pollution in a Baltic Sea lagoon: A model-based source and spatial risk assessment. International Journal of Hygiene and Environmental Health 216,4: 408-420 Schippmann, B., G. Schernewski, U. Graewe, H. Burchard, T. Walczykiewicz (2013): A model tool for bathing water quality management: A case study on Salmonella occurrence at the southern Baltic coast. Ocean & Coastal Management 82: 71-84, DOI 10.1016/j.ocecoaman.2013.05.006 Weisner, E. & G. Schernewski (2013). Adaptation to climate change: A combined coastal protection and re-alignment scheme in a southern Baltic tourism region. Journal of Coastal Research, SI 65: 1963-1968 Poster RADOST-Forschungsinhalte wurden auch im aktuellen Berichtszeitraum auf zahlreichen Fachpostern präsentiert, insbesondere auf dem BWK-Bundeskongress im September 2013 in Stralsund und der KLIMZUG-Abschlusskonferenz im November 2013 in Berlin. Arbeitspaket 5.3: Vorträge Wie in den vorigen Berichtszeiträumen wurden Inhalte des RADOST-Projekts durch verschiedene Projektpartner auf zahlreichen externen Veranstaltungen im nationalen und internationalen Rahmen vorgestellt. Tabelle 17 enthält eine Übersicht dieser Beiträge. 164 RADOST-Jahresbericht 2014 Tabelle 17: Beiträge von RADOST-Partnern bei externen Veranstaltungen Termin / Ort Veranstaltung RADOST-Beitrag 21. 3. 2013 Hamburg Vorstellung Auswertungen von Winddaten regionaler Klimamodelle im Rahmen von RADOST und KLIWAS beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) Vortrag TUHH/URCE: „Stationsbezogene Untersuchungen zu möglichen Veränderungen der Wind- und Seegangsverhältnisse im Bereich der südwestlichen deutschen Ostseeküste auf Grundlage von Klimadaten des regionalen Klimamodells CLM“ 19. 3. 2013 Hamburg European Climate Change Adaptation Conference (ECCA-Conference) Ecologic: Vortrag “The influence of local cultural values on the governance of adaptation. A comparison between two coastal communities at the German Baltic Sea” 8.-11. 4. 2013 Plymouth, UK International Coastal Symposium IOW: Vortrag „Climate change and coastal realignment: Public participation in a Baltic scheme” Vortrag TUHH/URCE: “Changes of 21st Century’s average and extreme wave conditions at the German Baltic Sea Coast due to global climate change” 29.–30. 4. 2013 Hamburg Kickoff-Meeting Küstenmeerforschung in Nord- und Ostsee (KüNO) IOW: Vortrag „Einsatz von Modellen in der Praxis: Beispiele und Herausforderungen“ 02. 5. 2013 Hamburg RAVE Workshop Operationelle Seegangsmessungen: Stand, Anwendungen und Perspektiven 2013, BSH Vortrag StALUMM/URCE/TUHH: „Monitoring der Umweltbedingungen an der Küste MecklenburgVorpommerns“ 16. 5. 2013 Warnemünde Symposium WissenschaftsCampus „Rostocker Phosphorforschung“ am IOW IOW: Vortrag „Phosphorflüsse zwischen Land und Meer: Relevanz und Management“ 17. 5. 2013 Flintbek Hydrologisches Gespräch beim LLUR Vortrag TUHH/URCE/StALUMM: “Hydrologische Untersuchungen an der Ostseeküste im Rahmen des Projektes RADOST“ 2. 6. 2013 Travemünde Lübecker Aktionstage „Artenvielfalt erleben“ LLUR: Unterstützung der Aktion „SailingLab Artenvielfalt“ 10.-14. 6. 2013 Borgholm, Schweden 7th Study Conference on BALTEX Posterpräsentation TUHH/URCE: “The Influence of Regional Climate Change on the Local Wave Climate and the Longshore Sediment Transport at the German Baltic Sea Coast” 17.6.2013 Lüneburg Ringvorlesung "Mensch braucht Meer – Nachhaltige Nutzung oder Raubbau"; Leuphana Universität Lüneburg HZG: Vortrag „Konsequenzen des Klimawandels für die Ostsee und ihre Küsten.“ 20.6.2013 Kiel Vorstandssitzung Tourismusverband Schleswig-Holstein HZG: Vortrag „Klimawandel in SchleswigHolstein - bisherige Entwicklungen und mögliche Änderungen in naher und fernerer Zukunft.“ 28. 6. 2013 Kiel Kieler Woche: Open Ship der Haithabu Klima-Info-Stand: Präsentation von RADOST (Poster, Broschüren, Info-Material zum Klimawandel und zur Klimaanpassung) 3.–7. 7. 2013 6th International IOW: Vorträge “Consequences of Climate 165 RADOST-Jahresbericht 2014 Koblenz Conference on Water Resources and Environment Research „Water and Environmental Dynamics“ Change on Bathing Water Quality in the Baltic” und “Integrated modeling and management of river basin – coastal sea systems: A southern Baltic Sea case study” 7.–11. 7. 2013 Flensburg / Kappeln / Schleswig / Eckernförde „Forschung vor Anker 2013“ Open ship der Ludwig Prandtl Ausstellung von RADOST-Postern, RADOSTBroschüren und Präsentation des LLUR-ROV und des Norddeutschen Klimabüros 10.–14. 8. 2013 Borgholm, Schweden 7th Study Conference on BALTEX IOW: Vortrag “Simulations of eutrophication scenarios with an improved version of ERGOM” 26–30. 8. 2013 Klaipeda, Litauen Baltic Sea Science Conference IOW/IGB/TI: Vorträge “EU policy implementation in Germany: Baltic Sea water quality”, „Water quality management in coastal lagoons: Future challenges” und “New Simulations of eutrophication scenarios using an improved version of ERGOM” 2. 9. 2013 Bad Malente Bildungsurlaubsseminar "Alles im Fluss - Ökonomie, Ökologie und Kultur einer Region mit dem Kanu erfahren" der Gustav Heinemann Bildungsstätte. HZG: Vortrag „Klimawandel in Norddeutschland und Auswirkungen auf den Tourismus.“ 3.–4. 9.2013 Riga, Lettland Baltadapt AbschlußKonferenz HZG: Vortrag "Adaptation to Climate Change in the Baltic Sea Region": BACC results: climate change and impacts. 5.–7. 9. 2013 Nanjing, China 4 Research Sim.COAST Seminar, Hohai University Vortrag TUHH/URCE: “Assessment of the effectiveness of coastal and flood protection structures at the German Baltic Sea coast under climate change” 8.–13. 9. 2013 Chengdu, China 35th IAHR World Congress Vortrag TUHH/URCE: “Climate Change and Corresponding Changes of Wave Conditions At the German Baltic Sea Coast” 18. 9. 2013 Flintbek Vortrag im Rahmen des Seminars der Reihe Natur, Umwelt und Tourismus in Schleswig-Holstein am LLUR. HZG: Vortrag „Klimawandel in SchleswigHolstein - Entwicklungen und mögliche Änderungen.“ 7.–8. 10. 2013 Warnemünde Workshop “Ecosystem Services” IOW/EUCC-D: Vortrag “Regulating Ecosystem Services: Developments and Applications in the Baltic” 8. 10. 2013 Lissabon, Portugal BASE-Konferenz “Too Much, Too Little – The Role of Water in Adaptation to Climate Change” Ecologic: Vortrag „Storm Surges and Coastal Erosion and Their Social-cultural Dimension. A Perspective from Coastal Regions in Germany“ 25. 10. 2013 Tianjing, China Austausch zum Thema Klimawandelfolgen beim Tianjin Research Institute of Water Transport Engineering of Ministry of Transport, China Vortrag TUHH/URCE/StALUMM: “Selected Aspects of Climate Change Research in the field of River and Coastal Engineering in Germany” 1. 11. 2103 Nanjing, China Vorstellung aktueller Forschungsarbeiten an der Vortrag TUHH/URCE: „Effects of Climate Change on the Wave Conditions at the German th 166 RADOST-Jahresbericht 2014 Hohai University, Nanjing Baltic Sea Coast” 3. 12. 2013 Greifswald Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe „Technik. Umwelt. Klima“ der ErnstMoritz-Arndt- Universität Greifswald und dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald HZG: Rezenter und erwarteter Klimawandel im Ostseebereich – was wissen wir, was wissen wir nicht? Vorstellung der Prozesse und Ergebnisse des Ostseeforschungsprogramm BALTEX 11.-12. 12. 2013 Hamburg 13. Forum Katastrophenvorsorge. , Haus der Patriotischen Gesellschaft Hamburg Vortrag URCE/TUHH/StALUMM: „Küsten- und Hochwasserschutz unter veränderten klimatischen Bedingungen“ 16.–19. 12. 2013 Lecce, Italien VI EUROLAG Conference IOW/IGB/EUCC-D: Vorträge „Integrated modelling and management of river basinlagoon-sea systems“ und “Internal measures to manage eutrophication in lagoons: Mussel farming Arbeitspaket 5.4: Medienarbeit Überregionale Aufmerksamkeit bekam das RADOST-Projekt im Berichtszeitraum durch eine Verlagsbeilage „Spitzenforschung“, die der Wochenzeitung „Die Zeit“ in der Ausgabe vom 17. Oktober 2013 beilag.81 Auf Basis von Gesprächen mit Projektleiterin Grit Martinez sowie Tim Staufenberger von CRM wird hier RADOST als ein beispielhaftes Projekt vorgestellt. Hervorgehoben wird die Verbindung von Grundlagenforschung und Anwendungsnähe in der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen, Fachbehörden und Ingenieurbüros. Als Beispiele werden Anwendungsprojekte wie die Entwicklung von Zukunftsstrategien für die Aquakultur oder die Konzeption künstlicher Riffe angeführt. Ebenso würdigt der Beitrag die zentrale Stellung, die der fortgesetzte Dialog mit Entscheidungsträgern und der Bevölkerung vor Ort in dem Projekt einnimmt. Pressemitteilungen, Pressefotos und einen Pressespiegel sind auf der RADOST-Website unter www.klimzug-radost.de/presse zu finden. Arbeitspaket 5.5: Geografisches Informationssystem Federführung: GICON In dem internetbasierten Geographischen Informationssystem (GIS) des RADOST-Projektes (http://klimzug-radost.de/fakten/daten/karten) sind bisher Daten aus dem Anwendungsprojekt „Qualitätskomponenten zur Wasserrahmenrichtlinie: Bestandsunterstützung Seegras und Blasentang“ verfügbar (vgl. den vorigen RADOST-Jahresbericht). Im vergangenen Projektjahr wurden zwischen den Projektpartnern Möglichkeiten einer Erweiterung des Datenbestandes sowie insbesondere der Weiterführung des RADOST-GIS nach Projektende erörtert. Um die Datenpflege und Nachnutzung zu gewährleisten, wurde es als erforderlich angesehen, das RADOST-GIS in ein bestehendes, kontinuierlich weitergeführtes Web-Portal zu überführen. Hierzu wurde die Möglichkeit einer Kooperation mit dem vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) betriebenen Portal MDI- 81 Online unter: www.tempuscorporate.zeitverlag.de/referenz/spitzenforschung 167 RADOST-Jahresbericht 2014 DE („Marine Dateninfrastruktur“)82 eruiert. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass der für Einbindung in dieses Portal erforderliche Aufwand der Datenaufbereitung die für RADOST-GIS vorgesehenen Ressourcen der einzelnen Partner deutlich übersteigt daher nicht leistbar ist. Derzeit wird geprüft, ob unter den aktuellen Bedingungen Einbindung der RADOST-Daten in ein Web-GIS des IOW möglich und zielführend ist. 82 Siehe http://projekt.mdi-de.org/ und http://www.mdi-de.org 168 eine das und eine RADOST-Jahresbericht 2014 3 Vergleich des Vorhabensstandes mit der ursprünglichen Arbeits- und Zeitplanung Der in Kapitel 2 „Ergebnisse und Bearbeitungsstand“ beschriebene Arbeitsfortschritt im Gesamtprojekt und bei der Netzwerkbildung entspricht insgesamt der Planung. Modifikationen in der Ausrichtung einzelner Forschungsfragen, insbesondere bei anwendungsbezogenen Fragestellungen, und in der Terminierung einzelner Produkte sind der Dynamik des Forschungs- und Netzwerkgeschehens im Projektverlauf geschuldet und stellen den Projekterfolg nicht in Frage. Für den Abgleich des Vorhabensstandes mit der ursprünglichen Arbeits-, Zeit- und Kostenplanung in den einzelnen Teilprojekten wird auf die Teilprojektberichte der Verbundpartner verwiesen. 169 RADOST-Jahresbericht 2014 4 Geänderte Aussichten für die Erreichung der Vorhabensziele Auch in diesem Berichtszeitraum waren die Themen „Folgen des Klimawandels“ und „Anpassung“ in Gegenstand hoher Aufmerksamkeit in Politik (Veröffentlichung der EUAnpassungsstrategie, Vorbereitung der Fortschreibung des deutschen „Aktionsplans Anpassung“) und Wissenschaft. Damit besteht weiterhin ein Umfeld, in dem RADOSTForschungsergebnisse vielfach mit Interesse aufgenommen werden und sich zahlreiche unmittelbare Anknüpfungspunkte in der Netzwerkbildung bieten. Des Weiteren konnten RADOST-Partner erneut thematische verwandte Forschungsprojekte auf nationaler und europäischer Ebene akquirieren, wie die BMBF-Verbundprojekte MOSSCO (Modular System for Shelves and Coasts; HZG, IOW) und SECOS (The Service of Sediments in German Coastal Seas; IOW, IÖW), das FP7-Projekt RISC-KIT (ResilienceIncreasing Strategies for Coasts – toolKIT; Ecologic) oder das BONUS-Projekt Soils2Sea (Reducing nutrient loadings from agricultural soils to the Baltic Sea via groundwater and streams; Ecologic). In vielen Bereichen zeichnet sich damit eine Kontinuität der Forschungsarbeiten und der Netzwerke über die Projektlaufzeit hinaus ab. 170 RADOST-Jahresbericht 2014 5 Neu bekannt gewordene Ergebnisse anderer Forschungsvorhaben Forschungsergebnisse aus thematisch relevanten Vorhaben der Projektpartner oder Dritter werden laufend in die Projektarbeiten einbezogen. Sie machen nach derzeitigem Stand keine Änderungen des Arbeitsplans erforderlich. 171 RADOST-Jahresbericht 2014 6 Fortschreibung des Verwertungsplans Der im RADOST-Rahmenantrag festgehaltene Verwertungsplan ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert gültig. 172 RADOST-Jahresbericht 2014 173 RADOST-Jahresbericht 2014 174