OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung ’LIVING FILE’ FOLIENSAMMLUNG begleitend zur OC I-Vorlesung im SS 2003 Wichtig ist das Skript, das SIE in der Vorlesung erstellen! ’LIVING FILE’, d.h. diese Sammlung wird laufend ergänzt. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung KURZE HISTORIE DER ORGANISCHEN CHEMIE Beginn der Organischen Chemie im 17. Jahrhundert: Pflanzliche und tierische Stoffe wurden in das Fach Chemie einbezogen. Lavoisier (1774) zeigt, dass jede Verbrennung mit der Aufnahme von Sauerstoff verbunden ist. → Bei Stoffen pflanzlichen und tierischen Ursprungs entsteht dabei CO2 und H2O, manchmal auch N2 bzw. N-oxide. → Bausteine C und H. Scheele (Mitte des 18. Jahrhs.) isoliert aus pflanzlichen und tierischen Produkten Säuren, wie z. B. Oxalsäure, Äpfelsäure, Weinsäure, Zitronensäure, Milchsäure, Harnsäure usw. → erkennt die Verwandtschaft unter den, aus Pflanzen und Tieren stammenden Substanzen. Bergmann (1784) prägt erstmals den Begriff Organische Chemie. Berzelius (1808) verglich den pflanzlichen und tierischen Organismus mit einer chemischen Werkstatt. → Man nahm an, dass der Aufbau organischer Substanzen nur im lebenden Organismus möglich sei: vis vitalis (Vitalismus) Wöhler (1828) widerlegt die vis vitalis durch die Synthese von Harnstoff im Labor. Gmelin (1848): Organische Chemie wird als Chemie der Kohlenstoffverbindungen definiert. Kekulé (1859): Lehrbuch der Organischen Chemie OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Organische Chemie ist die Chemie der Kohlenstoffverbindungen Li B C N O Na Mg Al Si P S As Se Sb Te H F Cl Br I Die in organischen Verbindungen am häufigsten vorkommenden OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Orbitale und chemische Bindung: Zusammenfassung Die Bewegung von Elektronen um den Atomkern wird durch Wellengleichungen (Schrödinger-Gleichungen) beschrieben. Die Lösungen dieser Wellengleichungen (Wellenfunktionen) lassen sich als Atomorbitale auffassen, die sich anschaulich als räumliche Bereiche um den Atomkern darstellen lassen, in denen die Elektronen eine hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit (ψ2) haben. Atomorbital niedrigster Energie: 1s-Orbital: kugelsymmetrisch, keine Knotenebene in Richtung höherer Energie: 2s-Orbital: kugelsymmetrisch, eine Knotenebene, größer als 1s 2p-Orbital: hantelförmig, d.h. zwei Orbitallappen mit einer Knotenebene 3s, 3p: ähnlich, aber diffuser, eine Knotenebene mehr __________________________________ Eine kovalente Bindung kommt durch Überlappung von Atomorbitalen verschiedener Atome, bzw. deren Linearkombination zu Molekülorbitalen zustande. In den bindenden Molekülorbitalen sind die Elektronen stärker delokalisiert als in den Atomorbitalen, aus denen sie hervorgehen, und damit energetisch bevorzugt. Hybridisierung: Die Linearkombination von Atomorbitalen desselben Atoms führt zu Hybridorbitalen. _________________________________ OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Hybridisierung des Kohlenstoffatoms in Alkanen, Alkenen und Alkinen Der Kohlenstoff ist vierbindig Alkane Alkene Alkine CnH2n+2 CnH2n CnH2n-2 Ethan Ethen Ethin H3C-CH3 H2C=CH2 HC≡CH sp3- Hybridisierung sp2- Hybridisierung sp-Hybridisierung eine C-C-σ-Bindung eine C-C-σ-Bindung eine C-C-σ-Bindung eine C-C-π-Bindung zwei C-C-π-Bindgen. tetraedrisch trigonal planar linear Bindungswinkel 109°28' 120° Konformations- cis-trans- isomerie Isomerie gesättigte ungesättigte 180° ungesättigte Kohlenwasserstoffe Kohlenwasserstoffe Kohlenwasserstoffe C-C-Bindungslänge: ca. 153 pm ca. 134 pm C-C-Bindungsenergie: ca. 348 kJ/mol ca. 611 kJ/mol ca. 121 pm ca. 873 kJ/mol OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Die polare kovalente Bindung Polarisierung kovalenter Bindungen durch unterschiedliche Elektronegativität der miteinander verbundenen Atome. Der Effekt ist über mehrere Bindungen bemerkbar: induktiver Effekt Elektronegativität ist eine Bezeichnung für die Fähigkeit der an chemischen Bindungen beteiligten Atome, gemeinsame Elektronen von benachbarten Atomen innerhalb des Moleküls unterschiedlich stark anzuziehen. Die Elektronegativität bestimmt also wesentlich den Charakter der Bindung! Der Begriff Elektronegativität geht auf Pauling zurück, der 1932 die erste empirische Elektronegativitäts-Skala aufstellte und später etwas modifizierte. Die Elektronegativität eines Atoms ist um so größer, je höher die Kernladung ist und je stärker sie über die Elektronenhülle hinaus wirken kann. So nimmt die Elektronegativität im Periodensystem von links nach rechts innerhalb der Periode und normalerweise von unten nach oben innerhalb einer Gruppe zu. Also: im Periodensystem stehen die elektronegativsten Elemente oben rechts. Von der Elektronegativität ist die Elektronenaffinität zu unterscheiden, die sich auf die Aufnahme eines Elektrons durch ein freies, ungebundenes Atom oder ein Molekül bezieht. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Kohlenwasserstoffe enthalten nur zwei Elemente, Kohlenstoff und Wasserstoff Aliphaten Aromaten Nicht-aromatische Verbindungen werden als aliphatisch bezeichnet. Sonderfälle ungesättigter Kohlenwasser-stoffe, z.B. Benzol, C6H6: Alkane Alkene Alkine Cycloaliphaten Gesättigte Verbindungen enthalten keine Doppelbindungen und keine Dreifachbindungen, nur Einfachbindungen. Ungesättigte Verbindungen enthalten Doppel- und/oder Dreifachbindungen. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Homologe Reihen der Alkane Alkene Alkine n CnH2n+2 CnH2n (bei einer CnH2n+2 (bei einer Doppelbindung) Dreifachbindung) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Methan Ethan Propan Butan Pentan Hexan Heptan Octan Nonan Decan Undecan Dodecan Tridecan Tetradecan Pentadecan Hexadecan Heptadecan Octadecan Nonadecan Eicosan Ethen Propen Buten Penten Hexen Hepten Octen Nonen Decen Undecen Dodecen Tridecen Tetradecen Pentadecen Hexadecen Heptadecen Octadecen Nonadecen Eicosen Ethin Propin Butin Pentin Hexin Heptin Octin Nonin usw. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Zur ISOMERIE Summenformel gibt an, welche und wieviele Atome in einem Molekül vorhanden sind. In der Summenformel werden immer zuerst die Kohlenstoffatome, danach die Wasserstoffatome und darauffolgend die anderen enthaltenen Atome in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Konstitutionsformel beschreibt die Konnektivitäten der Atome, d.h. sie gibt an, wie die Atome in einem Molekül miteinander verknüpft sind. Konstitutionsisomerie Konstitutionsisomere besitzen die gleiche Summenformel, unterscheiden sich aber in der Folge, in der die Atome aneinander gebunden sind. Stereochemie befasst sich mit der räumlichen, d.h. der dreidimensionalen Struktur von Molekülen. Stereoisomere besitzen die gleiche Summenformnel und Konstitution, unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome im Molekül. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Molekül- bzw. Formeldarstellungen am Beispiel des Ethans Summenformel: C2H6 ausführliche Formeldarstellungen: H3C-CH3 H H H C C H H H Linienformel: Strichenden (bzw. Ecken) bedeuten C-Atome, die Wasserstoffatome, die für die Absättigung der Kohlenstoffvalenzen erforderlich sind, werden nicht gezeichnet (Heteroatome werden eingetragen). Dreidimensionale Formeldarstellungen: ♦ Keilstrichformel: fette Bindungsstriche weisen aus der Paierebene heraus, gestrichelte weisen hinter die Papierbene H ♦ Sägebockformel: H H H C C H H H H H H H H Newman-Projektion Eine C-C-Bindung wird senkrecht zur Papierbene gelegt, das vordere CAtom wird als Punkt, das hintere als Kreis dargestellt H H (bzw. das hintere ist vedeckt und der Kreis symbolisiert H die Elektronendichte der σ-Bindung). H → Konformationsanalyse H H OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Substituenten Alle Gruppen, die an ein Kohlenstoffatom gebunden sind (mit Ausnahme von Wasserstoff) bezeichnet man als Substituenten. Kohlenwasserstoff-Substituenten werden als Alkylgruppen (allgemein "Rest", R) bezeichnet. Alkylreste werden benannt, indem man an den Wortstamm die Endung "-yl" anfügt. Für die kleineren Alkylreste sind Trivialnamen in Gebrauch, die man kennen muss, z.B.: IsopropylAlkylVinyl- R CH3 Allyl- Phenyl- Methyl- C 6H5 C 2H6 Ethyl- CH2 Benzyl- OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung NOMENKLATUR Benennung von Molekülen Trivialnamen versus IUPAC-Namen International Union of Pure and Applied Chemistry Der Wortstamm ist meist lateinischen oder griechischen Ursprungs und gibt die Anzahl der Kohlenstoffatome der Kette an. Zur Bennennung einer Verbindung sucht man die längste lineare Kette im Molekül, die Bezeichnung für das entsprechende Stammalkan liegt dann dem Namen der Verbindung zu Grunde. Besitzt eine Verbindung mehrere Ketten gleicher Länge, wird diejenige zu Grunde gelegt, welche die meisten Substituenten enthält. Die Namen der einzelnen Substituenten werden sodann bestimmt (mit dem Suffix –yl versehen) und in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Die längste Kette wird von dem Ende her nummeriert, das einem der Substituenten am nächsten ist. Wenn zwei Substituenten vom jeweiligen Kettenende gleich weit entfernt sind, dann ist derjenige für die Nummerierung relevant, dessen Anfangsbuchstabe im Alphabet vorne steht. Der IUPAC-Name der Verbindung ergibt sich nun, indem man zunächst die Namen der Substituenten in alphabetischer Reihenfolge mit der Nummer des C-Atoms, an das er gebunden ist, auflistet und dann den Stammnamen zufügt. Treten Substituenten mehrfach auf, werden die Suffixe Di-, Tri-, Tetra- usw. verwendet. Der Stammname enthält eine Endung, die auf die Stoffklasse hinweist um die es sich handelt: -an für Alkane -en für Alkene -in für Alkine -ol für Alkohole usw. Komplizierte (verzweigte) Seitenketten: dort trägt dasjenige C-Atom, die Nummer 1, das mit der Hauptkette verbunden ist. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung NOMENKLATUR Trivialnamen Von einigen Verbindungen bzw. Alkylresten muss man die Trivialnamen kennen, weil sie allgemein gebräuchlich sind. Einge wichtige Beispiele: CH3 H3C (CH2)n C CH3 ein Isoalkan H CH3 H3C C (CH2)n CH3 ein Neoalkan CH3 H3C C CH3 H3C H Isopropyl- C CH3 tert-Butyl- CH2 C H IsobutylCH3 CH3 H3C CH3 H3C C CH3 CH3 Neopentyl- OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Physikalische Eigenschaften von Alkanen Alkanstrukturen sind regelmäßig gebaut und nehmen unter anderem eine Zickzackanordnung ein. H H H H C C C H H H H C H C C H H H H H Alkanmoleküle sind unpolar (die Elektronen sind gleichmäßig im Molekül verteilt) und werden nur von den schwachen van der WaalsKräften zusammengehalten, deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt. Van der Waals-Kräfte wirken zwischen den Moleküloberflächen und sind daher um so stärker, je größer das Molekül ist. Also nehmen die Schmelzund Siedepunkte und die Dichte der Alkane mit steigender Molmasse aufgrund der zunehmenden Anziehungskräfte zwischen den Molekülen zu. Bei verzweigten Alkanen sind wegen der kleineren Oberfläche die van der Waals-Kräfte geringer als bei geradkettigen Isomeren. Die Höhe der Schmelzpunkte wird auch von der Packungsdichte im kristallinen Zustand beeinflusst. Alkane mit geradzahliger Kohlenstoffzahl sind besser gepackt und schmelzen daher relativ etwas höher als Alkane mit ungerader C-Zahl. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung van der Waals-Kräfte: schwache Bindungskräfte zwischen inerten Atomen und gesättigten, unpolaren Molekülen, deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt. (schwächste der zwischenmolekularen Kräfte) Jedem Atom wird ein bestimmter Wirkungsradius gegenüber anderen, nicht gebundenen Atomen zugeschrieben, der als van der Waals-Radius bezeichnet wird. Beträgt der Abstand zweier Atome die Summe ihrer beiden van der Waals-Radien ist die van der Waals-Anziehung maximal. Sollen die Atome noch weiter "zusammengepresst“ werden, kehrt sich die Anziehung in die sogenannte van der Waals-Abstoßung um. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Konformation OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Cycloalkane, Baeyer-Spannung, Pitzer-Spannung ♦ Cycloalkane werden in vier Klassen eingeteilt: (nach Prelog u. H. C. Brown) ! Kleine Ringe (3- u. 4-gliedrig) ! Gewöhnliche Ringe (5-, 6- u. 7-gliedrig) ! Mittlere Ringe (8- bis 11-gliedrig) ! Große Ringe (12- u. höher-gliedrig) ♦ Kleine und mittlere Ringe weisen eine abnorm hohe Verbrennungswärmen auf, vgl. mit den Werten entsprechender offenkettiger Alkane. Die besonders hohen Verbrennungswärmen der kleinsten Ringe werden durch die Baeyer'sche Spannungstheorie erklärt. Baeyer-Spannung(stheorie): Die Abweichung der Bindungs-winkel X vom Normal-Tetraeder-Winkel 109°28' verursacht die Spannung. (Diese Winkel- od. Baeyer-Spannung wird durch den Wert 1/2(109°28'–X) ausgedrückt.) Die Baeyer-Theorie versagt für größere Ringe, da sie von ebenen Ringen ausgeht, was bereits beim Cyclopentan nicht mehr der Fall ist! ♦ Pitzer-Spannung: Nach K. S. Pitzer (geb. 1914) benannte Bezeichnung für diejenige Spannung eines Moleküls, die durch van der Waals-Kräfte ungenügend gestaffelter Substituenten benachbarter Kohlenstoff-Atome hervorgerufen wird (ekliptische und gauche-WW) (Der einfachste Fall von P.-S. liegt beim Ethan-Molekül vor. Hier entspricht die P.-S. der Energiedifferenz zwischen der energetisch ungünstigen eklipt. Konformation und der energetisch günstigen gestaffelten Konformation.) Aufgrund der P.-S. liegt Cyclopentan nicht in der ebenen Form eines regelmäßigen Fünfecks vor, sondern bevorzugt gewellte Konformationen (Envelope u. Halbsessel), Cyclohexan bevorzugt die Sesselkonformation. ♦ Transannulare-Spannung: sterische Hinderung gegenüberleigender Substituenten (in der Wanne) OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Bi- und polycyclische Cycloalkane ♦ Spiroverbindungen (Spirane): C zwei Ringe haben nur ein C-Atom gemeinsam; die Ringebenen stehen senkrecht aufeinander. (axiale Chrialität) ♦ Kondensierte Ringsysteme: zwei Ringe teilen zwei C-Atome miteinander (anellierte Ringe). C C z.B. Decalin (ortho-Kondenstion) -polycyclische Ringsysteme, z.B. Adamantan ♦ Brückenringsysteme: über zwei C-Atome eines Ringes wird eine Bindung geschlagen, die aus einer oder mehreren CH2-(Methylen-) Gruppen bestehen kann. C C z.B. Norbornan (= Bicyclo[2.2.1]heptan) Die Stabilität von Brückensystemen hängt entscheidend von der Ringspannung ab; die Bootform ist hier deshalb gegenüber der Sesselkonformation bevorzugt. Bredt'sche Regel: wegen der Ringspannung kann an einem Brückenkopf-C-Atom keine Doppelbindung autreten. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Verbindungsklassen Alle Gruppen, die an die Kohlenstoffkette (R) gebunden sind (mit Ausnahme von H), bezeichnet man als Substituenten. Reaktionsfähige Stellen in einem Molekül nennt man funktionelle Gruppen. Funktionelle Gruppen beeinflussen wesentlich die Struktur, die chemischen und die physikalischen Eigenschaften einer Verbindung. Funktionelle Verbindungs- Allgemeine Formel Gruppe (an R) klasse IUPAC-Silbe Beispiel Halogen F, Cl, Br, I Fluor-, Chlor-, Fluorethan Brom-, IodH3C CH2 F Halogenalkane R-X DoppelAlkene bindung, C=C CnH2n -en 2-Methylpropen H3C C CH2 H3C DreifachAlkine bindung, C≡C CnH2n-2 Hydroxygruppe, -OH Alkohole R-OH Mercaptogruppe, -SH Thioalkohole -in 2-Butin H3C -ol Ethanol H3C R-SH -thiol R-O-R' -oxy- Thioether R-S-R' -sulfid H3C Carbonylgruppe -C=O Aldehyde Ketone -C(O)H -C(O)R' CH2 CH2 SH Ethoxyethan (Diethylether) H3C Alkylthiogruppe, -SR' CH2 OH Propanthiol H3C Alkoxygruppe, Ether -OR' C C CH3 CH2 O CH2 CH3 Ethylmethylsulfid CH2 S CH3 -al -carbaldehyd Ethanal (Acetaldehyd) -on Propanon (Aceton) O H3C H3C H O CH3 OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Carboxylgruppe Carbonsäuren R-COOH -säure -carbonsäure Ethansäure (Essigsäure) O -C(X)=O H3C Ester R-COOR' -oat OH Methylethanoat (Essigsäuremethylester) O H3C Amide R-C(O)NH2 R-C(O)NRR' -amid OCH3 Propanamid O H3C NH2 Säurechloride R-C(O)Cl -oylchlorid Ethanoyl-carbonylchlorid chlorid O H3C Säureanhydride R-C(O)-O(O)CR' Cl -säureanhydrid Propansäureanhydrid O O O Aminogruppe Amine R-NH2(RR') Amino- N-Methylamino- ethan H3C Nitrilgruppe -C≡N Nitrile R-CN -nitril -CNO, -CNS (Thio)Cyanate R-CNO, R-CNS -(thio)cyanat CH2 NH(CH3) Propannitril H3C CH2 CH2 CN Phenylisocyanat NCO -NCO, -NCS Iso(thio)cyanate aromatische Arene Verbindungen R-NCO, R-NCS -iso(thio)cyanat Methylbenzol (Toluol) CH3 OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Elektronegativität ist eine Bezeichnung für die Fähigkeit der an chemischen Bindungen beteiligten Atome, gemeinsame Elektronen von benachbarten Atomen innerhalb des Moleküls unterschiedlich stark anzuziehen. Die Elektronegativität bestimmt wesentlich den Charakter der Bindung! Der Begriff Elektronegativität geht auf Pauling zurück, der 1932 die erste empirische Elektronegativitäts-Skala aufstellte und später etwas modifizierte. An den verschiedenartigen Definitionen und der willkürlichen Wahl der Skala erkennt man, daß die Elektronegativität keine wohldefinierte physikalische Größe ist. Die Elektronegativität eines Atoms ist um so größer, je höher die Kernladung ist und je stärker sie über die Elektronenhülle hinaus wirken kann. So nimmt die Elektronegativität im Periodensystem von links nach rechts innerhalb der Periode und normalerweise von unten nach oben innerhalb einer Gruppe zu. Also: im Periodensystem stehen die elektronegativsten Elemente oben und rechts. Von der Elektronegativität ist die Elektronenaffinität zu unterscheiden, die sich auf die Aufnahme eines Elektrons durch ein freies, ungebundenes Atom oder ein Molekül bezieht. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Induktive und mesomere Effekte Durch die unterschiedliche Elektronegativität der Elemente sind viele Bindungen polarisiert. Die Bindungspartner tragen dadurch Partialladungen: δ+und δ♦ Diese wirken sich auch auf weitere Bindungen polarisierend aus, mit zunehmendem Abstand der betrachteten Bindung von dem/r polarisierenden Atom/Gruppe in immer geringerem Maße: Induktiver (I-) Effekt Man unterscheidet Substituenten mit +I-Effekt: erhöhen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat geringere Elektronegativität als C) -I-Effekt: erniedrigen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat höhere Elektronegativität als Kohlenstoff) Kohlenstoffreste, die stark elektronegative Elemente tragen, wie eine CCl3- oder eine CF3-Gruppe haben -I-Effekt! Alkylsubstituenten wirken einen +-I-Effekt aus! → Hyperkonjugation ♦ Ein zweiter Effekt kommt bei sp2-hybridisierten C-Atomen zum Tragen. Er kommt durch Konjugation zwischen π-Systemen oder π-Systemen mit freien Elektronenpaaren zustande und kann durch mesomere Grenzstrukturen beschrieben werden: Mesomerer (M-) Effekt Je nachdem ob ein Substituent durch Mesomerie Elektronen aufnehmen oder abgeben kann, spricht man von -M- Effekt oder +M-Effekt Auch hier beschreibt das Vorzeichen die Erhöhung (+) bzw. Erniedrigung (-) der Elektronendichte des Zentrums an dem ein M-Substituent gebunden ist. Substituenten mit freien Elektronenpaaren sind +M-Substituenten, Substituenten mit π-Systemen, vor allem, wenn elektronegative Elemente beteiligt sind, besitzen meist -M-Charakter. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Bindungsdissoziationsenergien Wenn sich Atome zu Molekülen vereinigen, wird Energie frei. Zur Spaltung eines Moleküls bzw. einer Bindung muß eine äquivalente Menge Energie aufgebracht werden. Die Energie, die verbraucht oder freigesetzt wird, wenn eine Bindung gespalten oder gebildet wird, bezeichnet man als Bindungsdissoziationsenergie DH0 Eine Bindung kann homolytisch oder heterolytisch gespalten werden. Dissoziationsenergien beziehen sich auf homolytische Spaltungen! homolytische Spaltung: A-B " heterolytische Spaltung: A-B " . . A +B + A + :B Teilchen mit ungepaarten Elektronen am C: Teilchen mit positiver Ladung am Kohlenstoff: Teilchen mit negativer Ladung am Kohlenstoff: kohlenstoffzentrierte Radikale R. sp2-hybridisiert + Carbeniumionen RC sp2-hybridisiert Carbanionen RC (sp2) sp3-hybridisiert Je stabiler ein Radikal, umso kleiner ist seine Bindungsdissoziationsenergie. Nachweis von Radikalen durch ESR-Spektroskopie (Elektronenspinresonanz, ungepaarter Eelektronenspin kann im Magnetfeld zwei unterschiedliche Orientierungen einnehmen). OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Die Stärke von C-H- und C-C-Bindungen ist von der Molekülstrutur abhängig. Dissoziationsenergien einiger Alkane Verbindung DH0 [kJ/mol] Verbindung DH0 [kJ/mol] H3C-H H5C2-H (H3C)2HC-H (H3C)3C-H 440 410 396 389 H3C-CH3 H5C2-CH3 H5C2-C2H5 (CH3)C-CH3 (CH3)C-C(CH3)3 377 360 343 352 301 Stabilität von Radikalen und Carbeniumionen CH3-Radikal/Kation < primäres < sekundäres < tertiäres STABILITÄT ⇒ ⇐ENERGIEGEHALT ⇐DISSOZIATIONSENERGIE Begründung der Stabilitätsreihung durch HYPERKONJUGATION Hierunter versteht man die Wechselwirkung zwischen einer α-C-H-Bindung und dem p-Orbital des sp2-C-Atoms (des Radikals oder Carbeniumions), die in bestimmten Konformationen möglich ist. Dadurch wird der Elektronenbedarf des elektronenärmeren sp2-C-Atoms ausgeglichen. (⇒ +I -Effekt von Alkylgruppen) OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung BEGRIFFE Substitution: Ein Atom wird durch ein anderes ersetzt. Übergangszustand: ein Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Ein Übergangszustand existiert nur unmeßbar kurz. Zwischenstufe: Zwischenprodukte (Zwischenstufen) sind energetisch bei Minimas angesiedelt, die von Übergangszuständen flankiert sind. Ihre Lebensdauer ist unterschiedlich lang. Elementarreaktion: Eine Stoffumwandlung, die genau über einen Übergangszustand erfolgt. Eine n-stufige Reaktion erfolgt über eine Folge von n Elementarreaktionen. Regioselektivität: bezeichnet den Anteil, mit dem eine chemische Umwandlung an einer bestimmten Stelle im Molekül abläuft (wo es theoretisch zwei oder mehrere mögliche Molekülorte für die Reaktion gibt). Polarität: ungleiche Verteilung von Elektronendichte Polarisierbarkeit: ein Maß für die Fähigkeit der Elektronenhülle eines Atoms auf die Änderung des elektrischen Feldes zu reagieren. Reaktionsordnung: die Summe der Exponenten der einzelnen Reaktionsterme im Geschwindigkeitsgesetz, das die Kinetik einer Reaktion beschreibt. Molekularität: Eelementarreaktion gibt die Zahl der Teilchen an, die in einer miteinander reagieren. Nucleophile: Elektronendonoren; haben negative Ladung oder ein freies Elektronenpaar; elektronenreiche Verbindungen oder Teilchen, die bevorzugt mit elektrophilen Zentren reagieren. Elektrophil: Elektronenpaarakzeptoren; haben Elektronenmangel OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Reaktionsordnung und Molekularität Die Reaktionsordnung ist die Summe der Exponenten der einzelnen Konzentrationsterme im Geschwindigkeitsgesetz. Sie ist eine experimentell bestimmbare Größe. z.B. (r: Reaktionsgeschwindigkeit; k: Geschwindigkeitskonstante) r = k [A[B][C] r = k [A]2[B] r = k [A]2 r = k [A] Reaktion 3. Ordnung Reaktion 3. Ordnung Reaktion 2. Ordnung Reaktion 1. Ordnung Die Molekularität gibt die Anzahl der Teilchen an, die in einer Elementarreaktion miteinander reagieren. Die Molekularitär kann nicht experimentell bestimmt (nur experimentell untermauert) werden; sie hat für den angenommenen Mechanismus der Reaktion Bedeutung. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Beispiele nucleophiler Substitutionsreaktionen Abgangsgruppe Nucleophil CH3Cl Chlormethan + HO- CH3CH2I Iodethan + H3CO- H + H3C-C-CH2CH3 Br 2-Brombutan H H3C-C-CH2I CH3 1-Iod-2-methylpropan I- + NC- Br + H3CS - Bromcyclohexan CH3CH2I Iodethan CH3Br Brommethan elektrophiles Zentrum: fett CH3OH + Methanol Cl- CH3CH2OCH3 Methoxyethan + I- H + BrH3C-C-CH2CH3 I 2-Iodbutan + IH H3C-C-CH2CN CH3 3-Methylbutannitril SCH3 + Br - (Methylthio)cyclohexan + NH3 + P(CH3)3 H + IH3CCH2 NH H Ethylammoniumiodid CH3 H3C-P-CH3 + Br CH3 Tetrammethylphosphoniumbromid OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Vergleich von SN1- und SN2-Reaktionen (ein Überblick) S N1 S N2 v ~ [RX] (1. Ordnung) 2 Übergangszustände v ~ [RX][Nu] (2. Ordnung) 1 Übergangszustand nur wenn sich stabilisierte Carbeniumionen bilden können nicht mit sterisch gehinderten Substraten Racemisierung Inversion; stereospezifisch beschleunigt in polaren protischen Solventien (Ionenstabilisierung) beschleunigt in polaren aprotischen Solventien ("nackte" Ionen) OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Chemische Verbindungen gleicher Summenformel unterscheiden sich in ihrer Struktur Isomere unterscheiden sich nach Art der Verknüpfung (Konnektivität) der der Atome Konstitutionsisomere unterscheiden sich in der Raumanordnung der vorhandenen Atome Stereoisomere lassen sie sich durch Drehung um Einfachbundungen ineinander überführen Ja Nein Konformere Konfigurationsisomere verhalten sie sich wie Bild und Spiegelbild zueinander Ja Enantiomere Nein Diastereomere (dazu gehören auch cis-, transbzw. Z-, E-Isomere (Doppelbindung als stereogene Einheit); OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Die formal maximale Anzahl von Konfigurationsisomeren N = 2 n+m (n: Anzahl stereogener Zentren, m: Anzahl stereogener Doppelbindungen) kann real durch verschiedene Ursachen erniedrigt oder auch erhöht sein. Meso-Verbindungen sind Verbindungen, die zwei oder mehrere stereogene Zentren enthalten, aber deckungsgleich mit ihrem Spiegelbild sind. Alle meso-Verbindungen besitzen eine Symmetrieebene, welche die eine Hälfte des Moleküls (der stereogenen Zentren) in die andere abbildet. (Beim Vorhandensein von meso-Formen erniedrigt sich die Zahl der Stereoisomer, die bei n stereogenen Zentren maximal 2n beträgt.) Spiegelebene CH3 Br CH3 H H Enantiomere Br Br H CH3 Br H CH3 Diastereomere CH3 CH3 Br H H Br Br H H Br CH3 CH3 identisch (die meso-Form) ___________________________________________________________ Br Br H3C CH3 Br drei Stereoisomere H3C COOH Br vier Stereoisomere OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Fortgeschrittenes Merkblatt zur Stereochemie Als Symmetrieoperationen bezeichnet man Operationen, welche einen Gegenstand mit sich selbst zur Deckung bringen. Bleibt bei der Durchführung der betreffenden Symmetrieoperation ein Punkt im Raum fixiert, spricht man von Punktsymmetrie. (Wird in eine Symmetrieoperation auch eine Translation einbezogen, spricht man von Raumsymmetrie → Kristalle). Moleküle sind stets punktsymmetrisch. Es lassen sich vier Punktsymmetrieelemente unterscheiden, die mit vier Symmetrieoperationen verknüpft sind: 1. Symmetriezentrum 3. Drehachse Cn i 2. Spiegelebene σ 4. Drehspiegelachse Sn Weil die Drehung um 180° mit nachfolgender Spiegelung, der Spiegelung an einem Punkt entspricht, ist S2 = Inversion (SZ) und entsprechend ist S1 = Spiegelebene (σ). Jedes Molekül besitzt mehr oder weniger Symmetrieelemente. Die Kombinationen der Symmetrieelemente heißen Punktgruppen. Eine Punktgruppe ist eine Gruppe im Sinne der Gruppentheorie. Punktgruppen ohne jedes Symmetrieelement sind asymmetrisch. Punktgruppen ohne Drehspiegelachsen (also auch ohne Symmetriezentrum und Spiegelebene) bezeichnet man als dissymmetrisch. Dissymmetrische und asymmmetrische Gegenstände oder Moleküle haben eine Eigenschaft gemeinsam: sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbild, d.h. sie lassen sich mit ihrem Spiegelbild nicht zur Deckung bringen. Man nennt sie chiral. Chiralität ist die notwendige und hinreichende Bedingung für das Auftreten optischer Aktivität (d.h. die Fähigkeit einer Substanz, die Polarisationsebene linear polarisierten Lichts zu drehen). Damit eine Verbindung chiral ist, darf sie keine Drehspiegelachsen als Symmetrieelemente aufweisen (Drehachsen (Cn) schon). (wenige Ausnahmen) Erinnere: Strukturisomere haben gleiche Summenformel. Unter den Strukturisomeren unterscheidet man zwei grundsätzliche Fälle: Konstitutionsisomere unterscheiden sich in der Aufeinanderfolge der Atome. Stereoisomere sind Moleküle gleicher Konstitution, die sich aber in der räumlichen Anordnung ihrer Atome, d.h. ihrer Konfiguration unterscheiden. Ausgenommen sind die Konformeren, deren unterschiedliche räumliche Anordnungen durch Drehung um Einfachbindungen entstehen. Stereoisomere, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, heißen Enantiomere, alle anderen Stereoisomere sind Diastereomere. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Begriffe Inversion der Konfigration: Umkehr der Konfiguration Retention der Konfiguration: deren Erhalt Racemisierung: aus einem enantiomerenreinen Edukt entstehen beide Isomere Racemat: ein 1:1-Gemisch von zwei Enantiomeren Epimerisierung: nur eine einziges von mehreren stereogenen Zentren wird in seiner Konfiguration invertiert. OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung Kasten sp-, sp2- und sp3-Hybridorbitale unterscheiden sich in der Zahl der beteiligten p-Orbitale. Dabei nimmt der Anteil des beteiligten s-Orbitals wie folgt ab: sp: 50% s-Anteil sp2: 33% s-Anteil sp3: 25% s-Anteil E Da ein s-Orbital energetisch tiefer liegt als das p-Orbital (der gleichen Schale) liegt ein Hybridorbital energetisch umso tiefer, je höher sein s-Anteil ist. Acidität Kohlenstoff-gebundener Wasserstoffatome: Eine kovalente Bindung, an der ein sp-Orbital beteiligt ist, ist stärker zum C-Atom (zum Kern) hin polarisiert als im Fall einer sp2- oder sp3Hybridisierung. Das bedingt eine erhöhte Acidität von sp-gebundenen Wasserstoffatomen. Alkin-Wasserstoffatome sind acide: H CH 3 C C 1-Butin CH 2 OC I, SS 2003, Prof. LINDHORST, Foliensammlung