Prof. Dr. W. Kleemann

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Prof. Dr. W. Kleemann - Angewandte Physik
Projekt: Struktur und Dynamik ferromagnetischer Cluster in antiferromagnetischer Umgebung
Ferromagnetische Teilchen mit Durchmessern von ca. 10 nm verhalten sich in diamagnetischer Umgebung wie superparamagnetische Eindomänencluster [1] mit typischem Blockierungsverhalten bei tiefen
Temperaturen, T < TB [2]. Unterhalb von TB tritt Koerzivität und Remanenz auf, während oberhalb von
TB die magnetischen Momente frei fluktuieren und im Sinne einer Langevin-Funktion beschrieben werden können. Mit abnehmender Temperatur zeigt die Suszeptibilität zunehmend polydispersives Verhalten [3], das auf zunehmende Dominanz der Anisotropie und nicht mehr vernachlässigbaren Wechselwirkung der Teilchen untereinander zurückgeführt wird [4]. Zusätzliche Wechselwirkungen sind zu erwarten, wenn die Teilchenumgebung antiferromagnetisch ist. Aufgrund des ”Exchange Bias”-Effektes [5]
dürften sich die Magnetisierungskurven in charakteristischer Weise ähnlich wie bei geeignet präparierten
Heteroschichtsystemen aus Antiferro- und Ferromagneten verschieben. Eigene Erfahrungen liegen bisher an dünnen Schichten von FeCl2 /Fe und FeBr2 /Fe vor [6]. Im vorliegenden Projekt sollen aus den
gleichen Systemen dünne granulare Schichten hergestellt und untersucht werden. Bei sehr feindispersiver Mischung sind auch Erhöhungen der Néel-Temperaturen infolge des Proximity-Effektes ähnlich wie
beim System EuS/Co [7] zu erwarten.
• Ziele und Forschungsschwerpunkte
Die Wechselwirkung superparamagnetischer Teilchen aus Eisen oder Kobalt mit antiferromagnetisch
geordneter isolierender Umgebung soll in verschiedener Hinsicht untersucht werden. Zunächst sollen durch Koevaporation im Ultrahochvakuum die Metallpartikel in diamagnetischer Umgebung in
dünnen Schichten (t ≈ 10 − 100 nm) matrixisoliert werden. Salze von gleicher Kristallstruktur wie
die antiferromagnetischen Zielsubstanzen, z.B. MgCl2 , CdBr2 etc., sollen bevorzugt werden. Anhand
von Röntgendiffraktometrie, Rasternahfeldmikroskopie und Transmissionselektronenmikroskopie sollen
Teilchengröße und -verteilung untersucht werden. Magnetometrie und Suszeptometrie mittels SQUIDTechnik liefern Aufschluß über die effektiven Momente, die Teilchenanisotropie und ggf. ihre dipolare
Wechselwirkung. Besonderes Augenmerk soll auf die Dispersion der Wechselfeldsuszeptibilität gelegt
werden. Temperprozeduren zur gezielten Teilchenvergrößerung sind vorgesehen.
Nach diesen Vorversuchen soll die diamagnetische Umgebung durch eine antiferromagnetische ersetzt
werden. Bevorzugte Matrizen werden die axialen Antiferromagnete FeCl2 (TN = 24 K) und FeBr2
(TN = 14 K) sein. Auch an planare Antiferromagnete wie CoCl2 (TN = 25 K) wird gedacht. In ähnlicher
Weise wie bei den diamagnetischen Vergleichsschichten werden strukturelle und magnetische Eigenschaften bestimmt. Es ist ein maßgeblicher Einfluß der antiferromagnetischen Ordnung auf die Dynamik der ferromagnetischen Momente infolge der grenzflächendominierten Austauschwechselwirkung
zu erwarten. Während oberhalb von TN vermutlich kaum Änderungen auftreten, sollte der ExchangeBias-Effekt unterhalb von TN erheblichen Einfluß auf die Teilchenhysterese und das damit verknüpfte
Suszeptibilitätsspektrum ausüben. Von entscheidender Bedeutung wird die magnetische Vorbehandlung
des Systems sein. Bei Feldkühlung ist der Exchange-Bias-Effekt aufgrund seiner charakteristischen
Asymmetrie vermutlich besonders effizient.
Weiterhin soll das Augenmerk auf mögliche Änderungen der Ordnungstemperaturen der antiferromagnetischen Isolatoren gerichtet werden. Im Bereich höherer Konzentrationen der ferromagnetischen Komponente (Fe, Co) dürfte der Proximity-Effekt zur Erhöhung von TN führen. Ähnliche Effekte, nämlich den
Angleich der Ordnungstemperaturen von nicht-mischbaren, feindispersen granularen Schichten, sind im
System EuS/Co gefunden worden [7].
Zur weiteren Variation des Szenarios antiferro-ferromagnetischer Wechselwirkungen sollen auch diamagnetisch verdünnte antiferromagnetische Matrizen, z.B. Fe0.9 Mg0.1 Cl2 oder Fe0.9 Mg0.1 Br2 , zum Einsatz
kommen. Bei Feldkühlung entstehen bekanntlich [8] infolge lokaler Zufallsfelder antiferromagnetische Nanodomänenzustände mit zusätzlichen Domänenwänden. Dieser Mechanismus konkurriert mit
dem Exchange-Bias-Effekt im Bereich der Grenzflächen und dürfte charakteristische unordnungsbedingte Folgen auf die Asymmetrie und Dynamik der Magnetisierung der ferromagnetischen Partikel
haben. Insbesondere dürften interessante ”Resonanzeffekte” auftreten, wenn die feldabhängige mittlere
Domänengröße mit der mittleren Teilchengröße vergleichbar wird.
Schließlich soll auch der entgegengesetzte Grenzfall, nämlich die Einlagerung kleinster antiferromagnetischer Isolatorpartikel von FeCl2 und FeBr2 in eine metallische ferromagnetische Matrix (Fe, Co) nach
Koevaporation untersucht werden. Hier sind insbesondere die magnetischen Phasendiagramme der Antiferromagneten unter dem Einfluß sehr starker grenzflächenbestimmter Austauschwechselwirkung von
Interesse. Vermutlich werden die kritischen Felder der metamagnetischen Spin-Flip-Phasenübergänge
[9] drastisch gesenkt.
Die Arbeiten sollen von Modellrechnungen begleitet werden, die unter anderem auch in Kooperation mit
der Gruppe Usadel durchgeführt werden. Die Transmissionselektronenmikroskopie wird in Zusammenarbeit mit der Gruppe Dumpich betrieben.
• Geplante Dissertationsthemen
1. Strukturelle und magnetische Eigenschaften ferromagnetischer Nanopartikel in antiferromagnetischer Umgebung.
2. Proximity-Effekte in feindispersen Mischungen aus Antiferromagneten und Ferromagneten stark
unterschiedlicher Ordnungtemperatur.
Literatur
[1]
A. H. Morrish, Physical Principles of Magnetism (Wiley, New York, 1965).
[2]
G. Xiao, S. H. Lion, A. Levy, J. N. Taylor, and C. L. Chien, Magnetic relaxation in Fe-SiO2 granular films,
Phys. Rev. B 34, 7573 (1986).
[3]
B. Zhao, Jeff, Y. Chow, and X. Yan, Alternating current susceptibility studies in Ni-SiO2 granular films, J.
Appl. Phys. 79, 6022 (1996).
[4]
E. F. Kneller and F. E. Luborsky, J. Appl. Phys. 34, 656 (1963).
[5]
J. Nogues, D. Lederman, T. J. Moran, and I. K. Schuller, Positive exchange bias in FeF2 -Fe bilayers, Phys.
Rev. Lett. 76, 4624 (1996); N. J. Gökemeijer, T. Ambrose, and C. L. Chien, Long-range exchange bias across
a spacer layer, Phys. Rev. Lett. 79, 4270 (1997).
[6]
H. van Husen, Herstellung und Charakterisierung magnetischer Metall-Isolator-Heteroschichten, Diplomarbeit, Duisburg 1998.
[7]
R. Gambino and P. Fumagalli, Magneto-optic properties of macroscopic ferrimagnets, IEEE Trans. Mag. 30,
4461 (1994).
[8]
W. Kleemann, Random-field induced antiferromagnetic, ferroelectric and structural domain states, Int. J.
Mod. Phys. B 7, 2469 (1993).
[9]
M. M. P. de Azevedo, Ch. Binek, J. Kushauer, W. Kleemann, and D. Bertrand, Transient spin structures at
the antiferro-to-paramagnetic phase boundary of FeBr2 , J. Magn. Magn. Mat. 140-144, 1557 (1995).
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