Manipulationsmöglichkeiten bei Architektenhonorar

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Manipulationsmöglichkeiten bei Architektenhonorar
und Bauvergütung
Verfasser: Dr.-lng. Dietmar Augustin, Michael Stemmer
Inhaltsübersicht
Seite
1. Einleitung
178
2. Überblick über Manipulationsmöglichkeiten und Maßnahmen
zu deren Verhinderung
178
2.1
Einführung
178
2.2
Planungsauftrag
179
2.3
Planung
179
2.4
Leistungsbeschreibung
181
2.5
Ausschreibung
182
2.6
Angebot
182
2.7
Submission und Wertung
183
2.8
Vergabe
184
2.9
Aufmaß und Abrechnung
186
2.10 Gewährleistung
187
2.11 Honorare
188
3. Beispiel aus dem Bereich der Vergabe
188
3.1
Sachverhalt
188
3.2
Entstandener Schaden
189
4. Beispiele für Manipulationen beim Leistungsverzeichnis
190
4.1
Scheinpositionen und Vorgabe erheblicher Mengenminderungen; Spekulationspreise
190
4.2
Vorgabe umfangreicher Mengenmehrungen
191
4.3
Vorgetäuschte Wahlmöglichkeiten
192
4.4
Positionen mit Beschränkung auf die Menge "1"
192
5. Beispiel für die Auswirkung auf die Abrechnung
193
6. Schadensersatzmöglichkeiten
194
7. Zusammenfassung
195
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
177
1.
Einleitung
Die Furcht vor Manipulationen zieht sich durch die gesamte Geschichte des Bauens,
von den Griechen und Römern über das Mittelalter bis zur Gegenwart, wie in den
regelmäßigen Feuilletonbeiträgen "Bauwirtschaft im Spiegel der Geschichte" von Prof.
Pfarr in der Zeitschrift BAUWIRTSCHAFT nachzulesen ist. Oft kam es zum Streit des
Bauherrn mit dem Baumeister, ob er nicht mehr an Material und Handwerkerleistungen
in Rechnung gestellt habe als tatsächlich aufgewendet wurde, z.B. indem er Material
teilweise für andere Bauten verwendete.
Während es früher im wesentlichen um die Abrechnung selbst ging, finden sich heute
- jedenfalls in Einzelfällen - manipulierende Eingriffe in allen Stufen eines Projektablaufs: bei der Ausschreibung, bei der Prüfung und Wertung, bei der Auftragsvergabe sowie bei der Bauausführung und Abrechnung. Es handelt sich dabei in erster
Linie um Manipulationen zum Nachteil des Bauherrn, z.T. aber auch zum Nachteil des
mindestnehmenden Bieters.
Wenn hiervon einer Vielzahl von Manipulationen die Rede ist, soll damit nicht der Eindruck
erweckt werden, alle Baumaßnahmen litten darunter. Der größte Teil aller Bauverträge
wird korrekt abgewickelt. Es gilt jedoch, gerade im Hinblick auf die Schadenshöhe,
Nachlässigkeiten und krimineller Energie mit den gebotenen Mitteln entgegenzutreten.
Dies gelingt am besten, wenn auch das Bauamt weiß, von wem, zu welchem Zeitpunkt
und in welcher Weise Manipulationen vorgenommen werden.
2. Überblick über Manipulationsmöglichkeiten und Maßnahmen zu deren
Verhinderung
2.1 Einführung
Gerade in letzter Zeit ist eine größere Zahl von aufsehenerregenden Preisabsprachen
insbesondere bei Elektroarbeiten bekannt geworden. Dies ist jedoch nur eine von
vielen Manipulationsmöglichkeiten.
In Stichworten ist in Anlage 1 ein Überblick über mögliche Manipulationen während
des Zeitablaufs eines Projekts dargestellt. Wenn man unter "Manipulationen" alle
Handlungen zusammenfaßt, die zu einem Schaden des Bauherrn bei der Vergütung
führen, gleichgültig, ob eine strafbare Handlung, Absicht, Unkenntnis oder Nachlässigkeit
vorliegt, ist zu sehen, daß teilweise nur einzelne beteiligt sind - Planer allein, Firma
allein -, teilweise mehrere - Planer und Firma, Bauamtsangehörige und Firma, Bauamtsangehörige und Planer -. Häufig sind die Grenzen zwischen vorsätzlichem Handeln
und Nachlässigkeit oder Unerfahrenheit fließend.
Im vorliegenden Beitrag soll insbesondere auch auf die dem Bauherrn entstehenden
Mehrkosten aufmerksam gemacht werden, wenn durch den Planer (mit Wissen einer
Firma) unzutreffende Leistungen und/oder Mengen im Leistungsverzeichnis vorgegeben
werden.
179
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Zuvor werden eine Reihe geläufiger, aber auch weniger bekannter Manipulationsmöglichkeiten und vor allem Maßnahmen zu deren Verhinderung in der zeitlichen Reihenfolge einer Projektabwicklung dargestellt.
2.2 Planungsauftrag
a) Falsches Leistungsbild
Der Planer (Architekt, Ingenieur) überredet den Bauherrn (insbesondere bei kleineren
Gemeinden oder Zweckverbänden) zu einem Vertrag über das volle Leistungsbild der
HOAI, obwohl der Bauherr erkennbar, z.B. für die Bebauungsmöglichkeiten eines Grundstücks oder die Entwässerung eines Ortsteils, nur einen Vorentwurf benötigt. Später
kommt es nicht selten dann zu einer Vertragsauflösung für die nicht benötigten
Teilleistungen mit der Folge, daß eine beträchtliche Entschädigung verlangt wird. (Daß
ein Vergütungsanspruch des Architekten/Ingenieurs wegen falscher Beratung über
den erforderlichen Leistungs- und damit Vertragsumfang entfallen kann, ist nicht allgemein
bekannt und hängt im übrigen von den Umständen des Einzelfalles ab.)
Ein anderer Mißstand ist die Vereinbarung eines Zeithonorars, obwohl das Leistungsbild
in der HOAI geregelt ist; das Tafelhonorar würde zu einer wesentlich niedrigeren
Vergütung führen.
Schutzmöglichkeiten: Bei stufenweiser Beauftragung entsprechend den kommunalen
Vertragsmustern (HIV-KÖM) hält sich der Schaden in Grenzen. Für Bauherrn, die über
wenig Erfahrung mit der HOAI verfügen, ist die Einschaltung eines unabhängigen Beraters
(eines privaten Gutachters oder auch des Prüfungsverbandes) zweckmäßig, insbesondere
wenn es um eine problematische Einordnung des Objekts in eine bestimmte Honorarzone
oder um die Vereinbarung von höheren als den Mindestsätzen, um einen Umbauzuschlag
oder um die Anrechenbarkeit vorhandener Bausubstanz geht.
b) Büro im Eigentum einer Baufirma
In letzter Zeit war insbesondere bei größeren, als GmbH organisierten Ingenieurbüros
zu beobachten, daß nach altersbedingtem Ausscheiden des Namensgebers das Büro
von einer Baufirma übernommen wurde. Nach außen wird dies nicht erkennbar, da
der Name des Büros unverändert bleibt. Gleiches gilt, wenn eine Baufirma von Anfang
an beteiligt ist. Bei Ausschreibung, Wertung der Angebote und Bauüberwachung sind
l nteressenskonflikte vorprogrammiert. Hätte der Bauherr Kenntnis von den Verflechtungen,
würde er den Planungsauftrag nicht erteilen, mindestens verstärkt kontrollieren.
Schutzmöglichkeiten: Bei Abschluß eines Architekten-, Ingenieur- oder Fachplanervertrages
sollte vom Planer eine schriftliche Erklärung über die Beteiligung Dritter, auch stiller
Teilhaber, an seinem Büro gefordert werden.
2.3 Planung
a) Zu niedrige Kostenschätzung
Die voraussichtlichen Baukosten liegen über den Finanzierungsmöglichkeiten des
Bauherrn. Um für die politisch von einzelnen gewollte Weiterbearbeitung des Projekts
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179
die Zustimmung des zuständigen Gremiums oder der Förderbehörde zu erlangen,
werden bewußt zu niedrige Kostenschätzungen oder -berechnungen vorgelegt. Zum
Teil geschieht dies in Absprache mit dem Planer, zum Teil unter Mitwirkung der Verwaltung.
Schutzmöglichkeiten: Bei größeren Vorhaben ist die Einschaltung eines Controllers
(im Hochbau Projektsteuerer, im Tiefbau unabhängiger Projektingenieur) anzuraten,
dessen Honorar für die Prüfung der Kostenschätzung als Pauschale unabhängig von
der Höhe der Bausumme zu vereinbaren wäre.
b) Zu hohe Kostenschätzung
Der Planer legt seiner Kostenschätzung überhöhte Ansätze zugrunde. Er erhält dadurch
nach der Gebührenordnung ein unangemessen hohes Honorar bei den Leistungsphasen 1^
bis 4.
Schutzmöglichkeiten: wie vor
c) Überdimensionierung
Der Planer beschränkt die Größe der Maßnahme nicht auf die Bedürfnisse des Bauherrn,
sondern plant eine wesentlich größere Anlage, z.B. Kläranlage, Heizungs- oder
Klimaanlage. Dies schädigt den Bauherrn nicht nur durch die unnötig hohen Baukosten - was bei Zuwendungsmaßnahmen im Hinblick auf künftige Entwicklungen
manchmal von kommunalen Bauherrn nicht als Schaden gesehen wird -, sondern auch
durch die dauernd anfallenden höheren Betriebskosten oder Grundgebühren (für Strom,
Gas etc.). Dem Planer kommen die hohen Baukosten unmittelbar durch die Erhöhung
seines Honorars zugute.
Schutzmöglichkeiten: wie vor, bei entsprechend angepaßtem Leistungsbild des Beraters
d) Unnötige Leistungen
Vom Planer werden überzogene, zu teuere oder für den konkreten Bedarf überflüssige
Leistungen vorgesehen, was für den Bauherrn manchmal leicht, teilweise aber auch
schwierig oder fast gar nicht erkennbar ist, z.B. unnötigerweise geflieste Lagerräume,
Marmorbelag im Keller, Technikräume wandhoch gefliest, teueres Pflaster im Bauhof
statt Asphalt, für den konkreten Zweck überteuertes Material, leere Elektroschaltschränke,
unbelegte Elektrokabel, unnötige Zulagebewehrung usw.
Schutzmöglichkeiten: wie vor
e) Unzutreffende Systemwahl
Die Planung wird auf eine unwirtschaftliche Konstruktion (Stahl statt Beton oder Holz
bzw. umgekehrt, Betonfertigteile anstatt Ortbeton oder Mauerwerk) oder auf bestimmte,
zu teuere Systeme (Raumfachwerk, Fassadensystem, Hubüecken, Steuerungsanlagen und Computer) ausgerichtet. Soweit nicht eine einzelne Firma direkt begünstigt
wird, wird zumindest der Wettbewerb ausgeschaltet oder stark eingeschränkt; es entstehen vermeidbare höhere Kosten.
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Schutzmöglichkeiten: wie vor. Daneben ist auch der Bauherr gefordert, sich über die
grundlegenden Ausstattungs- und Konstruktionsmerkmale umfassend und vor allem
rechtzeitig zu informieren und entsprechende Vorgaben zu machen.
2.4 Leistungsbeschreibung
a) Material, Fabrikate
Im Leistungsverzeichnis (LV) werden bestimmte Fabrikate vorgegeben, z.T. direkt "Fabrikat
XY" oder indirekt durch genaue Beschreibung eines Fabrikats, obwohl die Art der Leistung
keine Spezialisierung bedingt. Nicht selten werden unveränderte Muster-LV der Firmen
in die Ausschreibungsunterlagen übernommen. Wie oben bereits dargestellt, entstehen
durch die Beschränkung des Wettbewerbs höhere Kosten. Es ist schwer nachzuweisen,
daß neben der betroffenen Firma auch der Planer (zusätzlich zum automatisch erhöhten
Honorar) davon profitiert.
Schutzmöglichkeiten: Der Bauherr sollte die vom Planer erstellte Leistungsbeschreibung
mindestens stichprobenweise prüfen und nicht unbesehen für die Ausschreibung
freigeben.
Belebend kann zwischendurch auch der Wechsel des Planungsbüros wirken!
b) Scheinpositionen, Scheinmengen
Diese wenig auffällig zu bewerkstelligende Manipulation mit erheblichen finanziellen
Auswirkungen ist als Schwerpunkt dieses Beitrags unter Ziff. 4 abgehandelt.
c) Abschrecken durch Vertragsbedingungen
Durch ausufernde, z.T. in sich widersprüchliche Vertragsbedingungen sowie durch
unzumutbar kurze Ausführungstermine in Verbindung mit hohen Vertragsstrafen werden
Bieter abgeschreckt. Sie kalkulieren entweder teure Überstundenzuschläge oder die
Vertragsstrafe in ihre Preise ein oder bieten nicht an. Dies führt zu einer Einschränkung
des Wettbewerbs und zu einem deutlich höheren Preisniveau. Bei späteren Prüfungen
ist festzustellen, daß die Vertragsstrafe trotz erheblicher Überschreitung der Ausführungsfrist nicht geltend gemacht wurde, angeblich "da nach Vertragsabschluß jedem klar
war, daß die Termine zu kurz waren". Die Firma, die darüber durch Bauamt oder Planer
vorher informiert war, kommt zu höheren Erlösen als üblich.
Eine andere Art der Abschreckung läuft über angekündigte Materialprüfungen,
Prüfungszeugnisse, Fremdüberwachungen, detaillierte Aufzeichnungen usw.; hinterher ist festzustellen - was bestimmten Firmen schon vorher bekannt sein könnte -, daß
keinerlei Unterlagen gefordert wurden.
Schutzmöglichkeiten: Kontrolle der Verdingungsunterlagen und Bauakten auf Vollständigkeit, Klarheit und Ausgewogenheit ist notwendig, vgl. Abschnitt 2.9 d.
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2.5 Ausschreibung
a) Absprachen
Die beteiligten Firmen sprechen sich über die Höhe der Angebotssumme ab und
bestimmen aus ihrer Mitte den Mindestnehmenden. Die nicht am Auftrag beteiligten
Firmen erhalten entweder eine Abfindung oder eine Zusage für eine der nächsten
Ausschreibungen. Der Preis ist wesentlich höher als im freien Wettbewerb. Die Absprache
wird erleichtert durch
- immer gleichen Bieterkreis bei beschränkten Ausschreibungen,
- Information über Verbände oder Lieferanten spezieller Materialien,
- gezielte Auswahl der Bieter durch Bauamt oder Planer,
- Weitergabe der Bieter- oder Interessentenliste durch Bauamt oder Planer,
- Preisgabe des Bieterkreises durch gemeinsame Baustellenbesichtigung vor der
Submission.
Schutzmöglichkeiten: Im Regelfall müssen öffentliche Ausschreibungen stattfinden.
Die Namen der interessierten Firmen, die ein LV anfordern, müssen geheimgehalten
werden. Deshalb sind die Bewerbungsunterlagen nicht durch das Bauamt und keinesfalls
durch den Planer, sondern durch eine andere Stelle in der Verwaltung auszugeben.
Leider zeigt ein Blick in den Staatsanzeiger ("Abholung der Vergabeunterlagen beim
Architekten ..., Submission beim Ingenieurbüro ..."), daß gegen diese grundlegenden
und einfach zu handhabenden Grundsätze bei einem Großteil der Ausschreibungen
verstoßen und somit den Absprachemöglichkeiten Vorschub geleistet wird. Eine weitere
Schutz- und auch für die Strafverfolgung bedeutsame Sanktionsmöglichkeit ist die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von 5 % der Auftragssumme,
wenn der Auftragnehmer nachweislich an einer Absprache beteiligt war (s. Abschnitt 7.9
der Besonderen Vertragsbedingungen im Vergabehandbuch Bayern).
b) Ungünstige Submissionstermine
Der Zeitraum für die Ausschreibung wird gezielt so gelegt, daß für nicht vorab informierte
Firmen keine Erkundungsmöglichkeiten bleiben, geschweige denn Zeit für einen
Sondervorschlag. Wenn Abgabetermine für Großprojekte (schlüsselfertige Bauten, Brücken,
Talsperren) auf die Zeit kurz nach den Weihnachtsfeiertagen oder nach der Urlaubszeit
gelegt werden, kommt nur die eingeweihte Firma zum Zug. Da ihr bekannt ist, daß
die Konkurrenten keine Möglichkeiten für eine scharfe Kalkulation haben, ist ein höheres
Preisniveau durchsetzbar.
Schutzmöglichkeiten: Es wäre eine Begründung vom Planer zu fordern, warum derart
ungünstige Termine unumgänglich sind.
2.6 Angebot
a) Überhöhte Zuschläge
In den Formblättern EFB-Preis (oder auf Nachfrage vor Nachtragsverhandlungen) geben
die Firmen überhöhte Zuschläge auf Stundensätze, Material-, Geräte- und Nachunternehmerkosten an, die nicht den Kalkulationsgrundlagen des Angebots entsprechen.
Wenn nicht erkannt wird, daß die Ansätze wesentlich höher als üblich sind, kommen
überhöhte Nachtragspreise zustande.
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Schutzmöglichkeiten: Vor Vertragsabschluß oder spätestens vor Vereinbarung der ersten
Nachtragspreise wäre die Vorlage der Zuschlagssätze zu fordern. Die angegebenen
Werte wären auf Üblichkeit und auf Übereinstimmung mit den Angebotspreisen durchzusehen.
b) Verzerrte "Urkalkulation"
Im Zusammenhang mit der Angabe überhöhter Zuschläge bereiten einige Firmen ihre
Kalkulation dergestalt auf, daß sie den Arbeitsaufwand ihres Personals und teilweise
auch die Stoffkosten z.B. mit dem Faktor 0,7 reduzieren und die rechnerisch erreichte
Einsparung durch übermäßig hohe Zuschläge ausgleichen. Die Preise sind zunächst
unauffällig und wirken insgesamt "normal". Da sich viele Bauherren mit der Einsicht
in die "Ur"kalkulation begnügen, erzielen die Firmen bei Nachträgen etwa 30 % höhere
Preise als üblich. Denn die Vergütung für zusätzliche Leistungen richtet sich nach dem
tatsächlichen Mehraufwand, wobei sich der bewußt untersetzt kalkulierte Arbeitsaufwand
und die tatsächlichen Gestehungskosten für Baustoffe erhöhen und mit den überhöhten
Zuschlägen fortgeschrieben werden.
Schutzmöglichkeiten: Es wäre von vornherein auf ins Auge fallende Abweichungen
bei den Zuschlägen zu achten, indem z.B. im Preisspiegel die Zuschläge und
insbesondere der Stundenverrechnungssatz mit aufgeführt werden. Wenn bereits wegen
der Art des Bauwerks Nachträge aufgrund zu erwartender Auflagen und gesetzlicher
Anforderungen unvermeidlich erscheinen (Krankenhäuser, Kläranlagen, Deponien),
kann das Angebot nicht als das annehmbarste angesehen werden.
Wir verweisen dazu auf den Beitrag in unserem Geschäftsbericht 1992, S. 159.
c) Überhöhte Änderungssätze
Wird eine Lohngleitklausel vereinbart, hat der Bieter dazu einen Änderungssatz anzubieten. Obwohl die Oberste Baubehörde mit Bekanntmachung vom 01.06.1990 eindringlich
auf die Begrenzung des Änderungssatzes hingewiesen hat, werden Angebote mit deutlich überhöhten Sätzen häufig nicht wie gefordert ausgeschieden. Ein Auftragnehmer
kann damit aus der Lohngleitklausel unzulässigerweise durchaus das Dreifache der
ihm entstandenen Lohnmehrkosten erwirtschaften.
Schutzmöglichkeiten: Wenn die Unzulässigkeit des Änderungssatzes erst nach Vertragsabschluß erkannt wird, wäre mit dem Auftragnehmer unter Hinweis auf die Nichtigkeit
der Vereinbarung ein angemessener Satz festzulegen, vgl. "Fundstelle" 284/1993.
2.7 Submission und Wertung
a) Manipulationen unter Mitwirkung des Planers oder des Amtspersonals in Stichworten
Nachlässe einfügen oder streichen (je nachdem, ob der vorangehende Bieter überholt
oder der Abstand zum nächsten Bieter bei erhaltenem Zuschlag reduziert werden soll),
doppelte Blätter austauschen, Preiseinträge offenlassen/mit Bleistift ausfüllen/mit
Freiräumen versehen (für nachträgliches Einfügen)/ohne Komma ausfertigen (einfügen oder anfügen des Kommas an passender Stelle, z.B. um aus DM 1000DM 10,00
oder DM 10000,00 zu machen), Ziffern fälschen (1 in 4 oder 7, 0 in 6, 8 oder 9).
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Derartige Fälle wurden vom Bundesrechnungshof, vom Bayerischen Obersten
Rechnungshof, von der Hessischen Landesregierung und von anderen aufgezeigt, vgl.
"Fundstelle" 233/1992, 44 und 151/1993 und HIV-KÖM, Anhang 1, Abschnitt 2.4.
Schutzmöglichkeiten: Durchsicht der Angebotsunterlagen durch Bedienstete außerhalb
der Vergabestelle, Kennzeichnung der Angebote durch Lochen oder Stempeln.
Gelegentliches verdecktes Anfertigen von Kopien wesentlicher, insbesondere
preisbestimmender Teile der Angebotsunterlagen vor Weitergabe an Architekt oder
Ingenieur durch wechselnde Bedienstete, die nicht im Vergabebereich tätig sind.
b) Keine Wertung der Bedarfs- und Einheitspreispositionen
Der Eintrag in der Spalte Gesamtpreis wird gesperrt. Der Bieter gibt nur einen Einheitspreis
ab. Der Preis geht nicht in die Wertung ein. Damit können weit überhöhte Preise zustande
kommen. Die Auswirkungen sind, wie im Hauptteil des Beitrags noch geschildert wird,
beträchtlich.
2.8 Vergabe
a) Freihändige Vergabe, Anschlußauftrag
Ein Auftrag wird ohne Ausschreibung an eine Firma vergeben, häufig im Anschluß an
einen Bauvertrag. Dabei überschreitet die Abrechnungssumme des Anschlußauftrags
gelegentlich sogar das ursprüngliche Auftragsvolumen. Das Bauamt begründet die
Vergabe ohne Wettbewerb damit, daß die Angebotspreise äußerst günstig seien. Es
übersieht, daß die Wettbewerbspreise keineswegs im Verhältnis zum Bauindexsteigen,
sondern daß in konjunkturschwachen Zeiten kräftige Preiseinbrüche zu verzeichnen
sind. Bei Fortschreibung der Angebotspreise erleidet der Bauherr in solchen Zeiten
einen erheblichen Schaden.
Schutzmöglichkeiten: Nur in den in § 3 Nr. 4 VOB/A genannten Fällen darf freihändig
vergeben werden (nur ein Untemehmerfürdie Leistung vorhanden, unbestimmte Leistung,
kleine Anschlußleistung nicht trennbar, Leistung besonders dringend oder nach Aufhebung einer Ausschreibung).
b) Pauschalierung
Ausschreibung und Angebot basieren auf einem Einheitspreis-LV, d. h., die Menge jeder
Teilleistung soll nach der Ausführung aufgemessen und nach den angebotenen Einheitspreisen vergütet werden. Die Abrechnungsmengen weichen in der Praxis in der Tat
mehr oder weniger stark von den LV-Mengen ab. Durch das Aufmaß wird sichergestellt,
daß die tatsächliche Leistung korrekt abgerechnet wird. Verschiedentlich wird davon
abweichend bei den Vergabegesprächen die aus den Einheitspreisen entstandene Angebotssumme einer nachträglichen Pauschalpreisvereinbarung zugrunde gelegt. Dabei
wird nicht berücksichtigt, daß die Ausschreibung nicht selten beachtliche Mengenreserven
enthält. (Der LV-Ersteller will auf diese Weise Kosten möglicher Nachträge auffangen,
um späteren Beanstandungen wegen Kostenüberschreitungen aus dem Weg zu gehen,
oder er hat sich bei Zweifelsfragen für die aufwendigere Lösung entschieden.) Der
Unternehmer erkennt die Reserven oder Einsparmöglichkeiten, der Bauherr wird zum
Abschluß einer Pauschalpreisvereinbarung überredet mit dem Argument, dadurch erspare
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Bayerischer Kommunaler Prüfungsvertand - Geschäftsbericht 1994
er sich Kontroll- und Aufmaßtätigkeiten. Unter Umständen erreicht der Unternehmer
sein Ziel auch dadurch, daß er einen - im Verhältnis zu den Einsparungen über die
Mengenreserven - geringen Nachlaß einräumt.
Die ausführende Firma kommt so zum einen in den Genuß der Mengenreserven und
behält zum ändern - was viele Bauherren bei einer Pauschalierung übersehen - gemäß
§ 2 Nr. 7 VOB/B uneingeschränkt ihre Ansprüche auf Vergütung geänderter und zusätzlicher Leistungen. Daß es zu solchen kommt, läßt sich mit einigem Geschick nicht selten
erreichen.
Die Anregung zu einer Pauschalierung kommt meist von der Firma, die die überhöhten
Mengen entweder unmittelbar aus genauerer Prüfung oder aus Abweichungen von
plausiblen Kennwerten (Stahl in kg je m3 umbauter Raum, je m3 Beton; Beton m3 je m3
umbauter Raum, Schalung m2 je m3 Beton) erkennt.
Selbst in Kenntnis ihrer eingearbeiteten Mengenreserven überreden Planer oder Bauamt
manchmal das zuständige Gremium zu einer nachträglichen Pauschalierung, indem
sie Kostensicherheit vorgaukeln. Dem Planer bringt eine Pauschalierung eine wesentliche
Arbeitseinsparung, da-wie ausgeführt-die Prüfung der Aufmaße und der Abrechnung
entfällt.
Schutzmöglichkeiten: Einer nachträglichen Pauschalierung sollte nur zugestimmt werden,
wenn
1. die Leistungen nach Ausführungsart und Mengen genau bestimmt und Änderungen bei der Ausführung nicht zu erwarten sind,
2. die Mengen summenwirksamer Positionen nochmals überprüft sind,
3. die Firma eine deutliche Preisminderung einräumt,
4. das Honorar des Planers der Minderung von Teilleistungen angepaßt wird.
c) Teilpauschalen
Der Bieter schlägt für einzelne Teilleistungen (Wasserhaltung, Verbau, Bewehrungsstahl)
eine Pauschalierung vor. Dahinter steckt seine aus praktischer Erfahrung stammende
Vermutung, daß die Mengenansätze dieser Leistungen wesentlich überhöht sind. Die
Vermutung kann spekulativ (Wasser) oder begründet (Verbau, Stahl) sein. Die Firma
kommt zu einer unangemessen hohen Vergütung.
Schutzmöglichkeiten: Nachträgliche Pauschalierungen von Teilleistungen sollten
regelmäßig abgelehnt werden.
d) Nachträgliche Alternativen
Verschiedentlich wird die Ausführung von Alternativen bei Auftragsvergabe nicht eindeutig
geklärt. In der Auftragssumme sind nur die Grundpositionen erfaßt. Nachträglich werden
ohne Wissen oder unter Irreführung des zuständigen Gremiums teuere, nicht in der
Wertung erfaßte Alternativen ausgeführt. Hätte man die Alternativen bereits in der Wertung
berücksichtigt, wäre womöglich ein anderer Bieter zum Zug gekommen. Die Differenz
ist dann ein dem Bauherrn entstandener Schaden. Zur Manipulation bei der LV-Erstellung
vgl. Abschnitt 4.3.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
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Schutzmöglichkeiten: Die Ausführung nicht durch das zuständige Gremium beauftragter
Alternativen ist als Leistung ohne Auftrag anzusehen, für die zunächst gemäß § 2 Nr. 8
VOB/B kein Vergütungsanspruch gegeben ist. Es wäre in jedem Einzelfall zu entscheiden,
ob die Leistung nachträglich anerkannt wird, und wenn ja, zu welchem Preis.
2.9 Aufmaß und Abrechnung
a) Überhöhte Mengen
Es werden wesentlich höhere Mengen abgerechnet als ausgeführt, insbesondere bei
Leistungen, deren Mengen entweder nachträglich nur schwer nachzuweisen sind
(Bodenaustausch, Wasserhaltung, Verbau- und Stundenlohnarbeiten) oder, wie Firmen
und Planern bekannt ist, praktisch nie - leider auch im nichtkommunalen Bereich kontrolliert werden (Elektrokabel). Gerade bei Leitungen und Kabeln beschränkt sich
die Prüfung des Planers - sofern nicht alle Mengenansätze der Firma automatisch
abgehakt werden - auf einen Einblick in Lieferscheine oder Abzählen von leeren Kabelrollen, was aber keinen Rückschluß auf die tatsächlich eingebauten Mengen zuläßt.
Es ist meist nicht zu durchschauen, wieweit hier Firma und Bauüberwachung
zusammenarbeiten.
Schutzmöglichkeiten: Auf eine prüfbare Abrechnung nach § 14 VOB/B ist Wert zu
legen (s. auch Abschnitt 2.9 d). Die Manipulationen können nur durch Kontrollen
während der Ausführung der Leistungen verhindert werden.
b) Unzulässige Verrechnungen
Es werden nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt, Leistungen doppelt berechnet,
Vertragsleistungen als Regiearbeiten abgerechnet und Leistungen falschen Positionen
zugeordnet.
Schutzmöglichkeiten: Die Aufmaßblätter und Abrechnungspläne sind übersichtlich zu
ordnen und nach Abschluß der Maßnahme grundsätzlich vom Bauamt, nicht vom Planer
zu verwahren.
c) Nachträge
(1 ) Teilweise werden Nebenleistungen-die nach der VOB/B mit den Vertragspreisen
abgegolten sind - als Nachtrag abgerechnet.
( 2 ) In der Schlußrechnung werden geänderte Preise eingetragen und abgehakt,
ohne daß die Preise begründet und die Nachtragspreise vereinbart werden.
( 3 ) Die Preise von Nachtragsvereinbarungen entsprechen vielfach nicht den Anforderungen der VOB/B (Preise nach den Kalkulationsgrundsätzen des Angebots),
sondern werden unzulässigerweise aus "üblichen" oder "marktgängigen" Preisen
abgeleitet.
( 4 ) Kritisch sind Rechnungen von Argepartnern an die Arge oder von anderen wirtschaftlich verflochtenen Firmen.
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Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Schutzmöglichkeiten: Nachtragspreise müssen VOB-konform vereinbart werden. Eine
Hilfe dazu geben die Richtlinien und Leitsätze im Vergabehandbuch Bayern.
d) Abschlags- und Schlußrechnungen
Die Abrechnungen sind häufig nicht prüfbar. Als Beleg werden Aufmaße vorgelegt,
die die Firma allein, allenfalls zusammen mit dem Architekten genommen hat. Den
Aufmaßen fehlt ein Bezug zum Leistungsverzeichnis oder zum Ort des Einbaus (Zahlenkolonnen, Lieferscheine, LKW-Fuhren u.a.).
Schutzmöglichkeiten: Der Bauherr muß sich an Aufmaßen und Abnahmen beteiligen.
Er hat Anspruch auf prüfbare Abrechnung nach § 14 VOB/B. Rechnungen, die den
dort aufgeführten Voraussetzungen nicht entsprechen, sind zurückzuweisen. Dies gilt
auch für Abschlagsrechnungen.
e) Unterlagen fehlen
Vielfach hat der Auftragnehmer Bestandspläne, Betriebs-oder Bedienungsanleitungen
und Wartungsrichtlinien zu liefern oder das Bedienungspersonal einzuweisen. Die
Unterlagen sind teilweise nicht auffindbar; dabei ist offen, ob sich die Firma die Leistung voll erspart hat oder ob die Unterlagen falsch archiviert wurden.
Schutzmöglichkeiten: Als letzte Leistungsphase erbringt der Planer die Leistung
"Dokumentation". Es wäre darauf zu achten, daß spätestens zusammen mit dieser
auch eine übersichtliche Zusammenstellung aller für die Baumaßnahme geforderten
Unterlagen vorgelegt wird.
f) Mängelbeseitigung
Während der Ausführung werden Mängel festgestellt. Gelegentlich werden die Mängel
auf Kosten des Bauherrn über Regie- oder Nachtragsleistungen behoben, obwohl der
Bauherr Anspruch auf mangelfreie Ausführung hat.
Schutzmöglichkeiten: verstärkte Ausführungs- und Abrechnungskontrollen
2.10 Gewährleistung
a) Unterlassen von Mängelrügen
Während der Gewählleistungszeit hat der Bauherr Anspruch auf kostenlose Beseitigung
der Mängel. Unterbleibt die Mängelrüge, muß der Bauherr nach Ablauf der Frist den
Mangel auf eigene Kosten beheben.
Schutzmöglichkeiten: Es ist darauf zu achten, daß die Planer ihren Verpflichtungen
bis zum Ablauf aller Gewährleistungsfristen nachkommen. Gegebenenfalls muß das
Bauamt selbst aktiv werden.
b) Mängelbeseitigung auf Kosten des Bauherrn
Vgl. Abschnitt 2.9 f.
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2.11
Honorare
a) Überhöhte anrechenbare Kosten
Der Planer legt seiner Honorarabrechnung Kosten zugrunde, die nach der HOAI nicht
oder nicht in voller Höhe anrechenbar sind, z.B. die Mehrwertsteuer für die Objektkosten.
b) Zeit- statt Tafelhonorare
Obwohl es sich um ein in der HOAI aufgeführtes Leistungsbild handelt, wird das Honorar
als Zeithonorar nach Aufwandsstunden abgerechnet.
c) Grundleistungen als Besondere Leistungen
Der Planer rechnet Teilleistungen, die er als Grundleistungen im Rahmen seines Auftrags
hätte erbringen müssen, als Besondere Leistung ab.
d) Nebenkosten
Der Planer berechnet Nebenkosten, obwohl er bereits von anderer Seite einen Ausgleich
erhält (Kopien für LV durch Bieter erstattet, Baubüro durch Baufirma gestellt).
Bauherr und Architekt haben die Nebenkosten prozentual an die anrechenbaren Kosten
des Objekts gebunden. Sachgerechter ist eine Abrechnung auf Nachweis, unter
prozentualer Anknüpfung an das Architektenhonorar oder in pauschalierter Form nach
vorheriger plausibler Erläuterung des Aufwandes.
e) Stunden von Schreib- und Hilfspersonal
Es wird zulässigerweise ein Zeithonorar abgerechnet, aber nicht nur mit den Stunden
des Auftragnehmers und seiner Mitarbeiter, die technische und wirtschaftliche Aufgaben
erfüllen, sondern auch von Büro-und Hilfskräften (Sekretärin, Buchhalterin, Bote usw.).
Schutzmöglichkeiten: Verwaltungen, die wenig Erfahrung mit HOAI-Verträgen haben,
sollten fachliche Beratung in Anspruch nehmen.
3. Beispiel aus dem Bereich der Vergabe
3.1 Sachverhalt
Eine Stadt vergab die Rohbauarbeiten für eine Kläranlage zum Preis von 17.300.000 DM.
Das Angebot des an zweiter Stelle liegenden Bieters lag bei 18.300.000 DM (alle
Zahlen gerundet). Die Abrechnung ergab nur 15.900.000 DM. Für die Stadt bot sich
augenscheinlich kein Anlaß, die Abrechnung im einzelnen zu verfolgen.
Bei der überörtlichen Prüfung durch den Prüfungsverband konnten in den Aufmaßund Abrechnungsunterlagen keine überdurchschnittlichen Unrichtigkeiten festgestellt
werden. Erst eine systematische Prüfung der Ursachen der Auftragsminderung zeigte,
daß eine Vielzahl von Positionen nicht oder nur mit wesentlich geringeren Mengen
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Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
zur Ausführung gekommen war; bei einer geringen Anzahl traten wesentliche
Mengenmehrungen auf. Verblüffenderweise hatte der AN fast bei allen entfallenen
Positionen außergewöhnlich niedrige Einheitspreise angeboten; bei Leistungen,
deren Mengen sich erhöhten, waren verhältnismäßig hohe Preise festzustellen. Dies
gab Anlaß, die Mengenangaben bzw. -änderungen und deren Auswirkungen zu verfolgen.
3.2 Entstandener Schaden
Um die Auswirkungen unzutreffender Mengen zu verfolgen, ist in zwei Stufen vorzugehen:
1. Stufe: Erfassen der Mengenänderungen, die bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung
hätten bekannt sein müssen, und Betrachtung der Auswirkung auf die Angebotssummen
des ersten und des zweiten Bieters.
2. Stufe: Für den Fall, daß sich nach der ersten Stufe eine Änderung der Bieterfolge
ergibt: Feststellen der unterschiedlichen Abrechnungssummen mit den tatsächlichen
Mengen und den Einheitspreisen des zweiten Bieters.
Der Vergleich ergab folgendes Bild (Zahlen gerundet):
Angebotssumme
Bieter 1
DM
Bieter 2
DM
17.300.000
18.300.000
erkennbar entfallende Leistungen
-
400.000
-
Auswirkungen erkennbarer Mehrungen/
Minderungen
+
-
650.000
650.000
+ 270.000
- 1.170.000
16.900.000
16.500.000
bereinigte Angebotssummen
900.000
Bei zutreffenden Mengenangaben im Leistungsverzeichnis wäre der Bieter 2 mindestnehmender Bieter gewesen; der Auftrag wäre an ihn zu vergeben gewesen. Mit
den festgestellten Abrechnungsmengen ergaben sich folgende Schlußsummen:
DM
(Nachträge neutral behandelt)
Differenz
15.900.000
-
DM
14.900.000
1.000.000
Es sind Mehrkosten von 1.000.000 DM dadurch entstanden, daß aufgrund unzutreffender
Mengen der Auftrag an den an sich teureren Bieter vergeben wurde.
In der Praxis läuft die Untersuchung in umgekehrter Richtung. Bei beträchtlichen
Mengenänderungen in Positionen, die zum einen einen wesentlichen Einfluß auf die
Abrechnungssumme haben und zum anderen augenfällig zu hohe oder zu niedrige
Einheitspreise aufweisen, ist ein Nachrechnen der Abrechnungsmengen mit den Preisen
des zweiten Bieters angebracht. Ein möglicherweise deutlich niedrigerer Betrag belegt
noch keinen einklagbaren Schaden, muß aber zu weiteren Prüfungen führen.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
189
Die Leistungsbeschreibung ist daraufhin durchzusehen, ob bereits nach dem
Kenntnisstand eines durchschnittlichen Planers zum Zeitpunkt der LV-Erstellung
- einzelne Leistungen nicht notwendig waren oder
- unzutreffende Mengen eingesetzt wurden.
Bei den Mengen ist eine angemessene Schwankungsbreite von 5 % bis 30 % je nach
möglicher Genauigkeit zu berücksichtigen. Bei Längen- und Flächenmessungen mit
dem Lineal aus Plänen kann übliche Ablesegenauigkeit, z.B. 5 %, gefordert werden,
bei Mengenermittlung nach Kennzahlen, z.B. Bewehrungsstahl, etwa 15 % bis 20 %,
bei Erdarbeiten und Wasserhaltung 30 %. Bei den zuletzt genannten Leistungen kann
in Einzelfällen aber auch eine wesentlich höhere Schwankungsbreite zuzugestehen
sein, außer pflichtwidrig unterlassene Aufklärungsmaßnahmen, z.B. ein ersichtlich
notwendiges Bodengutachten, hätten genauere Erkenntnisse geliefert.
Die Durchrechnung mit den Mengen, die bereits bei der LV-Erstellung bekannt sein
mußten, kann zwei Ergebnisse bringen:
a) Der zweite Bieter wäre Mindestnehmender gewesen. Hätte er vorschriftsmäßig den
Auftrag erhalten, so wäre mit seinen Einheitspreisen nach den aufgemessenen Mengen
abgerechnet worden. Der Unterschied, in unserem Fall 1.000.000 DM, zeigt den
Schaden.
b) Die Bieterrangfolge hätte sich nicht geändert, der zweite Bieter wäre in dem
aufgezeigten Fall beispielsweise milden berichtigten Mengen nicht auf 16.500.000 DM,
sondern auf 17.000.000 DM gekommen. Da der erste Bieter mit den berichtigten
Mengen auf eine Summe von 16.900.000 DM gekommen ist, bleibt er mindestnehmender Bieter. Die Vergabe an ihn barg wegen der überhöhten bzw. unter Wert
angesetzten Einheitspreise ein mehr oder weniger großes Risiko. Dem Planer ist
vorzuwerfen, das Vergaberisiko nicht aufgezeigt zu haben. Ein Schadensersatzanspruch wird ohne weitere Gesichtspunkte dagegen nicht gegeben sein.
4. Beispiele für Manipulationen beim Leistungsverzeichnis
4.1 Scheinpositionen und Vorgabe erheblicher Mengenminderungen; Spekulationspreise
Kennzeichnend für Scheinpositionen ist, daß im Leistungsverzeichnis eine Reihe von
Positionen aufgeführt sind, die für die Ausführung objektiv nicht benötigt werden und
die im Rahmen der Bauausführung entsprechend der Absprache mit dem eingeweihten
Bieter entfallen werden. Der nicht eingeweihte Bieter weiß dies nicht. Er muß davon
ausgehen, daß die Leistung im ausgeschriebenen Umfang gefordert werden wird. Der
Ausschreibende hat es demgegenüber in der Hand, die Leistung nicht abzurufen.
Beispiel: Bei einer Kanalbaumaßnahme werden umfangreiche Straßenbauarbeiten mit
ausgeschrieben, deren Durchführung gar nicht beabsichtigt ist.
In der Schlußrechnung erscheinen diese Positionen daher nicht mehr. Von der eingeweihten Firma werden zu diesen Positionen sehr niedrige Einheitspreise (0,10 DM oder
0,01 DM), für sich betrachtet weit unter Wert, angeboten, vgl. Anlage 2.
190
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Übliche Preise für die in Anlage 2 gezeigten Positionen 15.6 und 15.7 liegen bei 80 DM/t
bis 150 DM/t anstatt 0,10 DM/t!
Der Bieter, der keine Kenntnis von der Entbehrlichkeit der Leistung hat, bietet Preise
auf der Grundlage einer sachgerechten Kostenkalkulation an. Das führt - für Dritte nicht
durchschaubar - dazu, daß das Angebot dieses Bieters insgesamt zu hoch liegt, der
Auftrag an den eingeweihten Konkurrenten geht.
Mit dem dargestellten Ergebnis vergleichbar sind die Auswirkungen bei Positionen mit
weit überhöhten Mengenansätzen. Der eingeweihte Bieter kann wiederum einen deutlich
zu niedrigen Preis eintragen und die Kostendifferenz für die tatsächliche Menge in anderen
Positionen, z.B. in der Baustelleneinrichtung, ausgleichen. Er kommt so zu einem
ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil und zu einer überhöhten Vergütung.
Wir weisen dazu auf die Position 48 in Anlage 3 hin, wo der Auftragnehmer für eine
Sandbettung mit einer Menge von 100 m3 einen Preis von 9,44 DM/m3 angeboten hat.
Nachdem Sand bereits 28 DM/m3 ab Werk kostet, wäre ein Preis von etwa 35 DM/m3
zu erwarten gewesen. In der Schlußrechnung ist eine Menge von 9,6 m3 aufgeführt.
Hatte der AN Anhaltspunkte für eine Menge von rd. 10 m3, konnte er dies bei seiner
Kalkulation berücksichtigen. Er zahlt nicht drauf, war vielmehr in der Angebotswertung
um 90 m3 x (35,00 - 9,44) DM/m3 = 2.300,40 DM billiger als die Konkurrenz.
Beim Bewehrungsstahl, bei dem sich die Mengen von 251 auf 19,4 t reduzierten, hatte
der Bieter, wie aus der Anlage ersichtlich ist, statt 1.800 DM/t bis 2.000 DM/t nur einen
Preis von 25 DM/t (!) angeboten und damit für die Angebotswertung eine günstige
Ausgangslage erreicht.
Die Auswirkungen dieser Erkenntnisse des Bieters auf die Abrechnung zu Lasten des
Bauherrn zeigen wir in der Übersicht in Anlage 5.
Eine ähnliche Situation, wie wir sie vorstehend für Scheinpositionen und erkannte
Mengenreduzierungen dargestellt haben, zeigt sich bei sog. "Spekulationspreisen".
Hier schätzt der Bieter bei Leistungen, deren Mengen erfahrungsgemäß auch bei größter
Sorgfalt vorweg kaum exakt zu ermitteln sind (wie Fels, Bodenaustausch, Grundwasser)
oder die von den Witterungsverhältnissen abhängen (wie Baugrubenverbau), oder zum
Zeitpunkt der Ausschreibung noch nicht endgültig festliegen (wie Bewehrungsstahl),
das Risiko von Mengenänderungen ab und spekuliert mit entsprechend überhöhten
oder verbilligten Preisen. Ein Zusammenwirken von Ausschreibendem und Bieter liegt
in diesen Fällen nicht vor. Wie bei jeder Spekulation kann der Bieter damit auch einen
Reinfall erleben, wenn sich später bei einer Leistung mit Unterpreisen die Mengen nicht
vermindern, sondern im Gegenteil wesentlich erhöhen (vgl. unseren Geschäftsbericht
1993, S. 189).
4.2 Vorgabe umfangreicher Mengenmehrungen
Sind einem Bieter spätere Mengenmehrungen bekannt, setzt er einen stark überhöhten Preis ein. Bei Position 15.4 (Anlage 2) wurden 409 m2 statt der ausgeschriebenen 160 m2 abgerechnet. Der Auftragnehmer hat statt eines üblichen Preises
von rd. 25,00 DM/m2 einen stark überhöhten Preis von 58,80 DM/m2 angeboten. Mit
der Mengenmehrung erwirtschaftete er zu Lasten des Bauherrn zumindest (409 -160)
m2 x (58,80 - 25,00) DM/m2 = 8.416,20 DM zusätzlich.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
191
Bei einer Rohrummantelung aus B 15, deren Menge sich von 30 m3 auf 176,6 m3 erhöhte,
legte der AN einen Einheitspreis von 345,00 DM/m3 anstatt eines angemessenen von
etwa 150 DM/m3 vor. Der Schaden für den Bauherrn liegt auf der Hand.
4.3 Vorgetäuschte Wahlmöglichkeit
In manchen Fällen ist es sinnvoll, sich neben der notwendigen Leistung eine Alternative
anbieten zu lassen, um dann bei Auftragserteilung in Kenntnis der Gesamtkosten über
die endgültige Ausführung zu entscheiden. Diese Möglichkeiten kann der Bauherr
vorzugsweise beim Ausbau (Kupfer- oder verzinktes Blech, Nadel- oder Eichenholz,
Teppich- oder Kunststoffböden, Natur- oder Werkstein, unterschiedliche Sanitärausstattung, Lampen usw.), weniger beim Rohbau und bei der Rohinstallation nutzen.
Bei den Alternativen ist nur der Einheitspreis einzutragen, nicht aber der Gesamtpreis.
Die Alternative erscheint nicht in der Gesamtsumme und wird zunächst nicht gewertet.
Damit bieten Alternativen ein ideales Betätigungsfeld für folgende Manipulationen:
a) Es kommt ohne Wissen oder unter Irreführung des Bauherrn über die technische
Notwendigkeit oder die Bedeutung des Preisunterschiedes die teuerere Alternative zur Ausführung.
Beispiel: Beim Neubau eines Landratsamtes waren bei den Elektroarbeiten vieradrige
Leitungen, insgesamt über 20.000 m, ausgeschrieben. Alternativ dazu waren in
Teilbereichen dreiadrige Leitungen anzubieten. Auffälligerweise hatte der AN die
in die Wertung einbezogenen vieradrigen Leitungen wesentlich günstiger angeboten
als die dreiadrigen, in der Hauptposition für 2,50 DM/m gegenüber 4,00 DM/m.
Zur Ausführung kamen fast ausschließlich die dreiadrigen (teueren) Leitungen mit
Mehrkosten von rd. 50.000 DM. Eine technische Notwendigkeit dazu war nicht
gegeben, da auch ohne Belegung der vierten Ader eine einwandfreie Installation
vorgelegen hätte.
b) Der Bauherr hat keine Wahl zwischen den Leistungen, da es sich bei der sog.
Alternative um eine zwingend notwendige Leistung handelt.
Beispiel: Als Hauptposition war für eine Hausentwässerung ein Steinzeugrohr DN
150 mm ausgeschrieben, vom AN mit 80,00 DM/m angeboten. Die Alternative betraf
ein Rohr DN 200 mm zum Einheitspreis von 155 DM/m. Hier handelte es sich
offensichtlich nicht um eine Alternative, da dem Bauherrn die freie Wahl der Leistung
verwehrt war. Der größere Rohrdurchmesser ergab sich zwingend aus der
Abflußmenge. Abgerechnet wurde mit dem nicht der Wertung unterliegenden
überhöhten Einheitspreis.
4.4 Positionen mit Beschränkung auf die Menge "1"
Wir haben oben ausgeführt, daß bei AltematMeistungen nur der Einheitspreis anzubieten
ist, da nur die Grundleistung gewertet wird. Häufig werden in das Leistungsverzeichnis
Positionen aufgenommen, bei denen nur der Einheitspreis für eine Menge "1" anzugeben
ist, obwohl es sich nicht um Alternativen handelt. Teilweise könnten die Leistungen
als Bedarfsleistungen bezeichnet werden, also als Leistungen, die unter bestimmten
Umständen bereits abzusehen sind; zum Teil müßten die Positionen wohl als
192
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
"Preisanfragen" bezeichnet werden, da ein zwingender Zusammenhang mit der Baumaßnahme zunächst nicht gegeben ist.
Gleichgültig, ob es sich um eine Bedarfsleistung oder um eine Preisanfrage handelt:
Die Vorgabe der Menge "1" ist fehlerhaft. Bei Bedarfspositionen ist eine möglichst genaue
Menge vorzugeben, der Gesamtpreis ist auszuwerfen und in die Wertung einzubeziehen;
Preisanfragen verstoßen gegen die VOB/A.
Bei "Nur-Einhertspreis-Positionen" ist regelmäßig zu erwarten, daß wesentlich überhöhte
Preise angeboten werden. Bekannt ist möglicherweise der Fall 'Vorhalten von Gerüsten",
bei dem gemäß LV das Vorhalten von 1 m2 Gerüst je Woche über die eigene Benutzungsdauer hinaus anzubieten war. Der Angebotspreis von 4,00 DM/m2/Woche ist
um rd. das Zehnfache überhöht, da 0,30 DM bis 0,40 DM/m2/Woche üblich sind. Bei
einer Gesamtfläche von 2.000 m2 und - wegen Problemen mit dem Denkmalschutz auf 40 Wochen verlängerter Vorhaltung ergab sich ein Schaden von mindestens
288.000 DM. Die Kosten wären vermeidbar gewesen, hätte man die Leistung nicht
durchführen lassen. Es wäre ohne weiteres möglich und weitaus billiger gewesen, das
Gerüst nach Ablauf der eigenen Benutzungsdauer des Auftragnehmers abbauen zu
lassen und zu gegebener Zeit mit einem neuen Auftrag ein Gerüst zu angemessenen
Preisen neu zu vergeben.
Ein anderer Fall:
Vergleicht man in Anlage 3 die Nur-Einheitspreis-Positionen 49.2 (Abzweig DN 150)
und 49.3 (Abzweig DN 200) mit Einheitspreisen von 21,00 DM/Stück zu 281,00 DM/Stück,
so ist die gezielte Preisgestaltung unübersehbar. In Anlage 4 waren identische Leistungen
für Fels sowohl im Titel Kanal als auch im Titel Hausanschlüsse aufgeführt. Der Vergleich
der Positionen 19 und 60 mit 0,10 DM bzw. 180,00 DM/m3 oder der Positionen 20 und
61 mit 58,00 DM bzw. 360,00 DM/m3 zeigt die Auswirkungen.
Bei der Ausführung solcher Einheitspreispositionen erhöht sich die Abrechnungssumme
beträchtlich. Im Prinzip kommt die Erhöhungsmöglichkeit bei Nur-Einheitspreis-Positionen jedem Bieter zugute, da ein überhöhtes Preisniveau bei derartigen Positionen
allgemein anzutreffen ist. Da sich diese Preise bei der Angebotsgesamtsumme entweder überhaupt nicht oder wegen der geringen Menge so gut wie nicht auswirken,
kann hier jeder Bieter "Wunschpreise" einsetzen. Der Nachteil für den Bauherrn tritt
ein, indem der absichtlich oder nachlässig handelnde Ingenieur die Leistung von der
bevorzugten Firma ausführen läßt. Gegensteuerung durch den Bauherrn ist möglich,
indem andere Firmen beauftragt werden, z.B. bei Grundleitungen, Estricharbeiten, KellerStahltüren oder Lichtschachtgitterrosten statt der Rohbaufirma die Sanitär-, Estrich-,
Metallbaufirma oder der Schlosser. Mit ihnen wäre vor der Auftragserteilung ein neuer,
mit Sicherheit günstigerer Preis zu vereinbaren.
5.
Beispiel für die Auswirkung auf die Abrechnung
l n Anlage 5 haben wir für den Titel A, Erdarbeiten, und für eine Teilsumme des Titels B,
Rohrleitungen und Bauwerke, die Ausschreibungs- und die Abrechnungsmengen mit
den Preisen der ersten drei Bieter bewertet.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
193
Beim Angebot lag der AN mit einer Nettoteilsumme von 263.489,50 DM umrd. 132.000 DM
bzw. 196.000 DM vor den Bietern 2 und 3. Bei der Schlußrechnung, die beim AN einen
Teilbetrag von 329.950,42 DM ergab, wäre Bieters um rd. 88.000 DM billiger gewesen,
Bieter 2 um 79.000 DM.
6.
Schadensersatzmöglichkeiten
Der Bauherr muß in den dargestellten Fällen wesentlich mehr zahlen als bei einer
Ausschreibung mit zutreffenden Mengen. Es stellt sich die Frage, ob er die Mehrkosten
vom Auftragnehmer oder vom Ersteller der Leistungsbeschreibung zurückfordern kann.
Bei der Firma scheitert die Rückforderung in der Regel, weil die Preissituation aus dem
Angebot erkennbar ist und der Auftragnehmer hierauf den Zuschlag erhält. Anders
wäre die Situation nur dann, wenn Firma und Ersteller des Leistungsverzeichnisses
zum Nachteil des Bauherrn zusammengearbeitet haben und der konkrete Bieter (beispielsweise zu Scheinpositionen oder geplanten Mengenmehrungen oder -minderungen)
einen Informationsvorsprung erhalten hat, den allein er nutzen konnte. Dieses kollusive,
strafbare Zusammenwirken wird jedoch nur selten zu beweisen sein. Problematisch
wird im Einzelfall auch die Ermittlung der Schadenshöhe sein. Eine Reduzierung der
Vergütungspflicht des Bauherrn kann sich unabhängig davon dann ergeben, wenn
Preisreduzierungen über die Mechanismen des § 2 Nr. 3 oder des § 2 Nr. 5 VOB/B
durchsetzbar sind.
Bezogen auf den Ersteller des LV ist für einen Schadensersatzanspruch zunächst zu
prüfen, ob der Planer bereits zum Zeitpunkt der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses
die Unrichtigkeit der Mengen erkennen konnte und mußte. Dann läge ein Mangel der
Planung vor, für den er haften könnte. Haben Planer und Firma nachweisbar
zusammengespielt, gilt das bereits oben Ausgeführte.
Als nächstes wäre die Schadenshöhe zu untersuchen. Nachweisbar ist sie in der Regel
dann, wenn unter Ansatz vorhersehbarer und tatsächlich angefallener Mengen eine
Änderung der Bieterfolge eingetreten wäre und die Abrechnung mit den tatsächlichen
Mengen einen Unterschied zu Lasten des Bauherrn ergibt.
Eine Haftung des Architekten oder Ingenieurs kommt außer bei der Ausschreibung
in Betracht, wenn er erkennbaren Spekulationen der Bieter im Rahmen der
Angebotswertung nicht die gebotene und zu diesem Zeitpunkt mögliche Aufmerksamkeit
schenkt. Spekulationspreise geben stets Anlaß, die Notwendigkeit der ausgeschriebenen
Leistung und die angesetzten Mengen nochmals mit allen zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aufklärungsmöglichkeiten zu hinterfragen. Unterläßt der Architekt oder Ingenieur
dies pflichtwidrig und hätte die gebotene Aufklärung zu weitergehenden Erkenntnissen
geführt, kann er für den Schaden verantwortlich sein. Zu einer Vertiefung der hier lediglich
kurz angesprochenen Haftungsfragen darf auf die Ausführungen in der "Fundstelle"
50, 51, 66, 67 und 82/1991 hingewiesen werden.
194
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
7. Zusammenfassung
Durch Ungenauigkeiten und Manipulationen bei den Ausschreibungsmengen ist es
möglich, überhöhte Preise abzurechnen und den Bauherrn um Beträge zu schädigen,
die mit denen bei Firmenabsprachen und bei nachträglichen Pauschalierungen ohne
weiteres vergleichbar sind. Dagegen führen Veränderungen am Angebot nach der
Submission durch Fälschen einzelner Eintragungen zwar zu beträchtlichen, aber nur
in Einzelfällen ähnlich hohen Summen.
Die dargestellten Mengenmanipulationen haben mit den Absprachen auch gemeinsam, daß sie - insbesondere wenn die Abrechnungssumme unter der Auftragssumme
liegt - unauffällig sind. Sie haben für die Beteiligten sogar den Vorteil, daß die Abmachung
nicht im größeren Kreis bekannt wird, da nur zwei Personen, nämlich Ersteller der
Leistungsbeschreibung und maßgebender Firmenbeteiligter, eingeweiht sein müssen.
Es ist deshalb dringend zu raten, die notwendige Bauherrnkontrolle bereits bei der
Ausschreibung und Vergabe sicherzustellen, bei summenrelevanten Positionen
stichprobenweise die Plausibilität der geforderten Leistungen und Mengen zu prüfen,
Einheitspreise auf Auffälligkeiten zu untersuchen und die Abrechnungsmengen und
Ausschreibungsmengen auf große Abweichungen durchzusehen.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
195
Anlage 1
Manipulationen am Bau
Zeitpunkt
Beteiligte
Handlung
Planungsauftrag
Planer
Falsches Leistungsbild; alle Leistungsphasen; überhöhte Einbeziehung nicht
anrechenbarer Kosten; überhöhte vorhandene Bausubstanz; überhöhter
Umbauzuschlag; verdeckt überhöhter Nebenkostenansatz;
bewußt zu niedrige Kostenschätzung
Planungsbüro unerkannt im Eigentum von Baufirmen
Planer
Planung
Überdimensionierung (Kläranlage, Heizung, Klimaanlage)
Unnötige Leistungen (Fliesen, Schaltschränke)
Planer/Firma
Konstruktion (Beton/Stahl/Holz), Bausysteme, Patente, Steuerungstechniken,
Computer
Leistungsver-
Planer/Firma
zeichnis
Material, Fabrikate (Namen, indirekt, Firmen-LV)
** Schein-/Blindpositionen, LV-Mengen überhöht/zu niedrig
Bedarfs-, Alternativ- und "Nur-Einheitspreis"-Posrtionen
Abschrecken durch Termine, Vertragsbedingungen
Ausschreibung
Firmen allein/mit
Planer/Bauamt
Absprachen möglich über Verbände, durch Hersteller von Spezialteilen,
über gezielte Auswahl der Bieter,
über Bieter-/lnteressentenlisten,
bei gemeinsamen Baustellenbesichtigungen
Gezielte Submissionstermine (nach Weihnachten, Urlaubszeit)
Überhöhte Zuschläge (für Nachträge); überhöhte Änderungssätze bei Gleitklauseln
Firmen
Verändern der "Urkalkulation" (Minderung der Aufwandsstunden oder Stoffkosten,
rechnerisch hohe Zuschläge (vgl. Geschäftsbericht BKPV 1992)
Submission/
Versch. Manipulationen: Nachlässe einfügen/streichen, doppelte Blätter,
Firmen/
Planer/Bauamt
Wertung
Preiseinträge fehlen/in Bleistift/mit Freiräumen,
leicht fälschbare Ziffern (1 in,7 oder 0 in 6,9), kein Komma (einfügen, anfügen)
Unterlassene Wertung von Bedarfs- und NEP-Positionen
Freihändige Vergabe, angehängte Aufträge. Nachträgliche Pauschalierung mit
Firmen/
Vergabe
Planer/Bauamt
allen Mengenreserven; nachträgliche Teilpauschalen bei erkannten Mengenfehlern
Unterlassene Festlegung der Alternativen. Vergabe von Nachtragsleistungen ohne
Prüfen einer anderweitigen Beauftragung (Abfuhr überschüss Boden, Schutt)
Nachträgliche Beauftragung von nicht gewerteten Alternativen
Abrechnung
Firma allein oder
Mengen überhöht (Boden, Wasser, Verbau, Stundenlohnarbeiten,
Längen Elektrokabel)
Firma/
Bauüberwachung
Nicht erbrachte Leistungen, Doppelberechnungen, Vertragsleistungen in Regie,
Nebenleistungen als Nachtrag, Zuordnung zu falschen Positionen
Preisänderungen ohne Nachtrag, Nachtragspreise nicht entsprechend VOB
Scheinrechnungen von Mutter-, Tochterfirmen, Mängelbeseitigung als Nachtrag
Volle Vergütung trotz fehlender Unterlagen (Bestandspläne, Betriebsanleitungen,
Einweisungen)
Gewährleistung
Firmen/
Untertassen von Mängelrügen
Planer/Bauamt
Planer
Honorare
Mängelbeseitigung auf Kosten des Bauherrn
Überhöhte anrechenbare Kosten, Zeit- statt Tafelhonorare, Grundleistungen als
Besondere Leistungen, unzulässige Nebenkosten, Stunden von Schreib- und
Hilfepersonal, Baubüro in Nebenkosten, obwohl Leistung durch Baufirma
196
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Anlage 2
Pos.
Menge
Beschreibung der Leistung
Einzelpreis
DM
Gesamtpreis
DM
58,80
9.408,00
55,89
8.383,50
0,10
10,00
0,10
12,00
0,10
75,00
4,20
420,00
Bituminöse Deckschichten
mit 12 cm Bitu-Tragschicht,
3,5 cm AFB für Fahrbahnen,
Hofeinfahrten
Hand- und/oder
Fertigereinbau
15.4
160m2
wie vor, mit 8 cm Bitu-Tragschicht,
3,5 cm AFB für Gehwege,
Hand' und/oder
Fertigereinbau
15.6
150m2
Profilausgleich mit Bitu-Kies
15.6
100 t
Profllausgteich mit AsphaltFeinbeton
15.7
120 t
TOK-Band liefern, einlegen
15.8
750 lfm
Brtumenfahrbahnen, Rächen
fräsen, Fräsgut beseitigen
15.9
100m2
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
197
Anlage 3
Pos.
Menge
48
Beschreibung der Leistung
Einzelpreis
DM
Gesamtpreis
DM
Sandbett für Rohrauflager
bzw. Rohrummantelung als
Zuschlag zu den Rohrleitungspositionen nach Maßgabe der
Bauleitung und Regelpläne,
Abrechnung nach Regelplan
des Ing. -Büros ff##tftfff#####
100m2
15.6
Abzweige, Abzweigstutzen,
sonst wie in Pos. 41 , 45, 46,
liefern, einbauen
von Steinzeug zu Steinzeug,
von Beton zu Steinzeug,
als Zuschlag zu Pos. 41 , 45, 46
49.1
Ei 70/1 05/1 50 cm
Abzweige, wie vor beschrieben
1 Stück
9,44
944,00
605,00
605,00
21,00
735,00
281,00
NEP
für Ortbetonkanal, Abzweigstutzen DN 150 mm
49.2
35 Stück
für Ortbetonkanal, AbzweigStutzen DN 200 mm
49.3
1 Stück
198
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Anlage 4
Pos.
Menge
Beschreibung der Leistung
Einzelpreis
DM
Gesamtpreis
DM
Aus TTteif Kanal
Leichter Fels der Bkl. 6
DIN 18 300 als Zuschlag zu
Pos. 16, sonst wie dort oder
19
vorstehend beschrieben
Aufmaß in gewachsenem
Zustand in der offenen Baugrube
10m3
0,10
1,00
58,00
580,00
180,00
NEP
360,00
NEP
Schwerer Fels der Bkl. 7
DIN 18 300 als Zuschlag zu
Pos. 16
Aufmaß in gewachsenem
Zustand
20
10m3
Aus Titel Hausanschlüsse
60
Leichter Fels der Bkl. 6
DIN 18 300 als Zuschlag
zu Pos 59 in allen Tiefen,
sonst wie in Pos. 19 beschrieben
10m3
61
Schwerer Fels der Bkl. 7
DIN 18 300 als Zuschlag
zu Pos 59 in allen Tiefen,
sonst wie in Pos. 20 beschrieben
10m3
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
199
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