19 - Virologie Wien

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19/12
”VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR._____
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz
Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp
Department f. Virologie d. Med. Universität Wien
1095 Wien, Kinderspitalgasse 15
Tel. +43 1 40160-65500 Fax: +43 1 40160-965599
e-mail: [email protected]
homepage: www.virologie.meduniwien.ac.at
Adenoviren – Feind und Freund
Robert Strassl und Theresia Popow-Kraupp
In dieser Ausgabe der Virusepidemiologischen Information (VEI) widmen wir uns
zwei ganz unterschiedlichen Aspekten von Adenoviren: der eine besteht in ihrer
Rolle als Krankheitserreger des Menschen und der andere in ihrer Bedeutung als
Vektoren in der Gentherapie.
Seit ihrer Entdeckung im Jahre 1953 wurden bisher 56 humanpathogene
Adenovirustypen identifiziert. Diese werden entweder durch eine Schmierinfektion bei
direktem Kontakt mit kontaminierten Oberflächen, fäkal-oral oder aerogen durch
Tröpfchen übertragen und verursachen eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen
Krankheitsbildern. Zumeist handelt es sich dabei um Infektionen des Respirationsund
Gastrointestinaltrakts
sowie
um
Erkrankungen
des
Auges
(z.B.
die
hochkontagiöse Keratoconjunktivitis epidemica), wobei einzelne Adenovirustypen
bestimmten Krankheitsbildern spezifisch zugeordnet werden können (siehe VEI
21/10). Akute Adenovirusinfektionen sind besonders bei Kindern sehr häufig und
führen
bei
Erkrankungen.
Immunkompetenten
Adenoviren
meist
besitzen
zu
jedoch
milden
auch
und
die
selbstlimitierenden
Fähigkeit,
antivirale
Abwehrmechanismen der Immunantwort effizient zu umgehen und sind daher in der
Lage, eine über Monate bzw. Jahre andauernde asymptomatische Viruspersistenz
im Organismus (hauptsächlich in den Adenoiden und Tonsillen) zu etablieren,
wahrscheinlich ähnlich den Herpesviren in Form einer latenten Infektion.. Es gibt
immer wieder Hinweise dafür, dass es als Folge dieser Viruspersistenz zu
Reaktivierungen und damit zu sporadischen Virusausscheidungen kommt. Ebenfalls
in Analogie zu den Herpesviren können sowohl Erstinfektionen mit Adenoviren als
auch
die
endogene
Reaktivierung
latenter
Adenovirusinfektionen
bei
immunspupprimierten Patienten zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen führen.
Bei knochenmark- und stammzelltransplantierten Patienten ist die disseminierte
Adenovirusinfektion besonders gefürchtet. Diese tritt vor allem bei Kindern nach
Stammzelltransplantation relativ häufig auf (bis zu 10%) während sie bei den
Erwachsenen
seltener
beobachtet
wird
(2-5%).
Patienten
mit
disseminierten
Adenovirusinfektionen entwickeln ein schweres septischen Zustandsbild sowie
multiple Organmanifestationen. Die Letalität der disseminierten Infektion ist sehr
hoch (bis zu 80%).
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
Adenoviren sind derzeit eine der am meisten gefürchteten viralen Pathogene in
der Transplantationsmedizin weil es, im Gegensatz zur Infektion mit dem
Cytomegalievirus, keine wirksame antivirale Therapie gibt. Da der schwere
Infektionsverlauf durch die starke Immunsuppression verursacht wird, ist die
Reduktion der immunsuppressiven Therapie (wenn möglich) meist eine der ersten
therapeutischen Maßnamen. Obwohl es diverse Fallberichte über die Wirksamkeit
der
adoptiven
Immuntherapie
(Transfer
von
Adenovirus-spezifischen
T-
Lymphozyten) sowie von Therapien mit Nukleosid/Nukleotidanaloga (darunter
Cidofovir und Ribavirin) gibt, fehlen hierzu bisher entsprechende Daten aus
kontrollierten klinischen Studien.
Gezielte therapeutische Maßnahmen erfordern die möglichst rasche
labordiagnostische
disseminierte
Absicherung
der
Adenovirusinfektion
ist
klinischen
der
Verdachtsdiagnose.
quantitative
Nachweis
Für
die
Adenovirus-
spezifischer Nukleinsäuresequenzen im peripheren Blut (Nachweis der Virämie)
mittels PCR das diagnostische Mittel der ersten Wahl. Da hohe Viruslasten meist
schon vor dem Auftreten der disseminierten Erkrankung nachgewiesen werden
können, wird die Bestimmung der Viruslast im peripheren Blut, insbesondere bei
Kindern
nach
Knochenmark-
bzw
Stammzelltransplantation
routinemäßig
in
regelmäßigen Abständen durchgeführt, um auf eine beginnende Virämie möglichst
frühzeitig reagieren zu können.
Auch
bei
immunkompetenten
labordiagnostische
Methode,
Patienten
wobei
je
ist
nach
die
Adenovirus-PCR
Krankheitsbild
die
beste
unterschiedliches
Probenmaterial verwendet wird, wie z.B. Konjunktival-Abstrich für die Abklärung der
klinischen Diagnose virale Konjunktivitis (Differentialdiagnose: Adenovirus / Herpes
simplex Virus).
Im Gegensatz zu ihrer Rolle als Krankheitserreger des Menschen finden
Adenoviren auch Verwendung in der Gentherapie. Aus verschiedenen Gründen
eignen sie sich dafür besonders gut, unter anderem auch durch ihre Fähigkeit
unterschiedlichste humane Zelltypen, auch wenn diese sich nicht teilen, zu infizieren
und dadurch fremde Gene in solche Zellen einzuschleusen. Dies erklärt auch, warum
adenovirale
Vektoren
mit
einem
Anteil
von
über
23%
bei
den
1843
gentherapeutischen klinischen Studien (Link) von allen viralen Vektoren weitaus am
häufigsten eingesetzt werden. So befinden sich derzeit adenovirale Vektoren mit
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VIR. EP. INF. NR. _______
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Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp; Department f. Virologie d. Med. Universität Wien
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
Genen
für
Wachstumsfaktoren
(Behandlung
der
altersabhängigen
Makuladegeneration und von koronaren Herzerkrankungen), mit Genen für die
Korrektur
monogenetischer
Tumorsuppressorgenen
Gendefekte
(Therapie
von
(zB.
Zystische
Fibrose)
Schilddrüsenkarzinomen)
in
und
mit
klinischer
Testung. Die kommenden Jahre werden zeigen mit welchem Erfolg diese
gentherapeutischen Konzepte in die klinische Praxis umgesetzt werden können.
Link: http://www.wiley.com/legacy/wileychi/genmed/clinical/
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